Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | K Klimakrise als Menschheitsaufgabe: für Klimaschutz, für Freiheit |
Antragsteller*in: | BAG Energie (dort beschlossen am: 02.09.2022) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: K-06-131-2 (mÜ K-16) |
Eingereicht: | 02.09.2022, 15:46 |
K-16: "Jetzt erst recht. Mit Erneuerbaren raus aus der Klimakrise und der Energiepreisspirale"
Antragstext
Monatelange Waldbrände, Dürren, Niedrigwasser, Stürme – der Sommer 2022 hat uns allen
nochmals deutlich gemacht wie ernst die Klimakrise ist. Gerade weil wir „erst“ bei 1,2°C
globaler Erwärmung angekommen sind, müssen wir im Angesicht der Klimakrise nun umso
beherzter auf den im Koalitionsvertrag vereinbarten 1,5°C-Pfad umschwenken. Im Hitzesommer
2022 sind auch die Energiemärkte mit zuvor undenkbaren Fieberkurven geradezu explodiert.
Dass dabei der zwischenzeitliche Anstieg des Gaspreises um 300 Euro einem CO2-Preis von
1.500 Euro entspricht, verdeutlicht die Dringlichkeit einer konsequenten Ausrichtung der
Energiemärkte auf Sonnen- und Windenergie aus Europa.
Denn: Gegen die fatale Abhängigkeit von fossilen Energien und der Willkür von Diktatoren und
Autokraten hilft nur eine nochmals beschleunigte Transformation zu 100% Erneuerbaren
Energieträgern in Kombination mit nennenswerten Einsparungen über Effizienzmaßnahmen.
Deshalb fordern wir:
1. Eine drastische Beschleunigung beim Ausbau der Erneuerbaren und ihre effektive
Systemintegration.Dazu zählt kurzfristig die Nutzung der Wärmepotenziale aus Stromspitzen um
die Verschwendung z. B. bei Starkwind zu Beenden - durch Power-to-Heat in Wärmenetzen
(Nutzen-statt-Abregeln). In Prozessen der Daseinsvorsorge sowie zur Stabilisierung
kritischer Infrastruktur, etwa von Krankenhäuser oder Kläranlagen, steigern wir die
Effizienz und nutzen alle Potentiale zur Sektorenkopplung konsequent. Ebenso müssen
Abwärmepotentiale der Industrie rasch gehoben, Flächen für Erneuerbare rascher ausgewiesen
und Wind und PV-Anlagen, insbesondere direkt vor Ort bei Großverbrauchern, schneller
genehmigt werden. Zudem brauchen wir endlich eine echte Entfesselung von
Bürger:innenenergie, Mieter:innenstrom und EnergySharing, eine Speicherstrategie und eine
umfassende Strategie für nicht-fossile Wärme. Mit diesen und anderen Maßnahmen schaffen wir
einen raschen Hochlauf der derzeitigen Photovoltaik-Zubaurate auf 25GW pro Jahr bis 2025.
Auch bei Solarthermie braucht es verstärkte Anreize etwa über vereinfachte Fördermodelle für
integrierte Wärmekonzepte in Quartieren. Wir fordern eine Steigerung des jährlichen Zubaus
der Windenergie an Land auf 15GW bis Jahr 2025. Bei Wind auf See ist unser Ziel 35 GW bis
2035 in Deutschen Seegewässern und 25GW bis 2035 durch deutschen Anteil an europäischen
Gemeinschaftsprojekten.
2. Den Einstieg in echtes sektorübergreifendes Energiemarkt-, nicht nur Strommarkt-Design in
Kombination mit der europäisch integrierte Planung von Strom und Wasserstoffnetzen auf
Übertragungsnetzebene sowie von Strom und Wärme, auf Verteilnetz- und kommunaler Ebene. Die
Energiemärkte müssen endlich näher an die physikalischen Gesetze rücken und dabei konsequent
auf eine 100-prozentige Versorgung aus sicheren und sauberen europäischen Erneuerbaren
ausrichtet werden. Statt neuer Abhängigkeiten von Energieimporten müssen wir tragfähige
inner-europäische Verknüpfungen zwischen Aufkommen und Nachfrage von Energie schaffen. Wir
brauchen ergänzend und netzstabiliserend endlich regional differenzierte Märkte. Kurzfristig
führen wir dazu mehrere Strompreiszonen ein, mittelfristig distanz- und nutzungsabhänige
Netzentgelte und eine starke Leistungspreiskomponete.
3. Den gezielten Aufbau einer krisensicheren europäischen erneuerbaren Energieindustrie über
alle Wertschöpfungsketten: Wie bei den Energieimporten dürfen wir auch bei der Technik zur
Nutzung der Erneuerbaren nicht von einigen oder gar einem Lieferanten abhängig sein.
Vielmehr sollten wir möglichst die gesamte ”erneuerbare” Wertschöpfungskette für
Photovoltaik, Windenergieanlagen, Elektrolyseure und Speicher inklusive Vorprodukten wie
Silizium in die EU holen.
4. Die kurzfristige und strategische Ausrichtung der energieintensiven Industrie zur
Umstellung von Produkten, Produktionsprozessen und Wärmebereitstellung. Wir fordern von der
Industrie ganzheitliche CO2 Lifecycle Analysen und, darauf aufbauend, einen Einstieg in
Kennzeichnung der Produkte mit CO2 pro Produkt. Durch Flexibilisierung der energieintensiven
Industrie kann die notwendige „gesicherte Leistung“ kurzfristig signifikant gesenkt werden.
Statt einer gleichmässigen, muss möglichst der flexibel an die Erneuerbare Erzeugung
angepaßte Energiebezug angereizt werden. Ein „Flex-Booster“ soll bereits geplante
Flexibilisierungsprojekte kurzzeitig in die Umsetzung bringen. Dazu sollen vorhandene
Fördertöpfe aufgestockt werden, um bereits geplante Förderprojekte kurzfristig umzusetzen.
Sämtliche die Flexibilisierung verhindernden Subventionen und Befreiungen (z.B.
Netzentgeldbefreiungen, u.a. 7.000h Regel) müssen auf Flexibilisierung des Verbrauchs
ausgerichtet werden. Von entscheidender Bedeutung ist auch die kurzfristige Umsetzung der
ersten Klimaschutzverträge (CCfDs) in Regionen und Industrien, die in der Transformation
voran gehen. Der Ausbau der mit dem Stromnetz integrierten Wasserstoffinfrastruktur muss
sofort gezielt angegangen werden. Gleichzeitig müssen sämtliche Subventionen und ein
wachsender Forschungsmittelanteil auf Defossilisierungs-, Energie- und
Ressourcensicherheitsstrategien ausgerichtet werden. Wir ergreifen zudem Maßnahmen zur
beschleunigten Verringerung des Verbrauchs Erdöl-basierter Produkte und konsequenten
Kreislaufführung vonKunststoff- und Textilprodukten durch eine kontinuierlich steigende
Anforderungen an den Recyclatgehalt der Endprodukte. Fossile CO2- Quellen in der stofflichen
Nutzung wollen durch biogene Reststoffe und Abfallströme ersetzen.
5. Den beherzten Umbau der Wärme- und Gebäudeinfrastruktur. Insbesondere fordern wir: Das
Senken der Raumtemperatur und Installation von intelligenten Thermostaten in öffentlichen
Gebäuden, eine PV-Pflicht und die smarte Kombination mit Solarthermie auf privaten Neubauten
und auf öffentlichen Gebäuden, das Ende der Zulassung von Gasheizungen in Neubauten, die
zielgerichtete Förderung der Verbesserung der thermischen Gebäudehülle in Verbindung mit der
Heizungsmodernisierung zum Umstieg auf erneuerbare Energien. Innerstädtisch müssen die
bestehenden Wärmenetze konsequent ausgebaut und ertüchtigt werden, um bei kontinuierlich
sinkenden Temperaturniveau als Wärmedrehscheibe dienen zu können und somit die Aufnahme und
effiziente Verteilung von erneuerbaren Energien und klimaneutraler Wärme wie Abwärme aus
Industrie und Verwertung zu ermöglichen.
Es geht um Viel: Einen bewohnbaren Planeten, Menschenleben, Frieden und Freiheit.
Gleichzeitig ist noch Alles möglich: Wind- und Solarenergie sind unschlagbar günstig. Je
schneller wir sie überall nutzen, desto besser für uns alle. Eine bessere Welt ist möglich.
Wir sind in der Verantwortung sie jetzt Wirklichkeit werden zu laßen - mit einer
ambitionierten Energiewende von allen, für alle!
weitere Antragsteller*innen
Änderungsanträge
- K-16-002 (BAG Energie (dort beschlossen am: 21.09.2022), Eingereicht)
- K-16-014 (BAG Energie (dort beschlossen am: 21.09.2022), Eingereicht)
- K-16-019 (KV Fürstenfeldbruck (dort beschlossen am: 12.09.2022), Eingereicht)
- K-16-044 (BAG Energie (dort beschlossen am: 21.09.2022), Eingereicht)
- K-16-068 (BAG Energie (dort beschlossen am: 21.09.2022), Eingereicht)
- K-16-078 (BAG Energie (dort beschlossen am: 21.09.2022), Eingereicht)
Kommentare
Axel Horn:
Bitte unterstützt den Änderungsantrag. der eine Solarpflicht fordert!
https://antraege.gruene.de/48bdk/jetzt-erst-recht-mit-erneuerbaren-raus-aus-der-klimakrise-und-der-en-31955/15221
Bernhard Ziegler:
Fazit: Für einen normalen Mehrfamilienhausbesitzer ist eine energetische Sanierung derzeit nicht zu leisten.
Georg P. Kössler:
Das wir keinen CO2-Preis brauchen, weil fossiles Gas de facto schon teuer ist? Und wird die o.g. Dringlichkeit nicht grade dadurch sichtbar, dass Leute nicht mehr ihre Rechnung zahlen können? Ich verstehe den Satz vielleichzt einfach nicht. Danke für eine Erklärung!
Malte Schlüter:
Durch Abstandsregeln zu Nachbarn lohnt sich für viele interessierte Eigenheimbesitzer:innen, speziell von Reihenhäusern oder einer Doppelhaushälfte, leider nicht die Installation einer PV-Anlage.
Jedes Land hat eigene Regelungen wie die Abstände sein müssen. Einzelne Länder haben meine ich schon gelegentlich über das Thema gesprochen, aber ohne wichtigen Maßnahmen. Dazu habe ich eine sehr interessante Stellungnahme im Netz gefunden https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST17-4757.pdf
Es wäre toll wenn auf Bundesebene dort endlich eine einheitliche und vorallem klimafreundliche Regelung für die Zukunft gefunden werden könnte.
Axel Horn:
Es ist aber richtig, gerade die Gebäude im Bestand in die Nutzung der Solarenergien einzubeziehen. Deshalb hat die BAG Energie einen Änderungsantrag zur ursprünglichen Fassung eingetragen, in dem die Forderung jetzt so lautet: "eine schrittweise Solarpflicht für alle Gebäude, die das Erreichen der Ausbauziele für Fotovoltaik und Solarthermie bestmöglich und sozial gerecht unterstützt"
https://antraege.gruene.de/48bdk/jetzt-erst-recht-mit-erneuerbaren-raus-aus-der-klimakrise-und-der-en-31955/15429