Veranstaltung: | 47. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | WP Wahl Parteirat |
Antragsteller*in: | Franziska Schubert (KV Görlitz) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 09.01.2022, 15:16 |
W-PR-01: Bewerbung: Franziska Schubert
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich bewerbe mich um einen Platz im Bundesparteirat von BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN.
Als BÜNDNISGRÜNE stehen wir dafür, dass wir die Vielfalt der Lebensrealitäten in unserem Land besser abbilden wollen. Als Teil der Bundesregierung haben wir endlich wieder die Möglichkeit, daraufhin zu arbeiten. Dazu gehören auch die ländlichen Räume und die sogenannten „neuen“ Bundesländer. Wir haben uns im Koalitionsvertrag daher auch vorgenommen, die Repräsentation von Menschen mit ostdeutscher Biografie zu verbessern.
Für mich ist das kein einseitiger Vorsatz.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir hier erleben, was morgen die gesamte Bundespolitik beschäftigt: Äußerst schwierige Mehrheitsbildungen, sinkendes Vertrauen in staatliche Institutionen, multiple wirtschaftliche Umbrüche in wenigen Dekaden und ländliche Räume, die mit demografischem Wandel einen Vorsprung an Erfahrung haben, der für Regionen in ganz Deutschland interessant werden wird. Unsere Partei hat in den letzten Jahren gelernt, genauer auf die „neuen“ Bundesländer zu schauen. Aber das Schauen reicht nicht, es braucht auch Menschen, die diese andere Perspektive, Erfahrung und ihre Kompetenzen wirksam einbringen können. Es braucht Menschen, die innerhalb unserer Partei genau das zum Angebot für die Weiterentwicklung unserer Politik machen. Wir sind BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN und mit diesem gesamtdeutschen Namen ist immer auch neben Hoffnung klare Erwartung verbunden.
Für mich ist Diversität der Perspektiven im Parteirat kein Vorsatz zum Selbstzweck: Thüringen mit Kemmerich, die niedrigen Impf-Quoten in Thüringen, Brandenburg und Sachsen, die großen Herausforderungen ländlicher Regionen zeigen vor allem auch: Die Probleme in den neuen Bundesländern sind kein rein regionales Problem, sondern sie bringen immer wieder die gesamte Bundespolitik zum Beben.
Für Sachsen kann ich ganz klar sagen: wir haben uns viele Jahre nahezu ´rausgehalten, was personelle Angebote für Gremien auf Bundesebene angeht. In den letzten Jahren haben wir uns im Landesverband Sachsen entwickelt – Verdopplung der Mitgliederzahlen, starker Anstieg an Mandatsträger:innen auf allen Ebenen, Professionalisierung und Ausbau unserer Strukturen landesweit; wir sind erstmals Teil einer Landesregierung in einem Bundesland, das für Bündnisgrüne Politik kein leichtes Pflaster ist – sondern vielleicht sogar das schwerste. Wer hier bei den Bündnisgrünen ist, gerade außerhalb der großen Städte Leipzig und Dresden, der macht das trotz vieler Warnungen und täglicher Anfeindungen aus tiefster Überzeugung. Und die Situation hier in Sachsen, besonders auch bei mir zu Hause in der Lausitz, schärft den Blick für das, was zählt: Eine klare Haltung gegen Rechts – montags auf dem Marktplatz genauso wie im Parlament; Jobs, die Abwanderung verhindern, gesellschaftlicher Gemeinsinn und das Bekämpfen des Klimawandels mit den Folgen, die wir hier in den letzten Jahren erlebt haben.
Ich möchte daher in unserer Partei Verantwortung auf Bundesebene im Parteirat übernehmen. Dafür biete ich meine Perspektiven, Themen, Erfahrungen und auch meine Persönlichkeit an und würde sie gern in den Dienst der gemeinsamen Bündnisgrünen Sache stellen.
Biografisch bin ich in einem Dreiländereck ganz im Osten unserer Republik aufgewachsen; meine Jugendzeit waren die 1990er Jahre mit all den Erfahrungen, die Ostdeutschland so zu bieten hat. Meine politischen Wurzeln liegen im Vorbild der Bewegung von 1989/90, die für Bürgerrechte, Demokratie und eine freie Gesellschaft gekämpft hat. Eine lebendige Demokratie beruht auf Beteiligung; eine stabile Demokratie auf Vertrauen. In Sachsen ist das Vertrauen in Demokratie und staatliche Institutionen in Teilen der Bevölkerung wenig bis nicht vorhanden. Dieser Tatsache sollten wir uns als Bündnisgrüne Partei insgesamt stärker stellen. Ich denke, dass ich dazu einen Beitrag leisten kann, gerade weil ich auch weiß, dass es nicht nur in Sachsen diese Tendenzen gibt. Eine weitere Wurzel meiner politischen Geschichte ist das Engagement im Umweltschutz und das zivilgesellschaftliche Engagement – mir liegt die Stärkung der Menschen am Herzen, die das Gute für unsere Gesellschaft wollen und dafür ihre Ideen einbringen. Als Bündnisgrüne stehen wir an der Seite genau dieser Menschen und es ist wichtig für uns, daran zu arbeiten, dass wir so auch wahrgenommen – und letztlich ein wählbares Angebot werden. Das geht für mich einher mit dem Thema der Profilbildung unserer Partei in den kommenden Jahren.
Dass das möglich ist, habe ich mit meiner Kandidatur zur Oberbürgermeisterin in Görlitz, bewiesen – die Gesprächsfähigkeit mit ganz verschiedenen Menschen, auch denen, die nicht auf Bündnisgrüner Linie liegen sowie das Schaffen von Gemeinschaft sind Schlüssel für die Entwicklung unserer Partei. Ich bin angetreten, um einen AfD-Oberbürgermeister für Görlitz – einer Europastadt – zu verhindern. Und das ist gelungen.
Mich beschäftigt stark, wer sich eigentlich die Deutungshoheit über „den Osten“ zuspricht – und ich will dazu beitragen, dass unsere Partei ein noch stärker wählbares Angebot wird für all die progressiven, zukunftsorientierten Kräfte im Osten – sie sind es, die für Demokratie und Zusammenhalt stehen und sie brauchen uns an ihrer Seite. Dazu braucht es auch ein modernes Verständnis und eine Sensibilität für unterschiedliche Prioritätensetzungen sowie die richtige Sprache. Sprache in der Politik ist ein Punkt, für den ich ein starkes Bewusstsein habe. Ich glaube, dass ich auch hier einen Beitrag leisten kann innerhalb unserer Partei; im Bundesparteirat, wo es darum gehen wird, strategische Diskussionen zu führen, die uns nach innen spiegeln und die nach außen wirken.
Ich habe eine gesamtdeutsche Biografie erleben dürfen – nach der Schule bin ich weg nach Niedersachsen, dann zurückgekehrt nach Sachsen und seither zuhause im geografisch tiefsten Osten der Republik – an der deutsch-tschechisch-polnischen Grenze. Thematisch zuhause bin ich in den ländlichen Räumen und der Regionalentwicklung, in der Haushalts- und Finanzpolitik und dem Strukturwandel, der bei mir vor der Haustür stattfindet.
Als Fraktionsvorsitzende der BÜNDNISGRÜNEN Fraktion im Sächsischen Landtag bringe ich Verhandlungserfahrung in schwierigsten Konstellationen mit. Wir sind hier in einem Dreierbündnis mit einer sehr konservativen Ost-CDU und einer kleinen Ost-SPD unter 10%, die unsere Regierungsbeteiligung als vorübergehenden Unfall betrachten.
Was ist mein Verständnis von der Rolle des Parteirates in Regierungszeiten? Was ich wahrnehme, ist, dass medial versucht wird, einen Spin aufzubauen, der die Realität von Regierungshandeln in Gegensatz zu unseren Bündnisgrünen Werten und Idealen stellt. Es wird einen Parteirat brauchen, der sich strategische Aufgaben stellt, in Szenarien denkt und Lösungsansätze entwickelt. Es braucht eine enge Verzahnung unserer verschiedenen Ebenen und eine Verteilung von Verantwortung in Kommunikation, Krisenmanagement, Bündnisgrüner Erzählung – und die Fähigkeit, ganz verschiedene Wege zu denken. Wir brauchen unsere Basis und es braucht in Zeiten einer Regierungsbeteiligung Vermittlung und Dialog nach innen, um nach außen souverän wirken zu können. Ich habe Lust, genau daran mitzuarbeiten. Gerade jetzt gilt es, mitzuhelfen, dass die Bündnisgrüne Regierungsbeteiligung im Bund ein Erfolg wird, den man überall im Land spüren kann.
Ich arbeite in der eigenen Bündnisgrünen „Familie“ grundsätzlich kooperativ. Vernetzung halte ich für essentiell und ich denke, dass wir auch innerhalb unserer Parteistrukturen dort noch Potenzial haben. Ich möchte mich daran beteiligen.
Mit meiner Persönlichkeit bringe ich eine integrierende Herangehensweise mit. Ich habe Humor; bin klar in der Sache und meiner Haltung. Und ich mache Politik mit dem Herzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass gute Politik auf Werten basiert. Und dass solche Werte Orientierung geben können und Vertrauen bilden. Das dürft ihr auch von mir erwarten.
Ich bitte Euch um Euer Vertrauen und Eure Stimme für den Bundesparteirat.
Eure
Franziska
* 1982, Löbau, 2000 Abitur
- 2001-2007 Studium Osnabrück/ Budapest
- Wirtschaftsgeografin
- 09/2014: Abgeordnete
- 01/2020: Fraktionsvorsitzende BÜNDNISGRÜNE Fraktion Sächsischer Landtag in Regierungsbeteiligung
- Haushalts-/Finanzpolitik, Ländliche Räume, Strukturwandel, Kommunalpolitik, zivilgesellschaftliches Engagement
- 2019: Kandidatur Oberbürgermeisterwahl Görlitz (27,9%)
- 2021: Koalitionsverhandlungen, Mitglied AG 18 „Gutes Leben in Stadt und Land“
- Rosen, Schafe, Kochen, Literatur