Wir Grüne bekennen uns als Partei eindeutig zur Einhaltung der Pariser Klimaziele und wollen zum Schutz heutiger und zukünftiger Generationen die Erderwärmung um 1.5°C begrenzen. Im zentralen Handlungsfeld der Energieversorgung setzen wir uns daher für eine schnellstmögliche Transformation hin zu 100% Erneuerbare Energien ein, die unter anderem wegen grüner Energiepolitik heute zudem die kostengünstigste Art der Stromerzeugung sind.
Wir möchten die Forschung und Entwicklung neuer Ideen auch weiterhin vorantreiben, da unsere Begeisterung den zukünftigen Chancen und Potenzialen neuer Energietechnologien gilt. Deswegen soll die Möglichkeit einer Energiegewinnung aus Kernfusion weiter wissenschaftlich untersucht werden.
In den letzten Monaten wurden einige Erfolge vermeldet und viel Startups arbeiten inzwischen daran, die Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte in marktfähige Kraftwerke umzuwandeln. Von einem konkreten Kraftwerk sind wir jedoch noch so weit entfernt, dass die Fusion zeitnah keinen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Klimakrise und Energiesicherheit leisten kann. Dennoch hat sich die Technologie aus einem scheinbaren Zustand der Stagnation gelöst. Inwieweit Fusionsenergie bereits in den nächsten Dekaden zur Verfügung stehen wird, bleibt Gegenstand anhaltender Forschung.
Wir sollten als Grüne nicht die Chance auf eine CO2-freie Stromerzeugung mittels Kernfusion für diese Zeit verschenken, indem wir uns dafür einsetzen, dass die staatliche Forschungsförderung eingestellt wird.
Zum einen besteht das realistische Risiko, dass die Pariser Klimaziele nicht erreicht werden. Momentan spricht vieles dafür, dass die Menschheit zu Mitte des Jahrhunderts „überrascht“ feststellt, dass wir unsere Ziele verfehlt haben, weil deren Umsetzung zum Beispiel an Hemmnissen der Akzeptanz (etwa in der Bevölkerung oder Wirtschaft) oder der Technologie (Rohstoffknappheit, Netzstabilität oder Schwerindustrie) gescheitert ist. Es wären jedoch weitere 30 Jahre zur Erforschung alternativer Lösungswege verloren, wenn heute aus Kostengründen auf ergebnisoffene Forschung verzichtet würde. Der Verzicht auf Forschung hat noch nie bei der Lösung eines Problems zum Erfolg beigetragen.
Zum anderen müssen wir uns auch Gedanken machen, wie es mit unserem Energiebedarf weiter gehen soll. Die Urbanisierung der Welt wird sich rasant fortsetzen und die Technologisierung der Menschheit und damit ihr Energiebedarf wird allen Voraussagen nach weiter zunehmen. Die Anpassung der Lebensverhältnisse an unsere Standards in den Schwellen- und Entwicklungsländern wird dabei die dringend benötigte Effizienzsteigerung wohl um ein Vielfaches übertreffen. Wir werden voraussichtlich nach 2050 immer mehr Energie benötigen. Heute gibt es keine CO2-freie Technologie, außer den erneuerbaren Energien, die zur Deckung dieses enormen zusätzlichen Energiebedarfs eingesetzt werden könnte.
Folglich sind neben Forschungsinvestitionen in den Bereichen Speicher, Power-to-X oder Sektorenkopplung auch Investitionen in alternative emissionsfreie Energiekonzepte wie Fusion heute zwingend notwendig. Die gennannten Forschungsbereiche sind aus unserer Sicht auch gleichberechtig zu behandeln, da bisher keiner dieser Bereiche die alleinige oder vollständige Lösung des Problems aufgezeigt hat. Die ablehnende Haltung einzig gegenüber der Fusion ist aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen, vielmehr sprechen wir uns für eine stabile Forschungsfinanzierung auf nationaler und internationaler Ebene aus.
Zu erwähnen ist zudem, dass die Fusionsforschung auch Grundlagenforschung am vierten Aggregatzustand dem „Plasma“ ist. Durch diese Forschung konnten sich in den letzten Jahren mehrfach Technologien entwickeln, die der Energiewende direkt zugutekommen können. Durch die Arbeiten des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik im Bereich „Plasma for Gas“ wurde gezeigt, dass sich Plasmen als Technologie für Power-to-X-Anwendungen mit einem hohen Wirkungsgrad eignen. Auch die Entwicklung von Supraleitern zur verlustfreien Stromübertragung wurde wesentlich durch die Anforderungen des für die Fusion notwendigen Magnetkäfigs beschleunigt.