Veranstaltung: | 49. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | W-EP Wahl der Europaliste |
Antragsteller*in: | Leo Hoffmann-Axthelm (KV Prignitz) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 28.10.2023, 15:22 |
W-EP-08: Bewerbung: Leo Hoffmann-Axthelm
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
Aufgewachsen zwischen Venedig und Berlin wurde mir Europa in die Wiege gelegt. Seit 10 Jahren lebe ich in Brüssel und investiere meine Zeit in die Europäische Union. Mit Transparency International habe ich etliche Reformen in den wichtigsten Institutionen der Eurozone wie EZB und Euro-Gruppe durchgesetzt. Gleichzeitig war ich für ICAN (internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen) der Vertreter gegenüber der EU und der NATO. 2017 durfte ich in Oslo dabei sein als wir den Friedensnobelpreis entgegennahmen, für unsere Rolle auf dem Weg zum UN-Atomwaffenverbot.
Aber es ist noch ein weiter Weg für eine funktionierende EU-Finanzpolitik. Mit Eurer Unterstützung will ich dafür streiten, den Green Deal EU-weit finanziert zu bekommen. Und die EU so aufzustellen, dass sie zu einem ernsthaften geopolitischen Akteur werden kann.
Denn wir Grüne haben top Leute, die die grüne Transition in den verschiedensten Sektoren voranbringen. Aber eine Herausforderung eint alle Maßnahmen, von E-Mobilität bis Landwirtschaft: Wir müssen die Gelder dafür bereitstellen.
Nicht alle haben dafür Sondervermögen angehäuft. Laut Kommission brauchen wir pro Jahr 450 Mrd. zusätzliche Investitionen, ein Teil davon öffentlich. Und obwohl wir aktuell neue EU-Schuldenregeln verhandeln, wird die Reform den Schuldenabbau priorisieren, und kaum Spielraum für Investitionen schaffen.
Kurzum, vielen EU-Staaten fehlt das Geld, die Energiewende zu finanzieren. Anderswo fehlt der politische Wille. Beide Probleme können wir durch gemeinsame Finanzierung auf EU-Ebene lösen. Zweckgebundene Gelder, die keinen Druck auf nationale Haushalte ausüben. Deshalb gehen wir Grüne mit dem Investitionsprogramm Resilienz und Innovation in den Wahlkampf. Die kommende Wahlperiode ist der Schlüsselmoment für diese Debatte: Mit Auslaufen des Wiederaufbaufonds 2026 werden nationale Investitionen einbrechen, gleichzeitig wird das mehrjährige EU-Budget für die Jahre 2028-34 ausgehandelt.
So komplex die Debatte rechtlich wie politisch ist, das ist unsere Gelegenheit, die EU finanziell neu aufzustellen. Im Europaparlament kommt es auf Verhandlungen bis in technische Details hinein an. Als Fraktionsreferent Finanzpolitik im Europaparlament bin ich dafür hoffentlich gerüstet.
Wirtschaftsthemen werden zentral bleiben. Wir brauchen diese Debatte nicht zu scheuen! Ob Inflation, Kosten der Elektromobilität oder Heizpumpen. Hier kommt viel zu kurz, dass Erneuerbare der Weg günstiger Energieunabhängigkeit sind, dass Heizpumpen sich langfristig rechnen, selbst ohne die großzügigen Zuschüsse. Dass die Energiewende Geld kosten würde, wussten wir. Deswegen haben wir mit dem Klimageld ein klares Konzept für soziale Abfederung und politische Akzeptanz.
Die Sorgen um Jobs in der Autobranche sind weit verbreitet. Aber grüne Technologien sind weltweit der Wachstumssektor schlechthin, wir werden alle Fachkräfte brauchen, die wir kriegen können. Wir müssen jetzt volle Kraft voraus investieren, um mit China und den USA Schritt zu halten.
Grüne Wirtschaftskompetenz müssen wir alle viel offensiver in die Debatte einbringen. Wir Grüne verhindern die EU-weite Deregulierung des Finanzsektors! Wir sorgen uns um KMUs und ihre krasse steuerliche Benachteiligung gegenüber den Multinationalen Konzernen! Wir fordern Steuern auf Superreiche, statt die Transition nur mit neuen Schulden zu finanzieren. Und wir haben Investitionen in Erneuerbare gefordert als die Zinsen negativ waren, lange bevor Nordstream zur Waffe wurde.
Denn auch außenpolitisch haben wir Grüne die Zeitenwende früh erkannt. Wir müssen die EU ernsthaft aufstellen als globalen Akteur im 21. Jahrhundert, statt Abhängigkeiten zu schüren, ob von Russland oder China. Auch auf das politische System der USA ist kaum Verlass. Historisch betrachtet können politische Projekte wie die EU sich immer dann behaupten, wenn sie sich günstig finanzieren. Und nicht indem sie sich finanzpolitische Steine in den Weg legen.
Auch Sicherheitspolitik wird uns in Zukunft mehr kosten, nicht nur an Unterstützung für die Ukraine. Denn bei aller Notwendigkeit der Ächtung von Atomwaffen und der Reduktion ihrer Rolle und Legitimität, müssen wir klar trennen zwischen nutzlosen und gefährlichen Massenvernichtungswaffen, und konventionellen Waffen, die im Einklang mit humanitären Völkerrecht einsetzbar sind. Und die wir eben doch brauchen, um uns und unsere Alliierten zu schützen.
Politik ist das Bohren dicker Bretter. Vor 15 Jahren begann die Finanz- und später Eurokrise, mit ihrer Spaltung in einen angeblich verantwortungsvollen Norden der trotz Negativzinsen seine Infrastruktur kaputtspart, und einen angeblich verschwenderischen Süden. Und obwohl die Debatte um Eurobonds krachend gescheitert ist, haben wir seit 2021 den schuldenfinanzierten Corona-Wiederaufbaufonds, der eine gute Basis ist für ein Investitionsprogramm gegen die Klimakrise.
Vor 10 Jahren habe ich die deutsche Sektion von ICAN gegründet um Atomwaffen völkerrechtlich zu ächten, und unsere Sicherheitspolitik von Massenvernichtungswaffen zu lösen. Mittlerweile verurteilen selbst nuklear bewaffnete Staaten Russlands atomare Drohungen in einer Sprache, die von den Vertragsstaaten des UN-Atomwaffenverbots stammen könnte.
Trotz der auf uns hineinprasselnden Krisen: Fortschritt ist möglich, sogar unaufhaltsam. Die Weichen für den Green Deal werden auf EU-Ebene gestellt.
Jetzt müssen wir das nur noch finanziert kriegen. Dafür bitte ich herzlich um eure Unterstützung.
- Seit 2021 ECON-Adviser für die Grünen im EP
- 2015-21 Koordinator € Programm, Transparency International
- 2014-15 Beim Generaldirektor Wirtschaft & Finanzen, EU-Kommission
- 2013-21 Gründer, ICAN Deutschland, ab 2014 für ICAN in Brüssel
- 2012 Austausch-Diplomat für die Republik Nauru, UNO / NYC
- MA European Governance Studies, College of Europe, Brügge
- BA Internationale Beziehungen, TU Dresden
- Geboren 1989 Berlin-Kreuzberg
- Spreche Deutsch, Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch