Dem bisherigen Vorschlag zur Vermögenssteuer im Programm stehen wir skeptisch gegenüber, weil wir befürchten, dass er eher wenig Ertrag bringt. Das liegt daran, dass die letzten beiden Sätze des Absatzes zahlreiche Ausnahmetatbestände für Investitionen und Betriebsvermögen ankündigen. Personen mit einem Vermögen von mehr als 2 Millionen Euro wird es typischerweise möglich sein, durch Gestaltungen mithilfe solcher Ausnahmetatbestände ihre Steuerlast sehr gering zu halten. Das beste Beispiel dafür ist die aktuelle Ausgestaltung der Erbschaftsteuer. Eindrucksvoll skizziert ist das Problem in diesem Artikel in der Süddeutschen Zeitung, nach dem 30 Bürger*innen, die im Jahr 2018 mehr als 100 Millionen Euro durch einen Erbfall oder eine Schenkung bekommen haben, darauf im Schnitt 0,2 Prozent Steuern zahlten; 25 von ihnen zahlten gar nichts.
Damit erweist sich die aktuelle Ausgestaltung der Erbschaftsteuer als dysfunktional, um hohe Vermögen gerecht zu besteuern. Nicht ohne Grund wird die Erbschaftsteuer eine "Dummensteuer" genannt. Während Personen mit mittleren Vermögen ihre Steuerlast vor allem durch das Ausnutzen von Freibeträgen drücken können, sonst aber der Steuerpflicht nicht entkommen, gibt es für Personen mit sehr hohen Vermögen ein enormes Gestaltungspotential durch die Regelungen zur Verschonung von Betriebsvermögen. Diese Regelungen sind vor allem auf die erfolgreiche Arbeit von Lobbygruppen wie der "Stiftung Familienunternehmen" (hier eine Liste des Kuratoriums zur Illustration) zurückzuführen.
Wenn wir die Regelungen zur Verschonung von Betriebsvermögen durch Stundungsregelungen ersetzen würden, wäre gesichert, dass auch Personen mit hohen Vermögen der Steuerpflicht nicht mehr komplett entkommen können. Eine großzügige Stundungsregelung würde dazu führen, dass Unternehmen jährlich nur eine überschaubare Steuerlast zu tragen hätten und weiter investieren könnten. Es wäre aber gesichert, dass die Steuern irgendwann tatsächlich gezahlt werden. Mit dieser Maßnahme könnten wir in einem ersten Schritt eine eklatante Gerechtigkeitslücke mit geringem Aufwand schließen.
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