Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | Verschiedenes (nicht gerankt) |
Antragsteller*in: | Landesvorstand Brandenburg (dort beschlossen am: 02.09.2022) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.09.2022, 18:54 |
V-26: Oder retten – Oderausbau stoppen!
Antragstext
Retten wir die Oder und helfen dem Fluss und seiner Fauna und Flora sich nach dem
schrecklichen Fischsterben zu erholen. Den geplanten Ausbau der Oder lehnen wir ab.
Die Oder ist einer der letzten freifließenden Flüsse Europas. Als relativ naturnaher Fluss
verfügt die Oder über weite Auenflächen und Überflutungspolder, die bisher einer Vielzahl
bedrohter Tier- und Pflanzenarten ein zu Hause sind.
Mit dem verheerenden Fischsterben im Sommer 2022 ist nun das gesamte Ökosystem massiv
geschädigt worden. Fast 300 Tonnen toter Fische, Muscheln und Schnecken wurden von deutscher
und polnischer Seite geborgen.
Die Gründe für diese menschengemachte Umweltzerstörung sind vielfältig und werden aktuell
untersucht. Die Ursachen müssen lückenlos aufgeklärt werden, sehr wahrscheinlich sind sie
multikausal. Fest steht jedoch, dass stark salzhaltiges Wasser in großen Mengen in die Oder
geleitet wurde. Dadurch konnte sich eine Brackwasseralge explosionsartig vermehren. Ihre
Blüte wiederum hat ein Gift ausgeschüttet, das für Fische, Muscheln und Schnecken tödlich
ist. Diese „Giftwelle“ rollte über 500 Kilometer durch die Oder. Hitze, Aufstauung und ein
geringer Durchfluss haben die Folgen dieses Umweltverbrechens weiterhin verstärkt.
Die Oder wird wahrscheinlich Jahre brauchen, um sich von dieser Schädigung zu erholen. Jetzt
geht es darum, dass sich der Fluss und all die von ihm abhängigen Lebewesen die Zeit und
nötige Ruhe für diese Regeneration bekommen. Das letzte was die Oder braucht, sind weitere
menschliche Eingriffe zu Lasten des Ökosystems.
Doch ein bereits begonnener Ausbau des Flusses auf polnischer Seite gefährdet die
angeschlagene Oder. 2015 hat die von der CDU/CSU-geführte Bundesregierung ohne Beteiligung
des Parlaments ein bilaterales Abkommen mit Polen geschlossen. Dieses Abkommen öffnete die
Tür für den verkehrlichen Ausbau der Oder. Was in dem Abkommen als Instandhaltungsmaßnahmen
bereits existierender Buhnen zur Ermöglichung von Eisbrechereinsätzen definiert ist, zeigt
sich als massiver Eingriff und großflächiger Ausbau. Die polnische Regierung will damit die
Bedingungen für die unterrepräsentierte Schifffahrt auch bei Niedrigwasser verbessern.
Weitergehende Pläne beabsichtigen sogar, neue Staustufen in der Oder zu bauen. So soll einer
der letzten freifließenden Flüsse Europas zu einer Wasserautobahn werden.
Die Vertiefung der Oder durch den Ausbau bedroht die einzigartige Flusslandschaft und
Deutschlands einzigen Auennationalpark „Unteres Odertal“. Der Ausbau ist eine weitere
ökologische Katastrophe für den Fluss. Er ist nach der von unserer Europafraktion GRÜNE/EFA
veranlassten juristischen Prüfung weder mit der FFH-Richtlinie, dem europäischen
Artenschutzregime noch der europäischen Wasserrahmenrichtlinie vereinbar und verstößt gegen
Bestimmungen der europäischen Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie. Die EU-
Wasserrahmenrichtlinie verbietet z.B. sämtliche Maßnahmen, die den ökologischen Zustand
unserer Fließgewässer verschlechtern.
Spätestens angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise mit extremen Niedrigwassern und
Hitzeperioden ist ein weiterer Ausbau für die Schifffahrt nicht mehr zeitgemäß. Auch unter
wirtschaftlichen und verkehrlichen Gesichtspunkten ist der Ausbau aus deutscher Sicht mehr
als fragwürdig.
Unser Ziel muss es jetzt sein, das Ökosystem der Oder nach der Ökokatastrophe wieder zu
sanieren und schädliche Einflüsse zu minimieren. Dafür müssen die Gespräche mit der
polnischen Seite fortgeführt werden - über die Aufklärung des Fischsterbens und über Fragen
der weiteren Nutzung und des Ausbaus. Wir tragen gemeinsame Verantwortung für den Fluss.
Unter den Bedingungen der Klimakrise muss sich die Schifffahrt vermehrt den Flüssen anpassen
und nicht umgekehrt. Dazu gehört, dass Deutschland und Polen zum Oderausbau neu verhandeln
sollten.
Deshalb fordern wir auch die Europäische Kommission dazu auf, keine Mittel einzusetzen, um
die Oder in eine überdimensionierte Wasserstraße umzuwandeln und einen europäischen Fluss
nachhaltig zu schädigen.
Kommentare
Katja Behrendt: