Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | FS Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der Zeitenwende |
Antragsteller*in: | Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel) und 76 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 31%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: FS-12-380-4 (FS-22) |
Eingereicht: | 07.10.2022, 23:27 |
FS-22: Dringlichkeitsantrag: Widerruf der Exportgenehmigung für Saudi-Arabien Keine weiteren Waffenexporte an Verbrecherregime
Antragstext
Die BDK verurteilt auf das Schärfste, die am 30.9. bekanntgewordenen Waffenexporte aus
Deutschland an Saudi-Arabien. Die Regierung in Saudi-Arabien ist eine verbrecherische
Autokratie, auf einer Ebene mit Russland. Sie führt seit Jahren einen Vernichtungskrieg
gegen ihr Nachbarland Jemen, bombardiert dort häufig auch zivile Ziele[1] – auch mit vom
Ausland gelieferten Waffen[2], verfolgt Gegner im eignem Land[3], lässt Regimekritiker
ermorden[4], unterdrückt große Teile der eignen Bevölkerung[5] und verwehrt ihnen die
grundlegendsten Rechte[6].
Vor allem der Angriffskrieg gegen den Jemen verbietet jegliche militärische Unterstützung.
Waffenlieferung, gerade von Ausrüstungsteilen und Munition für Kampfflugzeugen, die genau
dafür eingesetzt werden können, sind weder nach unserer Rechtslage[7] noch unserer
Einstellung[8] (wie wir sie im Ukraine-Russland-Krieg so vehement vertreten: Unterstützung
der Angegriffenen!) in Einklang zu bringen.
Die auch in der Öffentlichkeit gemachte „Darstellung“, die Lieferung ergäbe sich aus
„Vertragsverpflichtungen“ mit „Bündnispartnern“ kann weder Verstöße gegen deutsches Recht
noch vor allem gegen den menschlichen Anstand erklären.
Wir fordern unsere Regierungsmitglieder daher auf,
- In der Koalition die Forderung einzubringen und durchzusetzen, die Exportgenehmigung
nach Saudi-Arabien zu widerrufen.
- Sollte dies seitens der Koalitionspartner und/oder des Kanzlers verweigert werden, ist
der Kanzler aufzufordern, die Vertrauensfrage zu stellen.
Die Ampel wurde mit klaren Wahlprogrammen und einem klaren Koalitionsvertrag gewählt und
unsererseits (Grüne) aufgrund des Koalitionsvertrages von Partei und Fraktion bestätigt.
Nachdem mittlerweile wesentliche Teile von Programm und Koalitionsvertrag ins Gegenteil
verkehrt wurden, muss dies zumindest durch die an der Regierung beteiligten Fraktionen
bestätigt werden.
Unsere Minister*innen, ins besonders die zuständige Außenministerin fordern wir auf, diese
Haltung in der Kabinettsrunde eindeutig und klar zu kommunizieren.
Begründung der Dringlichkeit
Begründung der Dringlichkeit: Die Bekanntgabe der Waffenlieferungen an Saudi-Arabien erfolgte am 29.9., also so kurz vor dem ersten Antragsschluss, dass eine Reaktion nicht mehr möglich war. In der Öffentlichkeit bekannt wurde dies erst am 30.9., u.a. durch die Tagesschau.
Begründung
Die Zustimmung der Grünen zu diesen Waffenexporten (Baerbock: „Manche Entscheidungen sind haarsträubend schwierig.“[1]) direkt nach dem Besuch des Kanzlers beim mutmaßlichen Verantwortlichen für den Mord an Khashoggi ist – vor allem durch den Bruch deutscher Gesetze -nicht akzeptabel.
Hintergrundinfos:
Ampelkoalition genehmigt erstmals Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien,
tagesschau 20:00 Uhr, 30.9.2022
Deutsche Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien sind schon länger weitgehend ausgesetzt. Erstmals seit Amtsantritt macht die regierende Ampelkoalition nun von einer Ausnahmeregel Gebrauch - und stimmt dem Export von Ausrüstung und Munition für Kampfjets zu. Die Bundesregierung hat trotz eines weitgehenden Exportstopps die Lieferung von Ausrüstung und Munition für Kampfflugzeuge an Saudi-Arabien bewilligt. Das geht aus einem Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck an den Wirtschaftsausschuss im Bundestag hervor, wie mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend berichten. Die Exportgenehmigungen geschehen demnach im Rahmen eines gemeinschaftlichen Programms mit Italien, Spanien und Großbritannien.
Die regierende Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP macht damit erstmals seit Beginn ihrer Amtszeit Gebrauch von einer Ausnahmeregelung für den Exportstopp an den höchst umstrittenen Kunden Saudi-Arabien. Die Ausrüstung und Munition für Eurofighter und Tornado hat einen Wert von 36 Millionen Euro. …
Entscheidungsgründe bei der Exportgenehmigung:
Das Kriegswaffenkontrollgesetz legt in § 6 (3) fest, wann das Wirtschaftsministerium den Export von Kriegswaffen verbieten muss. Exporte dürfen nicht genehmigt werden, wenn „die Gefahr besteht“, dass die gelieferten Waffen „bei einer friedensstörenden Handlung, insbesondere bei einem Angriffskrieg“ verwendet werden (§ 6 (3) 1). …
Eine erteilte Genehmigung für den Export von Kriegswaffen kann jederzeit widerrufen werden. Die Bundesregierung gewährleistet so die durchgehende Kontrolle von Kriegswaffenexporten auch angesichts sich verändernder Umstände.
Die Wertung des Grundgesetzes sieht vor, Vorbereitungshandlungen für einen Angriffskrieg in Art. 26 I GG explizit zu verbieten, Streitkräfte primär „zur Verteidigung“ aufzustellen, Art. 87 a I GG, und den Besitz von Kriegswaffen in Art. 26 II GG unter ein grundsätzliches Verbot (mit Befreiungsvorbehalt) zu stellen, unterstützt diesen Schluss: Waffen sind im Wesentlichen zur Wahrung des Gewaltmonopols nach innen und zu Verteidigungszwecken nach außen da. Daher sollte auch der Handel mit Kriegswaffen diesem Zweck dienen – der Ermöglichung von Verteidigungshandlungen im Falle eines völkerrechtswidrigen bewaffneten Angriffs. Am Ende des Art. III.7. wird hinzugefügt: „Lieferungen an Länder, die sich in bewaffneten äußeren Konflikten befinden oder bei denen eine Gefahr für den Ausbruch solcher Konflikte besteht, scheiden deshalb grundsätzlich aus, sofern nicht ein Fall des Artikels 51 der VN-Charta vorliegt.“
Hier nochmal der genaue Text des Grundgesetzes:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 26
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Dass der Jemen (oder die von Rebellen kontrollierte Teile des Jemens) Saudi-Arabien nicht angegriffen hat (sondern umgekehrt) dürfte unstrittig sein.