Antrag: | Bauwende – Nachhaltiges ressourcenschonendes Bauen! |
---|---|
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 21.10.2019) |
Status: | Zurückgezogen |
Verfahrensvorschlag: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.10.2019, 15:53 |
W-02-136: Bauwende – Nachhaltiges ressourcenschonendes Bauen!
Antragstext
Von Zeile 136 bis 140:
Im Neubau müssen Gebäudeflexibilität und kulturelle Wertigkeitgute Planung zu zentralen Kriterien werden, um Umnutzungen und Nachnutzungen künftig zu erleichtern. Gebäude sind so zu konzipieren, dass sie die positive Identifikation mit ihnen erleichternzu den Bedarfen der Bewohner*innen passen, sie leicht um nutzbarumnutzbar sind und sich Reparaturen einfach durchführen lassen. Das bedarf einer partizipativ geprägten Stadt- und Gebäudeplanung in den Kommunen, bei den öffentlichen wie privaten
Wenn die bis 2050 weltweit neu entstehenden Infrastrukturen nach dem Vorbild des vergangenen
Jahrhunderts gebaut würden, d.h. vor allem mit konventionellen Baustoffen wie Zement, Stahl
und Aluminium, wurden allein dadurch bereits drei Viertel des für die Einhaltung des 1,5°
Ziels noch verbleibenden CO2 Budgets verbraucht (WBGU, Hauptgutachten Urbanisierung, 2016)
Situation
Der Bausektor ist der Wirtschaftszweig mit dem höchsten Ressourcenverbrauch - weltweit.
Unsere Siedlungs- und Bautätigkeit, also unser Bedarf an immer mehr Wohn- und Gewerberaum
sowie Infrastruktur, generiert einen wesentlichen Teil unseres CO2- Fußabdruckes. Die Hälfte
unseres Mülls entsteht auf den Baustellen.
Aufgaben
Umweltschutz und gesundes Bauen
Seit Jahren reden wir über Bodenschutz, Umwelt- und Klimaschutz. Doch an der Bautätigkeit
und dem Bauwesen/Bauwirtschaft ging diese Diskussion weitgehend vorbei. Ökologische und
energieeffiziente Sanierungen, die Senkung des Siedlungsflächenverbrauchs, sowie der Einsatz
von umwelt- und klimaschützenden Baustoffen, Bautechniken und regenerativen Energien nehmen
seit Jahren nicht zu. Mit unserer gegenwärtigen Bautätigkeit verhindern wir die Umsetzung
unserer Klima- und Nachhaltigkeitsziele.
30% unseres Primärenergiebedarfes entsteht durch Heizen, Kühlen, durch die konventionelle
Nutzung unserer Gebäude. Dazu kommt noch der Ressourcenverbrauch beim Bauen: Baustoffe und
Bauprodukte verursachen einen enormen Transport- und Energiebedarf: Rohstoffgewinnung,
Herstellung der Baustoffe, Einbau, Instandhaltung, Modernisierung, Abriss, der stetige
Flächenverbrauch und die Entstehung von Müll und Sondermüll ist in jedem Schritt eine
planetare Belastung.
Das können wir uns nicht mehr leisten!
2016 setzte das Bauwesen in Deutschland ca. 600 Mio.t mineralische Baurohstoffe ein,
überwiegend Primärrohstoffe. Jährlich werden 250 Mio.t Sand und Kies sowie 230 Mio.t
Naturstein abgebaut. Der Abbau der Rohstoffe geht einher mit Zerstörung von Landschaft,
Lebensräumen und Eingriffen in den Wasserhaushalt. Nach Schätzungen werden für diese
Tagebaue täglich 4 ha Fläche neu in Anspruch genommen. Für ein Einfamilienwohnhaus sind
durchschnittlich etwa 200 t Kies- und Sand nötig. In einem Kilometer Autobahn stecken etwa
30.000 t. Das macht Sand und Kies nach Wasser zum wichtigsten Rohstoff unserer Erde. Die
Vereinten Nationen schätzen, dass die Menschheit jährlich 40 Mrd.t Sand in Anspruch nimmt.
Mancherorts haben sich Mafiastrukturen etabliert: Sandlagerstätten und Strände werden dort
illegal abgebaggert.
Obwohl viel abgerissen wird, ist das Wort Recycling und Wiederverwendung im Bauwesen fast
unbekannt. In Deutschland sind die mineralischen Bauabfälle und nicht verwertbarer Aushub
mit ca. 202 Mio.t im Jahr die mengenmäßig größte Abfallgruppe. Man könnte diese Abfälle zu
88% für den Hochbau wiederverwenden. Doch es „werden derzeit lediglich 7% der für den
Hochbau benötigten mineralischen Primärrohstoffe durch Sekundärrohstoffe substituiert“, so
der Sachverständigenrat für Umweltfragen.
Die gegenwärtig fehlende Akzeptanz für den Einsatz von Sekundärrohstoffen beruht auf
mangelhaften Märkten, auf befürchtetem Mehraufwand, dem Risiko zusätzlicher Prüfungen,
Gewährleistungsfragen und Mehrkosten, die durch unsere deutsche – an Normen und
Zuständigkeiten orientierte - Planungs- und Bauweise entstanden sind. Die Umsetzung der
Kreislaufwirtschaft wird am Bau auch durch unterschiedliche länderspezifische Regelungen
erschwert. Landesbauordnungen greifen das Thema bisher nicht auf. Die wenigen angebotenen
Rezyklate finden bei öffentlichen Ausschreibungen i.d.R. keine Berücksichtigung.
Das BMU schreibt im Deutschen Ressourcenschutzprogramm II: „Die Bundesregierung setzt sich
dafür ein, eine für Verwender transparente Kennzeichnung nach einheitlichen und
nachvollziehbaren Kriterien für alle in Innenräumen sowie für die Gebäudehülle verwendeten
Bauprodukte auf einem hohen Schutzniveau zu etablieren. Die Umsetzung soll durch europäisch
harmonisierte Prüfnormen zur Erfassung der Emissionen aus Bauprodukten in Innenräumen und
der Freisetzung gefährlicher Stoffe aus Bauprodukten in die Umwelt erfolgen.“ Passiert ist
bislang wenig.
Die meisten Baustoffe und Ausbaumaterialien enthalte zahlreiche, teilweise höchst
problematische, oft gesundheitsgefährdende Hilfs- und Zusatzstoffe. Die von Handwerk,
Verbraucher*innen oder Handel geforderten Produkteigenschaften fördern den Einsatz von
hochproblematischen Verbundstoffe. In zahllosen zugelassenen Bauprodukten wie
Beschichtungsstoffen finden sich vermeidbare Pestizide, Konservierungsmittel und
Mikroplastik.
Viele Bauteile, wie Türen und Fenster, Fußböden und Abdichtungen, Leitungen und Isolierungen
bestehen aus PVC. PVC besteht überwiegend aus halogenierten Kohlenwasserstoffen, die im
Brandfall hochgiftige Gase entwickeln oder über Jahrtausende in unserer Umwelt verbleiben.
Das übliche PVC enthält zu 56% Chlor. Dieses Chlor ist ein Recyclingprodukt aus der
Herstellung von Natronlauge. Wenn ein Recyclingprodukt reines Gift ist, muss man seine
Korrektheit und Verwendbarkeit in Frage stellen.
In Holzwerkstoffen werden teilweise nach wie vor formaldehydhaltige Leime verwendet. PCBs
sind immer noch in vielen Schulen und öffentlichen Bauten zu finden und die bromhaltigen
EPS-Dämmstoffe vieler Wärmedämmverbundsysteme bereiten Entsorgungsprobleme.
Das sind nur wenige, nach heutiger Rechtslage zulässige, Beispiele für den unkontrollierten
Einsatz von Stoffen und Stoffgruppen, deren langfristige Wirkungen noch weitgehend unbekannt
sind. Eine vollständige Deklarierung in technischen Merkblättern ist für Baustoffe nicht
vorgesehen. Kaum ein Bauherr ist sich dieser Problematik bewusst. Verbaut wird in der Regel,
was am günstigsten ist.
Urban Mining
Urban Mining ist die planvolle und systematische Erschließung sekundärer Rohstoffpotenziale
aus Gebäuden und Infrastrukturen. Der deutsche Gesamtbestand an Gebäuden und Infrastrukturen
(Materiallager)ist mit ca. 28 Milliarden Tonnen ein menschengemachtes Rohstofflager, das
partiell nach Nutzungsende wieder dem Recycling zugeführt werden könnte. Im Bestand sind
ca.10,5 Mrd.t mineralische Baustoffe gebunden, ca. 220 Mio.t Holz und ca. 100 Mio.t Metalle.
Die Bereitstellung von hochwertigen Sekundärrohstoffen wird durch diverse Faktoren gehemmt.
Komplexe und irreversible Verbindungen und Vermischungen von Rohstoffen und zunehmend
problematische Stoffeinträge durch Zusätze und Hilfsmittel, die nur in aufwendigen Verfahren
– wenn überhaupt – in ihre Ausgangsstoffe getrennt werden können, sind ein wesentliches
Hindernis. Das Baustoffrecycling in qualitätserhaltenden Kreisläufen wird heute nur in
wenigen Fällen erreicht. Niedrige Rohstoffpreise, verbunden mit hohen Lohn- und Nebenkosten,
verhindern rohstoffsparende Praktiken beim Planen, Bauen und Rückbauen. Die stärkere
Wiederverwertung von Bauteilen und Baustoffen könnte Arbeitsplätze in den Bereichen Rückbau,
Trennung und Recycling von Baumaterialien schaffen. Hierbei handelt es sich in der Regel um
Tätigkeiten, die vor Ort ausgeübt werden, sodass lokale Arbeitsplätze im Sekundären Sektor
entstehen könnten.
Bauwende
Inzwischen ist klar, dass ein ”Weiter so” das Leben auf diesen Planeten gefährdet. Seit
dieser Erkenntnis hat sich im Bausektor erstaunlich wenig verändert. Die Motivation von
Regierungen, Industrien, Parlamenten und Bevölkerung dieses Thema ernsthaft anzugehen,
bleibt bei der Komplexität der Materie und der undurchdringlichen Zuständigkeit für die
Zusammenhänge auf der Strecke. Dabei ist die Unzufriedenheit mit den Lebens-, Arbeits- und
Wohnumständen überall zu spüren. In den Metropolen ebenso wie in den ländlichen Räumen. Das
unter dem Wachstumsparadigma entstandene Geflecht aus Bau- und Baustoffindustrie, Normung
und Gesetzgebung, Behörden und Verordnungen sowie Wohn- und Arbeitswelten, die immer noch an
immerwährendes Wachstum glauben, bedarf dringend einer Neuaufstellung unserer Planungs- und
Baukultur auf allen Ebenen. Eine Bauende ist notwendig. Wir wollen diese Bauwende mit den
Zielen der Agenda 2030 voranbringen, gestalten und umsetzen.
Lebenswerte Städte und Dörfer
Die Gestalt unserer Städte und Siedlungen ist wesentlicher Bestandteil unserer Alltagskultur
und muss in die Nachhaltigkeitsdebatte einfließen. Unsere gebaute Umgebung prägt uns. Das
demokratische Miteinander lässt sich gezielt durch die Gestaltung von Freiräumen, dem
Stadtraum und den Aufenthaltsräumen gleichermaßen stärken. Gute öffentliche Räume sind Orte,
wo wir in Vielfalt miteinander umgehen. Sie sind Orte, die „sozialisieren“ und damit das
Gegenteil der Blasen unserer Social Media. Die Gestaltung des Raumes ist ein Teil unserer
materiellen Lebensgrundlagen und sein Erscheinungsbild und Materialität bedarf großer
Sorgfalt.
Die Mitglieder einer freien, demokratischen Gesellschaft brauchen Wohn- und Arbeitsräume,
die durch städtebauliche und bauliche Qualität Wertschätzung, Gleichheit und positive
Gestaltungskraft ausdrücken. Das ist kein Luxus, sondern Notwenigkeit für die
Leistungsfähigkeit unserer arbeitsteiligen Dienstleistungsgesellschaft.
Unsere Antworten und Forderungen
Ressourcenschonende und nachhaltige Baukultur
Uns Grünen geht es darum, öffentliche Handlungsfähigkeiten zu stärken. Wir fordern von der
gesamten Immobilien- und Bauwirtschaft nachhaltiges Handeln ein.
Die gesamte Wertschöpfungskette in der Bauwirtschaft – Produktgestaltung,
Produktionsprozess, Nutzung und Entsorgung – muss ressourcenschonend werden. Bei Städtebau
und Gebäudeplanung sind Stoff- und Energieverbrauch bei Herstellung und Betrieb sowie das
spätere Recycling durchgängig für alle Gebäude zu berücksichtigen.
Wir brauchen für den Betrieb von Gebäuden keine fossilen Energieträger. Mit guten
Quartierslösungen kann auch der modernisierte Bestand mit erneuerbaren Energien innerhalb
der Städte versorgt werden. Auf dem Land ist der Einsatz von regenerativer Energie noch
einfacher zu realisieren.
Die Lebensdauer von Gebäuden muss deutlich verlängert werden. Der Abriss und das „Wegwerfen“
von Gebäudesubstanz muss vermieden und die Weiternutzung der „grauer Energie“ im Bestand
unterstützt werden. Durch Erhaltung bestehender Bausubstanz und auf lange Nutzungsdauer
ausgelegte Räume, Konstruktionen, wiederverwertbare Bauteile und Materialien kann die
Ressourceninanspruchnahme auf ein verträgliches Maß zurückgeführt werden. Hierfür braucht es
starke Regelungen auf EU-, Bundes- und Landesebene sowie umsetzungsstarke und fachkompetente
Kommunen.
Im Neubau müssen Gebäudeflexibilität und kulturelle Wertigkeitgute Planung zu zentralen Kriterien
werden, um Umnutzungen und Nachnutzungen künftig zu erleichtern. Gebäude sind so zu
konzipieren, dass sie die positive Identifikation mit ihnen erleichternzu den Bedarfen der Bewohner*innen passen, sie leicht um
nutzbarumnutzbar sind und sich Reparaturen einfach durchführen lassen. Das bedarf einer partizipativ
geprägten Stadt- und Gebäudeplanung in den Kommunen, bei den öffentlichen wie privaten
Bauherren eines hohen Planungsniveaus, sowie flexiblerer Regelungen in den
Landesbauordnungen, Arbeitsstättenrichtlinien und in anderen öffentlich-rechtlichen
Anforderungen des Planens und Bauens sowie eine Entschlackung der zahlreichen Normen.
Aktuell sind die Erstellungs- oder Instandsetzungs- und Modernisierungskosten eines
nachhaltig geplanten und gebauten Gebäudes deutlich höher als die eines billigen „fast
Plastics house“. Die Folgekosten der konventionellen Baustoffe und ihr enormer CO2-Abdruck
werden im Preis nicht abgebildet. Auf diesem Gebiet Nachhaltigkeit umzusetzen, braucht es
daher gerechte Finanzierungsinstrumente und Lastenverteilung mit Blick auf den gesamten
Lebenszyklus eines Gebäudes.
Einfamilienhäuser verbrauchen besonders viele Ressourcen, da im Vergleich zum
Mehrfamilienhaus der Außenhautanteil sehr groß ist, zudem verschleißen sie extrem viel
Bauland und Infrastruktur.
Umbaukultur
Für eine ressourcen- und umweltorientierte Bauende reicht es nicht aus, Energiesparmaßnahmen
an Einzelgebäuden vorzunehmen. Die wesentliche Steuerungsgröße liegt nicht im Neubau,
sondern im klugen Umgang mit dem Bestand: im Umbau, in Werterhaltungsstrategien. Viel zu
selten wird hinterfragt, ob ein Gebäude überhaupt langfristig in der geplanten Form
gebraucht wird. Bestehende Gebäude binden wertvolle Baumaterialien, Energie und Arbeitszeit.
Sie binden oftmals auch Geschichten und Erinnerungen. Energetisch betrachtet besitzt jede
bestehende Architektur eine eingebaute Existenzberechtigung – alleine dadurch, dass sie
vorhanden ist und in ihr materielle und geistige Werte und Energien gebunden sind.
So ist die Weiter- und Umnutzung eines Bestandsgebäudes deutlich ressourcenschonender als
das Neubauten. Selbst das zuständige Bundesministerium stellt die Nichtbaulösung an die
erste Stelle seiner Planungsgrundsätze. Hier muss die öffentliche Hand ihre Vorbildfunktion
deutlicher wahrnehmen und für ihren Bedarf an Gebäuden und umbauter Umwelt vollständige
Nachhaltigkeitsbetrachtungen auch über die Zuständigkeitsgrenzen hinweg durchführen und
diese mit einer Umsetzungsstrategie realisieren.
Lebenszyklusbetrachtung und Zertifizierung
Mit dem Lebenszyklus eines Gebäudes bezeichnet man die gesamtökologischen und - ökonomische
Betrachtung eines Gebäudes von der Erstellung über die Nutzung und Modernisierung/Sanierung
bis zum Abriss. Es gilt den Bedarf an Rohstoffen und Energie nicht nur bei der Erstellung,
sondern auch bei der Nutzung, Umnutzung und ggf. Abriss zu minimieren. Für eine
Ökobilanzierung / Zertifizierung gibt es in Deutschland das von der Bundesregierung
eingeführte Zertifizierungssystem BNB - aktuell nur für Gewerbegebäude - und die Datenbank
ÖKOBAUDAT. (Ergänzend gibt privatwirtschaftliche basierte und international anerkannte
Nachhaltigkeitssiegel wie DGNB BREEM oder Leed.) Wir streben die
Nachhaltigkeitszertifizierung kurzfristig für alle öffentlichen Bauvorhaben und
mittelfristig für alle Gebäude an. Fördermittel und zinssubventionierte Kreditvergaben
müssen an die Einhaltung von nachhaltigen und ökologischen Standards gebunden sein.
Planen und Bauen unter kommunale Kontrolle
Stringente Anwendung der Abfallhierarchie Reuse-Reduce-Recycle vor Ort im Baubereich mit
Vorgaben und Angeboten zur Weiternutzung, Vermeidung und Wiederverwertung von Gebäuden,
Bauteilen und Baustoffen mit dem Ziel einer deutlichen Reduzierung des Rohstoffbedarfs und
des Müllaufkommens im Bausektor insgesamt.
Integrierte Klimaanpassungs-, Ressourcenreduktions- und Nachhaltigkeitsstrategien auf
kommunaler Ebene entwickeln, vermitteln und umsetzen ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, der sich auch die EU- und Bundesebene widmen muss.
Gesetzlicher Handlungsbedarf im Förder- und Ordnungsrecht
Folgende Maßnahmen sind geeignete Stützpunkte der Bauwende:
- Einführung einer verbindlichen Vorrangregelung für Recyclate im Hoch- und Tiefbau
- CO2-Bepreisung von Baustoffen und -produkten sowie von Heizstoffen
- Entwicklung recyclerbarer Baumaterialien sowie die Weiterentwicklung der
Aufbereitungs- und Verwertungstechnologien, Vermeidung nicht recyclerbarer Materialien
- Klare Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für den umgehenden Einstieg in die
Kreislaufwirtschaft.
- Eine Steuer oder Abgabe auf den Abbau und Einsatz von Primärrohstoffen
(Primärbaustoffsteuer), Subventionierung von Recycelten
- Einführung der Pflicht zur Volldeklaration aller Inhaltsstoffe in Baustoffen und deren
Energiebilanz bei der Herstellung.
- Öffentliche Förderprogramme, steuerliche Subventionen und kommunale Qualitätsstandards
für nachhaltiges, ökologisches Bauen und dessen Kontrolle
- Ressourcenschutz und -effizienz und Nachhaltigkeitsziele zentral in der
Musterbauordnung und den Bauordnungen der Länder verankern.
- Energiebedarfsberechnung um den Nachweis „Graue Energie“(Aufwand zur Herstellung und
zum Recycling bzw. Entsorgen) erweitern, negative Berücksichtigung bei Verwendung
nicht bzw. schwer recycle barer Stoffe
- Stärkung der unteren Bauaufsichten in den Landkreisen / Bezirken
- Anreize für besonders umweltschonende, kostensparende oder qualitätsfördernde
Leistungen schaffen.
weitere Antragsteller*innen
Fehler:Du musst dich einloggen, um Änderungsanträge stellen zu können.
Von Zeile 136 bis 140:
Im Neubau müssen Gebäudeflexibilität und kulturelle Wertigkeitgute Planung zu zentralen Kriterien werden, um Umnutzungen und Nachnutzungen künftig zu erleichtern. Gebäude sind so zu konzipieren, dass sie die positive Identifikation mit ihnen erleichternzu den Bedarfen der Bewohner*innen passen, sie leicht um nutzbarumnutzbar sind und sich Reparaturen einfach durchführen lassen. Das bedarf einer partizipativ geprägten Stadt- und Gebäudeplanung in den Kommunen, bei den öffentlichen wie privaten
Wenn die bis 2050 weltweit neu entstehenden Infrastrukturen nach dem Vorbild des vergangenen
Jahrhunderts gebaut würden, d.h. vor allem mit konventionellen Baustoffen wie Zement, Stahl
und Aluminium, wurden allein dadurch bereits drei Viertel des für die Einhaltung des 1,5°
Ziels noch verbleibenden CO2 Budgets verbraucht (WBGU, Hauptgutachten Urbanisierung, 2016)
Situation
Der Bausektor ist der Wirtschaftszweig mit dem höchsten Ressourcenverbrauch - weltweit.
Unsere Siedlungs- und Bautätigkeit, also unser Bedarf an immer mehr Wohn- und Gewerberaum
sowie Infrastruktur, generiert einen wesentlichen Teil unseres CO2- Fußabdruckes. Die Hälfte
unseres Mülls entsteht auf den Baustellen.
Aufgaben
Umweltschutz und gesundes Bauen
Seit Jahren reden wir über Bodenschutz, Umwelt- und Klimaschutz. Doch an der Bautätigkeit
und dem Bauwesen/Bauwirtschaft ging diese Diskussion weitgehend vorbei. Ökologische und
energieeffiziente Sanierungen, die Senkung des Siedlungsflächenverbrauchs, sowie der Einsatz
von umwelt- und klimaschützenden Baustoffen, Bautechniken und regenerativen Energien nehmen
seit Jahren nicht zu. Mit unserer gegenwärtigen Bautätigkeit verhindern wir die Umsetzung
unserer Klima- und Nachhaltigkeitsziele.
30% unseres Primärenergiebedarfes entsteht durch Heizen, Kühlen, durch die konventionelle
Nutzung unserer Gebäude. Dazu kommt noch der Ressourcenverbrauch beim Bauen: Baustoffe und
Bauprodukte verursachen einen enormen Transport- und Energiebedarf: Rohstoffgewinnung,
Herstellung der Baustoffe, Einbau, Instandhaltung, Modernisierung, Abriss, der stetige
Flächenverbrauch und die Entstehung von Müll und Sondermüll ist in jedem Schritt eine
planetare Belastung.
Das können wir uns nicht mehr leisten!
2016 setzte das Bauwesen in Deutschland ca. 600 Mio.t mineralische Baurohstoffe ein,
überwiegend Primärrohstoffe. Jährlich werden 250 Mio.t Sand und Kies sowie 230 Mio.t
Naturstein abgebaut. Der Abbau der Rohstoffe geht einher mit Zerstörung von Landschaft,
Lebensräumen und Eingriffen in den Wasserhaushalt. Nach Schätzungen werden für diese
Tagebaue täglich 4 ha Fläche neu in Anspruch genommen. Für ein Einfamilienwohnhaus sind
durchschnittlich etwa 200 t Kies- und Sand nötig. In einem Kilometer Autobahn stecken etwa
30.000 t. Das macht Sand und Kies nach Wasser zum wichtigsten Rohstoff unserer Erde. Die
Vereinten Nationen schätzen, dass die Menschheit jährlich 40 Mrd.t Sand in Anspruch nimmt.
Mancherorts haben sich Mafiastrukturen etabliert: Sandlagerstätten und Strände werden dort
illegal abgebaggert.
Obwohl viel abgerissen wird, ist das Wort Recycling und Wiederverwendung im Bauwesen fast
unbekannt. In Deutschland sind die mineralischen Bauabfälle und nicht verwertbarer Aushub
mit ca. 202 Mio.t im Jahr die mengenmäßig größte Abfallgruppe. Man könnte diese Abfälle zu
88% für den Hochbau wiederverwenden. Doch es „werden derzeit lediglich 7% der für den
Hochbau benötigten mineralischen Primärrohstoffe durch Sekundärrohstoffe substituiert“, so
der Sachverständigenrat für Umweltfragen.
Die gegenwärtig fehlende Akzeptanz für den Einsatz von Sekundärrohstoffen beruht auf
mangelhaften Märkten, auf befürchtetem Mehraufwand, dem Risiko zusätzlicher Prüfungen,
Gewährleistungsfragen und Mehrkosten, die durch unsere deutsche – an Normen und
Zuständigkeiten orientierte - Planungs- und Bauweise entstanden sind. Die Umsetzung der
Kreislaufwirtschaft wird am Bau auch durch unterschiedliche länderspezifische Regelungen
erschwert. Landesbauordnungen greifen das Thema bisher nicht auf. Die wenigen angebotenen
Rezyklate finden bei öffentlichen Ausschreibungen i.d.R. keine Berücksichtigung.
Das BMU schreibt im Deutschen Ressourcenschutzprogramm II: „Die Bundesregierung setzt sich
dafür ein, eine für Verwender transparente Kennzeichnung nach einheitlichen und
nachvollziehbaren Kriterien für alle in Innenräumen sowie für die Gebäudehülle verwendeten
Bauprodukte auf einem hohen Schutzniveau zu etablieren. Die Umsetzung soll durch europäisch
harmonisierte Prüfnormen zur Erfassung der Emissionen aus Bauprodukten in Innenräumen und
der Freisetzung gefährlicher Stoffe aus Bauprodukten in die Umwelt erfolgen.“ Passiert ist
bislang wenig.
Die meisten Baustoffe und Ausbaumaterialien enthalte zahlreiche, teilweise höchst
problematische, oft gesundheitsgefährdende Hilfs- und Zusatzstoffe. Die von Handwerk,
Verbraucher*innen oder Handel geforderten Produkteigenschaften fördern den Einsatz von
hochproblematischen Verbundstoffe. In zahllosen zugelassenen Bauprodukten wie
Beschichtungsstoffen finden sich vermeidbare Pestizide, Konservierungsmittel und
Mikroplastik.
Viele Bauteile, wie Türen und Fenster, Fußböden und Abdichtungen, Leitungen und Isolierungen
bestehen aus PVC. PVC besteht überwiegend aus halogenierten Kohlenwasserstoffen, die im
Brandfall hochgiftige Gase entwickeln oder über Jahrtausende in unserer Umwelt verbleiben.
Das übliche PVC enthält zu 56% Chlor. Dieses Chlor ist ein Recyclingprodukt aus der
Herstellung von Natronlauge. Wenn ein Recyclingprodukt reines Gift ist, muss man seine
Korrektheit und Verwendbarkeit in Frage stellen.
In Holzwerkstoffen werden teilweise nach wie vor formaldehydhaltige Leime verwendet. PCBs
sind immer noch in vielen Schulen und öffentlichen Bauten zu finden und die bromhaltigen
EPS-Dämmstoffe vieler Wärmedämmverbundsysteme bereiten Entsorgungsprobleme.
Das sind nur wenige, nach heutiger Rechtslage zulässige, Beispiele für den unkontrollierten
Einsatz von Stoffen und Stoffgruppen, deren langfristige Wirkungen noch weitgehend unbekannt
sind. Eine vollständige Deklarierung in technischen Merkblättern ist für Baustoffe nicht
vorgesehen. Kaum ein Bauherr ist sich dieser Problematik bewusst. Verbaut wird in der Regel,
was am günstigsten ist.
Urban Mining
Urban Mining ist die planvolle und systematische Erschließung sekundärer Rohstoffpotenziale
aus Gebäuden und Infrastrukturen. Der deutsche Gesamtbestand an Gebäuden und Infrastrukturen
(Materiallager)ist mit ca. 28 Milliarden Tonnen ein menschengemachtes Rohstofflager, das
partiell nach Nutzungsende wieder dem Recycling zugeführt werden könnte. Im Bestand sind
ca.10,5 Mrd.t mineralische Baustoffe gebunden, ca. 220 Mio.t Holz und ca. 100 Mio.t Metalle.
Die Bereitstellung von hochwertigen Sekundärrohstoffen wird durch diverse Faktoren gehemmt.
Komplexe und irreversible Verbindungen und Vermischungen von Rohstoffen und zunehmend
problematische Stoffeinträge durch Zusätze und Hilfsmittel, die nur in aufwendigen Verfahren
– wenn überhaupt – in ihre Ausgangsstoffe getrennt werden können, sind ein wesentliches
Hindernis. Das Baustoffrecycling in qualitätserhaltenden Kreisläufen wird heute nur in
wenigen Fällen erreicht. Niedrige Rohstoffpreise, verbunden mit hohen Lohn- und Nebenkosten,
verhindern rohstoffsparende Praktiken beim Planen, Bauen und Rückbauen. Die stärkere
Wiederverwertung von Bauteilen und Baustoffen könnte Arbeitsplätze in den Bereichen Rückbau,
Trennung und Recycling von Baumaterialien schaffen. Hierbei handelt es sich in der Regel um
Tätigkeiten, die vor Ort ausgeübt werden, sodass lokale Arbeitsplätze im Sekundären Sektor
entstehen könnten.
Bauwende
Inzwischen ist klar, dass ein ”Weiter so” das Leben auf diesen Planeten gefährdet. Seit
dieser Erkenntnis hat sich im Bausektor erstaunlich wenig verändert. Die Motivation von
Regierungen, Industrien, Parlamenten und Bevölkerung dieses Thema ernsthaft anzugehen,
bleibt bei der Komplexität der Materie und der undurchdringlichen Zuständigkeit für die
Zusammenhänge auf der Strecke. Dabei ist die Unzufriedenheit mit den Lebens-, Arbeits- und
Wohnumständen überall zu spüren. In den Metropolen ebenso wie in den ländlichen Räumen. Das
unter dem Wachstumsparadigma entstandene Geflecht aus Bau- und Baustoffindustrie, Normung
und Gesetzgebung, Behörden und Verordnungen sowie Wohn- und Arbeitswelten, die immer noch an
immerwährendes Wachstum glauben, bedarf dringend einer Neuaufstellung unserer Planungs- und
Baukultur auf allen Ebenen. Eine Bauende ist notwendig. Wir wollen diese Bauwende mit den
Zielen der Agenda 2030 voranbringen, gestalten und umsetzen.
Lebenswerte Städte und Dörfer
Die Gestalt unserer Städte und Siedlungen ist wesentlicher Bestandteil unserer Alltagskultur
und muss in die Nachhaltigkeitsdebatte einfließen. Unsere gebaute Umgebung prägt uns. Das
demokratische Miteinander lässt sich gezielt durch die Gestaltung von Freiräumen, dem
Stadtraum und den Aufenthaltsräumen gleichermaßen stärken. Gute öffentliche Räume sind Orte,
wo wir in Vielfalt miteinander umgehen. Sie sind Orte, die „sozialisieren“ und damit das
Gegenteil der Blasen unserer Social Media. Die Gestaltung des Raumes ist ein Teil unserer
materiellen Lebensgrundlagen und sein Erscheinungsbild und Materialität bedarf großer
Sorgfalt.
Die Mitglieder einer freien, demokratischen Gesellschaft brauchen Wohn- und Arbeitsräume,
die durch städtebauliche und bauliche Qualität Wertschätzung, Gleichheit und positive
Gestaltungskraft ausdrücken. Das ist kein Luxus, sondern Notwenigkeit für die
Leistungsfähigkeit unserer arbeitsteiligen Dienstleistungsgesellschaft.
Unsere Antworten und Forderungen
Ressourcenschonende und nachhaltige Baukultur
Uns Grünen geht es darum, öffentliche Handlungsfähigkeiten zu stärken. Wir fordern von der
gesamten Immobilien- und Bauwirtschaft nachhaltiges Handeln ein.
Die gesamte Wertschöpfungskette in der Bauwirtschaft – Produktgestaltung,
Produktionsprozess, Nutzung und Entsorgung – muss ressourcenschonend werden. Bei Städtebau
und Gebäudeplanung sind Stoff- und Energieverbrauch bei Herstellung und Betrieb sowie das
spätere Recycling durchgängig für alle Gebäude zu berücksichtigen.
Wir brauchen für den Betrieb von Gebäuden keine fossilen Energieträger. Mit guten
Quartierslösungen kann auch der modernisierte Bestand mit erneuerbaren Energien innerhalb
der Städte versorgt werden. Auf dem Land ist der Einsatz von regenerativer Energie noch
einfacher zu realisieren.
Die Lebensdauer von Gebäuden muss deutlich verlängert werden. Der Abriss und das „Wegwerfen“
von Gebäudesubstanz muss vermieden und die Weiternutzung der „grauer Energie“ im Bestand
unterstützt werden. Durch Erhaltung bestehender Bausubstanz und auf lange Nutzungsdauer
ausgelegte Räume, Konstruktionen, wiederverwertbare Bauteile und Materialien kann die
Ressourceninanspruchnahme auf ein verträgliches Maß zurückgeführt werden. Hierfür braucht es
starke Regelungen auf EU-, Bundes- und Landesebene sowie umsetzungsstarke und fachkompetente
Kommunen.
Im Neubau müssen Gebäudeflexibilität und kulturelle Wertigkeitgute Planung zu zentralen Kriterien
werden, um Umnutzungen und Nachnutzungen künftig zu erleichtern. Gebäude sind so zu
konzipieren, dass sie die positive Identifikation mit ihnen erleichternzu den Bedarfen der Bewohner*innen passen, sie leicht um umnutzbar sind und sich Reparaturen einfach durchführen lassen. Das bedarf einer partizipativ
nutzbar
geprägten Stadt- und Gebäudeplanung in den Kommunen, bei den öffentlichen wie privaten
Bauherren eines hohen Planungsniveaus, sowie flexiblerer Regelungen in den
Landesbauordnungen, Arbeitsstättenrichtlinien und in anderen öffentlich-rechtlichen
Anforderungen des Planens und Bauens sowie eine Entschlackung der zahlreichen Normen.
Aktuell sind die Erstellungs- oder Instandsetzungs- und Modernisierungskosten eines
nachhaltig geplanten und gebauten Gebäudes deutlich höher als die eines billigen „fast
Plastics house“. Die Folgekosten der konventionellen Baustoffe und ihr enormer CO2-Abdruck
werden im Preis nicht abgebildet. Auf diesem Gebiet Nachhaltigkeit umzusetzen, braucht es
daher gerechte Finanzierungsinstrumente und Lastenverteilung mit Blick auf den gesamten
Lebenszyklus eines Gebäudes.
Einfamilienhäuser verbrauchen besonders viele Ressourcen, da im Vergleich zum
Mehrfamilienhaus der Außenhautanteil sehr groß ist, zudem verschleißen sie extrem viel
Bauland und Infrastruktur.
Umbaukultur
Für eine ressourcen- und umweltorientierte Bauende reicht es nicht aus, Energiesparmaßnahmen
an Einzelgebäuden vorzunehmen. Die wesentliche Steuerungsgröße liegt nicht im Neubau,
sondern im klugen Umgang mit dem Bestand: im Umbau, in Werterhaltungsstrategien. Viel zu
selten wird hinterfragt, ob ein Gebäude überhaupt langfristig in der geplanten Form
gebraucht wird. Bestehende Gebäude binden wertvolle Baumaterialien, Energie und Arbeitszeit.
Sie binden oftmals auch Geschichten und Erinnerungen. Energetisch betrachtet besitzt jede
bestehende Architektur eine eingebaute Existenzberechtigung – alleine dadurch, dass sie
vorhanden ist und in ihr materielle und geistige Werte und Energien gebunden sind.
So ist die Weiter- und Umnutzung eines Bestandsgebäudes deutlich ressourcenschonender als
das Neubauten. Selbst das zuständige Bundesministerium stellt die Nichtbaulösung an die
erste Stelle seiner Planungsgrundsätze. Hier muss die öffentliche Hand ihre Vorbildfunktion
deutlicher wahrnehmen und für ihren Bedarf an Gebäuden und umbauter Umwelt vollständige
Nachhaltigkeitsbetrachtungen auch über die Zuständigkeitsgrenzen hinweg durchführen und
diese mit einer Umsetzungsstrategie realisieren.
Lebenszyklusbetrachtung und Zertifizierung
Mit dem Lebenszyklus eines Gebäudes bezeichnet man die gesamtökologischen und - ökonomische
Betrachtung eines Gebäudes von der Erstellung über die Nutzung und Modernisierung/Sanierung
bis zum Abriss. Es gilt den Bedarf an Rohstoffen und Energie nicht nur bei der Erstellung,
sondern auch bei der Nutzung, Umnutzung und ggf. Abriss zu minimieren. Für eine
Ökobilanzierung / Zertifizierung gibt es in Deutschland das von der Bundesregierung
eingeführte Zertifizierungssystem BNB - aktuell nur für Gewerbegebäude - und die Datenbank
ÖKOBAUDAT. (Ergänzend gibt privatwirtschaftliche basierte und international anerkannte
Nachhaltigkeitssiegel wie DGNB BREEM oder Leed.) Wir streben die
Nachhaltigkeitszertifizierung kurzfristig für alle öffentlichen Bauvorhaben und
mittelfristig für alle Gebäude an. Fördermittel und zinssubventionierte Kreditvergaben
müssen an die Einhaltung von nachhaltigen und ökologischen Standards gebunden sein.
Planen und Bauen unter kommunale Kontrolle
Stringente Anwendung der Abfallhierarchie Reuse-Reduce-Recycle vor Ort im Baubereich mit
Vorgaben und Angeboten zur Weiternutzung, Vermeidung und Wiederverwertung von Gebäuden,
Bauteilen und Baustoffen mit dem Ziel einer deutlichen Reduzierung des Rohstoffbedarfs und
des Müllaufkommens im Bausektor insgesamt.
Integrierte Klimaanpassungs-, Ressourcenreduktions- und Nachhaltigkeitsstrategien auf
kommunaler Ebene entwickeln, vermitteln und umsetzen ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, der sich auch die EU- und Bundesebene widmen muss.
Gesetzlicher Handlungsbedarf im Förder- und Ordnungsrecht
Folgende Maßnahmen sind geeignete Stützpunkte der Bauwende:
- Einführung einer verbindlichen Vorrangregelung für Recyclate im Hoch- und Tiefbau
- CO2-Bepreisung von Baustoffen und -produkten sowie von Heizstoffen
- Entwicklung recyclerbarer Baumaterialien sowie die Weiterentwicklung der
Aufbereitungs- und Verwertungstechnologien, Vermeidung nicht recyclerbarer Materialien
- Klare Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für den umgehenden Einstieg in die
Kreislaufwirtschaft.
- Eine Steuer oder Abgabe auf den Abbau und Einsatz von Primärrohstoffen
(Primärbaustoffsteuer), Subventionierung von Recycelten
- Einführung der Pflicht zur Volldeklaration aller Inhaltsstoffe in Baustoffen und deren
Energiebilanz bei der Herstellung.
- Öffentliche Förderprogramme, steuerliche Subventionen und kommunale Qualitätsstandards
für nachhaltiges, ökologisches Bauen und dessen Kontrolle
- Ressourcenschutz und -effizienz und Nachhaltigkeitsziele zentral in der
Musterbauordnung und den Bauordnungen der Länder verankern.
- Energiebedarfsberechnung um den Nachweis „Graue Energie“(Aufwand zur Herstellung und
zum Recycling bzw. Entsorgen) erweitern, negative Berücksichtigung bei Verwendung
nicht bzw. schwer recycle barer Stoffe
- Stärkung der unteren Bauaufsichten in den Landkreisen / Bezirken
- Anreize für besonders umweltschonende, kostensparende oder qualitätsfördernde
Leistungen schaffen.
Kommentare
Caroline Sophie Meder:
ich befürchte mit Euren Änderungsanträgen bekommt Ihr mehr Lob der Investorenlobby als Euch lieb ist.
"Gute Planung" war eigentlich noch nie unser Problem.
Jeder Supermarkt auf der grünen Wiese ist das Ergebnis von guter Planung. Die Kisten stehen, sind wasserdicht, haben vergleichsweise wenig gekostet, weil seriell vorgeplant. Aber sie sind nicht nur verstörend häßlich, sondern am Ende - nach 50 Jahren Abschreibung - auch noch Sondermüll.
Kulturelle Wertigkeit beschreibt Gebäude, die eine Aussage als Kulturgut tagen. Die der Gemeinde ein einzigartiges Gesicht geben, die zur Region passen und unverwechselbar sind. Die das Ergebnis von erfahrener Entwurfsleistung sind.
Das gleich mit dem "Bedarf der Bewohner". Schlaf, Duschen, Fernsehen.
Wenn wir es schaffen, Gebäude zu erstellen, und ich meine hier nicht nur Wohngebäude, auf die die Bewohner stolz sind, stärken wir die Verwurzelung vor Ort. Wer sich an den Gebäuden seiner Umwelt erfreut, pflegt sie, mag nicht wegziehen, möchte den Ort erhalten und vielleicht auch das Miteinander vor Ort stärken. Wer sich wertgeschätzt fühlt, weil er in einem - umganssprachlich - schönen Gebäude lebt, hat es viel leichter auch sein Gegenüber wertzuschätzen.
Das ist nicht weniger als die Basis einer wehrhaften Demokratie.
Der Tippfehler muss raus, klar!
Es grüßt Euch herzlich,
Caro
Martin Saltzwedel:
Caros Hinweis, dass die Zeilen ja nicht nur für den Wohnungsbau gelten, sondern auch für Funktionsräume wie Lagerhallen etc. finde ich auch sehr wichtig.
Lieber BuVo, nehmt diesen ÄA doch zurück oder ändert ihn noch so, dass nicht alles auf "technische Flexibilität" reduziert wird, sondern auch "nachhaltigen Nutzungswunsch" der Be- und/oder Anwohner sowie der Eigentümer und Besitzer als Kriterium einschließt.
(Da ist der ursprüngliche Text schon recht gut ... :-) )
Liebe Grüße,
Martin