Antrag: | Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen |
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Antragsteller*in: | BAG Tierschutzpolitik (dort beschlossen am: 05.10.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: GSP.L-01-117 |
Eingereicht: | 06.10.2020, 20:15 |
GSP.L-01-117-3: Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Verfahrensvorschlag zu GSP.L-01-117: Antragstext
Von Zeile 115 bis 123:
Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“ erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre vielfältigen Gemeinwohlleistungen gezielt entlohnt werden.
Tierschutz
(72) Tiere haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind wir verpflichtet, für mehr Tierschutz und mehr Tierwohl in der Tierhaltung zu sorgen. Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von Tieren gewirtschaftet werden kann. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln. Tierversuche müssen konsequent reduziert und möglichst überflüssig werden.(72) Tiere sind fühlende Lebewesen, sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten oder Unterhaltungsobjekten degradiert werden. Wo immer ihr Wohlergehen aufgrund menschlichen Handelns in Gefahr ist, muss es geschützt werden. Jede Tierhaltung ist an ihren umfassenden Bedürfnissen auszurichten, denn auch Tieren steht ein gutes und gesundes Leben zu. Dafür müssen die entsprechenden politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Anerkannte Tierschutzorganisationen benötigen als Anwälte der Tierrechte mehr Kompetenzen und mehr Unterstützung.
(73 NEU) Solange wir Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen, müssen wir ihnen ein würdevolles Leben frei von Schmerzen, Angst und Stress ermöglichen - ohne tierquälerische Zucht-, Haltungs-, Transport- und Schlachtmethoden. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft hat diese Ziele fest in sich verankert. Das bedeutet auch, dass künftig immer weniger Tiere gehalten werden und entsprechend weniger Fleisch konsumiert und exportiert wird. Das ist zugleich essenziell für den Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität und einen fairen Handel mit den Ländern des globalen Südens. Auch durch eine neue Ernährungspolitik und die gezielte Förderung pflanzlicher Alternativen sinkt der Konsum von tierischen Produkten. Tierversuche sollen nach einem Ausstiegsplan konsequent reduziert und durch innovative Forschungsmethoden ohne Tiere ersetzt werden.
Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Klima und Energie
(53) Nach dem fossilen Zeitalter beginnt die ökologische Moderne. War der Fortschritt der
Moderne bislang angetrieben von Kohle, Öl und Gas und verlagerte er seine sozialen und
ökologischen Kosten zu großen Teilen in andere Weltregionen und in die Zukunft, geht es beim
Fortschritt heute darum, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den
gegenwärtigen und kommenden Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand
zu ermöglichen. Je entschiedener wir handeln, umso mehr Freiheiten und Alternativen haben
wir in den kommenden Jahrzehnten.
(54) In der ökologischen Moderne ist das Prinzip der Nachhaltigkeit leitend. Die natürlichen
Ressourcen dürfen demnach nur in dem Maße genutzt werden, wie sie sich auch wieder erneuern
können. Das gilt für Technologien, Wirtschaftsweisen, für den privaten Verbrauch und Konsum.
Konkret bedeutet das: Politische Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen
mit der Einhaltung der planetaren Grenzen vereinbar sind.
(55) Wir leben in Zeiten der Klimakrise. Der Anstieg der Meeresspiegel bedroht das Leben an
den Küsten. Trockenheit und Wüstenbildung zerstören Lebensräume von Mensch und Tier.
Hitzesommer und Wetterextreme sorgen für extreme Schäden und nehmen lebensbedrohliche
Ausmaße an. Es ist Aufgabe der Menschheit, die Katastrophe so weit wie möglich zu
verhindern. Leitlinie ist das Klimaabkommen von Paris, das vorsieht, die Erderhitzung auf
deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Europa muss so schnell wie
möglich Klimaneutralität erreichen. Deutschland als einem der größten Verursacher von
Treibhausgasen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Jedes Zehntelgrad weniger
Erhitzung zählt.
(56) Maßstab erfolgreicher Klimapolitik ist der Budget-Ansatz. Er zeigt auf, wie viele
Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf, um den eigenen Anteil am Pariser
Klimaabkommen einzuhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit, jeden Tag konkret zu handeln.
„Morgen ist auch noch ein Tag“ gilt beim Klimaschutz nicht. Nur wenn substanzielle
Einsparungen schnell erzielt werden, gibt es später noch ausreichend Handlungsspielraum.
(57) Der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas
und damit die Dekarbonisierung sind die Schlüsselaufgaben des Klimaschutzes. Die
Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse gelingt nur, wenn Rohstoffe und die für ihre
Herstellung nötige und in ihnen gespeicherte Energie massiv eingespart, möglichst
vollständig im Kreislauf geführt und hocheffizient genutzt werden. Dafür ist eine völlig
neue Vernetzung innerhalb und zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie,
Dienstleistungen und Landwirtschaft nötig.
(58) Technologie ist als Beitrag für Klimaneutralität notwendig. Technologische Lösungen
müssen immer dem Vorsorgeprinzip folgen. Das heißt, dass die Abwägung von Nutzen und
Schäden, mögliche Umkehrbarkeit sowie die Eingriffstiefe zu berücksichtigen sind. Sie werden
grundlegende Veränderungen und schnelles Handeln nicht ersetzen, sondern nur ergänzen
können.
(59) Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Sie
ermöglicht es, eine schwankende erneuerbare Produktion mit dem Verbrauch eng zu verzahnen
und so den Energiebedarf zu senken. Das Potential der Digitalisierung für
Ressourceneffizienz, sparsamen Energieverbrauch, Dematerialisierung und Suffizienz soll
bestmöglich gefördert werden. Zugleich zeigt die Digitalisierung bisher selbst einen
ungezügelten Ressourcenhunger. Daher muss sie mit Maßnahmen flankiert werden, die den
Ressourcenverbrauch begrenzen und Rebound-Effekte vermeiden.
(60) Erneuerbare Energien sind dezentral in der Erzeugung, aber eine Versorgung mit ihnen
wird leichter sicherzustellen sein, je größer der Raum ist. Unser Kontinent hat die richtige
Größe für die Energiewende. Die europäische Energieunion soll die verschiedenen Stärken der
Regionen – Solarenergie im Süden, Geothermie und Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen,
Offshore-Windkraft im Atlantik, im Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in ganz
Europa – miteinander verbinden. Zentral dafür sind Aufbau und Nutzung von Netzen und
Speichern. Entscheidende Akteur*innen der Energiewende sind die Bürger*innen und Kommunen,
aber auch regionale Unternehmen und das Handwerk.
(61) Es braucht eine vorausschauende Energieaußenpolitik. Denn auch im Zeitalter der
erneuerbaren Energien wird es Energieimporte geben. Sie hilft den Partnerländern beim Aufbau
der entsprechenden Strukturen und stellt sicher, dass die importierte Energie nachhaltig und
unter sozial gerechten Bedingungen erzeugt wurde.
(62) Um die Klimakrise zu bewältigen, ist es weder notwendig noch vertretbar, zur Atomkraft
zurückzukehren. Diese Hochrisikotechnologie birgt eine existenzielle Bedrohung für Natur,
Mensch und Tier.
(63) Es ist Aufgabe in diesem Jahrzehnt, ein Endlager für den hochradioaktiven Atommüll mit
höchstmöglichen Sicherheitsstandards und bei bestmöglichen geologischen Bedingungen zu
finden. Bei der Suche ist die gesamtgesellschaftliche Verantwortung vor regionale
Eigeninteressen zu stellen.
Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft
(64) Der Verlust an Biodiversität ist so dramatisch wie die Klimakrise. Schlimmer noch: Die
beiden Krisen bedingen sich gegenseitig und können daher auch nur gemeinsam gelöst werden.
Die Roten Listen und die planetaren Grenzen müssen als „Barometer des Lebens“ zum Gradmesser
für politische Handlungsleitlinien werden, denn die biologische Vielfalt sichert das Leben
auf dem Planeten. Ökologischer Landbau, die Ökologisierung der konventionellen
Landwirtschaft, der Erhalt wertvoller Lebensräume, mehr Schutzgebiete und Biotope sowie mehr
freie Natur an Land, in Flüssen, Seen und im Meer sind als wirksamer Schutz für
Artenvielfalt und Umwelt zu betreiben.
(65) Das Vordringen des Menschen in die letzten, noch nicht zerstörten natürlichen Gebiete
und die grenzenlose Aneignung von Umwelt und Tierwelt zum Verbrauch oder Verzehr gefährden
nicht nur die Natur, sondern auch die menschliche Gesundheit. Sogenannte zoonotische
Krankheiten können fatale gesellschaftliche Folgen haben. Der Schutz von Ökosystemen trägt
auch dazu bei, Seuchen und Pandemien zu verhindern.
(66) Die Wiedervernässung von Moorböden und ein nachhaltiger Waldumbau – weg von
Monokulturen und hin zu naturnahen, klimaresilienten Mischwäldern – leisten einen großen
Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu senken. Dazu müssen die Trockenlegung von Mooren und die
Abholzung von Wäldern gestoppt werden.
(67) Artenschutz erfordert den Schutz von Lebensräumen und mehr Wissen. Das Ziel ist der
Aufbau eines vernetzten Verbundes von Schutzflächen. Die Forschung über die verschiedenen
Arten und ihr Zusammenspiel im Ökosystem soll gefördert werden, denn geschätzt sind heute
weniger als ein Viertel aller Arten bekannt. Zum Schutz von Arten gehört es auch, den
Wildtierhandel und die Trophäenjagd effektiv zu unterbinden. Zudem sollen alle Bestände der
großen Naturkundemuseen digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
(68) Ein Ende der Verschmutzung der Erde mit Luft- und Wasserschadstoffen, Plastik, Müll,
giftigen Chemikalien und Pestiziden ist essenziell für Umwelt- und Klimaschutz. Leitlinien
für die Regulierung von Umweltverschmutzungen sind das Vorsorge- und Verursacherprinzip.
Wenn Schadstoffe bereits Teil von Produkten und Produktionsverfahren sind, lassen sich ihre
Umweltauswirkungen nachträglich in der Regel nur unvollständig und zu hohen Kosten
begrenzen. Vorrang haben deshalb Gebote für umweltverträgliche Produkte und
Produktionsverfahren.
(69) Um den Raubbau an der Natur zu beenden, muss der absolute Verbrauch von natürlichen
Ressourcen substanziell und rasch reduziert werden. Dies gilt auch für Ressourcen, die
importiert werden. Die Achtung der planetaren Grenzen bedeutet, dass Wohlstand und
Lebensqualität so weit wie möglich vom Ressourcenverbrauch entkoppelt und Ressourcen in
geschlossene Stoffkreisläufe überführt werden.
(70) Eine zukunftsfähige Landwirtschaft arbeitet mit der Natur. Statt wachsender
Abhängigkeit von Pestiziden, Weltmärkten, wenigen Großkonzernen und engen Produktionszwängen
gehört die Zukunft einer modernen, regional verwurzelten Landwirtschaft, die ältestes Wissen
mit modernen Techniken und digitalen Lösungen kombiniert. Sie produziert nicht für Märkte,
sondern für Menschen, die ein Recht auf sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel haben.
Sie arbeitet ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur
zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen mit den Bäuer*innen.
(71) Die Sicherung und Versorgung mit Nahrungsmitteln ist ein hohes Gut. Der Landwirtschaft
gebührt Anerkennung, dass sie dies gewährleistet. Im Sinne der globalen
Ernährungssouveränität gilt es, bäuerliche Strukturen zu stärken sowie regionale
Wertschöpfungsketten und solidarische Systeme zu fördern, dagegen die Exportorientierung der
Landwirtschaft zulasten anderer Regionen abzubauen. Ziel muss sein, dass Bäuer*innen einen
Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“ erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre
vielfältigen Gemeinwohlleistungen gezielt entlohnt werden.
Tierschutz
(72) Tiere haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange
Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind
wir verpflichtet, für mehr Tierschutz und mehr Tierwohl in der Tierhaltung zu sorgen.
Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von
Tieren gewirtschaftet werden kann. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten
werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln.
Tierversuche müssen konsequent reduziert und möglichst überflüssig werden.(72) Tiere sind fühlende Lebewesen, sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten oder Unterhaltungsobjekten degradiert werden. Wo immer ihr Wohlergehen aufgrund menschlichen Handelns in Gefahr ist, muss es geschützt werden. Jede Tierhaltung ist an ihren umfassenden Bedürfnissen auszurichten, denn auch Tieren steht ein gutes und gesundes Leben zu. Dafür müssen die entsprechenden politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Anerkannte Tierschutzorganisationen benötigen als Anwälte der Tierrechte mehr Kompetenzen und mehr Unterstützung.
(73 NEU) Solange wir Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen, müssen wir ihnen ein würdevolles Leben frei von Schmerzen, Angst und Stress ermöglichen - ohne tierquälerische Zucht-, Haltungs-, Transport- und Schlachtmethoden. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft hat diese Ziele fest in sich verankert. Das bedeutet auch, dass künftig immer weniger Tiere gehalten werden und entsprechend weniger Fleisch konsumiert und exportiert wird. Das ist zugleich essenziell für den Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität und einen fairen Handel mit den Ländern des globalen Südens. Auch durch eine neue Ernährungspolitik und die gezielte Förderung pflanzlicher Alternativen sinkt der Konsum von tierischen Produkten. Tierversuche sollen nach einem Ausstiegsplan konsequent reduziert und durch innovative Forschungsmethoden ohne Tiere ersetzt werden.
Mobilität und Wohnen
(73) Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und Teilhabe und ist
Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den menschlichen Bedürfnissen
orientieren, barrierefrei gestaltet sein und zugleich die planetaren Grenzen wahren. Eine
sozial-ökologische Mobilitätspolitik schafft die Verkehrswende und garantiert allen Menschen
nachhaltige Mobilität. Sie sorgt für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die
Sicherheit. Vision ist ein Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben.
(74) Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel muss sich in Zukunft am
ökologischen Fußabdruck ausrichten. Es gilt das Prinzip: Schiene stärken, Straßen- und
Luftverkehr dekarbonisieren. Der Raum in den Städten wird Stück für Stück neu aufgeteilt.
Sichere und barrierefreie Infrastruktur für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Menschen
mit Behinderung sowie ein attraktiver, kostengünstiger und verlässlicher Nahverkehr bilden
das Rückgrat einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos
und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik, Stadtplanung
und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an, die Zukunft gehört der autofreien Innenstadt.
(75) Die Mobilität in der ökologischen Moderne ist vernetzt und digital. Verschiedene
Mobilitätsformen greifen nahtlos ineinander und ermöglichen individuelle Mobilität, ohne ein
eigenes Auto besitzen zu müssen.
(76) Gerade im ländlichen Raum werden auch in Zukunft viele Menschen weiterhin auf das Auto
angewiesen sein. Dazu muss es jedoch emissionsfrei und digital vernetzt sein. Nicht mehr das
Parken, sondern das Nutzen steht im Fokus.
(77) Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer starken Bahn. Das
erfordert einen Aus- und Umbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs. Dazu gehören die
Anbindung an Regionalzentren auch über Landkreisgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie
der Ausbau des Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind und
Kurzstreckenflüge überflüssig werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle
transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein einheitliches
europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Auch der Güterverkehr muss dekarbonisiert werden.
(78) Im urbanen Raum zeigen sich die Herausforderungen der ökologischen Moderne wie unter
einem Brennglas. Das überholte Leitbild der autogerechten Stadt kostet Lebensqualität und
macht krank. Durch mehr Flächen für Wohnen und Freizeit, für saubere Luft, städtisches
Leben, Stadtgrün und Erholung entsteht die lebenswerte Stadt mit kurzen Wegen, in der die
Menschen gerne wohnen.
(79) Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Null-Emissionen-Stadt. Dies gelingt, wenn
erneuerbare Energien, saubere Mobilität und klimaneutrales Heizen verbunden werden. Dazu
gehören Dächer, die Sonnenstrom erzeugen, sowie Gebäude, die nachhaltig gedämmt sind und die
vielfältigen klimafreundlichen Wärmequellen gemeinsam nutzen.
(80) Wohnungen sowie öffentliche und gewerbliche Gebäude sollen CO2-neutral geheizt, gekühlt
und beleuchtet werden. Klimagerechte Energiestandards für Neu- und Altbauten sowie Wärme-
und Kühlsysteme, die auf erneuerbaren Energien basieren, geben den Weg dahin vor.
Nachhaltige und möglichst kreislauffähige Baumaterialien schützen das Klima.
Soziales und Ökologie
(81) Der Übergang in die ökologische Moderne muss den sozialen Zusammenhalt stärken. Bei
allen Maßnahmen des Übergangs gilt es, auf den sozialen Ausgleich zu achten. Je schneller
und verlässlicher der notwendige Umbau weg von den fossilen Energien angegangen wird, umso
besser können abrupte Veränderungen vermieden werden.
(82) Im Zuge der ökologischen Modernisierung muss sichergestellt werden, dass alle Menschen
Zugang zu essenziellen Gütern der Daseinsvorsorge wie Wasser, Strom, gesunder Ernährung,
Mobilität und Breitbandanschluss haben. Deshalb müssen sozialstaatliche Garantien immer mit
Blick auf Preisänderungen angepasst werden. Um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es
eine Daseinsvorsorge, die es den Menschen ermöglicht, klimaneutral zu leben. Investitionen
in eine solche Daseinsvorsorge tragen zu sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz bei.
(83) Die ökologische Moderne bietet viele Chancen für neue Arbeitsplätze. Zugleich bedeutet
der Übergang massive Veränderungen für diejenigen, die bisher in von fossilen Energieträgern
geprägten Industrien arbeiten. Es braucht eine vorausschauende Industriepolitik, um
möglichst viele Arbeitsplätze über den Wandel hin zu grünen Technologien und Produkten zu
erhalten. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Gesellschaft, den betroffenen Menschen umfassende
Möglichkeiten zu beständiger Fort- und Weiterbildung oder Arbeitszeitverkürzung zu eröffnen.
(84) Subventionen in umwelt- und klimaschädliche Produktionsweisen und Produkte erschweren
den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Industrie. Es gilt daher, diese abzubauen.
(85) Eine Politik, welche die ökologischen Kosten der Produktion in den Preisen abbildet,
ist ökonomisch effizient, sie kann aber auch zu sozialen Schieflagen führen. Deswegen gilt
es, Preispolitik immer mit Maßnahmen zu kombinieren, die zu mehr Verteilungsgerechtigkeit
führen. Indem die Einnahmen aus ökologisch lenkenden Instrumenten an die Bürger*innen
zurückfließen, werden Umweltschutz, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander
verbunden.
(86) Die Kosten des Übergangs sollen gerecht und solidarisch getragen werden. Dem Staat
kommt hier eine relevante Aufgabe zu. Den Weg in die ökologische Moderne nicht zu gehen,
würde noch wesentlich mehr kosten.
(87) Kapitalströme müssen in nachhaltige Aktivitäten umgelenkt werden. Im Rahmen von
Divestment wird auf den Finanzmärkten nicht mehr in Kohle, Öl und Gas investiert, sondern in
erneuerbare Energie, emissionsfreie Mobilität, Gesundheit und grüne IT. Der Staat und die
öffentliche Hand müssen hierbei vorangehen, indem sie Transparenz gewährleisten und ihre
Anlagestrategien an den Pariser Klimazielen und an sozial-ethischen Kriterien orientieren.
(88) Der Weg in die ökologische Moderne braucht Pionier*innen. Menschen, die es anders
machen wollen, die in ihrem unternehmerischen oder in ihrem privaten Handeln neue Maßstäbe
setzen. Sie gilt es zu unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen.
(89) Es ist Aufgabe der Politik, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen.
Sinnvolle Umweltpolitik begnügt sich nicht mit Appellen, sondern setzt klare Regeln und
vollzieht diese. Sie fördert neue Technologien und investiert in neue Infrastrukturen.
Antragstext
Von Zeile 117 bis 123:
(72) Tiere sind weder Lebensmittel noch Unterhaltungsobjekte für Menschen. Sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind wir verpflichtet, für mehreine tiergerechte Haltung und für Tierschutz bei Transport und mehr Tierwohl in der TierhaltungSchlachtung zu sorgen. Tierquälerische Haltungsformen und die industrielle Massentierhaltung müssen zügig beendet werden. Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von Tieren gewirtschaftet werden kannder Tiere umfassend Rechnung getragen wird. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen LebensmittelnProdukten. Tierversuche müssen konsequent reduziertdurch tierversuchsfreie Methoden ersetzt und möglichst überflüssignach einem Ausstiegsplan abgeschafft werden.
Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Klima und Energie
(53) Nach dem fossilen Zeitalter beginnt die ökologische Moderne. War der Fortschritt der
Moderne bislang angetrieben von Kohle, Öl und Gas und verlagerte er seine sozialen und
ökologischen Kosten zu großen Teilen in andere Weltregionen und in die Zukunft, geht es beim
Fortschritt heute darum, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den
gegenwärtigen und kommenden Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand
zu ermöglichen. Je entschiedener wir handeln, umso mehr Freiheiten und Alternativen haben
wir in den kommenden Jahrzehnten.
(54) In der ökologischen Moderne ist das Prinzip der Nachhaltigkeit leitend. Die natürlichen
Ressourcen dürfen demnach nur in dem Maße genutzt werden, wie sie sich auch wieder erneuern
können. Das gilt für Technologien, Wirtschaftsweisen, für den privaten Verbrauch und Konsum.
Konkret bedeutet das: Politische Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen
mit der Einhaltung der planetaren Grenzen vereinbar sind.
(55) Wir leben in Zeiten der Klimakrise. Der Anstieg der Meeresspiegel bedroht das Leben an
den Küsten. Trockenheit und Wüstenbildung zerstören Lebensräume von Mensch und Tier.
Hitzesommer und Wetterextreme sorgen für extreme Schäden und nehmen lebensbedrohliche
Ausmaße an. Es ist Aufgabe der Menschheit, die Katastrophe so weit wie möglich zu
verhindern. Leitlinie ist das Klimaabkommen von Paris, das vorsieht, die Erderhitzung auf
deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Europa muss so schnell wie
möglich Klimaneutralität erreichen. Deutschland als einem der größten Verursacher von
Treibhausgasen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Jedes Zehntelgrad weniger
Erhitzung zählt.
(56) Maßstab erfolgreicher Klimapolitik ist der Budget-Ansatz. Er zeigt auf, wie viele
Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf, um den eigenen Anteil am Pariser
Klimaabkommen einzuhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit, jeden Tag konkret zu handeln.
„Morgen ist auch noch ein Tag“ gilt beim Klimaschutz nicht. Nur wenn substanzielle
Einsparungen schnell erzielt werden, gibt es später noch ausreichend Handlungsspielraum.
(57) Der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas
und damit die Dekarbonisierung sind die Schlüsselaufgaben des Klimaschutzes. Die
Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse gelingt nur, wenn Rohstoffe und die für ihre
Herstellung nötige und in ihnen gespeicherte Energie massiv eingespart, möglichst
vollständig im Kreislauf geführt und hocheffizient genutzt werden. Dafür ist eine völlig
neue Vernetzung innerhalb und zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie,
Dienstleistungen und Landwirtschaft nötig.
(58) Technologie ist als Beitrag für Klimaneutralität notwendig. Technologische Lösungen
müssen immer dem Vorsorgeprinzip folgen. Das heißt, dass die Abwägung von Nutzen und
Schäden, mögliche Umkehrbarkeit sowie die Eingriffstiefe zu berücksichtigen sind. Sie werden
grundlegende Veränderungen und schnelles Handeln nicht ersetzen, sondern nur ergänzen
können.
(59) Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Sie
ermöglicht es, eine schwankende erneuerbare Produktion mit dem Verbrauch eng zu verzahnen
und so den Energiebedarf zu senken. Das Potential der Digitalisierung für
Ressourceneffizienz, sparsamen Energieverbrauch, Dematerialisierung und Suffizienz soll
bestmöglich gefördert werden. Zugleich zeigt die Digitalisierung bisher selbst einen
ungezügelten Ressourcenhunger. Daher muss sie mit Maßnahmen flankiert werden, die den
Ressourcenverbrauch begrenzen und Rebound-Effekte vermeiden.
(60) Erneuerbare Energien sind dezentral in der Erzeugung, aber eine Versorgung mit ihnen
wird leichter sicherzustellen sein, je größer der Raum ist. Unser Kontinent hat die richtige
Größe für die Energiewende. Die europäische Energieunion soll die verschiedenen Stärken der
Regionen – Solarenergie im Süden, Geothermie und Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen,
Offshore-Windkraft im Atlantik, im Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in ganz
Europa – miteinander verbinden. Zentral dafür sind Aufbau und Nutzung von Netzen und
Speichern. Entscheidende Akteur*innen der Energiewende sind die Bürger*innen und Kommunen,
aber auch regionale Unternehmen und das Handwerk.
(61) Es braucht eine vorausschauende Energieaußenpolitik. Denn auch im Zeitalter der
erneuerbaren Energien wird es Energieimporte geben. Sie hilft den Partnerländern beim Aufbau
der entsprechenden Strukturen und stellt sicher, dass die importierte Energie nachhaltig und
unter sozial gerechten Bedingungen erzeugt wurde.
(62) Um die Klimakrise zu bewältigen, ist es weder notwendig noch vertretbar, zur Atomkraft
zurückzukehren. Diese Hochrisikotechnologie birgt eine existenzielle Bedrohung für Natur,
Mensch und Tier.
(63) Es ist Aufgabe in diesem Jahrzehnt, ein Endlager für den hochradioaktiven Atommüll mit
höchstmöglichen Sicherheitsstandards und bei bestmöglichen geologischen Bedingungen zu
finden. Bei der Suche ist die gesamtgesellschaftliche Verantwortung vor regionale
Eigeninteressen zu stellen.
Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft
(64) Der Verlust an Biodiversität ist so dramatisch wie die Klimakrise. Schlimmer noch: Die
beiden Krisen bedingen sich gegenseitig und können daher auch nur gemeinsam gelöst werden.
Die Roten Listen und die planetaren Grenzen müssen als „Barometer des Lebens“ zum Gradmesser
für politische Handlungsleitlinien werden, denn die biologische Vielfalt sichert das Leben
auf dem Planeten. Ökologischer Landbau, die Ökologisierung der konventionellen
Landwirtschaft, der Erhalt wertvoller Lebensräume, mehr Schutzgebiete und Biotope sowie mehr
freie Natur an Land, in Flüssen, Seen und im Meer sind als wirksamer Schutz für
Artenvielfalt und Umwelt zu betreiben.
(65) Das Vordringen des Menschen in die letzten, noch nicht zerstörten natürlichen Gebiete
und die grenzenlose Aneignung von Umwelt und Tierwelt zum Verbrauch oder Verzehr gefährden
nicht nur die Natur, sondern auch die menschliche Gesundheit. Sogenannte zoonotische
Krankheiten können fatale gesellschaftliche Folgen haben. Der Schutz von Ökosystemen trägt
auch dazu bei, Seuchen und Pandemien zu verhindern.
(66) Die Wiedervernässung von Moorböden und ein nachhaltiger Waldumbau – weg von
Monokulturen und hin zu naturnahen, klimaresilienten Mischwäldern – leisten einen großen
Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu senken. Dazu müssen die Trockenlegung von Mooren und die
Abholzung von Wäldern gestoppt werden.
(67) Artenschutz erfordert den Schutz von Lebensräumen und mehr Wissen. Das Ziel ist der
Aufbau eines vernetzten Verbundes von Schutzflächen. Die Forschung über die verschiedenen
Arten und ihr Zusammenspiel im Ökosystem soll gefördert werden, denn geschätzt sind heute
weniger als ein Viertel aller Arten bekannt. Zum Schutz von Arten gehört es auch, den
Wildtierhandel und die Trophäenjagd effektiv zu unterbinden. Zudem sollen alle Bestände der
großen Naturkundemuseen digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
(68) Ein Ende der Verschmutzung der Erde mit Luft- und Wasserschadstoffen, Plastik, Müll,
giftigen Chemikalien und Pestiziden ist essenziell für Umwelt- und Klimaschutz. Leitlinien
für die Regulierung von Umweltverschmutzungen sind das Vorsorge- und Verursacherprinzip.
Wenn Schadstoffe bereits Teil von Produkten und Produktionsverfahren sind, lassen sich ihre
Umweltauswirkungen nachträglich in der Regel nur unvollständig und zu hohen Kosten
begrenzen. Vorrang haben deshalb Gebote für umweltverträgliche Produkte und
Produktionsverfahren.
(69) Um den Raubbau an der Natur zu beenden, muss der absolute Verbrauch von natürlichen
Ressourcen substanziell und rasch reduziert werden. Dies gilt auch für Ressourcen, die
importiert werden. Die Achtung der planetaren Grenzen bedeutet, dass Wohlstand und
Lebensqualität so weit wie möglich vom Ressourcenverbrauch entkoppelt und Ressourcen in
geschlossene Stoffkreisläufe überführt werden.
(70) Eine zukunftsfähige Landwirtschaft arbeitet mit der Natur. Statt wachsender
Abhängigkeit von Pestiziden, Weltmärkten, wenigen Großkonzernen und engen Produktionszwängen
gehört die Zukunft einer modernen, regional verwurzelten Landwirtschaft, die ältestes Wissen
mit modernen Techniken und digitalen Lösungen kombiniert. Sie produziert nicht für Märkte,
sondern für Menschen, die ein Recht auf sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel haben.
Sie arbeitet ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur
zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen mit den Bäuer*innen.
(71) Die Sicherung und Versorgung mit Nahrungsmitteln ist ein hohes Gut. Der Landwirtschaft
gebührt Anerkennung, dass sie dies gewährleistet. Im Sinne der globalen
Ernährungssouveränität gilt es, bäuerliche Strukturen zu stärken sowie regionale
Wertschöpfungsketten und solidarische Systeme zu fördern, dagegen die Exportorientierung der
Landwirtschaft zulasten anderer Regionen abzubauen. Ziel muss sein, dass Bäuer*innen einen
Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“ erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre
vielfältigen Gemeinwohlleistungen gezielt entlohnt werden.
(72) Tiere sind weder Lebensmittel noch Unterhaltungsobjekte für Menschen. Sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange
Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind
wir verpflichtet, für mehreine tiergerechte Haltung und für Tierschutz bei Transport und mehr Tierwohl in der TierhaltungSchlachtung zu sorgen. Tierquälerische Haltungsformen und die industrielle Massentierhaltung müssen zügig beendet werden.
Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von
Tieren gewirtschaftet werden kannder Tiere umfassend Rechnung getragen wird. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten
werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen LebensmittelnProdukten.
Tierversuche müssen konsequent reduziertdurch tierversuchsfreie Methoden ersetzt und möglichst überflüssignach einem Ausstiegsplan abgeschafft werden.
Mobilität und Wohnen
(73) Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und Teilhabe und ist
Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den menschlichen Bedürfnissen
orientieren, barrierefrei gestaltet sein und zugleich die planetaren Grenzen wahren. Eine
sozial-ökologische Mobilitätspolitik schafft die Verkehrswende und garantiert allen Menschen
nachhaltige Mobilität. Sie sorgt für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die
Sicherheit. Vision ist ein Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben.
(74) Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel muss sich in Zukunft am
ökologischen Fußabdruck ausrichten. Es gilt das Prinzip: Schiene stärken, Straßen- und
Luftverkehr dekarbonisieren. Der Raum in den Städten wird Stück für Stück neu aufgeteilt.
Sichere und barrierefreie Infrastruktur für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Menschen
mit Behinderung sowie ein attraktiver, kostengünstiger und verlässlicher Nahverkehr bilden
das Rückgrat einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos
und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik, Stadtplanung
und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an, die Zukunft gehört der autofreien Innenstadt.
(75) Die Mobilität in der ökologischen Moderne ist vernetzt und digital. Verschiedene
Mobilitätsformen greifen nahtlos ineinander und ermöglichen individuelle Mobilität, ohne ein
eigenes Auto besitzen zu müssen.
(76) Gerade im ländlichen Raum werden auch in Zukunft viele Menschen weiterhin auf das Auto
angewiesen sein. Dazu muss es jedoch emissionsfrei und digital vernetzt sein. Nicht mehr das
Parken, sondern das Nutzen steht im Fokus.
(77) Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer starken Bahn. Das
erfordert einen Aus- und Umbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs. Dazu gehören die
Anbindung an Regionalzentren auch über Landkreisgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie
der Ausbau des Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind und
Kurzstreckenflüge überflüssig werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle
transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein einheitliches
europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Auch der Güterverkehr muss dekarbonisiert werden.
(78) Im urbanen Raum zeigen sich die Herausforderungen der ökologischen Moderne wie unter
einem Brennglas. Das überholte Leitbild der autogerechten Stadt kostet Lebensqualität und
macht krank. Durch mehr Flächen für Wohnen und Freizeit, für saubere Luft, städtisches
Leben, Stadtgrün und Erholung entsteht die lebenswerte Stadt mit kurzen Wegen, in der die
Menschen gerne wohnen.
(79) Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Null-Emissionen-Stadt. Dies gelingt, wenn
erneuerbare Energien, saubere Mobilität und klimaneutrales Heizen verbunden werden. Dazu
gehören Dächer, die Sonnenstrom erzeugen, sowie Gebäude, die nachhaltig gedämmt sind und die
vielfältigen klimafreundlichen Wärmequellen gemeinsam nutzen.
(80) Wohnungen sowie öffentliche und gewerbliche Gebäude sollen CO2-neutral geheizt, gekühlt
und beleuchtet werden. Klimagerechte Energiestandards für Neu- und Altbauten sowie Wärme-
und Kühlsysteme, die auf erneuerbaren Energien basieren, geben den Weg dahin vor.
Nachhaltige und möglichst kreislauffähige Baumaterialien schützen das Klima.
Soziales und Ökologie
(81) Der Übergang in die ökologische Moderne muss den sozialen Zusammenhalt stärken. Bei
allen Maßnahmen des Übergangs gilt es, auf den sozialen Ausgleich zu achten. Je schneller
und verlässlicher der notwendige Umbau weg von den fossilen Energien angegangen wird, umso
besser können abrupte Veränderungen vermieden werden.
(82) Im Zuge der ökologischen Modernisierung muss sichergestellt werden, dass alle Menschen
Zugang zu essenziellen Gütern der Daseinsvorsorge wie Wasser, Strom, gesunder Ernährung,
Mobilität und Breitbandanschluss haben. Deshalb müssen sozialstaatliche Garantien immer mit
Blick auf Preisänderungen angepasst werden. Um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es
eine Daseinsvorsorge, die es den Menschen ermöglicht, klimaneutral zu leben. Investitionen
in eine solche Daseinsvorsorge tragen zu sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz bei.
(83) Die ökologische Moderne bietet viele Chancen für neue Arbeitsplätze. Zugleich bedeutet
der Übergang massive Veränderungen für diejenigen, die bisher in von fossilen Energieträgern
geprägten Industrien arbeiten. Es braucht eine vorausschauende Industriepolitik, um
möglichst viele Arbeitsplätze über den Wandel hin zu grünen Technologien und Produkten zu
erhalten. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Gesellschaft, den betroffenen Menschen umfassende
Möglichkeiten zu beständiger Fort- und Weiterbildung oder Arbeitszeitverkürzung zu eröffnen.
(84) Subventionen in umwelt- und klimaschädliche Produktionsweisen und Produkte erschweren
den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Industrie. Es gilt daher, diese abzubauen.
(85) Eine Politik, welche die ökologischen Kosten der Produktion in den Preisen abbildet,
ist ökonomisch effizient, sie kann aber auch zu sozialen Schieflagen führen. Deswegen gilt
es, Preispolitik immer mit Maßnahmen zu kombinieren, die zu mehr Verteilungsgerechtigkeit
führen. Indem die Einnahmen aus ökologisch lenkenden Instrumenten an die Bürger*innen
zurückfließen, werden Umweltschutz, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander
verbunden.
(86) Die Kosten des Übergangs sollen gerecht und solidarisch getragen werden. Dem Staat
kommt hier eine relevante Aufgabe zu. Den Weg in die ökologische Moderne nicht zu gehen,
würde noch wesentlich mehr kosten.
(87) Kapitalströme müssen in nachhaltige Aktivitäten umgelenkt werden. Im Rahmen von
Divestment wird auf den Finanzmärkten nicht mehr in Kohle, Öl und Gas investiert, sondern in
erneuerbare Energie, emissionsfreie Mobilität, Gesundheit und grüne IT. Der Staat und die
öffentliche Hand müssen hierbei vorangehen, indem sie Transparenz gewährleisten und ihre
Anlagestrategien an den Pariser Klimazielen und an sozial-ethischen Kriterien orientieren.
(88) Der Weg in die ökologische Moderne braucht Pionier*innen. Menschen, die es anders
machen wollen, die in ihrem unternehmerischen oder in ihrem privaten Handeln neue Maßstäbe
setzen. Sie gilt es zu unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen.
(89) Es ist Aufgabe der Politik, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen.
Sinnvolle Umweltpolitik begnügt sich nicht mit Appellen, sondern setzt klare Regeln und
vollzieht diese. Sie fördert neue Technologien und investiert in neue Infrastrukturen.
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Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“ erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre vielfältigen Gemeinwohlleistungen gezielt entlohnt werden.
Tierschutz
(72) Tiere haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind wir verpflichtet, für mehr Tierschutz und mehr Tierwohl in der Tierhaltung zu sorgen. Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von Tieren gewirtschaftet werden kann. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln. Tierversuche müssen konsequent reduziert und möglichst überflüssig werden.(72) Tiere sind fühlende Lebewesen, sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten oder Unterhaltungsobjekten degradiert werden. Wo immer ihr Wohlergehen aufgrund menschlichen Handelns in Gefahr ist, muss es geschützt werden. Jede Tierhaltung ist an ihren umfassenden Bedürfnissen auszurichten, denn auch Tieren steht ein gutes und gesundes Leben zu. Dafür müssen die entsprechenden politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Anerkannte Tierschutzorganisationen benötigen als Anwälte der Tierrechte mehr Kompetenzen und mehr Unterstützung.
(73 NEU) Solange wir Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen, müssen wir ihnen ein würdevolles Leben frei von Schmerzen, Angst und Stress ermöglichen - ohne tierquälerische Zucht-, Haltungs-, Transport- und Schlachtmethoden. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft hat diese Ziele fest in sich verankert. Das bedeutet auch, dass künftig immer weniger Tiere gehalten werden und entsprechend weniger Fleisch konsumiert und exportiert wird. Das ist zugleich essenziell für den Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität und einen fairen Handel mit den Ländern des globalen Südens. Auch durch eine neue Ernährungspolitik und die gezielte Förderung pflanzlicher Alternativen sinkt der Konsum von tierischen Produkten. Tierversuche sollen nach einem Ausstiegsplan konsequent reduziert und durch innovative Forschungsmethoden ohne Tiere ersetzt werden.
Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Klima und Energie
(53) Nach dem fossilen Zeitalter beginnt die ökologische Moderne. War der Fortschritt der
Moderne bislang angetrieben von Kohle, Öl und Gas und verlagerte er seine sozialen und
ökologischen Kosten zu großen Teilen in andere Weltregionen und in die Zukunft, geht es beim
Fortschritt heute darum, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den
gegenwärtigen und kommenden Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand
zu ermöglichen. Je entschiedener wir handeln, umso mehr Freiheiten und Alternativen haben
wir in den kommenden Jahrzehnten.
(54) In der ökologischen Moderne ist das Prinzip der Nachhaltigkeit leitend. Die natürlichen
Ressourcen dürfen demnach nur in dem Maße genutzt werden, wie sie sich auch wieder erneuern
können. Das gilt für Technologien, Wirtschaftsweisen, für den privaten Verbrauch und Konsum.
Konkret bedeutet das: Politische Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen
mit der Einhaltung der planetaren Grenzen vereinbar sind.
(55) Wir leben in Zeiten der Klimakrise. Der Anstieg der Meeresspiegel bedroht das Leben an
den Küsten. Trockenheit und Wüstenbildung zerstören Lebensräume von Mensch und Tier.
Hitzesommer und Wetterextreme sorgen für extreme Schäden und nehmen lebensbedrohliche
Ausmaße an. Es ist Aufgabe der Menschheit, die Katastrophe so weit wie möglich zu
verhindern. Leitlinie ist das Klimaabkommen von Paris, das vorsieht, die Erderhitzung auf
deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Europa muss so schnell wie
möglich Klimaneutralität erreichen. Deutschland als einem der größten Verursacher von
Treibhausgasen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Jedes Zehntelgrad weniger
Erhitzung zählt.
(56) Maßstab erfolgreicher Klimapolitik ist der Budget-Ansatz. Er zeigt auf, wie viele
Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf, um den eigenen Anteil am Pariser
Klimaabkommen einzuhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit, jeden Tag konkret zu handeln.
„Morgen ist auch noch ein Tag“ gilt beim Klimaschutz nicht. Nur wenn substanzielle
Einsparungen schnell erzielt werden, gibt es später noch ausreichend Handlungsspielraum.
(57) Der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas
und damit die Dekarbonisierung sind die Schlüsselaufgaben des Klimaschutzes. Die
Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse gelingt nur, wenn Rohstoffe und die für ihre
Herstellung nötige und in ihnen gespeicherte Energie massiv eingespart, möglichst
vollständig im Kreislauf geführt und hocheffizient genutzt werden. Dafür ist eine völlig
neue Vernetzung innerhalb und zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie,
Dienstleistungen und Landwirtschaft nötig.
(58) Technologie ist als Beitrag für Klimaneutralität notwendig. Technologische Lösungen
müssen immer dem Vorsorgeprinzip folgen. Das heißt, dass die Abwägung von Nutzen und
Schäden, mögliche Umkehrbarkeit sowie die Eingriffstiefe zu berücksichtigen sind. Sie werden
grundlegende Veränderungen und schnelles Handeln nicht ersetzen, sondern nur ergänzen
können.
(59) Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Sie
ermöglicht es, eine schwankende erneuerbare Produktion mit dem Verbrauch eng zu verzahnen
und so den Energiebedarf zu senken. Das Potential der Digitalisierung für
Ressourceneffizienz, sparsamen Energieverbrauch, Dematerialisierung und Suffizienz soll
bestmöglich gefördert werden. Zugleich zeigt die Digitalisierung bisher selbst einen
ungezügelten Ressourcenhunger. Daher muss sie mit Maßnahmen flankiert werden, die den
Ressourcenverbrauch begrenzen und Rebound-Effekte vermeiden.
(60) Erneuerbare Energien sind dezentral in der Erzeugung, aber eine Versorgung mit ihnen
wird leichter sicherzustellen sein, je größer der Raum ist. Unser Kontinent hat die richtige
Größe für die Energiewende. Die europäische Energieunion soll die verschiedenen Stärken der
Regionen – Solarenergie im Süden, Geothermie und Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen,
Offshore-Windkraft im Atlantik, im Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in ganz
Europa – miteinander verbinden. Zentral dafür sind Aufbau und Nutzung von Netzen und
Speichern. Entscheidende Akteur*innen der Energiewende sind die Bürger*innen und Kommunen,
aber auch regionale Unternehmen und das Handwerk.
(61) Es braucht eine vorausschauende Energieaußenpolitik. Denn auch im Zeitalter der
erneuerbaren Energien wird es Energieimporte geben. Sie hilft den Partnerländern beim Aufbau
der entsprechenden Strukturen und stellt sicher, dass die importierte Energie nachhaltig und
unter sozial gerechten Bedingungen erzeugt wurde.
(62) Um die Klimakrise zu bewältigen, ist es weder notwendig noch vertretbar, zur Atomkraft
zurückzukehren. Diese Hochrisikotechnologie birgt eine existenzielle Bedrohung für Natur,
Mensch und Tier.
(63) Es ist Aufgabe in diesem Jahrzehnt, ein Endlager für den hochradioaktiven Atommüll mit
höchstmöglichen Sicherheitsstandards und bei bestmöglichen geologischen Bedingungen zu
finden. Bei der Suche ist die gesamtgesellschaftliche Verantwortung vor regionale
Eigeninteressen zu stellen.
Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft
(64) Der Verlust an Biodiversität ist so dramatisch wie die Klimakrise. Schlimmer noch: Die
beiden Krisen bedingen sich gegenseitig und können daher auch nur gemeinsam gelöst werden.
Die Roten Listen und die planetaren Grenzen müssen als „Barometer des Lebens“ zum Gradmesser
für politische Handlungsleitlinien werden, denn die biologische Vielfalt sichert das Leben
auf dem Planeten. Ökologischer Landbau, die Ökologisierung der konventionellen
Landwirtschaft, der Erhalt wertvoller Lebensräume, mehr Schutzgebiete und Biotope sowie mehr
freie Natur an Land, in Flüssen, Seen und im Meer sind als wirksamer Schutz für
Artenvielfalt und Umwelt zu betreiben.
(65) Das Vordringen des Menschen in die letzten, noch nicht zerstörten natürlichen Gebiete
und die grenzenlose Aneignung von Umwelt und Tierwelt zum Verbrauch oder Verzehr gefährden
nicht nur die Natur, sondern auch die menschliche Gesundheit. Sogenannte zoonotische
Krankheiten können fatale gesellschaftliche Folgen haben. Der Schutz von Ökosystemen trägt
auch dazu bei, Seuchen und Pandemien zu verhindern.
(66) Die Wiedervernässung von Moorböden und ein nachhaltiger Waldumbau – weg von
Monokulturen und hin zu naturnahen, klimaresilienten Mischwäldern – leisten einen großen
Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu senken. Dazu müssen die Trockenlegung von Mooren und die
Abholzung von Wäldern gestoppt werden.
(67) Artenschutz erfordert den Schutz von Lebensräumen und mehr Wissen. Das Ziel ist der
Aufbau eines vernetzten Verbundes von Schutzflächen. Die Forschung über die verschiedenen
Arten und ihr Zusammenspiel im Ökosystem soll gefördert werden, denn geschätzt sind heute
weniger als ein Viertel aller Arten bekannt. Zum Schutz von Arten gehört es auch, den
Wildtierhandel und die Trophäenjagd effektiv zu unterbinden. Zudem sollen alle Bestände der
großen Naturkundemuseen digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
(68) Ein Ende der Verschmutzung der Erde mit Luft- und Wasserschadstoffen, Plastik, Müll,
giftigen Chemikalien und Pestiziden ist essenziell für Umwelt- und Klimaschutz. Leitlinien
für die Regulierung von Umweltverschmutzungen sind das Vorsorge- und Verursacherprinzip.
Wenn Schadstoffe bereits Teil von Produkten und Produktionsverfahren sind, lassen sich ihre
Umweltauswirkungen nachträglich in der Regel nur unvollständig und zu hohen Kosten
begrenzen. Vorrang haben deshalb Gebote für umweltverträgliche Produkte und
Produktionsverfahren.
(69) Um den Raubbau an der Natur zu beenden, muss der absolute Verbrauch von natürlichen
Ressourcen substanziell und rasch reduziert werden. Dies gilt auch für Ressourcen, die
importiert werden. Die Achtung der planetaren Grenzen bedeutet, dass Wohlstand und
Lebensqualität so weit wie möglich vom Ressourcenverbrauch entkoppelt und Ressourcen in
geschlossene Stoffkreisläufe überführt werden.
(70) Eine zukunftsfähige Landwirtschaft arbeitet mit der Natur. Statt wachsender
Abhängigkeit von Pestiziden, Weltmärkten, wenigen Großkonzernen und engen Produktionszwängen
gehört die Zukunft einer modernen, regional verwurzelten Landwirtschaft, die ältestes Wissen
mit modernen Techniken und digitalen Lösungen kombiniert. Sie produziert nicht für Märkte,
sondern für Menschen, die ein Recht auf sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel haben.
Sie arbeitet ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur
zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen mit den Bäuer*innen.
(71) Die Sicherung und Versorgung mit Nahrungsmitteln ist ein hohes Gut. Der Landwirtschaft
gebührt Anerkennung, dass sie dies gewährleistet. Im Sinne der globalen
Ernährungssouveränität gilt es, bäuerliche Strukturen zu stärken sowie regionale
Wertschöpfungsketten und solidarische Systeme zu fördern, dagegen die Exportorientierung der
Landwirtschaft zulasten anderer Regionen abzubauen. Ziel muss sein, dass Bäuer*innen einen
Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“ erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre
vielfältigen Gemeinwohlleistungen gezielt entlohnt werden.
Tierschutz
(72) Tiere sind fühlende Lebewesen, sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten oder Unterhaltungsobjekten degradiert werden. Wo immer ihr Wohlergehen aufgrund menschlichen Handelns in Gefahr ist, muss es geschützt werden. Jede Tierhaltung ist an ihren umfassenden Bedürfnissen auszurichten, denn auch Tieren steht ein gutes und gesundes Leben zu. Dafür müssen die entsprechenden politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Anerkannte Tierschutzorganisationen benötigen als Anwälte der Tierrechte mehr Kompetenzen und mehr Unterstützung.
(72) Tiere haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange
Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind
wir verpflichtet, für mehr Tierschutz und mehr Tierwohl in der Tierhaltung zu sorgen.
Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von
Tieren gewirtschaftet werden kann. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten
werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln.
Tierversuche müssen konsequent reduziert und möglichst überflüssig werden.
(73 NEU) Solange wir Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen, müssen wir ihnen ein würdevolles Leben frei von Schmerzen, Angst und Stress ermöglichen - ohne tierquälerische Zucht-, Haltungs-, Transport- und Schlachtmethoden. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft hat diese Ziele fest in sich verankert. Das bedeutet auch, dass künftig immer weniger Tiere gehalten werden und entsprechend weniger Fleisch konsumiert und exportiert wird. Das ist zugleich essenziell für den Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität und einen fairen Handel mit den Ländern des globalen Südens. Auch durch eine neue Ernährungspolitik und die gezielte Förderung pflanzlicher Alternativen sinkt der Konsum von tierischen Produkten. Tierversuche sollen nach einem Ausstiegsplan konsequent reduziert und durch innovative Forschungsmethoden ohne Tiere ersetzt werden.
Mobilität und Wohnen
(73) Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und Teilhabe und ist
Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den menschlichen Bedürfnissen
orientieren, barrierefrei gestaltet sein und zugleich die planetaren Grenzen wahren. Eine
sozial-ökologische Mobilitätspolitik schafft die Verkehrswende und garantiert allen Menschen
nachhaltige Mobilität. Sie sorgt für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die
Sicherheit. Vision ist ein Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben.
(74) Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel muss sich in Zukunft am
ökologischen Fußabdruck ausrichten. Es gilt das Prinzip: Schiene stärken, Straßen- und
Luftverkehr dekarbonisieren. Der Raum in den Städten wird Stück für Stück neu aufgeteilt.
Sichere und barrierefreie Infrastruktur für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Menschen
mit Behinderung sowie ein attraktiver, kostengünstiger und verlässlicher Nahverkehr bilden
das Rückgrat einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos
und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik, Stadtplanung
und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an, die Zukunft gehört der autofreien Innenstadt.
(75) Die Mobilität in der ökologischen Moderne ist vernetzt und digital. Verschiedene
Mobilitätsformen greifen nahtlos ineinander und ermöglichen individuelle Mobilität, ohne ein
eigenes Auto besitzen zu müssen.
(76) Gerade im ländlichen Raum werden auch in Zukunft viele Menschen weiterhin auf das Auto
angewiesen sein. Dazu muss es jedoch emissionsfrei und digital vernetzt sein. Nicht mehr das
Parken, sondern das Nutzen steht im Fokus.
(77) Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer starken Bahn. Das
erfordert einen Aus- und Umbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs. Dazu gehören die
Anbindung an Regionalzentren auch über Landkreisgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie
der Ausbau des Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind und
Kurzstreckenflüge überflüssig werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle
transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein einheitliches
europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Auch der Güterverkehr muss dekarbonisiert werden.
(78) Im urbanen Raum zeigen sich die Herausforderungen der ökologischen Moderne wie unter
einem Brennglas. Das überholte Leitbild der autogerechten Stadt kostet Lebensqualität und
macht krank. Durch mehr Flächen für Wohnen und Freizeit, für saubere Luft, städtisches
Leben, Stadtgrün und Erholung entsteht die lebenswerte Stadt mit kurzen Wegen, in der die
Menschen gerne wohnen.
(79) Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Null-Emissionen-Stadt. Dies gelingt, wenn
erneuerbare Energien, saubere Mobilität und klimaneutrales Heizen verbunden werden. Dazu
gehören Dächer, die Sonnenstrom erzeugen, sowie Gebäude, die nachhaltig gedämmt sind und die
vielfältigen klimafreundlichen Wärmequellen gemeinsam nutzen.
(80) Wohnungen sowie öffentliche und gewerbliche Gebäude sollen CO2-neutral geheizt, gekühlt
und beleuchtet werden. Klimagerechte Energiestandards für Neu- und Altbauten sowie Wärme-
und Kühlsysteme, die auf erneuerbaren Energien basieren, geben den Weg dahin vor.
Nachhaltige und möglichst kreislauffähige Baumaterialien schützen das Klima.
Soziales und Ökologie
(81) Der Übergang in die ökologische Moderne muss den sozialen Zusammenhalt stärken. Bei
allen Maßnahmen des Übergangs gilt es, auf den sozialen Ausgleich zu achten. Je schneller
und verlässlicher der notwendige Umbau weg von den fossilen Energien angegangen wird, umso
besser können abrupte Veränderungen vermieden werden.
(82) Im Zuge der ökologischen Modernisierung muss sichergestellt werden, dass alle Menschen
Zugang zu essenziellen Gütern der Daseinsvorsorge wie Wasser, Strom, gesunder Ernährung,
Mobilität und Breitbandanschluss haben. Deshalb müssen sozialstaatliche Garantien immer mit
Blick auf Preisänderungen angepasst werden. Um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es
eine Daseinsvorsorge, die es den Menschen ermöglicht, klimaneutral zu leben. Investitionen
in eine solche Daseinsvorsorge tragen zu sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz bei.
(83) Die ökologische Moderne bietet viele Chancen für neue Arbeitsplätze. Zugleich bedeutet
der Übergang massive Veränderungen für diejenigen, die bisher in von fossilen Energieträgern
geprägten Industrien arbeiten. Es braucht eine vorausschauende Industriepolitik, um
möglichst viele Arbeitsplätze über den Wandel hin zu grünen Technologien und Produkten zu
erhalten. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Gesellschaft, den betroffenen Menschen umfassende
Möglichkeiten zu beständiger Fort- und Weiterbildung oder Arbeitszeitverkürzung zu eröffnen.
(84) Subventionen in umwelt- und klimaschädliche Produktionsweisen und Produkte erschweren
den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Industrie. Es gilt daher, diese abzubauen.
(85) Eine Politik, welche die ökologischen Kosten der Produktion in den Preisen abbildet,
ist ökonomisch effizient, sie kann aber auch zu sozialen Schieflagen führen. Deswegen gilt
es, Preispolitik immer mit Maßnahmen zu kombinieren, die zu mehr Verteilungsgerechtigkeit
führen. Indem die Einnahmen aus ökologisch lenkenden Instrumenten an die Bürger*innen
zurückfließen, werden Umweltschutz, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander
verbunden.
(86) Die Kosten des Übergangs sollen gerecht und solidarisch getragen werden. Dem Staat
kommt hier eine relevante Aufgabe zu. Den Weg in die ökologische Moderne nicht zu gehen,
würde noch wesentlich mehr kosten.
(87) Kapitalströme müssen in nachhaltige Aktivitäten umgelenkt werden. Im Rahmen von
Divestment wird auf den Finanzmärkten nicht mehr in Kohle, Öl und Gas investiert, sondern in
erneuerbare Energie, emissionsfreie Mobilität, Gesundheit und grüne IT. Der Staat und die
öffentliche Hand müssen hierbei vorangehen, indem sie Transparenz gewährleisten und ihre
Anlagestrategien an den Pariser Klimazielen und an sozial-ethischen Kriterien orientieren.
(88) Der Weg in die ökologische Moderne braucht Pionier*innen. Menschen, die es anders
machen wollen, die in ihrem unternehmerischen oder in ihrem privaten Handeln neue Maßstäbe
setzen. Sie gilt es zu unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen.
(89) Es ist Aufgabe der Politik, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen.
Sinnvolle Umweltpolitik begnügt sich nicht mit Appellen, sondern setzt klare Regeln und
vollzieht diese. Sie fördert neue Technologien und investiert in neue Infrastrukturen.
Antragstext
Von Zeile 117 bis 123:
(72) Tiere sind weder Lebensmittel noch Unterhaltungsobjekte für Menschen. Sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind wir verpflichtet, für mehreine tiergerechte Haltung und für Tierschutz bei Transport und mehr Tierwohl in der TierhaltungSchlachtung zu sorgen. Tierquälerische Haltungsformen und die industrielle Massentierhaltung müssen zügig beendet werden. Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von Tieren gewirtschaftet werden kannder Tiere umfassend Rechnung getragen wird. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen LebensmittelnProdukten. Tierversuche müssen konsequent reduziertdurch tierversuchsfreie Methoden ersetzt und möglichst überflüssignach einem Ausstiegsplan abgeschafft werden.
Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Klima und Energie
(53) Nach dem fossilen Zeitalter beginnt die ökologische Moderne. War der Fortschritt der
Moderne bislang angetrieben von Kohle, Öl und Gas und verlagerte er seine sozialen und
ökologischen Kosten zu großen Teilen in andere Weltregionen und in die Zukunft, geht es beim
Fortschritt heute darum, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den
gegenwärtigen und kommenden Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand
zu ermöglichen. Je entschiedener wir handeln, umso mehr Freiheiten und Alternativen haben
wir in den kommenden Jahrzehnten.
(54) In der ökologischen Moderne ist das Prinzip der Nachhaltigkeit leitend. Die natürlichen
Ressourcen dürfen demnach nur in dem Maße genutzt werden, wie sie sich auch wieder erneuern
können. Das gilt für Technologien, Wirtschaftsweisen, für den privaten Verbrauch und Konsum.
Konkret bedeutet das: Politische Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen
mit der Einhaltung der planetaren Grenzen vereinbar sind.
(55) Wir leben in Zeiten der Klimakrise. Der Anstieg der Meeresspiegel bedroht das Leben an
den Küsten. Trockenheit und Wüstenbildung zerstören Lebensräume von Mensch und Tier.
Hitzesommer und Wetterextreme sorgen für extreme Schäden und nehmen lebensbedrohliche
Ausmaße an. Es ist Aufgabe der Menschheit, die Katastrophe so weit wie möglich zu
verhindern. Leitlinie ist das Klimaabkommen von Paris, das vorsieht, die Erderhitzung auf
deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Europa muss so schnell wie
möglich Klimaneutralität erreichen. Deutschland als einem der größten Verursacher von
Treibhausgasen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Jedes Zehntelgrad weniger
Erhitzung zählt.
(56) Maßstab erfolgreicher Klimapolitik ist der Budget-Ansatz. Er zeigt auf, wie viele
Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf, um den eigenen Anteil am Pariser
Klimaabkommen einzuhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit, jeden Tag konkret zu handeln.
„Morgen ist auch noch ein Tag“ gilt beim Klimaschutz nicht. Nur wenn substanzielle
Einsparungen schnell erzielt werden, gibt es später noch ausreichend Handlungsspielraum.
(57) Der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas
und damit die Dekarbonisierung sind die Schlüsselaufgaben des Klimaschutzes. Die
Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse gelingt nur, wenn Rohstoffe und die für ihre
Herstellung nötige und in ihnen gespeicherte Energie massiv eingespart, möglichst
vollständig im Kreislauf geführt und hocheffizient genutzt werden. Dafür ist eine völlig
neue Vernetzung innerhalb und zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie,
Dienstleistungen und Landwirtschaft nötig.
(58) Technologie ist als Beitrag für Klimaneutralität notwendig. Technologische Lösungen
müssen immer dem Vorsorgeprinzip folgen. Das heißt, dass die Abwägung von Nutzen und
Schäden, mögliche Umkehrbarkeit sowie die Eingriffstiefe zu berücksichtigen sind. Sie werden
grundlegende Veränderungen und schnelles Handeln nicht ersetzen, sondern nur ergänzen
können.
(59) Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Sie
ermöglicht es, eine schwankende erneuerbare Produktion mit dem Verbrauch eng zu verzahnen
und so den Energiebedarf zu senken. Das Potential der Digitalisierung für
Ressourceneffizienz, sparsamen Energieverbrauch, Dematerialisierung und Suffizienz soll
bestmöglich gefördert werden. Zugleich zeigt die Digitalisierung bisher selbst einen
ungezügelten Ressourcenhunger. Daher muss sie mit Maßnahmen flankiert werden, die den
Ressourcenverbrauch begrenzen und Rebound-Effekte vermeiden.
(60) Erneuerbare Energien sind dezentral in der Erzeugung, aber eine Versorgung mit ihnen
wird leichter sicherzustellen sein, je größer der Raum ist. Unser Kontinent hat die richtige
Größe für die Energiewende. Die europäische Energieunion soll die verschiedenen Stärken der
Regionen – Solarenergie im Süden, Geothermie und Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen,
Offshore-Windkraft im Atlantik, im Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in ganz
Europa – miteinander verbinden. Zentral dafür sind Aufbau und Nutzung von Netzen und
Speichern. Entscheidende Akteur*innen der Energiewende sind die Bürger*innen und Kommunen,
aber auch regionale Unternehmen und das Handwerk.
(61) Es braucht eine vorausschauende Energieaußenpolitik. Denn auch im Zeitalter der
erneuerbaren Energien wird es Energieimporte geben. Sie hilft den Partnerländern beim Aufbau
der entsprechenden Strukturen und stellt sicher, dass die importierte Energie nachhaltig und
unter sozial gerechten Bedingungen erzeugt wurde.
(62) Um die Klimakrise zu bewältigen, ist es weder notwendig noch vertretbar, zur Atomkraft
zurückzukehren. Diese Hochrisikotechnologie birgt eine existenzielle Bedrohung für Natur,
Mensch und Tier.
(63) Es ist Aufgabe in diesem Jahrzehnt, ein Endlager für den hochradioaktiven Atommüll mit
höchstmöglichen Sicherheitsstandards und bei bestmöglichen geologischen Bedingungen zu
finden. Bei der Suche ist die gesamtgesellschaftliche Verantwortung vor regionale
Eigeninteressen zu stellen.
Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft
(64) Der Verlust an Biodiversität ist so dramatisch wie die Klimakrise. Schlimmer noch: Die
beiden Krisen bedingen sich gegenseitig und können daher auch nur gemeinsam gelöst werden.
Die Roten Listen und die planetaren Grenzen müssen als „Barometer des Lebens“ zum Gradmesser
für politische Handlungsleitlinien werden, denn die biologische Vielfalt sichert das Leben
auf dem Planeten. Ökologischer Landbau, die Ökologisierung der konventionellen
Landwirtschaft, der Erhalt wertvoller Lebensräume, mehr Schutzgebiete und Biotope sowie mehr
freie Natur an Land, in Flüssen, Seen und im Meer sind als wirksamer Schutz für
Artenvielfalt und Umwelt zu betreiben.
(65) Das Vordringen des Menschen in die letzten, noch nicht zerstörten natürlichen Gebiete
und die grenzenlose Aneignung von Umwelt und Tierwelt zum Verbrauch oder Verzehr gefährden
nicht nur die Natur, sondern auch die menschliche Gesundheit. Sogenannte zoonotische
Krankheiten können fatale gesellschaftliche Folgen haben. Der Schutz von Ökosystemen trägt
auch dazu bei, Seuchen und Pandemien zu verhindern.
(66) Die Wiedervernässung von Moorböden und ein nachhaltiger Waldumbau – weg von
Monokulturen und hin zu naturnahen, klimaresilienten Mischwäldern – leisten einen großen
Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu senken. Dazu müssen die Trockenlegung von Mooren und die
Abholzung von Wäldern gestoppt werden.
(67) Artenschutz erfordert den Schutz von Lebensräumen und mehr Wissen. Das Ziel ist der
Aufbau eines vernetzten Verbundes von Schutzflächen. Die Forschung über die verschiedenen
Arten und ihr Zusammenspiel im Ökosystem soll gefördert werden, denn geschätzt sind heute
weniger als ein Viertel aller Arten bekannt. Zum Schutz von Arten gehört es auch, den
Wildtierhandel und die Trophäenjagd effektiv zu unterbinden. Zudem sollen alle Bestände der
großen Naturkundemuseen digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
(68) Ein Ende der Verschmutzung der Erde mit Luft- und Wasserschadstoffen, Plastik, Müll,
giftigen Chemikalien und Pestiziden ist essenziell für Umwelt- und Klimaschutz. Leitlinien
für die Regulierung von Umweltverschmutzungen sind das Vorsorge- und Verursacherprinzip.
Wenn Schadstoffe bereits Teil von Produkten und Produktionsverfahren sind, lassen sich ihre
Umweltauswirkungen nachträglich in der Regel nur unvollständig und zu hohen Kosten
begrenzen. Vorrang haben deshalb Gebote für umweltverträgliche Produkte und
Produktionsverfahren.
(69) Um den Raubbau an der Natur zu beenden, muss der absolute Verbrauch von natürlichen
Ressourcen substanziell und rasch reduziert werden. Dies gilt auch für Ressourcen, die
importiert werden. Die Achtung der planetaren Grenzen bedeutet, dass Wohlstand und
Lebensqualität so weit wie möglich vom Ressourcenverbrauch entkoppelt und Ressourcen in
geschlossene Stoffkreisläufe überführt werden.
(70) Eine zukunftsfähige Landwirtschaft arbeitet mit der Natur. Statt wachsender
Abhängigkeit von Pestiziden, Weltmärkten, wenigen Großkonzernen und engen Produktionszwängen
gehört die Zukunft einer modernen, regional verwurzelten Landwirtschaft, die ältestes Wissen
mit modernen Techniken und digitalen Lösungen kombiniert. Sie produziert nicht für Märkte,
sondern für Menschen, die ein Recht auf sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel haben.
Sie arbeitet ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur
zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen mit den Bäuer*innen.
(71) Die Sicherung und Versorgung mit Nahrungsmitteln ist ein hohes Gut. Der Landwirtschaft
gebührt Anerkennung, dass sie dies gewährleistet. Im Sinne der globalen
Ernährungssouveränität gilt es, bäuerliche Strukturen zu stärken sowie regionale
Wertschöpfungsketten und solidarische Systeme zu fördern, dagegen die Exportorientierung der
Landwirtschaft zulasten anderer Regionen abzubauen. Ziel muss sein, dass Bäuer*innen einen
Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“ erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre
vielfältigen Gemeinwohlleistungen gezielt entlohnt werden.
(72) Tiere sind weder Lebensmittel noch Unterhaltungsobjekte für Menschen. Sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange
Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind
wir verpflichtet, für mehreine tiergerechte Haltung und für Tierschutz bei Transport und mehr Tierwohl in der TierhaltungSchlachtung zu sorgen. Tierquälerische Haltungsformen und die industrielle Massentierhaltung müssen zügig beendet werden.
Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von
Tieren gewirtschaftet werden kannder Tiere umfassend Rechnung getragen wird. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten
werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen LebensmittelnProdukten.
Tierversuche müssen konsequent reduziertdurch tierversuchsfreie Methoden ersetzt und möglichst überflüssignach einem Ausstiegsplan abgeschafft werden.
Mobilität und Wohnen
(73) Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und Teilhabe und ist
Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den menschlichen Bedürfnissen
orientieren, barrierefrei gestaltet sein und zugleich die planetaren Grenzen wahren. Eine
sozial-ökologische Mobilitätspolitik schafft die Verkehrswende und garantiert allen Menschen
nachhaltige Mobilität. Sie sorgt für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die
Sicherheit. Vision ist ein Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben.
(74) Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel muss sich in Zukunft am
ökologischen Fußabdruck ausrichten. Es gilt das Prinzip: Schiene stärken, Straßen- und
Luftverkehr dekarbonisieren. Der Raum in den Städten wird Stück für Stück neu aufgeteilt.
Sichere und barrierefreie Infrastruktur für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Menschen
mit Behinderung sowie ein attraktiver, kostengünstiger und verlässlicher Nahverkehr bilden
das Rückgrat einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos
und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik, Stadtplanung
und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an, die Zukunft gehört der autofreien Innenstadt.
(75) Die Mobilität in der ökologischen Moderne ist vernetzt und digital. Verschiedene
Mobilitätsformen greifen nahtlos ineinander und ermöglichen individuelle Mobilität, ohne ein
eigenes Auto besitzen zu müssen.
(76) Gerade im ländlichen Raum werden auch in Zukunft viele Menschen weiterhin auf das Auto
angewiesen sein. Dazu muss es jedoch emissionsfrei und digital vernetzt sein. Nicht mehr das
Parken, sondern das Nutzen steht im Fokus.
(77) Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer starken Bahn. Das
erfordert einen Aus- und Umbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs. Dazu gehören die
Anbindung an Regionalzentren auch über Landkreisgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie
der Ausbau des Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind und
Kurzstreckenflüge überflüssig werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle
transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein einheitliches
europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Auch der Güterverkehr muss dekarbonisiert werden.
(78) Im urbanen Raum zeigen sich die Herausforderungen der ökologischen Moderne wie unter
einem Brennglas. Das überholte Leitbild der autogerechten Stadt kostet Lebensqualität und
macht krank. Durch mehr Flächen für Wohnen und Freizeit, für saubere Luft, städtisches
Leben, Stadtgrün und Erholung entsteht die lebenswerte Stadt mit kurzen Wegen, in der die
Menschen gerne wohnen.
(79) Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Null-Emissionen-Stadt. Dies gelingt, wenn
erneuerbare Energien, saubere Mobilität und klimaneutrales Heizen verbunden werden. Dazu
gehören Dächer, die Sonnenstrom erzeugen, sowie Gebäude, die nachhaltig gedämmt sind und die
vielfältigen klimafreundlichen Wärmequellen gemeinsam nutzen.
(80) Wohnungen sowie öffentliche und gewerbliche Gebäude sollen CO2-neutral geheizt, gekühlt
und beleuchtet werden. Klimagerechte Energiestandards für Neu- und Altbauten sowie Wärme-
und Kühlsysteme, die auf erneuerbaren Energien basieren, geben den Weg dahin vor.
Nachhaltige und möglichst kreislauffähige Baumaterialien schützen das Klima.
Soziales und Ökologie
(81) Der Übergang in die ökologische Moderne muss den sozialen Zusammenhalt stärken. Bei
allen Maßnahmen des Übergangs gilt es, auf den sozialen Ausgleich zu achten. Je schneller
und verlässlicher der notwendige Umbau weg von den fossilen Energien angegangen wird, umso
besser können abrupte Veränderungen vermieden werden.
(82) Im Zuge der ökologischen Modernisierung muss sichergestellt werden, dass alle Menschen
Zugang zu essenziellen Gütern der Daseinsvorsorge wie Wasser, Strom, gesunder Ernährung,
Mobilität und Breitbandanschluss haben. Deshalb müssen sozialstaatliche Garantien immer mit
Blick auf Preisänderungen angepasst werden. Um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es
eine Daseinsvorsorge, die es den Menschen ermöglicht, klimaneutral zu leben. Investitionen
in eine solche Daseinsvorsorge tragen zu sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz bei.
(83) Die ökologische Moderne bietet viele Chancen für neue Arbeitsplätze. Zugleich bedeutet
der Übergang massive Veränderungen für diejenigen, die bisher in von fossilen Energieträgern
geprägten Industrien arbeiten. Es braucht eine vorausschauende Industriepolitik, um
möglichst viele Arbeitsplätze über den Wandel hin zu grünen Technologien und Produkten zu
erhalten. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Gesellschaft, den betroffenen Menschen umfassende
Möglichkeiten zu beständiger Fort- und Weiterbildung oder Arbeitszeitverkürzung zu eröffnen.
(84) Subventionen in umwelt- und klimaschädliche Produktionsweisen und Produkte erschweren
den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Industrie. Es gilt daher, diese abzubauen.
(85) Eine Politik, welche die ökologischen Kosten der Produktion in den Preisen abbildet,
ist ökonomisch effizient, sie kann aber auch zu sozialen Schieflagen führen. Deswegen gilt
es, Preispolitik immer mit Maßnahmen zu kombinieren, die zu mehr Verteilungsgerechtigkeit
führen. Indem die Einnahmen aus ökologisch lenkenden Instrumenten an die Bürger*innen
zurückfließen, werden Umweltschutz, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander
verbunden.
(86) Die Kosten des Übergangs sollen gerecht und solidarisch getragen werden. Dem Staat
kommt hier eine relevante Aufgabe zu. Den Weg in die ökologische Moderne nicht zu gehen,
würde noch wesentlich mehr kosten.
(87) Kapitalströme müssen in nachhaltige Aktivitäten umgelenkt werden. Im Rahmen von
Divestment wird auf den Finanzmärkten nicht mehr in Kohle, Öl und Gas investiert, sondern in
erneuerbare Energie, emissionsfreie Mobilität, Gesundheit und grüne IT. Der Staat und die
öffentliche Hand müssen hierbei vorangehen, indem sie Transparenz gewährleisten und ihre
Anlagestrategien an den Pariser Klimazielen und an sozial-ethischen Kriterien orientieren.
(88) Der Weg in die ökologische Moderne braucht Pionier*innen. Menschen, die es anders
machen wollen, die in ihrem unternehmerischen oder in ihrem privaten Handeln neue Maßstäbe
setzen. Sie gilt es zu unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen.
(89) Es ist Aufgabe der Politik, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen.
Sinnvolle Umweltpolitik begnügt sich nicht mit Appellen, sondern setzt klare Regeln und
vollzieht diese. Sie fördert neue Technologien und investiert in neue Infrastrukturen.
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(72) Tiere sind weder Lebensmittel noch Unterhaltungsobjekte für Menschen. Sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind wir verpflichtet, für mehreine tiergerechte Haltung und für Tierschutz bei Transport und mehr Tierwohl in der TierhaltungSchlachtung zu sorgen. Tierquälerische Haltungsformen und die industrielle Massentierhaltung müssen zügig beendet werden. Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von Tieren gewirtschaftet werden kannder Tiere umfassend Rechnung getragen wird. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen LebensmittelnProdukten. Tierversuche müssen konsequent reduziertdurch tierversuchsfreie Methoden ersetzt und möglichst überflüssignach einem Ausstiegsplan abgeschafft werden.
Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Klima und Energie
(53) Nach dem fossilen Zeitalter beginnt die ökologische Moderne. War der Fortschritt der
Moderne bislang angetrieben von Kohle, Öl und Gas und verlagerte er seine sozialen und
ökologischen Kosten zu großen Teilen in andere Weltregionen und in die Zukunft, geht es beim
Fortschritt heute darum, die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren sowie den
gegenwärtigen und kommenden Generationen weltweit ein Leben in Freiheit, Würde und Wohlstand
zu ermöglichen. Je entschiedener wir handeln, umso mehr Freiheiten und Alternativen haben
wir in den kommenden Jahrzehnten.
(54) In der ökologischen Moderne ist das Prinzip der Nachhaltigkeit leitend. Die natürlichen
Ressourcen dürfen demnach nur in dem Maße genutzt werden, wie sie sich auch wieder erneuern
können. Das gilt für Technologien, Wirtschaftsweisen, für den privaten Verbrauch und Konsum.
Konkret bedeutet das: Politische Entscheidungen müssen daran gemessen werden, ob ihre Folgen
mit der Einhaltung der planetaren Grenzen vereinbar sind.
(55) Wir leben in Zeiten der Klimakrise. Der Anstieg der Meeresspiegel bedroht das Leben an
den Küsten. Trockenheit und Wüstenbildung zerstören Lebensräume von Mensch und Tier.
Hitzesommer und Wetterextreme sorgen für extreme Schäden und nehmen lebensbedrohliche
Ausmaße an. Es ist Aufgabe der Menschheit, die Katastrophe so weit wie möglich zu
verhindern. Leitlinie ist das Klimaabkommen von Paris, das vorsieht, die Erderhitzung auf
deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Europa muss so schnell wie
möglich Klimaneutralität erreichen. Deutschland als einem der größten Verursacher von
Treibhausgasen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Jedes Zehntelgrad weniger
Erhitzung zählt.
(56) Maßstab erfolgreicher Klimapolitik ist der Budget-Ansatz. Er zeigt auf, wie viele
Treibhausgasemissionen jedes Land noch ausstoßen darf, um den eigenen Anteil am Pariser
Klimaabkommen einzuhalten. Daraus folgt die Notwendigkeit, jeden Tag konkret zu handeln.
„Morgen ist auch noch ein Tag“ gilt beim Klimaschutz nicht. Nur wenn substanzielle
Einsparungen schnell erzielt werden, gibt es später noch ausreichend Handlungsspielraum.
(57) Der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas
und damit die Dekarbonisierung sind die Schlüsselaufgaben des Klimaschutzes. Die
Dekarbonisierung aller Wirtschaftsprozesse gelingt nur, wenn Rohstoffe und die für ihre
Herstellung nötige und in ihnen gespeicherte Energie massiv eingespart, möglichst
vollständig im Kreislauf geführt und hocheffizient genutzt werden. Dafür ist eine völlig
neue Vernetzung innerhalb und zwischen den Sektoren Strom, Wärme, Verkehr, Industrie,
Dienstleistungen und Landwirtschaft nötig.
(58) Technologie ist als Beitrag für Klimaneutralität notwendig. Technologische Lösungen
müssen immer dem Vorsorgeprinzip folgen. Das heißt, dass die Abwägung von Nutzen und
Schäden, mögliche Umkehrbarkeit sowie die Eingriffstiefe zu berücksichtigen sind. Sie werden
grundlegende Veränderungen und schnelles Handeln nicht ersetzen, sondern nur ergänzen
können.
(59) Die Digitalisierung kann einen großen Beitrag für den Klimaschutz leisten. Sie
ermöglicht es, eine schwankende erneuerbare Produktion mit dem Verbrauch eng zu verzahnen
und so den Energiebedarf zu senken. Das Potential der Digitalisierung für
Ressourceneffizienz, sparsamen Energieverbrauch, Dematerialisierung und Suffizienz soll
bestmöglich gefördert werden. Zugleich zeigt die Digitalisierung bisher selbst einen
ungezügelten Ressourcenhunger. Daher muss sie mit Maßnahmen flankiert werden, die den
Ressourcenverbrauch begrenzen und Rebound-Effekte vermeiden.
(60) Erneuerbare Energien sind dezentral in der Erzeugung, aber eine Versorgung mit ihnen
wird leichter sicherzustellen sein, je größer der Raum ist. Unser Kontinent hat die richtige
Größe für die Energiewende. Die europäische Energieunion soll die verschiedenen Stärken der
Regionen – Solarenergie im Süden, Geothermie und Wasserkraft in Skandinavien und den Alpen,
Offshore-Windkraft im Atlantik, im Mittelmeer und in der Ostsee, Onshore-Windkraft in ganz
Europa – miteinander verbinden. Zentral dafür sind Aufbau und Nutzung von Netzen und
Speichern. Entscheidende Akteur*innen der Energiewende sind die Bürger*innen und Kommunen,
aber auch regionale Unternehmen und das Handwerk.
(61) Es braucht eine vorausschauende Energieaußenpolitik. Denn auch im Zeitalter der
erneuerbaren Energien wird es Energieimporte geben. Sie hilft den Partnerländern beim Aufbau
der entsprechenden Strukturen und stellt sicher, dass die importierte Energie nachhaltig und
unter sozial gerechten Bedingungen erzeugt wurde.
(62) Um die Klimakrise zu bewältigen, ist es weder notwendig noch vertretbar, zur Atomkraft
zurückzukehren. Diese Hochrisikotechnologie birgt eine existenzielle Bedrohung für Natur,
Mensch und Tier.
(63) Es ist Aufgabe in diesem Jahrzehnt, ein Endlager für den hochradioaktiven Atommüll mit
höchstmöglichen Sicherheitsstandards und bei bestmöglichen geologischen Bedingungen zu
finden. Bei der Suche ist die gesamtgesellschaftliche Verantwortung vor regionale
Eigeninteressen zu stellen.
Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft
(64) Der Verlust an Biodiversität ist so dramatisch wie die Klimakrise. Schlimmer noch: Die
beiden Krisen bedingen sich gegenseitig und können daher auch nur gemeinsam gelöst werden.
Die Roten Listen und die planetaren Grenzen müssen als „Barometer des Lebens“ zum Gradmesser
für politische Handlungsleitlinien werden, denn die biologische Vielfalt sichert das Leben
auf dem Planeten. Ökologischer Landbau, die Ökologisierung der konventionellen
Landwirtschaft, der Erhalt wertvoller Lebensräume, mehr Schutzgebiete und Biotope sowie mehr
freie Natur an Land, in Flüssen, Seen und im Meer sind als wirksamer Schutz für
Artenvielfalt und Umwelt zu betreiben.
(65) Das Vordringen des Menschen in die letzten, noch nicht zerstörten natürlichen Gebiete
und die grenzenlose Aneignung von Umwelt und Tierwelt zum Verbrauch oder Verzehr gefährden
nicht nur die Natur, sondern auch die menschliche Gesundheit. Sogenannte zoonotische
Krankheiten können fatale gesellschaftliche Folgen haben. Der Schutz von Ökosystemen trägt
auch dazu bei, Seuchen und Pandemien zu verhindern.
(66) Die Wiedervernässung von Moorböden und ein nachhaltiger Waldumbau – weg von
Monokulturen und hin zu naturnahen, klimaresilienten Mischwäldern – leisten einen großen
Beitrag, um den CO2-Ausstoß zu senken. Dazu müssen die Trockenlegung von Mooren und die
Abholzung von Wäldern gestoppt werden.
(67) Artenschutz erfordert den Schutz von Lebensräumen und mehr Wissen. Das Ziel ist der
Aufbau eines vernetzten Verbundes von Schutzflächen. Die Forschung über die verschiedenen
Arten und ihr Zusammenspiel im Ökosystem soll gefördert werden, denn geschätzt sind heute
weniger als ein Viertel aller Arten bekannt. Zum Schutz von Arten gehört es auch, den
Wildtierhandel und die Trophäenjagd effektiv zu unterbinden. Zudem sollen alle Bestände der
großen Naturkundemuseen digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
(68) Ein Ende der Verschmutzung der Erde mit Luft- und Wasserschadstoffen, Plastik, Müll,
giftigen Chemikalien und Pestiziden ist essenziell für Umwelt- und Klimaschutz. Leitlinien
für die Regulierung von Umweltverschmutzungen sind das Vorsorge- und Verursacherprinzip.
Wenn Schadstoffe bereits Teil von Produkten und Produktionsverfahren sind, lassen sich ihre
Umweltauswirkungen nachträglich in der Regel nur unvollständig und zu hohen Kosten
begrenzen. Vorrang haben deshalb Gebote für umweltverträgliche Produkte und
Produktionsverfahren.
(69) Um den Raubbau an der Natur zu beenden, muss der absolute Verbrauch von natürlichen
Ressourcen substanziell und rasch reduziert werden. Dies gilt auch für Ressourcen, die
importiert werden. Die Achtung der planetaren Grenzen bedeutet, dass Wohlstand und
Lebensqualität so weit wie möglich vom Ressourcenverbrauch entkoppelt und Ressourcen in
geschlossene Stoffkreisläufe überführt werden.
(70) Eine zukunftsfähige Landwirtschaft arbeitet mit der Natur. Statt wachsender
Abhängigkeit von Pestiziden, Weltmärkten, wenigen Großkonzernen und engen Produktionszwängen
gehört die Zukunft einer modernen, regional verwurzelten Landwirtschaft, die ältestes Wissen
mit modernen Techniken und digitalen Lösungen kombiniert. Sie produziert nicht für Märkte,
sondern für Menschen, die ein Recht auf sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel haben.
Sie arbeitet ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur
zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen mit den Bäuer*innen.
(71) Die Sicherung und Versorgung mit Nahrungsmitteln ist ein hohes Gut. Der Landwirtschaft
gebührt Anerkennung, dass sie dies gewährleistet. Im Sinne der globalen
Ernährungssouveränität gilt es, bäuerliche Strukturen zu stärken sowie regionale
Wertschöpfungsketten und solidarische Systeme zu fördern, dagegen die Exportorientierung der
Landwirtschaft zulasten anderer Regionen abzubauen. Ziel muss sein, dass Bäuer*innen einen
Ausweg aus dem System des „Wachse oder Weiche“ erhalten. Dazu gehört auch, dass sie für ihre
vielfältigen Gemeinwohlleistungen gezielt entlohnt werden.
(72) Tiere sind weder Lebensmittel noch Unterhaltungsobjekte für Menschen. Sie haben Rechte und dürfen nicht zu Rohstofflieferanten degradiert werden. Solange
Menschen Tiere halten, um sie zu töten und zu essen oder um ihre Produkte zu nutzen, sind
wir verpflichtet, für mehreine tiergerechte Haltung und für Tierschutz bei Transport und mehr Tierwohl in der TierhaltungSchlachtung zu sorgen. Tierquälerische Haltungsformen und die industrielle Massentierhaltung müssen zügig beendet werden.
Entsprechend ist die Landwirtschaft so zu gestalten, dass entlang den Bedürfnissen von der Tiere umfassend Rechnung getragen wird. Es sollen immer weniger Tiere immer besser gehalten
Tieren gewirtschaftet werden kann
werden. So sinkt auch der Konsum von Fleisch und anderen tierischen LebensmittelnProdukten.
Tierversuche müssen konsequent reduziertdurch tierversuchsfreie Methoden ersetzt und möglichst überflüssignach einem Ausstiegsplan abgeschafft werden.
Mobilität und Wohnen
(73) Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Sie ermöglicht Freiheit und Teilhabe und ist
Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss sich an den menschlichen Bedürfnissen
orientieren, barrierefrei gestaltet sein und zugleich die planetaren Grenzen wahren. Eine
sozial-ökologische Mobilitätspolitik schafft die Verkehrswende und garantiert allen Menschen
nachhaltige Mobilität. Sie sorgt für bessere Luft, weniger Verkehrslärm und stärkt die
Sicherheit. Vision ist ein Straßenverkehr, in dem keine Menschen mehr sterben.
(74) Die öffentliche Förderung der einzelnen Verkehrsmittel muss sich in Zukunft am
ökologischen Fußabdruck ausrichten. Es gilt das Prinzip: Schiene stärken, Straßen- und
Luftverkehr dekarbonisieren. Der Raum in den Städten wird Stück für Stück neu aufgeteilt.
Sichere und barrierefreie Infrastruktur für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Menschen
mit Behinderung sowie ein attraktiver, kostengünstiger und verlässlicher Nahverkehr bilden
das Rückgrat einer sozial-ökologischen Mobilität. Insgesamt wird es deutlich weniger Autos
und weniger unnötigen Verkehr geben, die Autozentrierung von Verkehrspolitik, Stadtplanung
und Gesellschaft gehört der Vergangenheit an, die Zukunft gehört der autofreien Innenstadt.
(75) Die Mobilität in der ökologischen Moderne ist vernetzt und digital. Verschiedene
Mobilitätsformen greifen nahtlos ineinander und ermöglichen individuelle Mobilität, ohne ein
eigenes Auto besitzen zu müssen.
(76) Gerade im ländlichen Raum werden auch in Zukunft viele Menschen weiterhin auf das Auto
angewiesen sein. Dazu muss es jedoch emissionsfrei und digital vernetzt sein. Nicht mehr das
Parken, sondern das Nutzen steht im Fokus.
(77) Die Verkehrswende in der Stadt und auf dem Land gelingt nur mit einer starken Bahn. Das
erfordert einen Aus- und Umbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs. Dazu gehören die
Anbindung an Regionalzentren auch über Landkreisgrenzen und nationale Grenzen hinweg sowie
der Ausbau des Schienennetzes, damit alle größeren Städte angebunden sind und
Kurzstreckenflüge überflüssig werden. Die europäischen Großstädte sind durch schnelle
transnationale Bahnverbindungen, ein komfortables Nachtzugangebot und ein einheitliches
europäisches Buchungssystem zu vernetzen. Auch der Güterverkehr muss dekarbonisiert werden.
(78) Im urbanen Raum zeigen sich die Herausforderungen der ökologischen Moderne wie unter
einem Brennglas. Das überholte Leitbild der autogerechten Stadt kostet Lebensqualität und
macht krank. Durch mehr Flächen für Wohnen und Freizeit, für saubere Luft, städtisches
Leben, Stadtgrün und Erholung entsteht die lebenswerte Stadt mit kurzen Wegen, in der die
Menschen gerne wohnen.
(79) Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist eine Null-Emissionen-Stadt. Dies gelingt, wenn
erneuerbare Energien, saubere Mobilität und klimaneutrales Heizen verbunden werden. Dazu
gehören Dächer, die Sonnenstrom erzeugen, sowie Gebäude, die nachhaltig gedämmt sind und die
vielfältigen klimafreundlichen Wärmequellen gemeinsam nutzen.
(80) Wohnungen sowie öffentliche und gewerbliche Gebäude sollen CO2-neutral geheizt, gekühlt
und beleuchtet werden. Klimagerechte Energiestandards für Neu- und Altbauten sowie Wärme-
und Kühlsysteme, die auf erneuerbaren Energien basieren, geben den Weg dahin vor.
Nachhaltige und möglichst kreislauffähige Baumaterialien schützen das Klima.
Soziales und Ökologie
(81) Der Übergang in die ökologische Moderne muss den sozialen Zusammenhalt stärken. Bei
allen Maßnahmen des Übergangs gilt es, auf den sozialen Ausgleich zu achten. Je schneller
und verlässlicher der notwendige Umbau weg von den fossilen Energien angegangen wird, umso
besser können abrupte Veränderungen vermieden werden.
(82) Im Zuge der ökologischen Modernisierung muss sichergestellt werden, dass alle Menschen
Zugang zu essenziellen Gütern der Daseinsvorsorge wie Wasser, Strom, gesunder Ernährung,
Mobilität und Breitbandanschluss haben. Deshalb müssen sozialstaatliche Garantien immer mit
Blick auf Preisänderungen angepasst werden. Um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es
eine Daseinsvorsorge, die es den Menschen ermöglicht, klimaneutral zu leben. Investitionen
in eine solche Daseinsvorsorge tragen zu sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz bei.
(83) Die ökologische Moderne bietet viele Chancen für neue Arbeitsplätze. Zugleich bedeutet
der Übergang massive Veränderungen für diejenigen, die bisher in von fossilen Energieträgern
geprägten Industrien arbeiten. Es braucht eine vorausschauende Industriepolitik, um
möglichst viele Arbeitsplätze über den Wandel hin zu grünen Technologien und Produkten zu
erhalten. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Gesellschaft, den betroffenen Menschen umfassende
Möglichkeiten zu beständiger Fort- und Weiterbildung oder Arbeitszeitverkürzung zu eröffnen.
(84) Subventionen in umwelt- und klimaschädliche Produktionsweisen und Produkte erschweren
den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Industrie. Es gilt daher, diese abzubauen.
(85) Eine Politik, welche die ökologischen Kosten der Produktion in den Preisen abbildet,
ist ökonomisch effizient, sie kann aber auch zu sozialen Schieflagen führen. Deswegen gilt
es, Preispolitik immer mit Maßnahmen zu kombinieren, die zu mehr Verteilungsgerechtigkeit
führen. Indem die Einnahmen aus ökologisch lenkenden Instrumenten an die Bürger*innen
zurückfließen, werden Umweltschutz, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander
verbunden.
(86) Die Kosten des Übergangs sollen gerecht und solidarisch getragen werden. Dem Staat
kommt hier eine relevante Aufgabe zu. Den Weg in die ökologische Moderne nicht zu gehen,
würde noch wesentlich mehr kosten.
(87) Kapitalströme müssen in nachhaltige Aktivitäten umgelenkt werden. Im Rahmen von
Divestment wird auf den Finanzmärkten nicht mehr in Kohle, Öl und Gas investiert, sondern in
erneuerbare Energie, emissionsfreie Mobilität, Gesundheit und grüne IT. Der Staat und die
öffentliche Hand müssen hierbei vorangehen, indem sie Transparenz gewährleisten und ihre
Anlagestrategien an den Pariser Klimazielen und an sozial-ethischen Kriterien orientieren.
(88) Der Weg in die ökologische Moderne braucht Pionier*innen. Menschen, die es anders
machen wollen, die in ihrem unternehmerischen oder in ihrem privaten Handeln neue Maßstäbe
setzen. Sie gilt es zu unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen.
(89) Es ist Aufgabe der Politik, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen.
Sinnvolle Umweltpolitik begnügt sich nicht mit Appellen, sondern setzt klare Regeln und
vollzieht diese. Sie fördert neue Technologien und investiert in neue Infrastrukturen.
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