Die Anwendung von CCU und CCS ist nach heutigem Erkenntnisstand notwendig, um gewissen Industriezweigen die Dekarbonisierung ihrer Prozesse zu ermöglichen, vor allem zur Verhinderung unvermeidlicher Prozessemissionen (wie v.a. in der Zementindustrie) und zur Bereitstellung von nicht-fossilem Kohlenstoff als Ausgangsprodukt für die chemische Industrie. Daher ist es grundsätzlich sinnvoll diesen Branchen gesetzlich die Möglichkeiten einzuräumen, diese Technologien auch zu nutzen. Da CCU und CCS jedoch mit einem hohen Sicherheitsrisiko und Missbrauchspotential einhergehen, das auch durch einen hohen Lobbydruck untersetzt ist, ist es zwingend notwendig hier politisch enge Rahmenbedingungen vorzugeben, die wir auch in unserem Wahlprogramm ausformulieren sollten. Diese sind:
- Anwendung von CCU & CCS nur dort, wo eine Dekarbonisierung nicht anders möglich ist: Die Abscheidung von CO2 ist sehr teuer, energieintensiv und gehen mit einer Vielzahl von Folgeproblemen einher. Einmal geschaffene Infrastrukturen bedeuten daher einen langfristigen Lock-In auf Prozesse, die grundlegend nicht klimaneutral sind. Daher ist der Anwendungsfall möglichst eng einzugrenzen, um zu verhindern, dass weitere Branchen in der Industrie und Energieerzeugung ihre Bemühungen zur Dekarbonisierung ihrer Prozesse durch Produkt- oder Prozesssubstitution einstellen und sich voll auf CCU/CCS verlassen.
- Verursacherfinanzierung: Wer die Emissionen verursacht, sollte auch dafür verantwortlich sein, zu verhindern, dass sie in die Atmosphäre gelangen. Daher sollte die Industrie die entsprechend notwendige Infrastruktur selbst finanzieren und sich dafür nicht wie so oft darauf verlassen, dass die öffentliche Hand ihre vergangenen Versäumnisse durch großzügige finanzielle Unterstützung ausbügelt.
- Speicherung nur in Form von festem Kohlenstoff: Die Verpressung von CO2 unter hohem Druck und Einleitung in bspw. ehemalige Gasfelder unter der Nordsee ist zwar initial deutlich günstiger, zieht aber eine Menge Ewigkeitskosten für die Gesellschaft nach sich, für die es im Nachgang schwierig wird, die Verursacher haftbar zu machen (analog zum Problem der Endlagerung von Atommüll). Da wissenschaftlich nicht gesichert ist, dass die gasförmige Speicherung auch langfristig stabil ist, muss kontinuierlich überprüft werden, ob das CO2 nicht doch wieder auf irgendeinem Weg in den atmosphärischen Kohlenstoffkreislauf gelangt und somit eine Treibhauswirkung entfalten kann. Bei einer Speicherung in fester Form ist die langfristige Stabilität jedoch gesichert und der Kohlenstoff kann beispielsweise einfach in alten Bergwerksstollen eingelagert werden. Dies rechtfertigt auch den initial höheren Aufwand für die Abtrennung von Kohlenstoff und Sauerstoff aus dem gasförmigen CO2.
- CCU nur in technisch geschlossenen Kohlenstoffkreisläufen: Wenn der Kohlenstoff aus der Abscheidung am Ende der Prozesskette wieder durch einen Verbrennungsprozess in die Atmosphäre gelangt, wird der Sinn der Technologie ad absurdum geführt, denn dann ist insgesamt die Klimaneutralität nicht mehr gegeben. Daher muss sichergestellt sein, dass Produkte auf Basis von aus CCU gewonnenem Kohlenstoff am Ende nicht in Müllverbrennungsanlagen oder Treibstofftanks landen.
- Technische Begrifflichkeiten klar abgrenzen: CCU und CCS sind zwei separate Anwendungsfälle, die auch sprachlich klar voneinander abgetrennt sein sollten.