Gerade für Klimaschäden, aber häufig auch bei Menschenrechtsverletzungen, ist der Schadensfall nicht unmittelbar/gar nicht feststellbar, sondern wird durch Investigativjournalist*innen aufgedeckt, die häufig nur die Situation skandalisieren können, aber einem Unternehmen selten die direkte Verantwortung im strafrechtlichen Sinne nachweisen können. Ohne finanzielle Sanktionen bleiben Gesetze und Richtlinien wirkungslos, vgl. dazu „Freiwilligkeit hat nichts gebracht“ in anderen Teil des Wahlprogramms. Insbesondere im Fall von Lieferkettentransparenz ist das traurige Resultat von Freiwilligkeit im nationalen Aktionsplan von Minister Müller bekannt, wo lediglich 6% der befragten Unternehmen überhaupt eine Antwort abgegeben haben (https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2314274/3a52de7f2c6103831ba0c24697b7739c/20200304-nap-2-zwischenrbericht-data.pdf).
Verbraucher*innen haben ein Recht darauf eine bestinformierte Kaufentscheidung zu treffen. Das allgemeine Interesse an sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit ist in der jüngsten Vergangenheit exponentiell gestiegen, ein Boykott von nicht-nachhaltigen Produkten allerdings häufig nicht möglich, da im Supermarkt kein objektiver Vergleich möglich ist. Wenn Konsument*innen gleichberechtigt mit der Industrie für die Reduktion ihres ökologischen Fußabdrucks verantwortlich sein sollen – was ohnehin eine schwere Bürde in unserem Wirtschaftssystem darstellt – müssen wir ihnen auch ermöglichen bestinformierte Kaufentscheidungen zu treffen.
Der Großteil (durchschnittlich 60-80%) der CO2-Emissionen, die bei der industriellen Produktion anfallen, also gerade im Rohstoffabbau für den Hochtechnologiebereich sowie in der Textil- und Lebensmittelindustrie, entstehen bei (Sub-(Sub-)Lieferanten deutscher Unternehmen, die üblicherweise im globalen Süden produzieren und somit quasi nie hohe Sozial- und Umweltstandards aufweisen können. Deutsche Unternehmen müssen und können hier ihre (globale) Marktmacht nutzen, um hohe Standards durchzusetzen statt nur von niedrigen Löhnen und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen zu profitieren.
Auch Unternehmen haben ein Eigeninteresse ihren eigenen sozial-ökologischen Fußabdruck messbar zu machen, um interne (meist hohe und plötzlich auftretende) Kosten, die durch Ausfallrisiken z.B. als Folgen von Naturkatastrophen oder sozialen Unruhen entstehen, planbarer zu machen. Hierzu benötigen sie ein level playing field, das durch zuverlässige Leitlinien durch die Gesetzgeberin hergestellt werden muss. Unternehmen, die sozial-ökologisch vorbildlich handeln, dürfen dadurch nicht im Wettbewerb mit rein profit-getriebenen Akteur*innen benachteiligt werden, was aktuell der Fall ist. „Made in Germany“ muss nicht nur ein Garant für Qualität, sondern endlich auch ein Garant für Menschenrechte und Paris-Kompatibilität werden. Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Vorausschauendes und verantwortungsvolles Wirtschaften ist allerdings (volks)wirtschaftlich immer preiswerter als reaktives Krisenmanagement. Dass nationale Gesetzgebung erfolgreich globale Standards setzen kann, die für besseren Wettbewerb sorgen, beweist die DSGVO. Ein wirksames und konsequentes Lieferkettengesetz ist somit keine Bremse für "die Wirtschaft" sondern eine Möglichmacherin für besseres, weil sozial-ökologisches, Wirtschaften.
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