Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | W-PR Nachwahl Parteirat |
Antragsteller*in: | Tarek Massalme (KV Berlin-Mitte) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.09.2022, 13:41 |
W-PR-03: Bewerbung: Tarek Massalme
Bewerbungstext
Grüner Kommunalpolitiker, Architekt und Familienvater
Ich erinnere mich noch heute an meine erste Erfahrung mit GRÜNER Politik: Meine Mutter war Mitte der 80er Jahre den GRÜNEN in Schleswig-Holstein beigetreten, weil in Brokdorf ein weiteres Atomkraftwerk ans Netz gehen sollte. 1986 sah ich mit meinen Eltern in der Tagesschau, wovor unsere Gründungsmitglieder gewarnt hatten: die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Sie löschte Landstriche und Menschenleben aus und verseuchte unsere Natur — bis heute.
Ich war damals neun Jahre alt und verstand das Geschehene noch nicht. Ähnlich geht es heute meinen Kindern, wenn ich ihnen die Nachrichten erklären muss. Bilder, die zeigen, wie Wälder brennen, Flüsse austrocknen und Hungerkrisen durch den russischen Angriffskrieg drohen. Die Zukunft sieht für junge Menschen düster aus. Die Warnungen vor klimabedingten und geopolitischen Katastrophen sind ohrenbetäubend laut. Generationenübergreifend müssen wir jetzt konsequent handeln — gemeinsam, mit den größtmöglichen Schritten. Deshalb bringe ich GRÜNE Ideen beruflich als Architekt und politisch als Kommunalpolitiker in Berlin-Mitte ein.
Vor Ort GRÜNE Politik mit den Menschen umsetzen
In meinem Wohnbezirk Berlin-Mitte leben fast 400.000 Menschen. Hier erleben wir viele politische Herausforderungen: Menschen leiden im überhitzten Stadtraum, weil sich vergangene Regierungen an Beton und Autos statt an Menschen und Radverkehr orientiert haben. Explodierende Miet-, Energie- und Lebensmittelpreise treffen Menschen aller Altersgruppen. Mittelständische Unternehmer*innen und Start-up-Gründer*innen finden keine Fachkräfte und sind besorgt über die aufkommende wirtschaftliche Rezession. Sicher geglaubte Lieferketten sind unterbrochen, Gewissheiten in Frage gestellt. Als Kommunalpolitiker*innen können wir nicht die Welt retten, aber die Welt vor Ort Stück für Stück besser machen. Unser politisches Angebot und ein leidenschaftlicher Wahlkampf haben die Menschen unseres vielfältigen Bezirks überzeugt: Mit 28,5 % haben wir BÜNDNISGRÜNEN 2021 das mit Abstand stärkste Stimmergebnis in Berlin-Mitte eingefahren. Seitdem bin ich Fraktionsvorsitzender und fachpolitischer Sprecher für mein Leidenschaftsthema Stadtentwicklung.
Bauwende ist Klimawende
Fast ein Drittel aller CO2-Emissionen werden durch den Bausektor verursacht. Über die Hälfte des nationalen Müllaufkommens entsteht allein durch Bautätigkeit. Täglich versiegeln wir 54 Fußballfelder durch Bau- und Infrastrukturmaßnahmen. Nur wenn wir energetisch sanieren, umbauen und umnutzen statt abzureißen, den Weg in die Kreislaufwirtschaft gehen und nachhaltig bauen, reduzieren wir Treibhausgasemissionen und steigern unsere Lebensqualität. Dafür muss unsere Politik jetzt die Weichen stellen.
Bauen und Wohnen ist auch eine Gerechtigkeitsfrage
Allein in Berlin hat sich der durchschnittliche Mietpreis zwischen 2012 und 2022 fast verdoppelt. Fast 50 % des Einkommens armutsgefährdeter Haushalte müssen im Bundesdurchschnitt für die Warmmiete aufgebracht werden. Die Mietpreisexplosion entwickelt sich angesichts der aktuellen Energiekrise zunehmend von einer Netto-Kalt- zur Brutto-Warm-Mietenkrise. Energetisch unsanierte Gebäude und Stadtteile sind zukünftig keine Garantie mehr für günstige Mieten — im Gegenteil.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung, Gemeinwohlorientierung und gute Gestaltung die neuen Kriterien des Bauens werden. Gerade mit einem SPD-geführten Bauministerium auf Bundesebene müssen wir das GRÜNE Korrektiv für ökologische und soziale Bau- und Wohnungspolitik sein.
Bauen und Wohnen ist eine Frage sozialer Durchlässigkeit
Auf Kommunalebene entwickeln wir Kieze gemeinwohlorientiert weiter, bewahren zugleich ihre gewachsene Vielfalt und schaffen mehr Teilhabe. Mein Vater, der aus Syrien stammt und 1956 nach Deutschland immigrierte, traf damals auf eine überwiegend homogene und geschlossene Gesellschaft. Seine Lebensgeschichte zeigt mir, wie wichtig und wertvoll es ist, Raum für den eigenen Aufstieg, die eigene Identität und das Zusammenleben unterschiedlicher Milieus und Altersgruppen zu schaffen. Für mich ist klar: Wir müssen die Bau- und Mietenfrage in den Mittelpunkt GRÜNER Politik stellen, um die Klimakrise anzugehen und unsere Lebensqualität für die Menschen vor Ort zu verbessern.
In meiner 15-jährigen Arbeit als selbstständiger Architekt und Energieberater habe ich ein Team aus 15 Mitarbeiter*innen aufgebaut. Wir sammeln Erkenntnisse über gesellschaftliche und politische Mechanismen bei der Errichtung lebendiger Stadtteile oder nachhaltiger Gebäude und gestalten diese mit. Wir haben mit vielen Kolleg*innen begonnen, ein neues Selbstverständnis für den Gestaltungsauftrag zu entwickeln: Heute und in Zukunft gilt es, den Begriff der ökologischen Moderne in einem breiten Bündnis zwischen Planer*innen, Gestalter*innen, Zivilgesellschaft und Politik in den Städten und ländlichen Räumen weiterzuentwickeln. Deshalb bringe ich mein Wissen auch bei uns GRÜNEN als stellvertretender Sprecher der BAG Planen, Bauen, Wohnen ein.
Die kommunale Perspektive
Kommunalpolitik ist für mich mehr als eine ehrenamtliche Tätigkeit: Wir Kommunalas und Kommunalos sprechen mit den Menschen bei uns vor Ort im Kiez und auf dem Marktplatz. Wir schmieden politische Bündnisse mit Bürger*innen und anderen Parteien für BÜNDNISGRÜNE Inhalte und setzen uns mit dem politischen Gegner auseinander. Uns alle treibt der Wille an, für jeden Baum, jeden Radweg, jede sanierte Schule, jeden Jugendtreff und für jedes Gramm weniger CO2 zu kämpfen. Wir bohren die dicken Bretter, um aus dem abstrakten Begriff „sozial-ökologische Transformation“ fassbare Wirklichkeit vor Ort zu machen.
Wir sind an 11 von 16 Landesregierungen beteiligt. Tausende von Ehrenamtlichen engagieren sich jeden Tag in den 11.000 Städten und Kommunen Deutschlands. Ein Parteirat sollte all diese Ebenen von der Exekutive bis zur Legislative widerspiegeln. Das ist keine Frage von „Unten“ und „Oben“, sondern von Vielfältigkeit und unterschiedlichen Perspektiven. Als Kommunalpolitiker, als Unternehmer und als Familienvater bekomme ich täglich Rückmeldung, was vor Ort geschieht, wie unsere Politik bei den Menschen ankommt. Unsere Stärke ist die Feedback- und Beteiligungskultur. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Parteirat diese Perspektive braucht, und ich würde mich freuen, diese für Euch vertreten zu dürfen.
privat
- geboren 1976 und aufgewachsen in Schleswig-Holstein
- seit 1998 Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Berlin
beruflich
- Architekturstudium TU-Berlin und ETH-Zürich
- seit 2007 Unternehmer und Architekt
- Energieberater und Sachverständiger im Bauwesen
politisch
- Vorsitzender Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte
- Fachpol. Sprecher für Stadtentwicklung
- Stellv. Sprecher BAG Planen, Bauen, Wohnen
- 2018 Mitglied BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN KV Berlin-Mitte