Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Jörg Rostek (KV Münster) und 97 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 43%) |
Status: | Eingereicht |
V-42: "Im Namen der Natur" - Die Natur als Rechtssubjekt im Rechtssystem verankern
Antragstext
Die GRÜNEN bekennen sich zu den Rechten der Natur und wirken darauf hin, dass
die Natur als eigene Rechtspersönlichkeit in das Rechtssystem der Bundesrepublik
Deutschland aufgenommen wird.
Begründung
1. Naturschutz ist Menschenschutz.
Der Mensch ist Teil der Natur. Die Würde des Menschen ist nur dann unantastbar, wenn die natürlichen Lebensgrundlagen und Ökosysteme intakt und regenerationsfähig bleiben. Die Coronakrise, die Klimakrise und die Artenkrise beweisen uns, wie trügerisch die Illussion der Trennung von Mensch und Natur ist. Wie angewiesen wir als Menschen auf ein intaktes ökologisches Umfeld sind, das die Würde und Freiheit des Menschen überhaupt erst zulässt. Es ist deshalb folgerichtig, diese wechselseitige Abhängigkeit politisch zu vertreten und juristisch in ausreichendem Maße anzuerkennen.
2. Naturschutz ist Demokratieschutz
Demokratie braucht Freiheit. Die aktuellen Krisen, wie das Artensterben und die Klimakrise werden, wenn wir ihr nicht in ausreichendem Maße begegnen - insbesondere kommenden Generationen - demokratische Handlungsräume und damit Freiheit nehmen. Indem wir die Rechte der Natur bzw. die Natur als Rechtspersönlichkeit im Rechtssystem der BRD verankern, verteidigen wir diese Spielräume und tragen zum Erhalt der Demokratie in all ihren Facetten bei.
3. Naturschutz ist Wirtschaftsschutz
Wirtschaft und Umwelt teilen ein gemeinsames Haus. Es ist nur schwer nachvollziehbar, warum Unternehmens- und Kapitalinteressen rechtlich ausreichend abgesichert sind, die Natur als Grundlage des Wirtschaftens und als Voraussetzung menschlicher Existenz ohne eigene Rechte ist und regelmäßig vor Gericht unterliegt. Eine soziale Marktwirtschaft ohne eine rechtliche Grundlage, die die Natur ausreichend vor Übernutzung schützt, kann langfristig weder den erforderlichen sozialen Ausgleich schaffen noch allgemein zukunftsfähig sein.
4. Naturschutz ist Urgrün
Mit der Zustimmung zu diesem Antrag würden wir GRÜNE nicht nur die Abhängigkeit des Menschen von der Natur in seiner Absolutheit anerkennen, sondern eine Debatte aufgreifen, die bereits auf vielfältige Weise in Wissenschaft und Medien geführt wird. Als GRÜNE, deren Wurzeln weit in die Ökologie- Friedens- und Demokratiebewegung reichen, ist uns die Würde des Menschen und seine Freiheit ein hohes Gut. Deshalb sollten wir uns dieser Debatte stellen und sie fördern. Als Partei haben wir das notwendige Rechtswissen und die parlamentarische Erfahrung, um die Rechte der Natur in die Gesetze zu schreiben und damit die Versöhnung von Mensch und Natur juristisch in Angriff zu nehmen.
5. Ein Zeichen des ökologischen Aufbruchs setzen
Die Debatte über die Verankerung der Rechte der Natur läuft weltweit bereits seit Jahrzehnten und hat sich bereits in zahlreicher Literatur und in Gesetzestexten, aber auch in richterlichen Entscheidungen und Verfassungen niedergeschlagen. Zahlreiche Medien haben (auch in Deutschland) bereits darüber berichtet. Die NABU Bundesdelegiertenverfassung hat die Forderung nach den Rechten der Natur mehrheitlich beschlossen. Innerhalb der GRÜNEN aber auch innerhalb weiterer Organisationen und Initiativen wurde dazu bereits Wissen über das Vorhaben angehäuft, das eingebunden werden kann. Mit dem Vorhaben, die Rechte der Natur gesetzlich zu verankern, würden wir ein GRÜNES Zeichen des Aufbruchs setzen. Es wäre die Chance auf einen Schulterschluss mit all denjenigen, die wir durch die Kompromisse in der Ampelkoalition "verloren" haben. Wir würden damit ein politisches Ziel anbieten, das nicht nur den Herausforderungen der Zeit entspricht, sondern an zahlreiche Ökologie- Friendens- und Demokratiebewegungen anschlussfähig ist. Soziale Bewegungen und Gruppen von Fridays For Future bis hin zu Tierschutzvereinen oder Wandervereinen ist die Bewahrung der Natur ein hohes Gut, dass wir GRÜNE mit ihnen gemeinsam - mit allen Natur- und Heimatverbunden - milieuübergreifend angehen können.
Literaturhinweise:
Deutschlandfunk: Rechtssubjekt Natur - Wenn Flüsse, Seen und Tiere auf einmal klagen können
Initiative Grundgesetzreform des Vereins "Netzwerk der Natur"
Stone, D. Christopher: Haben Bäume Rechte
Bosselmann, Klaus: Im Namen der Natur