Im Jahr 2003 beschloss die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder mit Unterstützung der CDU/CSU das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (kurz: GKV-Modernisierungsgesetz oder GMG). Seit dem 01.01.2004 müssen danach Rentner*innen auf Betriebsrenten und Direktversicherungen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge doppelte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, jeweils den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil, d.h. aktuell fast 20 %. Neben den Betriebsrenten sind auch Direktversicherungen betroffen, wenn der Arbeitgeber mit beteiligt ist. Dann gilt auch die Direktversicherung als Betriebsrente.
Neben der Doppelverbeitragung sorgt für Empörung, dass das Gesetz rückwirkend beschlossen wurde, was einen Eingriff in mehr als 6 Millionen Altverträge aus der Zeit vor 2004 bedeutete. Bei diesen Altverträgen wurden i.d.R. bereits in der Ansparphase Krankenversicherungsbeiträge abgeführt. Auf diese Verträge dürften in der Auszahlungsphase daher überhaupt keine Beiträge mehr abgeführt werden, geschweige denn der doppelte Beitrag.
Das GMK, bzw. die Einführung der Doppelverbeitragung hat dem Image der Altersvorsorge massiv geschadet. Die Versicherten müssen sich darauf verlassen können, dass sich private Altersversorge lohnt, dass sie verlässlich ist und diese im Nachhinein nicht gekürzt wird.
Auch spätere Korrekturen wie zusätzliche Durchführungswege zur betrieblichen Altersvorsorge haben nur der Versicherungswirtschaft genützt. Und die jüngsten gesetzlichen Korrekturen im Betriebsrentenförderungsgesetz von 2018 sowie im Beriebsrentenentlastungsgesetz von 2019 haben nur neue Ungerechtigkeit geschaffen. So wurden im erstgenannten Gesetz lediglich Riester-Renten von der Beitragspflicht befreit, im zweitgenannten Gesetz ein zu geringer Freibetrag eingeführt, der lediglich die Krankenversicherungsbeiträge betrifft und auch nur einen kleinen Teil der Altverträge entlastet. Überfällig ist eine vollständige Korrektur.
Seit Jahren hat sich gezeigt, dass sich Betriebsrenten unter Berücksichtigung der Zahlungen von Steuer und Sozialversicherung nicht lohnen und selbst die eingezahlten Beträge bei durchschnittlicher Lebenserwartung an Renten nicht zurückfließen. Jede Investition in Vorsorge sollte aber ungeachtet von steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Effekten sinnvoll sein, wenn eine echte Vorsorge erreicht werden soll.
Hier kann und wird der von uns angestrebte Bürgerfonds als Standard der betrieblichen Altersvorsorge zukunftsweisend sein. Er sorgt für mehr soziale Gerechtigkeit und finanzielle Absicherung für alle. Dafür ist es aber auch notwendig, die Finanzierung des Gesundheitssystems zu reformieren, und bestehende Ungerechtigkeiten, insbesondere die seit 2004 bestehende Doppelverbeitragung für Betriebsrentner*innen in der Krankenkasse zu beseitigen. Nur so wird das zugrunde liegende Problem beseitigt, und nur so kann die betriebliche Altersvorsorge wieder an Attraktivität gewinnen. Die Doppelverbeitragung und der rückwirkende Eingriff waren Fehler, die es schnellstmöglich in Gänze zu korrigieren gilt.
In den letzten Jahren ist die Empörung über das GMK und seine Folgen immer mehr gestiegen, weil viele Versicherte altersbedingt erst Jahre nach 2004 in die Auszahlungsphase kamen, in der sie diese ungerechte Behandlung erst wahrgenommen haben. Inzwischen haben sich die Betroffenen organisiert und engagieren sich für die längst überfällige Abschaffung der Doppelverbeitragung sowie rückwirkende finanzielle Entschädigung für die Betroffenen. Unterstützung dafür gibt es von der Linken, der FDP und Teilen von SPD und CDU/CSU. Lediglich wir Grünen äußern uns nicht dazu.
Die Streichung des Beitragssatzes aus Versorgungsbezügen würde zwar zu jährlichen Mindereinnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) führen; demgegenüber würde die betriebliche Altersvorsorge jedoch an Attraktivität gewinnen. Diese Maßnahme ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollte über Steuermittel ausgeglichen werden.
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