Liebe Delegierte,
wir müssen benennen, was wir in einer klimaneutralen Zukunft an Energie noch brauchen und wie wir sie erzeugt bekommen. Diese Ehrlichkeit ist wichtig, um bereits unsere heutige Politik auf den Bedarf der Zukunft auszurichten und die richtigen Weichen zu stellen, bei der Erzeugung, aber auch bei den Einsparungen. Einfach nur kleinere Ausbauzahlen darzustellen, aus Angst, dies könnte jemanden überfordern, führt uns nicht eine klimaneutrale Welt, die unser Ziel ist.
Die oben angegebenen Zahlen beruhen auf Berechnungen mit dem weit entwickelten Energieszenario - Tool 100ProSim. Die BAG Enerige und anderen BAGen rechnen schon länger mit diesem Tool, ebenso der BUND oder auch die Niedersächsische Landesregierung unter Grüner Beteiligung.
Das Tool ist über 10 Jahren von einem grünen Ingenieur entwickelt worden. Mehrere 100 Studien finden dort mit Eingang zur Berechnung unterschiedlichster Teilaspekte. Mit dem Tool berechnet man die Energieerzeugung und die Energieverbräuche ebenso wie die dafür benötigten Flächen. Und es rechnet komplett alle Energieströme mit ein. Die meisten Institute versäumen, den Energiebedarf für den Wasserstoffpfad zu bilanzieren - damit verbunden den Dunkelflautenspeichen, EE-Kraftstoff-Erzeugung und den erneuerbaren Ersatz von Erdöl für die stoffliche Anwendung. Dies gehört aber zu einer klimaneutralen Welt, die wir anstreben, mit dazu.
Wo der große Ausbaupfad letztlich Umsetzung findet, darüber lässt sich reden. In diesem Szenario sind wir beispielhaft von einer Erzeugung zunächst nur in Deutschland ausgangen. Dies, um unsere Verantwortung für diese Erzeugungsmenge zu verdeutlichen. Wenn wir uns dafür verantwortlich zeigen, wo in welchen Ländern Erzeugungskapazitäten tatsächen für unseren Energiebedarf aufgebaut werden, lässt sicher gerne auch über ein Auslagerung solche Kapazitäten sprechen. Aber einfach nur den Ausbaubedarf erheblich zu klein ansetzen in der Hoffnung, irgendwer wird schon irgendwann mal für uns erneuerbaren Wasserstoff herstellen, das geht nicht.
Die Fakten benennen, ihnen mutig ins Auge schauen und nach konstruktiven Lösungswegen suchen, das ist unsere Herangehensweise. Deshalb stellen wir diesen Änderungsantrag.
Wer sich für unser Energieszenario interessiert: Aus der BAG Enerige heraus haben wir den Verein "Erneuerbare Energieszenarien e.V." gegründet, der das Tool verwaltet und man kann es z.B. buchen auf für kommunale Anwendungsbezüge. Das diesem Antrag zugrunde liegende Energieszenario "KE3" versucht eine klimaneutrale Energiewelt für das Jahr 2035 vorstellbar zu machen. Sehr ambitioniert. Aber noch möglich und aufgrund der Klimakrise dringend in solche oder ähnlich Richtung anzustreben.
2Die Grundlagen-Daten des Grünen Energieszenarios (KE3) Deutschland klimaneutral 2035 findet ihr hier:
https://www.ernes.de/seite/410792/ergebnisse.html
Die aufgrundeten 1.500TWh = 1.500 Milliarden kWh des Endenergiebedarfs beinhalten auch 250TWh für die durch Wärmepumpen der Luft oder dem Boden entzogene und in die Häuser abgegeben Wärme.
1Endenergieverbrauch Deutschland
https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energieverbrauch-nach-energietraegern-sektoren
Wer sonst zur Änderungsantragstellerin Kontakt sucht: schaut hier:
https://www.bag-energie.de/cms/kontakt/
Wir danken für die Aufmerksamkeit und freuen uns sehr über Unterstützung auf der BDK.
Mit herzlichem Gruß
Das Sprecher*innenteam der BAG Energie (Carolin, Ekkehard, Conny, Fabian, Anna und Harald)
Kommentare
Martin Pabst:
die Berechnung per Tools ist nicht transparent (oder hat jemand das Coding gelesen?). Mit den Zahlen von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) und den bekannten Basics zu den regenerativen Energien ist das auch nicht erforderlich; Dreisatz und Prozentrechnung sollten reichen. (Die Zahlen vom UBA sind auch o.k., aber nicht in der Genauigkeit verfügbar, wie bei der AGEB.)
1. Eure Ausgangszahl von 2.500TWh steht auch in den AGEB-Tabellen (= 9.000PJ; 2017); allerdings ist das die Energie nach den Umwandlungsverlusten. Da Ihr auch von Speicherung und somit Umwandlung von mindestens der Hälfte der Energie ausgeht, müsst Ihr natürlich diese Verluste berücksichtigen.
2. Die Annahme einer Reduktion um 40% auf 1.500TWh steht einfach so im Raum - gibt es dafür eine Basis? Kein Industriezweig macht solche Versprechungen. Ich höre solche Versprechungen seit 20 Jahren und sie wurden nie auch nur ansatzweise erfüllt. Angewandt auf die Automobilindustrie hieße das beispielsweise (bei 20kWh/100km) etwa 30 Mio Elektroautos (was nebenbei etwa 60% der bekannten Weltreserven an Lithium aufbrauchen würde). Wann?
3. Die Ziele sind nicht "zugegebenermaßen ambitioniert", sondern illusorisch. In den letzten 20 Jahren wurde eine Kapazität von 43GWp PV aufgebaut - Ihr sprecht von 920GWp; selbst mit der doppelten Ausbaugeschwindigkeit bräuchte man dafür mehr als 200 Jahre. 180GW Wind bedeutet nicht wie in dem Papier gefordert "2% der verfügbaren Fläche" sondern eher 3%. Selbst das 2%-Ziel in 10 Jahren zu erreichen bedeutet 3.000 neue WKA pro Jahr - die letzten zwei Jahre hatten mit durchschnittlich 920 pro Jahr einen Rekord. Von den ca. 90 dieses Jahr ganz zu schweigen...
Wir haben 10 Jahre für eine Reduktion des CO2-Ausstosses um 50% und 20 Jahre für einen Ausstieg. Euch gebührt große Anerkennung dafür, diese Zahlen zusammen getragen zu haben. Aber bitte deutet auch auf die einzig mögliche Konsequenz hin: "Genauso weiter - nur eben grün" geht nicht, nicht in der erforderlichen Zeit. Wir kommen um eine Reduktion des konsumgetriebenen, individualistischen Wirtschaftens nicht herum. Wenn Ihr auch nur den geringsten Zweifel an der Durchsetzbarkeit des beschriebenen Plans habt, schreibt ihn dazu - vermeidet, dass sich irgendjemand aufgrund Eurer Berechnungen in falscher Sicherheit wiegt.
Die Welt, die Natur, die Menscheit kann es sich in der akuten Situation nicht erlauben, dass wir erst in 10 Jahren zugeben, dass wir heute zu optimistisch waren.