Die Bedrohung durch unbeabsichtigte, durch technische und menschliche Fehler, Missverständnisse und Fehlkalkulationen initiierte nukleare Eskalation ist so groß wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr. Die neuen Nuklearstrategien der USA und Russlands, die Erosion bestehender Rüstungskontrollverträge, ein schon begonnenes Wettrüsten, angetrieben durch neue Technologien wie AI, Autonomie, Hyperschallwaffen, und die Herausbildung einer multipolaren Welt haben die inhärenten Widersprüche und Dilemmata der nuklearen Abschreckung so verstärkt, dass eine weitere Hinnahme der Risiken, die mit einem Versagen der nuklearen Abschreckung verbunden sind, nicht mehr zu verantworten ist. Ein Sicherheitskonzept, dass diese technischen, strategischen, rechtlichen und moralischen Implikationen weiterhin ignoriert, weil es ungeachtet dessen auf nukleare Abschreckung setzt, ist damit selbst zu einem existenziellen Sicherheitsrisiko geworden.
Daher muss die Überwindung der nuklearen Abschreckung zu einem vordringlichen Projekt jeglicher progressiver Außen- und Sicherheitspolitik werden. Dem müssen sich alle anderen Erwägungen unterordnen. Deutschland hat in der Welt einen guten, geachteten Ruf als ein Staat, der sich traditionell für Abrüstung und Rüstungskontrolle einsetzt. Durch einen Beitritt zum VN-Atomwaffenverbotsvertrag - gerade als eng und tief integriertes NATO-Mitglied - kann Deutschland dem Prozess der notwendigen Überwindung der Konzepte der nuklearen Abschreckung auf glaubwürdige Weise intensive Impulse geben. Ein Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag ist eine souveräne Entscheidung, die weder grundsätzlich im Widerspruch zur NATO-Mitgliedschaft steht, noch objektiv die Interessen von Verbündeten und Partnern beeinträchtigt, sondern insbesondere gerade den Sicherheitsinteressen aller Partner und Verbündeten dient, denn ein mit Nuklearwaffen geführter, selbst ein limitierter Nuklearwaffenkrieg in Folge des Versagens der nuklearen Abschreckungsdrohung, würde auf europäischen, insbesondere osteuropäischen Territorium ausgetragen und Europa in eine unfassbare Katastrophe stürzen.
Der Grüne friendenspolitische Anspruch erzwingt geradezu in einer beabsichtigten Regierungsverantwortung solche konkreten Schritte wie die Beendigung der nuklearen Teilhabe und den Beitritt zum VN-Atomwaffenverbotsvertrag zu gehen.
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