Der Blasphemieparagraph[1] dient der Kriminalisierung von Religionskritik und hat in einer freien, säkularen Gesellschaft keinen Platz. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen verurteilt Blasphemiegesetze als menschenrechtswidrig.[2]
Der Paragraph wird regelmäßig genutzt, um Kritiker religiöser Institutionen oder Dogmen einzuschüchtern. Auch wenn Gerichte höherer Instanz häufig mit Freisprüchen reagieren, so hat alleine schon eine Anklage inklusive Polizeibesuch und folgender Gerichtsverhandlung einen deutlichen einschüchternden Effekt. Mehr noch, die bloße Existenz eines solchen Paragraphen führt zu einer dauerhaften Angst und Selbstzensur, da auf jede Äußerung potenzielle eine Strafanzeige folgen könnte. Auch ist der Paragraph bewusst ungenau formuliert, sodass er in der Rechtswissenschaft oft als „Gummiparagraph“ bezeichnet wird, da man sich nie sicher sein kann, ob wegen einer Äußerung Strafverfolgung droht. Ferner liegt eine deutliche Ungleichbehandlung vor, da trotz des unklaren Wordings de facto nur organisierte Religion geschützt wird, während Atheisten und Humanisten keinen Schutz genießen. Absatz 2 schützt sogar explizit „Kirche[n] oder andere Religionsgesellschaft[en]“, womit Kritik an religiösen Institutionen kriminalisiert wird. Auch Islamisten nutzen den Paragraphen regelmäßig zu Versuchen, Kritiker und Satiriker einzuschüchtern, was uns im Hinblick auf Charlie Hebdo, den Mord an Samuel Paty und andere schreckliche Vorfälle schockieren sollte.
Der Paragraph schützt nicht religiöse Menschen, was uns allen ein Anliegen ist, sondern nur Dogmen und Institutionen. Wir Grünen setzten uns im Bundestagswahlprogramm 2017 für eine klare Abschaffung des Blasphemieparagraphen ein, Seite 121.[3] Daran sollten wir festhalten.
[1] https://dejure.org/gesetze/StGB/166.html
[3] https://cms.gruene.de/uploads/documents/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017.pdf
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