Antrag Kapitel: | Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen |
---|---|
Antragsteller*in: | BAG Energie (dort beschlossen am: 10.04.2021) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Verschoben zu anderem Antrag |
Eingereicht: | 29.04.2021, 17:35 |
PB.L-01-088: Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Verfahrensvorschlag: Antragstext
Von Zeile 129 bis 131 (PB.Z-01: Kapitel 5: Zusammen leben):
die Dächer der Bundesbehörden zu Kraftwerken. Zudem sorgen wir dafür, dass der Bund seine Beschaffung sofortund seine Förderkriterien an ökologischender Einhaltung von ökologischen, Menschenrechts- und sozialen KriterienKriterienSozialstandards orientiert. Bei der Ausschreibung und Förderung von öffentlichen Vorhaben wollen wir bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung einen CO2-Schattenpreis zugrunde legen. So geht die Politik mit gutem Beispiel voran.
Unsere vielfältige Gesellschaft ist stark. Weil Menschen sich engagieren, auf
Fußballplätzen, bei der freiwilligen Feuerwehr, in Musikschulen oder am Sorgentelefon, Junge
für Alte, Alte für Junge. Weil es ein breites Kulturangebot gibt, eine vielfältige
Medienlandschaft. Weil die Jugend sich einmischt, weil Menschen in Kommunalparlamenten
Verantwortung übernehmen, sich Bürger*innen in Foren einbringen und das Schicksal ihrer Orte
in die Hand nehmen.
Aber Demokratie ist nie fertig. Unser demokratisches Zusammenleben in Deutschland und Europa
ist ein Versprechen, das wir immer wieder neu erfüllen müssen. Es verspricht gleiche
Entfaltungsmöglichkeiten und Rechte für alle, die hier leben. Es ist oft anstrengend, teils
eine Zumutung, wenn andere Ansichten und Werthaltungen akzeptiert und respektiert werden
müssen, wenn es den einen zu schnell und den anderen zu langsam vorangeht. Aber vor allem
ist es eine Stärke: zuhören, den Dialog suchen, inhaltlich ringen. So haben wir als
demokratische Gesellschaft die Herausforderungen der letzten Jahrzehnte gemeistert. Nun gilt
es mit voller Gleichberechtigung und mehr Beteiligung unsere liberale Demokratie zu stärken,
in Deutschland und in Europa, auf den Straßen, in den Parlamenten, und unsere Institutionen
fit zu machen für die Aufgaben dieses Jahrzehnts.
Menschen sind unterschiedlich, aber gleich in ihrer Würde und ihren Rechten. Nur wenn Würde
und gleiche Rechte vor der Klammer stehen, wenn alle Menschen in unserer Gesellschaft, in
unserem Europa gleichen Schutz und gleiche Chancen haben und ihre Rechte in Anspruch nehmen
können, kommen Freiheit und Sicherheit – individuelle und gesellschaftliche – heraus und
wird Gerechtigkeit befördert. Dieser Anspruch ist jedoch noch nicht voll verwirklicht. Wenn
mit Frauen die Hälfte der Bevölkerung nicht gleichberechtigt beteiligt, repräsentiert und
bezahlt wird, ist die Demokratie nicht vollkommen. Viele Menschen erleben noch immer
Ausgrenzung und Diskriminierung. Nötig sind mehr Zugänge, mehr Teilhabe und mehr
Repräsentanz, zum Beispiel für Menschen aus Ostdeutschland oder mit Migrationsgeschichte.
Eine gleichberechtigte Gesellschaft braucht Politik, die Strukturen verändert.
Rassismus trifft uns nicht alle, aber er geht uns alle an. Wenn wir als Gesellschaft lernen,
Vielfalt als Reichtum zu begreifen, schützen wir uns gegenseitig vor Gewalt, Hetze,
Ausgrenzung, Frauenhass und Rassismus. Aber das reicht noch nicht. Wir wissen, dass aus
diskriminierenden Worten Taten werden. Die Angriffe von Extremist*innen, insbesondere von
rechts, treffen unsere demokratische Gesellschaft bis ins Mark. Sie zielen auf Menschen beim
Beten, beim ausgelassenen Beisammensein oder in den Institutionen des Staates. Unsere
Demokratie muss wehrhaft dagegenhalten, mit einer starken Zivilgesellschaft, selbstbewussten
Parlamenten, einer gut ausgestatteten und bürger*innennahen Polizei und handlungsfähigen,
starken Justiz. Es ist Aufgabe der Politik, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Wie wir unser Zusammenleben gestalten, hängt stark vom Zusammenspiel zwischen Bürger*innen
und dem Staat ab. Wenn Menschen beteiligt und gehört werden, geht Planung schneller. Wenn
Jugend mitentscheidet, werden Entscheidungen besser und zukunftsfester. Wenn
Gleichberechtigung und Vielfalt herrschen, werden sie ausgewogener und nachhaltiger. Wir
wollen deshalb mehr Möglichkeiten schaffen, damit Menschen sich einbringen können.
Immer mehr Herausforderungen sind europäisch und global. Sie bewältigen wir nur in einer
starken Europäischen Union, die Handlungswillen und Handlungsfähigkeit zusammenbringt und
die von ihren Bürger*innen aktiv mitgestaltet wird. Darum denken wir unsere Demokratie
konsequent europäisch, wollen diese vertiefen, lähmende Blockaden strukturell überwinden –
und so Zukunftsfragen beherzt angehen. Unser Fixstern für die Weiterentwicklung der
Europäischen Union ist die Föderale Europäische Republik.
Gleichzeitig gilt es unseren demokratischen Staat auf die Höhe der Zeit zu bringen. Alte
Faxgeräte, fehlendes Personal und überbordende Bürokratie nerven und verhindern, dass es
vorangeht. Unser Ziel ist ein gut funktionierender Staat, pragmatisch und den Menschen
zugewandt. Ein Staat, der mit einer effizienten, zugänglichen Verwaltung in der Lage ist,
Krisen zu bewältigen, und das Land voranbringt, der es Menschen leicht macht, ihren Alltag
zu bewältigen und ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Und wir wollen mit Anstand und
Transparenz regieren, bauend auf Gleichberechtigung und kooperativ. Für Zusammenhalt in
Vielfalt, in einem bürger*innennahen Staat.
Wir machen den Staat effektiver und bürger*innennäher
Planungs- und Investitionsbeschleunigung
Deutschland braucht im nächsten Jahr eine Modernisierungsoffensive. Die
Schieneninfrastruktur, erneuerbare Energien und die Energienetze müssen ausgebaut, Schulen,
Straßen und Brücken saniert, digitale Infrastrukturen aufgebaut werden. Doch derzeit dauert
es oft viel zu lange, solche Projekte zu realisieren, Investitionsmittel fließen nicht ab.
Das wollen wir ändern. Wir verschlanken die Verfahren durch Bündelung und schaffen
öffentliche Planungskapazitäten. Wir stärken auf allen Ebenen die Planungsbehörden und
zuständigen Gerichte. Besonders wichtige Projekte sollten durch eine Einbeziehung des
Parlaments beschleunigt werden. . Auch die frühzeitige Einbindung der Bürger*innen vor Ort
führt in der Regel dazu, dass Projekte schneller und besser abgeschlossen werden können.
Ziel ist, alle Planungszeiten zu halbieren.
Digitale Ämter – serviceorientiert, schnell und zuvorkommend
Jeden Tag tun gut ausgebildete Fachleute in den Behörden ihre Arbeit, um das Land am Laufen
zu halten. Dennoch ist für viele Menschen der Kontakt zu deutschen Behörden unkomfortabel
und unzeitgemäß. Ein Grund dafür sind unzureichende Technik und veraltete und überkommene
Abläufe. Mit mehr barrierefreien E-Government-Dienstleistungen, sicheren digitalen
Beteiligungsformaten im Planungsrecht und Open Government wollen wir unsere Verwaltung
modernisieren und unnötige Bürokratie wie Schriftformerfordernisse abbauen.
Verwaltungsverfahren sollen stets digital gedacht und gestaltet werden, vor allem auch in
der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass die Türen des
Staates auch für den persönlichen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern geöffnet bleiben
und durch mobile Angebote ergänzt werden. Die Nutzung der digitalen Verwaltungsleistungen
soll über einen zentralen Zugang erfolgen. Der Austausch von Unterlagen unter den Behörden
muss nach Zustimmung und unter Beachtung des Datenschutzes möglich sein. Damit die
Verwaltung all dies leisten kann, muss sie selbst digitalisiert werden. Wir setzen uns
gemeinsam mit den Ländern dafür ein, dass die Verwaltung flächendeckend mit der modernsten
Technik ausgestattet wird, vom Gesundheits- bis zum Bürgeramt. Digitalisierung wird das
Verhältnis von Staat und Bürger*innen auf eine neue Basis stellen und auch zum Motor für
einen modernen Sozialstaat werden. In diesem werden Leistungen des Staates ohne komplizierte
Anträge geprüft und automatisch den Berechtigten bereitgestellt.
Der Personalausweis auf dem Smartphone
Sichere und geschützte digitale Identitäten sind (häufig) das fehlende Puzzlestück für
moderne staatliche Dienstleistungen und die vertrauensvolle Nutzung privater Dienste. Wir
wollen auch bei digitalen Verwaltungsleistungen vorankommen und den Sprung zu sicheren
mobilen digitalen Identitäten per Smartphone (Wallet-Lösungen) ermöglichen – wie es zum
Beispiel in skandinavischen Ländern schon Praxis ist. Mit dem mobilen Personalausweis auf
dem Smartphone sollen Bürger*innen beispielsweise Behördengänge oder die Steuererklärungen
abwickeln können. Mit einer staatlich abgesicherten ID-Wallet, die den höchsten Datenschutz-
und IT-Sicherheitsstandards entspricht, sollen Bürger*innen ihren Personalausweis, ihren
Führerschein oder ihre Krankenkassenkarte, aber auch Zahlungsdaten und Mitgliedschaften
sicher auf dem Smartphone verwahren können und nicht auf private Anbieter angewiesen sein
müssen. Diese digitalen Identitäten können dann auch für die sichere Nutzung von privaten
Diensten wie Online-Versandhandel genutzt werden. Dafür schaffen wir die gesetzliche
Grundlage, fördern die öffentliche Entwicklung und Zertifizierung. Europa und Deutschland
müssen bei hoheitlichen digitalen Identitäten Vorreiter sein und Vertrauen durch
Souveränität schaffen.
Transparenz-Gesetz für Open Data
Der Zugang zu staatlichen Datenbeständen ermöglicht innovative, elektronische
Dienstleistungen sowie neue demokratische Beteiligungsmöglichkeiten. Auch für neue
technologische Anwendungen ist der geregelte Zugang zu offenen Daten aus staatlichen
Beständen wichtig. Wir heben den Schatz von mit öffentlichen Mitteln erwirtschafteten nicht
personenbeziehbaren Daten und wollen diesen zeitnah, kosten- und lizenzfrei zur Verfügung
stellen. Das bestehende Datenportal GovData wollen wir zu einem zentralen und
nutzerfreundlichen Open- und E-Government-Portal ausbauen. Auch offene Software, offene
Standards und offene Schnittstellen fördern wir, indem wir sie als Standard in die Vergabe-
und Vertragsordnungen für öffentliche Gelder aufnehmen.
Bessere Daten für die Forschung – bessere Entscheidungsgrundlagen für
die Politik
Auch die Corona-Krise hat wieder einmal gezeigt, dass Deutschland bei Forschungsdaten weit
hinter vergleichbaren Ländern zurückliegt. Während in den USA viele Daten quasi in Echtzeit
vorlagen und politische Maßnahmen zeitnah evaluiert werden konnten, fehlen bei uns
hinreichende und schnell verfügbare Daten. Wir wollen das ändern und zeitnah Daten der
Forschung und den politischen Entscheidungsträger*innen zur Verfügung stellen. Dafür richten
wir ein Forschungsdatenzentrum beim Statistischen Bundesamt ein, mit einem gesetzlichen
Forschungsauftrag und einem eigenen Forschungsinstitut. Wir werden auch Unsicherheiten bei
der Datenverknüpfung beseitigen und ein Datentreuhandzentrum einrichten, das, unter
Datenschutzauflagen, Daten aus unterschiedlichen öffentlichen Statistiken verknüpfen darf.
Klimaneutrale Bundesverwaltung
Klimaschutz braucht Vorreiter und Vorbilder. Wir wollen, dass die Bundesverwaltung endlich
beides wird. Die Bundesverwaltung muss klimaneutral werden. Das umfasst sowohl die
Versorgung mit Ökostrom und den Fuhrpark der Bundesbehörden als auch die Gebäude des Bundes,
die mit erneuerbaren Heiz- und Kühlsystemen ausgestattet und umfassend energetisch
modernisiert werden. Mit der Einführung eines Solarstandards über Neubauten hinaus werden
die Dächer der Bundesbehörden zu Kraftwerken. Zudem sorgen wir dafür, dass der Bund seine
Beschaffung sofortund seine Förderkriterien an ökologischender Einhaltung von ökologischen, Menschenrechts- und sozialen KriterienKriterienSozialstandards orientiert. Bei der Ausschreibung und Förderung von öffentlichen Vorhaben wollen wir bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung einen CO2-Schattenpreis zugrunde legen. So geht die Politik
mit gutem Beispiel voran.
Der lernende Staat
Corona- und Klimakrise führen uns vor Augen, mit welch großen Herausforderungen Regierung
und Verwaltung heute umgehen müssen. Wir wollen, dass die öffentliche Verwaltung in die Lage
versetzt wird, vorausschauend zu handeln und sich zugleich zügig und konsequent an ihre
jeweiligen Aufgaben anzupassen. Dafür braucht es eine Kultur behördlicher Zusammenarbeit
sowie innovative und flexible Arbeitsstrukturen. Innovationseinheiten in den Behörden sollen
eng und transparent mit Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden zusammenarbeiten, sich
untereinander vernetzen sowie neue Ideen testen und eine positive Fehlerkultur etablieren.
Mitarbeiter*innen und Beamt*innen der öffentlichen Verwaltung sollen außerdem in ihrer
Expertise und Kreativität gefördert und gestärkt werden. Wir setzen uns zudem für mehr
Kooperation der Ministerien bei der Verfolgung gemeinsamer Ziele ein.
Justiz entlasten und digitalisieren
Strafverfolgungsbehörden und Gerichte haben mit einer hohen Arbeitsbelastung zu kämpfen.
Verfahren dauern zu lang. Hier braucht es dringend Entlastung durch mehr Personal, durch die
Entkriminalisierung von Bagatelldelikten und durch eine flächendeckende Ausstattung der
Justiz mit der nötigen Technik. Die Digitalisierung der Justiz wie auch ihren Personalbedarf
werden wir durch einen Bund-Länder-Digitalpakt Justiz in Fortsetzung und Konkretisierung des
Ende 2021 auslaufenden Pakts für den Rechtsstaat mit ausreichender Finanzierung umsetzen.
Polizei und Staatsanwaltschaft müssen digital zusammenarbeiten können, wozu es einheitliche
Programme und zureichende Bandbreiten braucht. Wir fördern und vereinfachen die
elektronische Kommunikation zwischen Bürger*innen und Justiz. Dazu gehört der leichte Zugang
zum Recht durch schnelle Online-Verfahren für einfache Rechtssachen.
Den öffentlichen Dienst stärken und modernisieren
Der öffentliche Dienst, die Millionen Menschen, die in Verwaltungen, Ministerien und
Behörden arbeiten, sind ein Rückgrat unserer Demokratie und das Fundament unseres
Gemeinwesens. Doch in den letzten Jahrzehnten wurde zu oft am öffentlichen Dienst gespart
und gekürzt – die Konsequenzen spüren wir heute alle. Damit unser Staat mit den großen
Herausforderungen Schritt halten kann, müssen die Mitarbeiter*innen unseres Gemeinwesens in
die Lage dazu versetzt werden. Wir wollen deshalb den öffentlichen Dienst wieder stärken und
ihn zugleich modernisieren. Mehr Stellen, gerade im IT- und Planungsbereich, gute Bezahlung,
flexible Laufbahnen, mehr Durchlässigkeit machen den öffentlichen Dienst fit für das 21.
Jahrhundert. Dazu starten wir eine große Fortbildungsoffensive für die öffentliche
Verwaltung und werden die Digitalisierung zum Schwerpunkt einer jeden Verwaltungsausbildung
machen.
Vielfalt in der Verwaltung
Die Vielfalt Deutschlands sollte sich auch in seiner Verwaltung widerspiegeln, denn das
trägt zu Vertrauen und Bürger*innennähe bei. Eine diverse Verwaltung entsteht aber nicht von
selbst, sondern benötigt Mittel, Strukturen und gezielte Förderung. Im Bereich des
öffentlichen Dienstes und der Unternehmen mit Bundesbeteiligung hat der Staat die
Möglichkeit, als gutes Beispiel in Sachen Vielfalt voranzugehen, so beispielsweise
Mehrsprachigkeit in der Verwaltung zu fördern und bei der Einstellungs- und
Beförderungspraxis nicht nur die Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch die
gesellschaftliche Vielfalt zu beachten und in den Unternehmensleitbildern das Ziel der
Gleichberechtigung und der Repräsentanz diskriminierter Gruppen zu verankern. Ganz besonders
gilt dies für die im Bewerbungsprozess besonders relevanten Einheiten wie die
Personalabteilung oder Einstellungskommissionen, die so weit wie möglich geschlechtergerecht
und vielfältig zu besetzen sind. Wir werden verbindliche Zielvorgaben zur Erhöhung des
Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund einführen. Das „Diversity-Budgeting“, also
den Einsatz und die Evaluierung von Haushaltsmitteln in einer Vielfalt besonders fördernden
Weise, wollen wir voranbringen.
Wir treten ein für Vielfalt, Anerkennung und gleiche
Rechte
Einheit in Vielfalt
Wir alle sind unterschiedlich, aber an Rechten und Würde gleich. Zusammenhalt in Vielfalt
setzt voraus, respektiert und gehört zu werden, gleichberechtigt mitgestalten und teilhaben
zu können, ohne Angst frei zu leben und sich als Gleiche zu begegnen, das Gemeinsame neben
den Unterschieden zu sehen. Damit die Perspektive und Expertise derjenigen, die von
Diskriminierung betroffen sind, gehört werden, sie als Gleiche die Möglichkeit zur vollen
Teilhabe erhalten, wollen wir einen Partizipationsrat, ähnlich dem Deutschen Ethikrat, als
ein gesetzlich verankertes und unabhängiges Gremium einführen, mit Vertreter*innen aus der
(post)migrantischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Forschung. Um den gesellschaftlichen
Zusammenhalt zu fördern, wollen wir die verschiedenen gesellschaftlichen Themen, die die
Teilhabe an der offenen und vielfältigen Einwanderungsgesellschaft betreffen, bei einem
Ministerium bündeln und diese Themen aus dem Innenministerium herauslösen. Für mehr
Repräsentanz und Teilhabe werden wir ein Partizipations- und Teilhabegesetz vorlegen und das
Bundesgremiengesetz reformieren. Alle, die dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt hier haben,
sollen ein kommunales Wahlrecht erhalten.
Konsequent gegen Rassismus
Rassismus ist Realität im Alltag, auf der Straße, im Netz, in Institutionen. Er betrifft
nicht alle von uns gleichermaßen, aber er geht uns alle gleichermaßen an. Rassismus und alle
Formen von Diskriminierungen stellen nicht nur eine große Gefahr für die betroffenen
Menschen dar, sondern bedrohen auch das gleichberechtigte und friedliche Zusammenleben. Wir
wollen den Schutz vor und die Beseitigung von Diskriminierungen und strukturellem Rassismus
mit einem staatlichen Gewährleistungsanspruch in der Verfassung verankern, ergänzend zur
überfälligen Ersetzung des Begriffs „Rasse“ sowie der expliziten Benennung von
Diskriminierung aufgrund sexueller Identität. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes
(ADS) muss unabhängiger und wirkmächtiger werden – mit mehr Personal, Budget und
Kompetenzen. Zudem wollen wir eine*n weisungsunabhängige*n und finanziell gut
ausgestattete*n Antirassismusbeauftragte*n einsetzen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
soll zu einem echten Bundesantidiskriminierungsgesetz weiterentwickelt werden. Das Netz
zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen soll flächendeckend ausgebaut und in den
Institutionen sollen Anlaufstellen geschaffen werden. Wir werden die Forschung zu
Diskriminierung und Rassismus ausbauen, insbesondere Antidiskriminierungs- und
Gleichstellungsdaten erheben und unabhängige wissenschaftliche Studien in Bezug auf
staatliche Institutionen durchführen. Antirassismus, Antidiskriminierung und
Postkolonialismus wollen wir in Lehrplänen verankern.
Unterstützung und Sicherheit für Juden und Jüdinnen in Deutschland
Jüdisches Leben in seiner Vielfalt und seiner Selbstentfaltung in Deutschland werden wir
konsequent fördern und sichtbar machen. Wir unterstützen Projekte und Initiativen, die
jüdisches religiöses Leben, Kultur und Bildung stärken. Wir wollen politische und kulturelle
Bildungsangebote für alle Bürger*innen zugänglich machen, um Wissen über das jüdische Leben
sowie Kontakte und Erfahrungen mit jüdischen Menschen und Einrichtungen zu vermitteln, auch
über schulische und universitäre Curricula. Dafür müssen sich jüdische Menschen in
Deutschland sicher fühlen können. Sicherheit von Jüdinnen und Juden und den Schutz jüdischer
Einrichtungen und Gemeinden müssen wir umfassend gewährleisten. Antisemitische Anschläge in
der Gegenwart, allen voran der von Halle, erinnern uns daran, wie stark der Antisemitismus
noch immer in Deutschland verbreitet ist. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung,
Antisemitismus, auch im Alltäglichen, mit aller Entschlossenheit entgegenzutreten. Dafür
braucht es bessere Analysekapazitäten und eine entschlossene Ahndung und Dokumentation
antisemitischer Vorfälle. Antisemitische Narrative und verschwörungsideologische Erzählungen
– auch im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen – müssen entlarvt werden.
Präventionsmaßnahmen und sensibilisierende Aus- und Fortbildungen, allen voran der
Mitarbeiter*innen von Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie der Gerichte, wollen
wir gezielt ausbauen. Antisemitismus soll auch abseits des Geschichtsunterrichts in den
Lehrplänen verankert werden.
Muslim*innen schützen und stärken
Der Islam gehört zu Deutschland, jedoch sind Muslim*innen überproportional von struktureller
Diskriminierung, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, sowie von gewalttätigen Übergriffen
betroffen. Der Anschlag von Hanau, die fortdauernden Bedrohungen muslimischer Einrichtungen
zeigen, wie dringend nötig umfassende Schutzkonzepte sowie Präventionsprogramme sind. Opfer
müssen geschützt, beraten und gestärkt, die Ursachen der Muslim*innenfeindlichkeit verstärkt
in den Blick genommen werden. Tatsächliche Gleichstellung setzt rechtliche Gleichstellung
voraus. Im Bereich der religiösen Pluralität stellt das deutsche Religionsverfassungsrecht
eine gute Grundlage dar, um die Vielfalt auch in einer modernen Einwanderungsgesellschaft zu
gewährleisten. Der Staat darf keine Religion diskriminieren oder ungerechtfertigt
bevorzugen. Wir unterstützen Staatsverträge mit islamischen Religionsgemeinschaften, die in
keiner strukturellen Abhängigkeit zu einem Staat, einer Partei oder politischen Bewegung und
deren oder dessen jeweiliger Regierungspolitik stehen und sich religiös selbst bestimmen.
Für die eigenständige und selbstbewusste Religionsausübung von Muslim*innen ist eine Imam-
Ausbildung in Deutschland dringend notwendig. Dafür wollen wir islamisch-theologische und
praxisorientierte Aus- und Weiterbildungsprogramme für Imame und islamische
Religionsbedienstete in Kooperation mit den Instituten für islamische Theologie bundesweit
etablieren und unterstützen.
Antiziganismus entschlossen bekämpfen
Immer noch leiden Menschen mit Romani-Hintergrund in Deutschland an einem tiefsitzenden
Antiziganismus, der bis in die Mitte der Gesellschaft reicht. Immer noch werden Angehörige
der größten Minderheit in der Europäischen Union beim Zugang zu Bildung, Gesundheit, Wohnen
und Arbeit benachteiligt. Wir wollen deshalb die neue EU-Roma-Rahmenstrategie (Post-2020)
umsetzen. Dafür braucht es eine mit ausreichend finanziellen Mitteln und Befugnissen
ausgestattete „Nationale Koordinierungsstelle“, die die Umsetzung und das Monitoring der
deutschen Strategie in Abstimmung mit den Bundesländern, Verwaltungen und
Selbstorganisationen übernimmt. Der Erhalt von Sprache und Kulturen von Sinti*zze und
Rom*nja muss aktiv gefördert sowie eine unabhängige, zivilgesellschaftliche Monitoring- und
Informationsstelle zur Dokumentation und Aufarbeitung antiziganistischer Vorfälle und zur
Unterstützung der Betroffenen eingerichtet werden.
Ein Barrierefreiheits-Gesetz
Wir treten für eine inklusive Gesellschaft ein. Für behinderte und ältere Menschen, Eltern
mit Kinderwagen oder Verletzte mit Gipsbein sind jedoch Stufen, zu enge Türen oder schwer
lesbare Webseiten oft im Weg, es ist mühsam, manchmal unmöglich, Angebote zu nutzen, die für
andere selbstverständlich sind. Wir wollen Barrierefreiheit schaffen, damit Menschen mit
Behinderungen gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilhaben und selbstbestimmt, gemeinsam
mit nichtbehinderten Menschen leben, lernen und arbeiten können. Das wollen wir mit einem
„Barrierefreiheits-Gesetz“ erreichen. Durch eine Erhöhung der Bundesförderung soll mehr
barrierefreier Wohnraum entstehen. Den Abbau von Barrieren in Städten und Dörfern werden wir
im Rahmen der Städtebauförderung unterstützen.
Verhältnis Kirche und Staat reformieren
Die christlichen Kirchen und Gemeinden sind eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft. Sie
sind zuverlässige Partner, wenn es um gesellschaftlichen Zusammenhalt geht. Die Betreuung
von Pflegebedürftigen, Menschen mit Behinderungen und Kindern wäre ohne die Vielfalt auch
der kirchlichen Träger nicht möglich. Ihre tatkräftige Unterstützung, wenn es um
Seenotrettung und die Integration von Geflüchteten geht, ist ein wichtiger
gesellschaftlicher Beitrag. Das Grundrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit wollen
wir, auch weltweit, weiter stärken. Gleichzeitig wahren wir das Selbstbestimmungsrecht der
Religionsgemeinschaften, suchen die Kooperation und den Dialog mit allen unabhängigen
Religions- und Weltanschauungen, die das Grundgesetz achten, und stehen dabei stets zum
säkularen Staat und seinem Neutralitätsprinzip. Die besondere Beziehung zwischen Staat und
den christlichen Kirchen wollen wir erhalten und wo nötig der gesellschaftlichen Realität
anpassen. So wollen wir, dass beispielsweise das kirchliche Arbeitsrecht reformiert wird.
Außerdem wollen wir die Vollendung des Verfassungsauftrags zur Ablösung der Staatsleistungen
umsetzen.
Wir erneuern das demokratische Fundament
Für eine saubere Politik
Demokratie lebt vom Vertrauen der Bürger*innen. Grundlage sind klare Regeln und die Haltung
der Menschen, die sie vertreten. Wir wollen Vertrauen ermöglichen und das Primat der Politik
gegenüber intransparenter Einflussnahme schützen. Seit Jahren drängen wir darauf, dass
politische Interessensvertretung transparent, nachvollziehbar und fair ist. Bereits bei der
Entstehung von Gesetzen muss sichtbar sein, wer Einfluss genommen und welche Akteur*innen
mitgewirkt haben. Dafür wollen wir mit einem gesetzlichen Lobbyregister wirkungsvoll den
Einfluss organisierter Interessensgruppen und von Lobbyist*innen bei Bundesregierung und
Bundestag offenlegen. Interessenskonflikte wollen wir verhindern und Abgeordneten eine
entgeltliche Lobbytätigkeit neben ihrem Mandat untersagen und die gesetzliche Regelung zur
Abgeordnetenbestechung klarer fassen. Wir wollen, dass der Wechsel aus Regierungsämtern in
die Wirtschaft für eine Karenzzeit von zwei Jahren nach Ausscheiden auf Interessenskonflikte
geprüft wird. Einkünfte von Abgeordneten aus Nebentätigkeiten sollen auf Euro und Cent
veröffentlicht werden, für Unternehmensbeteiligungen und Aktienoptionen von Abgeordneten
braucht es striktere Regeln. Die Annahme von Direktspenden durch parteigebundene Abgeordnete
sollte verboten werden. Spenden an Parteien müssen transparenter gemacht werden, deshalb
wollen wir striktere Veröffentlichungsregeln. Parteispenden sollen auf natürliche Personen
beschränkt und auf einen jährlichen Höchstbetrag gedeckelt werden. Solange es keine
gesetzliche Regelung gibt, wollen wir uns im politischen Wettbewerb nicht schlechterstellen
als die politische Konkurrenz. Für das Parteiensponsoring wollen wir eine gesetzliche
Regelung und eine Veröffentlichung ab dem ersten Euro einführen. Das Parteiengesetz und die
unabhängige Kontrolle werden wir stärken.
Parlament stärken, Wahlrecht reformieren
Der Bundestag ist der zentrale Ort für öffentliche Debatten, Rede und Gegenrede und
Entscheidungen unserer Demokratie. Für gute Gesetzgebung braucht es ausreichende Beratung
und eine Stärkung der Kontrollrechte des Parlaments. Wir wollen die Rolle des Bundestages
bei der Gesetzgebung ausbauen. Seine Arbeitsfähigkeit ist zu garantieren und zu stärken.
Deshalb setzen wir uns für eine Wahlrechtsreform ein, die das Parlament kleiner macht, fair
und verfassungsgemäß ist und bei der jede Stimme gleich viel wert ist. Die Sitzungen der
Fachausschüsse sollen in der Regel öffentlich stattfinden und gestreamt werden. Die
Abgeordneten sollen in ihren Kontrollrechten gegenüber der Regierung mit einem
Akteneinsichtsrecht gestärkt werden.
Macht fair teilen, auch in den Parlamenten
Es ist höchste Zeit für eine faire Verteilung von Macht. Unsere repräsentative Demokratie
muss diverser werden, unsere Parlamente brauchen die Vielfalt der Herkunft und Lebenswege,
die Debatten brauchen die Perspektiven, die daraus entstehen. Das bedeutet auch, dass es
dringend mehr Frauen im Parlament braucht. Frauen sollten überall gleichberechtigt vertreten
sein, wo Entscheidungen getroffen werden, die uns alle betreffen. Gleichberechtigung ist ein
historischer und verfassungsrechtlicher Auftrag für uns alle. Dass Parität per Gesetz
wirksam und angemessen ist, zeigen Beispiele aus dem europäischen Ausland. Dass
verfassungsrechtlich hohe Hürden bestehen, haben Urteile von Verfassungsgerichten aus Bund
und Ländern aufgezeigt. Wir wollen die Parität vorantreiben und entsprechende
Gesetzesänderungen auf den Weg bringen. Um Frauen das politische Engagement zu erleichtern,
braucht es auch Maßnahmen und Angebote, die Frauen den Einstieg in und die Gestaltung von
Politik erleichtern.
Mit 16 wählen
Demokratie lebt von der Gestaltung und dem Engagement aller Bürger*innen, vom Kindes- bis
ins hohe Alter. Viele politische Entscheidungen von heute sind entscheidend für die Zukunft
junger Menschen, und viele junge Menschen übernehmen früh Verantwortung für die
Gesellschaft. Wenn Jugendliche in ihrem Lebensalltag demokratische Erfahrungen machen und
ihre Rechte wahrnehmen können, stärkt das die Demokratie und macht sie zukunftssicherer.
Darum werden wir uns dafür einsetzen, das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen auf 16
Jahre abzusenken.
Bürger*innenräte für mehr Beteiligung
Direkte Beteiligungsmöglichkeiten bereichern die Demokratie und stärken die Repräsentanz.
Mit Bürger*innenräten schaffen wir die Möglichkeit, bei ausgewählten Themen die
Alltagsexpertise von Bürger*innen direkter in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Auf
Initiative der Regierung, des Parlaments oder eines Bürger*innenbegehrens beraten zufällig
ausgewählte Bürger*innen in einem festgelegten Zeitraum über eine konkrete Fragestellung.
Sie erarbeiten Handlungsempfehlungen und geben Impulse für die öffentliche
Auseinandersetzung und die parlamentarische Entscheidung. Eine freie, gleiche und faire
Beratung muss sichergestellt werden. Regierung und Parlament müssen sich mit den Ergebnissen
auseinandersetzen. Außerdem werden wir ein digitales Portal, wie es zum Beispiel in Baden-
Württemberg schon erfolgreich angewendet wird, für die aktive Beteiligung an der
Gesetzgebung einführen und das Petitionsrecht zu einem leicht zugänglichen Instrument für
bessere Mitwirkung am demokratischen Prozess ausbauen.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk für alle und eine vielfältige
Medienlandschaft
Kritischer und unabhängiger Journalismus ist eine Säule unserer Demokratie. Wir haben in
Deutschland eine vielfältige Medienlandschaft aus öffentlich-rechtlichen, privaten und Non-
Profit-Angeboten. Wir stehen zu einem pluralistischen, kritischen und staatsfernen
öffentlich-rechtlichen Rundfunk für alle und arbeiten dafür, dass er stark und zukunftsfest
aufgestellt ist. Dazu zählen auch eine ausreichende Finanzierung und ein Programmauftrag,
der alle gesellschaftlichen Bereiche umfasst. Aus der besonderen Stellung des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks und dem Anspruch, dass er die Lebenswelt und Interessen aller
angemessen abbildet, ergeben sich auch Reformbedarfe. Hierfür wollen wir gemeinsam mit den
Ländern eine Initiative auf den Weg bringen und in der Breite der Gesellschaft eine Debatte
darüber führen, wie öffentlich-rechtliche Medien im 21. Jahrhundert aussehen sollen. Wir
setzen uns dafür ein, dass die Rundfunkräte die Vielfalt und unterschiedlichen Perspektiven
unserer heutigen Gesellschaft besser abbilden, dass sie durchsetzungsstärker sowie sender-
und staatsferner werden. Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender wollen wir zu
gemeinsamen Plattformen weiterentwickeln, die europäisch verzahnt werden können, um so die
europäische Demokratie zu stärken.
Hasskriminalität im Netz bekämpfen
Digitale Plattformen und Anwendungen müssen den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Uns
geht es darum, Nutzer*innenrechte zu stärken und dabei die Balance zwischen
Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit zu wahren. Wir wollen Hasskriminalität im Netz
wirksamer bekämpfen und dafür einen effektiven Gesetzesrahmen entwickeln. Betroffene müssen
sich schnell und effektiv gegen Angriffe im Netz wehren können. Das wollen wir durch die
ambitionierte Ausgestaltung und dann zügige Umsetzung des europäischen Digital Services Act
erreichen. Wir treten für einen effektiven Umgang mit Nutzer*innenbeschwerden, eine
Verbesserung der Strafverfolgung und zivilrechtlicher Durchsetzung ein. Dafür brauchen wir
personell wie technisch bestmöglich aufgestellte Strafverfolgungsbehörden. Diese müssen, gut
geschult, auf Grundlage klarer Rechtsvorgaben arbeiten können. Plattformbetreiber müssen
ihrer großen Verantwortung gerecht werden. Sie dürfen bestehende Rechte nicht aushöhlen,
sind für eigene Inhalte haftbar und müssen beim Moderieren von Inhalten die Grundrechte
wahren. Große Anbieter sollen sich durch eine Abgabe an den unabhängigen Beratungsangeboten
für Betroffene von Hass und Hetze beteiligen. Dies wollen wir bündeln in ein Gesetz für
digitalen Gewaltschutz, das die Möglichkeit beinhaltet, gegen Accounts vorzugehen, wenn
keine Täter*in festgestellt wird. Für den Umgang mit Desinformation, aber auch für die
Rechtskontrolle der Anbieter insgesamt wollen wir die Aufsicht national wie auch europäisch
besser strukturieren, unter anderem mit einer gemeinsamen Medienanstalt der Länder. Eine
Verpflichtung zum Einsatz von Uploadfiltern lehnen wir ab.
Software für die Allgemeinheit
Unser Alltag wird immer häufiger von Teilhabe an und Zugang zu Software geprägt. Freie und
offene Software bildet dabei eine Grundlage unzähliger Anwendungen, seien es digitale
Lernplattformen, sichere Anwendungen für die Heimarbeit, Stärkung der IT-Sicherheit mit
guter Verschlüsselung oder sichere und einfache Abstimmungsmöglichkeiten in der Vereins- und
Parteiarbeit. Sie spielt in immer mehr gesellschaftlich relevanten Bereichen eine
entscheidende Rolle und ist Grundlage für unsere Anforderungen in Bezug auf Offenheit,
Teilhabe und Sicherheit. Doch oftmals fehlt es den Entwickler*innen an Unterstützung, diese
dauerhaft auf dem neusten Stand der Technik zu halten und anwendungsfreundlich zu gestalten.
Wir treten daher dafür ein, eine eigenständige öffentliche Förderstiftung zu schaffen, die
gesellschaftlich relevante freie und offene Software fördert, deren Ergebnisse Gesellschaft,
Wissenschaft, Schulen, Wirtschaft und Verwaltung zur Verfügung stehen.
Demokratiefördergesetz für eine starke Zivilgesellschaft
Eine lebendige Zivilgesellschaft ist elementar für die politische Auseinandersetzung in
unserer Demokratie. Engagierte Menschen, vor allem Ehrenamtler*innen in Initiativen,
Verbänden, Vereinen oder NGOs, stärken den Zusammenhalt, tragen dazu bei, wichtige Anliegen
auf die öffentliche Tagesordnung zu setzen und leisten ihren Beitrag zur Willensbildung. Wir
machen uns dafür stark, dass sie ihrer Arbeit in Zukunft gut abgesichert, ohne
Einschüchterung und Kriminalisierung nachgehen können. Mit einem Demokratiefördergesetz
werden wir ihr Engagement nachhaltig, projektunabhängig und unbürokratisch finanziell
absichern. Die Arbeit der politischen Stiftungen wollen wir verbindlicher und transparenter
regeln, auch in ihrem Verhältnis zu den Parteien, und dafür eine eigenständige gesetzliche
Grundlage schaffen.
Gemeinnützigkeit reformieren
Alle Bürger*innen sollen gleichberechtigt an der Willensbildung unserer Gesellschaft
teilhaben können. Die Gemeinnützigkeit ist dafür ein wichtiger Status, der an vielen Stellen
überhaupt erst Zugänge öffnet. Damit Initiativen und Verbände eigenständig bleiben, sorgen
wir deshalb für Klarheit und Rechtssicherheit im Gemeinnützigkeitsrecht. Ihre gemeinnützigen
Ziele sollen sie auch durch politische Aktivitäten wie Studien und Demonstrationen
verwirklichen dürfen. Nicht nur die Förderung des demokratischen Staatswesens, sondern auch
die Förderung tragender Grundsätze sollte klar gemeinnützig sein. Die Gemeinnützigkeit
zusätzlicher Zwecke wie des Friedens, der Durchsetzung der nationalen und internationalen
Grund- und Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit, der Durchsetzung des Sozialstaatsgebotes
und allgemein der gleichberechtigten Teilhabe und der Bekämpfung von Diskriminierung wollen
wir anerkennen und stärken. Auch der E-Sport soll gemeinnützig werden. Mit der Einführung
einer Demokratieklausel stellen wir sicher, dass sich Vereine aktiv an gesellschaftlichen
Debatten beteiligen können. Für mehr Transparenz sorgen wir mit einem
Gemeinnützigkeitsregister und einfach handhabbaren Transparenzpflichten sowie mit Regeln zur
Offenlegung der Spendenstruktur.
Freiwilligendienst ausbauen und für alle ermöglichen
Ehrenamt und freiwilliges Engagement sind vielfältig, Millionen Menschen stärken damit den
Zusammenhalt der Gesellschaft. Wir wollen den Bundesfreiwilligendienst auf 200.000 Plätze im
Jahr erweitern und machen uns für eine rechtliche Garantie für einen Platz stark. Die
Freiwilligendienste sollen besser ausfinanziert werden, damit sich junge Menschen unabhängig
vom Einkommen ihrer Eltern engagieren können. Auch für Ältere und Menschen mit Behinderungen
sollen die Rahmenbedingungen attraktiver und inklusiver werden. Zusammen mit Ländern und
Kommunen wollen wir eine Engagementkarte für Vergünstigungen einführen, beispielsweise für
Schwimmbäder oder Theater, und erkennen die Leistung der vielen Engagierten mehr an.
Wir gestalten die vielfältige Einwanderungsgesellschaft
Einbürgerung erleichtern
Die Staatsangehörigkeit stellt ein dauerhaftes Band rechtlicher Gleichheit, Teilhabe und
Zugehörigkeit sicher. Wer in Deutschland geboren wird, soll die Möglichkeit erhalten,
deutsche*r Staatsbürger*in zu werden, wenn ein Elternteil rechtmäßig seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland hat. Für Menschen, die hier jahrelang leben und Teil dieser
Gesellschaft geworden sind, sollen Einbürgerungen früher möglich werden. Nach fünf Jahren
Aufenthalt in Deutschland sollen alle einen Antrag auf Einbürgerung stellen können. Den
Optionszwang im Staatsangehörigkeitsrecht wollen wir abschaffen und Mehrstaatigkeit
anerkennen. Die vorgenommenen Aushöhlungen des Staatsangehörigkeitsrechts wollen wir
zurücknehmen. Hindernisse bei der Identitätsklärung, die nicht in der Hand der
Einzubürgernden liegen, dürfen ihnen nicht angelastet werden.
Ein modernes Einwanderungsgesetz für eine vielfältige
Einwanderungsgesellschaft
Deutschland ist ein Einwanderungsland, doch bis heute fehlen eine aktive
Einwanderungspolitik und ein Einwanderungsrecht, das Einwanderung tatsächlich fördert und
nicht komplizierter macht. Wir wollen ein modernes Einwanderungsgesetz beschließen, das neue
Zugangswege für Bildungs- und Arbeitsmigration schafft – auch im gering- und
unqualifizierten Bereich –, das transparente, unbürokratische und faire Verfahren bietet,
das globale und regionale Notwendigkeiten berücksichtigt und flexibel auf die Bedarfe des
Arbeitsmarktes reagiert. Dafür soll auf Basis des jährlichen Arbeitskräftebedarfs eine
punktebasierte Talentkarte eingeführt werden. Wir erleichtern die Bildungsmigration über
Stipendien und Ausbildungsvisa, genauso wie die Voraussetzungen für eine unbefristete
Aufenthaltserlaubnis und die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen.
Außerdem beenden wir den automatischen Verlust der Aufenthaltserlaubnis nach einem
sechsmonatigen Aufenthalt im Ausland. Für Menschen, die sich ohne sicheren Aufenthaltstitel
in Deutschland befinden, jedoch in den Arbeitsmarkt integriert sind oder deren
Qualifizierung in den Arbeitskräftebedarf passt, soll es die Möglichkeit zum echten
Spurwechsel geben. Gut funktionierende Konzepte der Arbeitsmigration, wie die
Westbalkanregelung, bauen wir aus und verstetigen sie.
Integration gelingt nur mittendrin – Sprache, Zugang, Teilhabe von
Anfang an
Integration ist in einer vielfältigen Einwanderungsgesellschaft der erste Schritt auf dem
Weg zu gleichen Teilhabechancen in zentralen Bereichen des Lebens. Sie ist ein
wechselseitiger Prozess und stellt sowohl Anforderungen an die, die zu uns kommen, als auch
an alle, die schon länger hier leben. Für das Zusammenleben sind die Werte des Grundgesetzes
die Grundlage. Wir treten dafür ein, dass alle neu ankommenden Migrant*innen und
Geflüchteten von Anfang an ein Recht auf einen kostenfreien Zugang zu passgenauen und gut
erreichbaren Sprach- und Integrationskursen haben. Denn derzeit ist das für viele Personen
im Asylverfahren, Geduldete und EU-Bürger*innen nur schwer und kostenpflichtig möglich.
Zudem wollen wir die nach 2015 ausgebauten Angebote an weiterführenden Sprachkursen
aufrechterhalten. Genauso wichtig für eine gelingende Integration sind die möglichst
dezentrale Unterbringung, ein breites Beratungsangebot gerade auch für Familien sowie der
unterschiedslose Zugang zu Wohnraum, Gesundheits- und Sozialleistungen sowie zu Kitas,
Bildungseinrichtungen, Ausbildung und Arbeit. Gezielte Unterstützung ermöglicht Teilhabe und
stärkt den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir wollen auf europäischer Ebene einen
kommunalen Integrationsfonds auflegen, um europaweit das Ankommen in den Kommunen direkt zu
unterstützen. Damit sollen unter anderem Migrationsberatungsstellen gestärkt und aufgebaut,
zivilgesellschaftliche Unterstützungsstrukturen gefördert und strukturelle Entlastungen der
Kommunen, die sich zur Aufnahme von Geflüchteten bereit erklären, in der EU gesichert
werden. Betriebe, die Geflüchteten eine Chance auf Ausbildung oder Beschäftigung geben,
brauchen entsprechende Unterstützung und Förderung.
Asylverfahren rechtssicher und transparent
Wir wollen, dass Asylverfahren in Deutschland rechtssicher, fair und transparent gestaltet
sind. Wir wollen dafür sorgen, dass es zügig zu einer Entscheidung über den Aufenthaltstitel
kommt, damit Menschen früh verbindliche Gewissheit haben, ob sie bleiben können oder nicht.
Eine nichtstaatliche unabhängige Asylverfahrensberatung für alle Asylsuchenden, von der
Ankunft bis zum Abschluss des Asylverfahrens, wollen wir sicherstellen und die verlängerte
Verweildauer von Geflüchteten in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf mögliche 18 Monate
rückgängig machen auf wieder 6 Monate. Die dezentrale Unterbringung sollte immer Vorrang
haben. Wir wollen das Recht von Kindern, unabhängig von der Bleibeperspektive, auf Zugang zu
Bildungsangeboten garantieren. Wir beenden die flächendeckenden und anlasslosen
Widerrufsprüfungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und optimieren
so das Asylprozessrecht. Wir wollen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen und damit
eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Geflüchteten, die ein
echtes Ankommen und Teilhabe erschwert. Integrationsfeindliche gesetzliche Regelungen wie
Arbeitsverbot und pauschale Wohnsitzauflage schaffen wir ab. Die in den vergangenen Jahren
vorgenommenen Aushöhlungen des Asylrechts wollen wir zurücknehmen. Die Ausrufung „sicherer“
Herkunfts- oder Drittstaaten lehnen wir ab – auch auf europäischer Ebene.
Raus aus der Duldung
Mehr als 200.000 Menschen – darunter viele Kinder und Jugendliche – leben über viele Jahre
in einem Zustand der Perspektivlosigkeit und Rechtsunsicherheit in Deutschland, weil sie nur
geduldet sind. Das ist weder für die Betroffenen noch für das gesellschaftliche
Zusammenleben gut. Nicht zu wissen, ob Deutschland wirklich Heimat wird, erschwert die
Integration massiv. Wir wollen die Anzahl der Menschen, die sich von Duldung zu Duldung
hangeln müssen, deshalb möglichst auf null reduzieren. Für diese Menschen braucht es nach
fünf Jahren Aufenthalt ein sicheres Bleiberecht. Heranwachsende, Jugendliche und Familien
mit minderjährigen Kindern sollen nach drei Jahren einen Aufenthaltstitel bekommen. Durch
die Umwandlung der Ausbildungsduldung in ein Ausbildungsbleiberecht verschaffen wir den
Menschen einen verlässlichen Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt und sorgen für die
Betriebe für Planungssicherheit. Menschen, die nach sorgfältiger Prüfung der asyl- und
aufenthaltsrechtlichen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsschutzmöglichkeiten kein Asyl
bekommen und in ihrem Herkunftsland nicht gefährdet sind, müssen zügig wieder ausreisen. Wir
wollen dies durch schnelle und wirksame Unterstützung und Beratung erleichtern.
Abschiebungen, zum Beispiel über Rückübernahmeabkommen, sind das letzte Mittel, wenn die
Rückkehr verweigert wird, freiwillige Ausreisen haben immer Vorrang. Abschiebungen in
Kriegs- und Krisenländer wollen wir beenden, den Abschiebestopp nach Syrien und Afghanistan
wieder einsetzen.
Wir rücken Feminismus, Queerpolitik und
Geschlechtergerechtigkeit in den Fokus
Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen
Feminismus nimmt alle in den Blick und schafft Selbstbestimmung, Teilhabe und Gerechtigkeit.
Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle unabhängig vom Geschlecht selbstbestimmt leben und
auch Frauen überall gleichberechtigt mitgestalten können – von der Arbeitswelt bis in die
Parlamente. Das ist eine Aufgabe für alle Geschlechter. Dafür braucht es auch Männer, die
für eine Gesellschaft einstehen, in der Macht, Möglichkeiten und Verantwortung gerecht
geteilt werden. Geschlechtergerechtigkeit ist eine Querschnittsaufgabe. Mit einem Gender-
Check wollen wir prüfen, ob eine Maßnahme oder ein Gesetz die Gleichberechtigung der
Geschlechter voranbringt, und dort, wo es ihr entgegensteht, dementsprechend eingreifen. Die
neu geschaffene Bundesstiftung Gleichstellung werden wir zu einer effektiven Institution
ausbauen, die gesichertes Wissen zu den Lebenslagen aller Geschlechter bereitstellt und
wirksame Maßnahmen für Gleichberechtigung entwickelt, bündelt und für Wirtschaft, Politik
und Öffentlichkeit zugänglich macht. Hierfür leisten die Sozialwissenschaften und die
Genderstudies einen unverzichtbaren Beitrag. Wir brauchen eine Gleichberechtigungsstrategie,
die alle Lebens- und Politikbereiche umfasst, ressortübergreifend arbeitet und die
Erkenntnisse in umsetzbare Ziele übersetzt. Es wird Zeit für eine feministische Regierung,
in der Frauen und Männer gleichermaßen für Geschlechtergerechtigkeit eintreten.
Geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen
Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt, die vor allem Frauen betrifft, ist eine
gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe. Gewalt im häuslichen und persönlichen Nahbereich
wird oft verharmlost, sowohl in der medialen Darstellung als auch in der Rechtsprechung. Mit
der Istanbul-Konvention haben wir ein Instrument an der Hand, das die notwendigen Maßnahmen
beschreibt. Dazu gehört auch eine Reform der Kriminalstatistik, damit das ganze Ausmaß der
in Deutschland verübten Verbrechen, die aus Frauenhass begangen werden, differenziert
erfasst wird und diese Taten systematisch als Hassverbrechen eingestuft werden.
Gewaltbetroffene Frauen, deren Aufenthaltsstatus von dem Aufenthaltsstatus ihres Ehemanns
oder Partners abhängt, sollen einen eigenständigen Aufenthaltstitel erhalten können. Polizei
und Justiz müssen im Umgang mit Betroffenen sexualisierter Gewalt umfassend geschult und
sensibilisiert sein. Opfer von Vergewaltigungen brauchen eine qualifizierte
Notfallversorgung einschließlich anonymer Spurensicherung und der Pille danach. Wir werden
Monitoringstellen einrichten und die getroffenen Maßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit
prüfen.
Frauenhäuser absichern
Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Es ist die Pflicht des Staates,
Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen. Frauenhäusern kommt hierbei eine
Schlüsselrolle zu. Denn jede von Gewalt betroffene Frau, ob mit oder ohne Kinder, braucht
eine Anlaufstelle und Schutz – unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status, ihrer
Wohnsituation oder davon, ob sie eine Beeinträchtigung hat. Mit einem gesetzlichen
Rechtsanspruch auf Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt sichern wir über eine
Geldleistung des Bundes Betroffene ab und verbessern den Zugang zu Schutzeinrichtungen und
deren Angeboten für alle Frauen. Länder und Kommunen müssen weiterhin ihrerseits ihrer
Finanzierungsverantwortung nachkommen. Für die Aufenthaltszeit in einem Frauenhaus sollen
Betroffene, die Sozialleistungen erhalten, nicht schlechtergestellt werden. Wir brauchen
Frauenhäuser, in denen Kinder, auch wenn sie älter sind, mit aufgenommen werden können.
Zudem müssen intersektionale Schutzkonzepte und Zufluchtsräume, insbesondere auch für
queere, trans- und intergeschlechtliche Menschen, entwickelt und bereitgestellt werden.
Vor Zwang schützen
Menschen, die in der Prostitution arbeiten, brauchen Rechte und Schutz. Dazu sollen
Prostitutionsstätten strenger kontrolliert werden und in Zukunft einer Erlaubnispflicht
unterliegen. Außerdem wollen wir Beratungsangebote ausbauen und finanziell unterstützen.
Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ist ein abscheuliches Verbrechen, das wir
mit den Mitteln des Strafrechts, aber auch durch ein gemeinsames europäisches Vorgehen,
Information sowie Schutz und Hilfe für die Opfer konsequent bekämpfen werden. Opfer von
Menschenhandel einfach abzuschieben ist falsch. Stattdessen würden ihre Anzeige- und
Aussagebereitschaft durch ein dauerhaftes Bleiberecht erhöht und die Strafverfolgung der
Täter*innen würde erleichtert. Zwangsverheiratungen sind Menschenrechtsverletzungen. Frauen
und Männer, die davon bedroht sind, brauchen Hilfe und Schutz und gute Beratung durch
verlässlich finanzierte Beratungsstellen. Weibliche Genitalverstümmelung ist eine massive
Verletzung der körperlichen Integrität. Es ist entscheidend, dass wir den Betroffenen helfen
und sie schützen, auch durch internationale Aufklärungs- und Hilfekampagnen. Doch auch in
Deutschland brauchen wir eine Strategie dagegen. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die
sich in diesem Bereich engagieren, wollen wir besser unterstützen, die Kontaktpersonen der
Mädchen sowie pädagogisches Personal und Jugendämter sollen geschult und sensibilisiert
werden.
Selbstbestimmung durch Gesundheitsversorgung
Alle Menschen, auch Mädchen und Frauen, sollen selbst über ihren Körper und ihr Leben
entscheiden können. Eine gute Gesundheitsversorgung inklusive eines gesicherten Zugangs und
umfassender Informationen zum Schwangerschaftsabbruch sind dafür notwendig. Die
Entscheidung, ob eine Frau eine Schwangerschaft abbricht oder nicht, gehört mit zu den
schwersten im Leben. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass diese Frauen gut beraten und
medizinisch professionell versorgt werden. Wir streiten für eine ausreichende und
wohnortnahe Versorgung mit Ärzt*innen, Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche
vornehmen. Das Thema muss in die Ausbildung von Ärzt*innen nach international anerkannten
Standards integriert werden. Familienplanungs- und Beratungsstellen werden wir absichern und
die freiwilligen Beratungsangebote ausbauen. Um die Versorgung für Frauen dauerhaft zu
gewährleisten, braucht es eine Entstigmatisierung und Entkriminalisierung von
selbstbestimmten Abbrüchen sowie eine generelle Kostenübernahme. Frauen, die sich für einen
Abbruch entscheiden, und Ärzt*innen, die einen solchen ausführen, müssen etwa durch die
Einrichtung von Schutzzonen vor Anfeindungen und Gehsteigbelästigungen geschützt werden.
Ungewollt Schwangere brauchen den bestmöglichen Zugang zu Informationen. Um diesen zu
gewährleisten und Ärzt*innen zu schützen, gilt es den § 219 a aus dem Strafgesetzbuch zu
streichen. Die Kosten für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung müssen für
Empfängerinnen von staatlichen Transferleistungen übernommen werden.
Homo- und Transfeindlichkeit bekämpfen
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*-, Inter*- und queere Menschen (LSBTIQ*) sollen
selbstbestimmt und diskriminierungsfrei ihr Leben leben können. Dafür und gegen gesetzliche
Diskriminierungen sowie Benachteiligungen und Anfeindungen im Alltag werden wir ein starkes
Signal setzen und den Begriff „sexuelle Identität“ in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes
ergänzen. Wir werden einen bundesweiten ressortübergreifenden Aktionsplan „Vielfalt leben!“
für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vorlegen mit dem Ziel, LSBTIQ*
gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu garantieren und Vielfalt und
Akzeptanz zu fördern. Dazu gehören auch Maßnahmen zur LSBTIQ*-inklusiven
Gesellschaftspolitik sowie eine langfristige Strukturförderung der LSBTIQ*-Verbände. Gegen
LSBTIQ* gerichtete Hasskriminalität werden wir entschieden bekämpfen. Das diskriminierende
Blutspendeverbot für homosexuelle Männer wollen wir aufheben. Um queere Jugendliche zu
schützen und zu stärken, wollen wir mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne für junge
Menschen über die Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten
informieren und bezüglich Homo- und Transphobie sensibilisieren. Wir werden uns gemeinsam
mit den Ländern dafür einsetzen, dass sich geschlechtliche Vielfalt und Diversität in den
Lehr- und Bildungsplänen wiederfinden.
Selbstbestimmung garantieren, Transsexuellengesetz aufheben
Mit einem Selbstbestimmungsgesetz werden wir dafür sorgen, dass das überholte
Transsexuellengesetz endlich aufgehoben wird. Eine Änderung der Geschlechtsangabe auf Antrag
der betroffenen Person werden wir ermöglichen und das Offenbarungsverbot konkretisieren. Wir
schreiben fest, dass nicht notwendige Operationen und Behandlungen an intergeschlechtlichen
Kindern verboten werden. Bei Gesundheitsleistungen sowie geschlechtsangleichenden
Operationen und Hormontherapien muss das Selbstbestimmungsrecht gesichert sein. Den Anspruch
auf medizinische körperangleichende Maßnahmen wollen wir gesetzlich verankern und dafür
sorgen, dass die Kostenübernahme durch das Gesundheitssystem gewährleistet wird.
Wir stärken Sicherheit und Bürger*innenrechte
Eine gut ausgestattete und bürger*innennahe Polizei
Deutschland ist ein sicheres Land. Das liegt auch an einer gut arbeitenden Polizei. Wir
wollen, dass das so bleibt. Dennoch: Diebstahl, Einbrüche, Gewalttaten, Hassverbrechen oder
organisierte Kriminalität belasten Opfer und ihre Angehörigen schwer. Für ihre Aufgaben wie
Prävention, Aufklärung und Strafverfolgung wollen wir die Polizei stärken, in der Stadt und
auf dem Land, analog und digital. Den früheren Personalabbau bei Bundespolizei und
Bundeskriminalamt wollen wir durch eine Offensive bei der Besetzung offener Stellen beheben.
Die Polizist*innen verdienen unsere Wertschätzung, genauso wie gute Arbeitsverhältnisse und
leistungsfähige Strukturen innerhalb der Behörden. Sichere und leistungsfähige
Datenverarbeitung, kombiniert mit mobiler IT, ist dabei eine Grundvoraussetzung moderner
Polizeiarbeit, die wir unterstützen wollen.
Die besondere Verantwortung der Polizei
Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle frei und sicher leben können. Sicherheit muss
überall gleichermaßen garantiert sein. Damit die Polizei dieser Aufgabe nachkommen kann,
muss sie auf das Vertrauen der gesamten Bevölkerung bauen können. Als ausführendes Organ des
staatlichen Gewaltmonopols hat die Polizei dabei eine ganz besondere Verantwortung. Dem
dient die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei sowie einer/eines
Bundespolizeibeauftragten, an die/den sich sowohl Polizist*innen wie auch Bürger*innen
wenden können, um in der Polizeiarbeit auftretende Missstände zu bearbeiten. Polizist*innen
sollten sich auch nach der Ausbildung verpflichtend fortbilden können und müssen. Wichtige
Fortbildungsbereiche sind beispielsweise der Umgang mit psychisch Kranken sowie
Antidiskriminierung und die Gefahr von Racial Profiling. Längst überfällig sind
wissenschaftliche Studien zu Rechtsextremismus und Rassismus in den Sicherheitsorganen.
Rationale Sicherheitspolitik setzt eine solide Faktenlage und klare Zuständigkeiten voraus.
Deshalb werden wir den Periodischen Sicherheitsbericht wieder einführen, dessen Aussagekraft
sich in der Vergangenheit bewährt hat.
Europäisches Kriminalamt schaffen, organisierte Kriminalität
verfolgen
Zahlreiche Straftaten wie Einbrüche oder Diebstähle finden grenzüberschreitend statt. Auch
die organisierte Kriminalität und islamistische oder rechtsextreme Terrornetzwerke machen
nicht an Landesgrenzen halt. Zum Schutz der Bürger*innen und zur Verteidigung unserer
Freiheit brauchen wir eine stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Polizei und
Justiz: durch gemeinsame europäische Polizeiteams, durch die Aufwertung von Europol zu einem
Europäischen Kriminalamt sowie durch eine engere justizielle Zusammenarbeit der
Mitgliedstaaten, auch mit Hilfe von Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft. Wegen
der zunehmenden Vernetzung von europäischen Datenbanken sind hohe Datenschutzstandards und
eine Verbesserung des grenzüberschreitenden Rechtsschutzes unabdingbar. Diese Zusammenarbeit
braucht eine unabhängige Justiz und faire Strafverfahren in allen EU-Mitgliedstaaten.
Verfassungsschutz neu ordnen
Der Verfassungsschutz hat in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt, als er sich auf dem
rechten Auge blind zeigte. Hier sind Veränderungen, insbesondere durch einen personellen
Neuanfang, zu beobachten, nun muss ein struktureller Neustart folgen, mit dem die
Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes verbessert wird. Die in Wissenschaft und
Zivilgesellschaft schon heute vorhandene Expertise über verfassungsfeindliche Bestrebungen
muss systematischer genutzt werden. Wir wollen den Verfassungsschutz deshalb strukturell neu
aufstellen: zum einen mit einem unabhängigen, wissenschaftlich und unter Einbeziehung der
Zivilgesellschaft aus öffentlichen Quellen arbeitenden Institut zum Schutz der Verfassung.
Zum anderen mit einem verkleinerten Bundesamt für Gefahrenerkennung und Spionageabwehr, das
mit rechtsstaatskonformen nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen
Aufgaben arbeitet.
Rechtsextremismus bekämpfen, Netzwerke zerschlagen
Es gibt mehr als 32.000 Rechtsextremist*innen in Deutschland, die sich immer stärker
vernetzen. Die Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen – auch innerhalb der
Sicherheitsbehörden – muss Priorität für alle Sicherheitsorgane haben. Dazu braucht es ein
Bündel aus Prävention, Schutz- und Sanktionsmaßnahmen. Durch eine bundesweit vernetzte
Präventionsstrategie wollen wir die Präventionsarbeit massiv ausbauen. Die
zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Rechtsextremismus soll strukturell und langfristig durch
ein Demokratiefördergesetz gefördert werden. Wir werden unabhängige wissenschaftliche
Studien zu Rassismus und Rechtsextremismus in den verschiedenen Sicherheitsbehörden
initiieren, Hassgewalt erfassen und konsequent verfolgen. Die Mordserie des
rechtsterroristischen NSU sowie andere rassistische und rechtsextremistische Terrorakte in
Deutschland sind nach wie vor nicht vollständig aufgearbeitet. Deshalb richten wir nach dem
Vorbild der Stasi-Unterlagen-Behörde ein NSU-Archiv ein, in dem auch die Ergebnisse der 13
parlamentarischen Untersuchungsausschüsse ausgewertet werden und langfristig für
Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und die Zivilgesellschaft zugänglich sind.
Vor Terrorismus schützen
Jede Form politisch motivierter Gewalt gefährdet unseren Rechtsstaat. Insbesondere durch
Terrorismus von gewaltbereiten Rechtsextremist*innen und Islamist*innen ist die innere
Sicherheit in Deutschland bedroht. Um die offene Gesellschaft, unsere Demokratie und die
Menschen zu schützen, müssen wir Terror entschieden bekämpfen – durch Prävention, bessere
Vernetzung der Sicherheitsbehörden und eine konsequente Überwachung von sogenannten
Gefährder*innen. Dazu braucht es eine europäisch abgestimmte Definition des
Gefährderbegriffs. Gefährder*innen müssen engmaschig überwacht werden. Ziel ist, dass
gegenüber Gefährder*innen offene Haftbefehle konsequent vollstreckt und laufende Verfahren
über Ländergrenzen hinweg zusammengezogen werden. Die Kooperation und Kommunikation zwischen
den Sicherheitsbehörden auch über Ländergrenzen muss reformiert werden, wozu die Schaffung
rechtlicher Grundlagen für die Terrorabwehrzentren GTAZ und GETZ gehört. Aussteigerprogramme
für Menschen aus rechtsextremistischen und islamistischen Szene werden wir ausbauen. Es
braucht ein bundeseinheitliches, professionalisiertes Präventions- und
Deradikalisierungsnetzwerk analog zu den zivilgesellschaftlichen Trägern, die sich bereits
besser als die politischen Ebenen in Bund und Ländern vernetzt haben. Prävention und
Deradikalisierung in Haftanstalten wollen wir stärken. Um Attentate zu erschweren, werden
wir illegalen Waffenhandel, auch und gerade auf Online-Marktplätzen, verstärkt verfolgen.
Den privaten Waffenbesitz tödlicher Schusswaffen wollen wir weitestgehend beenden.
Schutz für Whistleblower
Abgasmanipulationen, Missstände in Pflegeeinrichtungen, der Verkauf von Facebook-Nutzerdaten
– kaum einer der großen Wirtschaftsskandale der vergangenen Jahre wäre ohne die Hinweise aus
den Unternehmen überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt. Missstände bis hin zu kriminellen
Aktivitäten in Unternehmen und Behörden brauchen mutige Menschen, die sie ans Licht bringen.
Diese „Whistleblower“ müssen im Interesse von uns allen besser vor Repressalien und
gesundheitlichen, finanziellen und sozialen Folgen ihrer Meldung geschützt werden. Das
werden wir mit einem Hinweisgeberschutzgesetz, das die EU-Whistleblower-Richtlinie
ambitioniert und umfassend in nationales Recht umsetzt, erreichen. Darin festgeschrieben
sind ein zweistufiges Meldeverfahren sowie ein Entschädigungsfonds, mit dem das persönliche
Risiko minimiert wird. Die Furcht vor einem ökonomischen und persönlichen Schaden als
Hemmnis für eine Hinweisgabe soll so abgebaut und potenzielle Hinweisgeber*innen sollen
ermutigt werden.
Zielgerichtete Abwehr konkreter Gefahren
Ein starker, demokratischer Rechtsstaat kann gleichzeitig Sicherheit gewährleisten und
Freiheit bewahren. Wir stehen für eine rationale Sicherheits- und Kriminalpolitik, die
konkrete Gefahren anlassbezogen und zielgerichtet abwehrt, statt die Bevölkerung mit
pauschaler Massenüberwachung unter Generalverdacht zu stellen. Zukünftige Sicherheitsgesetze
müssen auf valider Empirie beruhen und verfassungsrechtliche Vorgaben zwingend beachten.
Statt pauschaler, anlassloser Vorratsdatenspeicherung und genereller Backdoors für
Sicherheitsbehörden oder Staatstrojaner für Geheimdienste wollen wir es der Polizei
ermöglichen, technische Geräte anhand einer rechtsstaatlich ausgestalteten Quellen-TKÜ
zielgerichtet zu infiltrieren. Zudem soll eine Meldepflicht für Sicherheitslücken eingeführt
werden.
Wir garantieren den Rechtsstaat und stärken den
Verbraucherschutz
Konsequent gegen Korruption
Korruption, Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Manipulationen im Finanzmarkt sind
Rechtsverstöße, die verheerende Auswirkungen auf den Wettbewerb und den freien Markt, für
Umwelt und Menschen(rechte) haben können. Wirtschaftsstraftaten machen einen Großteil der
polizeilich erfassten finanziellen Schädigungen aus. Bei Rechtsverstößen werden wir
Unternehmen deshalb künftig wirksamer zur Rechenschaft ziehen. Ziel ist, die bereits
verstreut bestehenden Regelungen in einem eigenständigen Gesetz gegen
Wirtschaftskriminalität zusammenzufassen und zu ergänzen. Um zu verhindern, dass
Rechtsverstöße von Unternehmen wegen organisierter Unverantwortlichkeit nicht geahndet
werden können, soll künftig auch an das Organisationsverschulden angeknüpft werden können.
Die Pflicht zum Nachweis der legalen Herkunft großer Zahlungen wollen wir verstärken.
Sanktionen müssen gemäß den EU-Vorgaben wirksam, angemessen und abschreckend sein, zum
Beispiel indem unrechtmäßiger Gewinn bei der Abschöpfung geschätzt werden darf. Den
Sanktionskatalog wollen wir um weitere Maßnahmen wie den Ausschluss von der Vergabe
öffentlicher Aufträge, die Schadenswiedergutmachung sowie verpflichtende Vorkehrungen für
Unternehmen zur Verhinderung von Straftaten erweitern und ein öffentliches Sanktionsregister
einführen.
Rechtsschutz für jeden, Sammelklagen einführen
Menschen müssen ihr Recht auch gegenüber wirtschaftlich Stärkeren wirksam durchsetzen
können, zum Beispiel in Fällen wie dem Diesel-Abgas-Betrug. Dazu führen wir die Sammelklage
(Gruppenklage) ein, damit Menschen auch bei kleineren, aber massenhaft auftretenden Schäden
effektiv zu ihrem Recht kommen und zum Beispiel Schadensersatz bekommen. Die bisher
eingeführten kollektiven Klageverfahren wie die Musterfeststellungsklage, die nur
Verbraucher*innen zusteht, und das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz sind unzureichend.
Die immer beliebtere Rechtsdurchsetzung durch Legal-Tech-Unternehmen stellt andererseits
eine Belastung für die Justiz dar, da alle Fälle einzeln entschieden werden. Den kollektiven
Rechtsschutz wollen wir deshalb verallgemeinert und vereinheitlicht in die
Zivilprozessordnung integrieren und die Bündelung individueller Ansprüche im Rahmen einer
Gruppenklage ermöglichen. Für eine bessere Durchsetzung des Rechts sollen die
Zugangsschranken gesenkt und die Verfahren vereinfacht werden. Die Verbandsklage-Richtlinie
der EU setzen wir zügig in nationales Recht um.
Kinderschutz vor Gericht verbessern
In familienrechtlichen Verfahren werden Entscheidungen getroffen, die erhebliche
Auswirkungen auf das weitere Leben von Kindern und ihre Familien haben können. Es gilt den
Kinderschutz vor Gericht zu stärken. Wir machen einerseits die Fortbildungen für
Familienrichter*innen verbindlich und werden diese andererseits bei ihrem Arbeitspensum
berücksichtigen. Auch in Kindschaftssachen wollen wir die Rechtsbeschwerdemöglichkeit zum
Bundesgerichtshof herstellen. In Strafverfahren wollen wir die Opferrechte von Kindern
weiter stärken. Mehrfache Vernehmungen müssen vermieden und die Befragungen kindgerecht
ausgestaltet sein. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder muss konsequent aufgeklärt und verfolgt
werden, vor allem durch mehr – insbesondere auch auf Internetkriminalität spezialisiertes –
Personal bei Polizei und Staatsanwaltschaften.
Online-Kündigung mit nur einem Klick
Online-Verträge kann man mit einem Klick abschließen, während man für die Kündigung häufig
zu Telefon oder Briefbogen greifen muss. Auch lange Mindestlaufzeiten und automatische
Vertragsverlängerungen um ein Jahr sind alles andere als verbraucherfreundlich. Wir wollen
Verbraucher*innen vor Vertragsfallen schützen und durchsetzen, dass die Online-Kündigung so
einfach ist wie die Online-Bestellung. So wie es einen Bestellbutton gibt, muss es auch
einen Kündigungsbutton geben sowie eine verpflichtende Eingangsbestätigung für Online-/E-
Mail-Kündigungen. Vertragslaufzeiten und automatische Verlängerungen müssen verkürzt werden
– zugunsten des Verbraucherschutzes und des Wettbewerbs. Wir wollen die maximale
Mindestlaufzeit von Verträgen von zwei Jahren halbieren und die stillschweigende
Vertragsverlängerung von einem Jahr auf einen Monat verkürzen.
Ein Recht auf Reparatur
Von der Waschmaschine bis zum Handy – viele Geräte landen schon nach kurzer Zeit auf dem
Müll, weil sie schnell kaputtgehen, nicht reparierbar sind oder keine Software-Updates mehr
angeboten werden. Das ärgert die Verbraucher*innen, es verschwendet wertvolle Ressourcen und
verursacht Berge von Elektroschrott. Wir setzen stattdessen auf Qualität und Langlebigkeit.
Durch ein Recht auf Reparatur wollen wir Elektroschrott von vornherein vermeiden. Die
Grundlage dafür sind verbindliche Designvorgaben, damit elektronische Geräte so gestaltet
sind, dass sie möglichst langlebig, reparierbar und recyclingfähig sind. Durch die
Verdopplung der Gewährleistungsfristen auf vier Jahre und eine Angabe der vom Hersteller
vorgesehenen Lebensdauer wollen wir erreichen, dass Geräte für eine längere Lebensdauer
gebaut werden. So werden wir die Spielräume der EU-Vorgaben voll ausschöpfen und uns
gleichzeitig für mehr Verbraucherschutz in der EU engagieren.
Finanzberatung im Interesse der Kund*innen
Häufig werden Kund*innen Finanzprodukte angedreht, die für sie zu teuer, zu riskant oder
schlicht ungeeignet sind. Diese Produkte sind häufig gut für die Gewinne der Banken und
Versicherungen, aber schlecht für die Kund*innen. Wir wollen die Finanzberatung vom Kopf auf
die Füße stellen. Dafür schaffen wir ein einheitliches und transparentes Berufsbild für
Finanzberater*innen. Alle Vermittler*innen und Berater*innen sollen künftig von der BaFin
beaufsichtigt werden. Wir wollen weg von der Provisionsberatung und schrittweise zu einer
unabhängigen Honorarberatung übergehen. Dafür schaffen wir eine gesetzliche Honorarordnung,
die Finanzberater*innen stärkt und unabhängiger macht. Die Finanzaufsicht soll von der
Möglichkeit, den Vertrieb von schädlichen und irreführenden Finanzprodukten zu untersagen,
stärker als bisher Gebrauch machen. Überhöhte Dispozinsen und Gebühren für das Basiskonto
werden wir begrenzen.
Wir fördern die Kultur, die Künste und den Sport
Krisenfeste Strukturen für die Kultur
Kultur ist frei und muss keinen Zweck erfüllen. Sie ist gleichzeitig von zentraler Bedeutung
für die Selbstreflexion der Gesellschaft, den Zusammenhalt und die Persönlichkeitsbildung
der Einzelnen. Wir wollen, dass die Kulturlandschaft nach der Pandemie mit ihren
monatelangen Schließungen zu neuer Lebendigkeit, Vielfalt und Reichhaltigkeit findet und
Kultur und kulturelle Bildung endlich selbstverständlicher Teil der Daseinsvorsorge werden.
Eine nachhaltige (Wiederaufbau-)Strategie muss die Kommunalfinanzen als eine wichtige
Grundlage für das Kulturleben stärken, das Zuwendungsrecht reformieren, mehr Kooperationen
zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Finanzierung von Kultureinrichtungen und -
projekten ermöglichen sowie einen Fonds zum Schutz von Kultureinrichtungen vor Verdrängung
und Abriss einrichten, der Kulturorte langfristig absichert. Die öffentliche Kulturförderung
soll künftig partizipativ, geschlechtergerecht, abgestimmt und nach transparenten Kriterien
angelegt sein.
Kulturschaffende und Kreative besser absichern
Die Corona-Krise zeigt, unter welch prekären Bedingungen viele Kultur- und Medienschaffende
arbeiten. Für eine vielfältige Kulturlandschaft braucht es eine Absicherung, die Freiräume
bietet und künstlerisches und kreatives Schaffen ermöglicht. Kulturschaffende sollen für die
Zeit der Corona-Krise mit einem Existenzgeld von 1.200 Euro im Monat abgesichert werden. Die
Künstlersozialkasse (KSK) muss finanziell gestärkt, Rechtssicherheit für die Mitgliedschaft
in der KSK geschaffen und die freiwillige Weiterversicherung für Selbständige in der
Arbeitslosenversicherung vereinfacht werden. Bei kulturellen Werken muss für Urheber*innen
eine angemessene Vergütung sichergestellt werden. Eine angemessene Beteiligung insbesondere
an den Gewinnen der Vertriebsplattformen sorgt dafür, dass Kultur- und Medienschaffende
weiter an ihren Werken verdienen können.
Kultur in der Gesellschaft
Aktives Kulturleben ist die Basis von demokratischen Gesellschaften. Hier findet die
Auseinandersetzung darüber statt, wie wir leben wollen. Deshalb muss die Gesellschaft in
ihrer ganzen Vielfalt im Kulturschaffen sichtbar sein. Wir wollen Kultureinrichtungen öffnen
und stärken, damit jede*r einfachen Zugang zu ihnen hat und ihre Angebote nutzen und
gestalten kann. Bestehende soziale, finanzielle oder bauliche Hürden müssen dafür abgebaut
werden, etwa durch den kostenlosen Eintritt für Schüler*innen in staatlichen Museen oder
durch die Sonntagsöffnung von öffentlichen Bibliotheken. Wir wollen gerade solche
Kulturangebote kontinuierlich und flächendeckend fördern, die die Situation und die
Bedürfnisse in ihrer Stadt oder ihrer Gemeinde mitdenken und das als ihre zentrale
Zukunftsaufgabe verstehen. In ländlichen Regionen, aber auch in urbanen Zentren sollen
Kultureinrichtungen Knotenpunkte von Begegnungen und zu sogenannten „Dritten Orten“ werden,
die auch Menschen einen Zugang zu Kultur ermöglichen, die davon bislang wenig profitieren.
Bei der Besetzung von Intendanzen, bei der Zusammensetzung von staatlich geförderten
Kulturbetrieben, bei der Vergabe von Stipendien und Werksaufträgen und bei staatlichen Jurys
wollen wir eine Quotenregelung einführen, um Geschlechtergerechtigkeit zu gewährleisten.
Zudem muss auf angemessene Repräsentanz der vielfältigen Gesellschaft geachtet werden.
Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität und Teilhabe müssen fester Bestandteil der Ausbildung
zu Kulturberufen sein.
Den Kulturbetrieb ökologischer machen
Der Kulturbetrieb und die Künste können eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der
Klimakrise spielen. Auch gibt es viele Initiativen und Akteur*innen, die mit viel Einsatz
versuchen, ressourcenschonender zu arbeiten und den Kulturbetrieb ökologisch auszurichten.
Wir werden das ökologische Engagement im Kulturbetrieb nachhaltig unterstützen. Dafür werden
wir einen „Green Culture Fonds“ als Förderinstrument einrichten. Antragsberechtigt sind
öffentlich geförderte Einrichtungen und Projekte sowie private Akteur*innen der Kultur- und
Kreativwirtschaft und der freien Szene. Auch beim Film sollen Förderinstitutionen und -
maßnahmen künftig klare Anreize für eine nachhaltige Produktion schaffen. Doch auch gerade
Künstler*innen geben neben Wissenschaftler*innen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft
Impulse für die nachhaltige Transformation.
Erinnerungskultur stärken und öffnen
Erinnerungskultur trägt entscheidend zur Selbstverständigung und zum Zusammenhalt bei und
ist eine grundlegende Voraussetzung für den Schutz unserer Demokratie. Doch noch immer gibt
es Leerstellen in der Aufarbeitung der deutschen Verbrechensgeschichte. Der
Nationalsozialismus muss weiter konsequent aufgearbeitet und bisher wenig beachtete
Opfergruppen wie die sogenannten „Asozialen“, „Berufsverbrecher“ und „Euthanasie“-Opfer
sollen durch eine angemessene Entschädigung anerkannt werden. Die finanzielle Förderung von
Forschungsarbeiten, die Weiterentwicklung der pädagogischen und wissenschaftlichen Arbeit
der Gedenkstätten sowie die weitere Aufarbeitung und Rückgabe von NS-Raubkunst stehen dabei
im Mittelpunkt. Auch die DDR-Diktatur soll durch die Fortsetzung der Forschung und der
politischen Bildungsarbeit an den Außenstellen des Bundesbeauftragten für die Stasi-
Unterlagen weiter aufgearbeitet werden. Wir werden die Kontinuitäten des Kolonialismus ins
Bewusstsein rücken durch eine zentrale Erinnerungs- und Lernstätte und so eine breite
gesellschaftliche Debatte über unser koloniales Erbe fördern, die sich nicht allein auf die
Rückgabe von Kulturgütern beschränkt, sondern eine antirassistische Perspektive auf
Geschichte und Gesellschaft ermöglicht. Gleichzeitig muss sich die deutsche
Erinnerungskultur für die Erfahrungen und Geschichten der Menschen öffnen, die nach
Deutschland eingewandert sind, und das Gedenkstättenkonzept entsprechend weiterentwickelt
werden.
Ein Entwicklungsplan für den Sport
Im Sport, dem größten Träger der organisierten Zivilgesellschaft und des freiwilligen
Engagements, werden täglich demokratische Werte wie Gemeinsamkeit, Toleranz, Integration,
Inklusion, Engagement und Gesundheitsprävention gelebt und vermittelt. Damit übernimmt der
Sport eine herausragende Rolle für das gesellschaftliche Zusammenleben. Dies werden wir
fördern und bessere Rahmenbedingungen schaffen. Wir wollen Ideen und Energien bündeln und
zusammen mit den Sportverbänden, Ländern, Kommunen und der Wissenschaft einen
Entwicklungsplan Sport erarbeiten und umsetzen – ähnlich dem Goldenen Plan aus den 1960ern.
Ein besonderer Fokus muss dabei vor allem auf strukturschwachen Regionen, gerade in
Ostdeutschland, liegen, denn die Diskrepanz zwischen Ost und West ist beim Breitensport auch
30 Jahre nach der friedlichen Revolution ein Problem. Ausreichend vorhandene und
barrierefreie Sportstätten und Bewegungsräume zählen in Städten und ländlichen Räumen zur
Daseinsvorsorge, deshalb wollen wir, dass Bewegungs- und Sportflächen in der
Wohnungsbaupolitik und Quartiersplanung fest verankert und die bestehenden saniert werden.
Dazu gehören auch insbesondere Schwimmsportstätten, denn unser Anspruch ist, dass jedes Kind
schwimmen lernen kann. Das wollen wir mit einem Bundesprogramm zur Sanierung und
Instandsetzung von Schwimmstätten erreichen. Sportgroßveranstaltungen sollen klimaneutral,
sozial und nachhaltig ermöglicht werden, so dass sie auch einen bleibenden
Infrastrukturgewinn für die Bürger*innen vor Ort schaffen. Dafür braucht es eine bundesweit
einheitliche und föderal abgestimmte Gesamtstrategie, bei der von Beginn an
Bürger*innenbeteiligung Teil der Planung ist.
Spitzensport braucht Breitensport
Ein starker Breitensport braucht Vorbilder. Im Spitzen- und Profisport muss es um die
bestmögliche Förderung von Talenten gehen, nicht um den größten Gewinn für Funktionär*innen.
Deshalb wollen wir bei der Förderung des Spitzensports die Bedingungen und Perspektiven für
Leistungssportler*innen in den Mittelpunkt stellen. Bei der Doping-Prävention und im Anti-
Doping-Kampf stärken wir die NADA, und auf internationaler Ebene setzen wir uns für eine
Athlet*innenvertretung bei der WADA ein sowie dafür, dass diese künftig unabhängig vom IOC
finanziert wird. Auch Korruptionsskandale auf höchster Ebene der Sportfunktionär*innen sowie
die zunehmende Kommerzialisierung bedrohen den Spitzensport. Gerade beim Fußball gilt es den
Sport den Fans zurückzugeben. Deswegen sollen Transparenz und Good Governance auch im Sport
vorangetrieben werden. Gegen Rechtsextremismus und andere Formen gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit im Sport gehen wir mit einem finanziell starken Bundesprogramm vor,
das von einer unabhängigen Stelle beraten wird. Wir schützen die Bürger*innenrechte von Fans
und diese vor ausufernden Datensammlungen und Kollektivstrafen.
Wir bauen Europa weiter
Die Zukunft der EU gestalten
Wir sehen Deutschland in einer zentralen Verantwortung für den Zusammenhalt und die
Fortentwicklung der EU. Zuletzt aber wurde von Berlin aus bestenfalls verwaltet, oftmals
gebremst. Wir wollen die Europapolitik wieder aktiv gestalten – mit klarem Wertekompass,
entlang einer starken deutsch-französischen Zusammenarbeit und im Zusammenspiel mit unseren
europäischen Partner*innen. Unser Ziel ist eine EU, die zusammenhält und voranschreitet. In
manchen Bereichen kommen wir nur mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten voran, aber die
verstärkte Zusammenarbeit muss stets im Rahmen der Verträge und im Bestreben, dass sich
letztlich alle anschließen, erfolgen. In den kommenden zwei Jahren bietet die „Konferenz zur
Zukunft der EU“ eine große Chance, gemeinschaftlich mit den Bürger*innen Reformen der EU zu
entwickeln. Wir wollen sie nutzen für die nächste Phase der europäischen Integration auf dem
Weg zur Föderalen Europäischen Republik und um europäische Antworten auf die großen
Herausforderungen zu formulieren. Die Ergebnisse der Konferenz sollen im Rahmen der
europäischen Gesetzgebung bis hin zu Vertragsänderungen umgesetzt werden.
Europäisches Parlament stärken
Die Geschichte der EU ist eine Geschichte zunehmender Legitimität der europäischen
Institutionen. Unser Ziel ist, die europäische parlamentarische Demokratie zu stärken: mit
einem Parlament, das in allen Bereichen gleichberechtigt mit dem Rat entscheidet, ein
vollwertiges Initiativrecht für die Gesetzgebung und ein starkes Haushaltsrecht erhält. Es
soll die Kommission auf Vorschlag des Kommissions-Präsidenten bzw. der Kommissions-
Präsidentin wählen sowie durch ein konstruktives Misstrauensvotum entlassen können. Für die
Wahlen zum Europäischen Parlament setzen wir uns dafür ein, dass die Bürger*innen mit ihrer
Stimme für einen Spitzenkandidaten bzw. eine Spitzenkandidatin der Parteien auch die/den
nächste*n Präsident*in der EU-Kommission bestimmen. Ein Teil der Abgeordneten soll zukünftig
nicht mehr über viele nationale Listen ins Europaparlament einziehen, sondern über wirklich
europäische, transnationale Listen.
Ein europäisches Vereins- und Gemeinnützigkeitsrecht
Zum europäischen Gemeinwesen gehört das Zusammenwachsen der Zivilgesellschaften. Deshalb
setzen wir uns für ein europäisches Vereins- und Gemeinnützigkeitsrecht ein. Ein
europäischer Vereinsstatus mit klaren Regeln zu Gründung, Gemeinnützigkeit und Auflösung
würde europäische Vereine dem Schutz der EU unterstellen und nationaler Willkür entziehen.
Zudem wollen wir die Europäische Bürgerinitiative als zentrales Instrument der Teilhabe der
Bürger*innen und der Zivilgesellschaft stärken. So sollen Bürger*innen auch eine Reform der
Verträge oder die Einberufung eines Bürger*innenrates fordern können. Ist eine
Bürgerinitiative erfolgreich, sollte spätestens nach einem Jahr und einer Prüfung auf
Vereinbarkeit mit den EU-Grundrechten ein Gesetzesvorschlag folgen und im Europaparlament
eine Plenumsabstimmung über das Ziel der Initiative stattfinden.
Mit Mehrheitsentscheidungen Blockaden auflösen
Europa braucht mehr Handlungsfähigkeit, um auf Augenhöhe mit den heutigen Herausforderungen
voranzukommen. Blockaden durch einzelne Staaten in Bereichen wie der Außen- und
Sicherheitspolitik und in Steuerfragen oder auch bei Energie und Sozialem können wir uns
nicht länger leisten. Solange nationale Einzelinteressen das europäische Gemeinwohl
ausbremsen können, wird die EU keine aktivere Rolle etwa für mehr Steuergerechtigkeit oder
mehr Verantwortung für Demokratie und Menschenrechte in der Welt übernehmen können. Darum
setzen wir uns dafür ein, für alle verbleibenden Politikbereiche, in denen heute noch im
Einstimmigkeitsprinzip entschieden wird, Mehrheitsentscheidungen in Mitentscheidung des
Europäischen Parlaments einzuführen. Das ist auch deshalb wichtig, um bei weiteren
Erweiterungsrunden der EU deren Handlungsfähigkeit zu sichern. Unser langfristiges Ziel ist
es, die europäischen Institutionen zu einem Zweikammersystem weiterzuentwickeln.
Einflussnahme auf EU-Gesetzgebung transparent machen
Mehr Transparenz stärkt die europäische Demokratie und das Vertrauen der Bürger*innen in
Politik. Um nachvollziehbar zu machen, wofür die Regierungen der Mitgliedstaaten in Brüssel
eintreten, setzen wir uns für Fristen im Rahmen der Gesetzgebung ein, bis zu denen eine
öffentliche Debatte im Rat stattgefunden haben muss. Dabei müssen alle Regierungen ihre
aktuelle Position zum Vorschlag der Ratspräsidentschaft vorlegen. Auch den Zugang zu EU-
Dokumenten wollen wir substanziell weiterentwickeln. Die EU arbeitet bei
Interessensvertreter*innen bereits transparenter als der Bundestag. Wir wollen weitere
Schritte gehen – mit einem verbindlichen Lobbyregister für alle EU-Institutionen, strikteren
Karenzzeiten beim Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft und einem „legislativen
Fußabdruck“, durch den die Einflussnahme auf Gesetzgebung überprüfbarer wird, kontrolliert
durch eine unabhängige Ethikbehörde, die Sanktionen verhängen kann.
Europäische Grundrechte einklagbar machen
Die EU ist eine Gemeinschaft der Werte und des Rechts. Wir wollen die EU-Grundrechtecharta
langfristig gegenüber den Nationalstaaten einklagbar machen, um so alle EU-Bürger*innen in
ihren Rechten zu stärken. Mit dem EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Grundrechte setzen wir uns für ein stärkeres Instrument ein, um Verstöße autoritärer
Mitgliedstaaten zu sanktionieren. Aus dem jährlichen Rechtsstaatlichkeitsbericht sollen
konkrete Maßnahmen bis hin zu Vertragsverletzungsverfahren und der Nichtauszahlung von
Subventionen folgen. Kommunen und Regionen sowie Nichtregierungsorganisationen sollen dann
direkt von der EU gefördert werden. Bei den Artikel-7-Verfahren zur Rechtsstaatlichkeit
braucht es substanzielle Fortschritte. Alle Mitgliedstaaten sollen sich der Europäischen
Staatsanwaltschaft anschließen, wenn sie neue EU-Gelder erhalten wollen.
Eine öffentlich-rechtliche Medienplattform in Europa
Ein zusammenwachsendes Europa braucht eigene, öffentliche Orte, an denen seine Bürger*innen
zusammenkommen können, um sich zu informieren, zu partizipieren, sich zu unterhalten und
politisch zu diskutieren. Wenn überhaupt, kommen dafür bislang nur kommerziell betriebene,
digitale Plattformen in Frage. Als zeitgemäße Antwort setzen wir uns darum für eine
europäische, digitale Plattform in öffentlicher Hand ein. Sie bündelt europaweit qualitativ
hochwertige Inhalte – werbefrei, offen und multilingual. Unter hohen Datenschutzstandards
soll sie darüber hinaus als Kommunikationsplattform dienen. Die Grundlage bildet ein
öffentlich-rechtlicher Auftrag, sie arbeitet zusammen mit den nationalen öffentlichen
Rundfunkanstalten und frei von politischer Einflussnahme.
Europa der Kommunen und Regionen
Eine demokratische, vielfältige und bürger*innennahe EU lebt von der Stärke der Kommunen und
Regionen. Getreu dem Subsidiaritätsprinzip soll Europa da unterstützen, wo Kommunen an ihre
Grenzen stoßen – aber nicht jeden Lebensbereich regulieren. Die Wettbewerbsregeln des
Binnenmarkts dürfen Kommunen nicht zur Privatisierung öffentlicher Güter zwingen. In EU-
Handelsabkommen braucht es Ausnahmen für die kommunale Daseinsvorsorge sowie für öffentliche
und soziale Dienstleistungen. Für mehr europaweite Kooperation wollen wir
Städtepartnerschaften stärken, INTERREG-Programme für grenzüberschreitende Zusammenarbeit
ausweiten und Euregios und Eurodistrikte durch weniger Bürokratie und mehr Flexibilität
fördern. Kommunen und Regionen brauchen mehr Mitsprache auf europäischer Ebene, unter
anderem über einen gestärkten Ausschuss der Regionen. Bei Gestaltung und Vergabe von
Förderprogrammen setzen wir auf das Partnerschaftsprinzip.
Antragstext
Von Zeile 87 bis 89 einfügen:
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und Dienstleistungen aus. Die Steuerstrukturen überarbeiten wir grundlegend nach ökologischen Gesichtspunkten. Dazu gehört auch die längst überfällige Reform der Finanzverfassung, damit Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland endlich besteuert werden kann.
So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Wir setzen die Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats konsequent um und treiben das Divestment aus Investitionen in Kohle, Öl, Gas, Atomkraft und Rüstung voran, sowohl bei staatlichen als auch privaten Investitionen in Aktien, Anleihen oder Investmentfonds. Die öffentliche Hand soll dabei Vorreiterin und Vorbild sein. Das Haushaltsrecht und Versorgungsrücklagengesetz modernisieren wir entsprechend.
Bei der Ausschreibung von öffentlichen Vorhaben führen wir die Berücksichtigung von Umweltkosten insbesondere eine CO2e-Bepreisung gemäß den Kostensätzen des Umweltbundesamtes ein. Diese CO2-Schattenpreise legen wir in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Auswahlentscheidungen zu Grunde und sorgen so für zukunftsfeste öffentliche Investitionen.[Zeilenumbruch]
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts
konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation einläuten, können wir die Krise
noch stemmen. Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr
soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die Vorboten
der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die Gesundheit der Menschen
– und es sind vor allem die mit den geringsten Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass
der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern,
denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern.
Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir für jetzige
und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser
Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir
lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-
Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere
Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische
Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der
Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen und sorgen so für eine
effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das
Energiesystem auf Sonnen- und Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren
festzuhalten, schaffen wir eine neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt
Ölheizungen werden Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die
Heizquellen der Zukunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger Autos
in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft dienen
besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote
an klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing,
erleichtern zu pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue
Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige völlig neu entstehen, wieder
andere verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja
Zumutung. Die sozial-ökologische Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür
tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen
oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu
tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind.
Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang
gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für
den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische
Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskorrektur, dann
brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer
Politik und verändern entsprechend die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt
an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was
zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden, der Tiere und
der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen, kann es gelingen, die
Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Und damit auch
unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität: Städte mit
weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu
spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr.
Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes
Essen, hergestellt unter Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr
als reine Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben sich
Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg begeben. Sie
brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen befähigen, bei sich die
Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV machen wir fit für dieses Jahrhundert.
Wir sorgen für den Erhalt unserer wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir begründen
einen Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin
in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die Heizung und das Gas im
Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist nichts weniger
als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die
Erneuerbaren. Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür
sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und Strom zu verlässlichen und
wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign ändern wir, sodass
erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher
und die Produktion von Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip
„nutzen statt abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer Strom
produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine
Kreislaufwirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die
ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial-
ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in
Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und
europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen.
Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und
Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. Die Steuerstrukturen überarbeiten wir grundlegend nach ökologischen Gesichtspunkten. Dazu gehört auch die längst überfällige Reform der Finanzverfassung, damit Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland endlich besteuert werden kann.
So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten
Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Wir setzen die Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats konsequent um und treiben das Divestment aus Investitionen in Kohle, Öl, Gas, Atomkraft und Rüstung voran, sowohl bei staatlichen als auch privaten Investitionen in Aktien, Anleihen oder Investmentfonds. Die öffentliche Hand soll dabei Vorreiterin und Vorbild sein. Das Haushaltsrecht und Versorgungsrücklagengesetz modernisieren wir entsprechend.
Bei der Ausschreibung von öffentlichen Vorhaben führen wir die Berücksichtigung von Umweltkosten insbesondere eine CO2e-Bepreisung gemäß den Kostensätzen des Umweltbundesamtes ein. Diese CO2-Schattenpreise legen wir in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Auswahlentscheidungen zu Grunde und sorgen so für zukunftsfeste öffentliche Investitionen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung regenerativer Energie
oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen und datengetriebenen Innovationen
können wir den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei
Zukunftstechnologien führend werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale
Anwendungen und Lösungen, die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger
sind als analoge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst ökologisch
nachhaltige Technologien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-Beschaffungen des Bundes
müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit, Folgebeschaffung, technische Offenheit,
Reparaturfähigkeit und Nachhaltigkeit zwingend in die Bewertungen einfließen und
Zertifizierungen wie der Blaue Engel für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle
Rechen- und Datencenter des Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben
und zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die
beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und neue zu schaffen.
Die ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und
kann zur einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur
Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green
Jobs. Sie entstehen im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie sowie in
neuen Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und
tarifvertraglich organisiert sind sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf
werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf dem Weg hin zu
einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile
grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökologischen
Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu
wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für
Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der Transformation
ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die
Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die
betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken.
Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große
Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren
Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Die
Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel
nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort
bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften
sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo die Region sozial und
wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie Reallabore
und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und
Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des
Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das
Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher
notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles
Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende
Einsparmöglichkeiten umsetzt. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den
Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
– das deutsche Klimaziel 2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir
Europäer*innen deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da derzeit die
Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering
eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals noch nicht
wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und
Förderung sowie Ordnungsrecht ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung
von CO2 erreichen, müsste der Preis 180 Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen
sozialen Unwuchten führen würde. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr
teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam
und sozial gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung endlich
voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von Emissionszertifikaten und
der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich
Strom und Industrie, der dafür sorgt, dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz
kommt. Sollte das auf europäischer Ebene nicht schnell genug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche Verkehr und
Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-
Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter verbessert werden muss. Wir wollen die
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis
so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben
die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an
die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein
Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle
zusätzlichen CO2-Einnahmen an die Menschen zurück, und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So
kann man mit Klimaschutz Geld verdienen und es findet ein sozialer Ausgleich im System
statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem
Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie
Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen
Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf
ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die Vorgaben des
Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem Staat mehr Möglichkeiten
geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung klimaschonendes Verhalten zu belohnen und
die fossilen Energieträger den wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungsprozesse
führen wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den
nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem
Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen nicht vereinbar. Wir
setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. Um nicht erneut den
Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden
der Kohleverstromung einpreisen. Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu
regeln – mit einem lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein
beschleunigter Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven
Ausbaus der erneuerbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immissionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen anheben.
Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach mit Solaranlage
hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird dezentral und vor Ort erzeugt
und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue Solardächer in den kommenden vier Jahren.
Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten,
öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard
perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen. Mit allen
diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen.
Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll neben Autobahnen und
Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen und Brachen und auf Konversions-
oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen,
d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche,
können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden. Landwirtschaftsbetriebe
sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig
zudem ist die Möglichkeit, direkte langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können.
Bei der Planung gilt es die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den
Erlösen müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist ein
jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35 GW bis 2035
erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und Artenschutz zu minimieren,
Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur Genehmigung zu beschleunigen. In einem
ersten Schritt wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die
Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen. Alle
Bundesländer haben hierfür ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen,
etwa über exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie
mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreundliche und naturverträgliche
Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei Vögeln. Wir werden die Planungs- und
Genehmigungsverfahren durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche
Bewertungsmaßstäbe beschleunigen. Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte
Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Wir bauen unsere Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen
Energieunion mit den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und
der Alpen. Je vernetzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende eine gute
Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht
einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Die Planung unserer
Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht daher ein Update und muss
Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die
wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-
ready geplant und gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem Transport mit
einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur wollen wir daran binden, dass
die fossilen Energieträger darüber nur noch in einem begrenzten Zeitrahmen transportiert
werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten
von klimaschädlichen Ressourcen und konterkarieren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geopolitischen Gründen gestoppt werden. Damit
stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt. Deutschland
ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese Führungsrolle wollen wir
weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und einem umfassenden Förderprogramm werden
wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur
für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen mit wind-
und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich Wasserstoff zu importieren.
Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es unabdingbar, die lokale Bevölkerung
einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu
orientieren. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren
Energien hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen
zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion, schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die
Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und
teuer, die direkte Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es
gilt daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo sie
wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der
Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil
von fast 50 Prozent im Strombereich, brauchen wir ein Energiemarktdesign, das Ökostrom in
den Mittelpunkt rückt und zugleich die Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass
erneuerbarer Strom künftig stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem
ersten Schritt werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige
Lieferverträge zwischen Ökostromerzeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrommarkt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass Endkund*innen deren
Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es darum, nicht die Arbeit,
sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu entlohnen. Damit stärken wir
Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn bei fossilen Energien die CO2-Kosten
stärker eingepreist und neue Instrumente etwa für Refinanzierung und Mietermodelle
geschaffen sind, kann in einem dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb werden wir
Bürger*innen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern und die Kommunen
verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen beteiligen. Gerade der ländliche
Raum kann so von den Gewinnen profitieren. Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer
Ausnahmeregelung bei den Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom
fördern und entbürokratisieren, damit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die Stromleitungen
schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo er erzeugt wird, so
schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird. Voraussetzung für einen weiteren
Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
die bestehenden Netze optimal auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige
Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu
bei, dass potenzielle Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor
Gericht geklärt werden. Klar ist auch: Die Erneuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur darstellen,
wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir nach Möglichkeit die
staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland erhöhen und sie in
eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der
Netzentgelte voran, um über einheitliche Netzentgelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und
Land und Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral erfolgen.
Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem
Passivhausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für
denkmalgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss deutlich gesteigert werden. Für den
Bestand muss gelten: Sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan
erstellt. Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird,
sollen Erneuerbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein
Investitionsprogramm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme
wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die Energieeffizienz maßgeblich, von der
Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen
Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird.
Solche verbundenen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen.
Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche
Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie
für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die
Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die
Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben.
Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten
Förderprogrammen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl Atomkraft eine
Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe
hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch
eine restriktivere Exportpolitik stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum
Atomausstieg gehört auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu
finden. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen geologischen
Bedingungen und Rückholbarkeit; die Suche hat auf Basis von wissenschaftlichen Kriterien und
mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU
wollen wir den Einstieg in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-
Vertrag zu reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die erneuerbaren Energien
stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte mit
regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen Räumen in
größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren. Entwidmung von Bahnstrecken
soll es nicht mehr geben. Auch den grenzüberschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines
Europatakts deutlich zu stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz
aufzubauen und die Lücken in regionalen, grenzüberschreitenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstationen aufwerten und die Kombination
von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die Investitionsmittel für die Bahn
werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und
effizienter machen, die Strukturen für mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer
staatlicher Verantwortung am Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verantwortung
für das Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt übernehmen.
Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern den
Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu muss der
öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem Fernverkehr verknüpft
werden. Zusammen mit den Ländern werden wir eine Zukunfts- und Ausbauoffensive starten,
Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von
Regionalbahnen ausweiten und die Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch
die Beschaffung von emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die
Kommunen vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preiswerten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen, wollen wir
Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und attraktiv sein – überall.
Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen von Dorf zu Dorf wie auch touristische
Radwege sollen sich durch hohe Qualität und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere
Vision ist ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik
an den Zielen und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die
Förderprogramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßenverkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr Platz im
Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der digitale
Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die
deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue Mobilitätslösungen machen und die
Chancen der Digitalisierung für eine Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein
einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von
A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und
Tarifverbünden in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so
integrieren, dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern. Deshalb wollen
wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife fördern. Ein Haushalt, der
sein Auto dauerhaft abmeldet, soll zudem für ein Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung
umweltfreundlicher Verkehrsmittel bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen
Rechtsrahmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele
erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter zu Fuß gehen – sei es
zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf diese Weise Städte vom Autoverkehr
entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln, die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern,
entscheidend. Unser Ziel ist die Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im
Straßenverkehr. Wir wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel-
Ausnahme-Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein
Sicherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von Fahrradfahrer*innen
und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende Schwerlasttransporter zu verhindern,
wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler und
klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit das Auto der
Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird, braucht es klare politische
Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum
Beispiel durch eine ansteigende nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für
saubere Luft in Innenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die
Automobilindustrie kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten.
Das sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns für
schärfere europäische CO2-Flottengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier Autos wollen wir
über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere Autos werden billiger,
klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention und gestalten die
Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleunigen den flächendeckenden Ausbau einer
einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive Schnellladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im
ländlichen Raum. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem
möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr gefördert. Sie
reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat
keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten.
Deutschland braucht eine Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle
und an Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen, Radwegen
und auf eine intelligente Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel legt. Auch die
Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die
Wiederkehr der Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden
einen Bundesnetzplan 2050 erarbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße,
Schiene und Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir nutzen, um nicht
planfestgestellte Straßenneubauprojekte, insbesondere Autobahnabschnitte, noch einmal auf
den Prüfstand zu stellen und mit einem Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die
Investitionen werden wir umschichten zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des
Ausbaus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für viele
Familien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an erster Stelle auf
die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem
Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wallbox in der Garage eine zukunftsfähige
Lösung, die wir gerade im ländlichen Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss
Mobilität ohne Auto möglich sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen,
Jugendliche und ältere Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine
Mobilitätsgarantie mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und Radwege
auszubauen. Gerade in strukturschwachen Regionen braucht es eine regelmäßige und
verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-
Demand-Verkehre sowie öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle,
Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die autozentrierte Stadt ist
nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen die Städte bei
der Mobilitätswende gezielt unterstützen, es ihnen erleichtern, sichere Radwege und
attraktive Fußwege anzulegen und verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und
Stadtviertel zu schaffen. Die Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den
Autoverkehr einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen. Die
Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der Pkw-Bestand in
den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines immensen
Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der Pandemie wollen wir kein
Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität
ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn
massiv ausbauen. Die Zahl von Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Fliegen
gleichzeitig zu dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen,
wollen wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad festschreiben.
Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner Flugzeugtechnologie fördern wir.
Umweltschädliche Subventionen im Flugverkehr sind abzubauen und Finanzhilfen für
unwirtschaftliche Regionalflughäfen zu beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch
weniger und bessere Flugzeuge braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist
in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss
auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe,
die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen
mehr Güter mit der Bahn transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und
Schiene ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
angeschlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und stattdessen den
Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den ausufernden Lkw-Verkehr wollen
wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren. Zusammen mit ambitionierten CO2-
Flottengrenzwerten und der Förderung klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar
emissionsfrei. Für mehr Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvorschriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen müssen erheblich
verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den Einsatz von Lastenrädern und
neue Verteilkonzepte wie Cityhubs oder Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken müssen daher
unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu
überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere
Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier
ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den
Einsatz von Glyphosat untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen zur
Bebauung und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern verteidigen und
verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue schaffen. 10 Prozent der
Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen
eingesetzt werden. Mit einem Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens
2 Prozent der Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Natur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrsinfrastruktur sowie
Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den Naturschutz geachtet werden. Das werden
wir bei Bundesinfrastrukturprojekten umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen
dabei unterstützen, nicht mehr benötigte versiegelte Flächen der Natur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein Waldsterben,
das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch den sauren Regen
entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile Waldökosysteme sind
widerstandsfähiger als Monokulturen. Wir wollen gesetzliche Mindeststandards für eine
naturnahe Waldbewirtschaftung festlegen und den Umbau und die Wiederbewaldung nach
ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen
Mehrwert. Die Bewirtschaftung von Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische
Kriterien – im Wald nach FSC, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft
werden. Wir wollen 5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die
Waldbrandgefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bundesweite Präventions-
und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch global weiter
voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der Vereinten Nationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen entsprechend der Biodiversitätsstrategie der
Europäischen Union mindestens 30 Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere geschützt
werden, davon 10 Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an Land. Die
UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen Abkommen als neue
Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik sorgen. Insbesondere im
Meeresbereich verfolgen wir eine gemeinsame internationale Meeresstrategie. Wir werden uns
dafür einsetzen, den Schutz der Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen,
Vollzugsdefizite und Regellücken zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus
zu rücken, damit legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten
und Übernutzung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren – all das
schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern auch das Klima.
Naturnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben,
einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind
auch der beste Schutz gegen Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der
Bundeswasserstraßenverwaltungen stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für
wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir
stärken und die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen wir
gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-Renaturierungsprogramm auf.
Wiedervernässte Moore müssen zu einem Teil Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte
nachhaltig genutzt werden. Daher wollen wir Paludikultur stärken, also die
landwirtschaftliche Nutzung von nassen Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamentenreste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht ins Abwasser.
Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur Flächenbindung der Tierhaltung und
des Pestizideinsatzes verankern. Ein Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe
sollen so zu einer fairen Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung
führen. Durch eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue
Genehmigungs- und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückständen im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern. Setzen wir das EU-
Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von hormonverändernden Stoffen und
Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher
Nutzung gilt es sicherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von
Regenwasser wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch
weitere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu verschlechtern. Um
die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm mit verbindlichen
Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik und Maschinen fördern, die eine Bergung
der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ermöglichen. Um die Fischbestände zu
stabilisieren und Fischer*innen eine nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine
regionale, umwelt- und artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die
Fangmengen und Netzlängen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben oder
einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In Meeresschutzgebieten regulieren wir
die Schleppnetz- und Stellnetzfischerei sowie die touristische Nutzung. Aus den
Erdölförderanlagen in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit
Bohrabfällen und auch durch die Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für
ein Ende der Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen
sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für
ein Ende der Öl- und Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den
Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die
Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischereisubventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die Ausweisung von
großflächigen Meeresschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für wenige
Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets verstauben in
Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Unser Ziel ist Zero
Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die Ressourcenverschwendung gestoppt werden.
Dafür wollen wir das komplizierte Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden
Pfandautomaten passen, den To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf
europäischer Ebene treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus
alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf Handys,
Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir zu einem
Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-Plastikflaschen
vorsieht. Die Kreislaufwirtschaft wird das neue Normal. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen
wir allen ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein
Verbot des Exports von Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und Jugendlichen. Die
Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden Chemikalien eine globale
Gesundheitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien, die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes
oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem
wir das EU-Recht im Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche Stoffe und
werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten wir auf Spielzeug,
Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie Textilien, Möbel oder Elektronik.
Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie
Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte
Kohlenwasserstoffe in Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund
in einer gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken
oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen
Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von
Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische
Modernisierung riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für Luftschadstoffe und die
Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern,
Waldsterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten,
die in schwierigeren Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an
Erderhitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte
wollen wir besser gegen Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und
Trinkbrunnen. Es gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss Vorrang vor
einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer wichtigere
Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt ausweiten und dafür zum Beispiel die
Lichtverschmutzung eindämmen, die sich negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung
miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir
als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem
Verständnis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz
verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme,
aber auch faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir werden
vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie
die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen. Digitale Anwendungen können bei
entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen
aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und
bezahlbar sein. Den Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller umstellen.
Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für
Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte,
patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf
Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür
unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine ökologische
Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Das muss der Ausgangspunkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen,
Verbraucher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit
die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-,
Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen Spielräume für die
bevorstehende Förderperiode bestmöglich zu nutzen. Dazu gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30
Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid- und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen
das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die
konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die
Hälfte der Gelder eine ökologische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger
Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den
Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten:
durch eine systematische Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders
umwelttoxische Wirkstoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den
Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die
Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen.
Die Landwirt*innen werden durch Gelder der Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden
außerdem den Export von Pestiziden beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von
Umwelt- und Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und Beratungsprogramm
für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Es ist
nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der Klima- und
Biodiversitätskrise wollen wir sowohl die Forschung für ökologisches Saatgut stärken als
auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie Produktion muss durch vorsorgeorientierte
Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der
EU setzen wir vollständig in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie
innovative Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Pflanzen
und Tiere sowie deren genetische Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit Hilfe des
Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen. Wir wollen
Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen gegen Bodenspekulation
und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass wir die Flächen der
bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung überführen, die die Flächen vorzugsweise an
kleinere Betriebe statt an große Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung
und ‑verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und
Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr
Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu kaufen, beim
Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir wollen die regionale
Erzeugung und Vermarktung stärken und so dem Betriebssterben der letzten Jahre
entgegentreten. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch
lokale Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von
regionalen Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. Forschung und
Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative Ansätze wie solidarische
Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht
zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von Fehlernährung wollen wir
gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen
unterstützen wir dabei, mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes
Essen scheitert allzu oft an mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen
wir die Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrategien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder
richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation
orientieren. Klimaschutz heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte
produzieren und konsumieren werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver
und zugänglich für alle Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden.
Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir wollen mit einem Rettet-die-
Lebensmittel-Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und -
produzenten verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen.
Lebensmittel aus dem Müll zu retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert
werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit verständlichen
Informationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir für die nötige Transparenz
sorgen. Wir werden daher eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und
andere tierische Produkte einführen. Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir
ausbauen und europaweit für alle Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die
Transparenz über die Herkunft von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der
Lebensmittelhygiene gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form
eines Hygienebarometers für alle erkennbar sein.
Wir ermöglichen Tieren ein besseres Leben
Tierhaltung mit mehr Platz für weniger Tiere
Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis
getrieben: Bäuerinnen und Bauern werden von Dumpingpreisen erdrückt und müssen immer mehr
produzieren, um zu überleben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben
immer kürzer, die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Es braucht einen
Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden als bisher und
diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Damit Tierschutz wirtschaftlich
machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen durch eine Umbauförderung, faire Preise für ihre
Arbeit und verpflichtende Haltungskennzeichnungen auf den Produkten für alle Tierarten
unterstützen. Die Tierhaltung soll an die Fläche – nicht mehr als zwei Großvieheinheiten pro
Hektar – und Obergrenzen pro Stall gebunden werden. Den Umbau in tiergerechte Ställe werden
wir durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte ebenso gezielt fördern wie die
Weidetierhaltung, die ökologisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Qualzucht,
Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und Anbindehaltung wollen wir beenden, den Einsatz
von Antibiotika senken und Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen. Lebendtiertransporte
in Drittstaaten außerhalb der EU gehören ganz verboten.
Tiere schützen und respektieren
Tiere brauchen Schutz, deshalb werden wir die gesetzlichen Regelungen zur Tierhaltung
verbessern. Für alle Tiere, die wir Menschen halten, haben wir eine besondere Verantwortung.
Wir wollen ihnen ein würdevolles, gutes und gesundes Leben frei von Schmerzen, Angst und
Stress ermöglichen. Dafür gilt es gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf einen
effektiveren Vollzug hinzuwirken und wirkungsvollere Sanktionen bei Tierschutzvergehen im
Tierschutzgesetz zu verankern. Wir werden ein Verbandsklagerecht für anerkannte
Tierschutzorganisationen einführen. Die anerkannten Tierschutzorganisationen und ein*e
Bundestierschutzbeauftragte*r sollen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen, die für
den Tierschutz zuständigen Behörden kontrollieren und Rechtsverstöße beanstanden. Die
Haltung von Wildtieren in Zirkussen gehört nicht mehr in unsere Zeit. Den Online-Handel mit
Tieren wollen wir strikt regulieren. Wir streben die weitere konsequente Reduktion von
Tierversuchen in der Wissenschaft an und wollen Tierversuche mit einer klaren
Ausstiegsstrategie und innovativen Forschungsmethoden schnellstmöglich überflüssig machen.
Deswegen muss die zukunftsorientierte Forschung sichergestellt sein, genauso wie auch
tierfreie Modelle für verbesserte Medikamenten- und Sicherheitsprüfungen weiterentwickelt
und gefördert werden müssen.
Wildtierhandel an die Leine legen
Die Covid-19-Pandemie muss eine Lehre sein, die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch
zusammenzudenken. Sie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier zum Menschen übertragenen
Infektionskrankheit. Solche neuartigen Krankheiten werden durch die fortschreitende
Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume
begünstigt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit
ihnen muss strenger reguliert, Importe von Wildfängen, die Trophäenjagd, ihr Handel auf
Online-Portalen und Wildtierbörsen müssen ganz verboten werden. Auch die industrielle
Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat.
Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen
auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Pelztierfarmen nicht mehr erlaubt sind.
weitere Antragsteller*innen
Fehler:Du musst dich einloggen, um Änderungsanträge stellen zu können.
Von Zeile 129 bis 131 (PB.Z-01: Kapitel 5: Zusammen leben):
die Dächer der Bundesbehörden zu Kraftwerken. Zudem sorgen wir dafür, dass der Bund seine Beschaffung sofortund seine Förderkriterien an ökologischender Einhaltung von ökologischen, Menschenrechts- und sozialen KriterienKriterienSozialstandards orientiert. Bei der Ausschreibung und Förderung von öffentlichen Vorhaben wollen wir bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung einen CO2-Schattenpreis zugrunde legen. So geht die Politik mit gutem Beispiel voran.
Unsere vielfältige Gesellschaft ist stark. Weil Menschen sich engagieren, auf
Fußballplätzen, bei der freiwilligen Feuerwehr, in Musikschulen oder am Sorgentelefon, Junge
für Alte, Alte für Junge. Weil es ein breites Kulturangebot gibt, eine vielfältige
Medienlandschaft. Weil die Jugend sich einmischt, weil Menschen in Kommunalparlamenten
Verantwortung übernehmen, sich Bürger*innen in Foren einbringen und das Schicksal ihrer Orte
in die Hand nehmen.
Aber Demokratie ist nie fertig. Unser demokratisches Zusammenleben in Deutschland und Europa
ist ein Versprechen, das wir immer wieder neu erfüllen müssen. Es verspricht gleiche
Entfaltungsmöglichkeiten und Rechte für alle, die hier leben. Es ist oft anstrengend, teils
eine Zumutung, wenn andere Ansichten und Werthaltungen akzeptiert und respektiert werden
müssen, wenn es den einen zu schnell und den anderen zu langsam vorangeht. Aber vor allem
ist es eine Stärke: zuhören, den Dialog suchen, inhaltlich ringen. So haben wir als
demokratische Gesellschaft die Herausforderungen der letzten Jahrzehnte gemeistert. Nun gilt
es mit voller Gleichberechtigung und mehr Beteiligung unsere liberale Demokratie zu stärken,
in Deutschland und in Europa, auf den Straßen, in den Parlamenten, und unsere Institutionen
fit zu machen für die Aufgaben dieses Jahrzehnts.
Menschen sind unterschiedlich, aber gleich in ihrer Würde und ihren Rechten. Nur wenn Würde
und gleiche Rechte vor der Klammer stehen, wenn alle Menschen in unserer Gesellschaft, in
unserem Europa gleichen Schutz und gleiche Chancen haben und ihre Rechte in Anspruch nehmen
können, kommen Freiheit und Sicherheit – individuelle und gesellschaftliche – heraus und
wird Gerechtigkeit befördert. Dieser Anspruch ist jedoch noch nicht voll verwirklicht. Wenn
mit Frauen die Hälfte der Bevölkerung nicht gleichberechtigt beteiligt, repräsentiert und
bezahlt wird, ist die Demokratie nicht vollkommen. Viele Menschen erleben noch immer
Ausgrenzung und Diskriminierung. Nötig sind mehr Zugänge, mehr Teilhabe und mehr
Repräsentanz, zum Beispiel für Menschen aus Ostdeutschland oder mit Migrationsgeschichte.
Eine gleichberechtigte Gesellschaft braucht Politik, die Strukturen verändert.
Rassismus trifft uns nicht alle, aber er geht uns alle an. Wenn wir als Gesellschaft lernen,
Vielfalt als Reichtum zu begreifen, schützen wir uns gegenseitig vor Gewalt, Hetze,
Ausgrenzung, Frauenhass und Rassismus. Aber das reicht noch nicht. Wir wissen, dass aus
diskriminierenden Worten Taten werden. Die Angriffe von Extremist*innen, insbesondere von
rechts, treffen unsere demokratische Gesellschaft bis ins Mark. Sie zielen auf Menschen beim
Beten, beim ausgelassenen Beisammensein oder in den Institutionen des Staates. Unsere
Demokratie muss wehrhaft dagegenhalten, mit einer starken Zivilgesellschaft, selbstbewussten
Parlamenten, einer gut ausgestatteten und bürger*innennahen Polizei und handlungsfähigen,
starken Justiz. Es ist Aufgabe der Politik, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Wie wir unser Zusammenleben gestalten, hängt stark vom Zusammenspiel zwischen Bürger*innen
und dem Staat ab. Wenn Menschen beteiligt und gehört werden, geht Planung schneller. Wenn
Jugend mitentscheidet, werden Entscheidungen besser und zukunftsfester. Wenn
Gleichberechtigung und Vielfalt herrschen, werden sie ausgewogener und nachhaltiger. Wir
wollen deshalb mehr Möglichkeiten schaffen, damit Menschen sich einbringen können.
Immer mehr Herausforderungen sind europäisch und global. Sie bewältigen wir nur in einer
starken Europäischen Union, die Handlungswillen und Handlungsfähigkeit zusammenbringt und
die von ihren Bürger*innen aktiv mitgestaltet wird. Darum denken wir unsere Demokratie
konsequent europäisch, wollen diese vertiefen, lähmende Blockaden strukturell überwinden –
und so Zukunftsfragen beherzt angehen. Unser Fixstern für die Weiterentwicklung der
Europäischen Union ist die Föderale Europäische Republik.
Gleichzeitig gilt es unseren demokratischen Staat auf die Höhe der Zeit zu bringen. Alte
Faxgeräte, fehlendes Personal und überbordende Bürokratie nerven und verhindern, dass es
vorangeht. Unser Ziel ist ein gut funktionierender Staat, pragmatisch und den Menschen
zugewandt. Ein Staat, der mit einer effizienten, zugänglichen Verwaltung in der Lage ist,
Krisen zu bewältigen, und das Land voranbringt, der es Menschen leicht macht, ihren Alltag
zu bewältigen und ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Und wir wollen mit Anstand und
Transparenz regieren, bauend auf Gleichberechtigung und kooperativ. Für Zusammenhalt in
Vielfalt, in einem bürger*innennahen Staat.
Wir machen den Staat effektiver und bürger*innennäher
Planungs- und Investitionsbeschleunigung
Deutschland braucht im nächsten Jahr eine Modernisierungsoffensive. Die
Schieneninfrastruktur, erneuerbare Energien und die Energienetze müssen ausgebaut, Schulen,
Straßen und Brücken saniert, digitale Infrastrukturen aufgebaut werden. Doch derzeit dauert
es oft viel zu lange, solche Projekte zu realisieren, Investitionsmittel fließen nicht ab.
Das wollen wir ändern. Wir verschlanken die Verfahren durch Bündelung und schaffen
öffentliche Planungskapazitäten. Wir stärken auf allen Ebenen die Planungsbehörden und
zuständigen Gerichte. Besonders wichtige Projekte sollten durch eine Einbeziehung des
Parlaments beschleunigt werden. . Auch die frühzeitige Einbindung der Bürger*innen vor Ort
führt in der Regel dazu, dass Projekte schneller und besser abgeschlossen werden können.
Ziel ist, alle Planungszeiten zu halbieren.
Digitale Ämter – serviceorientiert, schnell und zuvorkommend
Jeden Tag tun gut ausgebildete Fachleute in den Behörden ihre Arbeit, um das Land am Laufen
zu halten. Dennoch ist für viele Menschen der Kontakt zu deutschen Behörden unkomfortabel
und unzeitgemäß. Ein Grund dafür sind unzureichende Technik und veraltete und überkommene
Abläufe. Mit mehr barrierefreien E-Government-Dienstleistungen, sicheren digitalen
Beteiligungsformaten im Planungsrecht und Open Government wollen wir unsere Verwaltung
modernisieren und unnötige Bürokratie wie Schriftformerfordernisse abbauen.
Verwaltungsverfahren sollen stets digital gedacht und gestaltet werden, vor allem auch in
der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass die Türen des
Staates auch für den persönlichen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern geöffnet bleiben
und durch mobile Angebote ergänzt werden. Die Nutzung der digitalen Verwaltungsleistungen
soll über einen zentralen Zugang erfolgen. Der Austausch von Unterlagen unter den Behörden
muss nach Zustimmung und unter Beachtung des Datenschutzes möglich sein. Damit die
Verwaltung all dies leisten kann, muss sie selbst digitalisiert werden. Wir setzen uns
gemeinsam mit den Ländern dafür ein, dass die Verwaltung flächendeckend mit der modernsten
Technik ausgestattet wird, vom Gesundheits- bis zum Bürgeramt. Digitalisierung wird das
Verhältnis von Staat und Bürger*innen auf eine neue Basis stellen und auch zum Motor für
einen modernen Sozialstaat werden. In diesem werden Leistungen des Staates ohne komplizierte
Anträge geprüft und automatisch den Berechtigten bereitgestellt.
Der Personalausweis auf dem Smartphone
Sichere und geschützte digitale Identitäten sind (häufig) das fehlende Puzzlestück für
moderne staatliche Dienstleistungen und die vertrauensvolle Nutzung privater Dienste. Wir
wollen auch bei digitalen Verwaltungsleistungen vorankommen und den Sprung zu sicheren
mobilen digitalen Identitäten per Smartphone (Wallet-Lösungen) ermöglichen – wie es zum
Beispiel in skandinavischen Ländern schon Praxis ist. Mit dem mobilen Personalausweis auf
dem Smartphone sollen Bürger*innen beispielsweise Behördengänge oder die Steuererklärungen
abwickeln können. Mit einer staatlich abgesicherten ID-Wallet, die den höchsten Datenschutz-
und IT-Sicherheitsstandards entspricht, sollen Bürger*innen ihren Personalausweis, ihren
Führerschein oder ihre Krankenkassenkarte, aber auch Zahlungsdaten und Mitgliedschaften
sicher auf dem Smartphone verwahren können und nicht auf private Anbieter angewiesen sein
müssen. Diese digitalen Identitäten können dann auch für die sichere Nutzung von privaten
Diensten wie Online-Versandhandel genutzt werden. Dafür schaffen wir die gesetzliche
Grundlage, fördern die öffentliche Entwicklung und Zertifizierung. Europa und Deutschland
müssen bei hoheitlichen digitalen Identitäten Vorreiter sein und Vertrauen durch
Souveränität schaffen.
Transparenz-Gesetz für Open Data
Der Zugang zu staatlichen Datenbeständen ermöglicht innovative, elektronische
Dienstleistungen sowie neue demokratische Beteiligungsmöglichkeiten. Auch für neue
technologische Anwendungen ist der geregelte Zugang zu offenen Daten aus staatlichen
Beständen wichtig. Wir heben den Schatz von mit öffentlichen Mitteln erwirtschafteten nicht
personenbeziehbaren Daten und wollen diesen zeitnah, kosten- und lizenzfrei zur Verfügung
stellen. Das bestehende Datenportal GovData wollen wir zu einem zentralen und
nutzerfreundlichen Open- und E-Government-Portal ausbauen. Auch offene Software, offene
Standards und offene Schnittstellen fördern wir, indem wir sie als Standard in die Vergabe-
und Vertragsordnungen für öffentliche Gelder aufnehmen.
Bessere Daten für die Forschung – bessere Entscheidungsgrundlagen für
die Politik
Auch die Corona-Krise hat wieder einmal gezeigt, dass Deutschland bei Forschungsdaten weit
hinter vergleichbaren Ländern zurückliegt. Während in den USA viele Daten quasi in Echtzeit
vorlagen und politische Maßnahmen zeitnah evaluiert werden konnten, fehlen bei uns
hinreichende und schnell verfügbare Daten. Wir wollen das ändern und zeitnah Daten der
Forschung und den politischen Entscheidungsträger*innen zur Verfügung stellen. Dafür richten
wir ein Forschungsdatenzentrum beim Statistischen Bundesamt ein, mit einem gesetzlichen
Forschungsauftrag und einem eigenen Forschungsinstitut. Wir werden auch Unsicherheiten bei
der Datenverknüpfung beseitigen und ein Datentreuhandzentrum einrichten, das, unter
Datenschutzauflagen, Daten aus unterschiedlichen öffentlichen Statistiken verknüpfen darf.
Klimaneutrale Bundesverwaltung
Klimaschutz braucht Vorreiter und Vorbilder. Wir wollen, dass die Bundesverwaltung endlich
beides wird. Die Bundesverwaltung muss klimaneutral werden. Das umfasst sowohl die
Versorgung mit Ökostrom und den Fuhrpark der Bundesbehörden als auch die Gebäude des Bundes,
die mit erneuerbaren Heiz- und Kühlsystemen ausgestattet und umfassend energetisch
modernisiert werden. Mit der Einführung eines Solarstandards über Neubauten hinaus werden
die Dächer der Bundesbehörden zu Kraftwerken. Zudem sorgen wir dafür, dass der Bund seine
Beschaffung sofortund seine Förderkriterien an ökologischender Einhaltung von ökologischen, Menschenrechts- und sozialen KriterienKriterienSozialstandards orientiert. Bei der Ausschreibung und Förderung von öffentlichen Vorhaben wollen wir bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung einen CO2-Schattenpreis zugrunde legen. So geht die Politik
mit gutem Beispiel voran.
Der lernende Staat
Corona- und Klimakrise führen uns vor Augen, mit welch großen Herausforderungen Regierung
und Verwaltung heute umgehen müssen. Wir wollen, dass die öffentliche Verwaltung in die Lage
versetzt wird, vorausschauend zu handeln und sich zugleich zügig und konsequent an ihre
jeweiligen Aufgaben anzupassen. Dafür braucht es eine Kultur behördlicher Zusammenarbeit
sowie innovative und flexible Arbeitsstrukturen. Innovationseinheiten in den Behörden sollen
eng und transparent mit Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden zusammenarbeiten, sich
untereinander vernetzen sowie neue Ideen testen und eine positive Fehlerkultur etablieren.
Mitarbeiter*innen und Beamt*innen der öffentlichen Verwaltung sollen außerdem in ihrer
Expertise und Kreativität gefördert und gestärkt werden. Wir setzen uns zudem für mehr
Kooperation der Ministerien bei der Verfolgung gemeinsamer Ziele ein.
Justiz entlasten und digitalisieren
Strafverfolgungsbehörden und Gerichte haben mit einer hohen Arbeitsbelastung zu kämpfen.
Verfahren dauern zu lang. Hier braucht es dringend Entlastung durch mehr Personal, durch die
Entkriminalisierung von Bagatelldelikten und durch eine flächendeckende Ausstattung der
Justiz mit der nötigen Technik. Die Digitalisierung der Justiz wie auch ihren Personalbedarf
werden wir durch einen Bund-Länder-Digitalpakt Justiz in Fortsetzung und Konkretisierung des
Ende 2021 auslaufenden Pakts für den Rechtsstaat mit ausreichender Finanzierung umsetzen.
Polizei und Staatsanwaltschaft müssen digital zusammenarbeiten können, wozu es einheitliche
Programme und zureichende Bandbreiten braucht. Wir fördern und vereinfachen die
elektronische Kommunikation zwischen Bürger*innen und Justiz. Dazu gehört der leichte Zugang
zum Recht durch schnelle Online-Verfahren für einfache Rechtssachen.
Den öffentlichen Dienst stärken und modernisieren
Der öffentliche Dienst, die Millionen Menschen, die in Verwaltungen, Ministerien und
Behörden arbeiten, sind ein Rückgrat unserer Demokratie und das Fundament unseres
Gemeinwesens. Doch in den letzten Jahrzehnten wurde zu oft am öffentlichen Dienst gespart
und gekürzt – die Konsequenzen spüren wir heute alle. Damit unser Staat mit den großen
Herausforderungen Schritt halten kann, müssen die Mitarbeiter*innen unseres Gemeinwesens in
die Lage dazu versetzt werden. Wir wollen deshalb den öffentlichen Dienst wieder stärken und
ihn zugleich modernisieren. Mehr Stellen, gerade im IT- und Planungsbereich, gute Bezahlung,
flexible Laufbahnen, mehr Durchlässigkeit machen den öffentlichen Dienst fit für das 21.
Jahrhundert. Dazu starten wir eine große Fortbildungsoffensive für die öffentliche
Verwaltung und werden die Digitalisierung zum Schwerpunkt einer jeden Verwaltungsausbildung
machen.
Vielfalt in der Verwaltung
Die Vielfalt Deutschlands sollte sich auch in seiner Verwaltung widerspiegeln, denn das
trägt zu Vertrauen und Bürger*innennähe bei. Eine diverse Verwaltung entsteht aber nicht von
selbst, sondern benötigt Mittel, Strukturen und gezielte Förderung. Im Bereich des
öffentlichen Dienstes und der Unternehmen mit Bundesbeteiligung hat der Staat die
Möglichkeit, als gutes Beispiel in Sachen Vielfalt voranzugehen, so beispielsweise
Mehrsprachigkeit in der Verwaltung zu fördern und bei der Einstellungs- und
Beförderungspraxis nicht nur die Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch die
gesellschaftliche Vielfalt zu beachten und in den Unternehmensleitbildern das Ziel der
Gleichberechtigung und der Repräsentanz diskriminierter Gruppen zu verankern. Ganz besonders
gilt dies für die im Bewerbungsprozess besonders relevanten Einheiten wie die
Personalabteilung oder Einstellungskommissionen, die so weit wie möglich geschlechtergerecht
und vielfältig zu besetzen sind. Wir werden verbindliche Zielvorgaben zur Erhöhung des
Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund einführen. Das „Diversity-Budgeting“, also
den Einsatz und die Evaluierung von Haushaltsmitteln in einer Vielfalt besonders fördernden
Weise, wollen wir voranbringen.
Wir treten ein für Vielfalt, Anerkennung und gleiche
Rechte
Einheit in Vielfalt
Wir alle sind unterschiedlich, aber an Rechten und Würde gleich. Zusammenhalt in Vielfalt
setzt voraus, respektiert und gehört zu werden, gleichberechtigt mitgestalten und teilhaben
zu können, ohne Angst frei zu leben und sich als Gleiche zu begegnen, das Gemeinsame neben
den Unterschieden zu sehen. Damit die Perspektive und Expertise derjenigen, die von
Diskriminierung betroffen sind, gehört werden, sie als Gleiche die Möglichkeit zur vollen
Teilhabe erhalten, wollen wir einen Partizipationsrat, ähnlich dem Deutschen Ethikrat, als
ein gesetzlich verankertes und unabhängiges Gremium einführen, mit Vertreter*innen aus der
(post)migrantischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Forschung. Um den gesellschaftlichen
Zusammenhalt zu fördern, wollen wir die verschiedenen gesellschaftlichen Themen, die die
Teilhabe an der offenen und vielfältigen Einwanderungsgesellschaft betreffen, bei einem
Ministerium bündeln und diese Themen aus dem Innenministerium herauslösen. Für mehr
Repräsentanz und Teilhabe werden wir ein Partizipations- und Teilhabegesetz vorlegen und das
Bundesgremiengesetz reformieren. Alle, die dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt hier haben,
sollen ein kommunales Wahlrecht erhalten.
Konsequent gegen Rassismus
Rassismus ist Realität im Alltag, auf der Straße, im Netz, in Institutionen. Er betrifft
nicht alle von uns gleichermaßen, aber er geht uns alle gleichermaßen an. Rassismus und alle
Formen von Diskriminierungen stellen nicht nur eine große Gefahr für die betroffenen
Menschen dar, sondern bedrohen auch das gleichberechtigte und friedliche Zusammenleben. Wir
wollen den Schutz vor und die Beseitigung von Diskriminierungen und strukturellem Rassismus
mit einem staatlichen Gewährleistungsanspruch in der Verfassung verankern, ergänzend zur
überfälligen Ersetzung des Begriffs „Rasse“ sowie der expliziten Benennung von
Diskriminierung aufgrund sexueller Identität. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes
(ADS) muss unabhängiger und wirkmächtiger werden – mit mehr Personal, Budget und
Kompetenzen. Zudem wollen wir eine*n weisungsunabhängige*n und finanziell gut
ausgestattete*n Antirassismusbeauftragte*n einsetzen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
soll zu einem echten Bundesantidiskriminierungsgesetz weiterentwickelt werden. Das Netz
zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen soll flächendeckend ausgebaut und in den
Institutionen sollen Anlaufstellen geschaffen werden. Wir werden die Forschung zu
Diskriminierung und Rassismus ausbauen, insbesondere Antidiskriminierungs- und
Gleichstellungsdaten erheben und unabhängige wissenschaftliche Studien in Bezug auf
staatliche Institutionen durchführen. Antirassismus, Antidiskriminierung und
Postkolonialismus wollen wir in Lehrplänen verankern.
Unterstützung und Sicherheit für Juden und Jüdinnen in Deutschland
Jüdisches Leben in seiner Vielfalt und seiner Selbstentfaltung in Deutschland werden wir
konsequent fördern und sichtbar machen. Wir unterstützen Projekte und Initiativen, die
jüdisches religiöses Leben, Kultur und Bildung stärken. Wir wollen politische und kulturelle
Bildungsangebote für alle Bürger*innen zugänglich machen, um Wissen über das jüdische Leben
sowie Kontakte und Erfahrungen mit jüdischen Menschen und Einrichtungen zu vermitteln, auch
über schulische und universitäre Curricula. Dafür müssen sich jüdische Menschen in
Deutschland sicher fühlen können. Sicherheit von Jüdinnen und Juden und den Schutz jüdischer
Einrichtungen und Gemeinden müssen wir umfassend gewährleisten. Antisemitische Anschläge in
der Gegenwart, allen voran der von Halle, erinnern uns daran, wie stark der Antisemitismus
noch immer in Deutschland verbreitet ist. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung,
Antisemitismus, auch im Alltäglichen, mit aller Entschlossenheit entgegenzutreten. Dafür
braucht es bessere Analysekapazitäten und eine entschlossene Ahndung und Dokumentation
antisemitischer Vorfälle. Antisemitische Narrative und verschwörungsideologische Erzählungen
– auch im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen – müssen entlarvt werden.
Präventionsmaßnahmen und sensibilisierende Aus- und Fortbildungen, allen voran der
Mitarbeiter*innen von Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie der Gerichte, wollen
wir gezielt ausbauen. Antisemitismus soll auch abseits des Geschichtsunterrichts in den
Lehrplänen verankert werden.
Muslim*innen schützen und stärken
Der Islam gehört zu Deutschland, jedoch sind Muslim*innen überproportional von struktureller
Diskriminierung, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, sowie von gewalttätigen Übergriffen
betroffen. Der Anschlag von Hanau, die fortdauernden Bedrohungen muslimischer Einrichtungen
zeigen, wie dringend nötig umfassende Schutzkonzepte sowie Präventionsprogramme sind. Opfer
müssen geschützt, beraten und gestärkt, die Ursachen der Muslim*innenfeindlichkeit verstärkt
in den Blick genommen werden. Tatsächliche Gleichstellung setzt rechtliche Gleichstellung
voraus. Im Bereich der religiösen Pluralität stellt das deutsche Religionsverfassungsrecht
eine gute Grundlage dar, um die Vielfalt auch in einer modernen Einwanderungsgesellschaft zu
gewährleisten. Der Staat darf keine Religion diskriminieren oder ungerechtfertigt
bevorzugen. Wir unterstützen Staatsverträge mit islamischen Religionsgemeinschaften, die in
keiner strukturellen Abhängigkeit zu einem Staat, einer Partei oder politischen Bewegung und
deren oder dessen jeweiliger Regierungspolitik stehen und sich religiös selbst bestimmen.
Für die eigenständige und selbstbewusste Religionsausübung von Muslim*innen ist eine Imam-
Ausbildung in Deutschland dringend notwendig. Dafür wollen wir islamisch-theologische und
praxisorientierte Aus- und Weiterbildungsprogramme für Imame und islamische
Religionsbedienstete in Kooperation mit den Instituten für islamische Theologie bundesweit
etablieren und unterstützen.
Antiziganismus entschlossen bekämpfen
Immer noch leiden Menschen mit Romani-Hintergrund in Deutschland an einem tiefsitzenden
Antiziganismus, der bis in die Mitte der Gesellschaft reicht. Immer noch werden Angehörige
der größten Minderheit in der Europäischen Union beim Zugang zu Bildung, Gesundheit, Wohnen
und Arbeit benachteiligt. Wir wollen deshalb die neue EU-Roma-Rahmenstrategie (Post-2020)
umsetzen. Dafür braucht es eine mit ausreichend finanziellen Mitteln und Befugnissen
ausgestattete „Nationale Koordinierungsstelle“, die die Umsetzung und das Monitoring der
deutschen Strategie in Abstimmung mit den Bundesländern, Verwaltungen und
Selbstorganisationen übernimmt. Der Erhalt von Sprache und Kulturen von Sinti*zze und
Rom*nja muss aktiv gefördert sowie eine unabhängige, zivilgesellschaftliche Monitoring- und
Informationsstelle zur Dokumentation und Aufarbeitung antiziganistischer Vorfälle und zur
Unterstützung der Betroffenen eingerichtet werden.
Ein Barrierefreiheits-Gesetz
Wir treten für eine inklusive Gesellschaft ein. Für behinderte und ältere Menschen, Eltern
mit Kinderwagen oder Verletzte mit Gipsbein sind jedoch Stufen, zu enge Türen oder schwer
lesbare Webseiten oft im Weg, es ist mühsam, manchmal unmöglich, Angebote zu nutzen, die für
andere selbstverständlich sind. Wir wollen Barrierefreiheit schaffen, damit Menschen mit
Behinderungen gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilhaben und selbstbestimmt, gemeinsam
mit nichtbehinderten Menschen leben, lernen und arbeiten können. Das wollen wir mit einem
„Barrierefreiheits-Gesetz“ erreichen. Durch eine Erhöhung der Bundesförderung soll mehr
barrierefreier Wohnraum entstehen. Den Abbau von Barrieren in Städten und Dörfern werden wir
im Rahmen der Städtebauförderung unterstützen.
Verhältnis Kirche und Staat reformieren
Die christlichen Kirchen und Gemeinden sind eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft. Sie
sind zuverlässige Partner, wenn es um gesellschaftlichen Zusammenhalt geht. Die Betreuung
von Pflegebedürftigen, Menschen mit Behinderungen und Kindern wäre ohne die Vielfalt auch
der kirchlichen Träger nicht möglich. Ihre tatkräftige Unterstützung, wenn es um
Seenotrettung und die Integration von Geflüchteten geht, ist ein wichtiger
gesellschaftlicher Beitrag. Das Grundrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit wollen
wir, auch weltweit, weiter stärken. Gleichzeitig wahren wir das Selbstbestimmungsrecht der
Religionsgemeinschaften, suchen die Kooperation und den Dialog mit allen unabhängigen
Religions- und Weltanschauungen, die das Grundgesetz achten, und stehen dabei stets zum
säkularen Staat und seinem Neutralitätsprinzip. Die besondere Beziehung zwischen Staat und
den christlichen Kirchen wollen wir erhalten und wo nötig der gesellschaftlichen Realität
anpassen. So wollen wir, dass beispielsweise das kirchliche Arbeitsrecht reformiert wird.
Außerdem wollen wir die Vollendung des Verfassungsauftrags zur Ablösung der Staatsleistungen
umsetzen.
Wir erneuern das demokratische Fundament
Für eine saubere Politik
Demokratie lebt vom Vertrauen der Bürger*innen. Grundlage sind klare Regeln und die Haltung
der Menschen, die sie vertreten. Wir wollen Vertrauen ermöglichen und das Primat der Politik
gegenüber intransparenter Einflussnahme schützen. Seit Jahren drängen wir darauf, dass
politische Interessensvertretung transparent, nachvollziehbar und fair ist. Bereits bei der
Entstehung von Gesetzen muss sichtbar sein, wer Einfluss genommen und welche Akteur*innen
mitgewirkt haben. Dafür wollen wir mit einem gesetzlichen Lobbyregister wirkungsvoll den
Einfluss organisierter Interessensgruppen und von Lobbyist*innen bei Bundesregierung und
Bundestag offenlegen. Interessenskonflikte wollen wir verhindern und Abgeordneten eine
entgeltliche Lobbytätigkeit neben ihrem Mandat untersagen und die gesetzliche Regelung zur
Abgeordnetenbestechung klarer fassen. Wir wollen, dass der Wechsel aus Regierungsämtern in
die Wirtschaft für eine Karenzzeit von zwei Jahren nach Ausscheiden auf Interessenskonflikte
geprüft wird. Einkünfte von Abgeordneten aus Nebentätigkeiten sollen auf Euro und Cent
veröffentlicht werden, für Unternehmensbeteiligungen und Aktienoptionen von Abgeordneten
braucht es striktere Regeln. Die Annahme von Direktspenden durch parteigebundene Abgeordnete
sollte verboten werden. Spenden an Parteien müssen transparenter gemacht werden, deshalb
wollen wir striktere Veröffentlichungsregeln. Parteispenden sollen auf natürliche Personen
beschränkt und auf einen jährlichen Höchstbetrag gedeckelt werden. Solange es keine
gesetzliche Regelung gibt, wollen wir uns im politischen Wettbewerb nicht schlechterstellen
als die politische Konkurrenz. Für das Parteiensponsoring wollen wir eine gesetzliche
Regelung und eine Veröffentlichung ab dem ersten Euro einführen. Das Parteiengesetz und die
unabhängige Kontrolle werden wir stärken.
Parlament stärken, Wahlrecht reformieren
Der Bundestag ist der zentrale Ort für öffentliche Debatten, Rede und Gegenrede und
Entscheidungen unserer Demokratie. Für gute Gesetzgebung braucht es ausreichende Beratung
und eine Stärkung der Kontrollrechte des Parlaments. Wir wollen die Rolle des Bundestages
bei der Gesetzgebung ausbauen. Seine Arbeitsfähigkeit ist zu garantieren und zu stärken.
Deshalb setzen wir uns für eine Wahlrechtsreform ein, die das Parlament kleiner macht, fair
und verfassungsgemäß ist und bei der jede Stimme gleich viel wert ist. Die Sitzungen der
Fachausschüsse sollen in der Regel öffentlich stattfinden und gestreamt werden. Die
Abgeordneten sollen in ihren Kontrollrechten gegenüber der Regierung mit einem
Akteneinsichtsrecht gestärkt werden.
Macht fair teilen, auch in den Parlamenten
Es ist höchste Zeit für eine faire Verteilung von Macht. Unsere repräsentative Demokratie
muss diverser werden, unsere Parlamente brauchen die Vielfalt der Herkunft und Lebenswege,
die Debatten brauchen die Perspektiven, die daraus entstehen. Das bedeutet auch, dass es
dringend mehr Frauen im Parlament braucht. Frauen sollten überall gleichberechtigt vertreten
sein, wo Entscheidungen getroffen werden, die uns alle betreffen. Gleichberechtigung ist ein
historischer und verfassungsrechtlicher Auftrag für uns alle. Dass Parität per Gesetz
wirksam und angemessen ist, zeigen Beispiele aus dem europäischen Ausland. Dass
verfassungsrechtlich hohe Hürden bestehen, haben Urteile von Verfassungsgerichten aus Bund
und Ländern aufgezeigt. Wir wollen die Parität vorantreiben und entsprechende
Gesetzesänderungen auf den Weg bringen. Um Frauen das politische Engagement zu erleichtern,
braucht es auch Maßnahmen und Angebote, die Frauen den Einstieg in und die Gestaltung von
Politik erleichtern.
Mit 16 wählen
Demokratie lebt von der Gestaltung und dem Engagement aller Bürger*innen, vom Kindes- bis
ins hohe Alter. Viele politische Entscheidungen von heute sind entscheidend für die Zukunft
junger Menschen, und viele junge Menschen übernehmen früh Verantwortung für die
Gesellschaft. Wenn Jugendliche in ihrem Lebensalltag demokratische Erfahrungen machen und
ihre Rechte wahrnehmen können, stärkt das die Demokratie und macht sie zukunftssicherer.
Darum werden wir uns dafür einsetzen, das Wahlalter für Bundestags- und Europawahlen auf 16
Jahre abzusenken.
Bürger*innenräte für mehr Beteiligung
Direkte Beteiligungsmöglichkeiten bereichern die Demokratie und stärken die Repräsentanz.
Mit Bürger*innenräten schaffen wir die Möglichkeit, bei ausgewählten Themen die
Alltagsexpertise von Bürger*innen direkter in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. Auf
Initiative der Regierung, des Parlaments oder eines Bürger*innenbegehrens beraten zufällig
ausgewählte Bürger*innen in einem festgelegten Zeitraum über eine konkrete Fragestellung.
Sie erarbeiten Handlungsempfehlungen und geben Impulse für die öffentliche
Auseinandersetzung und die parlamentarische Entscheidung. Eine freie, gleiche und faire
Beratung muss sichergestellt werden. Regierung und Parlament müssen sich mit den Ergebnissen
auseinandersetzen. Außerdem werden wir ein digitales Portal, wie es zum Beispiel in Baden-
Württemberg schon erfolgreich angewendet wird, für die aktive Beteiligung an der
Gesetzgebung einführen und das Petitionsrecht zu einem leicht zugänglichen Instrument für
bessere Mitwirkung am demokratischen Prozess ausbauen.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk für alle und eine vielfältige
Medienlandschaft
Kritischer und unabhängiger Journalismus ist eine Säule unserer Demokratie. Wir haben in
Deutschland eine vielfältige Medienlandschaft aus öffentlich-rechtlichen, privaten und Non-
Profit-Angeboten. Wir stehen zu einem pluralistischen, kritischen und staatsfernen
öffentlich-rechtlichen Rundfunk für alle und arbeiten dafür, dass er stark und zukunftsfest
aufgestellt ist. Dazu zählen auch eine ausreichende Finanzierung und ein Programmauftrag,
der alle gesellschaftlichen Bereiche umfasst. Aus der besonderen Stellung des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks und dem Anspruch, dass er die Lebenswelt und Interessen aller
angemessen abbildet, ergeben sich auch Reformbedarfe. Hierfür wollen wir gemeinsam mit den
Ländern eine Initiative auf den Weg bringen und in der Breite der Gesellschaft eine Debatte
darüber führen, wie öffentlich-rechtliche Medien im 21. Jahrhundert aussehen sollen. Wir
setzen uns dafür ein, dass die Rundfunkräte die Vielfalt und unterschiedlichen Perspektiven
unserer heutigen Gesellschaft besser abbilden, dass sie durchsetzungsstärker sowie sender-
und staatsferner werden. Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender wollen wir zu
gemeinsamen Plattformen weiterentwickeln, die europäisch verzahnt werden können, um so die
europäische Demokratie zu stärken.
Hasskriminalität im Netz bekämpfen
Digitale Plattformen und Anwendungen müssen den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Uns
geht es darum, Nutzer*innenrechte zu stärken und dabei die Balance zwischen
Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit zu wahren. Wir wollen Hasskriminalität im Netz
wirksamer bekämpfen und dafür einen effektiven Gesetzesrahmen entwickeln. Betroffene müssen
sich schnell und effektiv gegen Angriffe im Netz wehren können. Das wollen wir durch die
ambitionierte Ausgestaltung und dann zügige Umsetzung des europäischen Digital Services Act
erreichen. Wir treten für einen effektiven Umgang mit Nutzer*innenbeschwerden, eine
Verbesserung der Strafverfolgung und zivilrechtlicher Durchsetzung ein. Dafür brauchen wir
personell wie technisch bestmöglich aufgestellte Strafverfolgungsbehörden. Diese müssen, gut
geschult, auf Grundlage klarer Rechtsvorgaben arbeiten können. Plattformbetreiber müssen
ihrer großen Verantwortung gerecht werden. Sie dürfen bestehende Rechte nicht aushöhlen,
sind für eigene Inhalte haftbar und müssen beim Moderieren von Inhalten die Grundrechte
wahren. Große Anbieter sollen sich durch eine Abgabe an den unabhängigen Beratungsangeboten
für Betroffene von Hass und Hetze beteiligen. Dies wollen wir bündeln in ein Gesetz für
digitalen Gewaltschutz, das die Möglichkeit beinhaltet, gegen Accounts vorzugehen, wenn
keine Täter*in festgestellt wird. Für den Umgang mit Desinformation, aber auch für die
Rechtskontrolle der Anbieter insgesamt wollen wir die Aufsicht national wie auch europäisch
besser strukturieren, unter anderem mit einer gemeinsamen Medienanstalt der Länder. Eine
Verpflichtung zum Einsatz von Uploadfiltern lehnen wir ab.
Software für die Allgemeinheit
Unser Alltag wird immer häufiger von Teilhabe an und Zugang zu Software geprägt. Freie und
offene Software bildet dabei eine Grundlage unzähliger Anwendungen, seien es digitale
Lernplattformen, sichere Anwendungen für die Heimarbeit, Stärkung der IT-Sicherheit mit
guter Verschlüsselung oder sichere und einfache Abstimmungsmöglichkeiten in der Vereins- und
Parteiarbeit. Sie spielt in immer mehr gesellschaftlich relevanten Bereichen eine
entscheidende Rolle und ist Grundlage für unsere Anforderungen in Bezug auf Offenheit,
Teilhabe und Sicherheit. Doch oftmals fehlt es den Entwickler*innen an Unterstützung, diese
dauerhaft auf dem neusten Stand der Technik zu halten und anwendungsfreundlich zu gestalten.
Wir treten daher dafür ein, eine eigenständige öffentliche Förderstiftung zu schaffen, die
gesellschaftlich relevante freie und offene Software fördert, deren Ergebnisse Gesellschaft,
Wissenschaft, Schulen, Wirtschaft und Verwaltung zur Verfügung stehen.
Demokratiefördergesetz für eine starke Zivilgesellschaft
Eine lebendige Zivilgesellschaft ist elementar für die politische Auseinandersetzung in
unserer Demokratie. Engagierte Menschen, vor allem Ehrenamtler*innen in Initiativen,
Verbänden, Vereinen oder NGOs, stärken den Zusammenhalt, tragen dazu bei, wichtige Anliegen
auf die öffentliche Tagesordnung zu setzen und leisten ihren Beitrag zur Willensbildung. Wir
machen uns dafür stark, dass sie ihrer Arbeit in Zukunft gut abgesichert, ohne
Einschüchterung und Kriminalisierung nachgehen können. Mit einem Demokratiefördergesetz
werden wir ihr Engagement nachhaltig, projektunabhängig und unbürokratisch finanziell
absichern. Die Arbeit der politischen Stiftungen wollen wir verbindlicher und transparenter
regeln, auch in ihrem Verhältnis zu den Parteien, und dafür eine eigenständige gesetzliche
Grundlage schaffen.
Gemeinnützigkeit reformieren
Alle Bürger*innen sollen gleichberechtigt an der Willensbildung unserer Gesellschaft
teilhaben können. Die Gemeinnützigkeit ist dafür ein wichtiger Status, der an vielen Stellen
überhaupt erst Zugänge öffnet. Damit Initiativen und Verbände eigenständig bleiben, sorgen
wir deshalb für Klarheit und Rechtssicherheit im Gemeinnützigkeitsrecht. Ihre gemeinnützigen
Ziele sollen sie auch durch politische Aktivitäten wie Studien und Demonstrationen
verwirklichen dürfen. Nicht nur die Förderung des demokratischen Staatswesens, sondern auch
die Förderung tragender Grundsätze sollte klar gemeinnützig sein. Die Gemeinnützigkeit
zusätzlicher Zwecke wie des Friedens, der Durchsetzung der nationalen und internationalen
Grund- und Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit, der Durchsetzung des Sozialstaatsgebotes
und allgemein der gleichberechtigten Teilhabe und der Bekämpfung von Diskriminierung wollen
wir anerkennen und stärken. Auch der E-Sport soll gemeinnützig werden. Mit der Einführung
einer Demokratieklausel stellen wir sicher, dass sich Vereine aktiv an gesellschaftlichen
Debatten beteiligen können. Für mehr Transparenz sorgen wir mit einem
Gemeinnützigkeitsregister und einfach handhabbaren Transparenzpflichten sowie mit Regeln zur
Offenlegung der Spendenstruktur.
Freiwilligendienst ausbauen und für alle ermöglichen
Ehrenamt und freiwilliges Engagement sind vielfältig, Millionen Menschen stärken damit den
Zusammenhalt der Gesellschaft. Wir wollen den Bundesfreiwilligendienst auf 200.000 Plätze im
Jahr erweitern und machen uns für eine rechtliche Garantie für einen Platz stark. Die
Freiwilligendienste sollen besser ausfinanziert werden, damit sich junge Menschen unabhängig
vom Einkommen ihrer Eltern engagieren können. Auch für Ältere und Menschen mit Behinderungen
sollen die Rahmenbedingungen attraktiver und inklusiver werden. Zusammen mit Ländern und
Kommunen wollen wir eine Engagementkarte für Vergünstigungen einführen, beispielsweise für
Schwimmbäder oder Theater, und erkennen die Leistung der vielen Engagierten mehr an.
Wir gestalten die vielfältige Einwanderungsgesellschaft
Einbürgerung erleichtern
Die Staatsangehörigkeit stellt ein dauerhaftes Band rechtlicher Gleichheit, Teilhabe und
Zugehörigkeit sicher. Wer in Deutschland geboren wird, soll die Möglichkeit erhalten,
deutsche*r Staatsbürger*in zu werden, wenn ein Elternteil rechtmäßig seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland hat. Für Menschen, die hier jahrelang leben und Teil dieser
Gesellschaft geworden sind, sollen Einbürgerungen früher möglich werden. Nach fünf Jahren
Aufenthalt in Deutschland sollen alle einen Antrag auf Einbürgerung stellen können. Den
Optionszwang im Staatsangehörigkeitsrecht wollen wir abschaffen und Mehrstaatigkeit
anerkennen. Die vorgenommenen Aushöhlungen des Staatsangehörigkeitsrechts wollen wir
zurücknehmen. Hindernisse bei der Identitätsklärung, die nicht in der Hand der
Einzubürgernden liegen, dürfen ihnen nicht angelastet werden.
Ein modernes Einwanderungsgesetz für eine vielfältige
Einwanderungsgesellschaft
Deutschland ist ein Einwanderungsland, doch bis heute fehlen eine aktive
Einwanderungspolitik und ein Einwanderungsrecht, das Einwanderung tatsächlich fördert und
nicht komplizierter macht. Wir wollen ein modernes Einwanderungsgesetz beschließen, das neue
Zugangswege für Bildungs- und Arbeitsmigration schafft – auch im gering- und
unqualifizierten Bereich –, das transparente, unbürokratische und faire Verfahren bietet,
das globale und regionale Notwendigkeiten berücksichtigt und flexibel auf die Bedarfe des
Arbeitsmarktes reagiert. Dafür soll auf Basis des jährlichen Arbeitskräftebedarfs eine
punktebasierte Talentkarte eingeführt werden. Wir erleichtern die Bildungsmigration über
Stipendien und Ausbildungsvisa, genauso wie die Voraussetzungen für eine unbefristete
Aufenthaltserlaubnis und die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen.
Außerdem beenden wir den automatischen Verlust der Aufenthaltserlaubnis nach einem
sechsmonatigen Aufenthalt im Ausland. Für Menschen, die sich ohne sicheren Aufenthaltstitel
in Deutschland befinden, jedoch in den Arbeitsmarkt integriert sind oder deren
Qualifizierung in den Arbeitskräftebedarf passt, soll es die Möglichkeit zum echten
Spurwechsel geben. Gut funktionierende Konzepte der Arbeitsmigration, wie die
Westbalkanregelung, bauen wir aus und verstetigen sie.
Integration gelingt nur mittendrin – Sprache, Zugang, Teilhabe von
Anfang an
Integration ist in einer vielfältigen Einwanderungsgesellschaft der erste Schritt auf dem
Weg zu gleichen Teilhabechancen in zentralen Bereichen des Lebens. Sie ist ein
wechselseitiger Prozess und stellt sowohl Anforderungen an die, die zu uns kommen, als auch
an alle, die schon länger hier leben. Für das Zusammenleben sind die Werte des Grundgesetzes
die Grundlage. Wir treten dafür ein, dass alle neu ankommenden Migrant*innen und
Geflüchteten von Anfang an ein Recht auf einen kostenfreien Zugang zu passgenauen und gut
erreichbaren Sprach- und Integrationskursen haben. Denn derzeit ist das für viele Personen
im Asylverfahren, Geduldete und EU-Bürger*innen nur schwer und kostenpflichtig möglich.
Zudem wollen wir die nach 2015 ausgebauten Angebote an weiterführenden Sprachkursen
aufrechterhalten. Genauso wichtig für eine gelingende Integration sind die möglichst
dezentrale Unterbringung, ein breites Beratungsangebot gerade auch für Familien sowie der
unterschiedslose Zugang zu Wohnraum, Gesundheits- und Sozialleistungen sowie zu Kitas,
Bildungseinrichtungen, Ausbildung und Arbeit. Gezielte Unterstützung ermöglicht Teilhabe und
stärkt den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir wollen auf europäischer Ebene einen
kommunalen Integrationsfonds auflegen, um europaweit das Ankommen in den Kommunen direkt zu
unterstützen. Damit sollen unter anderem Migrationsberatungsstellen gestärkt und aufgebaut,
zivilgesellschaftliche Unterstützungsstrukturen gefördert und strukturelle Entlastungen der
Kommunen, die sich zur Aufnahme von Geflüchteten bereit erklären, in der EU gesichert
werden. Betriebe, die Geflüchteten eine Chance auf Ausbildung oder Beschäftigung geben,
brauchen entsprechende Unterstützung und Förderung.
Asylverfahren rechtssicher und transparent
Wir wollen, dass Asylverfahren in Deutschland rechtssicher, fair und transparent gestaltet
sind. Wir wollen dafür sorgen, dass es zügig zu einer Entscheidung über den Aufenthaltstitel
kommt, damit Menschen früh verbindliche Gewissheit haben, ob sie bleiben können oder nicht.
Eine nichtstaatliche unabhängige Asylverfahrensberatung für alle Asylsuchenden, von der
Ankunft bis zum Abschluss des Asylverfahrens, wollen wir sicherstellen und die verlängerte
Verweildauer von Geflüchteten in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf mögliche 18 Monate
rückgängig machen auf wieder 6 Monate. Die dezentrale Unterbringung sollte immer Vorrang
haben. Wir wollen das Recht von Kindern, unabhängig von der Bleibeperspektive, auf Zugang zu
Bildungsangeboten garantieren. Wir beenden die flächendeckenden und anlasslosen
Widerrufsprüfungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und optimieren
so das Asylprozessrecht. Wir wollen das Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen und damit
eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Geflüchteten, die ein
echtes Ankommen und Teilhabe erschwert. Integrationsfeindliche gesetzliche Regelungen wie
Arbeitsverbot und pauschale Wohnsitzauflage schaffen wir ab. Die in den vergangenen Jahren
vorgenommenen Aushöhlungen des Asylrechts wollen wir zurücknehmen. Die Ausrufung „sicherer“
Herkunfts- oder Drittstaaten lehnen wir ab – auch auf europäischer Ebene.
Raus aus der Duldung
Mehr als 200.000 Menschen – darunter viele Kinder und Jugendliche – leben über viele Jahre
in einem Zustand der Perspektivlosigkeit und Rechtsunsicherheit in Deutschland, weil sie nur
geduldet sind. Das ist weder für die Betroffenen noch für das gesellschaftliche
Zusammenleben gut. Nicht zu wissen, ob Deutschland wirklich Heimat wird, erschwert die
Integration massiv. Wir wollen die Anzahl der Menschen, die sich von Duldung zu Duldung
hangeln müssen, deshalb möglichst auf null reduzieren. Für diese Menschen braucht es nach
fünf Jahren Aufenthalt ein sicheres Bleiberecht. Heranwachsende, Jugendliche und Familien
mit minderjährigen Kindern sollen nach drei Jahren einen Aufenthaltstitel bekommen. Durch
die Umwandlung der Ausbildungsduldung in ein Ausbildungsbleiberecht verschaffen wir den
Menschen einen verlässlichen Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt und sorgen für die
Betriebe für Planungssicherheit. Menschen, die nach sorgfältiger Prüfung der asyl- und
aufenthaltsrechtlichen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsschutzmöglichkeiten kein Asyl
bekommen und in ihrem Herkunftsland nicht gefährdet sind, müssen zügig wieder ausreisen. Wir
wollen dies durch schnelle und wirksame Unterstützung und Beratung erleichtern.
Abschiebungen, zum Beispiel über Rückübernahmeabkommen, sind das letzte Mittel, wenn die
Rückkehr verweigert wird, freiwillige Ausreisen haben immer Vorrang. Abschiebungen in
Kriegs- und Krisenländer wollen wir beenden, den Abschiebestopp nach Syrien und Afghanistan
wieder einsetzen.
Wir rücken Feminismus, Queerpolitik und
Geschlechtergerechtigkeit in den Fokus
Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen
Feminismus nimmt alle in den Blick und schafft Selbstbestimmung, Teilhabe und Gerechtigkeit.
Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle unabhängig vom Geschlecht selbstbestimmt leben und
auch Frauen überall gleichberechtigt mitgestalten können – von der Arbeitswelt bis in die
Parlamente. Das ist eine Aufgabe für alle Geschlechter. Dafür braucht es auch Männer, die
für eine Gesellschaft einstehen, in der Macht, Möglichkeiten und Verantwortung gerecht
geteilt werden. Geschlechtergerechtigkeit ist eine Querschnittsaufgabe. Mit einem Gender-
Check wollen wir prüfen, ob eine Maßnahme oder ein Gesetz die Gleichberechtigung der
Geschlechter voranbringt, und dort, wo es ihr entgegensteht, dementsprechend eingreifen. Die
neu geschaffene Bundesstiftung Gleichstellung werden wir zu einer effektiven Institution
ausbauen, die gesichertes Wissen zu den Lebenslagen aller Geschlechter bereitstellt und
wirksame Maßnahmen für Gleichberechtigung entwickelt, bündelt und für Wirtschaft, Politik
und Öffentlichkeit zugänglich macht. Hierfür leisten die Sozialwissenschaften und die
Genderstudies einen unverzichtbaren Beitrag. Wir brauchen eine Gleichberechtigungsstrategie,
die alle Lebens- und Politikbereiche umfasst, ressortübergreifend arbeitet und die
Erkenntnisse in umsetzbare Ziele übersetzt. Es wird Zeit für eine feministische Regierung,
in der Frauen und Männer gleichermaßen für Geschlechtergerechtigkeit eintreten.
Geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen
Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt, die vor allem Frauen betrifft, ist eine
gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe. Gewalt im häuslichen und persönlichen Nahbereich
wird oft verharmlost, sowohl in der medialen Darstellung als auch in der Rechtsprechung. Mit
der Istanbul-Konvention haben wir ein Instrument an der Hand, das die notwendigen Maßnahmen
beschreibt. Dazu gehört auch eine Reform der Kriminalstatistik, damit das ganze Ausmaß der
in Deutschland verübten Verbrechen, die aus Frauenhass begangen werden, differenziert
erfasst wird und diese Taten systematisch als Hassverbrechen eingestuft werden.
Gewaltbetroffene Frauen, deren Aufenthaltsstatus von dem Aufenthaltsstatus ihres Ehemanns
oder Partners abhängt, sollen einen eigenständigen Aufenthaltstitel erhalten können. Polizei
und Justiz müssen im Umgang mit Betroffenen sexualisierter Gewalt umfassend geschult und
sensibilisiert sein. Opfer von Vergewaltigungen brauchen eine qualifizierte
Notfallversorgung einschließlich anonymer Spurensicherung und der Pille danach. Wir werden
Monitoringstellen einrichten und die getroffenen Maßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit
prüfen.
Frauenhäuser absichern
Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Es ist die Pflicht des Staates,
Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen. Frauenhäusern kommt hierbei eine
Schlüsselrolle zu. Denn jede von Gewalt betroffene Frau, ob mit oder ohne Kinder, braucht
eine Anlaufstelle und Schutz – unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status, ihrer
Wohnsituation oder davon, ob sie eine Beeinträchtigung hat. Mit einem gesetzlichen
Rechtsanspruch auf Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt sichern wir über eine
Geldleistung des Bundes Betroffene ab und verbessern den Zugang zu Schutzeinrichtungen und
deren Angeboten für alle Frauen. Länder und Kommunen müssen weiterhin ihrerseits ihrer
Finanzierungsverantwortung nachkommen. Für die Aufenthaltszeit in einem Frauenhaus sollen
Betroffene, die Sozialleistungen erhalten, nicht schlechtergestellt werden. Wir brauchen
Frauenhäuser, in denen Kinder, auch wenn sie älter sind, mit aufgenommen werden können.
Zudem müssen intersektionale Schutzkonzepte und Zufluchtsräume, insbesondere auch für
queere, trans- und intergeschlechtliche Menschen, entwickelt und bereitgestellt werden.
Vor Zwang schützen
Menschen, die in der Prostitution arbeiten, brauchen Rechte und Schutz. Dazu sollen
Prostitutionsstätten strenger kontrolliert werden und in Zukunft einer Erlaubnispflicht
unterliegen. Außerdem wollen wir Beratungsangebote ausbauen und finanziell unterstützen.
Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ist ein abscheuliches Verbrechen, das wir
mit den Mitteln des Strafrechts, aber auch durch ein gemeinsames europäisches Vorgehen,
Information sowie Schutz und Hilfe für die Opfer konsequent bekämpfen werden. Opfer von
Menschenhandel einfach abzuschieben ist falsch. Stattdessen würden ihre Anzeige- und
Aussagebereitschaft durch ein dauerhaftes Bleiberecht erhöht und die Strafverfolgung der
Täter*innen würde erleichtert. Zwangsverheiratungen sind Menschenrechtsverletzungen. Frauen
und Männer, die davon bedroht sind, brauchen Hilfe und Schutz und gute Beratung durch
verlässlich finanzierte Beratungsstellen. Weibliche Genitalverstümmelung ist eine massive
Verletzung der körperlichen Integrität. Es ist entscheidend, dass wir den Betroffenen helfen
und sie schützen, auch durch internationale Aufklärungs- und Hilfekampagnen. Doch auch in
Deutschland brauchen wir eine Strategie dagegen. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die
sich in diesem Bereich engagieren, wollen wir besser unterstützen, die Kontaktpersonen der
Mädchen sowie pädagogisches Personal und Jugendämter sollen geschult und sensibilisiert
werden.
Selbstbestimmung durch Gesundheitsversorgung
Alle Menschen, auch Mädchen und Frauen, sollen selbst über ihren Körper und ihr Leben
entscheiden können. Eine gute Gesundheitsversorgung inklusive eines gesicherten Zugangs und
umfassender Informationen zum Schwangerschaftsabbruch sind dafür notwendig. Die
Entscheidung, ob eine Frau eine Schwangerschaft abbricht oder nicht, gehört mit zu den
schwersten im Leben. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass diese Frauen gut beraten und
medizinisch professionell versorgt werden. Wir streiten für eine ausreichende und
wohnortnahe Versorgung mit Ärzt*innen, Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche
vornehmen. Das Thema muss in die Ausbildung von Ärzt*innen nach international anerkannten
Standards integriert werden. Familienplanungs- und Beratungsstellen werden wir absichern und
die freiwilligen Beratungsangebote ausbauen. Um die Versorgung für Frauen dauerhaft zu
gewährleisten, braucht es eine Entstigmatisierung und Entkriminalisierung von
selbstbestimmten Abbrüchen sowie eine generelle Kostenübernahme. Frauen, die sich für einen
Abbruch entscheiden, und Ärzt*innen, die einen solchen ausführen, müssen etwa durch die
Einrichtung von Schutzzonen vor Anfeindungen und Gehsteigbelästigungen geschützt werden.
Ungewollt Schwangere brauchen den bestmöglichen Zugang zu Informationen. Um diesen zu
gewährleisten und Ärzt*innen zu schützen, gilt es den § 219 a aus dem Strafgesetzbuch zu
streichen. Die Kosten für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung müssen für
Empfängerinnen von staatlichen Transferleistungen übernommen werden.
Homo- und Transfeindlichkeit bekämpfen
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*-, Inter*- und queere Menschen (LSBTIQ*) sollen
selbstbestimmt und diskriminierungsfrei ihr Leben leben können. Dafür und gegen gesetzliche
Diskriminierungen sowie Benachteiligungen und Anfeindungen im Alltag werden wir ein starkes
Signal setzen und den Begriff „sexuelle Identität“ in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes
ergänzen. Wir werden einen bundesweiten ressortübergreifenden Aktionsplan „Vielfalt leben!“
für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vorlegen mit dem Ziel, LSBTIQ*
gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu garantieren und Vielfalt und
Akzeptanz zu fördern. Dazu gehören auch Maßnahmen zur LSBTIQ*-inklusiven
Gesellschaftspolitik sowie eine langfristige Strukturförderung der LSBTIQ*-Verbände. Gegen
LSBTIQ* gerichtete Hasskriminalität werden wir entschieden bekämpfen. Das diskriminierende
Blutspendeverbot für homosexuelle Männer wollen wir aufheben. Um queere Jugendliche zu
schützen und zu stärken, wollen wir mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne für junge
Menschen über die Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten
informieren und bezüglich Homo- und Transphobie sensibilisieren. Wir werden uns gemeinsam
mit den Ländern dafür einsetzen, dass sich geschlechtliche Vielfalt und Diversität in den
Lehr- und Bildungsplänen wiederfinden.
Selbstbestimmung garantieren, Transsexuellengesetz aufheben
Mit einem Selbstbestimmungsgesetz werden wir dafür sorgen, dass das überholte
Transsexuellengesetz endlich aufgehoben wird. Eine Änderung der Geschlechtsangabe auf Antrag
der betroffenen Person werden wir ermöglichen und das Offenbarungsverbot konkretisieren. Wir
schreiben fest, dass nicht notwendige Operationen und Behandlungen an intergeschlechtlichen
Kindern verboten werden. Bei Gesundheitsleistungen sowie geschlechtsangleichenden
Operationen und Hormontherapien muss das Selbstbestimmungsrecht gesichert sein. Den Anspruch
auf medizinische körperangleichende Maßnahmen wollen wir gesetzlich verankern und dafür
sorgen, dass die Kostenübernahme durch das Gesundheitssystem gewährleistet wird.
Wir stärken Sicherheit und Bürger*innenrechte
Eine gut ausgestattete und bürger*innennahe Polizei
Deutschland ist ein sicheres Land. Das liegt auch an einer gut arbeitenden Polizei. Wir
wollen, dass das so bleibt. Dennoch: Diebstahl, Einbrüche, Gewalttaten, Hassverbrechen oder
organisierte Kriminalität belasten Opfer und ihre Angehörigen schwer. Für ihre Aufgaben wie
Prävention, Aufklärung und Strafverfolgung wollen wir die Polizei stärken, in der Stadt und
auf dem Land, analog und digital. Den früheren Personalabbau bei Bundespolizei und
Bundeskriminalamt wollen wir durch eine Offensive bei der Besetzung offener Stellen beheben.
Die Polizist*innen verdienen unsere Wertschätzung, genauso wie gute Arbeitsverhältnisse und
leistungsfähige Strukturen innerhalb der Behörden. Sichere und leistungsfähige
Datenverarbeitung, kombiniert mit mobiler IT, ist dabei eine Grundvoraussetzung moderner
Polizeiarbeit, die wir unterstützen wollen.
Die besondere Verantwortung der Polizei
Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle frei und sicher leben können. Sicherheit muss
überall gleichermaßen garantiert sein. Damit die Polizei dieser Aufgabe nachkommen kann,
muss sie auf das Vertrauen der gesamten Bevölkerung bauen können. Als ausführendes Organ des
staatlichen Gewaltmonopols hat die Polizei dabei eine ganz besondere Verantwortung. Dem
dient die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei sowie einer/eines
Bundespolizeibeauftragten, an die/den sich sowohl Polizist*innen wie auch Bürger*innen
wenden können, um in der Polizeiarbeit auftretende Missstände zu bearbeiten. Polizist*innen
sollten sich auch nach der Ausbildung verpflichtend fortbilden können und müssen. Wichtige
Fortbildungsbereiche sind beispielsweise der Umgang mit psychisch Kranken sowie
Antidiskriminierung und die Gefahr von Racial Profiling. Längst überfällig sind
wissenschaftliche Studien zu Rechtsextremismus und Rassismus in den Sicherheitsorganen.
Rationale Sicherheitspolitik setzt eine solide Faktenlage und klare Zuständigkeiten voraus.
Deshalb werden wir den Periodischen Sicherheitsbericht wieder einführen, dessen Aussagekraft
sich in der Vergangenheit bewährt hat.
Europäisches Kriminalamt schaffen, organisierte Kriminalität
verfolgen
Zahlreiche Straftaten wie Einbrüche oder Diebstähle finden grenzüberschreitend statt. Auch
die organisierte Kriminalität und islamistische oder rechtsextreme Terrornetzwerke machen
nicht an Landesgrenzen halt. Zum Schutz der Bürger*innen und zur Verteidigung unserer
Freiheit brauchen wir eine stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Polizei und
Justiz: durch gemeinsame europäische Polizeiteams, durch die Aufwertung von Europol zu einem
Europäischen Kriminalamt sowie durch eine engere justizielle Zusammenarbeit der
Mitgliedstaaten, auch mit Hilfe von Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft. Wegen
der zunehmenden Vernetzung von europäischen Datenbanken sind hohe Datenschutzstandards und
eine Verbesserung des grenzüberschreitenden Rechtsschutzes unabdingbar. Diese Zusammenarbeit
braucht eine unabhängige Justiz und faire Strafverfahren in allen EU-Mitgliedstaaten.
Verfassungsschutz neu ordnen
Der Verfassungsschutz hat in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt, als er sich auf dem
rechten Auge blind zeigte. Hier sind Veränderungen, insbesondere durch einen personellen
Neuanfang, zu beobachten, nun muss ein struktureller Neustart folgen, mit dem die
Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes verbessert wird. Die in Wissenschaft und
Zivilgesellschaft schon heute vorhandene Expertise über verfassungsfeindliche Bestrebungen
muss systematischer genutzt werden. Wir wollen den Verfassungsschutz deshalb strukturell neu
aufstellen: zum einen mit einem unabhängigen, wissenschaftlich und unter Einbeziehung der
Zivilgesellschaft aus öffentlichen Quellen arbeitenden Institut zum Schutz der Verfassung.
Zum anderen mit einem verkleinerten Bundesamt für Gefahrenerkennung und Spionageabwehr, das
mit rechtsstaatskonformen nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen
Aufgaben arbeitet.
Rechtsextremismus bekämpfen, Netzwerke zerschlagen
Es gibt mehr als 32.000 Rechtsextremist*innen in Deutschland, die sich immer stärker
vernetzen. Die Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen – auch innerhalb der
Sicherheitsbehörden – muss Priorität für alle Sicherheitsorgane haben. Dazu braucht es ein
Bündel aus Prävention, Schutz- und Sanktionsmaßnahmen. Durch eine bundesweit vernetzte
Präventionsstrategie wollen wir die Präventionsarbeit massiv ausbauen. Die
zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Rechtsextremismus soll strukturell und langfristig durch
ein Demokratiefördergesetz gefördert werden. Wir werden unabhängige wissenschaftliche
Studien zu Rassismus und Rechtsextremismus in den verschiedenen Sicherheitsbehörden
initiieren, Hassgewalt erfassen und konsequent verfolgen. Die Mordserie des
rechtsterroristischen NSU sowie andere rassistische und rechtsextremistische Terrorakte in
Deutschland sind nach wie vor nicht vollständig aufgearbeitet. Deshalb richten wir nach dem
Vorbild der Stasi-Unterlagen-Behörde ein NSU-Archiv ein, in dem auch die Ergebnisse der 13
parlamentarischen Untersuchungsausschüsse ausgewertet werden und langfristig für
Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und die Zivilgesellschaft zugänglich sind.
Vor Terrorismus schützen
Jede Form politisch motivierter Gewalt gefährdet unseren Rechtsstaat. Insbesondere durch
Terrorismus von gewaltbereiten Rechtsextremist*innen und Islamist*innen ist die innere
Sicherheit in Deutschland bedroht. Um die offene Gesellschaft, unsere Demokratie und die
Menschen zu schützen, müssen wir Terror entschieden bekämpfen – durch Prävention, bessere
Vernetzung der Sicherheitsbehörden und eine konsequente Überwachung von sogenannten
Gefährder*innen. Dazu braucht es eine europäisch abgestimmte Definition des
Gefährderbegriffs. Gefährder*innen müssen engmaschig überwacht werden. Ziel ist, dass
gegenüber Gefährder*innen offene Haftbefehle konsequent vollstreckt und laufende Verfahren
über Ländergrenzen hinweg zusammengezogen werden. Die Kooperation und Kommunikation zwischen
den Sicherheitsbehörden auch über Ländergrenzen muss reformiert werden, wozu die Schaffung
rechtlicher Grundlagen für die Terrorabwehrzentren GTAZ und GETZ gehört. Aussteigerprogramme
für Menschen aus rechtsextremistischen und islamistischen Szene werden wir ausbauen. Es
braucht ein bundeseinheitliches, professionalisiertes Präventions- und
Deradikalisierungsnetzwerk analog zu den zivilgesellschaftlichen Trägern, die sich bereits
besser als die politischen Ebenen in Bund und Ländern vernetzt haben. Prävention und
Deradikalisierung in Haftanstalten wollen wir stärken. Um Attentate zu erschweren, werden
wir illegalen Waffenhandel, auch und gerade auf Online-Marktplätzen, verstärkt verfolgen.
Den privaten Waffenbesitz tödlicher Schusswaffen wollen wir weitestgehend beenden.
Schutz für Whistleblower
Abgasmanipulationen, Missstände in Pflegeeinrichtungen, der Verkauf von Facebook-Nutzerdaten
– kaum einer der großen Wirtschaftsskandale der vergangenen Jahre wäre ohne die Hinweise aus
den Unternehmen überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt. Missstände bis hin zu kriminellen
Aktivitäten in Unternehmen und Behörden brauchen mutige Menschen, die sie ans Licht bringen.
Diese „Whistleblower“ müssen im Interesse von uns allen besser vor Repressalien und
gesundheitlichen, finanziellen und sozialen Folgen ihrer Meldung geschützt werden. Das
werden wir mit einem Hinweisgeberschutzgesetz, das die EU-Whistleblower-Richtlinie
ambitioniert und umfassend in nationales Recht umsetzt, erreichen. Darin festgeschrieben
sind ein zweistufiges Meldeverfahren sowie ein Entschädigungsfonds, mit dem das persönliche
Risiko minimiert wird. Die Furcht vor einem ökonomischen und persönlichen Schaden als
Hemmnis für eine Hinweisgabe soll so abgebaut und potenzielle Hinweisgeber*innen sollen
ermutigt werden.
Zielgerichtete Abwehr konkreter Gefahren
Ein starker, demokratischer Rechtsstaat kann gleichzeitig Sicherheit gewährleisten und
Freiheit bewahren. Wir stehen für eine rationale Sicherheits- und Kriminalpolitik, die
konkrete Gefahren anlassbezogen und zielgerichtet abwehrt, statt die Bevölkerung mit
pauschaler Massenüberwachung unter Generalverdacht zu stellen. Zukünftige Sicherheitsgesetze
müssen auf valider Empirie beruhen und verfassungsrechtliche Vorgaben zwingend beachten.
Statt pauschaler, anlassloser Vorratsdatenspeicherung und genereller Backdoors für
Sicherheitsbehörden oder Staatstrojaner für Geheimdienste wollen wir es der Polizei
ermöglichen, technische Geräte anhand einer rechtsstaatlich ausgestalteten Quellen-TKÜ
zielgerichtet zu infiltrieren. Zudem soll eine Meldepflicht für Sicherheitslücken eingeführt
werden.
Wir garantieren den Rechtsstaat und stärken den
Verbraucherschutz
Konsequent gegen Korruption
Korruption, Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Manipulationen im Finanzmarkt sind
Rechtsverstöße, die verheerende Auswirkungen auf den Wettbewerb und den freien Markt, für
Umwelt und Menschen(rechte) haben können. Wirtschaftsstraftaten machen einen Großteil der
polizeilich erfassten finanziellen Schädigungen aus. Bei Rechtsverstößen werden wir
Unternehmen deshalb künftig wirksamer zur Rechenschaft ziehen. Ziel ist, die bereits
verstreut bestehenden Regelungen in einem eigenständigen Gesetz gegen
Wirtschaftskriminalität zusammenzufassen und zu ergänzen. Um zu verhindern, dass
Rechtsverstöße von Unternehmen wegen organisierter Unverantwortlichkeit nicht geahndet
werden können, soll künftig auch an das Organisationsverschulden angeknüpft werden können.
Die Pflicht zum Nachweis der legalen Herkunft großer Zahlungen wollen wir verstärken.
Sanktionen müssen gemäß den EU-Vorgaben wirksam, angemessen und abschreckend sein, zum
Beispiel indem unrechtmäßiger Gewinn bei der Abschöpfung geschätzt werden darf. Den
Sanktionskatalog wollen wir um weitere Maßnahmen wie den Ausschluss von der Vergabe
öffentlicher Aufträge, die Schadenswiedergutmachung sowie verpflichtende Vorkehrungen für
Unternehmen zur Verhinderung von Straftaten erweitern und ein öffentliches Sanktionsregister
einführen.
Rechtsschutz für jeden, Sammelklagen einführen
Menschen müssen ihr Recht auch gegenüber wirtschaftlich Stärkeren wirksam durchsetzen
können, zum Beispiel in Fällen wie dem Diesel-Abgas-Betrug. Dazu führen wir die Sammelklage
(Gruppenklage) ein, damit Menschen auch bei kleineren, aber massenhaft auftretenden Schäden
effektiv zu ihrem Recht kommen und zum Beispiel Schadensersatz bekommen. Die bisher
eingeführten kollektiven Klageverfahren wie die Musterfeststellungsklage, die nur
Verbraucher*innen zusteht, und das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz sind unzureichend.
Die immer beliebtere Rechtsdurchsetzung durch Legal-Tech-Unternehmen stellt andererseits
eine Belastung für die Justiz dar, da alle Fälle einzeln entschieden werden. Den kollektiven
Rechtsschutz wollen wir deshalb verallgemeinert und vereinheitlicht in die
Zivilprozessordnung integrieren und die Bündelung individueller Ansprüche im Rahmen einer
Gruppenklage ermöglichen. Für eine bessere Durchsetzung des Rechts sollen die
Zugangsschranken gesenkt und die Verfahren vereinfacht werden. Die Verbandsklage-Richtlinie
der EU setzen wir zügig in nationales Recht um.
Kinderschutz vor Gericht verbessern
In familienrechtlichen Verfahren werden Entscheidungen getroffen, die erhebliche
Auswirkungen auf das weitere Leben von Kindern und ihre Familien haben können. Es gilt den
Kinderschutz vor Gericht zu stärken. Wir machen einerseits die Fortbildungen für
Familienrichter*innen verbindlich und werden diese andererseits bei ihrem Arbeitspensum
berücksichtigen. Auch in Kindschaftssachen wollen wir die Rechtsbeschwerdemöglichkeit zum
Bundesgerichtshof herstellen. In Strafverfahren wollen wir die Opferrechte von Kindern
weiter stärken. Mehrfache Vernehmungen müssen vermieden und die Befragungen kindgerecht
ausgestaltet sein. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder muss konsequent aufgeklärt und verfolgt
werden, vor allem durch mehr – insbesondere auch auf Internetkriminalität spezialisiertes –
Personal bei Polizei und Staatsanwaltschaften.
Online-Kündigung mit nur einem Klick
Online-Verträge kann man mit einem Klick abschließen, während man für die Kündigung häufig
zu Telefon oder Briefbogen greifen muss. Auch lange Mindestlaufzeiten und automatische
Vertragsverlängerungen um ein Jahr sind alles andere als verbraucherfreundlich. Wir wollen
Verbraucher*innen vor Vertragsfallen schützen und durchsetzen, dass die Online-Kündigung so
einfach ist wie die Online-Bestellung. So wie es einen Bestellbutton gibt, muss es auch
einen Kündigungsbutton geben sowie eine verpflichtende Eingangsbestätigung für Online-/E-
Mail-Kündigungen. Vertragslaufzeiten und automatische Verlängerungen müssen verkürzt werden
– zugunsten des Verbraucherschutzes und des Wettbewerbs. Wir wollen die maximale
Mindestlaufzeit von Verträgen von zwei Jahren halbieren und die stillschweigende
Vertragsverlängerung von einem Jahr auf einen Monat verkürzen.
Ein Recht auf Reparatur
Von der Waschmaschine bis zum Handy – viele Geräte landen schon nach kurzer Zeit auf dem
Müll, weil sie schnell kaputtgehen, nicht reparierbar sind oder keine Software-Updates mehr
angeboten werden. Das ärgert die Verbraucher*innen, es verschwendet wertvolle Ressourcen und
verursacht Berge von Elektroschrott. Wir setzen stattdessen auf Qualität und Langlebigkeit.
Durch ein Recht auf Reparatur wollen wir Elektroschrott von vornherein vermeiden. Die
Grundlage dafür sind verbindliche Designvorgaben, damit elektronische Geräte so gestaltet
sind, dass sie möglichst langlebig, reparierbar und recyclingfähig sind. Durch die
Verdopplung der Gewährleistungsfristen auf vier Jahre und eine Angabe der vom Hersteller
vorgesehenen Lebensdauer wollen wir erreichen, dass Geräte für eine längere Lebensdauer
gebaut werden. So werden wir die Spielräume der EU-Vorgaben voll ausschöpfen und uns
gleichzeitig für mehr Verbraucherschutz in der EU engagieren.
Finanzberatung im Interesse der Kund*innen
Häufig werden Kund*innen Finanzprodukte angedreht, die für sie zu teuer, zu riskant oder
schlicht ungeeignet sind. Diese Produkte sind häufig gut für die Gewinne der Banken und
Versicherungen, aber schlecht für die Kund*innen. Wir wollen die Finanzberatung vom Kopf auf
die Füße stellen. Dafür schaffen wir ein einheitliches und transparentes Berufsbild für
Finanzberater*innen. Alle Vermittler*innen und Berater*innen sollen künftig von der BaFin
beaufsichtigt werden. Wir wollen weg von der Provisionsberatung und schrittweise zu einer
unabhängigen Honorarberatung übergehen. Dafür schaffen wir eine gesetzliche Honorarordnung,
die Finanzberater*innen stärkt und unabhängiger macht. Die Finanzaufsicht soll von der
Möglichkeit, den Vertrieb von schädlichen und irreführenden Finanzprodukten zu untersagen,
stärker als bisher Gebrauch machen. Überhöhte Dispozinsen und Gebühren für das Basiskonto
werden wir begrenzen.
Wir fördern die Kultur, die Künste und den Sport
Krisenfeste Strukturen für die Kultur
Kultur ist frei und muss keinen Zweck erfüllen. Sie ist gleichzeitig von zentraler Bedeutung
für die Selbstreflexion der Gesellschaft, den Zusammenhalt und die Persönlichkeitsbildung
der Einzelnen. Wir wollen, dass die Kulturlandschaft nach der Pandemie mit ihren
monatelangen Schließungen zu neuer Lebendigkeit, Vielfalt und Reichhaltigkeit findet und
Kultur und kulturelle Bildung endlich selbstverständlicher Teil der Daseinsvorsorge werden.
Eine nachhaltige (Wiederaufbau-)Strategie muss die Kommunalfinanzen als eine wichtige
Grundlage für das Kulturleben stärken, das Zuwendungsrecht reformieren, mehr Kooperationen
zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Finanzierung von Kultureinrichtungen und -
projekten ermöglichen sowie einen Fonds zum Schutz von Kultureinrichtungen vor Verdrängung
und Abriss einrichten, der Kulturorte langfristig absichert. Die öffentliche Kulturförderung
soll künftig partizipativ, geschlechtergerecht, abgestimmt und nach transparenten Kriterien
angelegt sein.
Kulturschaffende und Kreative besser absichern
Die Corona-Krise zeigt, unter welch prekären Bedingungen viele Kultur- und Medienschaffende
arbeiten. Für eine vielfältige Kulturlandschaft braucht es eine Absicherung, die Freiräume
bietet und künstlerisches und kreatives Schaffen ermöglicht. Kulturschaffende sollen für die
Zeit der Corona-Krise mit einem Existenzgeld von 1.200 Euro im Monat abgesichert werden. Die
Künstlersozialkasse (KSK) muss finanziell gestärkt, Rechtssicherheit für die Mitgliedschaft
in der KSK geschaffen und die freiwillige Weiterversicherung für Selbständige in der
Arbeitslosenversicherung vereinfacht werden. Bei kulturellen Werken muss für Urheber*innen
eine angemessene Vergütung sichergestellt werden. Eine angemessene Beteiligung insbesondere
an den Gewinnen der Vertriebsplattformen sorgt dafür, dass Kultur- und Medienschaffende
weiter an ihren Werken verdienen können.
Kultur in der Gesellschaft
Aktives Kulturleben ist die Basis von demokratischen Gesellschaften. Hier findet die
Auseinandersetzung darüber statt, wie wir leben wollen. Deshalb muss die Gesellschaft in
ihrer ganzen Vielfalt im Kulturschaffen sichtbar sein. Wir wollen Kultureinrichtungen öffnen
und stärken, damit jede*r einfachen Zugang zu ihnen hat und ihre Angebote nutzen und
gestalten kann. Bestehende soziale, finanzielle oder bauliche Hürden müssen dafür abgebaut
werden, etwa durch den kostenlosen Eintritt für Schüler*innen in staatlichen Museen oder
durch die Sonntagsöffnung von öffentlichen Bibliotheken. Wir wollen gerade solche
Kulturangebote kontinuierlich und flächendeckend fördern, die die Situation und die
Bedürfnisse in ihrer Stadt oder ihrer Gemeinde mitdenken und das als ihre zentrale
Zukunftsaufgabe verstehen. In ländlichen Regionen, aber auch in urbanen Zentren sollen
Kultureinrichtungen Knotenpunkte von Begegnungen und zu sogenannten „Dritten Orten“ werden,
die auch Menschen einen Zugang zu Kultur ermöglichen, die davon bislang wenig profitieren.
Bei der Besetzung von Intendanzen, bei der Zusammensetzung von staatlich geförderten
Kulturbetrieben, bei der Vergabe von Stipendien und Werksaufträgen und bei staatlichen Jurys
wollen wir eine Quotenregelung einführen, um Geschlechtergerechtigkeit zu gewährleisten.
Zudem muss auf angemessene Repräsentanz der vielfältigen Gesellschaft geachtet werden.
Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität und Teilhabe müssen fester Bestandteil der Ausbildung
zu Kulturberufen sein.
Den Kulturbetrieb ökologischer machen
Der Kulturbetrieb und die Künste können eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der
Klimakrise spielen. Auch gibt es viele Initiativen und Akteur*innen, die mit viel Einsatz
versuchen, ressourcenschonender zu arbeiten und den Kulturbetrieb ökologisch auszurichten.
Wir werden das ökologische Engagement im Kulturbetrieb nachhaltig unterstützen. Dafür werden
wir einen „Green Culture Fonds“ als Förderinstrument einrichten. Antragsberechtigt sind
öffentlich geförderte Einrichtungen und Projekte sowie private Akteur*innen der Kultur- und
Kreativwirtschaft und der freien Szene. Auch beim Film sollen Förderinstitutionen und -
maßnahmen künftig klare Anreize für eine nachhaltige Produktion schaffen. Doch auch gerade
Künstler*innen geben neben Wissenschaftler*innen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft
Impulse für die nachhaltige Transformation.
Erinnerungskultur stärken und öffnen
Erinnerungskultur trägt entscheidend zur Selbstverständigung und zum Zusammenhalt bei und
ist eine grundlegende Voraussetzung für den Schutz unserer Demokratie. Doch noch immer gibt
es Leerstellen in der Aufarbeitung der deutschen Verbrechensgeschichte. Der
Nationalsozialismus muss weiter konsequent aufgearbeitet und bisher wenig beachtete
Opfergruppen wie die sogenannten „Asozialen“, „Berufsverbrecher“ und „Euthanasie“-Opfer
sollen durch eine angemessene Entschädigung anerkannt werden. Die finanzielle Förderung von
Forschungsarbeiten, die Weiterentwicklung der pädagogischen und wissenschaftlichen Arbeit
der Gedenkstätten sowie die weitere Aufarbeitung und Rückgabe von NS-Raubkunst stehen dabei
im Mittelpunkt. Auch die DDR-Diktatur soll durch die Fortsetzung der Forschung und der
politischen Bildungsarbeit an den Außenstellen des Bundesbeauftragten für die Stasi-
Unterlagen weiter aufgearbeitet werden. Wir werden die Kontinuitäten des Kolonialismus ins
Bewusstsein rücken durch eine zentrale Erinnerungs- und Lernstätte und so eine breite
gesellschaftliche Debatte über unser koloniales Erbe fördern, die sich nicht allein auf die
Rückgabe von Kulturgütern beschränkt, sondern eine antirassistische Perspektive auf
Geschichte und Gesellschaft ermöglicht. Gleichzeitig muss sich die deutsche
Erinnerungskultur für die Erfahrungen und Geschichten der Menschen öffnen, die nach
Deutschland eingewandert sind, und das Gedenkstättenkonzept entsprechend weiterentwickelt
werden.
Ein Entwicklungsplan für den Sport
Im Sport, dem größten Träger der organisierten Zivilgesellschaft und des freiwilligen
Engagements, werden täglich demokratische Werte wie Gemeinsamkeit, Toleranz, Integration,
Inklusion, Engagement und Gesundheitsprävention gelebt und vermittelt. Damit übernimmt der
Sport eine herausragende Rolle für das gesellschaftliche Zusammenleben. Dies werden wir
fördern und bessere Rahmenbedingungen schaffen. Wir wollen Ideen und Energien bündeln und
zusammen mit den Sportverbänden, Ländern, Kommunen und der Wissenschaft einen
Entwicklungsplan Sport erarbeiten und umsetzen – ähnlich dem Goldenen Plan aus den 1960ern.
Ein besonderer Fokus muss dabei vor allem auf strukturschwachen Regionen, gerade in
Ostdeutschland, liegen, denn die Diskrepanz zwischen Ost und West ist beim Breitensport auch
30 Jahre nach der friedlichen Revolution ein Problem. Ausreichend vorhandene und
barrierefreie Sportstätten und Bewegungsräume zählen in Städten und ländlichen Räumen zur
Daseinsvorsorge, deshalb wollen wir, dass Bewegungs- und Sportflächen in der
Wohnungsbaupolitik und Quartiersplanung fest verankert und die bestehenden saniert werden.
Dazu gehören auch insbesondere Schwimmsportstätten, denn unser Anspruch ist, dass jedes Kind
schwimmen lernen kann. Das wollen wir mit einem Bundesprogramm zur Sanierung und
Instandsetzung von Schwimmstätten erreichen. Sportgroßveranstaltungen sollen klimaneutral,
sozial und nachhaltig ermöglicht werden, so dass sie auch einen bleibenden
Infrastrukturgewinn für die Bürger*innen vor Ort schaffen. Dafür braucht es eine bundesweit
einheitliche und föderal abgestimmte Gesamtstrategie, bei der von Beginn an
Bürger*innenbeteiligung Teil der Planung ist.
Spitzensport braucht Breitensport
Ein starker Breitensport braucht Vorbilder. Im Spitzen- und Profisport muss es um die
bestmögliche Förderung von Talenten gehen, nicht um den größten Gewinn für Funktionär*innen.
Deshalb wollen wir bei der Förderung des Spitzensports die Bedingungen und Perspektiven für
Leistungssportler*innen in den Mittelpunkt stellen. Bei der Doping-Prävention und im Anti-
Doping-Kampf stärken wir die NADA, und auf internationaler Ebene setzen wir uns für eine
Athlet*innenvertretung bei der WADA ein sowie dafür, dass diese künftig unabhängig vom IOC
finanziert wird. Auch Korruptionsskandale auf höchster Ebene der Sportfunktionär*innen sowie
die zunehmende Kommerzialisierung bedrohen den Spitzensport. Gerade beim Fußball gilt es den
Sport den Fans zurückzugeben. Deswegen sollen Transparenz und Good Governance auch im Sport
vorangetrieben werden. Gegen Rechtsextremismus und andere Formen gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit im Sport gehen wir mit einem finanziell starken Bundesprogramm vor,
das von einer unabhängigen Stelle beraten wird. Wir schützen die Bürger*innenrechte von Fans
und diese vor ausufernden Datensammlungen und Kollektivstrafen.
Wir bauen Europa weiter
Die Zukunft der EU gestalten
Wir sehen Deutschland in einer zentralen Verantwortung für den Zusammenhalt und die
Fortentwicklung der EU. Zuletzt aber wurde von Berlin aus bestenfalls verwaltet, oftmals
gebremst. Wir wollen die Europapolitik wieder aktiv gestalten – mit klarem Wertekompass,
entlang einer starken deutsch-französischen Zusammenarbeit und im Zusammenspiel mit unseren
europäischen Partner*innen. Unser Ziel ist eine EU, die zusammenhält und voranschreitet. In
manchen Bereichen kommen wir nur mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten voran, aber die
verstärkte Zusammenarbeit muss stets im Rahmen der Verträge und im Bestreben, dass sich
letztlich alle anschließen, erfolgen. In den kommenden zwei Jahren bietet die „Konferenz zur
Zukunft der EU“ eine große Chance, gemeinschaftlich mit den Bürger*innen Reformen der EU zu
entwickeln. Wir wollen sie nutzen für die nächste Phase der europäischen Integration auf dem
Weg zur Föderalen Europäischen Republik und um europäische Antworten auf die großen
Herausforderungen zu formulieren. Die Ergebnisse der Konferenz sollen im Rahmen der
europäischen Gesetzgebung bis hin zu Vertragsänderungen umgesetzt werden.
Europäisches Parlament stärken
Die Geschichte der EU ist eine Geschichte zunehmender Legitimität der europäischen
Institutionen. Unser Ziel ist, die europäische parlamentarische Demokratie zu stärken: mit
einem Parlament, das in allen Bereichen gleichberechtigt mit dem Rat entscheidet, ein
vollwertiges Initiativrecht für die Gesetzgebung und ein starkes Haushaltsrecht erhält. Es
soll die Kommission auf Vorschlag des Kommissions-Präsidenten bzw. der Kommissions-
Präsidentin wählen sowie durch ein konstruktives Misstrauensvotum entlassen können. Für die
Wahlen zum Europäischen Parlament setzen wir uns dafür ein, dass die Bürger*innen mit ihrer
Stimme für einen Spitzenkandidaten bzw. eine Spitzenkandidatin der Parteien auch die/den
nächste*n Präsident*in der EU-Kommission bestimmen. Ein Teil der Abgeordneten soll zukünftig
nicht mehr über viele nationale Listen ins Europaparlament einziehen, sondern über wirklich
europäische, transnationale Listen.
Ein europäisches Vereins- und Gemeinnützigkeitsrecht
Zum europäischen Gemeinwesen gehört das Zusammenwachsen der Zivilgesellschaften. Deshalb
setzen wir uns für ein europäisches Vereins- und Gemeinnützigkeitsrecht ein. Ein
europäischer Vereinsstatus mit klaren Regeln zu Gründung, Gemeinnützigkeit und Auflösung
würde europäische Vereine dem Schutz der EU unterstellen und nationaler Willkür entziehen.
Zudem wollen wir die Europäische Bürgerinitiative als zentrales Instrument der Teilhabe der
Bürger*innen und der Zivilgesellschaft stärken. So sollen Bürger*innen auch eine Reform der
Verträge oder die Einberufung eines Bürger*innenrates fordern können. Ist eine
Bürgerinitiative erfolgreich, sollte spätestens nach einem Jahr und einer Prüfung auf
Vereinbarkeit mit den EU-Grundrechten ein Gesetzesvorschlag folgen und im Europaparlament
eine Plenumsabstimmung über das Ziel der Initiative stattfinden.
Mit Mehrheitsentscheidungen Blockaden auflösen
Europa braucht mehr Handlungsfähigkeit, um auf Augenhöhe mit den heutigen Herausforderungen
voranzukommen. Blockaden durch einzelne Staaten in Bereichen wie der Außen- und
Sicherheitspolitik und in Steuerfragen oder auch bei Energie und Sozialem können wir uns
nicht länger leisten. Solange nationale Einzelinteressen das europäische Gemeinwohl
ausbremsen können, wird die EU keine aktivere Rolle etwa für mehr Steuergerechtigkeit oder
mehr Verantwortung für Demokratie und Menschenrechte in der Welt übernehmen können. Darum
setzen wir uns dafür ein, für alle verbleibenden Politikbereiche, in denen heute noch im
Einstimmigkeitsprinzip entschieden wird, Mehrheitsentscheidungen in Mitentscheidung des
Europäischen Parlaments einzuführen. Das ist auch deshalb wichtig, um bei weiteren
Erweiterungsrunden der EU deren Handlungsfähigkeit zu sichern. Unser langfristiges Ziel ist
es, die europäischen Institutionen zu einem Zweikammersystem weiterzuentwickeln.
Einflussnahme auf EU-Gesetzgebung transparent machen
Mehr Transparenz stärkt die europäische Demokratie und das Vertrauen der Bürger*innen in
Politik. Um nachvollziehbar zu machen, wofür die Regierungen der Mitgliedstaaten in Brüssel
eintreten, setzen wir uns für Fristen im Rahmen der Gesetzgebung ein, bis zu denen eine
öffentliche Debatte im Rat stattgefunden haben muss. Dabei müssen alle Regierungen ihre
aktuelle Position zum Vorschlag der Ratspräsidentschaft vorlegen. Auch den Zugang zu EU-
Dokumenten wollen wir substanziell weiterentwickeln. Die EU arbeitet bei
Interessensvertreter*innen bereits transparenter als der Bundestag. Wir wollen weitere
Schritte gehen – mit einem verbindlichen Lobbyregister für alle EU-Institutionen, strikteren
Karenzzeiten beim Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft und einem „legislativen
Fußabdruck“, durch den die Einflussnahme auf Gesetzgebung überprüfbarer wird, kontrolliert
durch eine unabhängige Ethikbehörde, die Sanktionen verhängen kann.
Europäische Grundrechte einklagbar machen
Die EU ist eine Gemeinschaft der Werte und des Rechts. Wir wollen die EU-Grundrechtecharta
langfristig gegenüber den Nationalstaaten einklagbar machen, um so alle EU-Bürger*innen in
ihren Rechten zu stärken. Mit dem EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Grundrechte setzen wir uns für ein stärkeres Instrument ein, um Verstöße autoritärer
Mitgliedstaaten zu sanktionieren. Aus dem jährlichen Rechtsstaatlichkeitsbericht sollen
konkrete Maßnahmen bis hin zu Vertragsverletzungsverfahren und der Nichtauszahlung von
Subventionen folgen. Kommunen und Regionen sowie Nichtregierungsorganisationen sollen dann
direkt von der EU gefördert werden. Bei den Artikel-7-Verfahren zur Rechtsstaatlichkeit
braucht es substanzielle Fortschritte. Alle Mitgliedstaaten sollen sich der Europäischen
Staatsanwaltschaft anschließen, wenn sie neue EU-Gelder erhalten wollen.
Eine öffentlich-rechtliche Medienplattform in Europa
Ein zusammenwachsendes Europa braucht eigene, öffentliche Orte, an denen seine Bürger*innen
zusammenkommen können, um sich zu informieren, zu partizipieren, sich zu unterhalten und
politisch zu diskutieren. Wenn überhaupt, kommen dafür bislang nur kommerziell betriebene,
digitale Plattformen in Frage. Als zeitgemäße Antwort setzen wir uns darum für eine
europäische, digitale Plattform in öffentlicher Hand ein. Sie bündelt europaweit qualitativ
hochwertige Inhalte – werbefrei, offen und multilingual. Unter hohen Datenschutzstandards
soll sie darüber hinaus als Kommunikationsplattform dienen. Die Grundlage bildet ein
öffentlich-rechtlicher Auftrag, sie arbeitet zusammen mit den nationalen öffentlichen
Rundfunkanstalten und frei von politischer Einflussnahme.
Europa der Kommunen und Regionen
Eine demokratische, vielfältige und bürger*innennahe EU lebt von der Stärke der Kommunen und
Regionen. Getreu dem Subsidiaritätsprinzip soll Europa da unterstützen, wo Kommunen an ihre
Grenzen stoßen – aber nicht jeden Lebensbereich regulieren. Die Wettbewerbsregeln des
Binnenmarkts dürfen Kommunen nicht zur Privatisierung öffentlicher Güter zwingen. In EU-
Handelsabkommen braucht es Ausnahmen für die kommunale Daseinsvorsorge sowie für öffentliche
und soziale Dienstleistungen. Für mehr europaweite Kooperation wollen wir
Städtepartnerschaften stärken, INTERREG-Programme für grenzüberschreitende Zusammenarbeit
ausweiten und Euregios und Eurodistrikte durch weniger Bürokratie und mehr Flexibilität
fördern. Kommunen und Regionen brauchen mehr Mitsprache auf europäischer Ebene, unter
anderem über einen gestärkten Ausschuss der Regionen. Bei Gestaltung und Vergabe von
Förderprogrammen setzen wir auf das Partnerschaftsprinzip.
Antragstext
Von Zeile 87 bis 89 einfügen:
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und Dienstleistungen aus. Die Steuerstrukturen überarbeiten wir grundlegend nach ökologischen Gesichtspunkten. Dazu gehört auch die längst überfällige Reform der Finanzverfassung, damit Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland endlich besteuert werden kann.
So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Wir setzen die Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats konsequent um und treiben das Divestment aus Investitionen in Kohle, Öl, Gas, Atomkraft und Rüstung voran, sowohl bei staatlichen als auch privaten Investitionen in Aktien, Anleihen oder Investmentfonds. Die öffentliche Hand soll dabei Vorreiterin und Vorbild sein. Das Haushaltsrecht und Versorgungsrücklagengesetz modernisieren wir entsprechend.
Bei der Ausschreibung von öffentlichen Vorhaben führen wir die Berücksichtigung von Umweltkosten insbesondere eine CO2e-Bepreisung gemäß den Kostensätzen des Umweltbundesamtes ein. Diese CO2-Schattenpreise legen wir in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Auswahlentscheidungen zu Grunde und sorgen so für zukunftsfeste öffentliche Investitionen.[Zeilenumbruch]
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts
konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation einläuten, können wir die Krise
noch stemmen. Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr
soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die Vorboten
der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die Gesundheit der Menschen
– und es sind vor allem die mit den geringsten Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass
der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern,
denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern.
Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir für jetzige
und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser
Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir
lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-
Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere
Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische
Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der
Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen und sorgen so für eine
effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das
Energiesystem auf Sonnen- und Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren
festzuhalten, schaffen wir eine neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt
Ölheizungen werden Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die
Heizquellen der Zukunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger Autos
in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft dienen
besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote
an klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing,
erleichtern zu pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue
Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige völlig neu entstehen, wieder
andere verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja
Zumutung. Die sozial-ökologische Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür
tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen
oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu
tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind.
Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang
gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für
den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische
Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskorrektur, dann
brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer
Politik und verändern entsprechend die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt
an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was
zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden, der Tiere und
der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen, kann es gelingen, die
Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Und damit auch
unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität: Städte mit
weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu
spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr.
Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes
Essen, hergestellt unter Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr
als reine Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben sich
Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg begeben. Sie
brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen befähigen, bei sich die
Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV machen wir fit für dieses Jahrhundert.
Wir sorgen für den Erhalt unserer wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir begründen
einen Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin
in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die Heizung und das Gas im
Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist nichts weniger
als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die
Erneuerbaren. Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür
sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und Strom zu verlässlichen und
wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign ändern wir, sodass
erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher
und die Produktion von Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip
„nutzen statt abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer Strom
produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine
Kreislaufwirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die
ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial-
ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in
Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und
europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen.
Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und
Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. Die Steuerstrukturen überarbeiten wir grundlegend nach ökologischen Gesichtspunkten. Dazu gehört auch die längst überfällige Reform der Finanzverfassung, damit Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland endlich besteuert werden kann.
So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten
Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Wir setzen die Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats konsequent um und treiben das Divestment aus Investitionen in Kohle, Öl, Gas, Atomkraft und Rüstung voran, sowohl bei staatlichen als auch privaten Investitionen in Aktien, Anleihen oder Investmentfonds. Die öffentliche Hand soll dabei Vorreiterin und Vorbild sein. Das Haushaltsrecht und Versorgungsrücklagengesetz modernisieren wir entsprechend.
Bei der Ausschreibung von öffentlichen Vorhaben führen wir die Berücksichtigung von Umweltkosten insbesondere eine CO2e-Bepreisung gemäß den Kostensätzen des Umweltbundesamtes ein. Diese CO2-Schattenpreise legen wir in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Auswahlentscheidungen zu Grunde und sorgen so für zukunftsfeste öffentliche Investitionen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung regenerativer Energie
oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen und datengetriebenen Innovationen
können wir den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei
Zukunftstechnologien führend werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale
Anwendungen und Lösungen, die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger
sind als analoge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst ökologisch
nachhaltige Technologien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-Beschaffungen des Bundes
müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit, Folgebeschaffung, technische Offenheit,
Reparaturfähigkeit und Nachhaltigkeit zwingend in die Bewertungen einfließen und
Zertifizierungen wie der Blaue Engel für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle
Rechen- und Datencenter des Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben
und zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die
beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und neue zu schaffen.
Die ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und
kann zur einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur
Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green
Jobs. Sie entstehen im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie sowie in
neuen Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und
tarifvertraglich organisiert sind sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf
werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf dem Weg hin zu
einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile
grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökologischen
Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu
wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für
Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der Transformation
ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die
Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die
betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken.
Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große
Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren
Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Die
Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel
nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort
bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften
sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo die Region sozial und
wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie Reallabore
und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und
Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des
Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das
Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher
notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles
Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende
Einsparmöglichkeiten umsetzt. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den
Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
– das deutsche Klimaziel 2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir
Europäer*innen deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da derzeit die
Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering
eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals noch nicht
wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und
Förderung sowie Ordnungsrecht ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung
von CO2 erreichen, müsste der Preis 180 Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen
sozialen Unwuchten führen würde. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr
teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam
und sozial gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung endlich
voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von Emissionszertifikaten und
der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich
Strom und Industrie, der dafür sorgt, dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz
kommt. Sollte das auf europäischer Ebene nicht schnell genug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche Verkehr und
Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-
Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter verbessert werden muss. Wir wollen die
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis
so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben
die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an
die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein
Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle
zusätzlichen CO2-Einnahmen an die Menschen zurück, und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So
kann man mit Klimaschutz Geld verdienen und es findet ein sozialer Ausgleich im System
statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem
Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie
Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen
Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf
ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die Vorgaben des
Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem Staat mehr Möglichkeiten
geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung klimaschonendes Verhalten zu belohnen und
die fossilen Energieträger den wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungsprozesse
führen wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den
nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem
Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen nicht vereinbar. Wir
setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. Um nicht erneut den
Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden
der Kohleverstromung einpreisen. Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu
regeln – mit einem lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein
beschleunigter Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven
Ausbaus der erneuerbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immissionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen anheben.
Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach mit Solaranlage
hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird dezentral und vor Ort erzeugt
und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue Solardächer in den kommenden vier Jahren.
Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten,
öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard
perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen. Mit allen
diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen.
Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll neben Autobahnen und
Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen und Brachen und auf Konversions-
oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen,
d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche,
können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden. Landwirtschaftsbetriebe
sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig
zudem ist die Möglichkeit, direkte langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können.
Bei der Planung gilt es die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den
Erlösen müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist ein
jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35 GW bis 2035
erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und Artenschutz zu minimieren,
Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur Genehmigung zu beschleunigen. In einem
ersten Schritt wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die
Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen. Alle
Bundesländer haben hierfür ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen,
etwa über exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie
mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreundliche und naturverträgliche
Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei Vögeln. Wir werden die Planungs- und
Genehmigungsverfahren durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche
Bewertungsmaßstäbe beschleunigen. Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte
Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Wir bauen unsere Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen
Energieunion mit den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und
der Alpen. Je vernetzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende eine gute
Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht
einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Die Planung unserer
Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht daher ein Update und muss
Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die
wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-
ready geplant und gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem Transport mit
einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur wollen wir daran binden, dass
die fossilen Energieträger darüber nur noch in einem begrenzten Zeitrahmen transportiert
werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten
von klimaschädlichen Ressourcen und konterkarieren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geopolitischen Gründen gestoppt werden. Damit
stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt. Deutschland
ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese Führungsrolle wollen wir
weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und einem umfassenden Förderprogramm werden
wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur
für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen mit wind-
und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich Wasserstoff zu importieren.
Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es unabdingbar, die lokale Bevölkerung
einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu
orientieren. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren
Energien hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen
zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion, schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die
Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und
teuer, die direkte Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es
gilt daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo sie
wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der
Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil
von fast 50 Prozent im Strombereich, brauchen wir ein Energiemarktdesign, das Ökostrom in
den Mittelpunkt rückt und zugleich die Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass
erneuerbarer Strom künftig stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem
ersten Schritt werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige
Lieferverträge zwischen Ökostromerzeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrommarkt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass Endkund*innen deren
Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es darum, nicht die Arbeit,
sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu entlohnen. Damit stärken wir
Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn bei fossilen Energien die CO2-Kosten
stärker eingepreist und neue Instrumente etwa für Refinanzierung und Mietermodelle
geschaffen sind, kann in einem dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb werden wir
Bürger*innen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern und die Kommunen
verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen beteiligen. Gerade der ländliche
Raum kann so von den Gewinnen profitieren. Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer
Ausnahmeregelung bei den Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom
fördern und entbürokratisieren, damit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die Stromleitungen
schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo er erzeugt wird, so
schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird. Voraussetzung für einen weiteren
Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
die bestehenden Netze optimal auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige
Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu
bei, dass potenzielle Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor
Gericht geklärt werden. Klar ist auch: Die Erneuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur darstellen,
wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir nach Möglichkeit die
staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland erhöhen und sie in
eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der
Netzentgelte voran, um über einheitliche Netzentgelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und
Land und Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral erfolgen.
Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem
Passivhausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für
denkmalgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss deutlich gesteigert werden. Für den
Bestand muss gelten: Sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan
erstellt. Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird,
sollen Erneuerbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein
Investitionsprogramm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme
wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die Energieeffizienz maßgeblich, von der
Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen
Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird.
Solche verbundenen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen.
Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche
Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie
für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die
Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die
Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben.
Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten
Förderprogrammen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl Atomkraft eine
Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe
hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch
eine restriktivere Exportpolitik stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum
Atomausstieg gehört auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu
finden. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen geologischen
Bedingungen und Rückholbarkeit; die Suche hat auf Basis von wissenschaftlichen Kriterien und
mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU
wollen wir den Einstieg in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-
Vertrag zu reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die erneuerbaren Energien
stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte mit
regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen Räumen in
größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren. Entwidmung von Bahnstrecken
soll es nicht mehr geben. Auch den grenzüberschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines
Europatakts deutlich zu stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz
aufzubauen und die Lücken in regionalen, grenzüberschreitenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstationen aufwerten und die Kombination
von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die Investitionsmittel für die Bahn
werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und
effizienter machen, die Strukturen für mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer
staatlicher Verantwortung am Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verantwortung
für das Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt übernehmen.
Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern den
Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu muss der
öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem Fernverkehr verknüpft
werden. Zusammen mit den Ländern werden wir eine Zukunfts- und Ausbauoffensive starten,
Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von
Regionalbahnen ausweiten und die Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch
die Beschaffung von emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die
Kommunen vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preiswerten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen, wollen wir
Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und attraktiv sein – überall.
Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen von Dorf zu Dorf wie auch touristische
Radwege sollen sich durch hohe Qualität und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere
Vision ist ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik
an den Zielen und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die
Förderprogramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßenverkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr Platz im
Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der digitale
Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die
deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue Mobilitätslösungen machen und die
Chancen der Digitalisierung für eine Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein
einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von
A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und
Tarifverbünden in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so
integrieren, dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern. Deshalb wollen
wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife fördern. Ein Haushalt, der
sein Auto dauerhaft abmeldet, soll zudem für ein Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung
umweltfreundlicher Verkehrsmittel bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen
Rechtsrahmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele
erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter zu Fuß gehen – sei es
zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf diese Weise Städte vom Autoverkehr
entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln, die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern,
entscheidend. Unser Ziel ist die Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im
Straßenverkehr. Wir wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel-
Ausnahme-Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein
Sicherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von Fahrradfahrer*innen
und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende Schwerlasttransporter zu verhindern,
wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler und
klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit das Auto der
Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird, braucht es klare politische
Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum
Beispiel durch eine ansteigende nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für
saubere Luft in Innenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die
Automobilindustrie kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten.
Das sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns für
schärfere europäische CO2-Flottengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier Autos wollen wir
über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere Autos werden billiger,
klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention und gestalten die
Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleunigen den flächendeckenden Ausbau einer
einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive Schnellladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im
ländlichen Raum. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem
möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr gefördert. Sie
reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat
keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten.
Deutschland braucht eine Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle
und an Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen, Radwegen
und auf eine intelligente Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel legt. Auch die
Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die
Wiederkehr der Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden
einen Bundesnetzplan 2050 erarbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße,
Schiene und Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir nutzen, um nicht
planfestgestellte Straßenneubauprojekte, insbesondere Autobahnabschnitte, noch einmal auf
den Prüfstand zu stellen und mit einem Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die
Investitionen werden wir umschichten zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des
Ausbaus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für viele
Familien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an erster Stelle auf
die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem
Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wallbox in der Garage eine zukunftsfähige
Lösung, die wir gerade im ländlichen Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss
Mobilität ohne Auto möglich sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen,
Jugendliche und ältere Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine
Mobilitätsgarantie mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und Radwege
auszubauen. Gerade in strukturschwachen Regionen braucht es eine regelmäßige und
verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-
Demand-Verkehre sowie öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle,
Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die autozentrierte Stadt ist
nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen die Städte bei
der Mobilitätswende gezielt unterstützen, es ihnen erleichtern, sichere Radwege und
attraktive Fußwege anzulegen und verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und
Stadtviertel zu schaffen. Die Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den
Autoverkehr einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen. Die
Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der Pkw-Bestand in
den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines immensen
Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der Pandemie wollen wir kein
Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität
ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn
massiv ausbauen. Die Zahl von Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Fliegen
gleichzeitig zu dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen,
wollen wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad festschreiben.
Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner Flugzeugtechnologie fördern wir.
Umweltschädliche Subventionen im Flugverkehr sind abzubauen und Finanzhilfen für
unwirtschaftliche Regionalflughäfen zu beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch
weniger und bessere Flugzeuge braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist
in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss
auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe,
die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen
mehr Güter mit der Bahn transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und
Schiene ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
angeschlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und stattdessen den
Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den ausufernden Lkw-Verkehr wollen
wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren. Zusammen mit ambitionierten CO2-
Flottengrenzwerten und der Förderung klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar
emissionsfrei. Für mehr Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvorschriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen müssen erheblich
verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den Einsatz von Lastenrädern und
neue Verteilkonzepte wie Cityhubs oder Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken müssen daher
unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu
überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere
Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier
ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den
Einsatz von Glyphosat untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen zur
Bebauung und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern verteidigen und
verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue schaffen. 10 Prozent der
Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen
eingesetzt werden. Mit einem Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens
2 Prozent der Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Natur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrsinfrastruktur sowie
Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den Naturschutz geachtet werden. Das werden
wir bei Bundesinfrastrukturprojekten umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen
dabei unterstützen, nicht mehr benötigte versiegelte Flächen der Natur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein Waldsterben,
das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch den sauren Regen
entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile Waldökosysteme sind
widerstandsfähiger als Monokulturen. Wir wollen gesetzliche Mindeststandards für eine
naturnahe Waldbewirtschaftung festlegen und den Umbau und die Wiederbewaldung nach
ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen
Mehrwert. Die Bewirtschaftung von Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische
Kriterien – im Wald nach FSC, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft
werden. Wir wollen 5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die
Waldbrandgefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bundesweite Präventions-
und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch global weiter
voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der Vereinten Nationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen entsprechend der Biodiversitätsstrategie der
Europäischen Union mindestens 30 Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere geschützt
werden, davon 10 Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an Land. Die
UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen Abkommen als neue
Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik sorgen. Insbesondere im
Meeresbereich verfolgen wir eine gemeinsame internationale Meeresstrategie. Wir werden uns
dafür einsetzen, den Schutz der Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen,
Vollzugsdefizite und Regellücken zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus
zu rücken, damit legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten
und Übernutzung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren – all das
schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern auch das Klima.
Naturnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben,
einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind
auch der beste Schutz gegen Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der
Bundeswasserstraßenverwaltungen stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für
wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir
stärken und die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen wir
gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-Renaturierungsprogramm auf.
Wiedervernässte Moore müssen zu einem Teil Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte
nachhaltig genutzt werden. Daher wollen wir Paludikultur stärken, also die
landwirtschaftliche Nutzung von nassen Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamentenreste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht ins Abwasser.
Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur Flächenbindung der Tierhaltung und
des Pestizideinsatzes verankern. Ein Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe
sollen so zu einer fairen Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung
führen. Durch eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue
Genehmigungs- und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückständen im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern. Setzen wir das EU-
Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von hormonverändernden Stoffen und
Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher
Nutzung gilt es sicherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von
Regenwasser wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch
weitere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu verschlechtern. Um
die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm mit verbindlichen
Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik und Maschinen fördern, die eine Bergung
der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ermöglichen. Um die Fischbestände zu
stabilisieren und Fischer*innen eine nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine
regionale, umwelt- und artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die
Fangmengen und Netzlängen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben oder
einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In Meeresschutzgebieten regulieren wir
die Schleppnetz- und Stellnetzfischerei sowie die touristische Nutzung. Aus den
Erdölförderanlagen in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit
Bohrabfällen und auch durch die Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für
ein Ende der Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen
sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für
ein Ende der Öl- und Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den
Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die
Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischereisubventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die Ausweisung von
großflächigen Meeresschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für wenige
Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets verstauben in
Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Unser Ziel ist Zero
Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die Ressourcenverschwendung gestoppt werden.
Dafür wollen wir das komplizierte Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden
Pfandautomaten passen, den To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf
europäischer Ebene treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus
alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf Handys,
Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir zu einem
Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-Plastikflaschen
vorsieht. Die Kreislaufwirtschaft wird das neue Normal. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen
wir allen ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein
Verbot des Exports von Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und Jugendlichen. Die
Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden Chemikalien eine globale
Gesundheitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien, die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes
oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem
wir das EU-Recht im Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche Stoffe und
werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten wir auf Spielzeug,
Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie Textilien, Möbel oder Elektronik.
Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie
Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte
Kohlenwasserstoffe in Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund
in einer gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken
oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen
Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von
Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische
Modernisierung riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für Luftschadstoffe und die
Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern,
Waldsterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten,
die in schwierigeren Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an
Erderhitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte
wollen wir besser gegen Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und
Trinkbrunnen. Es gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss Vorrang vor
einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer wichtigere
Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt ausweiten und dafür zum Beispiel die
Lichtverschmutzung eindämmen, die sich negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung
miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir
als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem
Verständnis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz
verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme,
aber auch faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir werden
vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie
die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen. Digitale Anwendungen können bei
entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen
aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und
bezahlbar sein. Den Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller umstellen.
Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für
Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte,
patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf
Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür
unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine ökologische
Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Das muss der Ausgangspunkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen,
Verbraucher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit
die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-,
Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen Spielräume für die
bevorstehende Förderperiode bestmöglich zu nutzen. Dazu gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30
Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid- und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen
das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die
konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die
Hälfte der Gelder eine ökologische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger
Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den
Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten:
durch eine systematische Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders
umwelttoxische Wirkstoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den
Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die
Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen.
Die Landwirt*innen werden durch Gelder der Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden
außerdem den Export von Pestiziden beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von
Umwelt- und Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und Beratungsprogramm
für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Es ist
nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der Klima- und
Biodiversitätskrise wollen wir sowohl die Forschung für ökologisches Saatgut stärken als
auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie Produktion muss durch vorsorgeorientierte
Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der
EU setzen wir vollständig in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie
innovative Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Pflanzen
und Tiere sowie deren genetische Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit Hilfe des
Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen. Wir wollen
Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen gegen Bodenspekulation
und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass wir die Flächen der
bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung überführen, die die Flächen vorzugsweise an
kleinere Betriebe statt an große Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung
und ‑verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und
Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr
Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu kaufen, beim
Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir wollen die regionale
Erzeugung und Vermarktung stärken und so dem Betriebssterben der letzten Jahre
entgegentreten. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch
lokale Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von
regionalen Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. Forschung und
Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative Ansätze wie solidarische
Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht
zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von Fehlernährung wollen wir
gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen
unterstützen wir dabei, mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes
Essen scheitert allzu oft an mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen
wir die Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrategien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder
richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation
orientieren. Klimaschutz heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte
produzieren und konsumieren werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver
und zugänglich für alle Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden.
Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir wollen mit einem Rettet-die-
Lebensmittel-Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und -
produzenten verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen.
Lebensmittel aus dem Müll zu retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert
werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit verständlichen
Informationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir für die nötige Transparenz
sorgen. Wir werden daher eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und
andere tierische Produkte einführen. Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir
ausbauen und europaweit für alle Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die
Transparenz über die Herkunft von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der
Lebensmittelhygiene gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form
eines Hygienebarometers für alle erkennbar sein.
Wir ermöglichen Tieren ein besseres Leben
Tierhaltung mit mehr Platz für weniger Tiere
Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis
getrieben: Bäuerinnen und Bauern werden von Dumpingpreisen erdrückt und müssen immer mehr
produzieren, um zu überleben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben
immer kürzer, die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Es braucht einen
Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden als bisher und
diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Damit Tierschutz wirtschaftlich
machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen durch eine Umbauförderung, faire Preise für ihre
Arbeit und verpflichtende Haltungskennzeichnungen auf den Produkten für alle Tierarten
unterstützen. Die Tierhaltung soll an die Fläche – nicht mehr als zwei Großvieheinheiten pro
Hektar – und Obergrenzen pro Stall gebunden werden. Den Umbau in tiergerechte Ställe werden
wir durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte ebenso gezielt fördern wie die
Weidetierhaltung, die ökologisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Qualzucht,
Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und Anbindehaltung wollen wir beenden, den Einsatz
von Antibiotika senken und Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen. Lebendtiertransporte
in Drittstaaten außerhalb der EU gehören ganz verboten.
Tiere schützen und respektieren
Tiere brauchen Schutz, deshalb werden wir die gesetzlichen Regelungen zur Tierhaltung
verbessern. Für alle Tiere, die wir Menschen halten, haben wir eine besondere Verantwortung.
Wir wollen ihnen ein würdevolles, gutes und gesundes Leben frei von Schmerzen, Angst und
Stress ermöglichen. Dafür gilt es gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf einen
effektiveren Vollzug hinzuwirken und wirkungsvollere Sanktionen bei Tierschutzvergehen im
Tierschutzgesetz zu verankern. Wir werden ein Verbandsklagerecht für anerkannte
Tierschutzorganisationen einführen. Die anerkannten Tierschutzorganisationen und ein*e
Bundestierschutzbeauftragte*r sollen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen, die für
den Tierschutz zuständigen Behörden kontrollieren und Rechtsverstöße beanstanden. Die
Haltung von Wildtieren in Zirkussen gehört nicht mehr in unsere Zeit. Den Online-Handel mit
Tieren wollen wir strikt regulieren. Wir streben die weitere konsequente Reduktion von
Tierversuchen in der Wissenschaft an und wollen Tierversuche mit einer klaren
Ausstiegsstrategie und innovativen Forschungsmethoden schnellstmöglich überflüssig machen.
Deswegen muss die zukunftsorientierte Forschung sichergestellt sein, genauso wie auch
tierfreie Modelle für verbesserte Medikamenten- und Sicherheitsprüfungen weiterentwickelt
und gefördert werden müssen.
Wildtierhandel an die Leine legen
Die Covid-19-Pandemie muss eine Lehre sein, die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch
zusammenzudenken. Sie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier zum Menschen übertragenen
Infektionskrankheit. Solche neuartigen Krankheiten werden durch die fortschreitende
Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume
begünstigt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit
ihnen muss strenger reguliert, Importe von Wildfängen, die Trophäenjagd, ihr Handel auf
Online-Portalen und Wildtierbörsen müssen ganz verboten werden. Auch die industrielle
Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat.
Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen
auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Pelztierfarmen nicht mehr erlaubt sind.
weitere Antragsteller*innen
Fehler:Du musst dich einloggen, um Änderungsanträge stellen zu können.
Von Zeile 87 bis 89 einfügen:
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und Dienstleistungen aus. Die Steuerstrukturen überarbeiten wir grundlegend nach ökologischen Gesichtspunkten. Dazu gehört auch die längst überfällige Reform der Finanzverfassung, damit Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland endlich besteuert werden kann.
So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Wir setzen die Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats konsequent um und treiben das Divestment aus Investitionen in Kohle, Öl, Gas, Atomkraft und Rüstung voran, sowohl bei staatlichen als auch privaten Investitionen in Aktien, Anleihen oder Investmentfonds. Die öffentliche Hand soll dabei Vorreiterin und Vorbild sein. Das Haushaltsrecht und Versorgungsrücklagengesetz modernisieren wir entsprechend.
Bei der Ausschreibung von öffentlichen Vorhaben führen wir die Berücksichtigung von Umweltkosten insbesondere eine CO2e-Bepreisung gemäß den Kostensätzen des Umweltbundesamtes ein. Diese CO2-Schattenpreise legen wir in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Auswahlentscheidungen zu Grunde und sorgen so für zukunftsfeste öffentliche Investitionen.[Zeilenumbruch]
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts
konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation einläuten, können wir die Krise
noch stemmen. Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr
soziale Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben und Dürren die Vorboten
der Krise gespürt. Sie haben dramatische Konsequenzen: etwa für die Gesundheit der Menschen
– und es sind vor allem die mit den geringsten Einkommen, die den Preis dafür zahlen, dass
der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die Bäuerinnen und Bauern,
denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht umsteuern.
Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir für jetzige
und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser
Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir
lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-
Pfad führen. Klimaschutz ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als unsere
Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare politische
Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der
Zukunft. Wir bringen Energie, Wärme, Verkehr und Industrie zusammen und sorgen so für eine
effiziente Verzahnung dieser Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das
Energiesystem auf Sonnen- und Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren
festzuhalten, schaffen wir eine neue Mobilität mit E-Autos, der Bahn oder dem Rad. Statt
Ölheizungen werden Wärmepumpen, Power-to-Heat und Strom aus erneuerbaren Energien die
Heizquellen der Zukunft. Die Zukunft wird damit leiser, sauberer und gesünder. Weniger Autos
in der Stadt bedeuten mehr Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft dienen
besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote
an klima- und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbusse oder Carsharing,
erleichtern zu pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue
Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige völlig neu entstehen, wieder
andere verschwinden. Für viele Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja
Zumutung. Die sozial-ökologische Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür
tun, Verluste zu verringern und Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen
oder Weiterbildung brauchen, sie auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu
tragen, dass die Kosten und Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind.
Klimagerechter Wohlstand bedeutet Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang
gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für
den Stahlarbeiter.
Wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische
Krise, das Artensterben, eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskorrektur, dann
brauchen wir einen neuen Kurs. Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer
Politik und verändern entsprechend die Wirtschaftsweise. Wir setzen Prioritäten. Von jetzt
an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und was
zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und Schritt für Schritt überwunden
werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden, der Tiere und
der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschaftssystems machen, kann es gelingen, die
Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu gewährleisten. Und damit auch
unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität: Städte mit
weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu
spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr.
Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes
Essen, hergestellt unter Wahrung von Tier- und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel mehr
als reine Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. Überall in Deutschland haben sich
Kommunen, Unternehmen, Initiativen und Bewegungen längst auf diesen Weg begeben. Sie
brauchen endlich Rückenwind von der Politik. Wir wollen Kommunen befähigen, bei sich die
Mobilitätswende voranzubringen. Die Bahn und den ÖPNV machen wir fit für dieses Jahrhundert.
Wir sorgen für den Erhalt unserer wertvollen Wälder, Moore und Flüsse. Und wir begründen
einen Gesellschaftsvertrag zwischen Politik, Landwirt*innen und Verbraucher*innen.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin
in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Öl für die Heizung und das Gas im
Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist nichts weniger
als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die
Erneuerbaren. Daran hängt die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere
Versorgungssicherheit. Mit einer umfassenden Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür
sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und Strom zu verlässlichen und
wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign ändern wir, sodass
erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst und doppelt belastet wird, sondern für Speicher
und die Produktion von Wärme oder Wasserstoff nutzbar gemacht wird – nach dem Prinzip
„nutzen statt abschalten“. Verteilnetze und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter
Technik aus, damit sie flexibel reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer Strom
produziert wird.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine
Kreislaufwirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und die
ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial-
ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in
Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und
europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen.
Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und
Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten Produkte und
Dienstleistungen aus. Die Steuerstrukturen überarbeiten wir grundlegend nach ökologischen Gesichtspunkten. Dazu gehört auch die längst überfällige Reform der Finanzverfassung, damit Ressourcen- und Umweltverbrauch in Deutschland endlich besteuert werden kann.
So machen wir unsere Wirtschaft zum Spitzenreiter bei den modernsten
Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Wir setzen die Empfehlungen des Sustainable Finance Beirats konsequent um und treiben das Divestment aus Investitionen in Kohle, Öl, Gas, Atomkraft und Rüstung voran, sowohl bei staatlichen als auch privaten Investitionen in Aktien, Anleihen oder Investmentfonds. Die öffentliche Hand soll dabei Vorreiterin und Vorbild sein. Das Haushaltsrecht und Versorgungsrücklagengesetz modernisieren wir entsprechend.
Bei der Ausschreibung von öffentlichen Vorhaben führen wir die Berücksichtigung von Umweltkosten insbesondere eine CO2e-Bepreisung gemäß den Kostensätzen des Umweltbundesamtes ein. Diese CO2-Schattenpreise legen wir in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Auswahlentscheidungen zu Grunde und sorgen so für zukunftsfeste öffentliche Investitionen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung regenerativer Energie
oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen und datengetriebenen Innovationen
können wir den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei
Zukunftstechnologien führend werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale
Anwendungen und Lösungen, die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger
sind als analoge. Rebound-Effekte gilt es zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so anzupassen, dass möglichst ökologisch
nachhaltige Technologien vorrangig zum Einsatz kommen. Bei IT-Beschaffungen des Bundes
müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit, Folgebeschaffung, technische Offenheit,
Reparaturfähigkeit und Nachhaltigkeit zwingend in die Bewertungen einfließen und
Zertifizierungen wie der Blaue Engel für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle
Rechen- und Datencenter des Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben
und zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die
beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und neue zu schaffen.
Die ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und
kann zur einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf dem Weg zur
Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren Hunderttausende neue Jobs entstehen – Green
Jobs. Sie entstehen im Handwerk und der Bauwirtschaft, in neuen Industriebereichen und der
Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der Wasserstoffindustrie sowie in
neuen Dienstleistungsfeldern. Unser Anspruch ist, dass die neuen Jobs gut bezahlt und
tarifvertraglich organisiert sind sowie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Darauf
werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf dem Weg hin zu
einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile
grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökologischen
Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu
wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für
Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem
Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der Transformation
ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die
Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die
betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken.
Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große
Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren
Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Die
Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel
nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort
bleiben wollen. Regionale Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften
sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo die Region sozial und
wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie Reallabore
und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und
Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des
Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das
Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher
notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles
Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran. Wir werden ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren
sofort wirksame Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende
Einsparmöglichkeiten umsetzt. Wir werden das ungenügende Klimaschutzgesetz und den
Klimaschutzplan überarbeiten und – im Einklang mit dem höheren neuen europäischen Klimaziel
– das deutsche Klimaziel 2030 auf -70 Prozent anheben. Nur so kann es gelingen, dass wir
Europäer*innen deutlich vor Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Da derzeit die
Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering
eingepreist werden, sind klimafreundlichere Alternativen oftmals noch nicht
wettbewerbsfähig. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus CO2-Preisen, Anreizen und
Förderung sowie Ordnungsrecht ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung
von CO2 erreichen, müsste der Preis 180 Euro betragen, was unweigerlich zu erheblichen
sozialen Unwuchten führen würde. Einige könnten sich rauskaufen, andere nicht mehr
teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument von vielen, das wir wirksam
und sozial gerecht einsetzen wollen. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist im
Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren, um seine Lenkungswirkung endlich
voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduzierung von Emissionszertifikaten und
der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt erreichen wir einen CO2-Preis im Bereich
Strom und Industrie, der dafür sorgt, dass erneuerbare Energie statt Kohlestrom zu Einsatz
kommt. Sollte das auf europäischer Ebene nicht schnell genug gelingen, setzen wir auf einen
nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für Industrie und Strom. Für die Bereiche Verkehr und
Wärme wurde in Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-
Preis eingeführt, dessen Lenkungswirkung aber weiter verbessert werden muss. Wir wollen die
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis
so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben
die Erfüllung des neuen Klimaziels 2030 absichert.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem CO2-Preis direkt an
die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage ein
Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle
zusätzlichen CO2-Einnahmen an die Menschen zurück, und zwar fair aufgeteilt pro Kopf. So
kann man mit Klimaschutz Geld verdienen und es findet ein sozialer Ausgleich im System
statt. Unterm Strich werden so Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem
Menschen mit hohen Einkommen belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie
Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die
Grundsicherung angerechnet werden soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen
Einkommen bei der Anpassung zu unterstützen, legen wir einen Fonds für
Transformationszuschüsse auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt, etwa beim Umstieg auf
ein emissionsfreies Auto.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unserer Rechtsordnung aufnehmen. Die Vorgaben des
Pariser Klimavertrages wollen wir im Grundgesetz verankern und dem Staat mehr Möglichkeiten
geben, durch eine intelligente Steuergesetzgebung klimaschonendes Verhalten zu belohnen und
die fossilen Energieträger den wahren Preis zahlen zu lassen. Für Genehmigungsprozesse
führen wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den
nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem
Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen nicht vereinbar. Wir
setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. Um nicht erneut den
Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, wollen wir die massiven Klimaschäden
der Kohleverstromung einpreisen. Das ist am sinnvollsten über den EU-Emissionshandel zu
regeln – mit einem lenkenden CO2-Preis, der dem neuen EU-Klimaziel entspricht. Ein
beschleunigter Kohleausstieg bedarf im Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven
Ausbaus der erneuerbaren Energien. Zugleich wollen wir für den Gesundheitsschutz die
Grenzwerte für Immissionen, insbesondere Quecksilber, aus Großfeuerungsanlagen anheben.
Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause verlassen müssen.
Auf jedes neue Dach eine Solaranlage
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer können zu Kraftwerken werden – jedes Dach mit Solaranlage
hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird dezentral und vor Ort erzeugt
und genutzt. Unser Ziel sind 1 Million neue Solardächer in den kommenden vier Jahren.
Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten,
öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir diesen Standard
perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing- und Pachtmodelle können hier
unterstützend wirken. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich vereinfachen. Mit allen
diesen Maßnahmen schaffen wir eine Verdoppelung der derzeitigen Photovoltaik-Zubaurate.
Photovoltaik in die Fläche bringen
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen.
Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir dabei vermeiden. Der Ausbau soll neben Autobahnen und
Schienen auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen und Brachen und auf Konversions-
oder Bergbauflächen, erfolgen und nicht auf wertvollem Ackerland. Agri-Photovoltaikanlagen,
d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche,
können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und Ökologie leisten. Wenn man es richtig
anstellt, können Freiflächen-Anlagen zu kleinen Biotopen werden. Landwirtschaftsbetriebe
sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig
zudem ist die Möglichkeit, direkte langfristige Stromlieferverträge abschließen zu können.
Bei der Planung gilt es die Bürger*innen frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den
Erlösen müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch beim Ausbau der Windkraft müssen wir schneller vorankommen. Unser Ziel ist ein
jährlicher Zubau von 5 bis 6 GW Wind an Land, bei Wind auf See wollen wir 35 GW bis 2035
erreichen. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und Artenschutz zu minimieren,
Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur Genehmigung zu beschleunigen. In einem
ersten Schritt wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die
Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen. Alle
Bundesländer haben hierfür ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen,
etwa über exzessive Mindestabstände zu Siedlungen, müssen der Vergangenheit angehören. Mit
frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie
mit Ausschlussgebieten sorgen wir für eine anwohner*innenfreundliche und naturverträgliche
Standortwahl und stärken den Populationsschutz bei Vögeln. Wir werden die Planungs- und
Genehmigungsverfahren durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche
Bewertungsmaßstäbe beschleunigen. Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte
Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Wir bauen unsere Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie in der Europäischen
Energieunion mit den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der Wasserkraft Skandinaviens und
der Alpen. Je vernetzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für die Energiewende eine gute
Größe.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht
einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Die Planung unserer
Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht daher ein Update und muss
Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die
wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb nur geben, wenn sie bereits Wasserstoff-
ready geplant und gebaut werden. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff,
insbesondere wenn man die zusätzlichen Emissionen bei seiner Förderung und dem Transport mit
einrechnet. Öffentliche Gelder für neue Import-Infrastruktur wollen wir daran binden, dass
die fossilen Energieträger darüber nur noch in einem begrenzten Zeitrahmen transportiert
werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2 zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten
von klimaschädlichen Ressourcen und konterkarieren die Energiewende. Sie sollten daher – im
konkreten Fall von Nord Stream 2 – auch aus geopolitischen Gründen gestoppt werden. Damit
stärken wir unsere energiepolitische Souveränität.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist zentral für eine klimaneutrale Welt. Deutschland
ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff vorne, diese Führungsrolle wollen wir
weiter ausbauen. Mit einer klaren Priorisierung und einem umfassenden Förderprogramm werden
wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Die Infrastruktur
für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Wir werden faire Kooperationen mit wind-
und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen, um zusätzlich Wasserstoff zu importieren.
Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es unabdingbar, die lokale Bevölkerung
einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen und sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen zu
orientieren. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren
Energien hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Die Vorstellung, alte
fossile Technologien wie Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen
zu betreiben, ist bestenfalls eine Illusion, schlimmstenfalls eine Verzögerungstaktik. Die
Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen ist extrem energieintensiv und
teuer, die direkte Nutzung von Strom durch Batterien oder Wärmepumpen viel effizienter. Es
gilt daher Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe dort zum Einsatz zu bringen, wo sie
wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der
Startschuss für die Energiewende in Deutschland. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil
von fast 50 Prozent im Strombereich, brauchen wir ein Energiemarktdesign, das Ökostrom in
den Mittelpunkt rückt und zugleich die Sektorenkopplung unterstützt. Unser Ziel ist, dass
erneuerbarer Strom künftig stärker marktgetrieben und systemdienlich vergütet wird. In einem
ersten Schritt werden wir dafür sorgen, dass auch außerhalb des EEG langfristige
Lieferverträge zwischen Ökostromerzeugern und Verbraucher*innen geschlossen werden können.
Zudem wollen wir den Ökostrommarkt für neue EEG-Anlagen öffnen, sodass Endkund*innen deren
Strom direkt kaufen können. In einem zweiten Schritt geht es darum, nicht die Arbeit,
sondern die zur Verfügung gestellte Leistung zu entlohnen. Damit stärken wir
Sektorenkopplung und Versorgungssicherheit. Wenn bei fossilen Energien die CO2-Kosten
stärker eingepreist und neue Instrumente etwa für Refinanzierung und Mietermodelle
geschaffen sind, kann in einem dritten Schritt die EEG-Umlage für Neuanlagen auslaufen.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb werden wir
Bürger*innen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern und die Kommunen
verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-Anlagen beteiligen. Gerade der ländliche
Raum kann so von den Gewinnen profitieren. Bürger*innen-Energieprojekte wollen wir mit einer
Ausnahmeregelung bei den Ausschreibungen wieder stärken. Zudem wollen wir Mieterstrom
fördern und entbürokratisieren, damit Mieter*innen stärker die Möglichkeit bekommen, vom
Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die Stromleitungen
schneller ausbauen. Sie sorgen dafür, dass der Strom von dort, wo er erzeugt wird, so
schnell wie möglich dorthin gelangt, wo er benötigt wird. Voraussetzung für einen weiteren
Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt und alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
die bestehenden Netze optimal auszunutzen. Zentral ist eine frühzeitige
Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu
bei, dass potenzielle Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor
Gericht geklärt werden. Klar ist auch: Die Erneuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und zugleich kritische Infrastruktur darstellen,
wollen wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir nach Möglichkeit die
staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland erhöhen und sie in
eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der
Netzentgelte voran, um über einheitliche Netzentgelte zu mehr Fairness zwischen Stadt und
Land und Nord und Süd beizutragen.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und umfassende Sanierungen klimaneutral erfolgen.
Dreh- und Angelpunkt sind hohe Baustandards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem
Passivhausstandard entspricht, im Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für
denkmalgeschützte Gebäude. Die Sanierungsquote muss deutlich gesteigert werden. Für den
Bestand muss gelten: Sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt, wird ein Sanierungsfahrplan
erstellt. Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird,
sollen Erneuerbare, wo immer möglich, verbindlich zum Einsatz kommen. Wir legen dazu ein
Investitionsprogramm für 2.000.000 Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme
wollen wir dekarbonisieren. Dabei ist es für die Energieeffizienz maßgeblich, von der
Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus verschiedenen
Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Solarthermie oder Power-to-Heat Wärme eingespeist wird.
Solche verbundenen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in städtischen Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen.
Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche
Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie
für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die
Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die
Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben.
Eigenheimbesitzer*innen werden wir mit Steuervergünstigungen und zielgerichteten
Förderprogrammen helfen.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Wir werden Ende 2022 den Atomausstieg in Deutschland vollenden. Doch obwohl Atomkraft eine
Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe
hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen durch
eine restriktivere Exportpolitik stark einzuschränken und perspektivisch zu schließen. Zum
Atomausstieg gehört auch, einen Endlagerstandort für den hochradioaktiven Atommüll zu
finden. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der Endlagersuche. Entscheidend für den
Endlagerstandort sind höchste Sicherheitsstandards bei bestmöglichen geologischen
Bedingungen und Rückholbarkeit; die Suche hat auf Basis von wissenschaftlichen Kriterien und
mit größtmöglicher Transparenz und Beteiligung der Bevölkerung zu erfolgen. Auch in der EU
wollen wir den Einstieg in den Ausstieg vorantreiben. Wir setzen uns dafür ein, den Euratom-
Vertrag zu reformieren. Gemeinsam mit anderen engagierten Mitgliedstaaten wollen wir dafür
sorgen, dass nicht mehr die Atomkraft privilegiert wird, sondern die erneuerbaren Energien
stärker gefördert werden.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Investitionen für starke Bahnen in Stadt und Land
Die Bahn ist ein öffentliches, soziales Gut und das Rückgrat einer nachhaltigen
Mobilitätswende. Wir wollen den Bahnverkehr ausbauen, alle deutschen Großstädte mit
regelmäßigen Verbindungen an den Fernverkehr anschließen und in ländlichen Räumen in
größerem Umfang Anschlüsse an das Schienennetz reaktivieren. Entwidmung von Bahnstrecken
soll es nicht mehr geben. Auch den grenzüberschreitenden Zugverkehr gilt es im Rahmen eines
Europatakts deutlich zu stärken, ein attraktives europäisches Schnell- und Nachtzugnetz
aufzubauen und die Lücken in regionalen, grenzüberschreitenden Nahverkehrsverbindungen zu
schließen. Bahnhöfe wollen wir zu modernen Mobilitätsstationen aufwerten und die Kombination
von Fahrrad und öffentlichem Verkehr stark verbessern. Die Investitionsmittel für die Bahn
werden wir dafür massiv anheben. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und
effizienter machen, die Strukturen für mehr Schienenverkehr neu ordnen und in neuer
staatlicher Verantwortung am Gemeinwohl ausrichten. Der Bund muss zudem mehr Verantwortung
für das Schienennetz und die Koordinierung des Zugverkehrs im Deutschlandtakt übernehmen.
Wir setzen auf ein Wachstum der Schiene und sichere Arbeitsplätze im Bahnbereich.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern den
Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu muss der
öffentliche Personennahverkehr attraktiver und innovativer und mit dem Fernverkehr verknüpft
werden. Zusammen mit den Ländern werden wir eine Zukunfts- und Ausbauoffensive starten,
Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz erhöhen, die Mittel für den Betrieb von
Regionalbahnen ausweiten und die Finanzierungsinstrumente an das Ausbauziel anpassen. Auch
die Beschaffung von emissionsfreien Bussen wollen wir durch attraktive Konditionen für die
Kommunen vorantreiben. In Modellprojekten sind Kommunen dabei zu unterstützen, auf einen
umlagefinanzierten preiswerten ÖPNV umzusteigen.
Fahrradnetz für ganz Deutschland
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Um es auszuschöpfen, wollen wir
Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und attraktiv sein – überall.
Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen von Dorf zu Dorf wie auch touristische
Radwege sollen sich durch hohe Qualität und eine gute Beschilderung auszeichnen. Unsere
Vision ist ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland. Wir richten die Verkehrspolitik
an den Zielen und Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans aus, erhöhen die
Förderprogramme für Ausbau und Modernisierung der Radinfrastruktur und reformieren das
Straßenverkehrsrecht, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und mehr Platz im
Straßenraum bekommen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der digitale
Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die
deutsche Mobilitätswirtschaft zum Vorreiter für neue Mobilitätslösungen machen und die
Chancen der Digitalisierung für eine Verkehrswende nutzen. Echtzeitinformationen und ein
einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden. Damit man problemlos überall von
A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote von 120 Verkehrs- und
Tarifverbünden in Deutschland verknüpfen und Sharing- und Ridepooling-Dienste so
integrieren, dass Sozial- und Umwelt-Dumping ausgeschlossen sind. Wir wollen den Wechsel zu
Fahrrad, Bus und Bahn für alle möglich machen und auch finanziell fördern. Deshalb wollen
wir mit dem Mobilpass auch attraktive Tarife und Sozialtarife fördern. Ein Haushalt, der
sein Auto dauerhaft abmeldet, soll zudem für ein Jahr eine Mobilitätsprämie für die Nutzung
umweltfreundlicher Verkehrsmittel bekommen. Für autonomes Fahren schaffen wir einen
Rechtsrahmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Verkehr.
Mehr Sicherheit im Straßenverkehr
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele
erreichen können. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad steigen, öfter zu Fuß gehen – sei es
zur nächsten Haltestelle oder S-Bahn-Station – und auf diese Weise Städte vom Autoverkehr
entlasten, sind zeitgemäße Verkehrsregeln, die folgenschwere Verkehrsunfälle verhindern,
entscheidend. Unser Ziel ist die Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im
Straßenverkehr. Wir wollen Kommunen ermöglichen, in geschlossenen Ortschaften das Regel-
Ausnahme-Verhältnis beim Tempolimit umzukehren. Für die Autobahnen wollen wir ein
Sicherheitstempo von 130 Stundenkilometern. Um die vielen Unfälle von Fahrradfahrer*innen
und Fußgänger*innen in Innenstädten durch abbiegende Schwerlasttransporter zu verhindern,
wollen wir verpflichtende Vorgaben für Lkw-Abbiegeassistenzsysteme einführen.
Autos der Zukunft bauen
Das Auto der Zukunft wird im Sinne der Lebensqualität aller leiser, digitaler und
klimaneutral sein. Der technologische Wettlauf ist in vollem Gange. Damit das Auto der
Zukunft weiter in Deutschland entwickelt und produziert wird, braucht es klare politische
Leitplanken. Ab 2030 sollen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, zum
Beispiel durch eine ansteigende nationale Quote für emissionsfreie Autos. So sorgen wir für
saubere Luft in Innenstädten, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele, und die
Automobilindustrie kann ihre Entwicklungsarbeit verlässlich auf Elektromobilität ausrichten.
Das sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Wir setzen uns für
schärfere europäische CO2-Flottengrenzwerte ein. Den Kauf emissionsfreier Autos wollen wir
über ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer fördern. Saubere Autos werden billiger,
klimaschädliche teurer. Wir beenden die Dieselsubvention und gestalten die
Dienstwagenbesteuerung ökologisch um. Wir beschleunigen den flächendeckenden Ausbau einer
einheitlichen Ladeinfrastruktur, inklusive Schnellladesäulen und öffentlicher Ladepunkte im
ländlichen Raum. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell und bequem
möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr gefördert. Sie
reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat
keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten.
Deutschland braucht eine Infrastrukturentwicklung, die an den Zielen der Mobilität für alle
und an Klimaneutralität ausgerichtet ist und den Fokus auf den Ausbau von Schienen, Radwegen
und auf eine intelligente Vernetzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel legt. Auch die
Vermeidung von Verkehr, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die
Wiederkehr der Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. Wir werden
einen Bundesnetzplan 2050 erarbeiten, in dem der Neu- und Ausbau der Verkehrsträger Straße,
Schiene und Wasserstraßen im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele neu bewertet wird.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir nutzen, um nicht
planfestgestellte Straßenneubauprojekte, insbesondere Autobahnabschnitte, noch einmal auf
den Prüfstand zu stellen und mit einem Klima- und Umweltcheck neu zu bewerten. Die
Investitionen werden wir umschichten zugunsten der Sanierung maroder Infrastruktur und des
Ausbaus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
Das Auto ist für viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und gerade für viele
Familien im ländlichen Raum kaum wegzudenken. Dort setzen wir deshalb an erster Stelle auf
die Chancen der Antriebswende. Das E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem
Dach, einem Stromspeicher im Keller und einer Wallbox in der Garage eine zukunftsfähige
Lösung, die wir gerade im ländlichen Raum ausbauen wollen. Doch auch auf dem Land muss
Mobilität ohne Auto möglich sein, das Angebot muss wachsen, gerade für Pendler*innen,
Jugendliche und ältere Menschen. Wir wollen die Länder dabei unterstützen, eine
Mobilitätsgarantie mit Standards für Erreichbarkeit und Erschließung einzuführen, erweiterte
Angebote an öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu entwickeln und Radwege
auszubauen. Gerade in strukturschwachen Regionen braucht es eine regelmäßige und
verlässliche Anbindung an den ÖPNV, an Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-
Demand-Verkehre sowie öffentliche Stromtankstellen.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle,
Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen – die autozentrierte Stadt ist
nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben. Wir wollen die Städte bei
der Mobilitätswende gezielt unterstützen, es ihnen erleichtern, sichere Radwege und
attraktive Fußwege anzulegen und verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und
Stadtviertel zu schaffen. Die Städte sollen mehr Möglichkeiten bekommen, regulierend in den
Autoverkehr einzugreifen und öffentlichen Raum neu aufzuteilen, zum Beispiel indem Autos
nicht mehr überall, sondern nur noch auf gekennzeichneten Plätzen parken dürfen. Die
Ausweitung von umweltfreundlichem Carsharing werden wir fördern, damit der Pkw-Bestand in
den Städten abnimmt.
Flugverkehr klimaneutral ausrichten
Fliegen hat unsere Welt näher zusammengebracht. Zugleich ist es wegen seines immensen
Kerosinverbrauchs die klimaschädlichste Fortbewegungsart. Nach der Pandemie wollen wir kein
Zurück zum blinden Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität
ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir bis 2030 überflüssig machen, indem wir die Bahn
massiv ausbauen. Die Zahl von Langstreckenflügen gilt es zu vermindern und das Fliegen
gleichzeitig zu dekarbonisieren. Um Kerosin durch klimaneutrale Treibstoffe zu ersetzen,
wollen wir die bestehende Beimischungsquote erhöhen und einen Anstiegspfad festschreiben.
Den Aufbau von Produktionsanlagen und moderner Flugzeugtechnologie fördern wir.
Umweltschädliche Subventionen im Flugverkehr sind abzubauen und Finanzhilfen für
unwirtschaftliche Regionalflughäfen zu beenden. Neben einer Reduktion des Fluglärms durch
weniger und bessere Flugzeuge braucht es ein echtes Nachtflugverbot.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist
in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss
auch der Güterverkehr zukunftsfähig sein. Wir setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe,
die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisation der Logistik und wollen
mehr Güter mit der Bahn transportieren. Dazu wollen wir die Kombination von Straße und
Schiene ertüchtigen und dafür sorgen, dass Industrie und Gewerbe wieder ans Bahnnetz
angeschlossen werden. In der Schifffahrt heißt es: weg vom Schweröl und stattdessen den
Einsatz alternativer Kraftstoffe und Antriebe forcieren. Den ausufernden Lkw-Verkehr wollen
wir durch eine CO2-orientierte Maut regulieren. Zusammen mit ambitionierten CO2-
Flottengrenzwerten und der Förderung klimafreundlicher Antriebe werden auch Lkw absehbar
emissionsfrei. Für mehr Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvorschriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen müssen erheblich
verbessert werden. In der städtischen Logistik wollen wir den Einsatz von Lastenrädern und
neue Verteilkonzepte wie Cityhubs oder Güterbeförderung auf Schienen fördern.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken müssen daher
unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu
überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere
Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt beim Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir hier
ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz verringern, den
Einsatz von Glyphosat untersagen, den Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen zur
Bebauung und die Entwässerung von moorigen Standorten im Bundesbesitz stoppen. Wir werden
Naturschutzkorridore schaffen, Natura-2000-Gebiete gemeinsam mit den Ländern verteidigen und
verbessern sowie Schutzgebiete, wo möglich, vergrößern bzw. neue schaffen. 10 Prozent der
Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen
eingesetzt werden. Mit einem Wildnisfonds wollen wir dafür sorgen, dass sich auf mindestens
2 Prozent der Landesfläche wieder echte Wildnis entwickeln kann. Um Natur zu retten, gilt es
bis 2030 den Flächenverbrauch zu halbieren. Bei neuer Straßenverkehrsinfrastruktur sowie
Siedlungs- und Industriegebieten muss mehr auf den Naturschutz geachtet werden. Das werden
wir bei Bundesinfrastrukturprojekten umsetzen und zugleich Landes- und Kommunalverwaltungen
dabei unterstützen, nicht mehr benötigte versiegelte Flächen der Natur zurückzugeben oder im
Innenbereich zu verdichten.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise stark bedroht. Wir erleben heute schon ein Waldsterben,
das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den 80er Jahren durch den sauren Regen
entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile Waldökosysteme sind
widerstandsfähiger als Monokulturen. Wir wollen gesetzliche Mindeststandards für eine
naturnahe Waldbewirtschaftung festlegen und den Umbau und die Wiederbewaldung nach
ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben unterstützen. Das dient auch dem ökonomischen
Mehrwert. Die Bewirtschaftung von Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische
Kriterien – im Wald nach FSC, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau zertifiziert – geknüpft
werden. Wir wollen 5 Prozent unserer Wälder komplett aus der Nutzung nehmen. Dazu weisen wir
Naturwälder aus und machen sie zu Urwäldern von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die
Waldbrandgefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bundesweite Präventions-
und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch global weiter
voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der Vereinten Nationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt einsetzen. Es sollen entsprechend der Biodiversitätsstrategie der
Europäischen Union mindestens 30 Prozent der Landfläche und 30 Prozent der Meere geschützt
werden, davon 10 Prozent der EU-Landflächen und 10 Prozent der EU-Meeresgebiete mit strengen
Schutzvorgaben, nötig ist außerdem ein Entwaldungsstopp für die Schutzgebiete an Land. Die
UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir in einem solchen Abkommen als neue
Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik sorgen. Insbesondere im
Meeresbereich verfolgen wir eine gemeinsame internationale Meeresstrategie. Wir werden uns
dafür einsetzen, den Schutz der Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen,
Vollzugsdefizite und Regellücken zu schließen und damit den Schutz des Meeres in den Fokus
zu rücken, damit legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten
und Übernutzung verhindert wird.
Flüsse und Moore schützen
Die Renaturierung von Flüssen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren – all das
schützt nicht nur seltene Lebensräume und die Biodiversität, sondern auch das Klima.
Naturnahe Bäche und die letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben,
einen Ausbau der Oder lehnen wir ab. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind
auch der beste Schutz gegen Hochwasser. Daher werden wir die Aufgaben der
Bundeswasserstraßenverwaltungen stärker ökologisch ausrichten. Spezifische Programme für
wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir
stärken und die EU-Wasserrahmen-Richtlinie konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz.
Daher wollen wir unsere Moore so schnell wie möglich wiedervernässen. Dazu legen wir
gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-Renaturierungsprogramm auf.
Wiedervernässte Moore müssen zu einem Teil Schutzgebiete werden, ein anderer Teil sollte
nachhaltig genutzt werden. Daher wollen wir Paludikultur stärken, also die
landwirtschaftliche Nutzung von nassen Hoch- und Niedermooren.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Nitrat, Waschmittelrückstände und
Medikamentenreste, die Grundwasser, Seen und Flüsse belasten, gehören nicht ins Abwasser.
Deshalb wollen wir klare gesetzliche Vorgaben etwa zur Flächenbindung der Tierhaltung und
des Pestizideinsatzes verankern. Ein Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe
sollen so zu einer fairen Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung
führen. Durch eine Stärkung der Produktverantwortung von Herstellern und genaue
Genehmigungs- und Entsorgungsvorschriften für Medikamente können wir die Gefahren von
Arzneimittelrückständen im Wasser und Resistenzen von Keimen verringern. Setzen wir das EU-
Recht konsequent um, reduzieren wir den Eintrag von hormonverändernden Stoffen und
Mikroplastik im Wasser. Den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung gegenüber gewerblicher
Nutzung gilt es sicherzustellen, Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von
Regenwasser wollen wir regeln und Anreize zum Wassersparen schaffen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch
weitere Versauerung, Überdüngung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu verschlechtern. Um
die Plastikmüllflut zu stoppen, wollen wir ein Sofortprogramm mit verbindlichen
Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik und Maschinen fördern, die eine Bergung
der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee ermöglichen. Um die Fischbestände zu
stabilisieren und Fischer*innen eine nachhaltige Perspektive zu geben, wollen wir eine
regionale, umwelt- und artenschonende Fischerei unterstützen und die Betriebe fördern, die
Fangmengen und Netzlängen reduzieren, die neue bzw. althergebrachte Fanggeräte erproben oder
einsetzen und sich für touristische Angebote öffnen. In Meeresschutzgebieten regulieren wir
die Schleppnetz- und Stellnetzfischerei sowie die touristische Nutzung. Aus den
Erdölförderanlagen in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit
Bohrabfällen und auch durch die Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für
ein Ende der Förderung fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone (AWZ) wollen wir einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen
sowie ein Förderende bis 2025. Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für
ein Ende der Öl- und Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den
Ausstieg aus dem Kies- und Sandabbau vorantreiben. Für lebendige Weltmeere sind die
Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und verbindliche Abkommen über Fangquoten,
ein Ende der Fischereisubventionen, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die Ausweisung von
großflächigen Meeresschutzgebieten überlebensnotwendig.
Das Ende des Mülls
Der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren. To-go-Becher werden nur für wenige
Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente Handys und Tablets verstauben in
Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Unser Ziel ist Zero
Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die Ressourcenverschwendung gestoppt werden.
Dafür wollen wir das komplizierte Pfandsystem entwirren. Jede Flasche soll in jeden
Pfandautomaten passen, den To-go-Mehrwegbecher machen wir bis 2025 zum Standard. Auf
europäischer Ebene treten wir für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit Ressourcenschätze aus
alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir ein Pfand auf Handys,
Tablets und energieintensive Akkus. Das Verpackungsgesetz entwickeln wir zu einem
Wertstoffgesetz weiter, das Mehrwegquoten und Pfand auf alle Einweg-Plastikflaschen
vorsieht. Die Kreislaufwirtschaft wird das neue Normal. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz räumen
wir allen ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten Vorrang ein. Wir setzen uns für ein
Verbot des Exports von Plastikmüll in Länder außerhalb der EU ein.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastikrückstände befinden sich bereits in den Körpern von Kindern und Jugendlichen. Die
Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden Chemikalien eine globale
Gesundheitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien, die Erkrankungen wie Krebs, Diabetes
oder ungewollte Kinderlosigkeit auslösen können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem
wir das EU-Recht im Chemikalienbereich schnell und konsequent umsetzen. Im Rahmen der
Chemikalienverordnung REACH wollen wir weitere Einschränkungen für gefährliche Stoffe und
werden entsprechende Vorschläge machen. Besonderes Augenmerk richten wir auf Spielzeug,
Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie Textilien, Möbel oder Elektronik.
Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und nachgewiesen giftige Chemikalien wie
Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder per- und polyfluorierte
Kohlenwasserstoffe in Papier und Pappe verbieten. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund
in einer gesunden Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken
oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen
Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von
Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Um die Luft zu verbessern, bietet die ökologische
Modernisierung riesige Chancen. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Minderungsziele für Luftschadstoffe und die
Grenzwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation schnellstmöglich umsetzen.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Schon heute hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern,
Waldsterben und Dürren längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten,
die in schwierigeren Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an
Erderhitzung kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. Unsere Städte
wollen wir besser gegen Hitzewellen wappnen – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und
Trinkbrunnen. Es gilt unsere Städte so umzugestalten, dass sie mehr Wasser aufnehmen und
speichern und im Sommer kühlend wirken. Öffentliche Trinkwasserversorgung muss Vorrang vor
einer Privatnutzung haben. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer wichtigere
Lebensräume. Wir wollen die Natur in der Stadt ausweiten und dafür zum Beispiel die
Lichtverschmutzung eindämmen, die sich negativ auf Menschen und Tiere auswirkt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Umwelt-, Tier-, Klima- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung
miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir
als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem
Verständnis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz
verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakte Ökosysteme,
aber auch faire Bezahlung von Landwirt*innen und ein geändertes Ernährungssystem. Wir werden
vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie
die Nutzung von robusten Pflanzensorten und Tierrassen. Digitale Anwendungen können bei
entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher machen, müssen
aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben offenstehen und
bezahlbar sein. Den Ökolandbau wollen wir umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller umstellen.
Monokulturen und chemische Dünger führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für
Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte,
patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf
Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen sollten gestärkt werden. Dafür
unterstützen wir mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische
Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sollte zu einem Instrument für eine ökologische
Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Das muss der Ausgangspunkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen,
Verbraucher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit
die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-,
Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden. Um den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft
gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt es die nationalen Spielräume für die
bevorstehende Förderperiode bestmöglich zu nutzen. Dazu gehören ein Ökolandbau-Anteil von 30
Prozent sowie eine Halbierung des Pestizid- und Antibiotika-Einsatzes bis 2030. Wir wollen
das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie ablösen, die
konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Bis zum Jahr 2028 wollen wir für die
Hälfte der Gelder eine ökologische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger
Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den
Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten:
durch eine systematische Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders
umwelttoxische Wirkstoffe und das besonders häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den
Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die
Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen.
Die Landwirt*innen werden durch Gelder der Pestizidabgabe dafür entschädigt. Wir werden
außerdem den Export von Pestiziden beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von
Umwelt- und Gesundheitsrisiken nicht zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel verbessern und so Transparenz und
Unabhängigkeit stärken sowie ein kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und Beratungsprogramm
für nicht synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Es ist
nötig, die Zucht von robusten Sorten voranzutreiben. Angesichts der Klima- und
Biodiversitätskrise wollen wir sowohl die Forschung für ökologisches Saatgut stärken als
auch neue Ansätze fördern. Gentechnikfreie Produktion muss durch vorsorgeorientierte
Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht geschützt bleiben. Die Opt-out-Richtlinie der
EU setzen wir vollständig in nationales Recht um. Die Risiko- und Nachweisforschung sowie
innovative Ansätze, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen, werden
wir stärken. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine Patente auf Pflanzen
und Tiere sowie deren genetische Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuerinnen und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir werden daher mit Hilfe des
Wettbewerbsrechts gegen Dumpingpreise im Lebensmittelhandel vorgehen. Wir wollen
Junglandwirt*innen und Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen gegen Bodenspekulation
und den Ausverkauf ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass wir die Flächen der
bundeseigenen BVVG in eine Bundesstiftung überführen, die die Flächen vorzugsweise an
kleinere Betriebe statt an große Investoren verpachtet. Auch in der Lebensmittelerzeugung
und ‑verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und
Gesundheitsschutz für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie ebenso wie mehr
Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften sind
notwendig.
Regionale Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu kaufen, beim
Bäcker, in der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Wir wollen die regionale
Erzeugung und Vermarktung stärken und so dem Betriebssterben der letzten Jahre
entgegentreten. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch
lokale Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von
regionalen Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Fördergelder sollen vorrangig den
kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. Forschung und
Beratung zur Regionalvermarktung, innovative und partizipative Ansätze wie solidarische
Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht
zugänglich sein. Ernährungsbedingte Krankheiten aufgrund von Fehlernährung wollen wir
gezielt eindämmen. Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen
unterstützen wir dabei, mehr nachhaltiges, gesundes und regionales Essen anzubieten. Gutes
Essen scheitert allzu oft an mangelndem Angebot und Transparenz. Um das zu ändern, wollen
wir die Ernährungsindustrie in die Pflicht nehmen. Wir brauchen verbindliche
Reduktionsstrategien für Zucker, Salz und Fett. Für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder
richtet, wollen wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation
orientieren. Klimaschutz heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte
produzieren und konsumieren werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver
und zugänglich für alle Menschen machen. Pflanzliche Milchalternativen sollen steuerlich mit
Milchprodukten gleichgestellt und mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden.
Auch gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir vor. Wir wollen mit einem Rettet-die-
Lebensmittel-Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und -
produzenten verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel weiterzugeben statt wegzuwerfen.
Lebensmittel aus dem Müll zu retten – das sogenannte Containern – muss entkriminalisiert
werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit verständlichen
Informationen über Zutaten, Herkunft und Herstellung wollen wir für die nötige Transparenz
sorgen. Wir werden daher eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und
andere tierische Produkte einführen. Die Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir
ausbauen und europaweit für alle Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die
Transparenz über die Herkunft von Lebensmitteln verbessern. Transparenz muss auch bei der
Lebensmittelhygiene gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Form
eines Hygienebarometers für alle erkennbar sein.
Wir ermöglichen Tieren ein besseres Leben
Tierhaltung mit mehr Platz für weniger Tiere
Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis
getrieben: Bäuerinnen und Bauern werden von Dumpingpreisen erdrückt und müssen immer mehr
produzieren, um zu überleben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben
immer kürzer, die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Es braucht einen
Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden als bisher und
diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Damit Tierschutz wirtschaftlich
machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen durch eine Umbauförderung, faire Preise für ihre
Arbeit und verpflichtende Haltungskennzeichnungen auf den Produkten für alle Tierarten
unterstützen. Die Tierhaltung soll an die Fläche – nicht mehr als zwei Großvieheinheiten pro
Hektar – und Obergrenzen pro Stall gebunden werden. Den Umbau in tiergerechte Ställe werden
wir durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte ebenso gezielt fördern wie die
Weidetierhaltung, die ökologisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Qualzucht,
Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und Anbindehaltung wollen wir beenden, den Einsatz
von Antibiotika senken und Tiertransporte auf vier Stunden begrenzen. Lebendtiertransporte
in Drittstaaten außerhalb der EU gehören ganz verboten.
Tiere schützen und respektieren
Tiere brauchen Schutz, deshalb werden wir die gesetzlichen Regelungen zur Tierhaltung
verbessern. Für alle Tiere, die wir Menschen halten, haben wir eine besondere Verantwortung.
Wir wollen ihnen ein würdevolles, gutes und gesundes Leben frei von Schmerzen, Angst und
Stress ermöglichen. Dafür gilt es gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf einen
effektiveren Vollzug hinzuwirken und wirkungsvollere Sanktionen bei Tierschutzvergehen im
Tierschutzgesetz zu verankern. Wir werden ein Verbandsklagerecht für anerkannte
Tierschutzorganisationen einführen. Die anerkannten Tierschutzorganisationen und ein*e
Bundestierschutzbeauftragte*r sollen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen, die für
den Tierschutz zuständigen Behörden kontrollieren und Rechtsverstöße beanstanden. Die
Haltung von Wildtieren in Zirkussen gehört nicht mehr in unsere Zeit. Den Online-Handel mit
Tieren wollen wir strikt regulieren. Wir streben die weitere konsequente Reduktion von
Tierversuchen in der Wissenschaft an und wollen Tierversuche mit einer klaren
Ausstiegsstrategie und innovativen Forschungsmethoden schnellstmöglich überflüssig machen.
Deswegen muss die zukunftsorientierte Forschung sichergestellt sein, genauso wie auch
tierfreie Modelle für verbesserte Medikamenten- und Sicherheitsprüfungen weiterentwickelt
und gefördert werden müssen.
Wildtierhandel an die Leine legen
Die Covid-19-Pandemie muss eine Lehre sein, die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch
zusammenzudenken. Sie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier zum Menschen übertragenen
Infektionskrankheit. Solche neuartigen Krankheiten werden durch die fortschreitende
Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume
begünstigt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit
ihnen muss strenger reguliert, Importe von Wildfängen, die Trophäenjagd, ihr Handel auf
Online-Portalen und Wildtierbörsen müssen ganz verboten werden. Auch die industrielle
Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat.
Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen
auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Pelztierfarmen nicht mehr erlaubt sind.
Kommentare