Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | FS Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der Zeitenwende |
Antragsteller*in: | BAG Migration & Flucht (dort beschlossen am: 30.09.2022) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 30.09.2022, 21:00 |
FS-21: Dringlichkeitsantrag: Feministische Außenpolitik im Iran auch innenpolitisch umsetzen
Antragstext
Bündnis 90/Die Grünen begrüßt, dass das Auswärtige Amt bereits an einer neuen Lagebewertung
für den Iran arbeitet. Wir erwarten, dass diese realitätsgerecht und präzise sein wird und
somit zu einer sachgerechten Entscheidungspraxis beim BAMF im Asylverfahren führt.
Bündnis 90/Die Grünen setzt sich auf Bundesebene und in den Ländern bei der Vorbereitung auf
die anstehende Innenminister*innen-Konferenz dafür ein, dass
- ein sofortiger Abschiebestopp in den Iran eingeführt wird.
- die Einreisesperren von bereits abgeschobenen Iraner*innen, sowie Afghan*innen, die
sich derzeit im Iran befinden, aufgehoben werden.
- die nach Deutschland geflohenen Iraner*innen, die bisher nur eine Duldung haben, ein
Bleiberecht bekommen oder mindestens einen subsidiären Schutzstatus im
Folgeasylverfahren erhalten.
- geschlechtsspezifische Verfolgung – auch aufgrund der Kleidungsvorschriften –
vollumfänglich und grundsätzlich als Asylgrund anerkannt werden.
Begründung der Dringlichkeit
Die Ermordung der jungen kurdischen Iranerin Jîna Mahsa Amînîam 16. September 2022 durch die iranische Sittenpolizei hat im Iran große Proteste ausgelöst. Nicht nur Frauen demonstrieren auf der Straße, sondern alle Gruppen quer durch die Gesellschaft. Die iranische Regierung reagiert mit großer Brutalität und Repression auf die Proteste, bereits Dutzende Menschen starben, Hunderte wurden durch Polizeikräfte verletzt, Tausende verhaftet. Zwar gab es in den vergangenen fünf Jahren immer wieder Massenproteste, die Wut über den staatlichen Femizid hat aber eine neue Dimension der Protestbewegung entfacht.
Begründung
Menschenrechtsverletzungen im Iran sind nicht neu: Neben Kritiker*innen des Regimes, Oppositionellen und politischen Aktivist*innen unterdrückt das Regime Frauen, LGBTQI+ sowie religiöse, ethnische und nationale Minderheiten und alle, die gegen die strenge Sittenordnung des Regimes verstoßen. Sie werden (willkürlich) verhaftet, gefoltert, ermordet oder verschwinden.
Jedes Jahr werden Millionen von Frauen im Iran angehalten und schikaniert und sanktioniert, weil sie das Kopftuch „nicht korrekt“ tragen. Zahlreiche iranische Frauen verbüßen zweijährige Gefängnisstrafen, weil sie sich weigern den Schleier zu tragen. Behörden planen den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware, um Frauen identifizieren, verfolgen und bestrafen zu können, denen im öffentlichen Raum das Kopftuch verrutscht oder die keines tragen. Die staatliche geschlechtsspezifische Gewalt ist massiv.
Zwar ist die geschlechtsspezifische Verfolgung seit 2005 in Deutschland ein anerkannter Asylgrund, allerdings wird diese nicht grundsätzlich akzeptiert und nicht einheitlich angewendet. So urteilte beispielsweise das Verwaltungsgericht Nürnberg 2017 bei der Klage zweier Iranerinnen gegen den Asylablehnungsbescheid, dass Strafverfolgung wegen Verstoßes gegen Kleidungsvorschriften nicht asylrelevant sei, sondern „Verfolgung wegen eines allgemeinen Straftatbestandes ohne politische Bedeutung“.
Obwohl bekannt ist, dass das Regime ein repressiver Folterstaat ist und auch nicht zu den sicheren Herkunftsländern zählt, wurden dieses Jahr bereits 25 Menschen in den Iran abgeschoben.
Der Iran gehört zu den zehn zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylsuchenden in Deutschland – ihre Anerkennungsquote liegt bei etwa 30 Prozent. Im laufenden Jahr haben bislang rund 3.500 Iraner*innen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Nur ein Drittel wurde vom BAMF anerkannt – 2021 war es ca. ein Viertel. Mehr als 10.000 Iraner*innen in Deutschland leben mit dem prekären Status der Duldung, viele von ihnen unterliegen einem Arbeitsverbot.
weitere Antragsteller*innen
Änderungsanträge
- FS-21-013 (Jürgen Blümer (KV Warendorf), Eingereicht)
- FS-21-013-2 (Hannah Wettig (KV Berlin-Pankow), Eingereicht)