Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | I In Zeiten fossiler Inflation: sozialen Zusammenhalt sichern, Wirtschaft stärken |
Antragsteller*in: | Franz Florian Krause (KV Hamburg-Wandsbek) und 52 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 38%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung (Abgelehnt) |
Eingereicht: | 31.08.2022, 20:06 |
I-03: Übergewinnsteuer jetzt: Für die solidarische Umverteilung von volkwirtschaftlichen Gewinnen!
Antragstext
Bündnis 90/Die Grünen setzt sich aktiv für die solidarische Umverteilung von
volkswirtschaftlichen Gewinnen ein und fordert die Bundestagsfraktion und -regierung dazu
auf, diese Position im Parlament, den Ministerien und in der Koalition umzusetzen.
Gerade die Gewinne der Unternehmen, welche durch Krisensituationen, wie beispielsweise den
Ukrainekrieg, die Energiekrise oder die Corona-Pandemie, besonders profitieren, sollen
solidarisch innerhalb der Gesellschaft umverteilt werden.
Durch die Einführung von Übergewinnsteuern kann die aktuelle soziale Schieflage ausgeglichen
werden. Die erzielten zusätzlichen Steuereinnahmen sollen in gesamtgesellschaftliche
Projekte investiert werden. Dadurch werden kurzfristige soziale und wirtschaftliche Folgen
der aktuellen Krisensituation abgemindert. Außerdem kann so langfristig eine positive
wirtschaftliche und soziale Entwicklung gefördert, Armut gezielt bekämpft und aktiv zum
Klimaschutz beigetragen werden.
Begründung
Lieferengpässe, individuelle Preissteigerungen und Inflation, ausgelöst durch die Krisen der letzten Jahre, führen zu prekären Einkommenssituationen und dauerhafter Armutsgefährdung breiter Bevölkerungsschichten. Viele Menschen wissen nicht, woran sie noch sparen sollen, um am Ende des Monats noch Essen einkaufen zu können, oder die Rechnungen für Gas und Strom zu zahlen. Es muss in der aktuellen Situation davon ausgegangen werden, dass für viele Menschen durch sinkende Reallöhne und Lohnersatzzahlungen bei steigenden Kosten die Abhängigkeit von Sozialleistungen und im schlimmsten Fall die Obdachlosigkeit droht. Die langfristigen Auswirkungen sinkender Konsumfähigkeit der breiten Bevölkerungsmehrheit bei Verbrauchsgütern auf den Arbeitsmarkt können zu einer Abwärtsspirale führen. Bereits jetzt ist die Inanspruchnahme staatlicher Grundaufgaben nicht mehr gewährleistet: Der ÖPNV ist marode und überfüllt und Einrichtungen der sozialen Grundsicherung sind überlastet – Ende August zeigten über 200 Ausländerbehörden ihre Überlastung an
Zur gleichen Zeit erzielen Unternehmen Rekordgewinne, Aktionär*innen und Anteilseigner*innen erhalten weiterhin riesige Renditen und gerade bei Alltagsprodukten werden die Gewinnmargen erweitert. Krisengewinner wie Energiekonzerne, Waffenproduzenten und Hersteller von medizinischen Verbrauchsgütern müssen durch die Politik an ihre gesellschaftliche Verantwortung erinnert werden. Die Anzahl der Millionär*innen in Deutschland ist im letzten Jahr um ca. 100.000 Menschen angestiegen. Aktienwerte von Firmen wie Rheinmetall haben sich in den letzten Monaten um bis zu 120% gesteigert und eigentlich stark von der Energiekrise betroffene Firmen wie BASF oder Linde halten an ihren angestrebten Firmenzielen, welche im Vorjahr aufgestellt worden sind, fest.
Die Bundesregierung heizt die Spannung in der Gesellschaft durch die Umlage der Mehrkosten für Unternehmen auf die Bevölkerung, z.B. mit der Gasumlage, weiter an, obwohl diese Mehrkosten bereits in der Preiskalkulation der Unternehmen eingepreist wurden. So stellt der Staat sich in den Dienst der Praxis, Verluste zu sozialisieren und Gewinne zu privatisieren, um Renditen zu steigern. Dies kann nicht die Politik einer sozialen Marktwirtschaft sein. Bündnis 90/Die Grünen müssen diesem Streben einen solidarischen Wirtschaftsansatz mit einer nachhaltigen Zielsetzung gesellschaftlicher Gerechtigkeit entgegensetzen.
Die Senkung von Mehrwertsteuern auf Gas schafft keine umfassende Entlastung, schon gar nicht für Menschen in schlechter Wohnlage oder mit Familien. Stattdessen subventioniert die Umlage, ähnlich wie der Tankrabatt, die Menschen, welche schon von Haus aus einen höheren Verbrauch haben. Gleichzeitig wird der Umstieg auf klimafreundliche Alternativen gelähmt, da diese finanziell an Attraktivität verlieren.
Gaskonzerne, welche durch ihr Handeln im eigenen unternehmerischen Risiko in die aktuelle Lage gekommen sind, werden durch den Staat aufgefangen. Die gangbare Alternative einer direkten Verstaatlichung wird ausgeblendet, obwohl so die demokratische Teilhabe an der gesellschaftsrelevanten Energieversorgung erhöht und die Preise für Energie gesenkt werden können.
Eine akut sinnvolle Lösung, um die soziale Schieflage zu entspannen, ist eine Besteuerung zur solidarischen Verteilung der von den Arbeitenden erwirtschafteten Gewinne. Schätzungen gehen laut aktuellen Medienberichten davon aus, dass Mehreinnahmen in Höhe von über 100 Milliarden Euro durch eine Übergewinnsteuer erzielt werden können. Diese in vielen gesellschaftlichen Bereichen benötigten Gelder werden der Gesamtheit vorenthalten und einem begrenzten Personenkreis mit hohem Kapitalaufkommen zugeführt.
Unsere Nachbarstaaten gehen hier mit gutem Beispiel voran und nutzen die zusätzlichen Steuereinnahmen, um beispielweise den ÖPNV kostenlos zu machen, was die Inflation verlangsamt, soziale Entlastung schafft und das Klima schont. Die Einführung des Bürgergeldes und der Kindergrundsicherung sind große soziale Erfolge – ihre Umsetzung und die Absicherung von Millionen von Menschen in unserem Land braucht umfangreiche finanzielle Mittel. Eine große Menge an staatlichen Investitionen in die Altersversorgung, die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die Schulen und Universitäten, und für gute Arbeitsplätze sind zusätzlich möglich und bilden einen demokratischen und sozialen Rahmen für den demografischen Wandel. Nur durch gefüllte Staatskassen und breite Investitionen – ermöglicht durch die solidarische Umverteilung von gesamtgesellschaftlich erwirtschaftetem Reichtum – kann Stabilität für zukünftige Krisen erlangt und langfristig positive Weiterentwicklung für alle Menschen gefördert werden.
Kommentare
Philipp Schmagold:
Thomas Wolff:
Marc Kersten:
Jens Pommer:
Christine Geiger:
Susanna Sandvoss:
Barbara Romanowski:
Eine Nebenfrage: Warum werden einige Anträge so schnell eingereicht, so dass viele Interessierte nicht mehr die Möglichkeit haben, diese zu unterstützen? Hier: Eingereicht am 31.08.2022, 20:06 Uhr, jetzt haben wir den 1. Sept., 11:20 Uhr.
Ingrid Schmalhorst-Behrendt:
Waltraud Voß:
Christiane Thomaßen: