Insgesamt ist der Abschnitt aus dem Wahlprogrammentwurf aus unserer Sicht zu knapp und lässt Lücken und bestimmte Fragen offen. Gleichzeitig ist auch das Wording zu sehr von einem restriktiven Ansatz geprägt. Wir wollen durch eigenes achtsames wording auch in diesem Programmabschnitt Stigmatisierung entgegenwirken. In der modernen Suchthilfe wird deshalb eher von problematischem Konsumverhalten als von Drogenmissbrauch gesprochen. Statt “Drogen” sollen neutrale Begriffe wie psychoaktive oder psychotrope Substanzen genutzt werden. Der Begriff Drogen soll nicht tabuisiert werden aber entschärft. Ergänzt wurde durchgängig der Verbraucher*innenschutz als weitere Perspektive auf das Thema.
Speziell zum Cannabiskontrollgesetz: Den Bezug darauf ersetzen wir. Das CanKG hat, wie die Forderung nach Modellprojekten zur Cannabisabgabe, zu seiner Zeit seine Berechtigung gehabt. Wir haben damit Angebote an Verbotsanhänger*innen gemacht sich auf erste Schritte einzulassen und haben dafür Kontrolle und Restriktion in den Mittelpunkt gestellt und offensiv angeboten. Doch der Entwurf hat weder auf der Seite derer, die einen repressiven Ansatz verfolgen, noch auf Seite der Cannabiskonsument*innen besonderen Zuspruch bekommen. Daher benötigen wir eine Weiterentwicklung des Ansatzes. Die Zeiten für eine liberale Lösung werden immer besser und die Ansprüche der Betroffenen, zu Recht, höher. Stattdessen möchten wir nahelegen die Möglichkeiten für eine Weiterentwicklung und einen Paradigmenwechsel, weg von Kontrolle, hin zu Verbraucher*innenschutz als Leitziel und erklärtem Kern der Drogenpolitik zu nutzen. Vorstellbar wäre z.B. die Weiterentwicklung des CanKG zu einem CanVG, einem Cannabis Verbraucherschutzgesetz.
Die Festlegung auf einen vorliegenden Gesetzentwurf, der weder auf der einen, noch auf der anderen Seite besondere Unterstützung gewinnen konnte und für eine bestimmte Strategie steht, scheint den Antragstellern*innen weder die Möglichkeit der Weiterentwicklung zu geben, noch geht das auf entsprechende Kritik der Aktivist*innen ein und ist damit ungeeignet Vertrauen zurückzugewinnen. Das was die Betroffenen von uns erwarten ist eine eine vernünftige, wissenschaftsbasierte Regulation und drückt bündig aus was wir anstreben. Das was den Betroffenen seit Jahrzehnten im Kern verweigert wird ist Schutz. Kontrolle und Repression hatten und haben sie zur genüge - leider auch unter grüner Regierungsbeteiligung. Deshalb sollten wir den Betroffenen und Wählern, die zu Recht in erster Linie Verbraucher*innenschutz von uns erwarten, auch klar sagen, dass weder der Kontroll- und Repressionswahn eines Koalitionspartners, noch die Unternehmen des Canna-Business oder wahnwitzige Steuereinnahmen uns treiben, sondern die Sorge um Verbraucher*innen.
Für “kontrollierbare Regularien” statt “Kontrollgesetz” spricht auch, dass es genauer ausdrückt welche Rolle Kontrolle spielen muss. Regeln müssen so angelegt sein, dass sie ihren Zweck erfüllen und die Einhaltung kontrolliert werden kann. Kontrolle ist kein Selbstzweck. So ist Jugendschutz das erklärte Ziel, dazu wird vornehmlich der Handel reguliert und zwar in einer Art und Weise die effektive Kontrolle ermöglicht. Hinsichtlich des Themas Anbau für Eigenbedarf sollten wir uns von der Grenze des Cannabiskontrollgesetz mit 3 Pflanzen lösen. Die Grenze ist eigentlich bereits definiert: Eigenbedarf. Wird die Grenze überschritten, also vermeintlicher Eigenbedarf gehandelt, ist das mindestens Steuerhinterziehung und unlizenzierter Handel und könnte dann drastisch sanktioniert werden. So funktioniert das für Tabak seit Jahrzehnten unkompliziert. Werden weitere Beschränkungen gewünscht, sind diese mit dieser Formulierung immer noch möglich.
Hilfe muss immer ein Angebot sein, dass abgelehnt werden kann! Freiwilligkeit und Selbstbestimmung sind Grundvoraussetzung. Erzwungene Hilfe, wie z.B. die Inanspruchnahme einer Drogenberatung innerhalb von 72 Stunden nachdem man mit einem Joint erwischt wurde, als Voraussetzung dass dieser als “geringe Menge” gewertet und kein Verfahren eröffnete wird, ist keine Hilfe und kein Angebot, sondern Repression.
Ergänzend übernehmen wir hier zum Thema Sucht als Krankheit des Änderungsantrag PB.S-01-633,
https://antraege.gruene.de/46bdk/kapitel_3_solidaritaet_sichern-60334/9906
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