Europa braucht eine Regelung für digitale Währungen, die kriminelle Aktivitäten unterbindet, eine Herausforderung des staatlichen Währungsmonopols vorbeugt, aber bei legitimen Anwendungen für die Entwickler*innen und Nutzer*innen ausreichende Rechtssicherheit bietet.
Dabei sollte nicht das Kind mit dem Bade auschgeschüttet werden. Mit der Verengung des Blicks auf die Negativbeispiele bzw. auf negative Begleiterscheinungen und auf Risiken böten wir eine Angriffsfläche, die es dem politischen Gegner sehr einfach macht, uns Unkenntnis der Diversität eines noch stark in der Experimentierphase befindlichen technologischen Spektrums und fortschrittfeindliche Verbotsreflexe vorzuwerfen. Bei den Kryptowährungen gibt es jenseits von Bitcoin und Libra sehr viele verschiedene Ansätze, von denen viele bottom-up Gemeinschaftsprojekte sind - die digitalen Äquivalänte von Tauschringen und lokalen Alternativwährungen, die sich einer nachhaltigeren, gemeinwohlorientierten Ökonomie jenseits des Profitdiktats verschrieben haben:
- https://handbook.joincircles.net/about/whitepaper.html
- https://duniter.org/en/introduction/
- https://www.joinseeds.com/
- https://www.mannabase.com/about
Diesen kompletten Technologiezweig plump auf die Horror-Aspekte "Geldwäsche, die Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Steuerhinterziehung und Terror-Finanzierung" zu reduzieren erinnert sehr stark an die Diskussionen um Internet-Zensur, der wir uns aus grüner Sicht immer aus guten Gründen entgegen gestellt haben. Wir sollten also auch bei den privaten Kryptowährungen Augenmaß behalten.
Das Instrument der Verbote bei einer Online-Technologie ist ohnehin fragwürdig, denn es führte nicht nur dazu, eine Zukunftstechnologie komplett aus dem europäischen Raum zu verdrengen, sondern auch dazu, dass z.B. Verbraucher*innen, die trotzdem in solche Währungen investieren, dann auch keinen effektiven Rechtsschutz haben, weil die Geschäftspartner*innen alle im außereuropäischen Ausland angesiedelt sind:
Ein grundsätzlicher Verbot privater Kryptowährungen ginge auch klar über die aktuelle Beschlusslage hinaus - weil Libra eben nicht das gesamte Spektrum abbildet, sondern ein sehr spezieller Sonderfall ist:
"Mit den Möglichkeiten der Digitalisierung können neue Akteure auf den Finanzmärkten entstehen bzw. wachsen. Sie machen für viele den Finanz- und Zahlungsverkehr einfacher und schneller und bieten neue Anlagemöglichkeiten. Wir wollen hier klare Wettbewerbsregeln schaffen, in welchen weder Banken noch große Tech-Unternehmen ihre dominante Stellung nutzen können, um unliebsame Konkurrenten und Innovationen zu behindern. Die Einführung eines E-Euros bietet Chancen beim Zahlungsverkehr und für neue innovative Dienstleistungen. Diese von den Zentralbanken des Eurosystems eingeführte elektronische Währung soll auch vielen Menschen im Alltag als einfaches, sicheres und bequemes Zahlungsmittel dienen. Privates Geld wie etwa der von Facebook geplante Libra hingegen würde kein Problem lösen, aber potentiell viele neue schaffen. Eine Verdrängung kleiner Unternehmen über die Währung eines Konzerns, die Anhäufung von Zahlungsverkehrsdaten bei einem Unternehmen mit ohnehin schon problematischer Datenmacht und die Aushöhlung des staatlichen Geld- und Währungsmonopols lehnen wir ab und werden Libra nicht zulassen."
(Aus dem Beschluss "Zukunftsfähig wirtschaften für nachhaltigen Wohlstand – Rahmen setzen für die sozial-ökologische Marktwirtschaft" der 44. BDK in Bielefeld, 15.-17.11.2019, Zeilen 1483-1495)
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