Veranstaltung: | 45. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | S Satzungsänderungen |
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 24.08.2020) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.08.2020, 08:56 |
S Einleitung: Vorschlag zur Parteireform - Einleitungstext
Antragstext
Dieser Text dient der Erläuterung und soll nicht beschlossen werden.
In diesem Jahr feiern wir 40 Jahre die Grünen und 30 Jahre Bündnis 90 – die Bedeutung der
innerparteilichen Demokratie zieht sich dabei als roter Faden durch unsere Geschichte. Die
Grünen waren und sind eine Mitmachpartei. Demokratie heißt dabei für uns mehr als hin und
wieder mal den Stimmzettel zu heben, sondern dass unsere Mitglieder die Partei und unsere
Politik aktiv mit gestalten können.
In den letzten Jahren sind wir enorm gewachsen. Das ist großartig, denn nur wenn wir richtig
viele sind, können wir wirklich etwas verändern. Gleichzeitig stärken wir dadurch, dass wir
vielen Menschen einen Ort der Diskussion, der Organisierung und der Selbstwirksamkeit geben,
die gesamtgesellschaftliche Demokratie. Das ist gerade in Zeiten, in der viele Menschen das
Vertrauen in die parlamentarische Demokratie verlieren, von größter Bedeutung. Wir
formulieren ein Mitmachangebot in die Breite der Gesellschaft – und immer mehr Menschen
nehmen es an.
Je größer wir werden, desto vielfältiger werden wir. Diese Vielfalt wollen wir als Partei
auch selbst besser repräsentieren. Denn es geht nicht nur darum, dass Bündnis 90/Die Grünen
Positionen pro Vielfalt vertreten, sondern dass wir es durch strukturelle Veränderungen
ermöglichen, dass sich verschiedene Gruppen in der Partei selbst einbringen, sichtbar sind
und Politik gestalten. Es geht darum, Zusammenhalt in Vielfalt herzustellen, indem
Unterschiede nicht negiert, sondern allen der Zugang zu bestimmten Ressourcen ermöglicht
wird. Deshalb schlagen wir ein Vielfaltsstatut und einen Diversitätsratvor, mit deren Hilfe
wir die Vielfalt in der Partei fördern, indem wir Hürden und Diskriminierung abbauen und
mehr Chancengleichheit herstellen.
Damit der grüne Anspruch an innerparteiliche Demokratie weiterhin gelebt werden kann, müssen
wir unsere innerparteiliche Diskursfähigkeit erhalten und ausbauen. Die Parteitage bilden
den Ort, an dem wir unsere politische Ausrichtung/Position miteinander anhand von Anträgen
und Änderungsanträgen diskutieren und abstimmen. Die Delegierten müssen im Vorfeld über die
vorliegenden Vorschläge so gut informiert sein, dass sie befähigt sind, Position zu
beziehen. Kreisverbände, Landesverbände und Bundesarbeitsgemeinschaften bilden seit Jahren
den Rahmen für die Informationsarbeit, aber auch für die Einbringung von Anträgen und
Änderungsanträgen. Dafür ist auch entscheidend, dass (rechtzeitig) vor den Parteitagen über
alle zu diskutierenden Punkte beraten werden kann. Damit die Diskussion nicht nur zwischen
Antragskommission, Bundesvorstand und Antragsteller*innen geführt wird, sollen die
Verhandlungsergebnisse im Vorfeld veröffentlicht werden. Dies ist bei der Bearbeitung von
tausenden Änderungsanträgen jedoch nicht möglich. Wir brauchen dazu einen machbaren Rahmen
von zu bearbeitenden Anträgen. Diese Schwelle haben wir mit über 1000 Anträge pro Parteitag
überschritten.
Denn wir wollen, dass in unserer Partei Entscheidungen möglichst breit und informiert
getroffen werden und nicht durch kleine Zirkel. Eine moderne Mitmachpartei zu sein bedeutet
deshalb, unsere Strukturen immer weiter zu entwickeln, um dabei unseren demokratischen
Grundsätzen auch als wachsende Partei gerecht bleiben. Bei der Online-Beteiligung haben wir
von Anfang an darauf geschaut, wie wir Frauen und Männer gleichermaßen an den Angeboten
beteiligen und Wege gesucht, unsere bewährten analogen Verfahren auf die Online-Anwendungen
zu übertragen.
In den vergangenen Jahren haben wir viele Projekte weitergetrieben und neu angestoßen, wie
wir Beteiligung in der Partei stärken und auf digitalem Weg ermöglichen. Über das Grüne Netz
geben wir den Mitgliedern Informationen und Instrumente an die Hand, die sie für die
Parteiarbeit und die Vernetzung untereinander nutzen können. Eines der wichtigsten Tools,
Antragsgrün, mit dem wir seit 2014 die Transparenz massiv erhöht haben, haben wir mit der
Sichtbarmachung des Frauenanteils der Anträge und der Beschlusserstellung im Tool weiter
entwickelt. Die Grüne Wahlkampf-App hat unsere Kreisverbände und Freiwillige im
Europawahlkampf enorm unterstützt und wurde sehr gut angenommen. Beteiligungsgrün hat sich
als neues Beteiligungsformat durchgesetzt. In den beiden Diskussionsphasen zum
Grundsatzprogramm haben sich bisher rund 2000 Mitglieder direkt beteiligt. Damit haben sich
mehr Mitglieder beteiligt als auf zwei Parteitagen teilnehmen. Sie haben rund 550 Begehren
gestellt und diskutieren lassen, von denen rund 50 erfolgreich abgeschlossen und an den Buvo
zur Beantwortung gegeben wurden. Auch das Instrument der Umfragen haben wir in den
vergangenen Jahren wiederholt genutzt, beispielsweise zur Umfrage zum Grundsatzprogramm, zur
Auswertung der Bundestags- und Europawahl sowie zur Neumitgliederbefragung. Auch viele
Landesverbände nutzen dieses Instrument zur Abfrage ihrer Mitglieder.
Unserem 2016 ausgegebenen Ziel, Beteiligung online und offline stärker zu verschmelzen, sind
wir also ein gutes Stück näher gekommen. Das ist insbesondere mit Blick auf unsere grandios
wachsenden Mitgliederzahlen enorm wichtig. Denn seit wir 2016 in Münster den Beschluss
gefasst haben und Online- und Offline Beteiligung weiter voranzubringen, sind wir um über 50
Prozent gewachsen – von gut 61.000 auf über 100.000 Mitglieder. Die
Beteiligungsmöglichkeiten im Grünen Netz ermöglichen den vielen neuen Mitgliedern eine
niedrigschwellige Mitarbeit an unserer Parteiarbeit und einen einfachen Informationszugang.
Wir waren als Partei sehr schnell in der Lage, in der Corona-Krise in der Breite digital
umzuschalten, weil wir die Digitalisierung der Partei seit Jahren vorangetrieben haben.
Deshalb konnten wir auch innerhalb weniger Wochen den ersten digitalen Parteitag durchführen
und damit eine Vorreiterrolle in der deutschen Parteienlandschaft einnehmen. Die
Bereitschaft und auch die Selbstverständlichkeit, digital zu arbeiten hat sich durch die
Corona-Krise weiter verbreitet. Das bedeutet aber auch, dass wir unsere eigenen Strukturen
stabilisieren und professionalisieren müssen. Deswegen ist der Pfad, die Netzbegrünung in
eine Genossenschaft umzuwandeln, ein richtiger.
Die digitalen Instrumente und Angebote entwickeln wir weiter und zwar auf allen Ebenen. Wir
sollten Beteiligungsgrün zu Ideengrün fortentwickeln und auch nach dem Grundsatzprogramm
fortführen, wir werden das Grüne Netz und die Wahlkampf-App weiter für die Bundestagswahl
optimieren. Doch wir sollten auch an verschiedenen Stellen an die Satzung ran, weil diese
eher für 50.000 als für 100.000 Mitglieder gebaut wurde. Wir möchten deshalb mit euch ein
Paket an Satzungsänderungen diskutieren, von denen wir uns professionellere Strukturen und
transparentere Verfahren erhoffen.
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