Antrag Kapitel: | Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen |
---|---|
Antragsteller*in: | Susanne Menge (KV Oldenburg-Stadt) und 23 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 33%) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: PB.S-01-762 |
Eingereicht: | 26.04.2021, 19:48 |
PB.L-01-148: Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Verfahrensvorschlag zu PB.S-01-762: Antragstext
Von Zeile 761 bis 764 (PB.S-01: Kapitel 3: Solidarität sichern):
gemeinschaftliche Leben in den Kommunen und auf das Vertrauen in den Staat. Wir wollen die Gemeindefinanzen besser und krisenfester aufstellen. Dazu gehörtWenn Bund und Länder den Kommunen neue Aufgaben zuweisen, müssen sie auch eine Finanzierung bereitstellen. Wir werden auch eine faire Unterstützung bei den kommunalen Altschulden und bei gemeindlichen Corona-bedingten Steuerausfällenkrisenbedingten Steuerausfällen umsetzen, um auch hoch verschuldeten Kommunen wieder eine Perspektive zu geben. Für ihr Schuldenmanagement sollen die Kommunen auf die Unterstützung des Bundes zurückgreifen können, sofern sie dies wünschen. Wir wollen mehr kommunale Investitionen ermöglichen, beispielsweise in Klimaschutz, die
Die Pandemie hat uns gezeigt, was eine Gesellschaft stark macht – dass man sich unterhakt
und einander vertraut. Sie hat uns spüren lassen, wie kostbar Gemeinsamkeit für unser
individuelles Glück ist, wie sehr wir andere Menschen brauchen und wie groß die Gefahr ist,
wenn eine Gesellschaft auseinanderdriftet. Diese alte und doch noch mal neu erlebte
Erfahrung ist Auftrag, Solidarität und Schutz in konkrete, bessere Politik zu übersetzen.
Wir wollen alles dafür tun, die Bedingungen für ein gutes Leben – von Kindesbeinen an – zu
verbessern: materielle Sicherheit, Chancen und Teilhabe zu garantieren und ein
Sicherheitsversprechen zu geben, das umso stärker ist, je mehr Unterstützung gebraucht wird.
Freiheitsrechte bleiben ein Privileg von wenigen, wenn die sozialen Voraussetzungen dafür
nicht für alle gewährleistet werden. Gesellschaften ohne existenzielle Not sind
krisenfester, solidarische und gleichberechtigte Gesellschaften stärker.
Corona hat uns schonungslos die Stärken und Schwächen unseres Sozialstaates vor Augen
geführt: wie wichtig ein robustes Gesundheitssystem für alle ist. Wie zentral eine
Wirtschaftskraft ist, die für gesellschaftlichen Wohlstand und damit einen Sozialstaat
sorgt, der Menschen bei Jobverlust oder Wirtschaftseinbruch vor Obdachlosigkeit bewahrt. Sie
hat aber zugleich bestehende Ungleichheiten verschärft. Wer arm ist, wird schneller krank.
Frauen tragen eine besondere Last in den systemrelevanten Berufen der Pflege, der Erziehung
und im Einzelhandel, sind aber deutlich schlechter bezahlt und in Entscheidungsprozessen
weniger repräsentiert. Selbständige, die ohnehin schon größere Risiken eingehen, stürzen
ohne Verdienst in Existenzangst oder -not. Wer die Kinder allein erzieht, ist durch
Kinderbetreuung, Homeschooling und Homeoffice noch mal mehr gefordert. Die Pandemie hat uns
auf unsere individuellen Lebensumstände zurückgeworfen. Wenn die Wohnung eng ist, der Garten
fehlt, aber die Schwimmhalle dicht ist, ist es dreifach schwer. Einsamkeit wird größer.
Jetzt ist die Zeit, die richtigen Lehren zu ziehen. Der Weg aus der Pandemie muss zu einem
neuen sozialen Sicherheitsversprechen führen. Wir wollen Schritt für Schritt die sozialen
Systeme so verändern, dass sie allen Menschen Sicherheit und Halt geben, auch in Zeiten
persönlicher und gesellschaftlicher Umbrüche, und ihnen Teilhabe ermöglichen. Unsere
Bibliotheken und Bolzplätze, Sport- und Musikvereine, Theater und Jugendzentren – kurz,
unsere öffentlichen und sozialen Orte – sollten zu den schönsten und stärksten Räumen des
Miteinanders werden.
Glück und Chancen dürfen nicht davon abhängen, ob man im Norden oder Süden, Osten oder
Westen, in der Stadt oder auf dem Land lebt, entsprechend sind gleichwertige
Lebensverhältnisse Verfassungsgrundsatz. Wir setzen alles daran, aus diesem oftmals noch
unerfüllten Anspruch Realität zu machen. Wer auf dem Land wohnt, braucht genauso einen
Zugang zu Ärzt*innen, schnellem Internet, öffentlicher Daseinsvorsorge wie Städter*innen.
Und wer in der Stadt lebt, muss auch dort guten und bezahlbaren Wohnraum finden können.
Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit und für viele Menschen, viele Familien bis weit in
die Mittelschicht hinein eine der Existenz.
Unser Gesundheitssystem soll allen eine gleichwertige Gesundheitsversorgung garantieren,
aber es klaffen Lücken: Gesundheitsämter wurden kaputtgespart, in Krankenhäusern und der
Verwaltung fehlt Personal, die, die da sind, arbeiten am Anschlag. Wir wollen die Vorzeichen
ändern und Vorsorge zum Leitprinzip machen: Kliniken sollen ihrem gesellschaftlichen Auftrag
entsprechend finanziert werden, auch auf dem Land braucht es Zugang zu Geburtshilfe und
Notfallhilfen. In der Pflege setzen wir uns ein für bessere Arbeitsbedingungen, mehr
Personal, Sicherheit für Menschen, die Pflege benötigen, und für diejenigen, die Angehörige
oder Freund*innen pflegen.
Digitalisierung, globaler Wettbewerb und der nötige Umbau der Wirtschaft bedeuten für viele
Menschen große Veränderungen, die mit der Angst vor Verlusten einhergehen. Aber Angst lähmt
und macht mürbe. Menschen benötigen auch im Übergang Sicherheit. Es gilt die Risiken
abzusichern und Perspektiven zu geben, etwa durch eine Arbeitsversicherung und durch
Weiterbildung. Starke Tarifpartner, starke Gewerkschaften und demokratische Mitbestimmung
können ebenfalls dazu beitragen, die großen Herausforderungen beim Übergang in eine sozial-
ökologische Marktwirtschaft gemeinsam zu bewältigen. Wir werden zeigen, dass Transformation
und Digitalisierung hin zu einem klimagerechten Wohlstand zukunftsfähige Jobs schaffen, mit
guten Arbeitsbedingungen und gerecht verteilter Arbeit.
Wir fördern Kinder, Jugendliche und Familien
Kinder in den Mittelpunkt
Kinder müssen sich bestmöglich und frei entfalten können. Dabei haben sie ein Recht auf
besonderen Schutz, Förderung und Beteiligung. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern
haben ganz eigene Bedürfnisse, die bei Entscheidungen angehört, mitgedacht und abgewogen
werden müssen. Wir werden deshalb sicherstellen, dass das Wohl von Kindern bei staatlichen
Entscheidungen ein größeres Gewicht bekommt. Deshalb müssen starke Kinderrechte entlang der
Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ins Grundgesetz. Mit einem Nationalen
Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung wollen wir sicherstellen, dass alle Kinder und
Jugendlichen über ihre Rechte informiert sind und unabhängig vom soziokulturellen
Hintergrund, altersgerecht und niedrigschwellig Beteiligung leben können. Die Jugendarbeit
spielt hierbei eine wichtige Rolle, darum wollen wir die Jugendverbände mit einem
Verbandsklagerecht gegenüber Kommunen stärken. Werdende Demokrat*innen brauchen Mitmach- und
Medienkompetenz sowie politische Bildung, die wir als Querschnittsaufgaben in Kitas, Schulen
und Jugendhilfe konzeptionell und finanziell stärken. Beim Aufbau oder der Auswahl von
Angeboten im Sozialraum, bei allen Bau- und Wohnumfeldmaßnahmen, die Kinder und Jugendliche
betreffen, werden wir sie beteiligen, ihr Wohl sichern und dies im Baugesetzbuch
berücksichtigen.
Eine Kindergrundsicherung gegen Kinderarmut
In einem reichen Land wie Deutschland darf kein Kind in Armut aufwachsen – doch vor allem
bei Alleinerziehenden oder Geringverdienenden mit Kindern reicht das Geld oft vorn und
hinten nicht. Jedes Kind verdient unsere Unterstützung. Daher wollen wir Familien stärken
mit einer einfachen und gerechten Kinder- und Familienförderung: der Kindergrundsicherung.
Unser Vorschlag: Kindergeld, Kinderzuschlag, das Sozialgeld für Kinder und die Bedarfe für
Bildung und Teilhabe in eine neue eigenständige Leistung zusammenzufassen. Mit der
Kindergrundsicherung bekommt jedes Kind einen festen Garantie-Betrag, Kinder in Familien mit
geringen oder gar keinem Einkommen bekommen zusätzlich noch einen GarantiePlus-Betrag. Je
niedriger das Familieneinkommen, desto höher der GarantiePlus-Betrag. Nach einmaliger
Beantragung bei Geburt wird die Höhe der Kindergrundsicherung automatisch berechnet und
ausgezahlt. So kommt die Kindergrundsicherung garantiert bei jedem Kind an und Schritt für
Schritt beenden wir Kinderarmut. Sie ist gerecht, denn Kinder, die mehr brauchen, bekommen
auch mehr. Die Kindergrundsicherung verbinden wir mit einer Neuermittlung dessen, was Kinder
zum Leben brauchen.
Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder
Ob Kita, Hortbetreuung, Familienberatung, Hilfen zur Erziehung oder Angebote der
Jugendarbeit – die Kinder- und Jugendhilfe begleitet Familien beim Aufwachsen der Kinder.
Sozialarbeiter*innen und Pädagog*innen leisten dabei unter hohem Zeit- und Arbeitsdruck
Enormes. Durch gesetzliche Vorgaben zur Personalplanung wollen wir für besser ausgestattete
Jugendämter und Entlastung der Fachkräfte sorgen. Leistungsansprüche von Kindern und
Jugendlichen mit körperlichen und geistigen Behinderungen werden bisher in einem eigenen
Sozialgesetzbuch für Menschen mit Behinderungen geregelt. Das grenzt aus. Mit einem
Bundesinklusionsgesetz soll sichergestellt werden, dass alle Angebote der Kinder- und
Jugendhilfe künftig so ausgestaltet sind, dass sie sich auch an Kinder und Jugendliche mit
Behinderungen und ihre Eltern richten. Wir wollen auf dem eingeschlagenen Weg hin zu einem
inklusiven SGB VIII zügiger voranschreiten. Daher werden wir die Länder und Kommunen, die
bereits vor Umsetzung des Bundesinklusionsgesetzes alle Kinder unter dem Dach der
Jugendhilfe vereinen wollen, mit einem Bundesmodellprogramm unterstützen. So können
wertvolle Anregungen für den bundesweiten Umstrukturierungsprozess gewonnen werden.
Teilhabe und Schutz in der digitalen Welt
Kinder und Jugendliche wachsen als Digital Natives auf, sie sollen sicher und selbstbestimmt
mit Tablets, Smartphones und Co. umgehen können. Wir stärken die digitale Bildung als
Gemeinschaftsaufgabe von Eltern, Kitas, Schulen und der Jugendhilfe, mit Fortbildungen für
Fachkräfte und Unterstützungsangeboten für Eltern. Alle sollen digitale Kompetenzen erwerben
können, das geht nur mit entsprechender Hardware: Kinder in Familien im Hartz-IV- oder
Kinderzuschlags-Bezug sollen für die Schule einen Laptop erhalten, wenn sie diesen
benötigen. Kinder und Jugendliche brauchen im Netz besonderen Schutz vor Straftaten wie
Hassrede, Cybergrooming oder sexualisierter Gewalt, dem Mobbing im Netz wollen wir einen
Riegel vorschieben. Dafür setzen wir auf eine Präventionsstrategie, mit verpflichtenden
sicheren Voreinstellungen für Plattformen und leicht auffindbaren Beschwerdemöglichkeiten.
Vor kommerziellem Sammeln ihrer Daten durch private Anbieter werden wir Kinder schützen.
Kinder vor sexualisierter Gewalt schützen
Für viele Kinder und Jugendliche ist sexualisierte Gewalt leidvoller Alltag. Dagegen gehen
wir hart vor – mit starker Prävention, konsequenter Strafverfolgung und einem Maßnahmenpaket
zur Qualitätssicherung und zum Kinderschutz in familiengerichtlichen Verfahren. Das oberste
Ziel ist es, Taten zu verhindern. Dafür braucht es Aufklärung, Qualifizierung und gelebte
Schutzkonzepte überall dort, wo Kinder und Jugendliche sich aufhalten und betreut werden.
Basiswissen über Kinderrechte, insbesondere Beteiligung, Schutz bei Kindeswohlgefährdung und
Missbrauch gehören in die Curricula für Jura, Medizin, Pädagogik und Polizei. Die
Fortbildungspflicht für Familienrichter*innen und die Anforderungen an die Qualifikation von
Verfahrensbeiständen sind klar gesetzlich zu regeln. Die wichtige Arbeit des Unabhängigen
Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs werden wir auf eine gesetzliche
Grundlage stellen und damit dauerhaft absichern. Wir werden bundesweit spezialisierte
Fachberatungsstellen und telefonische sowie Online-Beratungsangebote finanziell absichern.
Mehr Zeit für Familien
Den Kopf frei haben für die Familie, die Kinder, auch wenn sie krank sind, das ist unser
Ziel. Mit der KinderZeit Plus wollen wir das Elterngeld auf 24 Monate ausweiten: pro
Elternteil je acht Monate, weitere acht Monate können flexibel untereinander aufgeteilt
werden. Wird die KinderZeit Plus Teilzeit in Anspruch genommen, verlängert dies entsprechend
den Bezugszeitraum. Sie kann bis zum 14. Geburtstag des Kindes genommen werden, denn auch
bei älteren Kindern kann mehr Aufmerksamkeit nötig sein. Wir unterstützen Eltern dabei,
Familie und Arbeit mit einer neuen Arbeitszeitkultur und einem flexiblen Vollzeitkorridor in
eine ausgewogene Balance zu bringen, Familienarbeit partnerschaftlich zu teilen und
Teilzeitfallen zu vermeiden. Niemand soll sich zwischen Kind und Job entscheiden müssen,
darum soll der Anspruch auf ein Kinderkrankengeld auf 15 Tage im Jahr pro Kind und
Elternteil steigen, Alleinerziehende bekommen 30 Tage. Weil gerade in den ersten beiden
Lebensjahren viele Infekte mitgenommen werden, sollte es in dieser Zeit einen zusätzlichen
erhöhten Anspruch auf Kinderkrankengeld geben. Die Altersgrenze wollen wir auch hier auf 14
Jahre anheben, ein ärztliches Attest wird erst ab dem vierten Erkrankungstag des Kindes
verpflichtend. Für die besondere Zeit direkt nach der Geburt wollen wir neben dem
Mutterschutz auch für den zweiten Elternteil eine 14-tägige Freistellung einrichten.
Alleinerziehenden den Rücken stärken
Alleinerziehende leisten enorm viel und sind dennoch besonders oft von Armut bedroht. Mit
der Kindergrundsicherung helfen wir mehrfach: Mit der Neuermittlung der Mindestbedarfe von
Kindern steigt auch der Mindestunterhalt. Und anders als beim heutigen Kindergeld soll nur
die Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet werden. Nach einer Trennung soll es bei
der Betreuung nicht zusätzlich knirschen, darum werden Mehrkosten für die Ausübung des
Umgangs, egal nach welchem Modell, angemessen berücksichtigt. Für Eltern im
Grundsicherungsbezug wollen wir einen Umgangsmehrbedarf einführen. Ob wichtiger Abendtermin
im Job, ein Beratungsgespräch oder Arztbesuch – Kinder können und sollten nicht immer dabei
sein. Es gilt, familienunterstützende Dienstleistungen zu fördern, zum Beispiel für
ergänzende Kinderbetreuung oder haushaltsnahe Dienstleistungen. Das gilt besonders im
Krankheitsfall, denn Kinder und Haushalt müssen trotzdem versorgt sein.
Absicherung für alle Familienformen
Ob Patchwork-, Stief- oder Regenbogenfamilie – Familien sind vielfältig und diese Vielfalt
muss ein modernes Familienrecht auch abbilden. Soziale Eltern übernehmen innerhalb der
Familie oft Verantwortung und sind wichtige Wegbegleiter. Rechtlich gesehen sind sie aber
auch nach Jahren Außenstehende für ihr Kind: Im Kindergarten, in der Schule oder bei
Ärzt*innen ist es nicht vorgesehen, dass sie Entscheidungen für ihre Kinder treffen. Mit der
Weiterentwicklung des „kleinen Sorgerechts“ hin zu einer elterlichen Mitverantwortung, die
auf Antrag beim Jugendamt auf bis zu zwei weitere Erwachsene übertragen werden kann, geben
wir allen Beteiligten mehr Sicherheit. Zwei-Mütter-Familien sollen nicht mehr durch das
langwierige Stiefkindadoptionsverfahren müssen, darum streben wir an, das Abstammungsrecht
zu reformieren, sodass die Co-Mutter analog zu Vätern in heterosexuellen Ehen automatisch
als zweites rechtliches Elternteil gilt. Bei Kinderwunsch sollen auch nichteheliche
Lebensgemeinschaften und lesbische Paare die Möglichkeit einer Kostenerstattung für die
künstliche Befruchtung erhalten. Verantwortung wird nicht nur da füreinander übernommen, wo
Kinder sind. Mit dem Pakt für das Zusammenleben werden wir eine neue Rechtsform schaffen,
die das Zusammenleben zweier Menschen, die füreinander Verantwortung übernehmen, unabhängig
von der Ehe rechtlich absichert.
Wir sorgen für gute Arbeit und faire Löhne
Mindestlohn anheben
Arbeit muss gerecht bezahlt werden. Und die Menschen brauchen gute Arbeitsbedingungen. Aber
in unserem reichen Land arbeiten noch immer Millionen Menschen im Niedriglohnsektor mit
schlechten Löhnen und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Besonders oft sind davon
Frauen betroffen. Das wollen wir ändern. Den gesetzlichen Mindestlohn werden wir sofort auf
12 Euro anheben. Für weitere Erhöhungen soll die Mindestlohnkommission den Auftrag bekommen,
dass der Mindestlohn wirksam vor Armut schützen und mindestens der Entwicklung der
Tariflöhne entsprechen muss. Leiharbeiter*innen sollen vom ersten Tag an den gleichen Lohn
für gleiche Arbeit bekommen wie Stammbeschäftigte – plus Flexibilitätsprämie. Ohne
sachlichen Grund dürfen Arbeitsverträge nicht mehr befristet werden. Gegen den vielfachen
Missbrauch von Werkverträgen und die Abwälzung unternehmerischer Verantwortung mittels
Subunternehmerketten gehen wir ordnungspolitisch vor. Wir wollen den Arbeitsschutz stärken,
damit er wirksam vor Stress, Burn-out und Entgrenzung der Arbeit schützt. Mobbing und
Diskriminierung am Arbeitsplatz nehmen wir ernst und wollen besser davor schützen.
Vollbeschäftigung schaffen
Wir wollen allen Menschen ermöglichen, am Arbeitsleben teilzuhaben, denn ein guter
Arbeitsplatz ist eine wichtige Quelle für Einkommen, Anerkennung und Selbstverwirklichung.
Dazu müssen wir gute und sichere Jobs schaffen. Wir wollen die Beschäftigung weiter erhöhen
und damit auch verhindern, dass Corona langfristige Spuren am Arbeitsmarkt hinterlässt. Mit
dauerhaft höheren öffentlichen Investitionen, mehr Gründungsgeist und Forschung sowie
Innovation wollen wir ein Umfeld für viele neue Jobs schaffen. Der deutsche Arbeitsmarkt war
dabei in den letzten Jahren gespalten: Fachkräftemangel und deutliche Lohnsteigerungen für
Hochqualifizierte in einigen Branchen, prekäre Beschäftigung, unfreiwillige Teilzeit und
stagnierende Reallöhne in anderen. Dem wollen wir mit einer sozial gerechten Arbeitspolitik
entgegentreten. Damit sorgen wir für gute Löhne und trocknen den Niedriglohnsektor
mittelfristig aus. Langzeitarbeitslose brauchen eine besonders intensive Betreuung durch die
Arbeitsagentur, für Menschen ohne Perspektiven am ersten Arbeitsmarkt schaffen wir einen
dauerhaften sozialen Arbeitsmarkt.
Sozialpartnerschaft stärken, Tarifbindung erhöhen
Die Sozialpartnerschaft, Tarifverträge und Mitbestimmung sind Eckpfeiler der sozialen
Marktwirtschaft. Sie haben unser Land stark gemacht. Da, wo sie gelten, sorgen sie meistens
für anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Wir wollen, dass Tarifverträge und starke
Mitbestimmung wieder für mehr anstatt für immer weniger Beschäftigte und Betriebe gelten.
Bei der öffentlichen Vergabe sollen im Einklang mit europäischem Recht die Unternehmen zum
Zug kommen, die tarifgebunden sind oder mindestens Tariflöhne zahlen. Dafür setzen wir auf
ein Bundestariftreuegesetz. Zudem wollen wir es leichter machen, Tarifverträge für
allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie für alle in einer Branche gelten. Betriebsräte,
die sich für Mitarbeiter*innen einsetzen, brauchen auch selbst mehr Schutz. Gleiches gilt
auch für die Beschäftigten, die erstmals einen Betriebsrat gründen wollen. Die
Mitbestimmungsrechte wollen wir ausbauen und modernisieren, wenn es um die
Personalentwicklung, die Stärkung von Frauen und die Verbesserung der Klimabilanz im
Unternehmen geht. Der Wandel der Arbeitswelt, den Digitalisierung und ökologische
Transformation mit sich bringen, muss gemeinsam mit den Beschäftigten im Betrieb gestaltet
werden.
Selbstbestimmter arbeiten, digitale Chancen nutzen
Wir wollen Beschäftigte dabei unterstützen, ihre Arbeit besser an ihr Familien- und
Privatleben anzupassen. Eine moderne Arbeitswelt bedeutet für uns auch mehr Mitsprache bei
Ort, Lage und Umfang der Arbeit. In der Corona-Krise wurde das Arbeiten von zu Hause zu
einer weit verbreiteten Erfahrung, für viele verbunden mit mehr Eigenständigkeit und weniger
Stress, wenn etwa das lange Pendeln wegfiel. Für andere aber auch zur echten Belastungsprobe
– wenn zu Hause Arbeitszimmer, Arbeitsschutz und auch Kolleg*innen fehlen. Homeoffice kann
zudem auch zur Entgrenzung von Arbeit und zum Abbau des bisherigen Arbeitsortes außerhalb
der eigenen vier Wände führen. Die Möglichkeit zur Selbstbestimmung im Arbeitsleben wollen
wir daher erhalten und stärken, indem wir ein Recht auf Homeoffice einführen – mit Blick auf
betriebliche Möglichkeiten, aber auch mit strikten Schutzkriterien versehen. Ein
Arbeitsplatz im Unternehmen muss aber ebenfalls allen zur Verfügung stehen.
Mehr Freiraum bei der Arbeitszeit
Ob im Büro, in der Pflege oder auf Montage – für viele Menschen ist der körperliche oder
psychische Druck durch Arbeit gewachsen. Gleichzeitig ist Zeit zu haben – für sich selbst
oder die Familie – für viele Menschen ein immer größerer Wert. Kürzere Arbeitszeiten, wie
beispielsweise die IG Metall sie als Beitrag zur Bewältigung des Strukturwandels in der
Automobilbranche vorgeschlagen hat, können eine Chance sein, Arbeit gerechter zu verteilen,
Arbeitsplätze zu sichern und Arbeitnehmer*innen zu entlasten. Wir wollen Beschäftigte in der
Pflege, in der die Belastung besonders hoch ist, mit besseren Arbeitsbedingungen
unterstützen und deshalb die 35-Stunden-Woche einführen. Darüber hinaus wollen wir die
Möglichkeiten aller Arbeitnehmer*innen, selbst flexibler über die eigene Arbeitszeit zu
bestimmen – gerade um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern –, verbessern.
Dafür wollen wir die starre Vollzeit zu einer Wahlarbeitszeit zwischen 30 und 40 Stunden bei
flexiblem Arbeitszeitkorridor umgestalten. Versuche, das Arbeitszeitgesetz zum Nachteil der
Arbeitnehmer*innen aufzuweichen, lehnen wir ab. Die europäische Arbeitszeitrichtlinie wollen
wir konsequent umsetzen.
Arbeitsversicherung stärkt Chancen
Wir wollen die Arbeitsmarktpolitik auf die Zukunft ausrichten und die
Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung umbauen. Zentral dafür ist ein
Rechtsanspruch auf Weiterbildung und die Stärkung der beruflichen Qualifikation. In einer
Welt, in der häufige Berufswechsel für viele Menschen Normalität sind und man nicht mehr
automatisch 40 Jahre im gleichen Betrieb arbeitet, brauchen alle Menschen Anlaufstellen und
Unterstützung, um ihr Berufsleben selbstbestimmt zu gestalten. Überall dort, wo es eine
Arbeitsagentur gibt, sollen Bildungsagenturen zentrale Anlaufstellen werden und Menschen bei
der Neuorientierung unterstützen, Weiterbildungsberatung und -förderung sollen damit
vereinfacht werden. Den Zugang zur Arbeitsversicherung werden wir deutlich erleichtern und
bereits ab vier Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung einen Anspruch auf
Arbeitslosengeld einführen. Auch selbständige Berufstätigkeit muss sozial besser abgesichert
werden. Dafür vereinfachen wir den Zugang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung und
schaffen eine Zugangsmöglichkeit für alle Selbständigen auch mit Wahltarifen. Wir wollen
Gründungen aus Phasen der Arbeitslosigkeit heraus besser fördern und durch die Krise
zurückgeworfene junge Berufsanfänger*innen mit einem Einstiegszuschuss eine Brücke in den
Arbeitsmarkt bauen.
Besserer Schutz bei online vermittelter Arbeit
Vom Handwerkerdienst über Software-Entwicklung bis zur Reinigung – immer mehr
Dienstleistungen werden über Online-Plattformen vermittelt (Gig-Working) oder finden sogar
ortsunabhängig in der Cloud statt (Crowd-Working). Die Digitalisierung von Tätigkeiten und
die digitale Vermittlung von Arbeit bergen viele neue Chancen. Aber Arbeitsrecht und
Arbeitsschutz müssen an die Onlinewelt angepasst werden, damit daraus nicht neue Formen von
Ausbeutung und Abhängigkeiten entstehen. Wir wollen Scheinselbständigkeit verhindern, indem
wir bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung für
mehr Rechts- und Planungssicherheit sorgen. Wenn der/die Auftragnehmer*in einer Plattform
angibt, einen Arbeitnehmerstatus zu haben, soll künftig der/die Auftraggeber*in beweisen,
dass dem nicht so ist. Unfaires Preis-Dumping gilt es durch ein Mindesthonorar für
zeitbasierte Dienstleistungen zu unterbinden. Arbeitnehmerähnliche Personen und Solo-
Selbständige, die für Plattformen tätig werden, sollen sich künftig leichter tariflich
organisieren können, und branchenspezifisch sollen weitere verbindliche Honoraruntergrenzen
vereinbart werden können, die auch für allgemeinverbindlich erklärt werden können.
Plattformbetreiber tragen eine Verantwortung für ihre Auftragnehmer*innen. Wir wollen mit
klaren Mindeststandards beim Arbeits- und Datenschutz und bei den allgemeinen
Geschäftsbedingungen für Fairplay bei der Plattformökonomie sorgen.
Faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte aus europäischen
Nachbarstaaten
In jedem europäischen Nachbarland arbeiten zu können, das ist eine der großen
Errungenschaften unseres vereinten Europas. Was in hochqualifizierten Berufen viel Freiheit
gebracht hat, führte in manchen Dienstleistungsbereichen zu ausbeuterischen
Arbeitsrealitäten. Missstände in den deutschen Schlachthöfen haben das schlaglichtartig
gezeigt. Doch auch anderswo, zum Beispiel auf dem Bau oder in der Pflege, herrschen vielfach
ausbeuterische Verhältnisse. Wir wollen, dass alle Beschäftigten – egal, wie lange sie hier
arbeiten – genauso gut bezahlt und abgesichert sind wie ihre deutschen Kolleg*innen. Dafür
braucht es ein wirksames Vorgehen gegen Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit, ein
Verbandsklagerecht der Gewerkschaften, eine europäische Sozialversicherungsnummer, höhere
Mindeststandards für Unterkünfte von entsandten Beschäftigten, eine bessere Regulierung der
Vermittlungsagenturen und mehr Kontrolle durch eine gestärkte Europäische Arbeitsbehörde.
Arbeitnehmer*innen aus anderen EU-Staaten müssen besser über ihre Rechte informiert werden.
Wir schaffen Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, von dieser Selbstverständlichkeit sind wir immer
noch weit entfernt. Durchschnittlich verdienen Frauen im gesamten Erwerbsleben etwa nur halb
so viel wie Männer, was sich auch in ihrer ungenügenden Alterssicherung bemerkbar macht. Wir
werden ein effektives Entgeltgleichheitsgesetz einführen, das auch für kleine Betriebe gilt
und die Unternehmen verpflichtet, von sich aus über die Bezahlung von Frauen und Männern und
über ihre Maßnahmen zum Schließen des eigenen Pay-Gaps zu berichten. Dieses Gesetz muss auch
ein wirksames Verbandsklagerecht enthalten, damit bei strukturellen Benachteiligungen auch
Verbände die Klage übernehmen können und die Betroffenen nicht auf sich allein gestellt
sind. Lohncheckverfahren können Diskriminierungen aufdecken. Deshalb werden wir
Tarifpartner*innen und Unternehmen verpflichten, alle Lohnstrukturen auf Diskriminierung zu
überprüfen. Wir setzen uns dafür ein, dass Berufe, die vor allem von Frauen ausgeübt werden,
eine höhere Wertschätzung erfahren als bisher, zum Beispiel in Form besserer
Arbeitsbedingungen, besserer Bezahlung oder besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen stärken
Um das eigene Leben selbst gestalten zu können, ist es vielen Frauen wichtig, wirtschaftlich
unabhängig zu sein. Deshalb müssen Steine, die dies behindern, aus dem Weg geräumt werden.
Wir wollen für eine eigenständige Absicherung in allen Lebensphasen sorgen – von der
Berufswahl bis zur Rente. Minijobs, mit Ausnahmen für Studierende, Schüler*innen und
Rentner*innen, wollen wir in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen und
Regelungen für haushaltsnahe Dienstleistungen schaffen. Das durch enge Rollenerwartungen
eingeschränkte Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen wollen wir durch eine
gendersensible Berufsberatung erweitern. Die gläserne Decke, die Frauen am Aufstieg hindert,
wollen wir aufbrechen. Dies gelingt auch durch eine kluge Zeitpolitik, die es auch
Partner*innen erleichtert, Verantwortung in der Familie zu übernehmen und Arbeit
geschlechtergerecht aufzuteilen. Diskriminierungen am Arbeitsmarkt begegnen wir mit einem
Verbandsklagerecht, das die Einzelne stärkt, und durch ein echtes Recht auf die Rückkehr in
Vollzeit, das auch für kleinere Betriebe gilt.
Gleichberechtigung auch bei der Steuer
Das deutsche Steuerrecht steckt noch im letzten Jahrhundert fest. Während sich viele Paare
Familien- und Erwerbsarbeit gleichberechtigter aufteilen, als es noch vor Jahren der Fall
war, gilt bei der Steuer nach wie vor das Modell eines männlichen Ernährers und einer Frau,
die höchstens zuverdient und sich hauptsächlich um Haushalt und Kinder kümmert. Dieses
Modell ist ungerecht, weil es Ehen privilegiert, Alleinerziehende und nicht verheiratete
Paare außen vor lässt, die Erwerbstätigkeit von Frauen hemmt und Frauen gleichzeitig nicht
wirklich absichert. In Krisen bekommen vor allem Frauen die Nachteile zu spüren, zum
Beispiel durch weniger Kurzarbeits- oder Arbeitslosengeld. Im Zusammenspiel mit Minijobs und
der kostenlosen Mitversicherung wirken sich diese Maßnahmen negativ auf die Erwerbstätigkeit
von Frauen aus. Deshalb wollen wir für neu geschlossene Ehen eine individuelle Besteuerung
mit übertragbarem Grundfreibetrag einführen. Bei der Lohnsteuer soll die/der heute über
Gebühr belastete Zweitverdiener*in entlastet werden, indem das Faktorverfahren zur Regel und
die Steuerklasse 5 für Zuverdiener*innen abgeschafft wird. So sorgen wir dafür, dass
gleichberechtigte Lebensentwürfe nicht länger benachteiligt werden. Paare, die bereits
verheiratet sind, können sich entscheiden, ob sie sich einzeln veranlagen oder weiterhin das
Ehegattensplitting nutzen wollen. Zugleich stärken wir mit der Kindergrundsicherung
Familien. Alleinerziehende, die heute am stärksten von Armut betroffen sind, entlasten wir
mit einer Steuergutschrift.
Wir sichern die sozialen Netze
Garantiesicherung statt Hartz IV
Jeder Mensch hat das Recht auf soziale Teilhabe, auf ein würdevolles Leben ohne
Existenzangst. Deswegen wollen wir Hartz IV überwinden und ersetzen es durch eine
Garantiesicherung. Sie schützt vor Armut und garantiert ohne Sanktionen das soziokulturelle
Existenzminimum. Sie stärkt so Menschen in Zeiten des Wandels und kann angesichts großer
Veränderungen der Arbeitswelt Sicherheit geben und Chancen und Perspektiven für ein
selbstbestimmtes Leben eröffnen. Die grüne Garantiesicherung ist eine Mindestsicherung, die
nicht stigmatisiert und die einfach und auf Augenhöhe gewährt wird. Sie schafft durch die
Abschaffung der bürokratischen Sanktionen Raum und Zeit in den Jobcentern für wirkliche
Arbeitsvermittlung und Begleitung. Dafür wollen wir die Regelsätze schrittweise anheben,
sodass sie das soziokulturelle Existenzminimum verlässlich sicherstellen. Die Leistungen der
Garantiesicherung wollen wir schrittweise individualisieren. Die Anrechnung von Einkommen
werden wir attraktiver gestalten, sodass zusätzliche Erwerbstätigkeit auch in Teilzeit zu
einem spürbar höheren Einkommen führt. Vermögen werden künftig unbürokratischer und mit
Hilfe einer Selbstauskunft geprüft.
Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit
Behinderungen
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht darauf, gleichberechtigt wohnen, lernen und
arbeiten zu können und die Unterstützung zu wählen, die sie dafür brauchen. Leistungen zur
Teilhabe müssen in jeder Phase allgemeiner, beruflicher und hochschulischer Bildung gewährt
werden. Wir wollen einen inklusiven Arbeitsmarkt schaffen und dafür Arbeitgeber*innen, die
Menschen mit Behinderungen beschäftigen, besser unterstützen, den Wechsel von Werkstätten in
den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern und Menschen, die das Budget für Arbeit nutzen, in der
Arbeitslosenversicherung absichern. Ziel ist, das Bundesteilhabegesetz weiterzuentwickeln
und Teilhabe zu garantieren – kein Poolen von Leistungen gegen den Willen der Betroffenen,
echtes Wunsch- und Wahlrecht, Leistungen zur Teilhabe unabhängig von Einkommen und Vermögen
der Leistungsberechtigten. Anträge auf Teilhabeleistungen sollen einfach sein und
Entscheidungen im Sinne der behinderten Menschen schnell erfolgen.
Gemeinsame soziale Mindeststandards in der EU
Wir treten ein für eine Europäische Union, die soziale Absicherung und Mindeststandards
europaweit garantiert. Soziale Rechte müssen den gleichen Stellenwert erhalten wie die
wirtschaftlichen Freiheiten des Binnenmarkts. Dafür sind gemeinsame europäische Arbeits- und
Sozialstandards essenziell. Wir machen uns für eine europäische Grundsicherungsrichtlinie
stark, die soziale Mindeststandards für jedes Land festlegt, angepasst an die jeweilige
ökonomische Situation. Länderspezifische Mindestlöhne sollen überall in Europa dafür sorgen,
dass Menschen von ihrer Arbeit leben können. Wir wollen die Europäischen Betriebsräte
stärken und die paritätische Mitbestimmung in den Kontroll- und Leitungsorganen europäischer
Unternehmen ausbauen, die mehr als 1.000 Beschäftigte haben. Unser langfristiges Ziel ist,
dass die in der Europäischen Grundrechtecharta verankerten sozialen Rechte als Grundrechte
gegenüber den Mitgliedstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar sind.
Eine verlässliche Alterssicherung für alle
Die langfristige Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent hat für uns hohe Priorität. Bei
einem weiteren Absinken wären immer mehr Menschen auf Grundrente angewiesen und die
Akzeptanz der gesetzlichen Rente wäre gefährdet. Um das Rentenniveau zu sichern, wollen wir
die Frauenerwerbstätigkeit unter anderem durch ein Rückkehrrecht in Vollzeit erhöhen, ein
echtes Einwanderungsgesetz schaffen und die Beschäftigungssituation älterer
Arbeitnehmer*innen verbessern. Um die Belastungen der Versicherten und der Arbeitgeber*innen
zu begrenzen, sollen bei Bedarf die Steuerzuschüsse erhöht werden. Prekäre Beschäftigung
muss überwunden werden, denn nur gute Löhne führen auch zu einer guten Rente. In einem
ersten Schritt zu einer Bürgerversicherung sorgen wir dafür, dass anderweitig nicht
abgesicherte Selbständige, denen sonst Altersarmut droht, und Abgeordnete in die gesetzliche
Rentenversicherung aufgenommen werden. Um Altersarmut zu verhindern, werden wir die
Grundrente reparieren und zu einer echten Garantierente weiterentwickeln. Grundsätzlich
halten wir an der Rente mit 67 fest. Wir wollen es Menschen aber leichter machen, selbst
darüber zu entscheiden, wann sie in Rente gehen wollen.
Ein Bürgerfonds für die Rente
Eine kapitalgedeckte Altersvorsorge kann das Umlagesystem sinnvoll ergänzen. Die Riester-
Rente hat sich aber als ein völliger Fehlschlag herausgestellt. Die Produkte sind teuer und
undurchschaubar und haben zum Teil eine geringere Rendite als Omas Sparstrumpf. Profitabel
sind sie oft nur für die Versicherungswirtschaft oder dank der öffentlichen Förderung.
Deswegen haben bei weitem nicht alle davon Gebrauch gemacht. Wir wollen die Riester-Rente
durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds ersetzen und in diesen überführen. Durch den
Bürgerfonds profitieren die Menschen am Wertezuwachs der Wirtschaft. Der Fonds kann
langfristig orientiertes Eigenkapital für die Wirtschaft bereitstellen. In den Bürgerfonds
zahlen alle ein, die nicht aktiv widersprechen. So wird ein Volumen geschaffen, das die
Verwaltungskosten gering hält, die Risiken breit streut und auf teure Garantien verzichten
kann. Der Bürgerfonds wird politisch unabhängig verwaltet und investiert nachhaltig. Er
investiert langfristig und hilft so, die Kurzfristorientierung der Märkte zu überwinden. Für
Kleinsparer*innen gewährleistet er eine attraktive Rendite bei überschaubarem Risiko. Alle
Arbeitgeber*innen sollen künftig eine betriebliche Altersvorsorge anbieten und können den
Bürgerfonds als Standard dafür nutzen.
Wir geben Gesundheit und Pflege einen neuen Wert
Vorsorge als Leitprinzip
Wir wollen den Zugang zu guter Gesundheitsversorgung sicherstellen – aber gute
Gesundheitspolitik setzt schon vorher an. Wer in der Fleischindustrie unter prekären
Bedingungen arbeitet, in einer schimmeligen Wohnung oder an der vielbefahrenen Straße wohnt
oder mit Hartz IV in Armut lebt, kann seine Gesundheit nur schwer schützen, hat eine höhere
Wahrscheinlichkeit zu erkranken und oft einen schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Für eine gesunde Gesellschaft braucht es eine Politik, die vorsorgt, die die Ursachen von
Krankheiten bekämpft und vorausschauend handelt. Statt nur auf die nächste Krise zu
reagieren, sollen in Zukunft durch gemeinsame Gesundheitsziele und eine Ausweitung der
Gesundheitsberichterstattung Krankheitsursachen und der Stand der gesundheitlichen
Versorgung in den Blick genommen werden. Prävention, Gesundheitsförderung und
gesundheitliche Versorgung wollen wir grundsätzlich als Querschnittsaufgabe in allen
Politikbereichen verfolgen. Um uns gegen klimawandelbedingte Hitzewellen zu wappnen, werden
wir einen Sonderfonds zur Umsetzung von Hitzeaktionsplänen etablieren.
Für Pandemien gewappnet sein
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass unser Gesundheitssystem für künftige Pandemien besser
gewappnet sein muss. Spätestens jetzt ist der Moment, die Krankenhaus- und Notfallversorgung
zu reformieren und die Digitalisierung, insbesondere in den Gesundheitsämtern, beherzt
voranzutreiben. Um Pandemien zukünftig effektiv und nachvollziehbar zu bekämpfen, sollen
Stufen zur Eindämmung von Pandemien im Infektionsschutzgesetz definiert, Pandemieschutzpläne
aktualisiert und soll ein unabhängiger und interdisziplinärer Pandemierat eingerichtet
werden. Wir investieren in Gesundheitsforschung, zum Beispiel bei Medikamenten oder der
Entwicklung neuer Testverfahren. Auch die Produktion von Medikamenten und Medizinprodukten
soll – in europäischer Kooperation – vorangetrieben werden, die Versorgung, zum Beispiel mit
Atemschutzmasken, durch eigene Produktionsstandorte sichergestellt werden. Auf europäischer
Ebene braucht es mehr gemeinsame Strategie und Koordinierung, etwa durch die gemeinsame
Planung und Nutzung medizinischer Notfallkapazitäten oder durch ein europäisches
Frühwarnsystem. Daher setzen wir uns für den zügigen Aufbau von HERA ein, einer europäischen
Behörde, die künftig staatliche und privatwirtschaftliche Aktivitäten besser koordinieren
soll. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten wollen wir
stärken und uns für eine engere Kooperation mit nationalen Gesundheitsbehörden einsetzen.
Gesundheitsämter stärken
Nicht erst in der Corona-Pandemie wird sichtbar, dass wir als Gesellschaft größere
Anstrengungen unternehmen müssen, um die öffentliche Gesundheit zu stärken und Menschen ein
gutes Leben zu ermöglichen. Ob der Besuch bei der mobilen Zahnärzt*in in der Schule oder die
Impfaktion im Pflegeheim – für Gesundheitsförderung, die Menschen unkompliziert erreicht,
braucht es eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Unser Ziel ist es, im
Zusammenspiel zwischen den Gesundheitsämtern, universitären Strukturen der öffentlichen
Gesundheitsfürsorge und einem neu zu schaffenden Bundesinstitut für Gesundheit gemeinsam
eine starke Säule der öffentlichen Gesundheitsfürsorge aufzubauen. Das Institut soll
gemeinsame Gesundheitsziele und Qualitätsvorgaben für die Verbesserung der Versorgung
entwickeln und bestehende Strukturen des Bundes zur Förderung der Gesundheit bündeln. Bisher
sind die Gesundheitsämter chronisch unterfinanziert und unterbesetzt, die personelle und
technische Ausstattung muss dauerhaft verbessert werden. Wir wollen deshalb, dass Bund und
Länder gemeinsam dafür sorgen, dass künftig 1 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben in
den Öffentlichen Gesundheitsdienst fließt. Amtsärzt*innen müssen besser bezahlt werden. Auch
pflegerische Fachkompetenz soll stärker eingebunden werden – als sogenannte Community Health
Nurses oder in der Schulgesundheitspflege.
Gute gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land
Gesundheit ist Daseinsvorsorge. Wir wollen, dass Menschen im ganzen Land gut und verlässlich
versorgt werden. Wenn mancherorts der Weg zur Hebamme kaum zu bewältigen ist, die
Kinderstationen Patient*innen abweisen müssen oder Hausarztpraxen auf dem Land wegen
fehlendem/-r Nachfolger*in schließen müssen, gefährdet das die gesundheitliche Versorgung.
Um die Versorgung in Stadt und Land zu stärken, wollen wir, dass ambulante und stationäre
Angebote in Zukunft übergreifend geplant werden und Gesundheitsregionen mit enger Anbindung
an die Kommunen gefördert werden. Perspektivisch soll es eine gemeinsame
Abrechnungssystematik für ambulante und stationäre Leistungen geben. Gleichzeitig wollen wir
die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen stärken. Denn die
Versorgung muss von den Patient*innen aus gedacht werden. Dafür wollen wir insbesondere die
Einrichtung von kommunalen Gesundheitszentren unterstützen, in denen alle Gesundheitsberufe
auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Die Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen werden wir so
reformieren, dass Gesundheits- und Pflegeberufe mehr Tätigkeiten eigenverantwortlich
übernehmen können. Die Arbeitsbedingungen in und die Vergütung von Therapieberufen müssen
dringend ihrer wichtigen Rolle im Gesundheitswesen angepasst, das Schulgeld für diese
Ausbildungen muss abgeschafft werden.
Krankenhäuser nach gesellschaftlichem Auftrag finanzieren
In Krankenhäusern sollen alle die Versorgung erhalten, die sie benötigen. Doch falsche
politische Weichenstellungen und der daraus folgende ökonomische Druck haben zu Fehlanreizen
zu Lasten des Patient*innenwohls und zu Kosteneinsparungen zu Lasten des Personals geführt.
Kliniken sollen deshalb in Zukunft nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem
gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden. Dafür braucht es ein neues
Finanzierungssystem. Wir werden eine Säule der Strukturfinanzierung einführen und den
verbleibenden fallzahlabhängigen Vergütungsteil reformieren. Vielfach herrscht Stillstand
bei den Investitionen in die Krankenhäuser. Das wollen wir ändern, indem Bund und Länder die
Investitionskosten in Zukunft gemeinsam tragen. Der Bund soll dafür die Möglichkeit haben,
gemeinsame bundesweite Grundsätze in der Krankenhausplanung zu definieren. Welche Angebote
es vor Ort gibt, darf nicht davon abhängen, was sich rentiert, sondern soll sich danach
richten, was nötig ist. Die beste Qualität kann zumeist durch Spezialisierung sichergestellt
werden. Krankenhäuser, die durch fehlende Auslastung die nötige Qualität in einigen
Bereichen nicht gewährleisten können, sollen nicht einfach aufgegeben, sondern zu
leistungsfähigen lokalen Notfall-, Gesundheits- und Pflegezentren weiterentwickelt werden.
Notfallversorgung reformieren
Wie gut ein Gesundheitssystem funktioniert, zeig sich oft erst im Notfall – und dann wird es
häufig ernst. Damit die Notfallversorgung in Deutschland besser funktioniert, muss sich
einiges ändern. Das fängt beim Rettungsdienst an, der Menschen in Not heute umfassend
medizinisch behandeln kann und deshalb wie die übrige Gesundheitsversorgung im Gesetz
geregelt werden muss. Die Notrufleitstellen der Nummern 112 und 116117 müssen
organisatorisch zusammengeführt werden, damit es im Zweifelsfall keine Rolle spielt, wo
Menschen anrufen, sondern sie immer die passende Hilfe bekommen. Auch wollen wir, dass
Notaufnahmen gerade nachts und am Wochenende beispielsweise durch kompetente Hausärztinnen
und Hausärzte so unterstützt werden, dass auch weniger ernste Fälle gut versorgt werden
können. Durch einheitliche Stufen und Vorgaben zur Notfallversorgung wollen wir
sicherstellen, dass Menschen in Not, in der Stadt und auf dem Land, stets die erwartbare
Hilfe auch verlässlich vorfinden.
Psychotherapieplätze schaffen
Starke Prävention und angemessene Versorgung – für beides wollen wir die Weichen stellen,
denn psychische Gesundheit ist Fundament für Lebensqualität und soziale Teilhabe. Es ist
nicht zumutbar, dass viele Menschen in einer psychischen Krise monatelang auf therapeutische
Hilfe warten müssen. Wer eine psychische Erkrankung hat, braucht schnelle und leicht
zugängliche Hilfen, damit das Leid sich nicht verschlimmert. Wir wollen deshalb ambulante
Psychotherapieplätze durch mehr Kassenzulassungen von Psychotherapeut*innen schaffen. Es
braucht eine gemeindenahe und personenzentrierte Versorgung und eine verbesserte
sektorübergreifende Zusammenarbeit. Dabei müssen auch die Besonderheiten der Versorgung von
Kindern und Jugendlichen sowie von Frauen, die von Gewalt betroffen sind, berücksichtigt
werden. Hilfsangebote zwischen ambulanter und stationärer Behandlung müssen flexibler werden
und die verschiedenen Berufsgruppen im Team eine miteinander abgestimmte Behandlung
übernehmen können. Bei der unzureichenden Reform der Psychotherapie-Ausbildung muss
nachgebessert werden, sodass angehende Psychotherapeut*innen endlich unter guten Bedingungen
ausgebildet werden.
Geburtshilfe verbessern, Gesundheit von Frauen stärken
Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sind Verbesserungen bei der Geburtshilfe und
eine Unterstützung freiberuflicher Hebammen durch eine Reform der Haftpflicht für
Gesundheitsberufe nötig. Wir wollen das Gesundheitssystem geschlechtergerecht machen.
Geschlechtsspezifische Aspekte in Forschung und Ausbildung und in der medizinischen Praxis
werden nicht ausreichend berücksichtigt, etwa bei der Medikamentenforschung. Das gefährdet
die Gesundheit von Frauen wie auch von Trans*- und Inter*-Menschen. Die Forschung zu
geschlechtsspezifischer Medizin und Pflege sowie Frauengesundheit muss gestärkt und in der
medizinischen und pflegerischen Praxis umgesetzt werden. Mit Hilfe einer Frauenquote für
Führungspositionen im Gesundheitswesen und besseren Arbeitsbedingungen holen wir mehr Frauen
in die Führungsgremien unseres Gesundheitswesens.
Zugang zum Gesundheitssystem sichern, Diskriminierung beenden
Auch im Gesundheitswesen wollen wir Diskriminierung bekämpfen. Beispielsweise erhalten
Menschen mit Behinderungen häufig nicht alle dringend benötigten Gesundheitsleistungen,
Hilfsmittel oder häusliche Pflege und werden so in ihrer Teilhabe beschränkt. Deshalb wollen
wir mit einem ressortübergreifenden Inklusionsplan diese Hürden umfassend abbauen, die
Gesundheitsleistungen auf die jeweiligen Bedarfe gezielt ausrichten und bürokratische
Vorgänge so weit wie möglich reduzieren. Das umfasst auch verpflichtende Vorgaben zur
Barrierefreiheit bei der Bedarfsplanung und eine Reform der Heilmittelversorgung. Auch für
LSBTIQ* muss diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung gesichert sein. Dafür werden wir
den Anspruch auf medizinische Maßnahmen für trans- und intergeschlechtliche Menschen
gesetzlich verankern. Die bestehenden Lücken beim Verbot sogenannter „Konversionstherapien“
werden wir schließen. Die Blutspende gestalten wir diskriminierungsfrei. Menschen, die ohne
Papiere in Deutschland leben, müssen ebenfalls Zugang zu guter gesundheitlicher Versorgung
haben, etwa durch einen anonymen Krankenschein, die Abschaffung der Mitteilungs- und
Unterrichtungspflichten an öffentlichen Stellen oder die Stärkung von Beratungsnetzwerken
für Menschen ohne Papiere.
Auf dem Weg zur Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege
Gesetzlich Versicherte warten länger auf Termine bei Fachärzt*innen, und viele privat
Versicherte können sich die hohen Prämien nicht mehr leisten. Von dieser Zwei-Klassen-
Medizin profitieren wenige, zum Nachteil vieler. Unser Ziel ist eine solidarisch finanzierte
Bürgerversicherung, in der jede*r unabhängig vom Einkommen die Versorgung bekommt, die er
oder sie braucht. Die Bürgerversicherung bezieht alle in die Finanzierung eines
leistungsstarken Versicherungssystems ein. Auch Beamte, Selbständige, Unternehmer*innen und
Abgeordnete beteiligen sich mit einkommensabhängigen Beiträgen. Neben Löhnen und Gehältern
sollen Beiträge auf Kapitaleinkommen erhoben werden. Als ersten Schritt verbessern wir die
Versorgung gesetzlich Versicherter – zum Beispiel bei der Erstattung von Brillen. Außerdem
wollen wir die Benachteiligung gesetzlich versicherter Beamt*innen durch einen
beihilfefähigen Tarif beenden und privat Versicherte, die sich nur den Basistarif leisten
können, besser absichern.
Digitalisierung verbessert Gesundheitsversorgung
Wir wollen die Chancen der Digitalisierung – ob Robotik zur Unterstützung in der Pflege,
Telemedizin oder die elektronische Patientenakte – nutzen, um das Gesundheitssystem
zukunftsfähig zu machen. Per App sollen Patient*innen sicher auf den digitalen Impfpass,
Gesundheitsinformationen wie die eigene Blutgruppe, die Krankheitsgeschichte oder die
neuesten Blutwerte zugreifen können. Damit sie den Patient*innen wirklich nützt, muss die
digitale Patientenakte weiterentwickelt werden. Dabei sind unter anderem
Patient*innenorganisationen stärker einzubinden. Gesundheitsdaten sollen anonymisiert der
Forschung zur Verfügung gestellt werden, um die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu
verbessern. Eine Weitergabe der Daten erfolgt dabei nicht gegen den Willen der
Patient*innen. Ihre eigenen Gesundheitsdaten müssen für Patient*innen möglichst barrierefrei
und sicher zugänglich sein. Die ärztliche Schweigepflicht und das Patient*innengeheimnis
müssen auch für digitalisierte Gesundheitsdaten jederzeit gewahrt bleiben. Um
administrativen Aufwand für medizinisches und pflegerisches Personal zu verringern und
Innovationen anzureizen, sollen Hersteller von Medizinprodukten und Software offene
Schnittstellen anbieten.
Ambulante Pflege stärken
Wer pflegebedürftig wird, hat die bestmögliche Pflege und Unterstützung für ein
selbstbestimmtes und würdevolles Leben verdient. Gerade in einer alternden Gesellschaft
braucht es dafür überall vielfältige, auf den Bedarf vor Ort angepasste pflegerische
Angebote. Statt weiterer Großeinrichtungen sind mehr ambulante Wohn- und Pflegeformen nötig
– eingebettet in ein Umfeld, das ältere Menschen dabei unterstützt, aktiv am
gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. So wird die Pflege auch für Angehörige einfacher.
Dafür wollen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für Quartierspflege schaffen und den
Kommunen ermöglichen, eine verbindliche Pflegebedarfsplanung vorzunehmen, um das Angebot an
Pflege vor Ort zu gestalten. Ein Bundesprogramm soll eine Anschubfinanzierung für Kommunen
bereitstellen, die sich hier auf den Weg machen. Jemanden zu pflegen verdient unsere
Anerkennung und die Unterstützung der Gesellschaft. Deshalb wollen wir Menschen, die
Verantwortung für Angehörige, Nachbar*innen oder Freund*innen übernehmen, mit der PflegeZeit
Plus besonders unterstützen. Wir ermöglichen damit allen Erwerbstätigen eine bis zu
dreimonatige Freistellung sowie eine Lohnersatzleistung, die befristet auch anschließende
Arbeitszeitreduzierungen finanziell abfedert.
Eine doppelte Pflegegarantie
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen immer mehr eigenes Geld für ihre Versorgung
aufbringen. Wir wollen, dass Pflegebedürftige die für sie notwendigen Pflegeleistungen
erhalten, ohne von Armut bedroht zu sein. Mit einer doppelten Pflegegarantie wollen wir die
Eigenanteile schnell senken und dauerhaft deckeln. So garantieren wir, dass die selbst
aufzubringenden Kosten verlässlich planbar werden. Die Pflegeversicherung soll alle über
diesen Betrag hinausgehenden Kosten für eine bedarfsgerechte Pflege tragen. Mit einer
solidarischen Pflege-Bürgerversicherung wollen wir dafür sorgen, dass sich alle mit
einkommensabhängigen Beiträgen an der Finanzierung des Pflegerisikos beteiligen.
Pflege aus dem Notstand führen, Arbeitsbedingungen im
Gesundheitswesen verbessern
Pflegekräfte leisten einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Menschen, die im
Alter oder bei Krankheit Unterstützung brauchen, wünschen sich zu Recht Pflegekräfte, die
sich mit Sorgfalt um sie kümmern können. Dafür brauchen Pflegekräfte Zeit für die
Patient*innen und gute Arbeitsbedingungen. Das geht nur mit mehr Kolleg*innen. Wir wollen
durch verbindliche Personalbemessung – auch in der Langzeitpflege –, die bessere
Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mehr eigenverantwortliche Arbeit von Fachkräften und
die Einführung der 35-Stunden-Woche in der Pflege Arbeitsbedingungen schaffen, unter denen
viele Menschen – ganz neu, weiter oder wieder – gerne in der Pflege arbeiten. Die Ausnahmen
im Arbeitszeitgesetz für den Gesundheitsbereich wollen wir beschränken, um Überlastung zu
verhindern und den Personalverlust in Krankenhäusern einzudämmen. Doch Wertschätzung braucht
auch Löhne, die sie bezeugen – am besten über gute Tarifverträge. Wir wollen die gesetzliche
Pflegeversicherung verpflichten, nur noch mit Anbietern zusammenzuarbeiten, die nach Tarif
bezahlen. Die Selbstorganisation und die Einflussmöglichkeiten der professionellen Pflege
wollen wir durch den Aufbau einer Bundespflegekammer unterstützen.
Ein Cannabiskontrollgesetz
Wir stellen Gesundheits- und Jugendschutz in den Mittelpunkt der Drogenpolitik. Doch auf dem
Schwarzmarkt gilt kein Jugendschutz, stattdessen schafft er zusätzliche gesundheitliche
Gefahren. Das Verbot von Cannabis richtet mehr Schaden an, als dass es nützt. Wir setzen auf
wirksame Prävention, auf Entkriminalisierung und Selbstbestimmung. Deshalb werden wir mit
einem Cannabiskontrollgesetz das bestehende Cannabisverbot aufheben und einen kontrollierten
und legalen Verkauf von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften ermöglichen. Darüber hinaus
wollen wir niedrigschwelliges Drugchecking für psychoaktive Substanzen und andere Maßnahmen
zur Schadensminimierung wie die Ausgabe sauberer Spritzen bundesweit ermöglichen, damit
Konsument*innen nicht durch gefährliche Inhaltsstoffe oder schmutzige Spritzen zusätzlich
gefährdet werden. Das heutige Betäubungsmittelrecht evaluieren wir auf seine Wirkungen hin.
Wir schaffen bezahlbaren Wohnraum
Ein Recht auf Wohnen ins Grundgesetz
Alle Menschen brauchen angemessenen Wohnraum. Wohnen ist ein Recht. Aber es wird immer
schwieriger, überhaupt Wohnungen zu finden. Und die Mieten und Immobilienpreise steigen
vielerorts immer noch weiter. Großstädte teilen sich immer stärker in Einkommensstadtteile
auf, Innenstädten geht das Leben verloren. Deshalb gilt es zu handeln, damit gerade auch
Familien und Alleinerziehende, Studierende, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen oder
Geringverdiener*innen nicht in Bedrängnis geraten, sondern weiter gut und sicher wohnen
können. Wir wollen das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz aufnehmen. Knapp 700.000 Menschen
sind derzeit wohnungslos in Deutschland, mehr und mehr Familien. Um diesen Zustand zu
beenden, wollen wir ein Nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von
Wohnungs- und Obdachlosigkeit auflegen.
Krisenbedingte Wohnungsverluste verhindern
Wir wollen Mieter*innen entlasten und vor einem krisenbedingten Verlust der eigenen Wohnung
bewahren. Die Möglichkeit, die Miete nachzuzahlen, soll Zwangsräumungen verhindern. Bei
krisenbedingten Einkommensausfällen soll ein Programm der KfW Bank („Sicher-Wohnen-Fonds“)
eine finanzielle Unterstützung von Mieter*innen sicherstellen. Vermieter*innen, die auf
diese Mietzahlungen angewiesen sind, sollten dann eine staatliche Unterstützung erhalten.
Neue Gemeinnützigkeit für sozialen Wohnraum
Wir wollen neuen Wohnraum schaffen – und zwar vor allem familiengerecht, öffentlich und
gemeinwohlorientiert. Stattdessen gehen immer noch viele weitere Sozialwohnungen verloren –
rund 100 jeden Tag. Unser Vorbild ist die Stadt Wien, die mit ihrem großen Anteil an
gemeinnützigem und für breite Schichten bezahlbarem Wohnraum eine ausgewogene Mischung
sicherstellt. Wir werden deshalb die Mittel für den sozialen Wohnungsbau deutlich erhöhen
und verstetigen, statt sie zu kürzen. Wir werden die Kommunen unterstützen, ihre bestehenden
Wohnungsgesellschaften zu stärken und neue zu gründen. Dazu wollen wir mit einem
Bundesprogramm „Neue Wohngemeinnützigkeit“ für eine Million zusätzliche, günstige
Mietwohnungen in den Ballungsräumen sorgen, sicher und auf Dauer. Die noch vorhandenen
bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investor*innen veräußert, sondern
ausschließlich verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben werden.
So wollen wir in den nächsten zehn Jahren den Bestand an Sozialwohnungen um eine Million
erhöhen.
Starke Mieter*innen, faire Mieten
Viele Menschen geben einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für ihre Wohnung aus,
viele können sich ihre Mieten nicht mehr leisten. Unser Ziel sind deshalb faire und
bezahlbare Mieten und starke Rechte für Mieter*innen. Konkret wollen wir Mietobergrenzen im
Bestand mit einem Bundesgesetz ermöglichen und die Mietpreisbremse entfristen und
nachschärfen. Reguläre Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des
Mietspiegels begrenzt werden. Dazu wollen wir qualifizierte Mietspiegel stärken, verbreiten
und rechtssicher ausgestalten. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der letzten 20 Jahre
herangezogen werden. Wir streben an, die Modernisierungsumlage weiter abzusenken und auf
maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen, damit energetische Sanierungen
perspektivisch warmmietenneutral möglich sind. Außerdem wollen wir es Mieter*innen
erleichtern, ihre Wohnungen samt den bestehenden Verträgen zu tauschen. Das
Umwandlungsverbot im Baugesetzbuch und den Milieuschutz auszuweiten sind weitere
Instrumente. Dazu stärken wir das kommunale Vorkaufsrecht, und Mietwucher muss – nach § 5
Wirtschaftsstrafgesetz – auch tatsächlich geahndet werden.
Spekulation mit Bauland und Geldwäsche am Wohnungsmarkt beenden
Wohnen ist ein soziales Grundrecht und der Wohnungsmarkt kein Ort für Spekulant*innen. Zu
häufig werden Immobilien zur Geldwäsche genutzt, das gilt es zu beenden. Ein entscheidender
Hebel ist Transparenz. Deshalb planen wir, ein Immobilienregister der Eigentümer*innen
einzuführen, die Grundbücher bei begründetem Interesse kostenfrei zugänglich zu machen und
Bargeld beim Immobilienverkauf zu verbieten. Außerdem wollen wir den Missbrauch von
sogenannten „Share Deals“ zur Steuerumgehung beenden und setzen auf eine anteilige
Besteuerung des Immobilienbesitzes bei Unternehmensverkäufen. Die Spekulation mit Bauland
soll unterbunden werden. Wenn in Kommunen große Wohnungsnot herrscht, kann sich daraus eine
Pflicht für Eigentümer*innen ergeben, Grundstücke zu bebauen, statt auf höhere Preise zu
spekulieren. Auch gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum werden wir
vorgehen.
Grund und Boden gemeinwohlorientiert
Boden unterscheidet sich von anderen Gütern, weil er prinzipiell nicht vermehrbar ist. Bei
Fehlentwicklungen ergibt sich hieraus eine besondere Verpflichtung, staatlich einzugreifen.
Knappheit von und Spekulation mit Boden führt zu steigenden Preisen und Mieten. Wir wollen
erreichen, dass die öffentliche Hand wieder eine strategische Bodenpolitik betreibt. Der
Bund soll seine eigenen Immobilien nicht länger meistbietend verkaufen, sondern gezielt die
Schaffung von bezahlbarem und nachhaltigem Wohnraum fördern. Dafür wollen wir die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in einen gemeinnützigen Bodenfonds umwandeln. Der Fonds
kauft neue Flächen strategisch zu und überträgt sie an gemeinwohlorientierte Träger. Die
Flächen sollen bevorzugt in Erbpacht vergeben werden, um Sozialwohnungen dauerhaft sichern
zu können. Werden sie veräußert, sollen Kommunen und kommunale Wohnungsgesellschaften ein
Erstzugriffsrecht erhalten. Die Einnahmen des Fonds fließen nicht in den Haushalt, sondern
werden für den Zukauf weiterer Flächen verwendet.
Erwerb von Wohneigentum erleichtern
Wohneigentum ist für viele Menschen ein Lebenstraum, der wegen explodierender
Immobilienpreise in den meisten Regionen des Landes immer schwerer zu erfüllen ist. Wir
wollen den Erwerb von Wohneigentum erleichtern. Deshalb soll das Prinzip „wer den Makler
bestellt, bezahlt“ genauso für Immobilienkäufe eingeführt werden, so wie es für
Maklerprovisionen bei Vermietungen bereits gilt. Wir streben an, die Courtage auf 2 Prozent
zu begrenzen, damit sie nicht auf verstecktem Weg zu noch höheren Kaufpreisen führt. Dazu
wollen wir die Kaufnebenkosten weiter senken, indem wir es den Ländern ermöglichen, den
Steuersatz der Grunderwerbssteuer beispielsweise für große Wohnungsunternehmen zu erhöhen
und für private Käufer*innen zu senken. Wir wollen Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum
über die Länder und Kommunen fördern, auch den Kauf und die Modernisierung leerstehender
Wohnungen und Ausbauten zu günstigem Wohnraum unterstützen wir. Beteiligungen an
Genossenschaften und den gemeinschaftlichen Erwerb durch Mieter*innen wollen wir
unterstützen, zum Beispiel indem wir günstige Kredite oder Bürgschaften gewähren.
Ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen vorantreiben
Wir können die Klimaziele nur mit einer Bauwende hin zu ressourcenschonendem und
nachhaltigem Bauen erreichen. Bei Städtebau und Gebäudeplanung sind Stoff- und
Energieverbrauch bei Herstellung und Betrieb sowie das spätere Recycling durchgängig für
alle Gebäude zu berücksichtigen. Konkret setzen wir auf ein Gebäude-Ressourcen-Gesetz und
eine Holzbaustrategie, damit wir mit mehr nachwachsenden Rohstoffen bauen können. Wir
fördern außerdem die Digitalisierung der Planung am Bau. Um den Flächenverbrauch zu
reduzieren, setzen wir auf behutsame Nachverdichtung und unterstützen die Kommunen dabei mit
Förderprogrammen.
Wir investieren in lebenswerte Dörfer und Städte
Regionale Daseinsvorsorge stärken
Gleichwertige Lebensverhältnisse sind eine Voraussetzung für gutes, selbstbestimmtes Leben
überall im Land. Einschränkungen gibt es vielerorts, häufig unterscheiden sie sich von
Region zu Region: Hier fehlt ein Zentrum im Dorf, dort schließen in der Kleinstadt die
Schwimmbäder, und auf dem Land ist das Internet zu langsam. Unser Ziel ist es, dass
individuelle Entfaltung, demokratische Teilhabe und gesellschaftliches Engagement überall im
Land möglich sind, auch in strukturschwachen Regionen. Hier brauchen wir gute Infrastruktur
und den Zugang zu öffentlichen Gütern in den Kommunen. Deshalb wollen wir gemeinsam mit Bund
und Ländern eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“ im Grundgesetz
einführen. Regionen, die heute mit großen Versorgungsproblemen zu kämpfen haben, sollen
wieder investieren und gestalten können. Ziel ist, anhand von regionalen Indikatoren in
allen Bundesländern Förderregionen auszuwählen und die Zusammenarbeit der Kommunen in diesen
Regionen zu unterstützen. Mit Regionalbudgets geben wir Bürger*innen und Akteur*innen vor
Ort die Möglichkeit, ihre Entwicklungsstrategien und Ziele selbst zu bestimmen. Für zentrale
Versorgungsbereiche wie Gesundheit, Mobilität und Breitband wollen wir nötige
Mindeststandards formulieren. Eine inklusive und solidarische Gesellschaft braucht Orte des
Miteinanders, Orte gegen die Einsamkeit, Orte des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Das kann
ein Marktplatz sein oder ein Familienzentrum, die Stadtteilbibliothek, der Skatepark, der
Kulturbahnhof. Wir wollen eine Bundesstrategie „Orte des Zusammenhalts“ auf den Weg bringen.
Mit der gezielten Ansiedelung von neuen Forschungsinstituten und Bundeseinrichtungen, vor
allem in Ostdeutschland, können wir strukturschwachen Regionen wichtige Impulse geben.
Außerdem unterstützen wir die Idee der Errichtung eines „Zukunftszentrums für Deutsche
Einheit und Europäische Transformation“.
Solide Finanzausstattung für Kommunen
Für eine starke kommunale Selbstverwaltung und eine belastbare öffentliche Daseinsvorsorge
braucht es eine solide Finanzausstattung. Viele Kommunen schaffen es jedoch nicht einmal
mehr, den ihnen übertragenen Pflichtaufgaben wie etwa der Reparatur von Gemeindestraßen oder
der Schulsanierung nachzukommen. Sie waren bereits vor der Corona-Krise finanzschwach oder
verschuldet und ihr Handlungsspielraum verkleinert sich zunehmend. Das spüren die Menschen
vor Ort unmittelbar. Wenn keine Finanzmittel für freiwillige Leistungen wie Sport- oder
Kultureinrichtungen und deren Erhaltung übrig ist, hat das Auswirkungen auf das
gemeinschaftliche Leben in den Kommunen und auf das Vertrauen in den Staat. Wir wollen die
Gemeindefinanzen besser und krisenfester aufstellen. Dazu gehörtWenn Bund und Länder den Kommunen neue Aufgaben zuweisen, müssen sie auch eine Finanzierung bereitstellen. Wir werden auch eine faire Unterstützung
bei den kommunalen Altschulden und bei gemeindlichen Corona-bedingten Steuerausfällenkrisenbedingten Steuerausfällen umsetzen, um auch hoch verschuldeten Kommunen wieder eine Perspektive zu geben. Für ihr Schuldenmanagement sollen die Kommunen auf die Unterstützung des Bundes zurückgreifen können, sofern sie dies wünschen. Wir
wollen mehr kommunale Investitionen ermöglichen, beispielsweise in Klimaschutz, die
Verkehrswende und Kultureinrichtungen. Dafür soll der Zugang zu Fördermitteln einfacher und
unbürokratischer werden und sollen die Hürden für die Teilnahme besonders für finanzschwache
Kommunen gesenkt werden. Wir wollen, dass Bund und Länder den Kommunen mit einer gemeinsamen
Kompetenzagentur für Förderpolitik und Investitionen mit Rat und Tat zur Seite stehen und
die Umsetzung von Projekten ermöglichen.
Innenstädte retten
Innenstädte und Ortskerne, die man gerne besucht, in denen man verweilt und andere Menschen
trifft, tragen enorm zu unserer Lebensqualität bei. Sie bieten kulturellen Austausch und
geben dem Leben in Stadt und Land eine Bühne. Wir wollen Stadtzentren und Ortskerne
lebenswerter und attraktiver machen. Eine kluge Stadtentwicklungspolitik, nachhaltige
Verkehrskonzepte und ein Städtebaunotfallfonds sind die besten Voraussetzungen, dass auch
der Einzelhandel dort eine Zukunft hat. Dafür wollen wir die Städtebauförderung neu
ausrichten: für schönere Städte, mehr Stadtgrün und Wasserflächen, damit man auch in Zeiten
immer heißerer Sommer gut in der Stadt leben kann. Mit zusätzlichen Mitteln für Smart-City-
Projekte unterstützen wir den Aufbau unabhängiger digitaler Plattformen, mit denen der
örtliche Einzelhandel attraktivere Angebote machen kann. Dazu arbeiten wir gegen Verdrängung
und Leerstand an. Eine Million neue gemeinnützige Wohnungen sollen in den nächsten Jahren in
unseren Städten entstehen. Kleineren Gewerben, sozialen und Kulturprojekten, Clubs und
Handwerker*innen wollen wir mit einem Gewerbemietrecht und über das Baurecht eine zentrale
Lage in den Städten ermöglichen. Bundeseigene Immobilien sollen zukünftig nur noch an
gemeinnützige, öffentliche oder am Gemeinwohl orientierte Träger abgegeben werden.
Ländlich leben, digital arbeiten
Das Leben auf dem Land und im Dorf hat viel zu bieten. Gründer*innen, Familien oder
Freischaffende – alle brauchen schnelles Internet für ihr Leben. Eine ausreichend schnelle
Breitband- und Mobilfunkversorgung gehört zur Daseinsvorsorge, deshalb werden wir einen
Rechtsanspruch darauf einführen. Wir schaffen Ankommens- und Bleibeperspektiven für Jung und
Alt. Über die Gemeinschaftsaufgabe für Agrar- und Küstenschutz fördern wir Wohnprojekte für
alle Generationen, Co-Working, die Aktivierung von Leerstand sowie gemeinschaftliche und
genossenschaftliche Wohnformen. Bahnhofsgebäude wollen wir als gemeinwohlorientierte Räume
zu einladenden Mobilitätsknotenpunkten weiterentwickeln und attraktiver machen. Damit
verknüpfen wir die Bahn mit den Ortschaften. Wir unterstützen die Landesprogramme zu
Markttreffs: wenn zum Beispiel Supermärkte ihre Flächen so umbauen, dass sie Café, Bank- und
Postfiliale integrieren. Kommunen sollen Zuschüsse bekommen, wenn sie öffentliche
Einrichtungen, Sporthalle, Bibliothek, Spielplatz, Working-Space oder Kino unter dem Dach
eines Kulturzentrums zusammenfassen.
Schnelles Internet überall
Mit weniger als zwei Millionen aktiven Glasfaser-Anschlüssen steht Deutschland im OECD-
Vergleich sehr schlecht da. Egal ob Stadt oder Land, ob mobiles Arbeiten oder Heimunterricht
– schnelles Internet ist die Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und gleichwertige
Lebensverhältnisse. Mit einem Breitband-Universaldienst wollen wir einen Rechtsanspruch auf
schnelles Internet für alle schaffen, der sich nicht am Minimalstandard, sondern an den
Nutzungsgewohnheiten der Mehrheit orientiert. Wir sorgen dafür, dass Blockaden bei der
Abrufung der Fördergelder für den Netzausbau abgebaut werden und dann auch zügig gebaut
wird. Und wir machen Schluss mit der Bandbreiten-Schummelei: Wenn
Telekommunikationsunternehmen nicht die versprochenen Download-Geschwindigkeiten liefern,
soll es unkomplizierten pauschalierten Schadenersatz und hohe Bußgelder geben. Beim
Mobilfunkausbau gilt es eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, egal in welchem
Netz man surft. Wo die Anbieter keine Kooperationsvereinbarungen schließen, um Funklöcher zu
schließen, muss notfalls lokales Roaming angeordnet werden, natürlich mit entsprechender
Vergütung. Bei zukünftigen Frequenzversteigerungen sollen die Versorgungsauflagen für die
Fläche so angepasst werden, dass sie mit dem steigenden Bedarf Schritt halten – insbesondere
entlang von Bahnstrecken und Straßen.
Selbstbestimmt im Alter, in Stadt und Land
Wir wollen Selbstbestimmung auch im Alter ermöglichen. Wir wollen den Abbau von Barrieren in
Wohnungen und im Wohnumfeld stärker finanziell fördern und somit älteren Menschen
ermöglichen, länger als bisher in ihrem vertrauten Quartier selbstbestimmt wohnen zu
bleiben. Gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht Selbstbestimmung. Das wollen wir mit einem
Programm fördern, bei dem Ansprechstellen und Gemeindezentren über altersgerechtes Wohnen,
Weiterbildungsangebote, Pflege und soziale Sicherung sowie Möglichkeiten, sich im Dorf oder
im Stadtteil zu engagieren, informieren. Zur Selbstbestimmung gehört auch, den eigenen
Bedürfnissen entsprechend mobil zu sein, unabhängig vom eigenen Pkw. Dafür muss das
Nahverkehrsangebot in den Städten ausgebaut und auf dem Land erhalten bzw. intelligent
vernetzt werden. Es braucht flächendeckend barrierefreie Zugänge zu allen öffentlichen
Verkehrsmitteln, und die Wege zu ÖPNV und Nahversorgung sollen mit genügend Möglichkeiten
zum Ausruhen und „Kräftesammeln“ ausgestattet werden.
Antragstext
Von Zeile 147 bis 149 einfügen:
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende Einsparmöglichkeiten umsetzt. Dazu muss der Bund die finanziellen Mittel für Planungen und Investitionen unverzüglich und dauerhaft bis in die kommunale Ebene sichern. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts
konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation einläuten, können wir die Krise
noch stemmen. Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr
soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die Vorboten
der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die Gesundheit der Menschen
– und es sind vor allem die mit den geringsten Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass
der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern,
denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern.
Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir für jetzige
und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser
Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir
lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-
Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere
Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische
Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der
Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen und sorgen so für eine
effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das
Energiesystem auf Sonnen- und Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren
festzuhalten, schaffen wir eine neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt
Ölheizungen werden Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die
Heizquellen der Zukunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger Autos
in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft dienen
besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote
an klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing,
erleichtern zu pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue
Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige völlig neu entstehen, wieder
andere verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja
Zumutung. Die sozial-ökologische Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür
tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen
oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu
tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind.
Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang
gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für
den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische
Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskorrektur, dann
brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer
Politik und verändern entsprechend die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt
an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was
zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden, der Tiere und
der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen, kann es gelingen, die
Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Und damit auch
unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität: Städte mit
weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu
spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr.
Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes
Essen, hergestellt unter Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr
als reine Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben sich
Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg begeben. Sie
brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen befähigen, bei sich die
Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV machen wir fit für dieses Jahrhundert.
Wir sorgen für den Erhalt unserer wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir begründen
einen Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin
in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die Heizung und das Gas im
Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist nichts weniger
als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die
Erneuerbaren. Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür
sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und Strom zu verlässlichen und
wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign ändern wir, sodass
erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher
und die Produktion von Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip
„nutzen statt abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer Strom
produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine
Kreislaufwirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die
ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial-
ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in
Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und
europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen.
Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und
Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten
Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung regenerativer Energie
oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen und datengetriebenen Innovationen
können wir den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei
Zukunftstechnologien führend werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale
Anwendungen und Lösungen, die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger
sind als analoge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst ökologisch
nachhaltige Technologien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-Beschaffungen des Bundes
müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit, Folgebeschaffung, technische Offenheit,
Reparaturfähigkeit und Nachhaltigkeit zwingend in die Bewertungen einfließen und
Zertifizierungen wie der Blaue Engel für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle
Rechen- und Datencenter des Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben
und zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die
beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und neue zu schaffen.
Die ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und
kann zur einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur
Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green
Jobs. Sie entstehen im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie sowie in
neuen Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und
tarifvertraglich organisiert sind sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf
werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf dem Weg hin zu
einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile
grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökologischen
Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu
wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für
Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der Transformation
ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die
Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die
betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken.
Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große
Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren
Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Die
Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel
nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort
bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften
sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo die Region sozial und
wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie Reallabore
und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und
Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des
Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das
Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher
notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles
Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende
Einsparmöglichkeiten umsetzt. Dazu muss der Bund die finanziellen Mittel für Planungen und Investitionen unverzüglich und dauerhaft bis in die kommunale Ebene sichern. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den
Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
– das deutsche Klimaziel 2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir
Europäer*innen deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da derzeit die
Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering
eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals noch nicht
wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und
Förderung sowie Ordnungsrecht ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung
von CO2 erreichen, müsste der Preis 180 Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen
sozialen Unwuchten führen würde. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr
teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam
und sozial gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung endlich
voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von Emissionszertifikaten und
der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich
Strom und Industrie, der dafür sorgt, dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz
kommt. Sollte das auf europäischer Ebene nicht schnell genug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche Verkehr und
Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-
Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter verbessert werden muss. Wir wollen die
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis
so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben
die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an
die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein
Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle
zusätzlichen CO2-Einnahmen an die Menschen zurück, und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So
kann man mit Klimaschutz Geld verdienen und es findet ein sozialer Ausgleich im System
statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem
Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie
Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen
Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf
ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die Vorgaben des
Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem Staat mehr Möglichkeiten
geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung klimaschonendes Verhalten zu belohnen und
die fossilen Energieträger den wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungsprozesse
führen wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den
nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem
Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen nicht vereinbar. Wir
setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. Um nicht erneut den
Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden
der Kohleverstromung einpreisen. Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu
regeln – mit einem lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein
beschleunigter Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven
Ausbaus der erneuerbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immissionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen anheben.
Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach mit Solaranlage
hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird dezentral und vor Ort erzeugt
und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue Solardächer in den kommenden vier Jahren.
Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten,
öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard
perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen. Mit allen
diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen.
Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll neben Autobahnen und
Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen und Brachen und auf Konversions-
oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen,
d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche,
können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden. Landwirtschaftsbetriebe
sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig
zudem ist die Möglichkeit, direkte langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können.
Bei der Planung gilt es die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den
Erlösen müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist ein
jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35 GW bis 2035
erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und Artenschutz zu minimieren,
Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur Genehmigung zu beschleunigen. In einem
ersten Schritt wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die
Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen. Alle
Bundesländer haben hierfür ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen,
etwa über exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie
mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreundliche und naturverträgliche
Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei Vögeln. Wir werden die Planungs- und
Genehmigungsverfahren durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche
Bewertungsmaßstäbe beschleunigen. Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte
Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Wir bauen unsere Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen
Energieunion mit den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und
der Alpen. Je vernetzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende eine gute
Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht
einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Die Planung unserer
Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht daher ein Update und muss
Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die
wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-
ready geplant und gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem Transport mit
einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur wollen wir daran binden, dass
die fossilen Energieträger darüber nur noch in einem begrenzten Zeitrahmen transportiert
werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten
von klimaschädlichen Ressourcen und konterkarieren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geopolitischen Gründen gestoppt werden. Damit
stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt. Deutschland
ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese Führungsrolle wollen wir
weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und einem umfassenden Förderprogramm werden
wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur
für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen mit wind-
und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich Wasserstoff zu importieren.
Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es unabdingbar, die lokale Bevölkerung
einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu
orientieren. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren
Energien hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen
zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion, schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die
Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und
teuer, die direkte Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es
gilt daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo sie
wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der
Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil
von fast 50 Prozent im Strombereich, brauchen wir ein Energiemarktdesign, das Ökostrom in
den Mittelpunkt rückt und zugleich die Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass
erneuerbarer Strom künftig stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem
ersten Schritt werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige
Lieferverträge zwischen Ökostromerzeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrommarkt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass Endkund*innen deren
Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es darum, nicht die Arbeit,
sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu entlohnen. Damit stärken wir
Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn bei fossilen Energien die CO2-Kosten
stärker eingepreist und neue Instrumente etwa für Refinanzierung und Mietermodelle
geschaffen sind, kann in einem dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb werden wir
Bürger*innen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern und die Kommunen
verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen beteiligen. Gerade der ländliche
Raum kann so von den Gewinnen profitieren. Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer
Ausnahmeregelung bei den Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom
fördern und entbürokratisieren, damit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die Stromleitungen
schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo er erzeugt wird, so
schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird. Voraussetzung für einen weiteren
Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
die bestehenden Netze optimal auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige
Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu
bei, dass potenzielle Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor
Gericht geklärt werden. Klar ist auch: Die Erneuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur darstellen,
wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir nach Möglichkeit die
staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland erhöhen und sie in
eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der
Netzentgelte voran, um über einheitliche Netzentgelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und
Land und Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral erfolgen.
Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem
Passivhausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für
denkmalgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss deutlich gesteigert werden. Für den
Bestand muss gelten: Sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan
erstellt. Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird,
sollen Erneuerbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein
Investitionsprogramm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme
wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die Energieeffizienz maßgeblich, von der
Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen
Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird.
Solche verbundenen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen.
Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche
Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie
für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die
Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die
Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben.
Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten
Förderprogrammen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl Atomkraft eine
Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe
hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch
eine restriktivere Exportpolitik stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum
Atomausstieg gehört auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu
finden. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen geologischen
Bedingungen und Rückholbarkeit; die Suche hat auf Basis von wissenschaftlichen Kriterien und
mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU
wollen wir den Einstieg in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-
Vertrag zu reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die erneuerbaren Energien
stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte mit
regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen Räumen in
größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren. Entwidmung von Bahnstrecken
soll es nicht mehr geben. Auch den grenzüberschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines
Europatakts deutlich zu stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz
aufzubauen und die Lücken in regionalen, grenzüberschreitenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstationen aufwerten und die Kombination
von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die Investitionsmittel für die Bahn
werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und
effizienter machen, die Strukturen für mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer
staatlicher Verantwortung am Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verantwortung
für das Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt übernehmen.
Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern den
Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu muss der
öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem Fernverkehr verknüpft
werden. Zusammen mit den Ländern werden wir eine Zukunfts- und Ausbauoffensive starten,
Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von
Regionalbahnen ausweiten und die Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch
die Beschaffung von emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die
Kommunen vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preiswerten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen, wollen wir
Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und attraktiv sein – überall.
Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen von Dorf zu Dorf wie auch touristische
Radwege sollen sich durch hohe Qualität und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere
Vision ist ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik
an den Zielen und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die
Förderprogramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßenverkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr Platz im
Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der digitale
Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die
deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue Mobilitätslösungen machen und die
Chancen der Digitalisierung für eine Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein
einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von
A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und
Tarifverbünden in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so
integrieren, dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern. Deshalb wollen
wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife fördern. Ein Haushalt, der
sein Auto dauerhaft abmeldet, soll zudem für ein Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung
umweltfreundlicher Verkehrsmittel bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen
Rechtsrahmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele
erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter zu Fuß gehen – sei es
zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf diese Weise Städte vom Autoverkehr
entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln, die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern,
entscheidend. Unser Ziel ist die Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im
Straßenverkehr. Wir wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel-
Ausnahme-Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein
Sicherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von Fahrradfahrer*innen
und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende Schwerlasttransporter zu verhindern,
wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler und
klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit das Auto der
Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird, braucht es klare politische
Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum
Beispiel durch eine ansteigende nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für
saubere Luft in Innenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die
Automobilindustrie kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten.
Das sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns für
schärfere europäische CO2-Flottengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier Autos wollen wir
über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere Autos werden billiger,
klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention und gestalten die
Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleunigen den flächendeckenden Ausbau einer
einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive Schnellladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im
ländlichen Raum. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem
möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr gefördert. Sie
reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat
keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten.
Deutschland braucht eine Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle
und an Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen, Radwegen
und auf eine intelligente Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel legt. Auch die
Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die
Wiederkehr der Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden
einen Bundesnetzplan 2050 erarbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße,
Schiene und Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir nutzen, um nicht
planfestgestellte Straßenneubauprojekte, insbesondere Autobahnabschnitte, noch einmal auf
den Prüfstand zu stellen und mit einem Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die
Investitionen werden wir umschichten zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des
Ausbaus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für viele
Familien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an erster Stelle auf
die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem
Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wallbox in der Garage eine zukunftsfähige
Lösung, die wir gerade im ländlichen Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss
Mobilität ohne Auto möglich sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen,
Jugendliche und ältere Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine
Mobilitätsgarantie mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und Radwege
auszubauen. Gerade in strukturschwachen Regionen braucht es eine regelmäßige und
verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-
Demand-Verkehre sowie öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle,
Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die autozentrierte Stadt ist
nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen die Städte bei
der Mobilitätswende gezielt unterstützen, es ihnen erleichtern, sichere Radwege und
attraktive Fußwege anzulegen und verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und
Stadtviertel zu schaffen. Die Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den
Autoverkehr einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen. Die
Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der Pkw-Bestand in
den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines immensen
Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der Pandemie wollen wir kein
Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität
ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn
massiv ausbauen. Die Zahl von Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Fliegen
gleichzeitig zu dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen,
wollen wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad festschreiben.
Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner Flugzeugtechnologie fördern wir.
Umweltschädliche Subventionen im Flugverkehr sind abzubauen und Finanzhilfen für
unwirtschaftliche Regionalflughäfen zu beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch
weniger und bessere Flugzeuge braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist
in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss
auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe,
die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen
mehr Güter mit der Bahn transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und
Schiene ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
angeschlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und stattdessen den
Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den ausufernden Lkw-Verkehr wollen
wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren. Zusammen mit ambitionierten CO2-
Flottengrenzwerten und der Förderung klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar
emissionsfrei. Für mehr Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvorschriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen müssen erheblich
verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den Einsatz von Lastenrädern und
neue Verteilkonzepte wie Cityhubs oder Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken müssen daher
unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu
überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere
Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier
ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den
Einsatz von Glyphosat untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen zur
Bebauung und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern verteidigen und
verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue schaffen. 10 Prozent der
Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen
eingesetzt werden. Mit einem Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens
2 Prozent der Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Natur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrsinfrastruktur sowie
Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den Naturschutz geachtet werden. Das werden
wir bei Bundesinfrastrukturprojekten umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen
dabei unterstützen, nicht mehr benötigte versiegelte Flächen der Natur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein Waldsterben,
das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch den sauren Regen
entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile Waldökosysteme sind
widerstandsfähiger als Monokulturen. Wir wollen gesetzliche Mindeststandards für eine
naturnahe Waldbewirtschaftung festlegen und den Umbau und die Wiederbewaldung nach
ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen
Mehrwert. Die Bewirtschaftung von Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische
Kriterien – im Wald nach FSC, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft
werden. Wir wollen 5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die
Waldbrandgefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bundesweite Präventions-
und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch global weiter
voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der Vereinten Nationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen entsprechend der Biodiversitätsstrategie der
Europäischen Union mindestens 30 Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere geschützt
werden, davon 10 Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an Land. Die
UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen Abkommen als neue
Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik sorgen. Insbesondere im
Meeresbereich verfolgen wir eine gemeinsame internationale Meeresstrategie. Wir werden uns
dafür einsetzen, den Schutz der Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen,
Vollzugsdefizite und Regellücken zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus
zu rücken, damit legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten
und Übernutzung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren – all das
schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern auch das Klima.
Naturnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben,
einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind
auch der beste Schutz gegen Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der
Bundeswasserstraßenverwaltungen stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für
wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir
stärken und die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen wir
gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-Renaturierungsprogramm auf.
Wiedervernässte Moore müssen zu einem Teil Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte
nachhaltig genutzt werden. Daher wollen wir Paludikultur stärken, also die
landwirtschaftliche Nutzung von nassen Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamentenreste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht ins Abwasser.
Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur Flächenbindung der Tierhaltung und
des Pestizideinsatzes verankern. Ein Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe
sollen so zu einer fairen Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung
führen. Durch eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue
Genehmigungs- und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückständen im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern. Setzen wir das EU-
Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von hormonverändernden Stoffen und
Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher
Nutzung gilt es sicherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von
Regenwasser wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch
weitere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu verschlechtern. Um
die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm mit verbindlichen
Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik und Maschinen fördern, die eine Bergung
der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ermöglichen. Um die Fischbestände zu
stabilisieren und Fischer*innen eine nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine
regionale, umwelt- und artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die
Fangmengen und Netzlängen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben oder
einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In Meeresschutzgebieten regulieren wir
die Schleppnetz- und Stellnetzfischerei sowie die touristische Nutzung. Aus den
Erdölförderanlagen in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit
Bohrabfällen und auch durch die Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für
ein Ende der Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen
sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für
ein Ende der Öl- und Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den
Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die
Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischereisubventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die Ausweisung von
großflächigen Meeresschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für wenige
Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets verstauben in
Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Unser Ziel ist Zero
Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die Ressourcenverschwendung gestoppt werden.
Dafür wollen wir das komplizierte Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden
Pfandautomaten passen, den To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf
europäischer Ebene treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus
alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf Handys,
Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir zu einem
Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-Plastikflaschen
vorsieht. Die Kreislaufwirtschaft wird das neue Normal. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen
wir allen ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein
Verbot des Exports von Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und Jugendlichen. Die
Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden Chemikalien eine globale
Gesundheitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien, die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes
oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem
wir das EU-Recht im Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche Stoffe und
werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten wir auf Spielzeug,
Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie Textilien, Möbel oder Elektronik.
Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie
Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte
Kohlenwasserstoffe in Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund
in einer gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken
oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen
Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von
Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische
Modernisierung riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für Luftschadstoffe und die
Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern,
Waldsterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten,
die in schwierigeren Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an
Erderhitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte
wollen wir besser gegen Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und
Trinkbrunnen. Es gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss Vorrang vor
einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer wichtigere
Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt ausweiten und dafür zum Beispiel die
Lichtverschmutzung eindämmen, die sich negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung
miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir
als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem
Verständnis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz
verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme,
aber auch faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir werden
vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie
die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen. Digitale Anwendungen können bei
entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen
aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und
bezahlbar sein. Den Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller umstellen.
Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für
Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte,
patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf
Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür
unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine ökologische
Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Das muss der Ausgangspunkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen,
Verbraucher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit
die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-,
Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen Spielräume für die
bevorstehende Förderperiode bestmöglich zu nutzen. Dazu gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30
Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid- und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen
das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die
konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die
Hälfte der Gelder eine ökologische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger
Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den
Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten:
durch eine systematische Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders
umwelttoxische Wirkstoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den
Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die
Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen.
Die Landwirt*innen werden durch Gelder der Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden
außerdem den Export von Pestiziden beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von
Umwelt- und Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und Beratungsprogramm
für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Es ist
nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der Klima- und
Biodiversitätskrise wollen wir sowohl die Forschung für ökologisches Saatgut stärken als
auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie Produktion muss durch vorsorgeorientierte
Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der
EU setzen wir vollständig in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie
innovative Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Pflanzen
und Tiere sowie deren genetische Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit Hilfe des
Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen. Wir wollen
Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen gegen Bodenspekulation
und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass wir die Flächen der
bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung überführen, die die Flächen vorzugsweise an
kleinere Betriebe statt an große Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung
und ‑verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und
Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr
Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu kaufen, beim
Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir wollen die regionale
Erzeugung und Vermarktung stärken und so dem Betriebssterben der letzten Jahre
entgegentreten. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch
lokale Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von
regionalen Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. Forschung und
Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative Ansätze wie solidarische
Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht
zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von Fehlernährung wollen wir
gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen
unterstützen wir dabei, mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes
Essen scheitert allzu oft an mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen
wir die Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrategien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder
richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation
orientieren. Klimaschutz heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte
produzieren und konsumieren werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver
und zugänglich für alle Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden.
Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir wollen mit einem Rettet-die-
Lebensmittel-Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und -
produzenten verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen.
Lebensmittel aus dem Müll zu retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert
werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit verständlichen
Informationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir für die nötige Transparenz
sorgen. Wir werden daher eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und
andere tierische Produkte einführen. Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir
ausbauen und europaweit für alle Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die
Transparenz über die Herkunft von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der
Lebensmittelhygiene gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form
eines Hygienebarometers für alle erkennbar sein.
Wir ermöglichen Tieren ein besseres Leben
Tierhaltung mit mehr Platz für weniger Tiere
Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis
getrieben: Bäuerinnen und Bauern werden von Dumpingpreisen erdrückt und müssen immer mehr
produzieren, um zu überleben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben
immer kürzer, die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Es braucht einen
Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden als bisher und
diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Damit Tierschutz wirtschaftlich
machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen durch eine Umbauförderung, faire Preise für ihre
Arbeit und verpflichtende Haltungskennzeichnungen auf den Produkten für alle Tierarten
unterstützen. Die Tierhaltung soll an die Fläche – nicht mehr als zwei Großvieheinheiten pro
Hektar – und Obergrenzen pro Stall gebunden werden. Den Umbau in tiergerechte Ställe werden
wir durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte ebenso gezielt fördern wie die
Weidetierhaltung, die ökologisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Qualzucht,
Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und Anbindehaltung wollen wir beenden, den Einsatz
von Antibiotika senken und Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen. Lebendtiertransporte
in Drittstaaten außerhalb der EU gehören ganz verboten.
Tiere schützen und respektieren
Tiere brauchen Schutz, deshalb werden wir die gesetzlichen Regelungen zur Tierhaltung
verbessern. Für alle Tiere, die wir Menschen halten, haben wir eine besondere Verantwortung.
Wir wollen ihnen ein würdevolles, gutes und gesundes Leben frei von Schmerzen, Angst und
Stress ermöglichen. Dafür gilt es gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf einen
effektiveren Vollzug hinzuwirken und wirkungsvollere Sanktionen bei Tierschutzvergehen im
Tierschutzgesetz zu verankern. Wir werden ein Verbandsklagerecht für anerkannte
Tierschutzorganisationen einführen. Die anerkannten Tierschutzorganisationen und ein*e
Bundestierschutzbeauftragte*r sollen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen, die für
den Tierschutz zuständigen Behörden kontrollieren und Rechtsverstöße beanstanden. Die
Haltung von Wildtieren in Zirkussen gehört nicht mehr in unsere Zeit. Den Online-Handel mit
Tieren wollen wir strikt regulieren. Wir streben die weitere konsequente Reduktion von
Tierversuchen in der Wissenschaft an und wollen Tierversuche mit einer klaren
Ausstiegsstrategie und innovativen Forschungsmethoden schnellstmöglich überflüssig machen.
Deswegen muss die zukunftsorientierte Forschung sichergestellt sein, genauso wie auch
tierfreie Modelle für verbesserte Medikamenten- und Sicherheitsprüfungen weiterentwickelt
und gefördert werden müssen.
Wildtierhandel an die Leine legen
Die Covid-19-Pandemie muss eine Lehre sein, die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch
zusammenzudenken. Sie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier zum Menschen übertragenen
Infektionskrankheit. Solche neuartigen Krankheiten werden durch die fortschreitende
Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume
begünstigt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit
ihnen muss strenger reguliert, Importe von Wildfängen, die Trophäenjagd, ihr Handel auf
Online-Portalen und Wildtierbörsen müssen ganz verboten werden. Auch die industrielle
Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat.
Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen
auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Pelztierfarmen nicht mehr erlaubt sind.
weitere Antragsteller*innen
- (Gabriel) Oliver Rohde (KV Oldenburg-Stadt)
- Max Schewe (KV Oldenburg-Stadt)
- Mario Neumeister (KV Oldenburg-Stadt)
- Alaa Alhamwi (KV Oldenburg-Stadt)
- Daniel Jochum (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Vanessa Closius (KV Hamburg-Mitte)
- Udo Engelbart (KV Oldenburg-Stadt)
- Sascha Heußen (KV Köln)
- Erich Minderlein (KV Ortenau)
- Felix Gottwald (KV Dresden)
- Karl Hertkorn (KV Sigmaringen)
- Lorant Bokor (KV Oldenburg-Stadt)
- Michael Wenzel (KV Oldenburg-Stadt)
- Margot Böhm (KV Nordfriesland)
- Jens Schabacher (KV Bremen-Mitte)
- Iris Schilpp (KV Oldenburg-Stadt)
- Bärbel Kraus (KV Wittmund)
- Birgit Schlobohm (KV Oldenburg-Stadt)
- Wiebke Garling-Witt (KV Stormarn)
- Burkhard Köppen (KV Traunstein)
- Eberhard Hoffmann (KV Wittmund)
- Jutta Schober-Stockmann (KV Oldenburg-Stadt)
- Wolfgang Sprick (KV Rheingau-Taunus)
Fehler:Du musst dich einloggen, um Änderungsanträge stellen zu können.
Von Zeile 761 bis 764 (PB.S-01: Kapitel 3: Solidarität sichern):
gemeinschaftliche Leben in den Kommunen und auf das Vertrauen in den Staat. Wir wollen die Gemeindefinanzen besser und krisenfester aufstellen. Dazu gehörtWenn Bund und Länder den Kommunen neue Aufgaben zuweisen, müssen sie auch eine Finanzierung bereitstellen. Wir werden auch eine faire Unterstützung bei den kommunalen Altschulden und bei gemeindlichen Corona-bedingten Steuerausfällenkrisenbedingten Steuerausfällen umsetzen, um auch hoch verschuldeten Kommunen wieder eine Perspektive zu geben. Für ihr Schuldenmanagement sollen die Kommunen auf die Unterstützung des Bundes zurückgreifen können, sofern sie dies wünschen. Wir wollen mehr kommunale Investitionen ermöglichen, beispielsweise in Klimaschutz, die
Die Pandemie hat uns gezeigt, was eine Gesellschaft stark macht – dass man sich unterhakt
und einander vertraut. Sie hat uns spüren lassen, wie kostbar Gemeinsamkeit für unser
individuelles Glück ist, wie sehr wir andere Menschen brauchen und wie groß die Gefahr ist,
wenn eine Gesellschaft auseinanderdriftet. Diese alte und doch noch mal neu erlebte
Erfahrung ist Auftrag, Solidarität und Schutz in konkrete, bessere Politik zu übersetzen.
Wir wollen alles dafür tun, die Bedingungen für ein gutes Leben – von Kindesbeinen an – zu
verbessern: materielle Sicherheit, Chancen und Teilhabe zu garantieren und ein
Sicherheitsversprechen zu geben, das umso stärker ist, je mehr Unterstützung gebraucht wird.
Freiheitsrechte bleiben ein Privileg von wenigen, wenn die sozialen Voraussetzungen dafür
nicht für alle gewährleistet werden. Gesellschaften ohne existenzielle Not sind
krisenfester, solidarische und gleichberechtigte Gesellschaften stärker.
Corona hat uns schonungslos die Stärken und Schwächen unseres Sozialstaates vor Augen
geführt: wie wichtig ein robustes Gesundheitssystem für alle ist. Wie zentral eine
Wirtschaftskraft ist, die für gesellschaftlichen Wohlstand und damit einen Sozialstaat
sorgt, der Menschen bei Jobverlust oder Wirtschaftseinbruch vor Obdachlosigkeit bewahrt. Sie
hat aber zugleich bestehende Ungleichheiten verschärft. Wer arm ist, wird schneller krank.
Frauen tragen eine besondere Last in den systemrelevanten Berufen der Pflege, der Erziehung
und im Einzelhandel, sind aber deutlich schlechter bezahlt und in Entscheidungsprozessen
weniger repräsentiert. Selbständige, die ohnehin schon größere Risiken eingehen, stürzen
ohne Verdienst in Existenzangst oder -not. Wer die Kinder allein erzieht, ist durch
Kinderbetreuung, Homeschooling und Homeoffice noch mal mehr gefordert. Die Pandemie hat uns
auf unsere individuellen Lebensumstände zurückgeworfen. Wenn die Wohnung eng ist, der Garten
fehlt, aber die Schwimmhalle dicht ist, ist es dreifach schwer. Einsamkeit wird größer.
Jetzt ist die Zeit, die richtigen Lehren zu ziehen. Der Weg aus der Pandemie muss zu einem
neuen sozialen Sicherheitsversprechen führen. Wir wollen Schritt für Schritt die sozialen
Systeme so verändern, dass sie allen Menschen Sicherheit und Halt geben, auch in Zeiten
persönlicher und gesellschaftlicher Umbrüche, und ihnen Teilhabe ermöglichen. Unsere
Bibliotheken und Bolzplätze, Sport- und Musikvereine, Theater und Jugendzentren – kurz,
unsere öffentlichen und sozialen Orte – sollten zu den schönsten und stärksten Räumen des
Miteinanders werden.
Glück und Chancen dürfen nicht davon abhängen, ob man im Norden oder Süden, Osten oder
Westen, in der Stadt oder auf dem Land lebt, entsprechend sind gleichwertige
Lebensverhältnisse Verfassungsgrundsatz. Wir setzen alles daran, aus diesem oftmals noch
unerfüllten Anspruch Realität zu machen. Wer auf dem Land wohnt, braucht genauso einen
Zugang zu Ärzt*innen, schnellem Internet, öffentlicher Daseinsvorsorge wie Städter*innen.
Und wer in der Stadt lebt, muss auch dort guten und bezahlbaren Wohnraum finden können.
Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit und für viele Menschen, viele Familien bis weit in
die Mittelschicht hinein eine der Existenz.
Unser Gesundheitssystem soll allen eine gleichwertige Gesundheitsversorgung garantieren,
aber es klaffen Lücken: Gesundheitsämter wurden kaputtgespart, in Krankenhäusern und der
Verwaltung fehlt Personal, die, die da sind, arbeiten am Anschlag. Wir wollen die Vorzeichen
ändern und Vorsorge zum Leitprinzip machen: Kliniken sollen ihrem gesellschaftlichen Auftrag
entsprechend finanziert werden, auch auf dem Land braucht es Zugang zu Geburtshilfe und
Notfallhilfen. In der Pflege setzen wir uns ein für bessere Arbeitsbedingungen, mehr
Personal, Sicherheit für Menschen, die Pflege benötigen, und für diejenigen, die Angehörige
oder Freund*innen pflegen.
Digitalisierung, globaler Wettbewerb und der nötige Umbau der Wirtschaft bedeuten für viele
Menschen große Veränderungen, die mit der Angst vor Verlusten einhergehen. Aber Angst lähmt
und macht mürbe. Menschen benötigen auch im Übergang Sicherheit. Es gilt die Risiken
abzusichern und Perspektiven zu geben, etwa durch eine Arbeitsversicherung und durch
Weiterbildung. Starke Tarifpartner, starke Gewerkschaften und demokratische Mitbestimmung
können ebenfalls dazu beitragen, die großen Herausforderungen beim Übergang in eine sozial-
ökologische Marktwirtschaft gemeinsam zu bewältigen. Wir werden zeigen, dass Transformation
und Digitalisierung hin zu einem klimagerechten Wohlstand zukunftsfähige Jobs schaffen, mit
guten Arbeitsbedingungen und gerecht verteilter Arbeit.
Wir fördern Kinder, Jugendliche und Familien
Kinder in den Mittelpunkt
Kinder müssen sich bestmöglich und frei entfalten können. Dabei haben sie ein Recht auf
besonderen Schutz, Förderung und Beteiligung. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern
haben ganz eigene Bedürfnisse, die bei Entscheidungen angehört, mitgedacht und abgewogen
werden müssen. Wir werden deshalb sicherstellen, dass das Wohl von Kindern bei staatlichen
Entscheidungen ein größeres Gewicht bekommt. Deshalb müssen starke Kinderrechte entlang der
Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ins Grundgesetz. Mit einem Nationalen
Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung wollen wir sicherstellen, dass alle Kinder und
Jugendlichen über ihre Rechte informiert sind und unabhängig vom soziokulturellen
Hintergrund, altersgerecht und niedrigschwellig Beteiligung leben können. Die Jugendarbeit
spielt hierbei eine wichtige Rolle, darum wollen wir die Jugendverbände mit einem
Verbandsklagerecht gegenüber Kommunen stärken. Werdende Demokrat*innen brauchen Mitmach- und
Medienkompetenz sowie politische Bildung, die wir als Querschnittsaufgaben in Kitas, Schulen
und Jugendhilfe konzeptionell und finanziell stärken. Beim Aufbau oder der Auswahl von
Angeboten im Sozialraum, bei allen Bau- und Wohnumfeldmaßnahmen, die Kinder und Jugendliche
betreffen, werden wir sie beteiligen, ihr Wohl sichern und dies im Baugesetzbuch
berücksichtigen.
Eine Kindergrundsicherung gegen Kinderarmut
In einem reichen Land wie Deutschland darf kein Kind in Armut aufwachsen – doch vor allem
bei Alleinerziehenden oder Geringverdienenden mit Kindern reicht das Geld oft vorn und
hinten nicht. Jedes Kind verdient unsere Unterstützung. Daher wollen wir Familien stärken
mit einer einfachen und gerechten Kinder- und Familienförderung: der Kindergrundsicherung.
Unser Vorschlag: Kindergeld, Kinderzuschlag, das Sozialgeld für Kinder und die Bedarfe für
Bildung und Teilhabe in eine neue eigenständige Leistung zusammenzufassen. Mit der
Kindergrundsicherung bekommt jedes Kind einen festen Garantie-Betrag, Kinder in Familien mit
geringen oder gar keinem Einkommen bekommen zusätzlich noch einen GarantiePlus-Betrag. Je
niedriger das Familieneinkommen, desto höher der GarantiePlus-Betrag. Nach einmaliger
Beantragung bei Geburt wird die Höhe der Kindergrundsicherung automatisch berechnet und
ausgezahlt. So kommt die Kindergrundsicherung garantiert bei jedem Kind an und Schritt für
Schritt beenden wir Kinderarmut. Sie ist gerecht, denn Kinder, die mehr brauchen, bekommen
auch mehr. Die Kindergrundsicherung verbinden wir mit einer Neuermittlung dessen, was Kinder
zum Leben brauchen.
Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder
Ob Kita, Hortbetreuung, Familienberatung, Hilfen zur Erziehung oder Angebote der
Jugendarbeit – die Kinder- und Jugendhilfe begleitet Familien beim Aufwachsen der Kinder.
Sozialarbeiter*innen und Pädagog*innen leisten dabei unter hohem Zeit- und Arbeitsdruck
Enormes. Durch gesetzliche Vorgaben zur Personalplanung wollen wir für besser ausgestattete
Jugendämter und Entlastung der Fachkräfte sorgen. Leistungsansprüche von Kindern und
Jugendlichen mit körperlichen und geistigen Behinderungen werden bisher in einem eigenen
Sozialgesetzbuch für Menschen mit Behinderungen geregelt. Das grenzt aus. Mit einem
Bundesinklusionsgesetz soll sichergestellt werden, dass alle Angebote der Kinder- und
Jugendhilfe künftig so ausgestaltet sind, dass sie sich auch an Kinder und Jugendliche mit
Behinderungen und ihre Eltern richten. Wir wollen auf dem eingeschlagenen Weg hin zu einem
inklusiven SGB VIII zügiger voranschreiten. Daher werden wir die Länder und Kommunen, die
bereits vor Umsetzung des Bundesinklusionsgesetzes alle Kinder unter dem Dach der
Jugendhilfe vereinen wollen, mit einem Bundesmodellprogramm unterstützen. So können
wertvolle Anregungen für den bundesweiten Umstrukturierungsprozess gewonnen werden.
Teilhabe und Schutz in der digitalen Welt
Kinder und Jugendliche wachsen als Digital Natives auf, sie sollen sicher und selbstbestimmt
mit Tablets, Smartphones und Co. umgehen können. Wir stärken die digitale Bildung als
Gemeinschaftsaufgabe von Eltern, Kitas, Schulen und der Jugendhilfe, mit Fortbildungen für
Fachkräfte und Unterstützungsangeboten für Eltern. Alle sollen digitale Kompetenzen erwerben
können, das geht nur mit entsprechender Hardware: Kinder in Familien im Hartz-IV- oder
Kinderzuschlags-Bezug sollen für die Schule einen Laptop erhalten, wenn sie diesen
benötigen. Kinder und Jugendliche brauchen im Netz besonderen Schutz vor Straftaten wie
Hassrede, Cybergrooming oder sexualisierter Gewalt, dem Mobbing im Netz wollen wir einen
Riegel vorschieben. Dafür setzen wir auf eine Präventionsstrategie, mit verpflichtenden
sicheren Voreinstellungen für Plattformen und leicht auffindbaren Beschwerdemöglichkeiten.
Vor kommerziellem Sammeln ihrer Daten durch private Anbieter werden wir Kinder schützen.
Kinder vor sexualisierter Gewalt schützen
Für viele Kinder und Jugendliche ist sexualisierte Gewalt leidvoller Alltag. Dagegen gehen
wir hart vor – mit starker Prävention, konsequenter Strafverfolgung und einem Maßnahmenpaket
zur Qualitätssicherung und zum Kinderschutz in familiengerichtlichen Verfahren. Das oberste
Ziel ist es, Taten zu verhindern. Dafür braucht es Aufklärung, Qualifizierung und gelebte
Schutzkonzepte überall dort, wo Kinder und Jugendliche sich aufhalten und betreut werden.
Basiswissen über Kinderrechte, insbesondere Beteiligung, Schutz bei Kindeswohlgefährdung und
Missbrauch gehören in die Curricula für Jura, Medizin, Pädagogik und Polizei. Die
Fortbildungspflicht für Familienrichter*innen und die Anforderungen an die Qualifikation von
Verfahrensbeiständen sind klar gesetzlich zu regeln. Die wichtige Arbeit des Unabhängigen
Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs werden wir auf eine gesetzliche
Grundlage stellen und damit dauerhaft absichern. Wir werden bundesweit spezialisierte
Fachberatungsstellen und telefonische sowie Online-Beratungsangebote finanziell absichern.
Mehr Zeit für Familien
Den Kopf frei haben für die Familie, die Kinder, auch wenn sie krank sind, das ist unser
Ziel. Mit der KinderZeit Plus wollen wir das Elterngeld auf 24 Monate ausweiten: pro
Elternteil je acht Monate, weitere acht Monate können flexibel untereinander aufgeteilt
werden. Wird die KinderZeit Plus Teilzeit in Anspruch genommen, verlängert dies entsprechend
den Bezugszeitraum. Sie kann bis zum 14. Geburtstag des Kindes genommen werden, denn auch
bei älteren Kindern kann mehr Aufmerksamkeit nötig sein. Wir unterstützen Eltern dabei,
Familie und Arbeit mit einer neuen Arbeitszeitkultur und einem flexiblen Vollzeitkorridor in
eine ausgewogene Balance zu bringen, Familienarbeit partnerschaftlich zu teilen und
Teilzeitfallen zu vermeiden. Niemand soll sich zwischen Kind und Job entscheiden müssen,
darum soll der Anspruch auf ein Kinderkrankengeld auf 15 Tage im Jahr pro Kind und
Elternteil steigen, Alleinerziehende bekommen 30 Tage. Weil gerade in den ersten beiden
Lebensjahren viele Infekte mitgenommen werden, sollte es in dieser Zeit einen zusätzlichen
erhöhten Anspruch auf Kinderkrankengeld geben. Die Altersgrenze wollen wir auch hier auf 14
Jahre anheben, ein ärztliches Attest wird erst ab dem vierten Erkrankungstag des Kindes
verpflichtend. Für die besondere Zeit direkt nach der Geburt wollen wir neben dem
Mutterschutz auch für den zweiten Elternteil eine 14-tägige Freistellung einrichten.
Alleinerziehenden den Rücken stärken
Alleinerziehende leisten enorm viel und sind dennoch besonders oft von Armut bedroht. Mit
der Kindergrundsicherung helfen wir mehrfach: Mit der Neuermittlung der Mindestbedarfe von
Kindern steigt auch der Mindestunterhalt. Und anders als beim heutigen Kindergeld soll nur
die Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet werden. Nach einer Trennung soll es bei
der Betreuung nicht zusätzlich knirschen, darum werden Mehrkosten für die Ausübung des
Umgangs, egal nach welchem Modell, angemessen berücksichtigt. Für Eltern im
Grundsicherungsbezug wollen wir einen Umgangsmehrbedarf einführen. Ob wichtiger Abendtermin
im Job, ein Beratungsgespräch oder Arztbesuch – Kinder können und sollten nicht immer dabei
sein. Es gilt, familienunterstützende Dienstleistungen zu fördern, zum Beispiel für
ergänzende Kinderbetreuung oder haushaltsnahe Dienstleistungen. Das gilt besonders im
Krankheitsfall, denn Kinder und Haushalt müssen trotzdem versorgt sein.
Absicherung für alle Familienformen
Ob Patchwork-, Stief- oder Regenbogenfamilie – Familien sind vielfältig und diese Vielfalt
muss ein modernes Familienrecht auch abbilden. Soziale Eltern übernehmen innerhalb der
Familie oft Verantwortung und sind wichtige Wegbegleiter. Rechtlich gesehen sind sie aber
auch nach Jahren Außenstehende für ihr Kind: Im Kindergarten, in der Schule oder bei
Ärzt*innen ist es nicht vorgesehen, dass sie Entscheidungen für ihre Kinder treffen. Mit der
Weiterentwicklung des „kleinen Sorgerechts“ hin zu einer elterlichen Mitverantwortung, die
auf Antrag beim Jugendamt auf bis zu zwei weitere Erwachsene übertragen werden kann, geben
wir allen Beteiligten mehr Sicherheit. Zwei-Mütter-Familien sollen nicht mehr durch das
langwierige Stiefkindadoptionsverfahren müssen, darum streben wir an, das Abstammungsrecht
zu reformieren, sodass die Co-Mutter analog zu Vätern in heterosexuellen Ehen automatisch
als zweites rechtliches Elternteil gilt. Bei Kinderwunsch sollen auch nichteheliche
Lebensgemeinschaften und lesbische Paare die Möglichkeit einer Kostenerstattung für die
künstliche Befruchtung erhalten. Verantwortung wird nicht nur da füreinander übernommen, wo
Kinder sind. Mit dem Pakt für das Zusammenleben werden wir eine neue Rechtsform schaffen,
die das Zusammenleben zweier Menschen, die füreinander Verantwortung übernehmen, unabhängig
von der Ehe rechtlich absichert.
Wir sorgen für gute Arbeit und faire Löhne
Mindestlohn anheben
Arbeit muss gerecht bezahlt werden. Und die Menschen brauchen gute Arbeitsbedingungen. Aber
in unserem reichen Land arbeiten noch immer Millionen Menschen im Niedriglohnsektor mit
schlechten Löhnen und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Besonders oft sind davon
Frauen betroffen. Das wollen wir ändern. Den gesetzlichen Mindestlohn werden wir sofort auf
12 Euro anheben. Für weitere Erhöhungen soll die Mindestlohnkommission den Auftrag bekommen,
dass der Mindestlohn wirksam vor Armut schützen und mindestens der Entwicklung der
Tariflöhne entsprechen muss. Leiharbeiter*innen sollen vom ersten Tag an den gleichen Lohn
für gleiche Arbeit bekommen wie Stammbeschäftigte – plus Flexibilitätsprämie. Ohne
sachlichen Grund dürfen Arbeitsverträge nicht mehr befristet werden. Gegen den vielfachen
Missbrauch von Werkverträgen und die Abwälzung unternehmerischer Verantwortung mittels
Subunternehmerketten gehen wir ordnungspolitisch vor. Wir wollen den Arbeitsschutz stärken,
damit er wirksam vor Stress, Burn-out und Entgrenzung der Arbeit schützt. Mobbing und
Diskriminierung am Arbeitsplatz nehmen wir ernst und wollen besser davor schützen.
Vollbeschäftigung schaffen
Wir wollen allen Menschen ermöglichen, am Arbeitsleben teilzuhaben, denn ein guter
Arbeitsplatz ist eine wichtige Quelle für Einkommen, Anerkennung und Selbstverwirklichung.
Dazu müssen wir gute und sichere Jobs schaffen. Wir wollen die Beschäftigung weiter erhöhen
und damit auch verhindern, dass Corona langfristige Spuren am Arbeitsmarkt hinterlässt. Mit
dauerhaft höheren öffentlichen Investitionen, mehr Gründungsgeist und Forschung sowie
Innovation wollen wir ein Umfeld für viele neue Jobs schaffen. Der deutsche Arbeitsmarkt war
dabei in den letzten Jahren gespalten: Fachkräftemangel und deutliche Lohnsteigerungen für
Hochqualifizierte in einigen Branchen, prekäre Beschäftigung, unfreiwillige Teilzeit und
stagnierende Reallöhne in anderen. Dem wollen wir mit einer sozial gerechten Arbeitspolitik
entgegentreten. Damit sorgen wir für gute Löhne und trocknen den Niedriglohnsektor
mittelfristig aus. Langzeitarbeitslose brauchen eine besonders intensive Betreuung durch die
Arbeitsagentur, für Menschen ohne Perspektiven am ersten Arbeitsmarkt schaffen wir einen
dauerhaften sozialen Arbeitsmarkt.
Sozialpartnerschaft stärken, Tarifbindung erhöhen
Die Sozialpartnerschaft, Tarifverträge und Mitbestimmung sind Eckpfeiler der sozialen
Marktwirtschaft. Sie haben unser Land stark gemacht. Da, wo sie gelten, sorgen sie meistens
für anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Wir wollen, dass Tarifverträge und starke
Mitbestimmung wieder für mehr anstatt für immer weniger Beschäftigte und Betriebe gelten.
Bei der öffentlichen Vergabe sollen im Einklang mit europäischem Recht die Unternehmen zum
Zug kommen, die tarifgebunden sind oder mindestens Tariflöhne zahlen. Dafür setzen wir auf
ein Bundestariftreuegesetz. Zudem wollen wir es leichter machen, Tarifverträge für
allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie für alle in einer Branche gelten. Betriebsräte,
die sich für Mitarbeiter*innen einsetzen, brauchen auch selbst mehr Schutz. Gleiches gilt
auch für die Beschäftigten, die erstmals einen Betriebsrat gründen wollen. Die
Mitbestimmungsrechte wollen wir ausbauen und modernisieren, wenn es um die
Personalentwicklung, die Stärkung von Frauen und die Verbesserung der Klimabilanz im
Unternehmen geht. Der Wandel der Arbeitswelt, den Digitalisierung und ökologische
Transformation mit sich bringen, muss gemeinsam mit den Beschäftigten im Betrieb gestaltet
werden.
Selbstbestimmter arbeiten, digitale Chancen nutzen
Wir wollen Beschäftigte dabei unterstützen, ihre Arbeit besser an ihr Familien- und
Privatleben anzupassen. Eine moderne Arbeitswelt bedeutet für uns auch mehr Mitsprache bei
Ort, Lage und Umfang der Arbeit. In der Corona-Krise wurde das Arbeiten von zu Hause zu
einer weit verbreiteten Erfahrung, für viele verbunden mit mehr Eigenständigkeit und weniger
Stress, wenn etwa das lange Pendeln wegfiel. Für andere aber auch zur echten Belastungsprobe
– wenn zu Hause Arbeitszimmer, Arbeitsschutz und auch Kolleg*innen fehlen. Homeoffice kann
zudem auch zur Entgrenzung von Arbeit und zum Abbau des bisherigen Arbeitsortes außerhalb
der eigenen vier Wände führen. Die Möglichkeit zur Selbstbestimmung im Arbeitsleben wollen
wir daher erhalten und stärken, indem wir ein Recht auf Homeoffice einführen – mit Blick auf
betriebliche Möglichkeiten, aber auch mit strikten Schutzkriterien versehen. Ein
Arbeitsplatz im Unternehmen muss aber ebenfalls allen zur Verfügung stehen.
Mehr Freiraum bei der Arbeitszeit
Ob im Büro, in der Pflege oder auf Montage – für viele Menschen ist der körperliche oder
psychische Druck durch Arbeit gewachsen. Gleichzeitig ist Zeit zu haben – für sich selbst
oder die Familie – für viele Menschen ein immer größerer Wert. Kürzere Arbeitszeiten, wie
beispielsweise die IG Metall sie als Beitrag zur Bewältigung des Strukturwandels in der
Automobilbranche vorgeschlagen hat, können eine Chance sein, Arbeit gerechter zu verteilen,
Arbeitsplätze zu sichern und Arbeitnehmer*innen zu entlasten. Wir wollen Beschäftigte in der
Pflege, in der die Belastung besonders hoch ist, mit besseren Arbeitsbedingungen
unterstützen und deshalb die 35-Stunden-Woche einführen. Darüber hinaus wollen wir die
Möglichkeiten aller Arbeitnehmer*innen, selbst flexibler über die eigene Arbeitszeit zu
bestimmen – gerade um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern –, verbessern.
Dafür wollen wir die starre Vollzeit zu einer Wahlarbeitszeit zwischen 30 und 40 Stunden bei
flexiblem Arbeitszeitkorridor umgestalten. Versuche, das Arbeitszeitgesetz zum Nachteil der
Arbeitnehmer*innen aufzuweichen, lehnen wir ab. Die europäische Arbeitszeitrichtlinie wollen
wir konsequent umsetzen.
Arbeitsversicherung stärkt Chancen
Wir wollen die Arbeitsmarktpolitik auf die Zukunft ausrichten und die
Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung umbauen. Zentral dafür ist ein
Rechtsanspruch auf Weiterbildung und die Stärkung der beruflichen Qualifikation. In einer
Welt, in der häufige Berufswechsel für viele Menschen Normalität sind und man nicht mehr
automatisch 40 Jahre im gleichen Betrieb arbeitet, brauchen alle Menschen Anlaufstellen und
Unterstützung, um ihr Berufsleben selbstbestimmt zu gestalten. Überall dort, wo es eine
Arbeitsagentur gibt, sollen Bildungsagenturen zentrale Anlaufstellen werden und Menschen bei
der Neuorientierung unterstützen, Weiterbildungsberatung und -förderung sollen damit
vereinfacht werden. Den Zugang zur Arbeitsversicherung werden wir deutlich erleichtern und
bereits ab vier Monaten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung einen Anspruch auf
Arbeitslosengeld einführen. Auch selbständige Berufstätigkeit muss sozial besser abgesichert
werden. Dafür vereinfachen wir den Zugang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung und
schaffen eine Zugangsmöglichkeit für alle Selbständigen auch mit Wahltarifen. Wir wollen
Gründungen aus Phasen der Arbeitslosigkeit heraus besser fördern und durch die Krise
zurückgeworfene junge Berufsanfänger*innen mit einem Einstiegszuschuss eine Brücke in den
Arbeitsmarkt bauen.
Besserer Schutz bei online vermittelter Arbeit
Vom Handwerkerdienst über Software-Entwicklung bis zur Reinigung – immer mehr
Dienstleistungen werden über Online-Plattformen vermittelt (Gig-Working) oder finden sogar
ortsunabhängig in der Cloud statt (Crowd-Working). Die Digitalisierung von Tätigkeiten und
die digitale Vermittlung von Arbeit bergen viele neue Chancen. Aber Arbeitsrecht und
Arbeitsschutz müssen an die Onlinewelt angepasst werden, damit daraus nicht neue Formen von
Ausbeutung und Abhängigkeiten entstehen. Wir wollen Scheinselbständigkeit verhindern, indem
wir bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung für
mehr Rechts- und Planungssicherheit sorgen. Wenn der/die Auftragnehmer*in einer Plattform
angibt, einen Arbeitnehmerstatus zu haben, soll künftig der/die Auftraggeber*in beweisen,
dass dem nicht so ist. Unfaires Preis-Dumping gilt es durch ein Mindesthonorar für
zeitbasierte Dienstleistungen zu unterbinden. Arbeitnehmerähnliche Personen und Solo-
Selbständige, die für Plattformen tätig werden, sollen sich künftig leichter tariflich
organisieren können, und branchenspezifisch sollen weitere verbindliche Honoraruntergrenzen
vereinbart werden können, die auch für allgemeinverbindlich erklärt werden können.
Plattformbetreiber tragen eine Verantwortung für ihre Auftragnehmer*innen. Wir wollen mit
klaren Mindeststandards beim Arbeits- und Datenschutz und bei den allgemeinen
Geschäftsbedingungen für Fairplay bei der Plattformökonomie sorgen.
Faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte aus europäischen
Nachbarstaaten
In jedem europäischen Nachbarland arbeiten zu können, das ist eine der großen
Errungenschaften unseres vereinten Europas. Was in hochqualifizierten Berufen viel Freiheit
gebracht hat, führte in manchen Dienstleistungsbereichen zu ausbeuterischen
Arbeitsrealitäten. Missstände in den deutschen Schlachthöfen haben das schlaglichtartig
gezeigt. Doch auch anderswo, zum Beispiel auf dem Bau oder in der Pflege, herrschen vielfach
ausbeuterische Verhältnisse. Wir wollen, dass alle Beschäftigten – egal, wie lange sie hier
arbeiten – genauso gut bezahlt und abgesichert sind wie ihre deutschen Kolleg*innen. Dafür
braucht es ein wirksames Vorgehen gegen Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit, ein
Verbandsklagerecht der Gewerkschaften, eine europäische Sozialversicherungsnummer, höhere
Mindeststandards für Unterkünfte von entsandten Beschäftigten, eine bessere Regulierung der
Vermittlungsagenturen und mehr Kontrolle durch eine gestärkte Europäische Arbeitsbehörde.
Arbeitnehmer*innen aus anderen EU-Staaten müssen besser über ihre Rechte informiert werden.
Wir schaffen Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, von dieser Selbstverständlichkeit sind wir immer
noch weit entfernt. Durchschnittlich verdienen Frauen im gesamten Erwerbsleben etwa nur halb
so viel wie Männer, was sich auch in ihrer ungenügenden Alterssicherung bemerkbar macht. Wir
werden ein effektives Entgeltgleichheitsgesetz einführen, das auch für kleine Betriebe gilt
und die Unternehmen verpflichtet, von sich aus über die Bezahlung von Frauen und Männern und
über ihre Maßnahmen zum Schließen des eigenen Pay-Gaps zu berichten. Dieses Gesetz muss auch
ein wirksames Verbandsklagerecht enthalten, damit bei strukturellen Benachteiligungen auch
Verbände die Klage übernehmen können und die Betroffenen nicht auf sich allein gestellt
sind. Lohncheckverfahren können Diskriminierungen aufdecken. Deshalb werden wir
Tarifpartner*innen und Unternehmen verpflichten, alle Lohnstrukturen auf Diskriminierung zu
überprüfen. Wir setzen uns dafür ein, dass Berufe, die vor allem von Frauen ausgeübt werden,
eine höhere Wertschätzung erfahren als bisher, zum Beispiel in Form besserer
Arbeitsbedingungen, besserer Bezahlung oder besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen stärken
Um das eigene Leben selbst gestalten zu können, ist es vielen Frauen wichtig, wirtschaftlich
unabhängig zu sein. Deshalb müssen Steine, die dies behindern, aus dem Weg geräumt werden.
Wir wollen für eine eigenständige Absicherung in allen Lebensphasen sorgen – von der
Berufswahl bis zur Rente. Minijobs, mit Ausnahmen für Studierende, Schüler*innen und
Rentner*innen, wollen wir in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen und
Regelungen für haushaltsnahe Dienstleistungen schaffen. Das durch enge Rollenerwartungen
eingeschränkte Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen wollen wir durch eine
gendersensible Berufsberatung erweitern. Die gläserne Decke, die Frauen am Aufstieg hindert,
wollen wir aufbrechen. Dies gelingt auch durch eine kluge Zeitpolitik, die es auch
Partner*innen erleichtert, Verantwortung in der Familie zu übernehmen und Arbeit
geschlechtergerecht aufzuteilen. Diskriminierungen am Arbeitsmarkt begegnen wir mit einem
Verbandsklagerecht, das die Einzelne stärkt, und durch ein echtes Recht auf die Rückkehr in
Vollzeit, das auch für kleinere Betriebe gilt.
Gleichberechtigung auch bei der Steuer
Das deutsche Steuerrecht steckt noch im letzten Jahrhundert fest. Während sich viele Paare
Familien- und Erwerbsarbeit gleichberechtigter aufteilen, als es noch vor Jahren der Fall
war, gilt bei der Steuer nach wie vor das Modell eines männlichen Ernährers und einer Frau,
die höchstens zuverdient und sich hauptsächlich um Haushalt und Kinder kümmert. Dieses
Modell ist ungerecht, weil es Ehen privilegiert, Alleinerziehende und nicht verheiratete
Paare außen vor lässt, die Erwerbstätigkeit von Frauen hemmt und Frauen gleichzeitig nicht
wirklich absichert. In Krisen bekommen vor allem Frauen die Nachteile zu spüren, zum
Beispiel durch weniger Kurzarbeits- oder Arbeitslosengeld. Im Zusammenspiel mit Minijobs und
der kostenlosen Mitversicherung wirken sich diese Maßnahmen negativ auf die Erwerbstätigkeit
von Frauen aus. Deshalb wollen wir für neu geschlossene Ehen eine individuelle Besteuerung
mit übertragbarem Grundfreibetrag einführen. Bei der Lohnsteuer soll die/der heute über
Gebühr belastete Zweitverdiener*in entlastet werden, indem das Faktorverfahren zur Regel und
die Steuerklasse 5 für Zuverdiener*innen abgeschafft wird. So sorgen wir dafür, dass
gleichberechtigte Lebensentwürfe nicht länger benachteiligt werden. Paare, die bereits
verheiratet sind, können sich entscheiden, ob sie sich einzeln veranlagen oder weiterhin das
Ehegattensplitting nutzen wollen. Zugleich stärken wir mit der Kindergrundsicherung
Familien. Alleinerziehende, die heute am stärksten von Armut betroffen sind, entlasten wir
mit einer Steuergutschrift.
Wir sichern die sozialen Netze
Garantiesicherung statt Hartz IV
Jeder Mensch hat das Recht auf soziale Teilhabe, auf ein würdevolles Leben ohne
Existenzangst. Deswegen wollen wir Hartz IV überwinden und ersetzen es durch eine
Garantiesicherung. Sie schützt vor Armut und garantiert ohne Sanktionen das soziokulturelle
Existenzminimum. Sie stärkt so Menschen in Zeiten des Wandels und kann angesichts großer
Veränderungen der Arbeitswelt Sicherheit geben und Chancen und Perspektiven für ein
selbstbestimmtes Leben eröffnen. Die grüne Garantiesicherung ist eine Mindestsicherung, die
nicht stigmatisiert und die einfach und auf Augenhöhe gewährt wird. Sie schafft durch die
Abschaffung der bürokratischen Sanktionen Raum und Zeit in den Jobcentern für wirkliche
Arbeitsvermittlung und Begleitung. Dafür wollen wir die Regelsätze schrittweise anheben,
sodass sie das soziokulturelle Existenzminimum verlässlich sicherstellen. Die Leistungen der
Garantiesicherung wollen wir schrittweise individualisieren. Die Anrechnung von Einkommen
werden wir attraktiver gestalten, sodass zusätzliche Erwerbstätigkeit auch in Teilzeit zu
einem spürbar höheren Einkommen führt. Vermögen werden künftig unbürokratischer und mit
Hilfe einer Selbstauskunft geprüft.
Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit
Behinderungen
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht darauf, gleichberechtigt wohnen, lernen und
arbeiten zu können und die Unterstützung zu wählen, die sie dafür brauchen. Leistungen zur
Teilhabe müssen in jeder Phase allgemeiner, beruflicher und hochschulischer Bildung gewährt
werden. Wir wollen einen inklusiven Arbeitsmarkt schaffen und dafür Arbeitgeber*innen, die
Menschen mit Behinderungen beschäftigen, besser unterstützen, den Wechsel von Werkstätten in
den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern und Menschen, die das Budget für Arbeit nutzen, in der
Arbeitslosenversicherung absichern. Ziel ist, das Bundesteilhabegesetz weiterzuentwickeln
und Teilhabe zu garantieren – kein Poolen von Leistungen gegen den Willen der Betroffenen,
echtes Wunsch- und Wahlrecht, Leistungen zur Teilhabe unabhängig von Einkommen und Vermögen
der Leistungsberechtigten. Anträge auf Teilhabeleistungen sollen einfach sein und
Entscheidungen im Sinne der behinderten Menschen schnell erfolgen.
Gemeinsame soziale Mindeststandards in der EU
Wir treten ein für eine Europäische Union, die soziale Absicherung und Mindeststandards
europaweit garantiert. Soziale Rechte müssen den gleichen Stellenwert erhalten wie die
wirtschaftlichen Freiheiten des Binnenmarkts. Dafür sind gemeinsame europäische Arbeits- und
Sozialstandards essenziell. Wir machen uns für eine europäische Grundsicherungsrichtlinie
stark, die soziale Mindeststandards für jedes Land festlegt, angepasst an die jeweilige
ökonomische Situation. Länderspezifische Mindestlöhne sollen überall in Europa dafür sorgen,
dass Menschen von ihrer Arbeit leben können. Wir wollen die Europäischen Betriebsräte
stärken und die paritätische Mitbestimmung in den Kontroll- und Leitungsorganen europäischer
Unternehmen ausbauen, die mehr als 1.000 Beschäftigte haben. Unser langfristiges Ziel ist,
dass die in der Europäischen Grundrechtecharta verankerten sozialen Rechte als Grundrechte
gegenüber den Mitgliedstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar sind.
Eine verlässliche Alterssicherung für alle
Die langfristige Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent hat für uns hohe Priorität. Bei
einem weiteren Absinken wären immer mehr Menschen auf Grundrente angewiesen und die
Akzeptanz der gesetzlichen Rente wäre gefährdet. Um das Rentenniveau zu sichern, wollen wir
die Frauenerwerbstätigkeit unter anderem durch ein Rückkehrrecht in Vollzeit erhöhen, ein
echtes Einwanderungsgesetz schaffen und die Beschäftigungssituation älterer
Arbeitnehmer*innen verbessern. Um die Belastungen der Versicherten und der Arbeitgeber*innen
zu begrenzen, sollen bei Bedarf die Steuerzuschüsse erhöht werden. Prekäre Beschäftigung
muss überwunden werden, denn nur gute Löhne führen auch zu einer guten Rente. In einem
ersten Schritt zu einer Bürgerversicherung sorgen wir dafür, dass anderweitig nicht
abgesicherte Selbständige, denen sonst Altersarmut droht, und Abgeordnete in die gesetzliche
Rentenversicherung aufgenommen werden. Um Altersarmut zu verhindern, werden wir die
Grundrente reparieren und zu einer echten Garantierente weiterentwickeln. Grundsätzlich
halten wir an der Rente mit 67 fest. Wir wollen es Menschen aber leichter machen, selbst
darüber zu entscheiden, wann sie in Rente gehen wollen.
Ein Bürgerfonds für die Rente
Eine kapitalgedeckte Altersvorsorge kann das Umlagesystem sinnvoll ergänzen. Die Riester-
Rente hat sich aber als ein völliger Fehlschlag herausgestellt. Die Produkte sind teuer und
undurchschaubar und haben zum Teil eine geringere Rendite als Omas Sparstrumpf. Profitabel
sind sie oft nur für die Versicherungswirtschaft oder dank der öffentlichen Förderung.
Deswegen haben bei weitem nicht alle davon Gebrauch gemacht. Wir wollen die Riester-Rente
durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds ersetzen und in diesen überführen. Durch den
Bürgerfonds profitieren die Menschen am Wertezuwachs der Wirtschaft. Der Fonds kann
langfristig orientiertes Eigenkapital für die Wirtschaft bereitstellen. In den Bürgerfonds
zahlen alle ein, die nicht aktiv widersprechen. So wird ein Volumen geschaffen, das die
Verwaltungskosten gering hält, die Risiken breit streut und auf teure Garantien verzichten
kann. Der Bürgerfonds wird politisch unabhängig verwaltet und investiert nachhaltig. Er
investiert langfristig und hilft so, die Kurzfristorientierung der Märkte zu überwinden. Für
Kleinsparer*innen gewährleistet er eine attraktive Rendite bei überschaubarem Risiko. Alle
Arbeitgeber*innen sollen künftig eine betriebliche Altersvorsorge anbieten und können den
Bürgerfonds als Standard dafür nutzen.
Wir geben Gesundheit und Pflege einen neuen Wert
Vorsorge als Leitprinzip
Wir wollen den Zugang zu guter Gesundheitsversorgung sicherstellen – aber gute
Gesundheitspolitik setzt schon vorher an. Wer in der Fleischindustrie unter prekären
Bedingungen arbeitet, in einer schimmeligen Wohnung oder an der vielbefahrenen Straße wohnt
oder mit Hartz IV in Armut lebt, kann seine Gesundheit nur schwer schützen, hat eine höhere
Wahrscheinlichkeit zu erkranken und oft einen schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Für eine gesunde Gesellschaft braucht es eine Politik, die vorsorgt, die die Ursachen von
Krankheiten bekämpft und vorausschauend handelt. Statt nur auf die nächste Krise zu
reagieren, sollen in Zukunft durch gemeinsame Gesundheitsziele und eine Ausweitung der
Gesundheitsberichterstattung Krankheitsursachen und der Stand der gesundheitlichen
Versorgung in den Blick genommen werden. Prävention, Gesundheitsförderung und
gesundheitliche Versorgung wollen wir grundsätzlich als Querschnittsaufgabe in allen
Politikbereichen verfolgen. Um uns gegen klimawandelbedingte Hitzewellen zu wappnen, werden
wir einen Sonderfonds zur Umsetzung von Hitzeaktionsplänen etablieren.
Für Pandemien gewappnet sein
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass unser Gesundheitssystem für künftige Pandemien besser
gewappnet sein muss. Spätestens jetzt ist der Moment, die Krankenhaus- und Notfallversorgung
zu reformieren und die Digitalisierung, insbesondere in den Gesundheitsämtern, beherzt
voranzutreiben. Um Pandemien zukünftig effektiv und nachvollziehbar zu bekämpfen, sollen
Stufen zur Eindämmung von Pandemien im Infektionsschutzgesetz definiert, Pandemieschutzpläne
aktualisiert und soll ein unabhängiger und interdisziplinärer Pandemierat eingerichtet
werden. Wir investieren in Gesundheitsforschung, zum Beispiel bei Medikamenten oder der
Entwicklung neuer Testverfahren. Auch die Produktion von Medikamenten und Medizinprodukten
soll – in europäischer Kooperation – vorangetrieben werden, die Versorgung, zum Beispiel mit
Atemschutzmasken, durch eigene Produktionsstandorte sichergestellt werden. Auf europäischer
Ebene braucht es mehr gemeinsame Strategie und Koordinierung, etwa durch die gemeinsame
Planung und Nutzung medizinischer Notfallkapazitäten oder durch ein europäisches
Frühwarnsystem. Daher setzen wir uns für den zügigen Aufbau von HERA ein, einer europäischen
Behörde, die künftig staatliche und privatwirtschaftliche Aktivitäten besser koordinieren
soll. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten wollen wir
stärken und uns für eine engere Kooperation mit nationalen Gesundheitsbehörden einsetzen.
Gesundheitsämter stärken
Nicht erst in der Corona-Pandemie wird sichtbar, dass wir als Gesellschaft größere
Anstrengungen unternehmen müssen, um die öffentliche Gesundheit zu stärken und Menschen ein
gutes Leben zu ermöglichen. Ob der Besuch bei der mobilen Zahnärzt*in in der Schule oder die
Impfaktion im Pflegeheim – für Gesundheitsförderung, die Menschen unkompliziert erreicht,
braucht es eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Unser Ziel ist es, im
Zusammenspiel zwischen den Gesundheitsämtern, universitären Strukturen der öffentlichen
Gesundheitsfürsorge und einem neu zu schaffenden Bundesinstitut für Gesundheit gemeinsam
eine starke Säule der öffentlichen Gesundheitsfürsorge aufzubauen. Das Institut soll
gemeinsame Gesundheitsziele und Qualitätsvorgaben für die Verbesserung der Versorgung
entwickeln und bestehende Strukturen des Bundes zur Förderung der Gesundheit bündeln. Bisher
sind die Gesundheitsämter chronisch unterfinanziert und unterbesetzt, die personelle und
technische Ausstattung muss dauerhaft verbessert werden. Wir wollen deshalb, dass Bund und
Länder gemeinsam dafür sorgen, dass künftig 1 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben in
den Öffentlichen Gesundheitsdienst fließt. Amtsärzt*innen müssen besser bezahlt werden. Auch
pflegerische Fachkompetenz soll stärker eingebunden werden – als sogenannte Community Health
Nurses oder in der Schulgesundheitspflege.
Gute gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land
Gesundheit ist Daseinsvorsorge. Wir wollen, dass Menschen im ganzen Land gut und verlässlich
versorgt werden. Wenn mancherorts der Weg zur Hebamme kaum zu bewältigen ist, die
Kinderstationen Patient*innen abweisen müssen oder Hausarztpraxen auf dem Land wegen
fehlendem/-r Nachfolger*in schließen müssen, gefährdet das die gesundheitliche Versorgung.
Um die Versorgung in Stadt und Land zu stärken, wollen wir, dass ambulante und stationäre
Angebote in Zukunft übergreifend geplant werden und Gesundheitsregionen mit enger Anbindung
an die Kommunen gefördert werden. Perspektivisch soll es eine gemeinsame
Abrechnungssystematik für ambulante und stationäre Leistungen geben. Gleichzeitig wollen wir
die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen stärken. Denn die
Versorgung muss von den Patient*innen aus gedacht werden. Dafür wollen wir insbesondere die
Einrichtung von kommunalen Gesundheitszentren unterstützen, in denen alle Gesundheitsberufe
auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Die Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen werden wir so
reformieren, dass Gesundheits- und Pflegeberufe mehr Tätigkeiten eigenverantwortlich
übernehmen können. Die Arbeitsbedingungen in und die Vergütung von Therapieberufen müssen
dringend ihrer wichtigen Rolle im Gesundheitswesen angepasst, das Schulgeld für diese
Ausbildungen muss abgeschafft werden.
Krankenhäuser nach gesellschaftlichem Auftrag finanzieren
In Krankenhäusern sollen alle die Versorgung erhalten, die sie benötigen. Doch falsche
politische Weichenstellungen und der daraus folgende ökonomische Druck haben zu Fehlanreizen
zu Lasten des Patient*innenwohls und zu Kosteneinsparungen zu Lasten des Personals geführt.
Kliniken sollen deshalb in Zukunft nicht mehr nur nach Fallzahl, sondern auch nach ihrem
gesellschaftlichen Auftrag finanziert werden. Dafür braucht es ein neues
Finanzierungssystem. Wir werden eine Säule der Strukturfinanzierung einführen und den
verbleibenden fallzahlabhängigen Vergütungsteil reformieren. Vielfach herrscht Stillstand
bei den Investitionen in die Krankenhäuser. Das wollen wir ändern, indem Bund und Länder die
Investitionskosten in Zukunft gemeinsam tragen. Der Bund soll dafür die Möglichkeit haben,
gemeinsame bundesweite Grundsätze in der Krankenhausplanung zu definieren. Welche Angebote
es vor Ort gibt, darf nicht davon abhängen, was sich rentiert, sondern soll sich danach
richten, was nötig ist. Die beste Qualität kann zumeist durch Spezialisierung sichergestellt
werden. Krankenhäuser, die durch fehlende Auslastung die nötige Qualität in einigen
Bereichen nicht gewährleisten können, sollen nicht einfach aufgegeben, sondern zu
leistungsfähigen lokalen Notfall-, Gesundheits- und Pflegezentren weiterentwickelt werden.
Notfallversorgung reformieren
Wie gut ein Gesundheitssystem funktioniert, zeig sich oft erst im Notfall – und dann wird es
häufig ernst. Damit die Notfallversorgung in Deutschland besser funktioniert, muss sich
einiges ändern. Das fängt beim Rettungsdienst an, der Menschen in Not heute umfassend
medizinisch behandeln kann und deshalb wie die übrige Gesundheitsversorgung im Gesetz
geregelt werden muss. Die Notrufleitstellen der Nummern 112 und 116117 müssen
organisatorisch zusammengeführt werden, damit es im Zweifelsfall keine Rolle spielt, wo
Menschen anrufen, sondern sie immer die passende Hilfe bekommen. Auch wollen wir, dass
Notaufnahmen gerade nachts und am Wochenende beispielsweise durch kompetente Hausärztinnen
und Hausärzte so unterstützt werden, dass auch weniger ernste Fälle gut versorgt werden
können. Durch einheitliche Stufen und Vorgaben zur Notfallversorgung wollen wir
sicherstellen, dass Menschen in Not, in der Stadt und auf dem Land, stets die erwartbare
Hilfe auch verlässlich vorfinden.
Psychotherapieplätze schaffen
Starke Prävention und angemessene Versorgung – für beides wollen wir die Weichen stellen,
denn psychische Gesundheit ist Fundament für Lebensqualität und soziale Teilhabe. Es ist
nicht zumutbar, dass viele Menschen in einer psychischen Krise monatelang auf therapeutische
Hilfe warten müssen. Wer eine psychische Erkrankung hat, braucht schnelle und leicht
zugängliche Hilfen, damit das Leid sich nicht verschlimmert. Wir wollen deshalb ambulante
Psychotherapieplätze durch mehr Kassenzulassungen von Psychotherapeut*innen schaffen. Es
braucht eine gemeindenahe und personenzentrierte Versorgung und eine verbesserte
sektorübergreifende Zusammenarbeit. Dabei müssen auch die Besonderheiten der Versorgung von
Kindern und Jugendlichen sowie von Frauen, die von Gewalt betroffen sind, berücksichtigt
werden. Hilfsangebote zwischen ambulanter und stationärer Behandlung müssen flexibler werden
und die verschiedenen Berufsgruppen im Team eine miteinander abgestimmte Behandlung
übernehmen können. Bei der unzureichenden Reform der Psychotherapie-Ausbildung muss
nachgebessert werden, sodass angehende Psychotherapeut*innen endlich unter guten Bedingungen
ausgebildet werden.
Geburtshilfe verbessern, Gesundheit von Frauen stärken
Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sind Verbesserungen bei der Geburtshilfe und
eine Unterstützung freiberuflicher Hebammen durch eine Reform der Haftpflicht für
Gesundheitsberufe nötig. Wir wollen das Gesundheitssystem geschlechtergerecht machen.
Geschlechtsspezifische Aspekte in Forschung und Ausbildung und in der medizinischen Praxis
werden nicht ausreichend berücksichtigt, etwa bei der Medikamentenforschung. Das gefährdet
die Gesundheit von Frauen wie auch von Trans*- und Inter*-Menschen. Die Forschung zu
geschlechtsspezifischer Medizin und Pflege sowie Frauengesundheit muss gestärkt und in der
medizinischen und pflegerischen Praxis umgesetzt werden. Mit Hilfe einer Frauenquote für
Führungspositionen im Gesundheitswesen und besseren Arbeitsbedingungen holen wir mehr Frauen
in die Führungsgremien unseres Gesundheitswesens.
Zugang zum Gesundheitssystem sichern, Diskriminierung beenden
Auch im Gesundheitswesen wollen wir Diskriminierung bekämpfen. Beispielsweise erhalten
Menschen mit Behinderungen häufig nicht alle dringend benötigten Gesundheitsleistungen,
Hilfsmittel oder häusliche Pflege und werden so in ihrer Teilhabe beschränkt. Deshalb wollen
wir mit einem ressortübergreifenden Inklusionsplan diese Hürden umfassend abbauen, die
Gesundheitsleistungen auf die jeweiligen Bedarfe gezielt ausrichten und bürokratische
Vorgänge so weit wie möglich reduzieren. Das umfasst auch verpflichtende Vorgaben zur
Barrierefreiheit bei der Bedarfsplanung und eine Reform der Heilmittelversorgung. Auch für
LSBTIQ* muss diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung gesichert sein. Dafür werden wir
den Anspruch auf medizinische Maßnahmen für trans- und intergeschlechtliche Menschen
gesetzlich verankern. Die bestehenden Lücken beim Verbot sogenannter „Konversionstherapien“
werden wir schließen. Die Blutspende gestalten wir diskriminierungsfrei. Menschen, die ohne
Papiere in Deutschland leben, müssen ebenfalls Zugang zu guter gesundheitlicher Versorgung
haben, etwa durch einen anonymen Krankenschein, die Abschaffung der Mitteilungs- und
Unterrichtungspflichten an öffentlichen Stellen oder die Stärkung von Beratungsnetzwerken
für Menschen ohne Papiere.
Auf dem Weg zur Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege
Gesetzlich Versicherte warten länger auf Termine bei Fachärzt*innen, und viele privat
Versicherte können sich die hohen Prämien nicht mehr leisten. Von dieser Zwei-Klassen-
Medizin profitieren wenige, zum Nachteil vieler. Unser Ziel ist eine solidarisch finanzierte
Bürgerversicherung, in der jede*r unabhängig vom Einkommen die Versorgung bekommt, die er
oder sie braucht. Die Bürgerversicherung bezieht alle in die Finanzierung eines
leistungsstarken Versicherungssystems ein. Auch Beamte, Selbständige, Unternehmer*innen und
Abgeordnete beteiligen sich mit einkommensabhängigen Beiträgen. Neben Löhnen und Gehältern
sollen Beiträge auf Kapitaleinkommen erhoben werden. Als ersten Schritt verbessern wir die
Versorgung gesetzlich Versicherter – zum Beispiel bei der Erstattung von Brillen. Außerdem
wollen wir die Benachteiligung gesetzlich versicherter Beamt*innen durch einen
beihilfefähigen Tarif beenden und privat Versicherte, die sich nur den Basistarif leisten
können, besser absichern.
Digitalisierung verbessert Gesundheitsversorgung
Wir wollen die Chancen der Digitalisierung – ob Robotik zur Unterstützung in der Pflege,
Telemedizin oder die elektronische Patientenakte – nutzen, um das Gesundheitssystem
zukunftsfähig zu machen. Per App sollen Patient*innen sicher auf den digitalen Impfpass,
Gesundheitsinformationen wie die eigene Blutgruppe, die Krankheitsgeschichte oder die
neuesten Blutwerte zugreifen können. Damit sie den Patient*innen wirklich nützt, muss die
digitale Patientenakte weiterentwickelt werden. Dabei sind unter anderem
Patient*innenorganisationen stärker einzubinden. Gesundheitsdaten sollen anonymisiert der
Forschung zur Verfügung gestellt werden, um die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu
verbessern. Eine Weitergabe der Daten erfolgt dabei nicht gegen den Willen der
Patient*innen. Ihre eigenen Gesundheitsdaten müssen für Patient*innen möglichst barrierefrei
und sicher zugänglich sein. Die ärztliche Schweigepflicht und das Patient*innengeheimnis
müssen auch für digitalisierte Gesundheitsdaten jederzeit gewahrt bleiben. Um
administrativen Aufwand für medizinisches und pflegerisches Personal zu verringern und
Innovationen anzureizen, sollen Hersteller von Medizinprodukten und Software offene
Schnittstellen anbieten.
Ambulante Pflege stärken
Wer pflegebedürftig wird, hat die bestmögliche Pflege und Unterstützung für ein
selbstbestimmtes und würdevolles Leben verdient. Gerade in einer alternden Gesellschaft
braucht es dafür überall vielfältige, auf den Bedarf vor Ort angepasste pflegerische
Angebote. Statt weiterer Großeinrichtungen sind mehr ambulante Wohn- und Pflegeformen nötig
– eingebettet in ein Umfeld, das ältere Menschen dabei unterstützt, aktiv am
gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. So wird die Pflege auch für Angehörige einfacher.
Dafür wollen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für Quartierspflege schaffen und den
Kommunen ermöglichen, eine verbindliche Pflegebedarfsplanung vorzunehmen, um das Angebot an
Pflege vor Ort zu gestalten. Ein Bundesprogramm soll eine Anschubfinanzierung für Kommunen
bereitstellen, die sich hier auf den Weg machen. Jemanden zu pflegen verdient unsere
Anerkennung und die Unterstützung der Gesellschaft. Deshalb wollen wir Menschen, die
Verantwortung für Angehörige, Nachbar*innen oder Freund*innen übernehmen, mit der PflegeZeit
Plus besonders unterstützen. Wir ermöglichen damit allen Erwerbstätigen eine bis zu
dreimonatige Freistellung sowie eine Lohnersatzleistung, die befristet auch anschließende
Arbeitszeitreduzierungen finanziell abfedert.
Eine doppelte Pflegegarantie
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen immer mehr eigenes Geld für ihre Versorgung
aufbringen. Wir wollen, dass Pflegebedürftige die für sie notwendigen Pflegeleistungen
erhalten, ohne von Armut bedroht zu sein. Mit einer doppelten Pflegegarantie wollen wir die
Eigenanteile schnell senken und dauerhaft deckeln. So garantieren wir, dass die selbst
aufzubringenden Kosten verlässlich planbar werden. Die Pflegeversicherung soll alle über
diesen Betrag hinausgehenden Kosten für eine bedarfsgerechte Pflege tragen. Mit einer
solidarischen Pflege-Bürgerversicherung wollen wir dafür sorgen, dass sich alle mit
einkommensabhängigen Beiträgen an der Finanzierung des Pflegerisikos beteiligen.
Pflege aus dem Notstand führen, Arbeitsbedingungen im
Gesundheitswesen verbessern
Pflegekräfte leisten einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Menschen, die im
Alter oder bei Krankheit Unterstützung brauchen, wünschen sich zu Recht Pflegekräfte, die
sich mit Sorgfalt um sie kümmern können. Dafür brauchen Pflegekräfte Zeit für die
Patient*innen und gute Arbeitsbedingungen. Das geht nur mit mehr Kolleg*innen. Wir wollen
durch verbindliche Personalbemessung – auch in der Langzeitpflege –, die bessere
Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mehr eigenverantwortliche Arbeit von Fachkräften und
die Einführung der 35-Stunden-Woche in der Pflege Arbeitsbedingungen schaffen, unter denen
viele Menschen – ganz neu, weiter oder wieder – gerne in der Pflege arbeiten. Die Ausnahmen
im Arbeitszeitgesetz für den Gesundheitsbereich wollen wir beschränken, um Überlastung zu
verhindern und den Personalverlust in Krankenhäusern einzudämmen. Doch Wertschätzung braucht
auch Löhne, die sie bezeugen – am besten über gute Tarifverträge. Wir wollen die gesetzliche
Pflegeversicherung verpflichten, nur noch mit Anbietern zusammenzuarbeiten, die nach Tarif
bezahlen. Die Selbstorganisation und die Einflussmöglichkeiten der professionellen Pflege
wollen wir durch den Aufbau einer Bundespflegekammer unterstützen.
Ein Cannabiskontrollgesetz
Wir stellen Gesundheits- und Jugendschutz in den Mittelpunkt der Drogenpolitik. Doch auf dem
Schwarzmarkt gilt kein Jugendschutz, stattdessen schafft er zusätzliche gesundheitliche
Gefahren. Das Verbot von Cannabis richtet mehr Schaden an, als dass es nützt. Wir setzen auf
wirksame Prävention, auf Entkriminalisierung und Selbstbestimmung. Deshalb werden wir mit
einem Cannabiskontrollgesetz das bestehende Cannabisverbot aufheben und einen kontrollierten
und legalen Verkauf von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften ermöglichen. Darüber hinaus
wollen wir niedrigschwelliges Drugchecking für psychoaktive Substanzen und andere Maßnahmen
zur Schadensminimierung wie die Ausgabe sauberer Spritzen bundesweit ermöglichen, damit
Konsument*innen nicht durch gefährliche Inhaltsstoffe oder schmutzige Spritzen zusätzlich
gefährdet werden. Das heutige Betäubungsmittelrecht evaluieren wir auf seine Wirkungen hin.
Wir schaffen bezahlbaren Wohnraum
Ein Recht auf Wohnen ins Grundgesetz
Alle Menschen brauchen angemessenen Wohnraum. Wohnen ist ein Recht. Aber es wird immer
schwieriger, überhaupt Wohnungen zu finden. Und die Mieten und Immobilienpreise steigen
vielerorts immer noch weiter. Großstädte teilen sich immer stärker in Einkommensstadtteile
auf, Innenstädten geht das Leben verloren. Deshalb gilt es zu handeln, damit gerade auch
Familien und Alleinerziehende, Studierende, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen oder
Geringverdiener*innen nicht in Bedrängnis geraten, sondern weiter gut und sicher wohnen
können. Wir wollen das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz aufnehmen. Knapp 700.000 Menschen
sind derzeit wohnungslos in Deutschland, mehr und mehr Familien. Um diesen Zustand zu
beenden, wollen wir ein Nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von
Wohnungs- und Obdachlosigkeit auflegen.
Krisenbedingte Wohnungsverluste verhindern
Wir wollen Mieter*innen entlasten und vor einem krisenbedingten Verlust der eigenen Wohnung
bewahren. Die Möglichkeit, die Miete nachzuzahlen, soll Zwangsräumungen verhindern. Bei
krisenbedingten Einkommensausfällen soll ein Programm der KfW Bank („Sicher-Wohnen-Fonds“)
eine finanzielle Unterstützung von Mieter*innen sicherstellen. Vermieter*innen, die auf
diese Mietzahlungen angewiesen sind, sollten dann eine staatliche Unterstützung erhalten.
Neue Gemeinnützigkeit für sozialen Wohnraum
Wir wollen neuen Wohnraum schaffen – und zwar vor allem familiengerecht, öffentlich und
gemeinwohlorientiert. Stattdessen gehen immer noch viele weitere Sozialwohnungen verloren –
rund 100 jeden Tag. Unser Vorbild ist die Stadt Wien, die mit ihrem großen Anteil an
gemeinnützigem und für breite Schichten bezahlbarem Wohnraum eine ausgewogene Mischung
sicherstellt. Wir werden deshalb die Mittel für den sozialen Wohnungsbau deutlich erhöhen
und verstetigen, statt sie zu kürzen. Wir werden die Kommunen unterstützen, ihre bestehenden
Wohnungsgesellschaften zu stärken und neue zu gründen. Dazu wollen wir mit einem
Bundesprogramm „Neue Wohngemeinnützigkeit“ für eine Million zusätzliche, günstige
Mietwohnungen in den Ballungsräumen sorgen, sicher und auf Dauer. Die noch vorhandenen
bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investor*innen veräußert, sondern
ausschließlich verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben werden.
So wollen wir in den nächsten zehn Jahren den Bestand an Sozialwohnungen um eine Million
erhöhen.
Starke Mieter*innen, faire Mieten
Viele Menschen geben einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für ihre Wohnung aus,
viele können sich ihre Mieten nicht mehr leisten. Unser Ziel sind deshalb faire und
bezahlbare Mieten und starke Rechte für Mieter*innen. Konkret wollen wir Mietobergrenzen im
Bestand mit einem Bundesgesetz ermöglichen und die Mietpreisbremse entfristen und
nachschärfen. Reguläre Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des
Mietspiegels begrenzt werden. Dazu wollen wir qualifizierte Mietspiegel stärken, verbreiten
und rechtssicher ausgestalten. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der letzten 20 Jahre
herangezogen werden. Wir streben an, die Modernisierungsumlage weiter abzusenken und auf
maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen, damit energetische Sanierungen
perspektivisch warmmietenneutral möglich sind. Außerdem wollen wir es Mieter*innen
erleichtern, ihre Wohnungen samt den bestehenden Verträgen zu tauschen. Das
Umwandlungsverbot im Baugesetzbuch und den Milieuschutz auszuweiten sind weitere
Instrumente. Dazu stärken wir das kommunale Vorkaufsrecht, und Mietwucher muss – nach § 5
Wirtschaftsstrafgesetz – auch tatsächlich geahndet werden.
Spekulation mit Bauland und Geldwäsche am Wohnungsmarkt beenden
Wohnen ist ein soziales Grundrecht und der Wohnungsmarkt kein Ort für Spekulant*innen. Zu
häufig werden Immobilien zur Geldwäsche genutzt, das gilt es zu beenden. Ein entscheidender
Hebel ist Transparenz. Deshalb planen wir, ein Immobilienregister der Eigentümer*innen
einzuführen, die Grundbücher bei begründetem Interesse kostenfrei zugänglich zu machen und
Bargeld beim Immobilienverkauf zu verbieten. Außerdem wollen wir den Missbrauch von
sogenannten „Share Deals“ zur Steuerumgehung beenden und setzen auf eine anteilige
Besteuerung des Immobilienbesitzes bei Unternehmensverkäufen. Die Spekulation mit Bauland
soll unterbunden werden. Wenn in Kommunen große Wohnungsnot herrscht, kann sich daraus eine
Pflicht für Eigentümer*innen ergeben, Grundstücke zu bebauen, statt auf höhere Preise zu
spekulieren. Auch gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum werden wir
vorgehen.
Grund und Boden gemeinwohlorientiert
Boden unterscheidet sich von anderen Gütern, weil er prinzipiell nicht vermehrbar ist. Bei
Fehlentwicklungen ergibt sich hieraus eine besondere Verpflichtung, staatlich einzugreifen.
Knappheit von und Spekulation mit Boden führt zu steigenden Preisen und Mieten. Wir wollen
erreichen, dass die öffentliche Hand wieder eine strategische Bodenpolitik betreibt. Der
Bund soll seine eigenen Immobilien nicht länger meistbietend verkaufen, sondern gezielt die
Schaffung von bezahlbarem und nachhaltigem Wohnraum fördern. Dafür wollen wir die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in einen gemeinnützigen Bodenfonds umwandeln. Der Fonds
kauft neue Flächen strategisch zu und überträgt sie an gemeinwohlorientierte Träger. Die
Flächen sollen bevorzugt in Erbpacht vergeben werden, um Sozialwohnungen dauerhaft sichern
zu können. Werden sie veräußert, sollen Kommunen und kommunale Wohnungsgesellschaften ein
Erstzugriffsrecht erhalten. Die Einnahmen des Fonds fließen nicht in den Haushalt, sondern
werden für den Zukauf weiterer Flächen verwendet.
Erwerb von Wohneigentum erleichtern
Wohneigentum ist für viele Menschen ein Lebenstraum, der wegen explodierender
Immobilienpreise in den meisten Regionen des Landes immer schwerer zu erfüllen ist. Wir
wollen den Erwerb von Wohneigentum erleichtern. Deshalb soll das Prinzip „wer den Makler
bestellt, bezahlt“ genauso für Immobilienkäufe eingeführt werden, so wie es für
Maklerprovisionen bei Vermietungen bereits gilt. Wir streben an, die Courtage auf 2 Prozent
zu begrenzen, damit sie nicht auf verstecktem Weg zu noch höheren Kaufpreisen führt. Dazu
wollen wir die Kaufnebenkosten weiter senken, indem wir es den Ländern ermöglichen, den
Steuersatz der Grunderwerbssteuer beispielsweise für große Wohnungsunternehmen zu erhöhen
und für private Käufer*innen zu senken. Wir wollen Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum
über die Länder und Kommunen fördern, auch den Kauf und die Modernisierung leerstehender
Wohnungen und Ausbauten zu günstigem Wohnraum unterstützen wir. Beteiligungen an
Genossenschaften und den gemeinschaftlichen Erwerb durch Mieter*innen wollen wir
unterstützen, zum Beispiel indem wir günstige Kredite oder Bürgschaften gewähren.
Ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen vorantreiben
Wir können die Klimaziele nur mit einer Bauwende hin zu ressourcenschonendem und
nachhaltigem Bauen erreichen. Bei Städtebau und Gebäudeplanung sind Stoff- und
Energieverbrauch bei Herstellung und Betrieb sowie das spätere Recycling durchgängig für
alle Gebäude zu berücksichtigen. Konkret setzen wir auf ein Gebäude-Ressourcen-Gesetz und
eine Holzbaustrategie, damit wir mit mehr nachwachsenden Rohstoffen bauen können. Wir
fördern außerdem die Digitalisierung der Planung am Bau. Um den Flächenverbrauch zu
reduzieren, setzen wir auf behutsame Nachverdichtung und unterstützen die Kommunen dabei mit
Förderprogrammen.
Wir investieren in lebenswerte Dörfer und Städte
Regionale Daseinsvorsorge stärken
Gleichwertige Lebensverhältnisse sind eine Voraussetzung für gutes, selbstbestimmtes Leben
überall im Land. Einschränkungen gibt es vielerorts, häufig unterscheiden sie sich von
Region zu Region: Hier fehlt ein Zentrum im Dorf, dort schließen in der Kleinstadt die
Schwimmbäder, und auf dem Land ist das Internet zu langsam. Unser Ziel ist es, dass
individuelle Entfaltung, demokratische Teilhabe und gesellschaftliches Engagement überall im
Land möglich sind, auch in strukturschwachen Regionen. Hier brauchen wir gute Infrastruktur
und den Zugang zu öffentlichen Gütern in den Kommunen. Deshalb wollen wir gemeinsam mit Bund
und Ländern eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“ im Grundgesetz
einführen. Regionen, die heute mit großen Versorgungsproblemen zu kämpfen haben, sollen
wieder investieren und gestalten können. Ziel ist, anhand von regionalen Indikatoren in
allen Bundesländern Förderregionen auszuwählen und die Zusammenarbeit der Kommunen in diesen
Regionen zu unterstützen. Mit Regionalbudgets geben wir Bürger*innen und Akteur*innen vor
Ort die Möglichkeit, ihre Entwicklungsstrategien und Ziele selbst zu bestimmen. Für zentrale
Versorgungsbereiche wie Gesundheit, Mobilität und Breitband wollen wir nötige
Mindeststandards formulieren. Eine inklusive und solidarische Gesellschaft braucht Orte des
Miteinanders, Orte gegen die Einsamkeit, Orte des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Das kann
ein Marktplatz sein oder ein Familienzentrum, die Stadtteilbibliothek, der Skatepark, der
Kulturbahnhof. Wir wollen eine Bundesstrategie „Orte des Zusammenhalts“ auf den Weg bringen.
Mit der gezielten Ansiedelung von neuen Forschungsinstituten und Bundeseinrichtungen, vor
allem in Ostdeutschland, können wir strukturschwachen Regionen wichtige Impulse geben.
Außerdem unterstützen wir die Idee der Errichtung eines „Zukunftszentrums für Deutsche
Einheit und Europäische Transformation“.
Solide Finanzausstattung für Kommunen
Für eine starke kommunale Selbstverwaltung und eine belastbare öffentliche Daseinsvorsorge
braucht es eine solide Finanzausstattung. Viele Kommunen schaffen es jedoch nicht einmal
mehr, den ihnen übertragenen Pflichtaufgaben wie etwa der Reparatur von Gemeindestraßen oder
der Schulsanierung nachzukommen. Sie waren bereits vor der Corona-Krise finanzschwach oder
verschuldet und ihr Handlungsspielraum verkleinert sich zunehmend. Das spüren die Menschen
vor Ort unmittelbar. Wenn keine Finanzmittel für freiwillige Leistungen wie Sport- oder
Kultureinrichtungen und deren Erhaltung übrig ist, hat das Auswirkungen auf das
gemeinschaftliche Leben in den Kommunen und auf das Vertrauen in den Staat. Wir wollen die
Gemeindefinanzen besser und krisenfester aufstellen. Dazu gehörtWenn Bund und Länder den Kommunen neue Aufgaben zuweisen, müssen sie auch eine Finanzierung bereitstellen. Wir werden auch eine faire Unterstützung
bei den kommunalen Altschulden und bei gemeindlichen Corona-bedingten Steuerausfällenkrisenbedingten Steuerausfällen umsetzen, um auch hoch verschuldeten Kommunen wieder eine Perspektive zu geben. Für ihr Schuldenmanagement sollen die Kommunen auf die Unterstützung des Bundes zurückgreifen können, sofern sie dies wünschen. Wir
wollen mehr kommunale Investitionen ermöglichen, beispielsweise in Klimaschutz, die
Verkehrswende und Kultureinrichtungen. Dafür soll der Zugang zu Fördermitteln einfacher und
unbürokratischer werden und sollen die Hürden für die Teilnahme besonders für finanzschwache
Kommunen gesenkt werden. Wir wollen, dass Bund und Länder den Kommunen mit einer gemeinsamen
Kompetenzagentur für Förderpolitik und Investitionen mit Rat und Tat zur Seite stehen und
die Umsetzung von Projekten ermöglichen.
Innenstädte retten
Innenstädte und Ortskerne, die man gerne besucht, in denen man verweilt und andere Menschen
trifft, tragen enorm zu unserer Lebensqualität bei. Sie bieten kulturellen Austausch und
geben dem Leben in Stadt und Land eine Bühne. Wir wollen Stadtzentren und Ortskerne
lebenswerter und attraktiver machen. Eine kluge Stadtentwicklungspolitik, nachhaltige
Verkehrskonzepte und ein Städtebaunotfallfonds sind die besten Voraussetzungen, dass auch
der Einzelhandel dort eine Zukunft hat. Dafür wollen wir die Städtebauförderung neu
ausrichten: für schönere Städte, mehr Stadtgrün und Wasserflächen, damit man auch in Zeiten
immer heißerer Sommer gut in der Stadt leben kann. Mit zusätzlichen Mitteln für Smart-City-
Projekte unterstützen wir den Aufbau unabhängiger digitaler Plattformen, mit denen der
örtliche Einzelhandel attraktivere Angebote machen kann. Dazu arbeiten wir gegen Verdrängung
und Leerstand an. Eine Million neue gemeinnützige Wohnungen sollen in den nächsten Jahren in
unseren Städten entstehen. Kleineren Gewerben, sozialen und Kulturprojekten, Clubs und
Handwerker*innen wollen wir mit einem Gewerbemietrecht und über das Baurecht eine zentrale
Lage in den Städten ermöglichen. Bundeseigene Immobilien sollen zukünftig nur noch an
gemeinnützige, öffentliche oder am Gemeinwohl orientierte Träger abgegeben werden.
Ländlich leben, digital arbeiten
Das Leben auf dem Land und im Dorf hat viel zu bieten. Gründer*innen, Familien oder
Freischaffende – alle brauchen schnelles Internet für ihr Leben. Eine ausreichend schnelle
Breitband- und Mobilfunkversorgung gehört zur Daseinsvorsorge, deshalb werden wir einen
Rechtsanspruch darauf einführen. Wir schaffen Ankommens- und Bleibeperspektiven für Jung und
Alt. Über die Gemeinschaftsaufgabe für Agrar- und Küstenschutz fördern wir Wohnprojekte für
alle Generationen, Co-Working, die Aktivierung von Leerstand sowie gemeinschaftliche und
genossenschaftliche Wohnformen. Bahnhofsgebäude wollen wir als gemeinwohlorientierte Räume
zu einladenden Mobilitätsknotenpunkten weiterentwickeln und attraktiver machen. Damit
verknüpfen wir die Bahn mit den Ortschaften. Wir unterstützen die Landesprogramme zu
Markttreffs: wenn zum Beispiel Supermärkte ihre Flächen so umbauen, dass sie Café, Bank- und
Postfiliale integrieren. Kommunen sollen Zuschüsse bekommen, wenn sie öffentliche
Einrichtungen, Sporthalle, Bibliothek, Spielplatz, Working-Space oder Kino unter dem Dach
eines Kulturzentrums zusammenfassen.
Schnelles Internet überall
Mit weniger als zwei Millionen aktiven Glasfaser-Anschlüssen steht Deutschland im OECD-
Vergleich sehr schlecht da. Egal ob Stadt oder Land, ob mobiles Arbeiten oder Heimunterricht
– schnelles Internet ist die Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und gleichwertige
Lebensverhältnisse. Mit einem Breitband-Universaldienst wollen wir einen Rechtsanspruch auf
schnelles Internet für alle schaffen, der sich nicht am Minimalstandard, sondern an den
Nutzungsgewohnheiten der Mehrheit orientiert. Wir sorgen dafür, dass Blockaden bei der
Abrufung der Fördergelder für den Netzausbau abgebaut werden und dann auch zügig gebaut
wird. Und wir machen Schluss mit der Bandbreiten-Schummelei: Wenn
Telekommunikationsunternehmen nicht die versprochenen Download-Geschwindigkeiten liefern,
soll es unkomplizierten pauschalierten Schadenersatz und hohe Bußgelder geben. Beim
Mobilfunkausbau gilt es eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, egal in welchem
Netz man surft. Wo die Anbieter keine Kooperationsvereinbarungen schließen, um Funklöcher zu
schließen, muss notfalls lokales Roaming angeordnet werden, natürlich mit entsprechender
Vergütung. Bei zukünftigen Frequenzversteigerungen sollen die Versorgungsauflagen für die
Fläche so angepasst werden, dass sie mit dem steigenden Bedarf Schritt halten – insbesondere
entlang von Bahnstrecken und Straßen.
Selbstbestimmt im Alter, in Stadt und Land
Wir wollen Selbstbestimmung auch im Alter ermöglichen. Wir wollen den Abbau von Barrieren in
Wohnungen und im Wohnumfeld stärker finanziell fördern und somit älteren Menschen
ermöglichen, länger als bisher in ihrem vertrauten Quartier selbstbestimmt wohnen zu
bleiben. Gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht Selbstbestimmung. Das wollen wir mit einem
Programm fördern, bei dem Ansprechstellen und Gemeindezentren über altersgerechtes Wohnen,
Weiterbildungsangebote, Pflege und soziale Sicherung sowie Möglichkeiten, sich im Dorf oder
im Stadtteil zu engagieren, informieren. Zur Selbstbestimmung gehört auch, den eigenen
Bedürfnissen entsprechend mobil zu sein, unabhängig vom eigenen Pkw. Dafür muss das
Nahverkehrsangebot in den Städten ausgebaut und auf dem Land erhalten bzw. intelligent
vernetzt werden. Es braucht flächendeckend barrierefreie Zugänge zu allen öffentlichen
Verkehrsmitteln, und die Wege zu ÖPNV und Nahversorgung sollen mit genügend Möglichkeiten
zum Ausruhen und „Kräftesammeln“ ausgestattet werden.
Antragstext
Von Zeile 147 bis 149 einfügen:
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende Einsparmöglichkeiten umsetzt. Dazu muss der Bund die finanziellen Mittel für Planungen und Investitionen unverzüglich und dauerhaft bis in die kommunale Ebene sichern. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts
konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation einläuten, können wir die Krise
noch stemmen. Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr
soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die Vorboten
der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die Gesundheit der Menschen
– und es sind vor allem die mit den geringsten Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass
der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern,
denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern.
Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir für jetzige
und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser
Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir
lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-
Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere
Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische
Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der
Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen und sorgen so für eine
effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das
Energiesystem auf Sonnen- und Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren
festzuhalten, schaffen wir eine neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt
Ölheizungen werden Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die
Heizquellen der Zukunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger Autos
in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft dienen
besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote
an klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing,
erleichtern zu pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue
Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige völlig neu entstehen, wieder
andere verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja
Zumutung. Die sozial-ökologische Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür
tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen
oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu
tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind.
Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang
gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für
den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische
Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskorrektur, dann
brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer
Politik und verändern entsprechend die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt
an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was
zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden, der Tiere und
der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen, kann es gelingen, die
Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Und damit auch
unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität: Städte mit
weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu
spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr.
Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes
Essen, hergestellt unter Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr
als reine Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben sich
Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg begeben. Sie
brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen befähigen, bei sich die
Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV machen wir fit für dieses Jahrhundert.
Wir sorgen für den Erhalt unserer wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir begründen
einen Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin
in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die Heizung und das Gas im
Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist nichts weniger
als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die
Erneuerbaren. Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür
sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und Strom zu verlässlichen und
wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign ändern wir, sodass
erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher
und die Produktion von Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip
„nutzen statt abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer Strom
produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine
Kreislaufwirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die
ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial-
ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in
Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und
europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen.
Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und
Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten
Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung regenerativer Energie
oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen und datengetriebenen Innovationen
können wir den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei
Zukunftstechnologien führend werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale
Anwendungen und Lösungen, die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger
sind als analoge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst ökologisch
nachhaltige Technologien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-Beschaffungen des Bundes
müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit, Folgebeschaffung, technische Offenheit,
Reparaturfähigkeit und Nachhaltigkeit zwingend in die Bewertungen einfließen und
Zertifizierungen wie der Blaue Engel für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle
Rechen- und Datencenter des Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben
und zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die
beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und neue zu schaffen.
Die ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und
kann zur einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur
Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green
Jobs. Sie entstehen im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie sowie in
neuen Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und
tarifvertraglich organisiert sind sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf
werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf dem Weg hin zu
einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile
grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökologischen
Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu
wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für
Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der Transformation
ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die
Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die
betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken.
Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große
Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren
Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Die
Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel
nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort
bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften
sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo die Region sozial und
wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie Reallabore
und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und
Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des
Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das
Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher
notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles
Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende
Einsparmöglichkeiten umsetzt. Dazu muss der Bund die finanziellen Mittel für Planungen und Investitionen unverzüglich und dauerhaft bis in die kommunale Ebene sichern. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den
Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
– das deutsche Klimaziel 2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir
Europäer*innen deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da derzeit die
Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering
eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals noch nicht
wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und
Förderung sowie Ordnungsrecht ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung
von CO2 erreichen, müsste der Preis 180 Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen
sozialen Unwuchten führen würde. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr
teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam
und sozial gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung endlich
voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von Emissionszertifikaten und
der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich
Strom und Industrie, der dafür sorgt, dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz
kommt. Sollte das auf europäischer Ebene nicht schnell genug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche Verkehr und
Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-
Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter verbessert werden muss. Wir wollen die
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis
so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben
die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an
die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein
Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle
zusätzlichen CO2-Einnahmen an die Menschen zurück, und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So
kann man mit Klimaschutz Geld verdienen und es findet ein sozialer Ausgleich im System
statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem
Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie
Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen
Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf
ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die Vorgaben des
Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem Staat mehr Möglichkeiten
geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung klimaschonendes Verhalten zu belohnen und
die fossilen Energieträger den wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungsprozesse
führen wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den
nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem
Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen nicht vereinbar. Wir
setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. Um nicht erneut den
Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden
der Kohleverstromung einpreisen. Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu
regeln – mit einem lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein
beschleunigter Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven
Ausbaus der erneuerbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immissionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen anheben.
Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach mit Solaranlage
hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird dezentral und vor Ort erzeugt
und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue Solardächer in den kommenden vier Jahren.
Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten,
öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard
perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen. Mit allen
diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen.
Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll neben Autobahnen und
Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen und Brachen und auf Konversions-
oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen,
d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche,
können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden. Landwirtschaftsbetriebe
sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig
zudem ist die Möglichkeit, direkte langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können.
Bei der Planung gilt es die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den
Erlösen müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist ein
jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35 GW bis 2035
erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und Artenschutz zu minimieren,
Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur Genehmigung zu beschleunigen. In einem
ersten Schritt wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die
Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen. Alle
Bundesländer haben hierfür ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen,
etwa über exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie
mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreundliche und naturverträgliche
Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei Vögeln. Wir werden die Planungs- und
Genehmigungsverfahren durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche
Bewertungsmaßstäbe beschleunigen. Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte
Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Wir bauen unsere Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen
Energieunion mit den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und
der Alpen. Je vernetzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende eine gute
Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht
einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Die Planung unserer
Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht daher ein Update und muss
Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die
wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-
ready geplant und gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem Transport mit
einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur wollen wir daran binden, dass
die fossilen Energieträger darüber nur noch in einem begrenzten Zeitrahmen transportiert
werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten
von klimaschädlichen Ressourcen und konterkarieren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geopolitischen Gründen gestoppt werden. Damit
stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt. Deutschland
ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese Führungsrolle wollen wir
weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und einem umfassenden Förderprogramm werden
wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur
für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen mit wind-
und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich Wasserstoff zu importieren.
Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es unabdingbar, die lokale Bevölkerung
einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu
orientieren. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren
Energien hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen
zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion, schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die
Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und
teuer, die direkte Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es
gilt daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo sie
wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der
Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil
von fast 50 Prozent im Strombereich, brauchen wir ein Energiemarktdesign, das Ökostrom in
den Mittelpunkt rückt und zugleich die Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass
erneuerbarer Strom künftig stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem
ersten Schritt werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige
Lieferverträge zwischen Ökostromerzeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrommarkt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass Endkund*innen deren
Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es darum, nicht die Arbeit,
sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu entlohnen. Damit stärken wir
Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn bei fossilen Energien die CO2-Kosten
stärker eingepreist und neue Instrumente etwa für Refinanzierung und Mietermodelle
geschaffen sind, kann in einem dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb werden wir
Bürger*innen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern und die Kommunen
verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen beteiligen. Gerade der ländliche
Raum kann so von den Gewinnen profitieren. Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer
Ausnahmeregelung bei den Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom
fördern und entbürokratisieren, damit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die Stromleitungen
schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo er erzeugt wird, so
schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird. Voraussetzung für einen weiteren
Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
die bestehenden Netze optimal auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige
Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu
bei, dass potenzielle Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor
Gericht geklärt werden. Klar ist auch: Die Erneuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur darstellen,
wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir nach Möglichkeit die
staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland erhöhen und sie in
eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der
Netzentgelte voran, um über einheitliche Netzentgelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und
Land und Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral erfolgen.
Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem
Passivhausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für
denkmalgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss deutlich gesteigert werden. Für den
Bestand muss gelten: Sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan
erstellt. Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird,
sollen Erneuerbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein
Investitionsprogramm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme
wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die Energieeffizienz maßgeblich, von der
Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen
Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird.
Solche verbundenen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen.
Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche
Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie
für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die
Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die
Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben.
Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten
Förderprogrammen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl Atomkraft eine
Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe
hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch
eine restriktivere Exportpolitik stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum
Atomausstieg gehört auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu
finden. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen geologischen
Bedingungen und Rückholbarkeit; die Suche hat auf Basis von wissenschaftlichen Kriterien und
mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU
wollen wir den Einstieg in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-
Vertrag zu reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die erneuerbaren Energien
stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte mit
regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen Räumen in
größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren. Entwidmung von Bahnstrecken
soll es nicht mehr geben. Auch den grenzüberschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines
Europatakts deutlich zu stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz
aufzubauen und die Lücken in regionalen, grenzüberschreitenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstationen aufwerten und die Kombination
von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die Investitionsmittel für die Bahn
werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und
effizienter machen, die Strukturen für mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer
staatlicher Verantwortung am Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verantwortung
für das Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt übernehmen.
Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern den
Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu muss der
öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem Fernverkehr verknüpft
werden. Zusammen mit den Ländern werden wir eine Zukunfts- und Ausbauoffensive starten,
Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von
Regionalbahnen ausweiten und die Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch
die Beschaffung von emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die
Kommunen vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preiswerten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen, wollen wir
Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und attraktiv sein – überall.
Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen von Dorf zu Dorf wie auch touristische
Radwege sollen sich durch hohe Qualität und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere
Vision ist ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik
an den Zielen und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die
Förderprogramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßenverkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr Platz im
Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der digitale
Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die
deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue Mobilitätslösungen machen und die
Chancen der Digitalisierung für eine Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein
einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von
A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und
Tarifverbünden in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so
integrieren, dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern. Deshalb wollen
wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife fördern. Ein Haushalt, der
sein Auto dauerhaft abmeldet, soll zudem für ein Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung
umweltfreundlicher Verkehrsmittel bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen
Rechtsrahmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele
erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter zu Fuß gehen – sei es
zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf diese Weise Städte vom Autoverkehr
entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln, die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern,
entscheidend. Unser Ziel ist die Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im
Straßenverkehr. Wir wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel-
Ausnahme-Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein
Sicherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von Fahrradfahrer*innen
und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende Schwerlasttransporter zu verhindern,
wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler und
klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit das Auto der
Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird, braucht es klare politische
Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum
Beispiel durch eine ansteigende nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für
saubere Luft in Innenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die
Automobilindustrie kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten.
Das sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns für
schärfere europäische CO2-Flottengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier Autos wollen wir
über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere Autos werden billiger,
klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention und gestalten die
Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleunigen den flächendeckenden Ausbau einer
einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive Schnellladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im
ländlichen Raum. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem
möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr gefördert. Sie
reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat
keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten.
Deutschland braucht eine Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle
und an Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen, Radwegen
und auf eine intelligente Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel legt. Auch die
Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die
Wiederkehr der Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden
einen Bundesnetzplan 2050 erarbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße,
Schiene und Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir nutzen, um nicht
planfestgestellte Straßenneubauprojekte, insbesondere Autobahnabschnitte, noch einmal auf
den Prüfstand zu stellen und mit einem Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die
Investitionen werden wir umschichten zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des
Ausbaus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für viele
Familien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an erster Stelle auf
die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem
Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wallbox in der Garage eine zukunftsfähige
Lösung, die wir gerade im ländlichen Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss
Mobilität ohne Auto möglich sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen,
Jugendliche und ältere Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine
Mobilitätsgarantie mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und Radwege
auszubauen. Gerade in strukturschwachen Regionen braucht es eine regelmäßige und
verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-
Demand-Verkehre sowie öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle,
Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die autozentrierte Stadt ist
nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen die Städte bei
der Mobilitätswende gezielt unterstützen, es ihnen erleichtern, sichere Radwege und
attraktive Fußwege anzulegen und verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und
Stadtviertel zu schaffen. Die Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den
Autoverkehr einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen. Die
Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der Pkw-Bestand in
den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines immensen
Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der Pandemie wollen wir kein
Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität
ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn
massiv ausbauen. Die Zahl von Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Fliegen
gleichzeitig zu dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen,
wollen wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad festschreiben.
Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner Flugzeugtechnologie fördern wir.
Umweltschädliche Subventionen im Flugverkehr sind abzubauen und Finanzhilfen für
unwirtschaftliche Regionalflughäfen zu beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch
weniger und bessere Flugzeuge braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist
in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss
auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe,
die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen
mehr Güter mit der Bahn transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und
Schiene ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
angeschlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und stattdessen den
Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den ausufernden Lkw-Verkehr wollen
wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren. Zusammen mit ambitionierten CO2-
Flottengrenzwerten und der Förderung klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar
emissionsfrei. Für mehr Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvorschriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen müssen erheblich
verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den Einsatz von Lastenrädern und
neue Verteilkonzepte wie Cityhubs oder Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken müssen daher
unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu
überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere
Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier
ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den
Einsatz von Glyphosat untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen zur
Bebauung und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern verteidigen und
verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue schaffen. 10 Prozent der
Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen
eingesetzt werden. Mit einem Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens
2 Prozent der Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Natur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrsinfrastruktur sowie
Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den Naturschutz geachtet werden. Das werden
wir bei Bundesinfrastrukturprojekten umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen
dabei unterstützen, nicht mehr benötigte versiegelte Flächen der Natur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein Waldsterben,
das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch den sauren Regen
entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile Waldökosysteme sind
widerstandsfähiger als Monokulturen. Wir wollen gesetzliche Mindeststandards für eine
naturnahe Waldbewirtschaftung festlegen und den Umbau und die Wiederbewaldung nach
ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen
Mehrwert. Die Bewirtschaftung von Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische
Kriterien – im Wald nach FSC, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft
werden. Wir wollen 5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die
Waldbrandgefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bundesweite Präventions-
und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch global weiter
voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der Vereinten Nationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen entsprechend der Biodiversitätsstrategie der
Europäischen Union mindestens 30 Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere geschützt
werden, davon 10 Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an Land. Die
UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen Abkommen als neue
Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik sorgen. Insbesondere im
Meeresbereich verfolgen wir eine gemeinsame internationale Meeresstrategie. Wir werden uns
dafür einsetzen, den Schutz der Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen,
Vollzugsdefizite und Regellücken zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus
zu rücken, damit legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten
und Übernutzung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren – all das
schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern auch das Klima.
Naturnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben,
einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind
auch der beste Schutz gegen Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der
Bundeswasserstraßenverwaltungen stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für
wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir
stärken und die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen wir
gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-Renaturierungsprogramm auf.
Wiedervernässte Moore müssen zu einem Teil Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte
nachhaltig genutzt werden. Daher wollen wir Paludikultur stärken, also die
landwirtschaftliche Nutzung von nassen Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamentenreste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht ins Abwasser.
Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur Flächenbindung der Tierhaltung und
des Pestizideinsatzes verankern. Ein Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe
sollen so zu einer fairen Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung
führen. Durch eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue
Genehmigungs- und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückständen im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern. Setzen wir das EU-
Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von hormonverändernden Stoffen und
Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher
Nutzung gilt es sicherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von
Regenwasser wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch
weitere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu verschlechtern. Um
die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm mit verbindlichen
Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik und Maschinen fördern, die eine Bergung
der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ermöglichen. Um die Fischbestände zu
stabilisieren und Fischer*innen eine nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine
regionale, umwelt- und artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die
Fangmengen und Netzlängen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben oder
einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In Meeresschutzgebieten regulieren wir
die Schleppnetz- und Stellnetzfischerei sowie die touristische Nutzung. Aus den
Erdölförderanlagen in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit
Bohrabfällen und auch durch die Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für
ein Ende der Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen
sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für
ein Ende der Öl- und Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den
Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die
Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischereisubventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die Ausweisung von
großflächigen Meeresschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für wenige
Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets verstauben in
Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Unser Ziel ist Zero
Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die Ressourcenverschwendung gestoppt werden.
Dafür wollen wir das komplizierte Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden
Pfandautomaten passen, den To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf
europäischer Ebene treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus
alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf Handys,
Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir zu einem
Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-Plastikflaschen
vorsieht. Die Kreislaufwirtschaft wird das neue Normal. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen
wir allen ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein
Verbot des Exports von Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und Jugendlichen. Die
Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden Chemikalien eine globale
Gesundheitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien, die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes
oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem
wir das EU-Recht im Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche Stoffe und
werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten wir auf Spielzeug,
Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie Textilien, Möbel oder Elektronik.
Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie
Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte
Kohlenwasserstoffe in Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund
in einer gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken
oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen
Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von
Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische
Modernisierung riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für Luftschadstoffe und die
Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern,
Waldsterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten,
die in schwierigeren Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an
Erderhitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte
wollen wir besser gegen Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und
Trinkbrunnen. Es gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss Vorrang vor
einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer wichtigere
Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt ausweiten und dafür zum Beispiel die
Lichtverschmutzung eindämmen, die sich negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung
miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir
als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem
Verständnis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz
verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme,
aber auch faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir werden
vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie
die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen. Digitale Anwendungen können bei
entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen
aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und
bezahlbar sein. Den Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller umstellen.
Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für
Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte,
patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf
Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür
unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine ökologische
Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Das muss der Ausgangspunkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen,
Verbraucher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit
die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-,
Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen Spielräume für die
bevorstehende Förderperiode bestmöglich zu nutzen. Dazu gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30
Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid- und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen
das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die
konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die
Hälfte der Gelder eine ökologische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger
Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den
Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten:
durch eine systematische Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders
umwelttoxische Wirkstoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den
Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die
Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen.
Die Landwirt*innen werden durch Gelder der Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden
außerdem den Export von Pestiziden beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von
Umwelt- und Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und Beratungsprogramm
für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Es ist
nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der Klima- und
Biodiversitätskrise wollen wir sowohl die Forschung für ökologisches Saatgut stärken als
auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie Produktion muss durch vorsorgeorientierte
Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der
EU setzen wir vollständig in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie
innovative Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Pflanzen
und Tiere sowie deren genetische Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit Hilfe des
Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen. Wir wollen
Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen gegen Bodenspekulation
und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass wir die Flächen der
bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung überführen, die die Flächen vorzugsweise an
kleinere Betriebe statt an große Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung
und ‑verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und
Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr
Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu kaufen, beim
Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir wollen die regionale
Erzeugung und Vermarktung stärken und so dem Betriebssterben der letzten Jahre
entgegentreten. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch
lokale Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von
regionalen Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. Forschung und
Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative Ansätze wie solidarische
Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht
zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von Fehlernährung wollen wir
gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen
unterstützen wir dabei, mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes
Essen scheitert allzu oft an mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen
wir die Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrategien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder
richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation
orientieren. Klimaschutz heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte
produzieren und konsumieren werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver
und zugänglich für alle Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden.
Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir wollen mit einem Rettet-die-
Lebensmittel-Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und -
produzenten verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen.
Lebensmittel aus dem Müll zu retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert
werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit verständlichen
Informationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir für die nötige Transparenz
sorgen. Wir werden daher eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und
andere tierische Produkte einführen. Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir
ausbauen und europaweit für alle Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die
Transparenz über die Herkunft von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der
Lebensmittelhygiene gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form
eines Hygienebarometers für alle erkennbar sein.
Wir ermöglichen Tieren ein besseres Leben
Tierhaltung mit mehr Platz für weniger Tiere
Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis
getrieben: Bäuerinnen und Bauern werden von Dumpingpreisen erdrückt und müssen immer mehr
produzieren, um zu überleben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben
immer kürzer, die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Es braucht einen
Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden als bisher und
diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Damit Tierschutz wirtschaftlich
machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen durch eine Umbauförderung, faire Preise für ihre
Arbeit und verpflichtende Haltungskennzeichnungen auf den Produkten für alle Tierarten
unterstützen. Die Tierhaltung soll an die Fläche – nicht mehr als zwei Großvieheinheiten pro
Hektar – und Obergrenzen pro Stall gebunden werden. Den Umbau in tiergerechte Ställe werden
wir durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte ebenso gezielt fördern wie die
Weidetierhaltung, die ökologisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Qualzucht,
Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und Anbindehaltung wollen wir beenden, den Einsatz
von Antibiotika senken und Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen. Lebendtiertransporte
in Drittstaaten außerhalb der EU gehören ganz verboten.
Tiere schützen und respektieren
Tiere brauchen Schutz, deshalb werden wir die gesetzlichen Regelungen zur Tierhaltung
verbessern. Für alle Tiere, die wir Menschen halten, haben wir eine besondere Verantwortung.
Wir wollen ihnen ein würdevolles, gutes und gesundes Leben frei von Schmerzen, Angst und
Stress ermöglichen. Dafür gilt es gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf einen
effektiveren Vollzug hinzuwirken und wirkungsvollere Sanktionen bei Tierschutzvergehen im
Tierschutzgesetz zu verankern. Wir werden ein Verbandsklagerecht für anerkannte
Tierschutzorganisationen einführen. Die anerkannten Tierschutzorganisationen und ein*e
Bundestierschutzbeauftragte*r sollen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen, die für
den Tierschutz zuständigen Behörden kontrollieren und Rechtsverstöße beanstanden. Die
Haltung von Wildtieren in Zirkussen gehört nicht mehr in unsere Zeit. Den Online-Handel mit
Tieren wollen wir strikt regulieren. Wir streben die weitere konsequente Reduktion von
Tierversuchen in der Wissenschaft an und wollen Tierversuche mit einer klaren
Ausstiegsstrategie und innovativen Forschungsmethoden schnellstmöglich überflüssig machen.
Deswegen muss die zukunftsorientierte Forschung sichergestellt sein, genauso wie auch
tierfreie Modelle für verbesserte Medikamenten- und Sicherheitsprüfungen weiterentwickelt
und gefördert werden müssen.
Wildtierhandel an die Leine legen
Die Covid-19-Pandemie muss eine Lehre sein, die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch
zusammenzudenken. Sie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier zum Menschen übertragenen
Infektionskrankheit. Solche neuartigen Krankheiten werden durch die fortschreitende
Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume
begünstigt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit
ihnen muss strenger reguliert, Importe von Wildfängen, die Trophäenjagd, ihr Handel auf
Online-Portalen und Wildtierbörsen müssen ganz verboten werden. Auch die industrielle
Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat.
Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen
auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Pelztierfarmen nicht mehr erlaubt sind.
weitere Antragsteller*innen
- (Gabriel) Oliver Rohde (KV Oldenburg-Stadt)
- Max Schewe (KV Oldenburg-Stadt)
- Mario Neumeister (KV Oldenburg-Stadt)
- Alaa Alhamwi (KV Oldenburg-Stadt)
- Daniel Jochum (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Vanessa Closius (KV Hamburg-Mitte)
- Udo Engelbart (KV Oldenburg-Stadt)
- Sascha Heußen (KV Köln)
- Erich Minderlein (KV Ortenau)
- Felix Gottwald (KV Dresden)
- Karl Hertkorn (KV Sigmaringen)
- Lorant Bokor (KV Oldenburg-Stadt)
- Michael Wenzel (KV Oldenburg-Stadt)
- Margot Böhm (KV Nordfriesland)
- Jens Schabacher (KV Bremen-Mitte)
- Iris Schilpp (KV Oldenburg-Stadt)
- Bärbel Kraus (KV Wittmund)
- Birgit Schlobohm (KV Oldenburg-Stadt)
- Wiebke Garling-Witt (KV Stormarn)
- Burkhard Köppen (KV Traunstein)
- Eberhard Hoffmann (KV Wittmund)
- Jutta Schober-Stockmann (KV Oldenburg-Stadt)
- Wolfgang Sprick (KV Rheingau-Taunus)
Fehler:Du musst dich einloggen, um Änderungsanträge stellen zu können.
Von Zeile 147 bis 149 einfügen:
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende Einsparmöglichkeiten umsetzt. Dazu muss der Bund die finanziellen Mittel für Planungen und Investitionen unverzüglich und dauerhaft bis in die kommunale Ebene sichern. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts
konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation einläuten, können wir die Krise
noch stemmen. Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr
soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die Vorboten
der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die Gesundheit der Menschen
– und es sind vor allem die mit den geringsten Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass
der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern,
denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern.
Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir für jetzige
und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser
Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir
lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-
Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere
Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische
Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der
Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen und sorgen so für eine
effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das
Energiesystem auf Sonnen- und Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren
festzuhalten, schaffen wir eine neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt
Ölheizungen werden Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die
Heizquellen der Zukunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger Autos
in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft dienen
besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote
an klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing,
erleichtern zu pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue
Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige völlig neu entstehen, wieder
andere verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja
Zumutung. Die sozial-ökologische Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür
tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen
oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu
tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind.
Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang
gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für
den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische
Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskorrektur, dann
brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer
Politik und verändern entsprechend die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt
an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was
zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden, der Tiere und
der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen, kann es gelingen, die
Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Und damit auch
unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität: Städte mit
weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu
spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr.
Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes
Essen, hergestellt unter Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr
als reine Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben sich
Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg begeben. Sie
brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen befähigen, bei sich die
Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV machen wir fit für dieses Jahrhundert.
Wir sorgen für den Erhalt unserer wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir begründen
einen Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin
in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die Heizung und das Gas im
Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist nichts weniger
als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die
Erneuerbaren. Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür
sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und Strom zu verlässlichen und
wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign ändern wir, sodass
erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher
und die Produktion von Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip
„nutzen statt abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer Strom
produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine
Kreislaufwirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die
ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial-
ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in
Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und
europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen.
Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und
Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten
Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung regenerativer Energie
oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen und datengetriebenen Innovationen
können wir den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei
Zukunftstechnologien führend werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale
Anwendungen und Lösungen, die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger
sind als analoge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst ökologisch
nachhaltige Technologien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-Beschaffungen des Bundes
müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit, Folgebeschaffung, technische Offenheit,
Reparaturfähigkeit und Nachhaltigkeit zwingend in die Bewertungen einfließen und
Zertifizierungen wie der Blaue Engel für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle
Rechen- und Datencenter des Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben
und zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die
beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und neue zu schaffen.
Die ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und
kann zur einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur
Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green
Jobs. Sie entstehen im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie sowie in
neuen Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und
tarifvertraglich organisiert sind sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf
werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf dem Weg hin zu
einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile
grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökologischen
Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu
wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für
Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der Transformation
ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die
Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die
betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken.
Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große
Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren
Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Die
Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel
nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort
bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften
sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo die Region sozial und
wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie Reallabore
und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und
Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des
Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das
Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher
notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles
Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende
Einsparmöglichkeiten umsetzt. Dazu muss der Bund die finanziellen Mittel für Planungen und Investitionen unverzüglich und dauerhaft bis in die kommunale Ebene sichern. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den
Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
– das deutsche Klimaziel 2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir
Europäer*innen deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da derzeit die
Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering
eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals noch nicht
wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und
Förderung sowie Ordnungsrecht ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung
von CO2 erreichen, müsste der Preis 180 Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen
sozialen Unwuchten führen würde. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr
teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam
und sozial gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung endlich
voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von Emissionszertifikaten und
der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich
Strom und Industrie, der dafür sorgt, dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz
kommt. Sollte das auf europäischer Ebene nicht schnell genug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche Verkehr und
Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-
Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter verbessert werden muss. Wir wollen die
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis
so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben
die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an
die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein
Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle
zusätzlichen CO2-Einnahmen an die Menschen zurück, und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So
kann man mit Klimaschutz Geld verdienen und es findet ein sozialer Ausgleich im System
statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem
Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie
Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen
Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf
ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die Vorgaben des
Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem Staat mehr Möglichkeiten
geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung klimaschonendes Verhalten zu belohnen und
die fossilen Energieträger den wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungsprozesse
führen wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den
nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem
Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen nicht vereinbar. Wir
setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. Um nicht erneut den
Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden
der Kohleverstromung einpreisen. Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu
regeln – mit einem lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein
beschleunigter Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven
Ausbaus der erneuerbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immissionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen anheben.
Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach mit Solaranlage
hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird dezentral und vor Ort erzeugt
und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue Solardächer in den kommenden vier Jahren.
Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten,
öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard
perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen. Mit allen
diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen.
Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll neben Autobahnen und
Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen und Brachen und auf Konversions-
oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen,
d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche,
können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden. Landwirtschaftsbetriebe
sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig
zudem ist die Möglichkeit, direkte langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können.
Bei der Planung gilt es die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den
Erlösen müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist ein
jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35 GW bis 2035
erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und Artenschutz zu minimieren,
Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur Genehmigung zu beschleunigen. In einem
ersten Schritt wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die
Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen. Alle
Bundesländer haben hierfür ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen,
etwa über exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie
mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreundliche und naturverträgliche
Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei Vögeln. Wir werden die Planungs- und
Genehmigungsverfahren durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche
Bewertungsmaßstäbe beschleunigen. Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte
Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Wir bauen unsere Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen
Energieunion mit den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und
der Alpen. Je vernetzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende eine gute
Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht
einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Die Planung unserer
Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht daher ein Update und muss
Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die
wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-
ready geplant und gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem Transport mit
einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur wollen wir daran binden, dass
die fossilen Energieträger darüber nur noch in einem begrenzten Zeitrahmen transportiert
werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten
von klimaschädlichen Ressourcen und konterkarieren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geopolitischen Gründen gestoppt werden. Damit
stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt. Deutschland
ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese Führungsrolle wollen wir
weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und einem umfassenden Förderprogramm werden
wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur
für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen mit wind-
und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich Wasserstoff zu importieren.
Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es unabdingbar, die lokale Bevölkerung
einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu
orientieren. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren
Energien hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen
zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion, schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die
Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und
teuer, die direkte Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es
gilt daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo sie
wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der
Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil
von fast 50 Prozent im Strombereich, brauchen wir ein Energiemarktdesign, das Ökostrom in
den Mittelpunkt rückt und zugleich die Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass
erneuerbarer Strom künftig stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem
ersten Schritt werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige
Lieferverträge zwischen Ökostromerzeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrommarkt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass Endkund*innen deren
Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es darum, nicht die Arbeit,
sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu entlohnen. Damit stärken wir
Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn bei fossilen Energien die CO2-Kosten
stärker eingepreist und neue Instrumente etwa für Refinanzierung und Mietermodelle
geschaffen sind, kann in einem dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb werden wir
Bürger*innen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern und die Kommunen
verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen beteiligen. Gerade der ländliche
Raum kann so von den Gewinnen profitieren. Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer
Ausnahmeregelung bei den Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom
fördern und entbürokratisieren, damit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die Stromleitungen
schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo er erzeugt wird, so
schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird. Voraussetzung für einen weiteren
Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
die bestehenden Netze optimal auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige
Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu
bei, dass potenzielle Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor
Gericht geklärt werden. Klar ist auch: Die Erneuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur darstellen,
wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir nach Möglichkeit die
staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland erhöhen und sie in
eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der
Netzentgelte voran, um über einheitliche Netzentgelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und
Land und Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral erfolgen.
Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem
Passivhausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für
denkmalgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss deutlich gesteigert werden. Für den
Bestand muss gelten: Sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan
erstellt. Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird,
sollen Erneuerbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein
Investitionsprogramm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme
wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die Energieeffizienz maßgeblich, von der
Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen
Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird.
Solche verbundenen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen.
Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche
Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie
für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die
Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die
Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben.
Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten
Förderprogrammen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl Atomkraft eine
Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe
hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch
eine restriktivere Exportpolitik stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum
Atomausstieg gehört auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu
finden. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen geologischen
Bedingungen und Rückholbarkeit; die Suche hat auf Basis von wissenschaftlichen Kriterien und
mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU
wollen wir den Einstieg in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-
Vertrag zu reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die erneuerbaren Energien
stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte mit
regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen Räumen in
größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren. Entwidmung von Bahnstrecken
soll es nicht mehr geben. Auch den grenzüberschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines
Europatakts deutlich zu stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz
aufzubauen und die Lücken in regionalen, grenzüberschreitenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstationen aufwerten und die Kombination
von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die Investitionsmittel für die Bahn
werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und
effizienter machen, die Strukturen für mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer
staatlicher Verantwortung am Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verantwortung
für das Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt übernehmen.
Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern den
Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu muss der
öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem Fernverkehr verknüpft
werden. Zusammen mit den Ländern werden wir eine Zukunfts- und Ausbauoffensive starten,
Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von
Regionalbahnen ausweiten und die Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch
die Beschaffung von emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die
Kommunen vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preiswerten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen, wollen wir
Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und attraktiv sein – überall.
Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen von Dorf zu Dorf wie auch touristische
Radwege sollen sich durch hohe Qualität und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere
Vision ist ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik
an den Zielen und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die
Förderprogramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßenverkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr Platz im
Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der digitale
Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die
deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue Mobilitätslösungen machen und die
Chancen der Digitalisierung für eine Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein
einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von
A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und
Tarifverbünden in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so
integrieren, dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern. Deshalb wollen
wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife fördern. Ein Haushalt, der
sein Auto dauerhaft abmeldet, soll zudem für ein Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung
umweltfreundlicher Verkehrsmittel bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen
Rechtsrahmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele
erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter zu Fuß gehen – sei es
zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf diese Weise Städte vom Autoverkehr
entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln, die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern,
entscheidend. Unser Ziel ist die Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im
Straßenverkehr. Wir wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel-
Ausnahme-Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein
Sicherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von Fahrradfahrer*innen
und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende Schwerlasttransporter zu verhindern,
wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler und
klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit das Auto der
Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird, braucht es klare politische
Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum
Beispiel durch eine ansteigende nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für
saubere Luft in Innenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die
Automobilindustrie kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten.
Das sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns für
schärfere europäische CO2-Flottengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier Autos wollen wir
über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere Autos werden billiger,
klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention und gestalten die
Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleunigen den flächendeckenden Ausbau einer
einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive Schnellladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im
ländlichen Raum. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem
möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr gefördert. Sie
reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat
keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten.
Deutschland braucht eine Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle
und an Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen, Radwegen
und auf eine intelligente Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel legt. Auch die
Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die
Wiederkehr der Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden
einen Bundesnetzplan 2050 erarbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße,
Schiene und Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir nutzen, um nicht
planfestgestellte Straßenneubauprojekte, insbesondere Autobahnabschnitte, noch einmal auf
den Prüfstand zu stellen und mit einem Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die
Investitionen werden wir umschichten zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des
Ausbaus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für viele
Familien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an erster Stelle auf
die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem
Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wallbox in der Garage eine zukunftsfähige
Lösung, die wir gerade im ländlichen Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss
Mobilität ohne Auto möglich sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen,
Jugendliche und ältere Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine
Mobilitätsgarantie mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und Radwege
auszubauen. Gerade in strukturschwachen Regionen braucht es eine regelmäßige und
verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-
Demand-Verkehre sowie öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle,
Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die autozentrierte Stadt ist
nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen die Städte bei
der Mobilitätswende gezielt unterstützen, es ihnen erleichtern, sichere Radwege und
attraktive Fußwege anzulegen und verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und
Stadtviertel zu schaffen. Die Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den
Autoverkehr einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen. Die
Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der Pkw-Bestand in
den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines immensen
Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der Pandemie wollen wir kein
Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität
ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn
massiv ausbauen. Die Zahl von Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Fliegen
gleichzeitig zu dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen,
wollen wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad festschreiben.
Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner Flugzeugtechnologie fördern wir.
Umweltschädliche Subventionen im Flugverkehr sind abzubauen und Finanzhilfen für
unwirtschaftliche Regionalflughäfen zu beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch
weniger und bessere Flugzeuge braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist
in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss
auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe,
die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen
mehr Güter mit der Bahn transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und
Schiene ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
angeschlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und stattdessen den
Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den ausufernden Lkw-Verkehr wollen
wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren. Zusammen mit ambitionierten CO2-
Flottengrenzwerten und der Förderung klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar
emissionsfrei. Für mehr Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvorschriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen müssen erheblich
verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den Einsatz von Lastenrädern und
neue Verteilkonzepte wie Cityhubs oder Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken müssen daher
unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu
überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere
Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier
ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den
Einsatz von Glyphosat untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen zur
Bebauung und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern verteidigen und
verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue schaffen. 10 Prozent der
Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen
eingesetzt werden. Mit einem Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens
2 Prozent der Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Natur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrsinfrastruktur sowie
Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den Naturschutz geachtet werden. Das werden
wir bei Bundesinfrastrukturprojekten umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen
dabei unterstützen, nicht mehr benötigte versiegelte Flächen der Natur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein Waldsterben,
das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch den sauren Regen
entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile Waldökosysteme sind
widerstandsfähiger als Monokulturen. Wir wollen gesetzliche Mindeststandards für eine
naturnahe Waldbewirtschaftung festlegen und den Umbau und die Wiederbewaldung nach
ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen
Mehrwert. Die Bewirtschaftung von Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische
Kriterien – im Wald nach FSC, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft
werden. Wir wollen 5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die
Waldbrandgefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bundesweite Präventions-
und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch global weiter
voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der Vereinten Nationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen entsprechend der Biodiversitätsstrategie der
Europäischen Union mindestens 30 Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere geschützt
werden, davon 10 Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an Land. Die
UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen Abkommen als neue
Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik sorgen. Insbesondere im
Meeresbereich verfolgen wir eine gemeinsame internationale Meeresstrategie. Wir werden uns
dafür einsetzen, den Schutz der Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen,
Vollzugsdefizite und Regellücken zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus
zu rücken, damit legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten
und Übernutzung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren – all das
schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern auch das Klima.
Naturnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben,
einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind
auch der beste Schutz gegen Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der
Bundeswasserstraßenverwaltungen stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für
wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir
stärken und die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen wir
gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-Renaturierungsprogramm auf.
Wiedervernässte Moore müssen zu einem Teil Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte
nachhaltig genutzt werden. Daher wollen wir Paludikultur stärken, also die
landwirtschaftliche Nutzung von nassen Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamentenreste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht ins Abwasser.
Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur Flächenbindung der Tierhaltung und
des Pestizideinsatzes verankern. Ein Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe
sollen so zu einer fairen Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung
führen. Durch eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue
Genehmigungs- und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückständen im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern. Setzen wir das EU-
Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von hormonverändernden Stoffen und
Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher
Nutzung gilt es sicherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von
Regenwasser wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch
weitere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu verschlechtern. Um
die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm mit verbindlichen
Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik und Maschinen fördern, die eine Bergung
der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ermöglichen. Um die Fischbestände zu
stabilisieren und Fischer*innen eine nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine
regionale, umwelt- und artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die
Fangmengen und Netzlängen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben oder
einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In Meeresschutzgebieten regulieren wir
die Schleppnetz- und Stellnetzfischerei sowie die touristische Nutzung. Aus den
Erdölförderanlagen in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit
Bohrabfällen und auch durch die Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für
ein Ende der Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen
sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für
ein Ende der Öl- und Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den
Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die
Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischereisubventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die Ausweisung von
großflächigen Meeresschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für wenige
Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets verstauben in
Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Unser Ziel ist Zero
Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die Ressourcenverschwendung gestoppt werden.
Dafür wollen wir das komplizierte Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden
Pfandautomaten passen, den To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf
europäischer Ebene treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus
alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf Handys,
Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir zu einem
Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-Plastikflaschen
vorsieht. Die Kreislaufwirtschaft wird das neue Normal. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen
wir allen ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein
Verbot des Exports von Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und Jugendlichen. Die
Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden Chemikalien eine globale
Gesundheitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien, die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes
oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem
wir das EU-Recht im Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche Stoffe und
werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten wir auf Spielzeug,
Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie Textilien, Möbel oder Elektronik.
Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie
Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte
Kohlenwasserstoffe in Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund
in einer gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken
oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen
Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von
Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische
Modernisierung riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für Luftschadstoffe und die
Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern,
Waldsterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten,
die in schwierigeren Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an
Erderhitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte
wollen wir besser gegen Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und
Trinkbrunnen. Es gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss Vorrang vor
einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer wichtigere
Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt ausweiten und dafür zum Beispiel die
Lichtverschmutzung eindämmen, die sich negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung
miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir
als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem
Verständnis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz
verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme,
aber auch faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir werden
vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie
die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen. Digitale Anwendungen können bei
entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen
aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und
bezahlbar sein. Den Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller umstellen.
Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für
Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte,
patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf
Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür
unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine ökologische
Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Das muss der Ausgangspunkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen,
Verbraucher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit
die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-,
Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen Spielräume für die
bevorstehende Förderperiode bestmöglich zu nutzen. Dazu gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30
Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid- und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen
das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die
konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die
Hälfte der Gelder eine ökologische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger
Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den
Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten:
durch eine systematische Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders
umwelttoxische Wirkstoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den
Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die
Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen.
Die Landwirt*innen werden durch Gelder der Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden
außerdem den Export von Pestiziden beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von
Umwelt- und Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und Beratungsprogramm
für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Es ist
nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der Klima- und
Biodiversitätskrise wollen wir sowohl die Forschung für ökologisches Saatgut stärken als
auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie Produktion muss durch vorsorgeorientierte
Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der
EU setzen wir vollständig in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie
innovative Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Pflanzen
und Tiere sowie deren genetische Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit Hilfe des
Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen. Wir wollen
Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen gegen Bodenspekulation
und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass wir die Flächen der
bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung überführen, die die Flächen vorzugsweise an
kleinere Betriebe statt an große Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung
und ‑verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und
Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr
Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu kaufen, beim
Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir wollen die regionale
Erzeugung und Vermarktung stärken und so dem Betriebssterben der letzten Jahre
entgegentreten. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch
lokale Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von
regionalen Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. Forschung und
Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative Ansätze wie solidarische
Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht
zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von Fehlernährung wollen wir
gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen
unterstützen wir dabei, mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes
Essen scheitert allzu oft an mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen
wir die Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrategien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder
richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation
orientieren. Klimaschutz heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte
produzieren und konsumieren werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver
und zugänglich für alle Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden.
Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir wollen mit einem Rettet-die-
Lebensmittel-Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und -
produzenten verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen.
Lebensmittel aus dem Müll zu retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert
werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit verständlichen
Informationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir für die nötige Transparenz
sorgen. Wir werden daher eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und
andere tierische Produkte einführen. Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir
ausbauen und europaweit für alle Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die
Transparenz über die Herkunft von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der
Lebensmittelhygiene gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form
eines Hygienebarometers für alle erkennbar sein.
Wir ermöglichen Tieren ein besseres Leben
Tierhaltung mit mehr Platz für weniger Tiere
Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis
getrieben: Bäuerinnen und Bauern werden von Dumpingpreisen erdrückt und müssen immer mehr
produzieren, um zu überleben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben
immer kürzer, die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Es braucht einen
Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden als bisher und
diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Damit Tierschutz wirtschaftlich
machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen durch eine Umbauförderung, faire Preise für ihre
Arbeit und verpflichtende Haltungskennzeichnungen auf den Produkten für alle Tierarten
unterstützen. Die Tierhaltung soll an die Fläche – nicht mehr als zwei Großvieheinheiten pro
Hektar – und Obergrenzen pro Stall gebunden werden. Den Umbau in tiergerechte Ställe werden
wir durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte ebenso gezielt fördern wie die
Weidetierhaltung, die ökologisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Qualzucht,
Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und Anbindehaltung wollen wir beenden, den Einsatz
von Antibiotika senken und Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen. Lebendtiertransporte
in Drittstaaten außerhalb der EU gehören ganz verboten.
Tiere schützen und respektieren
Tiere brauchen Schutz, deshalb werden wir die gesetzlichen Regelungen zur Tierhaltung
verbessern. Für alle Tiere, die wir Menschen halten, haben wir eine besondere Verantwortung.
Wir wollen ihnen ein würdevolles, gutes und gesundes Leben frei von Schmerzen, Angst und
Stress ermöglichen. Dafür gilt es gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf einen
effektiveren Vollzug hinzuwirken und wirkungsvollere Sanktionen bei Tierschutzvergehen im
Tierschutzgesetz zu verankern. Wir werden ein Verbandsklagerecht für anerkannte
Tierschutzorganisationen einführen. Die anerkannten Tierschutzorganisationen und ein*e
Bundestierschutzbeauftragte*r sollen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen, die für
den Tierschutz zuständigen Behörden kontrollieren und Rechtsverstöße beanstanden. Die
Haltung von Wildtieren in Zirkussen gehört nicht mehr in unsere Zeit. Den Online-Handel mit
Tieren wollen wir strikt regulieren. Wir streben die weitere konsequente Reduktion von
Tierversuchen in der Wissenschaft an und wollen Tierversuche mit einer klaren
Ausstiegsstrategie und innovativen Forschungsmethoden schnellstmöglich überflüssig machen.
Deswegen muss die zukunftsorientierte Forschung sichergestellt sein, genauso wie auch
tierfreie Modelle für verbesserte Medikamenten- und Sicherheitsprüfungen weiterentwickelt
und gefördert werden müssen.
Wildtierhandel an die Leine legen
Die Covid-19-Pandemie muss eine Lehre sein, die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch
zusammenzudenken. Sie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier zum Menschen übertragenen
Infektionskrankheit. Solche neuartigen Krankheiten werden durch die fortschreitende
Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume
begünstigt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit
ihnen muss strenger reguliert, Importe von Wildfängen, die Trophäenjagd, ihr Handel auf
Online-Portalen und Wildtierbörsen müssen ganz verboten werden. Auch die industrielle
Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat.
Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen
auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Pelztierfarmen nicht mehr erlaubt sind.
weitere Antragsteller*innen
- (Gabriel) Oliver Rohde (KV Oldenburg-Stadt)
- Max Schewe (KV Oldenburg-Stadt)
- Mario Neumeister (KV Oldenburg-Stadt)
- Alaa Alhamwi (KV Oldenburg-Stadt)
- Daniel Jochum (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Vanessa Closius (KV Hamburg-Mitte)
- Udo Engelbart (KV Oldenburg-Stadt)
- Sascha Heußen (KV Köln)
- Erich Minderlein (KV Ortenau)
- Felix Gottwald (KV Dresden)
- Karl Hertkorn (KV Sigmaringen)
- Lorant Bokor (KV Oldenburg-Stadt)
- Michael Wenzel (KV Oldenburg-Stadt)
- Margot Böhm (KV Nordfriesland)
- Jens Schabacher (KV Bremen-Mitte)
- Iris Schilpp (KV Oldenburg-Stadt)
- Bärbel Kraus (KV Wittmund)
- Birgit Schlobohm (KV Oldenburg-Stadt)
- Wiebke Garling-Witt (KV Stormarn)
- Burkhard Köppen (KV Traunstein)
- Eberhard Hoffmann (KV Wittmund)
- Jutta Schober-Stockmann (KV Oldenburg-Stadt)
- Wolfgang Sprick (KV Rheingau-Taunus)
Kommentare