| Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz | 
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes | 
| Status: | Beschluss | 
| Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz | 
| Beschlossen am: | 15.10.2022 | 
| Angelegt: | 17.10.2022, 18:35 | 
| Antragshistorie: | Version 1  | 
Kein EU-Geld für Autokraten - Europas Rechtsstaat schützen!
Beschlusstext
Die Regierung in Ungarn baut gezielt die Demokratie ab. Premierminister Viktor Orbán gründet 
seine Macht in Teilen auf Korruption und Vetternwirtschaft und nutzt sein Vetorecht als 
nationalistisches Instrument und schränkt damit die Einheit und Handlungsfähigkeit der EU 
ein. Die Arbeit freier Medien und die Rechte von Minderheiten und Geflüchteten werden stark 
eingeschränkt. In den vergangenen Jahren ließen sich auch in anderen EU-Mitgliedstaaten 
ähnliche Versuche beobachten, freie Medien zu bedrohen oder die Justiz anzugreifen.
Auch die polnische Regierungspartei PiS hat in den vergangenen Jahren einen politischen Kurs 
eingeschlagen, der die Unabhängigkeit der Justiz gefährlich untergräbt. Urteile des 
Europäischen Gerichtshofs werden regelmäßig ignoriert. Die PiS-Partei hat die Rechte von 
Frauen, Angehörigen der LGBTQI-Community, Geflüchteten und vielen anderen angegriffen.
EU-Regierungen, die die Rechtsstaatlichkeit und die demokratischen Werte nicht respektieren, 
sollten mit entsprechenden finanziellen und politischen Konsequenzen rechnen müssen. Das 
Art. 7 Verfahren, welches zum Entzug des Stimmrechts für Mitgliedstaaten führen kann, ist 
allerdings durch die notwendige Einstimmigkeit im Rat blockiert. Die Bekämpfung von 
Missbrauch und Korruption mit EU-Geldern muss jetzt höchste Priorität haben. Die Verknüpfung 
der Auszahlung von EU-Geldern an Rechtsstaatsprinzipien ist der wichtigste Beitrag der EU, 
um ein Abgleiten vom gemeinschaftlichen Wertekonsens zu verhindern. EU-Gelder dürfen nicht 
missbraucht werden, um die Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.
Ungarn, aber auch Polen, zählen zu den größten Nettoempfängern in der EU. So erhielt Polen 
im Jahr 2020 13,2 Milliarden Euro aus dem regulären EU-Budget und Ungarn 4,9 Milliarden 
Euro. Diese Solidarität unter den EU-Mitgliedsstaaten ist wichtig, sie fußt aber auf einer 
gemeinsamen Wertebasis, der sich alle Mitgliedsstaaten mit ihrem Beitritt zur EU 
verpflichtet haben.
Die Europäische Kommission und ihre Präsidentin Ursula von der Leyen sind die Hüterinnen der 
Europäischen Verträge. Die Kommission ist verpflichtet, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit 
zu verteidigen. Dafür muss sie die nötigen Instrumente nutzen. Wir begrüßen, dass die EU 
Kommission nun erstmals die Konditionalitäts-Verordnung angewandt hat und Ungarn EU-Hilfen 
in Höhe von 7,5 Milliarden Euro frieren will. Es ist enorm wichtig, dass dieses neue 
Instrument rechtlich absolut einwandfrei und gerichtsfest genutzt und nicht beschädigt wird.
Über den EU-Wiederaufbaufonds könnten noch weitere 35,4 Milliarden Euro an Polen und 7,2 
Milliarden Euro an Ungarn fließen. Der zuständige EU-Ministerrat hatte im Juni den 
polnischen Wiederaufbauplan unter Auflagen genehmigt, ohne dass die polnische Regierung 
zuvor nennenswerte Justizreformen durchgeführt hat. Damit können nun die 35,4 Milliarden 
Euro in Tranchen an die polnische Regierung ausgezahlt werden, wenn entsprechende 
Meilensteine erfüllt werden. Diese Meilensteine sind allerdings umstritten. Die 
Verhandlungen zwischen Kommission und ungarischer Regierung über die Genehmigung des 
ungarischen Wiederaufbauplans dauern noch an.
Europa muss die Grundrechte der EU-Bürger*innen in allen EU-Ländern verteidigen. Wir müssen 
dafür sorgen, dass EU-Gelder der Stärkung von Wohlstand, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit 
dienen und nicht in den Taschen von Autokraten und ihren Freunden verschwinden.
Wir werben bei unseren europäischen Partnern dafür, dass schwerwiegende und anhaltende 
Verletzungen der EU-Werte Konsequenzen haben, die über haushaltspolitische Maßnahmen 
hinausgehen.
Wir BÜNDNISGRÜNE fordern:
- Die EU-Kommission auf, im laufenden Rechtsstaatsverfahren gegen die ungarische 
 Regierung die Suspendierung von EU-Geldern weiter voran zu treiben und bei
 fortgesetzten Rechtsstaatsverstößen die Suspendierung weiterer Zahlungen zu
 beschließen;
- Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten auf, im Rat aktiv für ein solches Vorgehen 
 durch die EU-Kommission zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und der
 Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn einzutreten;
- Die Europäische Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten auf, die 
 Zahlungsanträge der polnischen Regierung im Rahmen des Wiederaufbaufonds nur zu
 genehmigen, wenn die vereinbarten Meilensteine erfüllt und die dazugehörenden EUGH-
 Urteile umgesetzt werden;
- Die Europäische Kommission auf, den ungarischen Wiederaufbauplan nur in Abhängigkeit 
 der Behebung der durch die EU-Kommission dokumentierten Rechtsstaatsverstöße zu
 genehmigen;
- Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten auf, im Rat den ungarischen Wiederaufbauplan 
 nur zu genehmigen, wenn die eklatanten Rechtsstaatsmängel behoben werden;
- Die Europäische Kommission als Hüterin der Verträge auf, die bestehenden 
 Rechtsstaatsinstrumente konsequent und zeitnah zu nutzen, und die Urteile des
 Europäischen Gerichtshofs durchzusetzen.
