Prof. Dr. Wolfgang Weiss, Universitätsprofessor für Öffentliches Recht, insbesondere Europa-und Völkerrecht der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer hat im Februar 2021 für die Initiative FOODWATCH eine Analyse mit Verbesserungsvorschlägen für die Transparenz in der Gesetzgebung bezüglich Freihandelsabkommen wie CETA erstellt. Diese sind ernst zu nehmen und müssen im Wahlprogramm sichtbar sein. Auf keinen Fall sollten wir die Partei sein, die für eine Aufweichung bei der Aushandlung von Freihandelsabkommen steht.
vgl. hierzu Prof Dr. Weiss in https://foodwatch.org/fileadmin/-DE/Themen/Freihandelsabkommen/2021-04_Rechtsgutachten_Prof_Weiss_CETA.pdf :
„Transparenz bei der Entscheidungsfindung in den CETA-Ausschüssen
Zur Gewährleistung von Transparenz bei der Tätigkeit in den Ausschüssen veröffentlicht die Europäische Kommission die Agenda (Tagesordnung) und zusammenfassende Berichte der Ausschusstreffen anstelle von Protokollen. Dies wird als ausreichend angesehen, um sich einen Überblick über die Arbeit der Ausschüsse und Dialoge zu verschaffen. Es ist zu erwarten, dass formale Entscheidungen der Ausschüsse publiziert werden. Tatsächlich sieht der Beschluss des CETA Joint Committee über seine Geschäftsordnung (Beschluss 1/2018)1in Rule 8 Abs. 3 die Veröffentlichung der vorläufigen Tagesordnung und in Rule 9 Abs. 5 die Veröffentlichung von Zusammenfassungen der Protokolle („summary of the minutes“) vor. Zu den Sitzungen werden gemäß Rule 9 Abs. 2 und 3 recht detaillierte Protokolle erstellt, die aber nicht publiziert werden. Bei den auf der Website der Europäischen Kommission veröffentlichten "Berichten" über die einzelnen Sitzungen der CETA-Ausschüsse dürfte es sich also um die „summary of the minutes“ handeln. […] Ein zufriedenstellender Einblick in die Tätigkeiten der Ausschüsse lässt sich mit den Zusammenfassungen nicht gewinnen. Das ist besonders bedauerlich, wenn es um die Annahme bindender Beschlüsse in den CETA-Ausschüssen geht. Jede Art von Rechtsetzung sollte in einer transparenten Weise erfolgen, die es ermöglicht, die zugrundeliegenden Positionen und Annahmen zu erkennen. In Bezug auf die bindende Beschlussfassung in Vertragsgremien ist daher mehr Transparenz erforderlich, als lediglich die Publikation von Tagesordnungen und von kurzen Sitzungsberichten. Denn damit lassen sich die Überlegungen der Parteien, die der Annahme bindender Beschlüsse von CETA-Ausschüssen zugrunde liegen, nicht nachvollziehen. Bei bindenden Beschlüssen und ihrer Vorbereitung muss die Transparenz daher über die oben genannten Regeln hinausgehen. Schließlich hat sich die EU gerade im Bereich der Rechtsetzung zu Transparenz und Bürgernähe verpflichtet, s. Art. 1 Abs. 2 („Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah“), Art. 11 Abs. 1 und 2 EUV. Die Kommission hat im Jahr 2015 in ihrer Mitteilung„Handel für alle“ zugesagt, die Transparenz gerade in der Handelspolitik zu steigern. Dazu gehört auch die Gewährleistung von Transparenz nach Abschluss von Verhandlungen, also in der Umsetzungsphase eines A“bkommens.“
Transparenz gerade bei regulatorischen Auswirkungen der Handelspolitik ist daher essentiell! Transparenz sollte in allen Phasen des Verhandlungszyklus gelten, von der Festlegung der Verhandlungsziele bis zu den Verhandlungen selbst und in der Phase danach. Für die innerstaatliche Regulierung sind nicht nur die Verhandlungen zu den Abkommen selbst von Bedeutung, sondern auch die darauf folgende Umsetzung, insbesondere die Verabschiedung bindender Beschlüsse.
Auch die Zuständigkeiten beim Herstellen von Rechtsverbindlichkeit müssen bei internationalen Handelsabkommen kritisch beleuchtet werden.
vgl. Prof. Dr. Weiss:
„Die Beschlussfassung der CETA-Ausschüsse erfolgt auf Basis von Beschlüssen des Rates der Europäischen Union gemäß Art. 218 Abs. 9 AEUV im sogenannten vereinfachten Verfahren, um völkerrechtlich verbindliche Beschlüsse in den CETA-Ausschüssen herbeizuführen. Der Rat bereitet in seinen Beschlüssen nach Art. 218 Abs. 9 AEUV die Positionen vor, die die EU in den Ausschüssen vertreten soll. Damit werden auch die Beschlüsse der CETA-Ausschüsse vorbereitet. Auch wenn dies derzeit dem EU-Recht entspricht, bleiben Bedenken hinsichtlich der demokratischen Legitimation dieses Verfahrens. Denn das Verfahren nach Art. 218 Abs. 9 AEUV ist unter demokratischen Gesichtspunkten defizitär. In diesem Verfahren entscheidet nur der Rat über die Beschlüsse der CETA-Ausschüsse. Das Europäische Parlament hat nicht mitzuentscheiden, es wird lediglich informiert. Auch sonst bestehen keine weiteren Mechanismen einer parlamentarischen oder öffentlichen Verantwortlichkeit der CETA-Ausschüsse für ihre Beschlüsse. In der Wissenschaft ist dieses Defizit demokratischer Kontrolle schon früh beklagt worden. Es entspricht nicht dem vom EuGH in Bezug auf Art. 218 Abs. 6 AEUV festgestellten gleichen Recht von Rat und Europäischem Parlament in der Gestaltung von Handelsbeziehungen.“
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