Veranstaltung: | 47. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | S Satzung |
Antragsteller*in: | Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht (dort beschlossen am: 13.12.2021) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Weiterleiten an: BundesvorstandErklärung: Der Antrag, Strukturreformen innerhalb der Partei anzugehen, wird an den Bundesvorstand verwiesen. Dieser wird unter Einbeziehung von Bundesarbeitsgemeinschaften und Landesverbänden ein Konzept und Vorschläge zur Weiterentwicklung als partizipative Regierungspartei erarbeiten. Dabei werden insbesondere die Fragestellungen aus der Antragsbegründung aufgegriffen. Er sieht geeignete Formate zur Reflektion und Austausch mit der Parteiöffentlichkeit zu dem Erarbeiteten vor und berichtet auf der nächsten Bundesversammlung. |
Eingereicht: | 17.12.2021, 21:49 |
S-21: Einrichtung einer Strukturkommission zur Weiterentwicklung der innerparteilichen Demokratie
Antragstext
Der Bundesvorstand richtet eine Strukturkommission u.a. unter Beteiligung der
Bundesarbeitsgemeinschaften ein, die Vorschläge zur Weiterentwicklung unserer Strukturen als
partizipative Partei in Regierungsbeteiligung macht. Die Kommission legt ihren Bericht nach
einem Jahr der Bundesversammlung vor. Der Bundesvorstand berichtet dann der
Bundesversammlung jährlich zur Umsetzung der Strukturentwicklung.
Begründung
Im letzten Jahr feierten wir 40 Jahre die Grünen und 30 Jahre Bündnis 90 – die Bedeutung der innerparteilichen Demokratie zieht sich dabei als roter Faden durch unsere Geschichte. Die Grünen waren und sind eine Mitmachpartei. Demokratie heißt dabei für uns mehr als hin und wieder mal den Stimmzettel zu heben, sondern dass unsere Mitglieder die Partei und unsere Politik aktiv mit gestalten können.
Über die Jahre sind wir enorm gewachsen. Das ist großartig, denn nur wenn wir richtig viele sind, können wir wirklich etwas verändern. Gleichzeitig stärken wir dadurch, dass wir vielen Menschen einen Ort der Diskussion, der Organisierung und der Selbstwirksamkeit geben, die gesamtgesellschaftliche Demokratie. Das ist gerade in Zeiten, in der Menschen das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie verlieren, von größter Bedeutung. Wir formulieren ein Mitmachangebot in die Breite der Gesellschaft – und immer mehr Menschen nehmen es an.
Seit diesem Jahr sind wir wieder in der Rolle als Regierungspartei auf Bundesebene. Alles spricht dafür, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um den Blick auch nach innen zu wenden und die Strukturreform unserer Partei weiter voranzutreiben. Denn wir wollen, dass in unserer Partei Entscheidungen möglichst breit und informiert getroffen werden und nicht durch kleine Zirkel. Damit der grüne Anspruch an innerparteiliche Demokratie weiterhin gelebt werden kann, müssen wir unsere innerparteiliche Diskursfähigkeit erhalten und ausbauen. Eine moderne Mitmachpartei zu sein bedeutet deshalb, unsere Strukturen – online wie offline - immer weiter zu entwickeln, um dabei unseren demokratischen Grundsätzen und unserem Selbstverständnis als Mitmachpartei auch als wachsende Partei gerecht zu bleiben.
Ein paar Schritte und einige Projekte (Statut für eine vielfältige Partei, Sichtbarmachung des Frauenanteils der Anträge und der Beschlusserstellung im Grünen Netz, Ausbau von Beteiligungsgrün, …) sind wir schon angegangen. Andere Fragen der Arbeitsfähigkeit wie das Handling von >2000 Anträgen zur Bundesversammlung oder die Zahl der nötigen Antragsteller*innen sind noch offen geblieben.
Nun liegt dieser Bundesversammlung ein Antrag des Bundesvorstandes vor, die aufgezeigte jahrelange Entwicklung auf einen Streich nachzuholen und künftig mehr als 120, statt 20 gemeinsame Antragsteller*innen für einen Antrag zur Bundesversammlung zu fordern. Wir verstehen das Anliegen des Bundesvorstandes, die Arbeitsfähigkeit der Grünen auch in Zeiten von großem Mitgliederzuwachs und einer Regierungsbeteiligung zu bewahren. Uns eint auch das Ziel, in guter Grüner basisdemokratischer Tradition - und angepasst an neue digitale Potenziale - den Mitgliedern eine umfangreiche Beteiligung an der politischen Willensbildung unserer Partei zu ermöglichen.
Aber es geht nicht nur um ein paar Satzungsänderungen oder ein Quorum. Denn auch unsere Arbeits- und Entscheidungsstrukturen insgesamt wurden für eine Partei mit 50.000 Mitgliedern erarbeitet und müssen deshalb nicht automatisch für 125.000 Mitglieder auch noch passen. Daher sehen wir die vom Bundesvorstand vorgelegten Satzungsänderungsvorschläge als Beginn eines Diskussions- und Weiterentwicklungsprozesses, den wir konstruktiv begleiten. Und gemeinsamen einen Weg finden, der von einer breiten Mehrheit der Partei mitgetragen wird.
Dafür schlagen wir eine vom Bundesvorstand einzusetzende Strukturkommission unter Einbindung u.a. der Bundearbeitsgemeinschaften vor, die innerhalb eines Jahres konkrete Ansatzpunkte und Ideen erarbeitet, die dann innerhalb der Partei weiterentwickelt werden können.
Im Wahlprogramm und im Wahlkampf haben wir die Geschichte erzählt: wir haben eine andere Art, Politik zu machen. Aber wie drückt sich das eigentlich in unseren Prozessen und Strukturen aus?
Passen unsere Prinzipien (z.B. Delegiert*enprinzip, basisdemokratisches Verständnis, Beteiligungspartei) zu unserer stark gewachsenen Partei und zu unserer neuen Rolle als Regierungspartei? Was muss bewahrt, was überarbeitet werden? Sehen wir Zielkonflikte? Wie ist das zu Bewahrende strukturell abgesichert?
Welche Rolle haben die Bundesarbeitsgemeinschaften? Was sollen/können sie als ehrenamtliche Struktur leisten, was wird von ihnen erwartet, was erwarten sie von sich selbst?
Welche Entwicklungen hat es in den vergangenen Jahren bei der Anzahl der Antragseinreichungen für BDKen und Länderräte und den Antragstellenden gegeben? Welche Effekte sind bei Quorumserhöhungen für die Gewichtungen von großstädtischen Interessenslagen und denen des ländlichen Raumes zu erwarten? Mit welchen Maßnahmen können wir den kollaborativen/deliberativen Aspekt bei der Antragserstellung stärken und Transparenz bei Verhandlungsprozessen herstellen?
Welche Maßnahmen sind in den früheren Beteiligungsphasen zu programmatischen Prozessen denkbar, die ebenfalls Einfluss auf die Zahl der Änderungsanträge haben? Welche Möglichkeiten bieten eine Vergrößerung der Antragskommission, eine andere Arbeitsweise und digitale Formate in der Antragsverhandlung?
Wie kann eine partizipative Partei bei Regierungsbeteiligung (Länder, Bund) funktionieren? Welche Beteiligungsprozesse haben wir oder machen immer alle alles?
All das sind Fragen, denen wir uns stellen müssen und für deren Betrachtung und erste konkrete Ansätze der Bundesvorstand eine Strukturkommission einrichten soll. Denn es ist Zeit.
Der Bundesvorstand bleibt für den Prozess der innerparteilichen Strukturentwicklung verantwortlich und berichtet danach jährlich der Bundesversammlung über die Fortschritte hierbei.
Kommentare
Philipp Schmagold:
Es gab dazu immerhin schon verschiedene Strukturkommissionen: Auf der Bundesdelegiertenkonferenz am 25.11.2017 in Berlin wurde folgender Beschluss gefasst:
"Unsere Partei hat in ihrer Geschichte die eigenen Strukturen schon mehrmals erfolgreich den aktuellen Anforderungen angepasst und so soll es auch im Rahmen der Strukturkommission nicht darum gehen, das Rad neu zu erfinden, sondern diesen Prozess weiterzuführen; mindestens zwei
Gründe sprechen dafür dies jetzt zu tun:
1. Erfahrungen aus der Bundestagswahl 2013
a. Bedürfnis der Parteibasis, stärker eingebunden zu werden
b. Stärkerer Koordinierungsbedarf zwischen den verschiedenen Akteuren; insbesondere zwischen den Bund und Ländern.
2. Partei hat sich in den letzten Jahren stark verändert
a. Regierungsverantwortung in zahlreichen Ländern
b. Viele neue Mitglieder
Ziele
• Aufstellung der Parteigremien für effiziente und effektive Zusammenarbeit aller Ebenen mit
besonderem Blick auf den Wahlkampf 2017;
• Berücksichtigung und Einbindung" (...)
https://cms.gruene.de/uploads/documents/Strukturkommission_Beschluss_Bundesvorstand_02-2014.pdf
"Breiter und fachlicher Diskussions- und Arbeitsprozess Einsatz onlinegestützter Entscheidungsverfahren bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Für die Vorbereitung der grundsätzlichen Debatte zum Einsatz onlinegestützter Entscheidungsverfahren bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wird ein breiter und fachlicher Diskussions- und Arbeitsprozess vom Bundesvorstand unter Einbeziehung der Bundesgeschäftsstelle, der zuständigen Bundesarbeitsgemeinschaften und der Netzbegrünung (Verein für GRÜNE Netzkultur) und weiterer Expertise, initiiert. Die Diskussion soll sowohl politische, rechtliche und technische Voraussetzungen für onlinegestützte Entscheidungsverfahren klären und den Diskussionsprozess dokumentieren und eine Empfehlung den zuständigen Gremien in einer Stellungnahme mitteilen."
https://blog.netzbegruenung.de/blog/diskussionsprozess-onlinegestuetzter-entscheidungsverfahren-startet/