Veranstaltung: | 49. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | W-EP Wahl der Europaliste |
Antragsteller*in: | Anna Deparnay-Grunenberg (KV Stuttgart) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 07.11.2023, 00:42 |
W-EP-23: Bewerbung: Anna Deparnay-Grunenberg
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
Die Nachtzugkarte ist mein Türöffner für viele Gespräche, wenn ich für ein klimafittes Europa unterwegs bin. Für diese Karte haben wir alle nächtlichen Zugverbindungen des Kontinents digital und analog zusammengetragen. Gerade in diesen polarisierenden Zeiten, in denen wir große Herausforderungen zu bewältigen haben, sind Nachtzüge ein super Einstieg, um mit Menschen konstruktiv ins Gespräch zu kommen und Lust zu machen auf Europa, auf Demokratie, auf Freiheit und auf das, was uns verbindet!
Quer durch Europa mit dem Zug gibt es eine Menge zu entdecken: atemraubende Landschaften, spannende Lebensgeschichten sowie eine Vielfalt an Kulturen und Sprachen. Darum freue ich mich, dass unsere Arbeit Früchte trägt und es wieder mehr Nachtzugverbindungen gibt. Nach dem Motto: „Liegen statt Fliegen“ setze ich mich für Mobilität von morgen ein: europäisch, sauber mobil!
Natürlich ist die Mobilitätswende ein gigantisches Projekt. Es braucht noch viel mehr, um sie europäisch weiter voranzubringen und die CO2-Emmissionen des Sorgenkinds Verkehr endlich zu reduzieren. Die gute Nachricht ist: Wir haben effektive europäische Hebel dafür, von der LKW-Maut[1] bis hin zum transeuropäischen Schienennetz[2]. Für bessere Verbindungen und starke Fahrgastrechte – dafür mache ich mich als eure Frau für Mobilität im Europäischen Parlament stark!
Unterwegs für die Schiene
Wir müssen Bahnfahren attraktiver und günstiger machen. Ganz ehrlich, das nervt doch: über 30 Buchungsplattformen, ein Tarifdschungel und Bahnunternehmen, die gestrandete Reisende der Konkurrenz am Bahnsteig stehen lassen. Zudem ist das klimafreundliche Reisen per Bahn im Vergleich zum Fliegen oft noch zu teuer. Also her mit einer einheitlichen europäischen Buchungsplattform, mit europaweit gültigen und günstigen Tickets.
Und ja, das geht! Für eine Buchungsplattform müssen die Bahnanbieter die Daten freigeben. Günstigere Tickets schaffen wir, wenn wir konsequent die Trassenpreise – eine Art Schienenmaut – senken. Zudem zeigen viele transnationale Initiativen den Weg auf, wie grenzüberschreitendend mobil sein einfacher und attraktiver wird. Der kostenlose deutsch-französische Jugendpass diesen Sommer war sofort vergriffen, und die Idee eines grenzüberschreitend gültigen ÖPNV-Tickets – als mögliche Erweiterung des Deutschlandtickets nach Frankreich – erhält viel Zuspruch. Es ist Zeit für eine europaweite ÖPNV-Flatrate!
Unterwegs in Europa sind nicht nur Menschen, sondern auch jede Menge Güter! Lasst sie uns auf die Schiene packen für bessere Luft, leisere und staufreiere Autobahnen. Ein Güterzug ersetzt 52 LKWs und ist dabei auf der Schiene um ein Vielfaches effizienter unterwegs. Nutzen wir dieses enorme Potential und bauen das Schienennetz im Sinne einer grünen Infrastrukturunion aus!
Im grenzüberschreitenden Schienenverkehr klaffen zahlreiche Lücken. Das Friedensprojekt Europa beruht jedoch auf der Vernetzung und Überwindung von Grenzen – auch in den Köpfen der Menschen. Darum möchte ich, dass wir diese oft nur kleinen Bahnlücken schließen, um Großes zu erreichen, für den Güterverkehr sowie die Mobilität der Menschen in den europäischen Grenzregionen. Es ist Zeit für einen Shift to Rail – den Umstieg auf die Schiene!
Auch auf Europas Straßen müssen wir einen Gang höher schalten, um die Dekarbonisierung im Sinne des EU Green Deals voranzubringen.
Unterwegs für sauberen Straßenverkehr
Mobilität bedeutet auch Teilhabe am öffentlichen Leben. Ich möchte die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bevölkerung mitdenken, um die Menschen wortwörtlich mitzunehmen. Ob es nun ein Notrufknopf an der einsamen Ladesäule ist, mehr Fahrradstellplätze im Zug oder Carsharing auf dem Land – ich freue mich über jeden Erfolg, den wir mit dieser vernetzten Denke einfahren!
Die Kommunen spielen eine entscheidende Rolle dabei, die Mobilitätswende umzusetzen. Von meinen zehn Jahren Erfahrung im Stuttgarter Stadtrat zehre ich bis heute, gerade beim Thema Fahrrad! Ich weiß, wie unglaublich zäh es ist, ein paar Meter Fahrradweg zu schaffen. Auf unser Drängen hin hat die EU-Kommission das Fahrrad endlich als vollwertiges Verkehrsmittel anerkannt[5]. Eine wirksame EU-Fahrradpolitik, die den Kommunen Rückenwind dabei gibt, die Fahrradinfrastruktur weiter auszubauen, muss in der nächsten Legislatur kommen! Konkret habe ich eine neue digitale Fahrradroute ins Leben gerufen. Die Bio.Vélo.Route[6]von Stuttgart nach Straßburg ist eine thematische Radroute auf den Spuren der Biodiversität und fördert eine lebendige Städtepartnerschaft. Sei es für nachhaltiges Reisen oder für die Alltagsmobilität, ist die Verdopplung des Radverkehrs bis 2030 unser festes Ziel.
Ein klimaneutrales Europa bis 2050 können wir nur erreichen, wenn wir einerseits unsere Mobilität sowie unsere Industrie dekarbonisieren und gleichzeitig unsere natürlichen CO2-Senken stärken.
Unterwegs für klimafitte und artenreiche Wälder
Mit voller Energie setze ich mein Fachwissen für eine naturnahe Waldwirtschaft, klimafitte Wälder und den Schutz der Artenvielfalt ein.
Von borealen Nadelwäldern über die zentraleuropäischen Mischwälder bis hin zu den mediterranen Korkeichenwäldern – Europa ist ein Kontinent der Vielfalt, ökologisch sowie in Hinblick auf die unterschiedlichen Formen der Waldbewirtschaftung.
Leider sind Kahlschläge in manchen EU-Ländern heute vielerorts noch Alltag, und das, obwohl längst klar ist, dass wir uns in Zeiten von Hitze und Trockenheit derartigen Raubbau an unseren Wäldern nicht mehr leisten können. Immer öfter brennt es, der Klimaspeicher Wald wird zu einer enormen CO2-Schleuder. Dabei sind wir dringend angewiesen auf die Leistung unserer Wälder, Moore und Felder, um Kohlendioxid langfristig zu speichern und zu senken.
Per Gesetz haben wir es in der EU geschafft, verbindliche Ziele für jeden Mitgliedsstaat zur Stärkung der natürlichen CO2-Senken[7] festzulegen.
Um diese hohen Ziele zu erreichen, müssen sich sowohl die Forstpraktiken verändern als auch unberührte Waldgebiete effektiv geschützt werden. Als ersten Schritt brauchen wir daher einheitliche Definitionen und ambitionierte Mindeststandards für wahrhaftig ökologische Waldwirtschaft.
Ich kämpfe zudem für ein starkes Waldmonitoringgesetz[8], dass uns endlich flächendeckend verlässliche Daten über den Zustand unserer europäischen Wälder liefert, auch dort, wo illegale Kahlschläge passieren.
Erst kürzlich war ich in den rumänischen Karpaten unterwegs, auf den Spuren der Holzmafia und einer massiven Forstwirtschaftsmaschinerie. Dort werden Tag für Tag ungehemmt Quadratkilometer an Bäumen – in Natura 2000 geschützten Gebieten – illegal gefällt. Als EU tragen wir Verantwortung sicherzustellen, dass EU-Recht konsequent eingehalten wird und die letzten Ur- und Altwälder des Kontinents erhalten werden.
Auch ein starkes Gesetz zur Wiederherstellung der Natur[9] ist für die Wälder ein wichtiges Instrument, um geschädigte Forstökosysteme hin zu standortangepassten Mischwäldern umzubauen und die Kahlschlagpraxis zu beenden.
Eine massive Hürde auf dem Weghin zu einem schonenden Umgang mit dem Wald ist, dass bis heute die EU die Ressource Holz mit anderen erneuerbaren Energien gleichsetzt und damit nach wie vor Primärholz für die Stromgewinnung industriell verbrannt wird. Diese Unwucht ist nur wirtschaftlich, weil die wahren ökologischen Kosten externalisiert und auf Kosten der zukünftigen Generationen abgewälzt werden.
Beim Transport von Holz oder noch schlimmer beim Transport von lebendigen Tieren[10] werden die Ausmaße eines kranken Systems sichtbar, das in Abhängigkeit von vermeintlich billigen fossilen Energien gewachsen ist. Ein System, in dem es wirtschaftlich ist, einen Laster voller lebender Tiere durch ganz Europa zum Schlachthof zu transportieren. Anstatt lokale Kreisläufe zu fördern. Ein System, in dem es sich lohnt, Holz über Ozeane nach Europa zu verschiffen, um es hier zu verfeuern. Der Green Deal ist längst noch nicht in allen Bereichen vollzogen, und es braucht starke und kreative grüne Köpfe, um den Wandel weiter anzutreiben!
Verantwortungsvoll unterwegs
Unterwegs in und für Europa wird mir immer wieder bewusst, wie viel Freiheit und Möglichkeiten die EU für uns alle bereithält. Um diese Freiheit für die kommenden Generationen zu erhalten, drücken wir Grüne uns nicht vor schwierigen Entscheidungen.
Persönlich ist es für mich eine Ehre und ein Ansporn, weiterhin Verantwortung zu übernehmen für eine Mobilitätswende, die unseren Wohlstand mitdenkt und jede und jeden mitnimmt. Verantwortung für unsere Ökosysteme, die schlicht unsere Lebensgrundlage sind.
Ich trete an für ein Europa der klimafreundlichen Mobilität, der Begegnungen, ein Europa, das vor Biodiversität nur so zwitschert, summt und brummt!
Ich freue mich auf eure Unterstützung und auf die nächsten fünf Jahre mit Euch!
Eure Anna
X: @AnnaDeparnay
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1: Richtlinie zur Eurovignette
2: Verordnung zum EU-Verkehrsnetzaufbau
3: Verbrenneraus-Verordnung
4: Verordnung zu Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe
5: EU-Radresolution
6: BioVeloRoute.eu
7: LULUCF-Verordnung
8: Vorschlag EU-Waldmonitoring
9: EU-Renaturierungsgesetz
10: Resolution EU-Tiertransporte
*5.6.1976 in Berlin
. Im ländlichen Frankreich aufgewachsen
. Nationalitäten: FR, CH, DE
. Lebe in Stuttgart
. Verheiratet, Mutter 3er Kinder
. Tanke Kraft & Inspiration in Begegnungen mit Mensch & Natur
- 2001: Dipl. Forst- und Umweltwissenschaften (Freiburg/Vancouver)
- Seit 2001:Beraterin für Umweltbildung
- 2009–2019: Stadträtin Stuttgart davon 5 J. Fraktionsvorsitzende
- Seit 2019: EU-Abgeordnete im Verkehrs-, Agrar-& Umweltausschuss (Wald &Mobilität)
- 1. Votum BW, Unterstützung BAG MoVe +Tierschutz