Im Grundsatzprogramm der Grünen (S. 93) ist vermerkt, dass „die Lernmittel sowie der Zugang zu Schulen und Kitas […] für Lernende und Lehrende (kosten-)frei sein [sollen], einschließlich digitaler Endgeräte, benötigter Software und Internetzugang“. Zur Finanzierbarkeit kostenfreier Angebote im Bildungsbereich heißt es darüber hinaus: „Dazu, die Kosten für ein besser ausgestattetes Bildungssystem zu tragen, das allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Chancen bietet, kann die höhere Besteuerung von Vermögen bzw. Erbschaften einen Beitrag leisten“. Der kostenfreie Zugang zu gesunden und nachhaltigen Verpflegungsmöglichkeiten ist aus zahlreichen Gründen ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Kita- und Schulalltags und sollte anderen kostenfreien Angeboten in nichts nachstehen.
Die Grundlagen einer für alle offenen gesunden, ökologisch nachhaltigen und auf Fairness beruhenden Ernährung werden in Kitas und Schulen gelegt. Durch die fortschreitende Entwicklung hin zu flächendeckenden Ganztagseinrichtungen kommt der öffentlichen Hand eine wachsende Verantwortung in der nachhaltigen Verpflegung aller Kinder und Jugendlichen zu. Sie muss auch und vor allem in diesem wichtigen Bereich für Chancengleichheit und Nachhaltigkeit sorgen. Aktuell variieren die Vorgaben und Finanzierungsmodelle deutschlandweit jedoch stark, was sich häufig negativ auf Qualität und Nachhaltigkeit der Verpflegungskonzepte auswirkt.
Im August 2020 veröffentlichte der Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik, Ernährung, und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE), der das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) berät, ein Gutachten, in dem er im Rahmen einer Politik für eine nachhaltigere Ernährung eine vollständige Finanzierung von Mittagsmahlzeiten in Kitas und Schulen fordert (S. 512 ff.). Zum einen sei – auch bei Kindern aus wohlhabenderen Haushalten – ein Anstieg der Nutzung des Verpflegungsangebots zu erwarten, der zu einer Stärkung des sozialen Lernorts Kita- und Schulverpflegung sowie zu Skaleneffekten in den Kostenstrukturen beitragen würde. Zum anderen beuge eine einheitliche Finanzierung durch die Behörden Diskriminierungen und Stigmatisierungen vor und beseitige administrative Hürden, die vor allem bedürftige Haushalte abschreckten. Die vollständige staatliche Finanzierung sei vor dem Hintergrund der Förderung einer nachhaltigen Ernährung als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe gerechtfertigt.
Hinzu kommt, dass zahlreiche Einrichtungs-/Küchenleitungen und Caterer von Kitas und Schulen darauf hinweisen, dass die teils niedrigen Verkaufspreise sie daran hindern, qualitativ hochwertige, ökologische, regionale und fair produzierte Lebensmittel zu verarbeiten und in einer ansprechenden Umgebung anzubieten. Gerade in der Debatte über die Verpflegungskosten in diesem so gesellschaftlich so wichtigen Bereich drohen nachhaltige Verpflegungskonzepte in vielen Einrichtungen zu scheitern.
Quelle: WBAE, 2020. Politik für eine nachhaltigere Ernährung. Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten. Gutachten. Berlin. Abrufbar unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/wbae-gutachten-nachhaltige-ernaehrung.pdf;jsessionid=DD4D64E819D2C91DD1321590A989F4BB.live831?__blob=publicationFile&v=3 [zuletzt eingesehen am 21.4.2021].
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