Der Änderungsantrag knüpft an den sehr guten Antrag A5-225 von Campusgrün an.
Unterstützen möchte ich insbesondere das Anliegen, BAföG im Kampf gegen soziale Selektion im Bildungswesen zu einem elternunabhängigen Vollzuschuss umzustellen und dessen Höhe an die realen Bedarfe zu koppeln.
Dass im Jahr des 50-jährigen Jubiläums des BAföG nur noch 12% aller Studierenden überhaupt eine Förderung bekommen und diese als Teildarlehen (1971 zu Beginn der Maßnahme lagen wir noch bei 50% aller Studis - und einem Vollzuschuss) ist angesichts der schreienden Bildungsungerechtigkeit in Deutschland ein Skandal!
Auch dass gleichzeitig zwei Drittel aller Studierenden neben ihrem Vollzeitstudium noch jobben, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, muss ein Weckruf sein. Erst Recht, wenn Sozialerhebungen des DSW regelmäßig unterstreichen, dass gerade Studierende aus armen Familien sich aus Angst vor Verschuldung davon abschrecken lassen, einen BAföG-Antrag zu stellen.
Wir müssen das BAföG wieder zu einem wirksamen sozialstaatlichen Hebel für Bildungsgerechtigkeit umbauen- dafür braucht es diese Strukturreform!
In diesem Interesse solidarische Ergänzungen/Änderungen gegenüber dem Antrag A5-225 möchte ich in den folgenden Punkten einbringen:
1. Schüler*innen stärker berücksichtigen
Nur noch 1,5% aller Schüler*innen beziehen BAföG. Von dem Kahlschlag der Ära Kohl, in der auch der flächendeckende BAföG-Anspruch für Schüler*innen der Klassen 11-13 an allgemeinbildenden Schulen abgeschafft wurde, hat sich das BAföG bis heute nicht erholt. Zeit für eine Kehrtwende. Schließlich wird hier eine entscheidende Weiche für Bildungsbiografien in einem sozial selektierenden Bildungssystem gestellt. Entsprechend müssen wir auch bereits hier gegensteuern.
2. Ziele klarer benennen
Um den Maßstab klar zu machen, an dem sich eine Strukturreform messen lassen muss und von Anfang an den Finanzierungsbedarf greifbar zu machen, sollten wir unsere Erwartungshaltung transparent machen. 1972 wurden noch 44,6 Prozent der Studierenden durch BAföG gefördert, bevor das Instrument kontinuierlich kaputtgespart wurde. Das muss für eine Trendwende als Mindestwert gelten- Zurück in die Zukunft, die sie uns genommen haben!
3. Einkommensfreigrenzen anheben
Ein Mangel der vollkommen unzureichenden 26. BAföG-Novelle von 2019 war es, die Einkommensfreigrenzen auch nach langer Stagnation nur unzureichend anzuheben und nicht an die allgemeine Einkommensentwicklung anzupassen. Das muss in Zukunft regelmäßig und verlässlich geschehen.
4. Förderungshöchstdauer an die reale Regelstudienzeit anpassen
Das Förderkriterium der sogenannten "Regelstudienzeit" wird der Lebensrealität der Studierenden längst nicht mehr gerecht und straft insbesondere Studierende mit anderen Verantwortungen neben dem Studium ab: Nur 33,6 Prozent der Studierenden haben 2019 ihr Studium in dieser Regelstudienzeit abgeschlossen. Immerhin 77 Prozent der Studierenden aber innerhalb der Regelstudienzeit zuzüglich zwei Semestern. Die künftige reguläre Förderung sollte sich daher auf die Regelstudienzeit plus zwei Semester erstrecken. Außerordentliche Verlängerungen der Förderungshöchstdauer, zum Beispiel im Krankheitsfall oder um ehrenamtliches Engagement etwa in Hochschulgremien zu honorieren müssen davon getrennt berücksichtigt und verbessert werden.
5. Altersgrenzen abschaffen
Die Altersgrenze beim BAföG als bisher vor allem jugendpolitische Maßnahme beträgt 30 Jahre, bei einem Master-Studiengang 35 Jahre. Damit wird man diversen Bildungs- und Erwerbsbiografien heutiger Studis und dem Wunsch nach lebenslangem Lernen nicht gerecht. Auch wer über den zweiten Bildungsweg kommt und/oder zwischen Bachelor- und Master-Studium erst einmal arbeitet, soll gleichermaßen Anspruch auf eine Förderung haben.
6. Herkunftsunabhängige Förderung
Unsere Hochschulen sind wie Deutschland als Einwanderungsland insgesamt zunehmend international aufgestellt und werben um kluge Köpfe weltweit. Eine herkunfstunabhängige Förderung bedeutet dabei einen entscheidenen Vorteil, fördert die Integration und stiftet Bildungschancen für Menschen mit Fluchterfahrungen.
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