Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15.4.2021 den Berliner Mietendeckel (MietenWoG Berlin) für nichtig erklärt. Damit müssen nun sehr viele Mieter*innen jeden Monat einen höheren Betrag zahlen und teilweise erhebliche Summen nachzahlen. Grund dafür war nicht eine materielle Verfassungswidrigkeit etwa wegen eines unverhältnismäßigen Eingriffes in die Eigentumsfreiheit, sondern ein formelles Problem: Das Recht zur Mietpreisregulierung sei nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes Teil des Bürgerlichen Rechts und im BGB abschließend durch den Bund geregelt. Allerdings hat das Gericht angedeutet, dass es – auch ohne Verfassungsänderung – möglich ist, den Ländern im Rahmen des einfachen Rechts (z.B. des BGB) Ermächtigungen einzuräumen, um auf die lokale Situation durch eigene Gesetze oder Verordnungen reagieren zu können. Mit einer solchen Regelung könnten lokale Maßnahmen wie Mietendeckel umgesetzt werden, ohne dass wieder eine Nichtigkeit zu befürchten ist. Alternativ wäre auch eine Verfassungsänderung denkbar, die aber natürlich viel mehr Anstrengung erfordert und kaum denkbar ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bund.
Eine Begrenzung der Mietpreisentwicklung ist dringend notwendig. Für viele Menschen ist die Miete ein Kostenpunkt geworden, der weit über 30 % des monatlichen Einkommens frisst. Grund für diese Mietenentwicklung ist in den seltensten Fällen eine Werterhöhung, sondern meist schlicht eine Ausnutzung der hohen Nachfrage durch Vermieter*innen und - immer stärker - Spekulant*innen. Dieser Mechanismus ist sozial höchst bedenklich, weil er ohne erhöhte Leistung einigen wenigen Menschen ein erhöhtes Einkommen beschert, das viele andere durch ihre Arbeitsleistung erwirtschaften. Leider haben Mieter*innen bisher kein Instrument an der Hand, um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken. In anderen europäischen Großstädten haben wir gesehen, wohin diese Entwicklungen führen und dass sie in der Regel nicht - auch nicht allein durch Neubau - von selber aufhören. Menschen werden aus ihren gewohnten Stadtteilen verdrängt und sozial durchmischte Stadtteile segregieren immer weiter. Der Mietendeckel in Berlin hat dem nun erstmals einen Riegel vorgeschoben und Mieter*innen spürbar entlastet. Und auch wenn die Berliner Lösung politisch umstritten ist, so sollte doch der Bund es den Ländern zumindest ermöglichen, je nach politischer Mehrheit vor Ort derartige Regelungen umzusetzen und zu testen.
Eine solche Öffnungsklausel für die Länder hat auch einige Vorteile etwa gegenüber einem bundesweiten Mietendeckel: Die Länder könnten dann ihrerseits derartige Mietbegrenzungsmaßnahmen (z.B. Mietendeckel) passgenau auf die Situationen in den entsprechenden Kommunen zuschneiden und mit diesen zusammenarbeiten. Kenntnis der lokalen Situation erleichtert Verwaltung und Umsetzung vor Ort. Zudem kann so ausprobiert werden, welche Ansätze das beste Ergebnis bringen. Neben diesen administrativen Vorteilen wird eine Öffnungsklausel auch politisch leichter umzusetzen sein und insbesondere Berlin ermöglichen, den Mietendeckel sofort wieder einzuführen, ohne auf ein bundesweites Konzept warten zu müssen.
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