Der Entwurf der EU-Kommission für eine evidenzbasierte Regulierung von Pflanzen, die mithilfe neuer genomischer Verfahren gezüchtet wurden ("NGT-Pflanzen"), kommt zur rechten Zeit (1).
Pestizidreduktion, Klimaanpassung und Welternährung erfordern den Einsatz neuer und schneller Technologien in der Landwirtschaft. Zwischen Ökologie und Technologie passt kein „oder“. Nicht die Technologie, sondern ihre Chancen, Risiken und Folgen stehen im Zentrum. Gerade in Hinblick auf Ernährungssicherheit und Nachhaltigkeit bieten die neuen genomischen Verfahren und der Einsatz von den damit gezüchteten NGT-Pflanzen entscheidende Vorteile, die auch in der EU genutzt werden sollten. Im Hinblick auf das Vorsorgeprinzip ist auch zu bedenken, dass auch die Nicht-Nutzung neuer Technologien ein Risiko darstellt und in diesem speziellen Fall dem Vorsorgeprinzip zuwiederlaufen würde.
Die Forderung, dass die EU "garantieren soll, dass alle wissen, was auf den Teller kommt und wo es hergestellt wurde" ist in Zeiten von internationalen Lieferketten und weltweit verschiedenen Gesetzgebungen zum Anbau, Nutzung und Export von NGT-Pflanzen unmöglich. Zudem sind naturidentische NGT-Pflanzen nicht von denen, die mit konventionellen Methoden gezüchtet wurden, zu unterscheiden. Statt den Fokus auf die Züchtungsmethode zu legen, sollten die Merkmale einer Pflanze bewertet werden, da diese für das endgültige Produkt wesentlich wichtiger sind als die Technologie, die zu ihrer Herstellung genutzt wurde.
Es ist längst überfällig, dass Pflanzen, die auch auf natürliche Weise und durch „klassische“ Züchtungsmethoden entstehen könnten, auch wie solche reguliert werden. Europa zieht hier nun endlich mit anderen Regionen gleich. Hinsichtlich der Sicherheit gibt es keine Unterschiede, wie die Risikoforschung auf umfassender wissenschaftlicher Basis immer wieder bestätigt hat.
Die bisherige EU-Gesetzgebung von vor 20 Jahren hatte zuletzt die Entwicklungen neuer Züchtungsmethoden und den wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht mehr abgebildet und genetisch Gleiches gesetzlich ungleich reguliert.
Mithilfe der neuen genomischen Methoden sollte nun in Europa schnell an nachhaltigeren Sorten und Anbauweisen geforscht werden. Insbesondere für die starke öffentliche Forschung entstehen neue Chancen.
Es ist sehr zu begrüßen, dass der Vorschlag die Regulierung an nachhaltige Eigenschaften knüpft und bei dem Saatgut durch eine verbindliche Kennzeichnung dem Ökolandbau durch Transparenz eine Gewähr für die Koexistenz gibt. So wird die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen mit Leben gefüllt.
Die Wissenschaft ist sich einig: Neue Gentechnik muss neu reguliert werden (2, 3, 4, 5). Ebenso sieht die am 14.06.2023 von der Bundesregierung vorgestellte Nationale Sicherheitsstrategie vor, die "Rahmenbedingungen für Züchtungsforschung zu verbessern. So kann unter anderem die Züchtung von klima- und standortangepassten, robusten und ertragreichen Sorten vorangebracht werden. Deutschland kann hier in Europa eine Vorreiterrolle in der Forschung einnehmen. Dabei sollen auch die Chancen und Risiken von neuen Züchtungstechniken, z.B. CRISPR/Cas, in den Blick genommen werden" (6).
Das alte Mantra "Gentechnikfreiheit" in der Landwirtschaft ist längst vom Konsens der Wissenschaft überholt worden - wir sollten den Fortschritt unterstützen, anstatt ihn aus Prinzip zu behindern.
Quellen:
(1) https://food.ec.europa.eu/plants/genetically-modified-organisms/new-techniques-biotechnology_de
(4) https://www.supportprecisionagriculture.org/nobel-laureate-gmo-letter_rjr.html