Dringlichkeitsantrag: | Verantwortung in dieser Zeit |
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Antragsteller*in: | Lars Klaus Aßhauer (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg) und 50 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 39%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: VR-07 (V-103)-030-2 |
Eingereicht: | 12.11.2024, 09:27 |
D-04-131-2: Verantwortung in dieser Zeit
Verfahrensvorschlag zu VR-07 (V-103)-214: Antragstext
Von Zeile 207 bis 223 (VR-07 (V-103): Migrations- und Asylpolitik: Zurück zur Vernunft):
werden. Das würde dazu beitragen, dass Geflüchtete überall in Europa
Perspektiven haben und sich die Verteilung verbessert.
Autoritäre Ideen von massenhafter „Remigration“ oder systematischer
Zurückweisung von Asylsuchenden ohne rechtsstaatliche Verfahren treten wir
entschieden entgegen. Sie widersprechen demokratischen und rechtsstaatlichen
Grundsätzen.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass diejenigen, die kein
Aufenthaltsrecht haben und die angebotene Chancen für einen Spurwechsel oder
andere Möglichkeiten nicht nutzen, unser Land wieder verlassen müssen. Hier
stehen wir auch aus ganz praktischen Gründen zur Stärkung der Rückkehrberatung
und dem Vorrang der freiwilligen Ausreise.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass nicht jeder, der nach Deutschland kommt, bleiben kann. Wer nach individueller Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat und bei dem keine Abschiebungshindernisse entgegenstehen, muss zügig wieder ausreisen. Hier stehen wir zum Vorrang der freiwilligen Ausreise. Die Rückkehrberatung sollte gestärkt und von pädagogisch geschultem Personal durchgeführt werden. Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Kettenabschiebungen dürfen nicht dazu führen, dass Asylsuchende ohne Prüfung ihres Schutzgesuches in Staaten außerhalb der EU abgeschoben werden.
Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo
abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Doch besonders bei schweren Straftätern oder religiösen Extremisten muss der Rechtsstaat hart durchgreifen. Unser Rechtsstaat muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um zu verhindern, dass von diesen Menschen weiterhin eine Gefahr ausgeht.
Auch in den letzten Monaten war das Thema der Migrations- und Asylpolitik im
Zentrum der gesellschaftlichen Debatte und Aufmerksamkeit. Nicht erst seit
kurzem hat sich und wurde der Wunsch nach Veränderungen tief in breiten Teilen
der Gesellschaft verankert. Viele Herausforderungen vor Ort, aber auch eine
hektische Debatte und gezielte Stimmungsmache haben zu dieser Entwicklung
geführt.
Wir werden uns den Herausforderungen, der Angst und den Zweifeln stellen. Angst
haben Menschen eben nicht nur, wenn sie aus anderen Ländern kommen und zweifeln,
ob sie in Deutschland noch willkommen sind. Es gibt auch viele Menschen, die
daran zweifeln, ob “Migration” am Ende nicht auch zu Problemen führt, die sie
selbst betreffen werden.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht und zerfällt eben nicht nur in
Maßnahmen, Zahlen und Wahrheiten, sondern auch in Gefühlen.
Allzu oft werden in letzter Zeit politisch Erwartungen geweckt, die Politik gar
nicht erfüllen kann. Das Asylrecht kann praktisch nicht einfach abgeschafft
werden, ein Aufnahmestopp oder systematische Zurückweisungen sind weder
rechtlich noch praktisch in einer Demokratie umsetzbar. Die Debatte darf sich
nicht länger in Schlagworten verlieren, wir müssen ins ernsthafte Handeln
kommen, um das Asylrecht zu retten. Die Forderungen nach “Begrenzung”, “Ordnung”
und “Steuerung” sind im Kern die Forderung nach einer Situation, in der die
eigenen Möglichkeiten wieder den Herausforderungen entsprechen.
Damit das gelingt, dürfen wir nicht nur die Vorschläge der anderen zu bewerten.
Wir müssen selbst gestalten und einen grünen Weg aufzeigen, der Menschen
überzeugt und begeistert. Dafür brauchen wir mehr Mut. Denn die aktuelle
Stimmung entstand nicht durch eine grüne Asyl- und Migrationspolitik - im
Gegenteil: Seit inzwischen vielen Jahren werden nach immer gleichen Mustern
härtere Maßnahmen gefordert und beschlossen, Deals mit zwielichtigen Partnern
geschlossen und hunderte Millionen in Grenzanlagen um und in Europa investiert.
Das wurde immer wieder mit dem Versprechen verbunden, dass es bald humaner und
geordneter zugeht, dass weniger Menschen nach Europa und Deutschland fliehen und
dass reale Herausforderungen bei Integration und Unterbringung eher heute als
morgen verschwinden. Weder dieses Versprechen, noch die Erwartung dass
populistische und rechtsextremistische durch diese Politik geschwächt werden,
ist eingetreten. Es gibt auch Erfolge, die wir bereits durchsetzen konnten:
beispielsweise bei der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts oder beim
Chancenaufenthaltsrecht. Uns ist bewusst, dass Kompromisse in Koalitionen die
Voraussetzung dafür sind, Verantwortung übernehmen und gestalten zu können. Der
Migrationsdiskurs ist aber aus einer vernünftigen Bahn geraten, er trägt so zum
Aufstieg der Rechtsextremen bei. Wir werden dazu beitragen, dass die
Migrationsdebatte zurück
zur Vernunft findet.
Es ist Zeit für eine neue Asyl- und Migrationspolitik, eine die endlich
funktioniert, sich Realitäten stellt, die Menschenrechte als Vorteil begreift
und die Würde der Menschen in und außerhalb Europas ins Zentrum stellt. Die
grüne Migrationspolitik fußt im wesentlichen auf sechs Säulen. Hier soll dieses
Fundament dargestellt und mit einigen Vorschlägen unterfüttert werden. Es gäbe
in jeder Säule dutzende Vorschläge, die wir bereits beschlossen haben,
Haltelinien, die nicht überschritten werden dürfen. Dabei verschleiern lange
Forderungslisten aber zum Teil unsere grundsätzliche Ausrichtung und lenken von
Wesentlichen ab, weswegen wir hier darauf verzichten:
1. Säule: listen to the science
Zu oft wirkt Politik ratlos im Umgang mit Herausforderungen und versucht Symbole
zu setzen. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den diversen Problemen auf
verschiedenen Ebenen wird so verhindert. Dabei gibt es in unserem Land so viel
Expertise, auf die wir zurückgreifen könnten. Der Bundeskanzler sollte deswegen
ein Gremium einsetzen, das mit Experten aus Wissenschaft und Forschung Antworten
auf brennende Fragen entwickelt und diese Antworten in den politischen Prozess
bringt: Was brauchen Kommunen konkret? Wo und wie gelingt Integration am besten?
Welche Möglichkeit gibt es, Fluchtursachen zu bekämpfen oder die europäische
Verteilung zu verbessern, damit weniger Menschen zu uns fliehen müssen? Woran
hakt es bei der Arbeitsaufnahme noch? Welche Fragen bewegen die Menschen gerade
am meisten? Andere Fragen sollten ergänzt werden, alles kann auf den Tisch. Aber
Politik wird nicht besser, wenn man der Wissenschaft immer schlechter zuhört. Es
gibt viele Lehrstühle, Gremien und Institute und Räte, aber sie sollten von der
Politik endlich gehört werden. Deswegen sollten die Regierungsfraktionen und die
demokratische Opposition zusagen, dass die Vorschläge des Gremiums im
parlamentarischen Prozess beraten und diskutiert werden. Ob sie am Ende
umgesetzt werden, entscheidet natürlich das Parlament. Wir können und sollten in
der Politik unterschiedlicher Meinung zu politischen Forderungen sein - aber die
Forderungen sollten endlich wieder evidenzbasiert sein.
2. Säule: internationale Zusammenarbeit
Deutschland und Europa sind auf Migration von außerhalb angewiesen und damit
auch auf Migrationspartnerschaften. Ohne maßgebliche Migration würden unsere
Sozialsysteme, die Renten, die Gesundheitsversorgung nicht zu erhalten sein.
Unsere Art zu leben wäre durch Abschottung in Gefahr. Es ist uns allerdings
nicht egal, wie Menschen nach Europa kommen oder wer da kommt. Unwürdige und
lebensgefährliche Fluchtrouten müssen schnellstmöglich der Vergangenheit
angehören. Krisenprävention, humanitäre Hilfe und beispielsweise Wiederaufbau in
Krisenregionen sind ein zentrales Element unserer Migrationspolitik. Allzu oft
fängt die politische Konkurrenz erst an, über Themen zu diskutieren und Geld in
die Hand zu nehmen, wenn die Krise schon da ist oder Geflüchtete auf
Schlauchbooten sitzen. Wir wollen vorher ansetzen. Wir wollen keine Welt, in der
Menschen erst nach Europa fliehen müssen, um in Sicherheit zu sein und Hoffnung
auf eine bessere Zukunft haben.
Deswegen treten wir dafür ein, Arbeitsmigration zu vereinfachen,
Migrationspartnerschaften auf Augenhöhe zu schließen und Geflüchtete in
Krisenregionen besser zu unterstützen.
Allzu oft haben wir uns in der Vergangenheit mit geschlossenen
“Flüchtlingsdeals” schwer getan - zu Recht. Wir haben viele Deals kritisiert,
weil sie Menschenrechte nicht schützen, Parlamente umgehen, weil sie
Abhängigkeiten von Diktaturen schaffen oder neue Fluchtursachen erzeugen. Wir
haben angemerkt, dass die meisten Deals unerwünschte Nebeneffekte haben, dass
sie nicht die versprochene langfristige Lösung sind und hatten fast immer Recht.
Deswegen setzen wir uns für Alternativen zu den bestehenden “Abkommen” mit
Ländern wie Tunesien, Libyen oder der Türkei ein. Das Ziel der zukünftigen
Migrationspartnerschaften muss sein, dass sie die Lebenssituation vor Ort
verbessern und geordnete Wege in den Arbeitsmarkt oder zum Asylantrag in Europa
gibt. Nur so werden wir die irreguläre Migration nach Europa wirksam und
langfristig reduzieren können. Im ersten Schritt sollte es vor allem eine neue
ernsthafte Partnerschaft mit der Türkei geben. Das Ziel dieses Abkommens muss
sein, dass die mehreren Millionen syrischen und afghanischen Geflüchteten in der
Türkei eine bessere Situation haben und dass davon auch die türkische
Bevölkerung profitiert. Ein Kern der Vereinbarung könnte eine Visa-
Liberalisierung für Kurzzeitvisa sein. Wenn türkische Staatsangehörige ohne
Probleme im Schengenraum Urlaub machen oder einen Job suchen könnten, wäre der
Freiheitsgewinn enorm. Andererseits wäre Erdogan gezwungen, Rückführungen zu
akzeptieren und die Menschenrechtslage in der Türkei zu verbessern, wenn er die
Visaliberalisierung nicht gefährden will. Das könnte er sich innenpolitisch gar
nicht erlauben.
3. Säule: Europa
Nur gemeinsam mit unseren europäischen Partnern werden wir die richtigen
Antworten auf die Flucht und Migration finden. Unser Leitgedanke bleibt, dass im
Mittelpunkt europäischer Politik der Mensch in seiner Würde und Freiheit stehen
muss. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass Menschen in allen EU-Staaten
besser verteilt werden, dass Menschen, die aus guten Gründen nach Europa
fliehen, in allen EU-Staaten willkommen sind und eine Perspektive haben. Auch
die internationale Zusammenarbeit, Fluchtursachenbekämpfung, Krisenprävention
oder humanitäre Hilfe gelingt am besten, wenn sie europäisch organisiert wird.
Vor einigen Monaten wurde die Reform des EU-Asylsystems beschlossen. Ob diese
Reform etwas verbessern wird, ist nicht ausgemacht, aber es ist möglich. Denn
das größte Problem europäischer Asylpolitik ist die fehlende Rechtsdurchsetzung
und mangelnde Solidarität zwischen den EU-Staaten im menschenwürdigen Umgang mit
Geflüchteten. Wir werden uns weiter für Verbesserungen auf Europäischer Ebene
einsetzen, aber die Rechtsakte müssen nun wie jedes Recht umgesetzt werden. Die
Reform droht jedoch zu scheitern, schon bevor sie im Juni 2026 in Kraft tritt.
Deswegen wollen wir bereits jetzt die Umsetzung beschleunigen und ins Handeln
kommen. Schon jetzt sollte von den Außengrenzstaaten eine systematische und
rechtsstaatliche Registrierung der Schutzsuchenden eingefordert werden. Im
Gegenzug sollte eine Unterstützung bei der Aufnahme von Schutzsuchenden
angeboten werden. Nur so, werden wir dauerhaft eine bessere Verteilung in Europa
und rechtsstaatlich kontrollierte Außengrenzen sicherstellen können und
Pushbacks verhindern. Da viele Menschen unregistriert und auf unwürdigen Routen
sowieso nach Deutschland kommen und trotzdem bereits einige Male mit oder ohne
Gewalt an Außengrenzen zurückgewiesen wurden, würden selbst durch eine
maßgebliche Zusage der Binnenstaaten bei der Aufnahme unter dem Strich nicht
mehr Menschen nach Deutschland, Frankreich oder Österreich kommen.
Deshalb
sollte Deutschland eine relevante Zusage zur Aufnahme schon im nächsten Jahr
zusagen und andere Staaten zum Mitziehen auffordern. Eine Aufnahmezusage kann
beispielsweise daran gekoppelt werden, ob weiterhin unregistrierte Personen an
der deutschen Grenze ankommen, die schon in anderen EU-Staaten waren. Für jede
unregistrierte Person an der Binnengrenze könnte das Kontingent reduziert
werden, um die Anreize zur Registrierung hoch zu halten. So könnte schon im
nächsten Jahr für eine bessere Verteilung gesorgt und das Chaos an den
Außengrenzen beendet werden. Hierfür ist keine weitere Änderung der Rechtslage
notwendig.
Damit würde sich auch schnell zeigen, ob der Grundsatz der Reform
des GEAS gelingen kann: Mehr Unterstützung für Außengrenzstaaten auf der einen
Seite, rechtsstaatliche Kontrolle an den Außengrenzen auf der anderen Seite. So
können wir den Binnenmarkt und die Reisefreiheit schützen und dafür sorgen, dass
stationäre Kontrollen an deutschen Binnengrenzen endlich wieder in die
Geschichtsbücher wandern.
4. Säule: Asyl in Deutschland
Für uns steht fest, dass wir das Asylrecht als große Errungenschaft feiern und
als historische Verantwortung verteidigen. Zu den grünen Grundsätzen gehört
jedoch auch, dass nach einem erfolgreichen Asylantrag die großen
Herausforderungen in unserem Einwanderungsland noch bevorstehen. Es reicht
nicht, Menschen Schutz zu bieten, sie sollen auch Teil der Gesellschaft werden
und werden können.
5. Säule: Integration und
Arbeitsmarktintegration in Deutschland
Deutschland ist ein Einwanderungsland und wird und muss es bleiben. Dass die
Geschichte des Einwanderungslandes eine Erfolgsgeschichte bleibt, ist eine
politische Verantwortung. Die irreguläre Migration macht in Europa weniger als
10% der Gesamtmigration aus. Ein Einwanderungsland braucht Migration und
Migration braucht die entsprechende dauerhafte Infrastruktur in den Kommunen und
den Ländern.
Dazu gehören ausreichend Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder und
dauerhaften Wohnraum in den Kommunen. Wir sind für Sprachkurse für alle. Der
Zugang zu KiTa, Schule und Ausbildung muss durch ausreichend Mittel und Personal
sichergestellt sein.
Asyl und Integration sind eine Daueraufgabe, die dauerhafte Strukturen braucht.
Dabei muss es auch um Resilienz gehen, denn es wird immer wieder Jahre geben in
denen mehr Menschen kommen und Jahre, in denen weniger Menschen kommen. Die
Strukturen eines Einwanderungslandes müssen für diese Dynamiken gerüstet sein.
Mit dem Spurwechsel sind wir hier erste Schritte gegangen. Konkret schlagen wir
vor, dass Arbeitsverbote vollständig abgeschafft werden. Außerdem soll im
Aufenthaltsrecht verankert werden, dass all jene, die hier arbeiten, eine
Ausbildung machen oder studieren und sich nichts zu Schulden kommen lassen
haben, hier bleiben dürfen. Das schafft auch den Raum über Rückführungen
zielgenau zu reden, damit das nicht die Falschen trifft. Es reicht nicht,
Menschen Schutz zu bieten. Sie müssen auch Teil der Gesellschaft werden und
werden sollen - bis hin zur Staatsbürgerschaft.
6. Säule: Rechtsstaat durchsetzen, in allen
Bereichen
Das Asylrecht, die Grund- und Menschenrechte zu verteidigen bedeutet im Kern,
geltendes Recht durchzusetzen und Menschen Zugang zu diesem Recht zu
ermöglichen. Das gilt an den Außengrenzen, in anderen EU-Staaten, es gilt aber
eben auch in Deutschland. Auf europäischer Ebene halten sich verschiedene EU-
Mitgliedsstaaten nicht an geltendes EU-Recht. Statt der vorgeschriebenen
Durchführung rechtsstaatlicher Verfahren werden Pushbacks durchgeführt. Statt
Asylsuchenden ordentliche Perspektiven zu bieten, sorgen unwürdige Bedingungen
dafür, dass Menschen in Länder wie Deutschland, Frankreich oder Österreich
weiterziehen müssen. Das darf nicht länger hingenommen werden. Die EU-Kommission
unter Ursula von der Leyen ist hier seit Jahren untätig, obwohl sie als Hüterin
der Verträge für die Durchsetzung des Rechts verantwortlich ist.
Vertragsverletzungsverfahren, die zur Sanktionierung vor dem Europäischen
Gerichtshof führen würden, werden nicht angestoßen, obwohl Rechtsbrüche
offensichtlich sind. Deswegen sollte die Bundesregierung ihre Möglichkeit
nutzen, selbst Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten und damit
Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen. Es kann nicht länger sein, dass es von netten
Bitten abhängt, ob Geflüchtete überall in der EU rechtsstaatlich behandelt
werden. Das würde dazu beitragen, dass Geflüchtete überall in Europa
Perspektiven haben und sich die Verteilung verbessert.
Autoritäre Ideen von massenhafter „Remigration“ oder systematischer
Zurückweisung von Asylsuchenden ohne rechtsstaatliche Verfahren treten wir
entschieden entgegen. Sie widersprechen demokratischen und rechtsstaatlichen
Grundsätzen.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass diejenigen, die kein
Aufenthaltsrecht haben und die angebotene Chancen für einen Spurwechsel oder
andere Möglichkeiten nicht nutzen, unser Land wieder verlassen müssen. Hier
stehen wir auch aus ganz praktischen Gründen zur Stärkung der Rückkehrberatung
und dem Vorrang der freiwilligen Ausreise.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass nicht jeder, der nach Deutschland kommt, bleiben kann. Wer nach individueller Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat und bei dem keine Abschiebungshindernisse entgegenstehen, muss zügig wieder ausreisen. Hier stehen wir zum Vorrang der freiwilligen Ausreise. Die Rückkehrberatung sollte gestärkt und von pädagogisch geschultem Personal durchgeführt werden. Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Kettenabschiebungen dürfen nicht dazu führen, dass Asylsuchende ohne Prüfung ihres Schutzgesuches in Staaten außerhalb der EU abgeschoben werden.
Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo
abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Doch besonders bei
schweren Straftätern oder religiösen Extremisten muss der Rechtsstaat hart
durchgreifen. Unser Rechtsstaat muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um zu
verhindern, dass von diesen Menschen weiterhin eine Gefahr ausgeht.
Antragstext
Von Zeile 130 bis 131 einfügen:
Partei, die sich konsequent gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stellt und für ein modernes Einwanderungsland steht. Ein respektvoller Umgang mit der Einwanderungsgesellschaft gebietet auch, Diskriminierungen wie geringere Sozialleistungen für Schutzsuchende, Beschränkungen von Bewegungsfreiheit sowie Abschiebungen in Länder, die nicht sicher sind, eine klare Absage zu erteilen.
Mit dem Koalitionsausschuss am 6. November ist die Koalition aus SPD, Bündnis
90/Die Grünen und FDP frühzeitig an ihr Ende gelangt. Nun stellt sich unser Land
auf Neuwahlen ein.
Bündnis 90/Die Grünen waren nach der Bundestagswahl 2021 bereit, Verantwortung
auch in einer neuen und absehbar schwierigen Konstellation zu übernehmen. Diese
Koalition war von Anfang an ein Bündnis mit sehr unterschiedlichen
Weltanschauungen. Sie hat aber – so wie es die Pflicht einer Regierung und die
Aufgabe von Demokraten ist – in den letzten knapp drei Jahren immer wieder
zueinandergefunden. Es wäre auch jetzt möglich gewesen, Lösungen zu finden – aus
Verantwortung für unser Land. Wir haben bis zum Schluss konstruktive Vorschläge
im Interesse der Stabilität und des Zusammenhalts gemacht, wie man die Lücke des
Haushaltsentwurfs realistisch schließen kann, ohne den Klimaschutz, den sozialen
Zusammenhalt, die Wirtschaft oder die Sicherheit und Freiheit in Europa zu
gefährden. Wir waren dazu bereit, auch über den eigenen Schatten zu springen.
Andere waren das nicht. Christian Lindner und die FDP haben ihre Verantwortung
aus parteitaktischen Gründen weggeworfen.
Die letzten drei Jahren waren geprägt von extrem herausfordernden Umständen,
insbesondere in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine: die
Bewältigung der Energiekrise, der Einsatz für Frieden durch die notwendige
Unterstützung der Ukraine und ein Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik –
all das hat diese Koalition genauso gefordert wie unsere Gesellschaft, die ihren
Umgang mit dieser „Zeitenwende“ noch immer sucht. Gleichzeitig sind wir als Land
durch verschiedene Krisen besser gegangen, als viele gedacht hätten. Das Land,
die Gesellschaft, die vielen Menschen und Unternehmen haben uns beeindruckt, mit
Solidarität und Pragmatismus. Für uns als Teil einer Regierung hieß das, in
kurzer Zeit sehr weitreichende Entscheidungen zu treffen – in der Verantwortung
für Frieden, Wirtschaft und Stabilität. Dazu gehörten Kompromisse, die auch an
unsere Schmerzgrenzen gingen – die wir aber eingegangen sind aus Verantwortung
für das Ganze. Weil wir der festen Überzeugung waren und sind, dass dies die
Konsequenz davon ist, die Wirklichkeit mitzugestalten.
Zugleich haben wir in den drei Jahren Regierungsbeteiligung viel erreicht, für
das wir Grüne lange Jahre gekämpft haben. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien
gelingt im Rekordtempo. Unser Strom wird sauber und immer günstiger. Wir haben
beim Klimaschutz eine neue Dynamik erreicht, so dass wir erstmals die Klimaziele
2030 erreichen können. Wir haben das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz
geschaffen, die größte Naturschutz-Offensive, die es in Deutschland je gab. Und
wir haben nach langen Jahren der Untätigkeit mit Reformen für mehr
wirtschaftliche Dynamik gesorgt: Planungsbeschleunigung und Bürokratieabbau,
Fachkräftezuwanderung und Förderung von Beschäftigung, Verbesserungen für Start-
Ups und Modernisierung der Industrie.
Wir haben unser Land sozial gerechter gemacht – mit Milliarden für ein
Startchancenprogramm an Schulen in unserem Land, mit der größten BAFöG-Reform
der letzten Jahrzehnte, mit einem höheren Mindestlohn, einer Reform des
Bürgergeldes, und nicht zuletzt dem 49-Euro-Ticket.
Wir haben das Land liberaler gemacht - mit dem Selbstbestimmungsgesetz, einer
Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, einem modernen Einwanderungsgesetz und
der Reform des Paragraphen 219a zur Frage der Information beim Abbruch von
Schwangerschaften.
Wir haben in diesen drei Jahren nachgeholt, was in Deutschland teils über
Jahrzehnte versäumt wurde. Aber die Weltlage, die Klimakrise und die
wirtschaftliche Stagnation zwingen Deutschland und Europa, sich weiter mutig zu
modernisieren. Unser Land steht vor der Aufgabe, die derzeitige Unsicherheit in
eine neue Selbstvergewisserung zu verwandeln. Wir stehen jetzt an dem Punkt, an
dem unser Land und Europa die Kraft, die es hat, nach vorne wenden muss. Nicht
zurück. Nicht ängstlich im Status Quo verharrend. Sondern von der Zukunft
geleitet.
Wir sind bereit, dem Land ein Angebot für eine Zeit nach der Koalition aus SPD,
Bündnis90/Die Grünen und der FDP zu machen. Ein Angebot, das die Erfolge der
letzten Jahre anerkennt und würdigt und aufzeigt, worauf es jetzt ankommt: Kurs
halten beim Klimaschutz, nicht abwickeln. Spürbar die Gerechtigkeit stärken,
damit das Leben bezahlbar ist. Freiheit und Frieden verteidigen. Handeln mit
Gemeinsinn, Zukunftsmut und Zuversicht.
In einer Zeit, in der so viele die Verheißung im Gestern suchen, halten wir
Kurs. Wir treten an mit dem Versprechen, weiterhin konsequent für den nötigen
Wandel einzutreten. Für Klimaschutz als Motor von Innovation und guten Jobs. Für
einen Weg, der sozial gerecht ist und auf die Innovationskraft und Kompetenzen
der Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen, der Kommunen setzt. Der auf die
Kraft unseres Landes setzt. Dabei sehen wir die Suche nach Orientierung und
Zuversicht, die unsere durch Krisen und Kriege verunsicherte Gesellschaft
durchzieht. Seien wir die Kraft, die diese Orientierung gibt. Seien wir in
hoffnungsarmen Zeiten der Hoffnungsort für alle, die daran glauben, dass es
besser werden kann und besser werden wird.
Wir wollen mehr tun, um die Kraft unserer Wirtschaft wieder zu entfalten. Nur
als wirtschaftlich prosperierendes Land, das bei den wichtige
Zukunftstechnologien dabei ist, kann Deutschland sich den autokratischen
Bestrebungen entgegenstellen. Und zugleich ist wirtschaftlicher Wohlstand eine
entscheidende Voraussetzung für die soziale Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger
und damit auch für den demokratischen Zusammenhalt. Unser Land steckt nun aber
seit zwei Jahren in einer wirtschaftlichen Schwächephase, die auch strukturelle
Gründe hat. Dazu zählen die hohe Abhängigkeit von russischer Energie, die CDU,
CSU und SPD gemeinsam zu verantworten haben und die Deutschland noch immer teuer
bezahlt. Dazu zählt auch ein jahrzehntelanger Investitionsstau bei der
Infrastruktur und Digitalisierung, zu langsame und komplexe Verfahren, die
unsere Wirtschaft hemmen. Deshalb müssen wir Deutschlands Potential neu
entfesseln. Wir wollen die Innovationskraft unseres Landes stärken. Wir brauchen
mehr Arbeitskräfte durch Qualifizierung, einer besseren Vereinbarung von Familie
und Arbeit, und Zuwanderung. Wir forcieren den Abbau von Bürokratie und die
Beschleunigung und Vereinfachung von Prozessen, auch mit Praxischecks. Wir
schaffen langfristig sichere und günstige Energie. Wir werben entschieden für
eine Stärkung von öffentlichen wie privaten Investitionen. Es braucht beides:
Strukturreformen und mehr Investitionen. Diese dürfen nicht länger scheitern an
zu engen Regeln der Schuldenbremse, die von den allermeisten Ökonomen längst in
Frage gestellt werden.
Für uns ist dabei klar, dass es fatal wäre, wenn Deutschland und Europa nun ihre
Anstrengungen beim Klimaschutz reduzieren würden. Die klimatische Realität, die
langfristige Sicherung unseres Wohlstands und unserer Freiheit erfordern das
Gegenteil. Mit der Wahl von Donald Trump drohen die USA, sich erneut vom
Klimaschutz abzuwenden. Dies wäre noch einmal Wasser auf die Mühlen jener, die
auch hier in Europa die Gefahren der Klimakrise unterschätzen oder gar leugnen.
Wir werden uns vom Populismus nicht von der Realität abbringen lassen. Und die
Realität heißt, dass die Klimakrise bereits jetzt dramatische Auswirkungen hat
und unverzügliches, entschiedenes Handeln erforderlich ist, wenn wir ihre
Konsequenzen noch menschlich beherrschbar halten wollen. Deshalb lassen wir in
unseren Ambitionen nicht nach, ganz im Gegenteil. In allen Bereichen und vor
allem in jenem, der bislang viel zu wenig zur Erreichung der Klimaziele beiträgt
– der Verkehr – wollen wir auf Kurs kommen. Es geht um nicht weniger als die
Freiheitschancen und -rechte unserer Kinder und Enkel.
Wir stehen erst am Anfang der Aufgabe, eine Erneuerungspolitik so gerecht und
gemeinschaftlich zu organisieren, dass die notwendigen Reformen nicht als
weitere Erschütterungen wahrgenommen werden. Wir nehmen die tiefen
Verlusterfahrungen von Corona, Inflation, materiellen Sorgen um Wohnraum und
Ängsten vor Terror und Krieg ernst. Der Verunsicherung unserer Gesellschaft
wollen wir mit großem Verständnis und großer Entschlossenheit zugleich begegnen.
In einer Welt der Zumutungen ist es die Aufgabe von Politik, diese Zumutungen
abzufedern und Lasten gerecht zu verteilen.
Unsere Gesellschaft droht, den Zusammenhalt zu verlieren. Wir stemmen uns der
wachsenden Ungleichheit entgegen. Wir akzeptieren nicht, dass gleichzeitig die
Vermögen der einen steigen und die anderen immer häufiger und tiefer in den
Dispokredit gezwungen sind. Wir akzeptieren nicht, dass die Chancen von Kindern
und Jugendlichen, ihre Träume und Ziele zu verwirklichen, geringer sind als vor
30 Jahren.
Wir wollen, dass kleine Mädchen mit dem Selbstverständnis aufwachsen können,
dass sie dieselben Chancen und Rechte im Leben haben wie ihre Brüder oder
Freunde. Wir stehen dafür, dass in diesem Land jede Person selbst ihren
Lebensweg, ihre Träume und ihre Identität bestimmen kann, dass jeder Mensch ohne
Diskriminierung lebt und liebt. Dabei sind die Grenzen immer die Freiheit der
anderen und unser Grundgesetz.
Wir leben in einem Land, das schon immer durch Zuwanderung geprägt wurde. Die
Vielfalt unserer Biographien ist ein Reichtum unserer Gesellschaft. Wir sind die
Partei, die sich konsequent gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stellt und für
ein modernes Einwanderungsland steht. Ein respektvoller Umgang mit der Einwanderungsgesellschaft gebietet auch, Diskriminierungen wie geringere Sozialleistungen für Schutzsuchende, Beschränkungen von Bewegungsfreiheit sowie Abschiebungen in Länder, die nicht sicher sind, eine klare Absage zu erteilen.
Mut zu notwendigen Reformen, Bürgernähe und Gerechtigkeit wollen wir
zusammenbringen, um als Demokratie in der Lage zu sein in den Krisen dieser Zeit
zu bestehen. Wir wollen den Menschen Antworten geben, wie Wohnen und Mobilität
bezahlbar bleiben, wie das Bildungssystem wieder besser funktioniert, wie ihre
Arbeitsplätze sicher bleiben. Leitstern ist für uns der erste Satz in unserem
grünen Grundsatzprogramm: „Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch mit
seiner Freiheit und seiner Würde“.
Freiheit und Würde sind auch der Maßstab für unsere Friedenspolitik mit Blick
auf die Ukraine und die Sicherung der Souveränität Europas als Union gegenüber
den autokratischen Bedrohungen von außen wie von innen. Spätestens die
Wiederwahl von Donald Trump setzt Verteidigungsfähigkeit und die Bereitschaft
mehr in die Souveränität Europas zu investieren, an die Spitze der politischen
Prioritäten für die kommenden Jahre. Die Zeitenwende im Militärischen, im Zivil-
und Katastrophenschutz sowie bei der inneren Sicherheit muss fortgeführt und
verstärkt werden. Wir müssen auch unser diplomatisches, entwicklungs- und
handelspolitisches Engagement erhöhen.
Wir müssen die Europäische Souveränität und Verantwortung stärken. Es ist im
höchsten deutschen Interesse, dass Europas Einigung weiter geht, dass ein
vereintes Europa gemeinsam in seine Zukunft investiert. Nur ein starkes Europa
wird in der Welt gehört und kann seine Interessen zum Wohle der Bürgerinnen und
Bürger und Unternehmen durchsetzen. In den kommenden Jahren darf „German Vote“
kein Synonym mehr sein für deutsche Alleingänge in Europa. Und so, wie wir als
Grüne immer wieder an die Grenzen unseres Selbstverständnisses gegangen sind, um
Kompromisse zu ermöglichen - etwas beim Gemeinsamen Europäischen Asylsystem
(GEAS) –, so werden wir in den kommenden Jahren die Handlungsfähigkeit im
europäischen Bündnis gegenüber unseren globalen Partnern und Bedrohungen noch
deutlich wichtiger nehmen müssen als bisher.
Dieses Verständnis von Verantwortung von Demokraten in einer vernetzten aber
zugleich komplexen und von Eigeninteressen bestimmten Welt, kann nur erfolgreich
sein, wenn wir bündnisfähig sind, so wie es in unserer Partei schon im Namen
angelegt ist. Wir vertrauen auf das Engagement und die Ideen der Vielen und die
Stärke unserer gemeinsamen demokratischen Institutionen. So, wie wir innerhalb
der Partei zur Verbindung bereit sind und das Bündnis mit unterschiedlichen
gesellschaftlichen Akteuren suchen, so sind wir auch zu (Regierungs-)Bündnissen
mit allen gesellschaftlichen Gruppen im Land, der Zivilgesellschaft und mit den
anderen demokratischen Parteien bereit, um gemeinsame Kraft für unser Land und
seine Freiheit aufzunehmen, um es voranzubringen. Mit diesem Selbstverständnis
gehen wir in den jetzt bevorstehenden, kurzen Wahlkampf.
Wir werden dazu noch in diesem Jahr einen Entwurf für ein prägnantes und
zugespitztes Wahlprogramm vorlegen und auf dem nächsten Bundesparteitag
beschließen. Dabei werden wir nach Innen und Außen zuhören, damit sich so viele
Stimmen wie möglich im Ergebnis wiederfinden.
Der Wahlkampf ist eine Chance, zu zeigen, was in uns steckt. Keine Partei hat so
engagierte Mitglieder wie wir. Jeden Tag werden wir mehr. Und selten war das
Bewusstsein der Menschen für die Herausforderungen dieser Zeit so klar. Nutzen
wir diese Chance, um die Kraft der Menschen in die Zukunftskraft unsers Landes
zu übersetzen. In Verantwortung für diese Zeit.
Dieser Antrag ist Ausdruck des gemeinsamen Verständnisses von Robert Habeck,
Annalena Baerbock, Katharina Dröge, Britta Haßelmann, Ricarda Lang, Omid
Nouripour, Franziska Brantner und Felix Banaszak.
weitere Antragsteller*innen
- Jan Schmid (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jonathan Philip Aus (KV Berlin-Neukölln)
- Oliver Groth (KV Regensburg-Stadt)
- Lotte Musiol (KV Hamburg-Harburg)
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jörg Friedrich (KV Odenwald)
- Markus Schopp (KV Berlin-Mitte)
- Svenja Borgschulte (KV Berlin-Pankow)
- Jan Möbius (KV Berlin-Lichtenberg)
- Paul Brock (KV Hamburg-Harburg)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Mimont Bousroufi (KV Bonn)
- Talea Möller (LV Grüne Jugend Schleswig-Holstein)
- Stefan Muck (KV Landsberg-Lech)
- Aeneas Niklas Marxen (KV Köln)
- Johannes Rückerl (KV Regensburg-Stadt)
- Larissa Pusch (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Daniel Dressler (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Wolfgang Schmidt (KV Berlin-Kreisfrei)
- Yvonne Marchewitz (KV Hannover)
- Jörg Lütkemeier (KV Gelsenkirchen)
- Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg)
- Erich Hinderer (KV Main-Spessart)
- Marcus Schmitt (KV Frankfurt)
- Matthias Hogrefe (KV Leverkusen)
- Kübra Beydas (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Meike Gerwin (KV Gelsenkirchen)
- Enad Altaweel (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Kerstin Täubner-Benicke (KV Starnberg)
- Simon Gast (KV Osnabrück-Land)
- Volkmar Nickol (KV Berlin-Kreisfrei)
- Janina Rebholz (KV Lippe)
- Janina Müttel (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Nicole Lauterwald (KV Frankfurt)
- Ronith Schalast (KV Berlin-Neukölln)
- Carola Scheibe-Köster (KV Berlin-Neukölln)
- Cim Kartal (KV Bielefeld)
- Manfred Becker (KV Bonn)
- Sabine Schwöbel-Lehmann (KV Darmstadt-Dieburg)
- Marcus Bleil (KV Berlin-Kreisfrei)
- Jim Martens (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Carlos Echegoyen (KV Bonn)
- Deniz Yildirim-Caliman (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel)
- Rainer Albrecht (KV Heilbronn)
- Sabine Hebbelmann (KV Odenwald-Kraichgau)
- Kristin Kosche (KV Berlin-Mitte)
- Malte Gerlach (KV Kassel-Stadt)
Von Zeile 207 bis 223 (VR-07 (V-103): Migrations- und Asylpolitik: Zurück zur Vernunft):
werden. Das würde dazu beitragen, dass Geflüchtete überall in Europa
Perspektiven haben und sich die Verteilung verbessert.
Autoritäre Ideen von massenhafter „Remigration“ oder systematischer
Zurückweisung von Asylsuchenden ohne rechtsstaatliche Verfahren treten wir
entschieden entgegen. Sie widersprechen demokratischen und rechtsstaatlichen
Grundsätzen.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass diejenigen, die kein
Aufenthaltsrecht haben und die angebotene Chancen für einen Spurwechsel oder
andere Möglichkeiten nicht nutzen, unser Land wieder verlassen müssen. Hier
stehen wir auch aus ganz praktischen Gründen zur Stärkung der Rückkehrberatung
und dem Vorrang der freiwilligen Ausreise.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass nicht jeder, der nach Deutschland kommt, bleiben kann. Wer nach individueller Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat und bei dem keine Abschiebungshindernisse entgegenstehen, muss zügig wieder ausreisen. Hier stehen wir zum Vorrang der freiwilligen Ausreise. Die Rückkehrberatung sollte gestärkt und von pädagogisch geschultem Personal durchgeführt werden. Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Kettenabschiebungen dürfen nicht dazu führen, dass Asylsuchende ohne Prüfung ihres Schutzgesuches in Staaten außerhalb der EU abgeschoben werden.
Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo
abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Doch besonders bei schweren Straftätern oder religiösen Extremisten muss der Rechtsstaat hart durchgreifen. Unser Rechtsstaat muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um zu verhindern, dass von diesen Menschen weiterhin eine Gefahr ausgeht.
Auch in den letzten Monaten war das Thema der Migrations- und Asylpolitik im
Zentrum der gesellschaftlichen Debatte und Aufmerksamkeit. Nicht erst seit
kurzem hat sich und wurde der Wunsch nach Veränderungen tief in breiten Teilen
der Gesellschaft verankert. Viele Herausforderungen vor Ort, aber auch eine
hektische Debatte und gezielte Stimmungsmache haben zu dieser Entwicklung
geführt.
Wir werden uns den Herausforderungen, der Angst und den Zweifeln stellen. Angst
haben Menschen eben nicht nur, wenn sie aus anderen Ländern kommen und zweifeln,
ob sie in Deutschland noch willkommen sind. Es gibt auch viele Menschen, die
daran zweifeln, ob “Migration” am Ende nicht auch zu Problemen führt, die sie
selbst betreffen werden.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht und zerfällt eben nicht nur in
Maßnahmen, Zahlen und Wahrheiten, sondern auch in Gefühlen.
Allzu oft werden in letzter Zeit politisch Erwartungen geweckt, die Politik gar
nicht erfüllen kann. Das Asylrecht kann praktisch nicht einfach abgeschafft
werden, ein Aufnahmestopp oder systematische Zurückweisungen sind weder
rechtlich noch praktisch in einer Demokratie umsetzbar. Die Debatte darf sich
nicht länger in Schlagworten verlieren, wir müssen ins ernsthafte Handeln
kommen, um das Asylrecht zu retten. Die Forderungen nach “Begrenzung”, “Ordnung”
und “Steuerung” sind im Kern die Forderung nach einer Situation, in der die
eigenen Möglichkeiten wieder den Herausforderungen entsprechen.
Damit das gelingt, dürfen wir nicht nur die Vorschläge der anderen zu bewerten.
Wir müssen selbst gestalten und einen grünen Weg aufzeigen, der Menschen
überzeugt und begeistert. Dafür brauchen wir mehr Mut. Denn die aktuelle
Stimmung entstand nicht durch eine grüne Asyl- und Migrationspolitik - im
Gegenteil: Seit inzwischen vielen Jahren werden nach immer gleichen Mustern
härtere Maßnahmen gefordert und beschlossen, Deals mit zwielichtigen Partnern
geschlossen und hunderte Millionen in Grenzanlagen um und in Europa investiert.
Das wurde immer wieder mit dem Versprechen verbunden, dass es bald humaner und
geordneter zugeht, dass weniger Menschen nach Europa und Deutschland fliehen und
dass reale Herausforderungen bei Integration und Unterbringung eher heute als
morgen verschwinden. Weder dieses Versprechen, noch die Erwartung dass
populistische und rechtsextremistische durch diese Politik geschwächt werden,
ist eingetreten. Es gibt auch Erfolge, die wir bereits durchsetzen konnten:
beispielsweise bei der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts oder beim
Chancenaufenthaltsrecht. Uns ist bewusst, dass Kompromisse in Koalitionen die
Voraussetzung dafür sind, Verantwortung übernehmen und gestalten zu können. Der
Migrationsdiskurs ist aber aus einer vernünftigen Bahn geraten, er trägt so zum
Aufstieg der Rechtsextremen bei. Wir werden dazu beitragen, dass die
Migrationsdebatte zurück
zur Vernunft findet.
Es ist Zeit für eine neue Asyl- und Migrationspolitik, eine die endlich
funktioniert, sich Realitäten stellt, die Menschenrechte als Vorteil begreift
und die Würde der Menschen in und außerhalb Europas ins Zentrum stellt. Die
grüne Migrationspolitik fußt im wesentlichen auf sechs Säulen. Hier soll dieses
Fundament dargestellt und mit einigen Vorschlägen unterfüttert werden. Es gäbe
in jeder Säule dutzende Vorschläge, die wir bereits beschlossen haben,
Haltelinien, die nicht überschritten werden dürfen. Dabei verschleiern lange
Forderungslisten aber zum Teil unsere grundsätzliche Ausrichtung und lenken von
Wesentlichen ab, weswegen wir hier darauf verzichten:
1. Säule: listen to the science
Zu oft wirkt Politik ratlos im Umgang mit Herausforderungen und versucht Symbole
zu setzen. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den diversen Problemen auf
verschiedenen Ebenen wird so verhindert. Dabei gibt es in unserem Land so viel
Expertise, auf die wir zurückgreifen könnten. Der Bundeskanzler sollte deswegen
ein Gremium einsetzen, das mit Experten aus Wissenschaft und Forschung Antworten
auf brennende Fragen entwickelt und diese Antworten in den politischen Prozess
bringt: Was brauchen Kommunen konkret? Wo und wie gelingt Integration am besten?
Welche Möglichkeit gibt es, Fluchtursachen zu bekämpfen oder die europäische
Verteilung zu verbessern, damit weniger Menschen zu uns fliehen müssen? Woran
hakt es bei der Arbeitsaufnahme noch? Welche Fragen bewegen die Menschen gerade
am meisten? Andere Fragen sollten ergänzt werden, alles kann auf den Tisch. Aber
Politik wird nicht besser, wenn man der Wissenschaft immer schlechter zuhört. Es
gibt viele Lehrstühle, Gremien und Institute und Räte, aber sie sollten von der
Politik endlich gehört werden. Deswegen sollten die Regierungsfraktionen und die
demokratische Opposition zusagen, dass die Vorschläge des Gremiums im
parlamentarischen Prozess beraten und diskutiert werden. Ob sie am Ende
umgesetzt werden, entscheidet natürlich das Parlament. Wir können und sollten in
der Politik unterschiedlicher Meinung zu politischen Forderungen sein - aber die
Forderungen sollten endlich wieder evidenzbasiert sein.
2. Säule: internationale Zusammenarbeit
Deutschland und Europa sind auf Migration von außerhalb angewiesen und damit
auch auf Migrationspartnerschaften. Ohne maßgebliche Migration würden unsere
Sozialsysteme, die Renten, die Gesundheitsversorgung nicht zu erhalten sein.
Unsere Art zu leben wäre durch Abschottung in Gefahr. Es ist uns allerdings
nicht egal, wie Menschen nach Europa kommen oder wer da kommt. Unwürdige und
lebensgefährliche Fluchtrouten müssen schnellstmöglich der Vergangenheit
angehören. Krisenprävention, humanitäre Hilfe und beispielsweise Wiederaufbau in
Krisenregionen sind ein zentrales Element unserer Migrationspolitik. Allzu oft
fängt die politische Konkurrenz erst an, über Themen zu diskutieren und Geld in
die Hand zu nehmen, wenn die Krise schon da ist oder Geflüchtete auf
Schlauchbooten sitzen. Wir wollen vorher ansetzen. Wir wollen keine Welt, in der
Menschen erst nach Europa fliehen müssen, um in Sicherheit zu sein und Hoffnung
auf eine bessere Zukunft haben.
Deswegen treten wir dafür ein, Arbeitsmigration zu vereinfachen,
Migrationspartnerschaften auf Augenhöhe zu schließen und Geflüchtete in
Krisenregionen besser zu unterstützen.
Allzu oft haben wir uns in der Vergangenheit mit geschlossenen
“Flüchtlingsdeals” schwer getan - zu Recht. Wir haben viele Deals kritisiert,
weil sie Menschenrechte nicht schützen, Parlamente umgehen, weil sie
Abhängigkeiten von Diktaturen schaffen oder neue Fluchtursachen erzeugen. Wir
haben angemerkt, dass die meisten Deals unerwünschte Nebeneffekte haben, dass
sie nicht die versprochene langfristige Lösung sind und hatten fast immer Recht.
Deswegen setzen wir uns für Alternativen zu den bestehenden “Abkommen” mit
Ländern wie Tunesien, Libyen oder der Türkei ein. Das Ziel der zukünftigen
Migrationspartnerschaften muss sein, dass sie die Lebenssituation vor Ort
verbessern und geordnete Wege in den Arbeitsmarkt oder zum Asylantrag in Europa
gibt. Nur so werden wir die irreguläre Migration nach Europa wirksam und
langfristig reduzieren können. Im ersten Schritt sollte es vor allem eine neue
ernsthafte Partnerschaft mit der Türkei geben. Das Ziel dieses Abkommens muss
sein, dass die mehreren Millionen syrischen und afghanischen Geflüchteten in der
Türkei eine bessere Situation haben und dass davon auch die türkische
Bevölkerung profitiert. Ein Kern der Vereinbarung könnte eine Visa-
Liberalisierung für Kurzzeitvisa sein. Wenn türkische Staatsangehörige ohne
Probleme im Schengenraum Urlaub machen oder einen Job suchen könnten, wäre der
Freiheitsgewinn enorm. Andererseits wäre Erdogan gezwungen, Rückführungen zu
akzeptieren und die Menschenrechtslage in der Türkei zu verbessern, wenn er die
Visaliberalisierung nicht gefährden will. Das könnte er sich innenpolitisch gar
nicht erlauben.
3. Säule: Europa
Nur gemeinsam mit unseren europäischen Partnern werden wir die richtigen
Antworten auf die Flucht und Migration finden. Unser Leitgedanke bleibt, dass im
Mittelpunkt europäischer Politik der Mensch in seiner Würde und Freiheit stehen
muss. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass Menschen in allen EU-Staaten
besser verteilt werden, dass Menschen, die aus guten Gründen nach Europa
fliehen, in allen EU-Staaten willkommen sind und eine Perspektive haben. Auch
die internationale Zusammenarbeit, Fluchtursachenbekämpfung, Krisenprävention
oder humanitäre Hilfe gelingt am besten, wenn sie europäisch organisiert wird.
Vor einigen Monaten wurde die Reform des EU-Asylsystems beschlossen. Ob diese
Reform etwas verbessern wird, ist nicht ausgemacht, aber es ist möglich. Denn
das größte Problem europäischer Asylpolitik ist die fehlende Rechtsdurchsetzung
und mangelnde Solidarität zwischen den EU-Staaten im menschenwürdigen Umgang mit
Geflüchteten. Wir werden uns weiter für Verbesserungen auf Europäischer Ebene
einsetzen, aber die Rechtsakte müssen nun wie jedes Recht umgesetzt werden. Die
Reform droht jedoch zu scheitern, schon bevor sie im Juni 2026 in Kraft tritt.
Deswegen wollen wir bereits jetzt die Umsetzung beschleunigen und ins Handeln
kommen. Schon jetzt sollte von den Außengrenzstaaten eine systematische und
rechtsstaatliche Registrierung der Schutzsuchenden eingefordert werden. Im
Gegenzug sollte eine Unterstützung bei der Aufnahme von Schutzsuchenden
angeboten werden. Nur so, werden wir dauerhaft eine bessere Verteilung in Europa
und rechtsstaatlich kontrollierte Außengrenzen sicherstellen können und
Pushbacks verhindern. Da viele Menschen unregistriert und auf unwürdigen Routen
sowieso nach Deutschland kommen und trotzdem bereits einige Male mit oder ohne
Gewalt an Außengrenzen zurückgewiesen wurden, würden selbst durch eine
maßgebliche Zusage der Binnenstaaten bei der Aufnahme unter dem Strich nicht
mehr Menschen nach Deutschland, Frankreich oder Österreich kommen.
Deshalb
sollte Deutschland eine relevante Zusage zur Aufnahme schon im nächsten Jahr
zusagen und andere Staaten zum Mitziehen auffordern. Eine Aufnahmezusage kann
beispielsweise daran gekoppelt werden, ob weiterhin unregistrierte Personen an
der deutschen Grenze ankommen, die schon in anderen EU-Staaten waren. Für jede
unregistrierte Person an der Binnengrenze könnte das Kontingent reduziert
werden, um die Anreize zur Registrierung hoch zu halten. So könnte schon im
nächsten Jahr für eine bessere Verteilung gesorgt und das Chaos an den
Außengrenzen beendet werden. Hierfür ist keine weitere Änderung der Rechtslage
notwendig.
Damit würde sich auch schnell zeigen, ob der Grundsatz der Reform
des GEAS gelingen kann: Mehr Unterstützung für Außengrenzstaaten auf der einen
Seite, rechtsstaatliche Kontrolle an den Außengrenzen auf der anderen Seite. So
können wir den Binnenmarkt und die Reisefreiheit schützen und dafür sorgen, dass
stationäre Kontrollen an deutschen Binnengrenzen endlich wieder in die
Geschichtsbücher wandern.
4. Säule: Asyl in Deutschland
Für uns steht fest, dass wir das Asylrecht als große Errungenschaft feiern und
als historische Verantwortung verteidigen. Zu den grünen Grundsätzen gehört
jedoch auch, dass nach einem erfolgreichen Asylantrag die großen
Herausforderungen in unserem Einwanderungsland noch bevorstehen. Es reicht
nicht, Menschen Schutz zu bieten, sie sollen auch Teil der Gesellschaft werden
und werden können.
5. Säule: Integration und
Arbeitsmarktintegration in Deutschland
Deutschland ist ein Einwanderungsland und wird und muss es bleiben. Dass die
Geschichte des Einwanderungslandes eine Erfolgsgeschichte bleibt, ist eine
politische Verantwortung. Die irreguläre Migration macht in Europa weniger als
10% der Gesamtmigration aus. Ein Einwanderungsland braucht Migration und
Migration braucht die entsprechende dauerhafte Infrastruktur in den Kommunen und
den Ländern.
Dazu gehören ausreichend Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder und
dauerhaften Wohnraum in den Kommunen. Wir sind für Sprachkurse für alle. Der
Zugang zu KiTa, Schule und Ausbildung muss durch ausreichend Mittel und Personal
sichergestellt sein.
Asyl und Integration sind eine Daueraufgabe, die dauerhafte Strukturen braucht.
Dabei muss es auch um Resilienz gehen, denn es wird immer wieder Jahre geben in
denen mehr Menschen kommen und Jahre, in denen weniger Menschen kommen. Die
Strukturen eines Einwanderungslandes müssen für diese Dynamiken gerüstet sein.
Mit dem Spurwechsel sind wir hier erste Schritte gegangen. Konkret schlagen wir
vor, dass Arbeitsverbote vollständig abgeschafft werden. Außerdem soll im
Aufenthaltsrecht verankert werden, dass all jene, die hier arbeiten, eine
Ausbildung machen oder studieren und sich nichts zu Schulden kommen lassen
haben, hier bleiben dürfen. Das schafft auch den Raum über Rückführungen
zielgenau zu reden, damit das nicht die Falschen trifft. Es reicht nicht,
Menschen Schutz zu bieten. Sie müssen auch Teil der Gesellschaft werden und
werden sollen - bis hin zur Staatsbürgerschaft.
6. Säule: Rechtsstaat durchsetzen, in allen
Bereichen
Das Asylrecht, die Grund- und Menschenrechte zu verteidigen bedeutet im Kern,
geltendes Recht durchzusetzen und Menschen Zugang zu diesem Recht zu
ermöglichen. Das gilt an den Außengrenzen, in anderen EU-Staaten, es gilt aber
eben auch in Deutschland. Auf europäischer Ebene halten sich verschiedene EU-
Mitgliedsstaaten nicht an geltendes EU-Recht. Statt der vorgeschriebenen
Durchführung rechtsstaatlicher Verfahren werden Pushbacks durchgeführt. Statt
Asylsuchenden ordentliche Perspektiven zu bieten, sorgen unwürdige Bedingungen
dafür, dass Menschen in Länder wie Deutschland, Frankreich oder Österreich
weiterziehen müssen. Das darf nicht länger hingenommen werden. Die EU-Kommission
unter Ursula von der Leyen ist hier seit Jahren untätig, obwohl sie als Hüterin
der Verträge für die Durchsetzung des Rechts verantwortlich ist.
Vertragsverletzungsverfahren, die zur Sanktionierung vor dem Europäischen
Gerichtshof führen würden, werden nicht angestoßen, obwohl Rechtsbrüche
offensichtlich sind. Deswegen sollte die Bundesregierung ihre Möglichkeit
nutzen, selbst Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten und damit
Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen. Es kann nicht länger sein, dass es von netten
Bitten abhängt, ob Geflüchtete überall in der EU rechtsstaatlich behandelt
werden. Das würde dazu beitragen, dass Geflüchtete überall in Europa
Perspektiven haben und sich die Verteilung verbessert.
Autoritäre Ideen von massenhafter „Remigration“ oder systematischer
Zurückweisung von Asylsuchenden ohne rechtsstaatliche Verfahren treten wir
entschieden entgegen. Sie widersprechen demokratischen und rechtsstaatlichen
Grundsätzen.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass diejenigen, die kein
Aufenthaltsrecht haben und die angebotene Chancen für einen Spurwechsel oder
andere Möglichkeiten nicht nutzen, unser Land wieder verlassen müssen. Hier
stehen wir auch aus ganz praktischen Gründen zur Stärkung der Rückkehrberatung
und dem Vorrang der freiwilligen Ausreise.
Geltendes Recht umfasst aber eben auch, dass nicht jeder, der nach Deutschland kommt, bleiben kann. Wer nach individueller Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat und bei dem keine Abschiebungshindernisse entgegenstehen, muss zügig wieder ausreisen. Hier stehen wir zum Vorrang der freiwilligen Ausreise. Die Rückkehrberatung sollte gestärkt und von pädagogisch geschultem Personal durchgeführt werden. Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Kettenabschiebungen dürfen nicht dazu führen, dass Asylsuchende ohne Prüfung ihres Schutzgesuches in Staaten außerhalb der EU abgeschoben werden.
Denn wer ohne eine Perspektive oder Idee der eigenen Zukunft anderswo
abgeschoben wird, ist schneller wieder da, als viele denken. Doch besonders bei
schweren Straftätern oder religiösen Extremisten muss der Rechtsstaat hart
durchgreifen. Unser Rechtsstaat muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um zu
verhindern, dass von diesen Menschen weiterhin eine Gefahr ausgeht.
Antragstext
Von Zeile 130 bis 131 einfügen:
Partei, die sich konsequent gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stellt und für ein modernes Einwanderungsland steht. Ein respektvoller Umgang mit der Einwanderungsgesellschaft gebietet auch, Diskriminierungen wie geringere Sozialleistungen für Schutzsuchende, Beschränkungen von Bewegungsfreiheit sowie Abschiebungen in Länder, die nicht sicher sind, eine klare Absage zu erteilen.
Mit dem Koalitionsausschuss am 6. November ist die Koalition aus SPD, Bündnis
90/Die Grünen und FDP frühzeitig an ihr Ende gelangt. Nun stellt sich unser Land
auf Neuwahlen ein.
Bündnis 90/Die Grünen waren nach der Bundestagswahl 2021 bereit, Verantwortung
auch in einer neuen und absehbar schwierigen Konstellation zu übernehmen. Diese
Koalition war von Anfang an ein Bündnis mit sehr unterschiedlichen
Weltanschauungen. Sie hat aber – so wie es die Pflicht einer Regierung und die
Aufgabe von Demokraten ist – in den letzten knapp drei Jahren immer wieder
zueinandergefunden. Es wäre auch jetzt möglich gewesen, Lösungen zu finden – aus
Verantwortung für unser Land. Wir haben bis zum Schluss konstruktive Vorschläge
im Interesse der Stabilität und des Zusammenhalts gemacht, wie man die Lücke des
Haushaltsentwurfs realistisch schließen kann, ohne den Klimaschutz, den sozialen
Zusammenhalt, die Wirtschaft oder die Sicherheit und Freiheit in Europa zu
gefährden. Wir waren dazu bereit, auch über den eigenen Schatten zu springen.
Andere waren das nicht. Christian Lindner und die FDP haben ihre Verantwortung
aus parteitaktischen Gründen weggeworfen.
Die letzten drei Jahren waren geprägt von extrem herausfordernden Umständen,
insbesondere in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine: die
Bewältigung der Energiekrise, der Einsatz für Frieden durch die notwendige
Unterstützung der Ukraine und ein Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik –
all das hat diese Koalition genauso gefordert wie unsere Gesellschaft, die ihren
Umgang mit dieser „Zeitenwende“ noch immer sucht. Gleichzeitig sind wir als Land
durch verschiedene Krisen besser gegangen, als viele gedacht hätten. Das Land,
die Gesellschaft, die vielen Menschen und Unternehmen haben uns beeindruckt, mit
Solidarität und Pragmatismus. Für uns als Teil einer Regierung hieß das, in
kurzer Zeit sehr weitreichende Entscheidungen zu treffen – in der Verantwortung
für Frieden, Wirtschaft und Stabilität. Dazu gehörten Kompromisse, die auch an
unsere Schmerzgrenzen gingen – die wir aber eingegangen sind aus Verantwortung
für das Ganze. Weil wir der festen Überzeugung waren und sind, dass dies die
Konsequenz davon ist, die Wirklichkeit mitzugestalten.
Zugleich haben wir in den drei Jahren Regierungsbeteiligung viel erreicht, für
das wir Grüne lange Jahre gekämpft haben. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien
gelingt im Rekordtempo. Unser Strom wird sauber und immer günstiger. Wir haben
beim Klimaschutz eine neue Dynamik erreicht, so dass wir erstmals die Klimaziele
2030 erreichen können. Wir haben das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz
geschaffen, die größte Naturschutz-Offensive, die es in Deutschland je gab. Und
wir haben nach langen Jahren der Untätigkeit mit Reformen für mehr
wirtschaftliche Dynamik gesorgt: Planungsbeschleunigung und Bürokratieabbau,
Fachkräftezuwanderung und Förderung von Beschäftigung, Verbesserungen für Start-
Ups und Modernisierung der Industrie.
Wir haben unser Land sozial gerechter gemacht – mit Milliarden für ein
Startchancenprogramm an Schulen in unserem Land, mit der größten BAFöG-Reform
der letzten Jahrzehnte, mit einem höheren Mindestlohn, einer Reform des
Bürgergeldes, und nicht zuletzt dem 49-Euro-Ticket.
Wir haben das Land liberaler gemacht - mit dem Selbstbestimmungsgesetz, einer
Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, einem modernen Einwanderungsgesetz und
der Reform des Paragraphen 219a zur Frage der Information beim Abbruch von
Schwangerschaften.
Wir haben in diesen drei Jahren nachgeholt, was in Deutschland teils über
Jahrzehnte versäumt wurde. Aber die Weltlage, die Klimakrise und die
wirtschaftliche Stagnation zwingen Deutschland und Europa, sich weiter mutig zu
modernisieren. Unser Land steht vor der Aufgabe, die derzeitige Unsicherheit in
eine neue Selbstvergewisserung zu verwandeln. Wir stehen jetzt an dem Punkt, an
dem unser Land und Europa die Kraft, die es hat, nach vorne wenden muss. Nicht
zurück. Nicht ängstlich im Status Quo verharrend. Sondern von der Zukunft
geleitet.
Wir sind bereit, dem Land ein Angebot für eine Zeit nach der Koalition aus SPD,
Bündnis90/Die Grünen und der FDP zu machen. Ein Angebot, das die Erfolge der
letzten Jahre anerkennt und würdigt und aufzeigt, worauf es jetzt ankommt: Kurs
halten beim Klimaschutz, nicht abwickeln. Spürbar die Gerechtigkeit stärken,
damit das Leben bezahlbar ist. Freiheit und Frieden verteidigen. Handeln mit
Gemeinsinn, Zukunftsmut und Zuversicht.
In einer Zeit, in der so viele die Verheißung im Gestern suchen, halten wir
Kurs. Wir treten an mit dem Versprechen, weiterhin konsequent für den nötigen
Wandel einzutreten. Für Klimaschutz als Motor von Innovation und guten Jobs. Für
einen Weg, der sozial gerecht ist und auf die Innovationskraft und Kompetenzen
der Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen, der Kommunen setzt. Der auf die
Kraft unseres Landes setzt. Dabei sehen wir die Suche nach Orientierung und
Zuversicht, die unsere durch Krisen und Kriege verunsicherte Gesellschaft
durchzieht. Seien wir die Kraft, die diese Orientierung gibt. Seien wir in
hoffnungsarmen Zeiten der Hoffnungsort für alle, die daran glauben, dass es
besser werden kann und besser werden wird.
Wir wollen mehr tun, um die Kraft unserer Wirtschaft wieder zu entfalten. Nur
als wirtschaftlich prosperierendes Land, das bei den wichtige
Zukunftstechnologien dabei ist, kann Deutschland sich den autokratischen
Bestrebungen entgegenstellen. Und zugleich ist wirtschaftlicher Wohlstand eine
entscheidende Voraussetzung für die soziale Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger
und damit auch für den demokratischen Zusammenhalt. Unser Land steckt nun aber
seit zwei Jahren in einer wirtschaftlichen Schwächephase, die auch strukturelle
Gründe hat. Dazu zählen die hohe Abhängigkeit von russischer Energie, die CDU,
CSU und SPD gemeinsam zu verantworten haben und die Deutschland noch immer teuer
bezahlt. Dazu zählt auch ein jahrzehntelanger Investitionsstau bei der
Infrastruktur und Digitalisierung, zu langsame und komplexe Verfahren, die
unsere Wirtschaft hemmen. Deshalb müssen wir Deutschlands Potential neu
entfesseln. Wir wollen die Innovationskraft unseres Landes stärken. Wir brauchen
mehr Arbeitskräfte durch Qualifizierung, einer besseren Vereinbarung von Familie
und Arbeit, und Zuwanderung. Wir forcieren den Abbau von Bürokratie und die
Beschleunigung und Vereinfachung von Prozessen, auch mit Praxischecks. Wir
schaffen langfristig sichere und günstige Energie. Wir werben entschieden für
eine Stärkung von öffentlichen wie privaten Investitionen. Es braucht beides:
Strukturreformen und mehr Investitionen. Diese dürfen nicht länger scheitern an
zu engen Regeln der Schuldenbremse, die von den allermeisten Ökonomen längst in
Frage gestellt werden.
Für uns ist dabei klar, dass es fatal wäre, wenn Deutschland und Europa nun ihre
Anstrengungen beim Klimaschutz reduzieren würden. Die klimatische Realität, die
langfristige Sicherung unseres Wohlstands und unserer Freiheit erfordern das
Gegenteil. Mit der Wahl von Donald Trump drohen die USA, sich erneut vom
Klimaschutz abzuwenden. Dies wäre noch einmal Wasser auf die Mühlen jener, die
auch hier in Europa die Gefahren der Klimakrise unterschätzen oder gar leugnen.
Wir werden uns vom Populismus nicht von der Realität abbringen lassen. Und die
Realität heißt, dass die Klimakrise bereits jetzt dramatische Auswirkungen hat
und unverzügliches, entschiedenes Handeln erforderlich ist, wenn wir ihre
Konsequenzen noch menschlich beherrschbar halten wollen. Deshalb lassen wir in
unseren Ambitionen nicht nach, ganz im Gegenteil. In allen Bereichen und vor
allem in jenem, der bislang viel zu wenig zur Erreichung der Klimaziele beiträgt
– der Verkehr – wollen wir auf Kurs kommen. Es geht um nicht weniger als die
Freiheitschancen und -rechte unserer Kinder und Enkel.
Wir stehen erst am Anfang der Aufgabe, eine Erneuerungspolitik so gerecht und
gemeinschaftlich zu organisieren, dass die notwendigen Reformen nicht als
weitere Erschütterungen wahrgenommen werden. Wir nehmen die tiefen
Verlusterfahrungen von Corona, Inflation, materiellen Sorgen um Wohnraum und
Ängsten vor Terror und Krieg ernst. Der Verunsicherung unserer Gesellschaft
wollen wir mit großem Verständnis und großer Entschlossenheit zugleich begegnen.
In einer Welt der Zumutungen ist es die Aufgabe von Politik, diese Zumutungen
abzufedern und Lasten gerecht zu verteilen.
Unsere Gesellschaft droht, den Zusammenhalt zu verlieren. Wir stemmen uns der
wachsenden Ungleichheit entgegen. Wir akzeptieren nicht, dass gleichzeitig die
Vermögen der einen steigen und die anderen immer häufiger und tiefer in den
Dispokredit gezwungen sind. Wir akzeptieren nicht, dass die Chancen von Kindern
und Jugendlichen, ihre Träume und Ziele zu verwirklichen, geringer sind als vor
30 Jahren.
Wir wollen, dass kleine Mädchen mit dem Selbstverständnis aufwachsen können,
dass sie dieselben Chancen und Rechte im Leben haben wie ihre Brüder oder
Freunde. Wir stehen dafür, dass in diesem Land jede Person selbst ihren
Lebensweg, ihre Träume und ihre Identität bestimmen kann, dass jeder Mensch ohne
Diskriminierung lebt und liebt. Dabei sind die Grenzen immer die Freiheit der
anderen und unser Grundgesetz.
Wir leben in einem Land, das schon immer durch Zuwanderung geprägt wurde. Die
Vielfalt unserer Biographien ist ein Reichtum unserer Gesellschaft. Wir sind die
Partei, die sich konsequent gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stellt und für
ein modernes Einwanderungsland steht. Ein respektvoller Umgang mit der Einwanderungsgesellschaft gebietet auch, Diskriminierungen wie geringere Sozialleistungen für Schutzsuchende, Beschränkungen von Bewegungsfreiheit sowie Abschiebungen in Länder, die nicht sicher sind, eine klare Absage zu erteilen.
Mut zu notwendigen Reformen, Bürgernähe und Gerechtigkeit wollen wir
zusammenbringen, um als Demokratie in der Lage zu sein in den Krisen dieser Zeit
zu bestehen. Wir wollen den Menschen Antworten geben, wie Wohnen und Mobilität
bezahlbar bleiben, wie das Bildungssystem wieder besser funktioniert, wie ihre
Arbeitsplätze sicher bleiben. Leitstern ist für uns der erste Satz in unserem
grünen Grundsatzprogramm: „Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch mit
seiner Freiheit und seiner Würde“.
Freiheit und Würde sind auch der Maßstab für unsere Friedenspolitik mit Blick
auf die Ukraine und die Sicherung der Souveränität Europas als Union gegenüber
den autokratischen Bedrohungen von außen wie von innen. Spätestens die
Wiederwahl von Donald Trump setzt Verteidigungsfähigkeit und die Bereitschaft
mehr in die Souveränität Europas zu investieren, an die Spitze der politischen
Prioritäten für die kommenden Jahre. Die Zeitenwende im Militärischen, im Zivil-
und Katastrophenschutz sowie bei der inneren Sicherheit muss fortgeführt und
verstärkt werden. Wir müssen auch unser diplomatisches, entwicklungs- und
handelspolitisches Engagement erhöhen.
Wir müssen die Europäische Souveränität und Verantwortung stärken. Es ist im
höchsten deutschen Interesse, dass Europas Einigung weiter geht, dass ein
vereintes Europa gemeinsam in seine Zukunft investiert. Nur ein starkes Europa
wird in der Welt gehört und kann seine Interessen zum Wohle der Bürgerinnen und
Bürger und Unternehmen durchsetzen. In den kommenden Jahren darf „German Vote“
kein Synonym mehr sein für deutsche Alleingänge in Europa. Und so, wie wir als
Grüne immer wieder an die Grenzen unseres Selbstverständnisses gegangen sind, um
Kompromisse zu ermöglichen - etwas beim Gemeinsamen Europäischen Asylsystem
(GEAS) –, so werden wir in den kommenden Jahren die Handlungsfähigkeit im
europäischen Bündnis gegenüber unseren globalen Partnern und Bedrohungen noch
deutlich wichtiger nehmen müssen als bisher.
Dieses Verständnis von Verantwortung von Demokraten in einer vernetzten aber
zugleich komplexen und von Eigeninteressen bestimmten Welt, kann nur erfolgreich
sein, wenn wir bündnisfähig sind, so wie es in unserer Partei schon im Namen
angelegt ist. Wir vertrauen auf das Engagement und die Ideen der Vielen und die
Stärke unserer gemeinsamen demokratischen Institutionen. So, wie wir innerhalb
der Partei zur Verbindung bereit sind und das Bündnis mit unterschiedlichen
gesellschaftlichen Akteuren suchen, so sind wir auch zu (Regierungs-)Bündnissen
mit allen gesellschaftlichen Gruppen im Land, der Zivilgesellschaft und mit den
anderen demokratischen Parteien bereit, um gemeinsame Kraft für unser Land und
seine Freiheit aufzunehmen, um es voranzubringen. Mit diesem Selbstverständnis
gehen wir in den jetzt bevorstehenden, kurzen Wahlkampf.
Wir werden dazu noch in diesem Jahr einen Entwurf für ein prägnantes und
zugespitztes Wahlprogramm vorlegen und auf dem nächsten Bundesparteitag
beschließen. Dabei werden wir nach Innen und Außen zuhören, damit sich so viele
Stimmen wie möglich im Ergebnis wiederfinden.
Der Wahlkampf ist eine Chance, zu zeigen, was in uns steckt. Keine Partei hat so
engagierte Mitglieder wie wir. Jeden Tag werden wir mehr. Und selten war das
Bewusstsein der Menschen für die Herausforderungen dieser Zeit so klar. Nutzen
wir diese Chance, um die Kraft der Menschen in die Zukunftskraft unsers Landes
zu übersetzen. In Verantwortung für diese Zeit.
Dieser Antrag ist Ausdruck des gemeinsamen Verständnisses von Robert Habeck,
Annalena Baerbock, Katharina Dröge, Britta Haßelmann, Ricarda Lang, Omid
Nouripour, Franziska Brantner und Felix Banaszak.
weitere Antragsteller*innen
- Jan Schmid (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jonathan Philip Aus (KV Berlin-Neukölln)
- Oliver Groth (KV Regensburg-Stadt)
- Lotte Musiol (KV Hamburg-Harburg)
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jörg Friedrich (KV Odenwald)
- Markus Schopp (KV Berlin-Mitte)
- Svenja Borgschulte (KV Berlin-Pankow)
- Jan Möbius (KV Berlin-Lichtenberg)
- Paul Brock (KV Hamburg-Harburg)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Mimont Bousroufi (KV Bonn)
- Talea Möller (LV Grüne Jugend Schleswig-Holstein)
- Stefan Muck (KV Landsberg-Lech)
- Aeneas Niklas Marxen (KV Köln)
- Johannes Rückerl (KV Regensburg-Stadt)
- Larissa Pusch (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Daniel Dressler (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Wolfgang Schmidt (KV Berlin-Kreisfrei)
- Yvonne Marchewitz (KV Hannover)
- Jörg Lütkemeier (KV Gelsenkirchen)
- Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg)
- Erich Hinderer (KV Main-Spessart)
- Marcus Schmitt (KV Frankfurt)
- Matthias Hogrefe (KV Leverkusen)
- Kübra Beydas (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Meike Gerwin (KV Gelsenkirchen)
- Enad Altaweel (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Kerstin Täubner-Benicke (KV Starnberg)
- Simon Gast (KV Osnabrück-Land)
- Volkmar Nickol (KV Berlin-Kreisfrei)
- Janina Rebholz (KV Lippe)
- Janina Müttel (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Nicole Lauterwald (KV Frankfurt)
- Ronith Schalast (KV Berlin-Neukölln)
- Carola Scheibe-Köster (KV Berlin-Neukölln)
- Cim Kartal (KV Bielefeld)
- Manfred Becker (KV Bonn)
- Sabine Schwöbel-Lehmann (KV Darmstadt-Dieburg)
- Marcus Bleil (KV Berlin-Kreisfrei)
- Jim Martens (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Carlos Echegoyen (KV Bonn)
- Deniz Yildirim-Caliman (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel)
- Rainer Albrecht (KV Heilbronn)
- Sabine Hebbelmann (KV Odenwald-Kraichgau)
- Kristin Kosche (KV Berlin-Mitte)
- Malte Gerlach (KV Kassel-Stadt)
Von Zeile 130 bis 131 einfügen:
Partei, die sich konsequent gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stellt und für ein modernes Einwanderungsland steht. Ein respektvoller Umgang mit der Einwanderungsgesellschaft gebietet auch, Diskriminierungen wie geringere Sozialleistungen für Schutzsuchende, Beschränkungen von Bewegungsfreiheit sowie Abschiebungen in Länder, die nicht sicher sind, eine klare Absage zu erteilen.
Mit dem Koalitionsausschuss am 6. November ist die Koalition aus SPD, Bündnis
90/Die Grünen und FDP frühzeitig an ihr Ende gelangt. Nun stellt sich unser Land
auf Neuwahlen ein.
Bündnis 90/Die Grünen waren nach der Bundestagswahl 2021 bereit, Verantwortung
auch in einer neuen und absehbar schwierigen Konstellation zu übernehmen. Diese
Koalition war von Anfang an ein Bündnis mit sehr unterschiedlichen
Weltanschauungen. Sie hat aber – so wie es die Pflicht einer Regierung und die
Aufgabe von Demokraten ist – in den letzten knapp drei Jahren immer wieder
zueinandergefunden. Es wäre auch jetzt möglich gewesen, Lösungen zu finden – aus
Verantwortung für unser Land. Wir haben bis zum Schluss konstruktive Vorschläge
im Interesse der Stabilität und des Zusammenhalts gemacht, wie man die Lücke des
Haushaltsentwurfs realistisch schließen kann, ohne den Klimaschutz, den sozialen
Zusammenhalt, die Wirtschaft oder die Sicherheit und Freiheit in Europa zu
gefährden. Wir waren dazu bereit, auch über den eigenen Schatten zu springen.
Andere waren das nicht. Christian Lindner und die FDP haben ihre Verantwortung
aus parteitaktischen Gründen weggeworfen.
Die letzten drei Jahren waren geprägt von extrem herausfordernden Umständen,
insbesondere in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine: die
Bewältigung der Energiekrise, der Einsatz für Frieden durch die notwendige
Unterstützung der Ukraine und ein Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik –
all das hat diese Koalition genauso gefordert wie unsere Gesellschaft, die ihren
Umgang mit dieser „Zeitenwende“ noch immer sucht. Gleichzeitig sind wir als Land
durch verschiedene Krisen besser gegangen, als viele gedacht hätten. Das Land,
die Gesellschaft, die vielen Menschen und Unternehmen haben uns beeindruckt, mit
Solidarität und Pragmatismus. Für uns als Teil einer Regierung hieß das, in
kurzer Zeit sehr weitreichende Entscheidungen zu treffen – in der Verantwortung
für Frieden, Wirtschaft und Stabilität. Dazu gehörten Kompromisse, die auch an
unsere Schmerzgrenzen gingen – die wir aber eingegangen sind aus Verantwortung
für das Ganze. Weil wir der festen Überzeugung waren und sind, dass dies die
Konsequenz davon ist, die Wirklichkeit mitzugestalten.
Zugleich haben wir in den drei Jahren Regierungsbeteiligung viel erreicht, für
das wir Grüne lange Jahre gekämpft haben. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien
gelingt im Rekordtempo. Unser Strom wird sauber und immer günstiger. Wir haben
beim Klimaschutz eine neue Dynamik erreicht, so dass wir erstmals die Klimaziele
2030 erreichen können. Wir haben das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz
geschaffen, die größte Naturschutz-Offensive, die es in Deutschland je gab. Und
wir haben nach langen Jahren der Untätigkeit mit Reformen für mehr
wirtschaftliche Dynamik gesorgt: Planungsbeschleunigung und Bürokratieabbau,
Fachkräftezuwanderung und Förderung von Beschäftigung, Verbesserungen für Start-
Ups und Modernisierung der Industrie.
Wir haben unser Land sozial gerechter gemacht – mit Milliarden für ein
Startchancenprogramm an Schulen in unserem Land, mit der größten BAFöG-Reform
der letzten Jahrzehnte, mit einem höheren Mindestlohn, einer Reform des
Bürgergeldes, und nicht zuletzt dem 49-Euro-Ticket.
Wir haben das Land liberaler gemacht - mit dem Selbstbestimmungsgesetz, einer
Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, einem modernen Einwanderungsgesetz und
der Reform des Paragraphen 219a zur Frage der Information beim Abbruch von
Schwangerschaften.
Wir haben in diesen drei Jahren nachgeholt, was in Deutschland teils über
Jahrzehnte versäumt wurde. Aber die Weltlage, die Klimakrise und die
wirtschaftliche Stagnation zwingen Deutschland und Europa, sich weiter mutig zu
modernisieren. Unser Land steht vor der Aufgabe, die derzeitige Unsicherheit in
eine neue Selbstvergewisserung zu verwandeln. Wir stehen jetzt an dem Punkt, an
dem unser Land und Europa die Kraft, die es hat, nach vorne wenden muss. Nicht
zurück. Nicht ängstlich im Status Quo verharrend. Sondern von der Zukunft
geleitet.
Wir sind bereit, dem Land ein Angebot für eine Zeit nach der Koalition aus SPD,
Bündnis90/Die Grünen und der FDP zu machen. Ein Angebot, das die Erfolge der
letzten Jahre anerkennt und würdigt und aufzeigt, worauf es jetzt ankommt: Kurs
halten beim Klimaschutz, nicht abwickeln. Spürbar die Gerechtigkeit stärken,
damit das Leben bezahlbar ist. Freiheit und Frieden verteidigen. Handeln mit
Gemeinsinn, Zukunftsmut und Zuversicht.
In einer Zeit, in der so viele die Verheißung im Gestern suchen, halten wir
Kurs. Wir treten an mit dem Versprechen, weiterhin konsequent für den nötigen
Wandel einzutreten. Für Klimaschutz als Motor von Innovation und guten Jobs. Für
einen Weg, der sozial gerecht ist und auf die Innovationskraft und Kompetenzen
der Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen, der Kommunen setzt. Der auf die
Kraft unseres Landes setzt. Dabei sehen wir die Suche nach Orientierung und
Zuversicht, die unsere durch Krisen und Kriege verunsicherte Gesellschaft
durchzieht. Seien wir die Kraft, die diese Orientierung gibt. Seien wir in
hoffnungsarmen Zeiten der Hoffnungsort für alle, die daran glauben, dass es
besser werden kann und besser werden wird.
Wir wollen mehr tun, um die Kraft unserer Wirtschaft wieder zu entfalten. Nur
als wirtschaftlich prosperierendes Land, das bei den wichtige
Zukunftstechnologien dabei ist, kann Deutschland sich den autokratischen
Bestrebungen entgegenstellen. Und zugleich ist wirtschaftlicher Wohlstand eine
entscheidende Voraussetzung für die soziale Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger
und damit auch für den demokratischen Zusammenhalt. Unser Land steckt nun aber
seit zwei Jahren in einer wirtschaftlichen Schwächephase, die auch strukturelle
Gründe hat. Dazu zählen die hohe Abhängigkeit von russischer Energie, die CDU,
CSU und SPD gemeinsam zu verantworten haben und die Deutschland noch immer teuer
bezahlt. Dazu zählt auch ein jahrzehntelanger Investitionsstau bei der
Infrastruktur und Digitalisierung, zu langsame und komplexe Verfahren, die
unsere Wirtschaft hemmen. Deshalb müssen wir Deutschlands Potential neu
entfesseln. Wir wollen die Innovationskraft unseres Landes stärken. Wir brauchen
mehr Arbeitskräfte durch Qualifizierung, einer besseren Vereinbarung von Familie
und Arbeit, und Zuwanderung. Wir forcieren den Abbau von Bürokratie und die
Beschleunigung und Vereinfachung von Prozessen, auch mit Praxischecks. Wir
schaffen langfristig sichere und günstige Energie. Wir werben entschieden für
eine Stärkung von öffentlichen wie privaten Investitionen. Es braucht beides:
Strukturreformen und mehr Investitionen. Diese dürfen nicht länger scheitern an
zu engen Regeln der Schuldenbremse, die von den allermeisten Ökonomen längst in
Frage gestellt werden.
Für uns ist dabei klar, dass es fatal wäre, wenn Deutschland und Europa nun ihre
Anstrengungen beim Klimaschutz reduzieren würden. Die klimatische Realität, die
langfristige Sicherung unseres Wohlstands und unserer Freiheit erfordern das
Gegenteil. Mit der Wahl von Donald Trump drohen die USA, sich erneut vom
Klimaschutz abzuwenden. Dies wäre noch einmal Wasser auf die Mühlen jener, die
auch hier in Europa die Gefahren der Klimakrise unterschätzen oder gar leugnen.
Wir werden uns vom Populismus nicht von der Realität abbringen lassen. Und die
Realität heißt, dass die Klimakrise bereits jetzt dramatische Auswirkungen hat
und unverzügliches, entschiedenes Handeln erforderlich ist, wenn wir ihre
Konsequenzen noch menschlich beherrschbar halten wollen. Deshalb lassen wir in
unseren Ambitionen nicht nach, ganz im Gegenteil. In allen Bereichen und vor
allem in jenem, der bislang viel zu wenig zur Erreichung der Klimaziele beiträgt
– der Verkehr – wollen wir auf Kurs kommen. Es geht um nicht weniger als die
Freiheitschancen und -rechte unserer Kinder und Enkel.
Wir stehen erst am Anfang der Aufgabe, eine Erneuerungspolitik so gerecht und
gemeinschaftlich zu organisieren, dass die notwendigen Reformen nicht als
weitere Erschütterungen wahrgenommen werden. Wir nehmen die tiefen
Verlusterfahrungen von Corona, Inflation, materiellen Sorgen um Wohnraum und
Ängsten vor Terror und Krieg ernst. Der Verunsicherung unserer Gesellschaft
wollen wir mit großem Verständnis und großer Entschlossenheit zugleich begegnen.
In einer Welt der Zumutungen ist es die Aufgabe von Politik, diese Zumutungen
abzufedern und Lasten gerecht zu verteilen.
Unsere Gesellschaft droht, den Zusammenhalt zu verlieren. Wir stemmen uns der
wachsenden Ungleichheit entgegen. Wir akzeptieren nicht, dass gleichzeitig die
Vermögen der einen steigen und die anderen immer häufiger und tiefer in den
Dispokredit gezwungen sind. Wir akzeptieren nicht, dass die Chancen von Kindern
und Jugendlichen, ihre Träume und Ziele zu verwirklichen, geringer sind als vor
30 Jahren.
Wir wollen, dass kleine Mädchen mit dem Selbstverständnis aufwachsen können,
dass sie dieselben Chancen und Rechte im Leben haben wie ihre Brüder oder
Freunde. Wir stehen dafür, dass in diesem Land jede Person selbst ihren
Lebensweg, ihre Träume und ihre Identität bestimmen kann, dass jeder Mensch ohne
Diskriminierung lebt und liebt. Dabei sind die Grenzen immer die Freiheit der
anderen und unser Grundgesetz.
Wir leben in einem Land, das schon immer durch Zuwanderung geprägt wurde. Die
Vielfalt unserer Biographien ist ein Reichtum unserer Gesellschaft. Wir sind die
Partei, die sich konsequent gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stellt und für
ein modernes Einwanderungsland steht. Ein respektvoller Umgang mit der Einwanderungsgesellschaft gebietet auch, Diskriminierungen wie geringere Sozialleistungen für Schutzsuchende, Beschränkungen von Bewegungsfreiheit sowie Abschiebungen in Länder, die nicht sicher sind, eine klare Absage zu erteilen.
Mut zu notwendigen Reformen, Bürgernähe und Gerechtigkeit wollen wir
zusammenbringen, um als Demokratie in der Lage zu sein in den Krisen dieser Zeit
zu bestehen. Wir wollen den Menschen Antworten geben, wie Wohnen und Mobilität
bezahlbar bleiben, wie das Bildungssystem wieder besser funktioniert, wie ihre
Arbeitsplätze sicher bleiben. Leitstern ist für uns der erste Satz in unserem
grünen Grundsatzprogramm: „Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch mit
seiner Freiheit und seiner Würde“.
Freiheit und Würde sind auch der Maßstab für unsere Friedenspolitik mit Blick
auf die Ukraine und die Sicherung der Souveränität Europas als Union gegenüber
den autokratischen Bedrohungen von außen wie von innen. Spätestens die
Wiederwahl von Donald Trump setzt Verteidigungsfähigkeit und die Bereitschaft
mehr in die Souveränität Europas zu investieren, an die Spitze der politischen
Prioritäten für die kommenden Jahre. Die Zeitenwende im Militärischen, im Zivil-
und Katastrophenschutz sowie bei der inneren Sicherheit muss fortgeführt und
verstärkt werden. Wir müssen auch unser diplomatisches, entwicklungs- und
handelspolitisches Engagement erhöhen.
Wir müssen die Europäische Souveränität und Verantwortung stärken. Es ist im
höchsten deutschen Interesse, dass Europas Einigung weiter geht, dass ein
vereintes Europa gemeinsam in seine Zukunft investiert. Nur ein starkes Europa
wird in der Welt gehört und kann seine Interessen zum Wohle der Bürgerinnen und
Bürger und Unternehmen durchsetzen. In den kommenden Jahren darf „German Vote“
kein Synonym mehr sein für deutsche Alleingänge in Europa. Und so, wie wir als
Grüne immer wieder an die Grenzen unseres Selbstverständnisses gegangen sind, um
Kompromisse zu ermöglichen - etwas beim Gemeinsamen Europäischen Asylsystem
(GEAS) –, so werden wir in den kommenden Jahren die Handlungsfähigkeit im
europäischen Bündnis gegenüber unseren globalen Partnern und Bedrohungen noch
deutlich wichtiger nehmen müssen als bisher.
Dieses Verständnis von Verantwortung von Demokraten in einer vernetzten aber
zugleich komplexen und von Eigeninteressen bestimmten Welt, kann nur erfolgreich
sein, wenn wir bündnisfähig sind, so wie es in unserer Partei schon im Namen
angelegt ist. Wir vertrauen auf das Engagement und die Ideen der Vielen und die
Stärke unserer gemeinsamen demokratischen Institutionen. So, wie wir innerhalb
der Partei zur Verbindung bereit sind und das Bündnis mit unterschiedlichen
gesellschaftlichen Akteuren suchen, so sind wir auch zu (Regierungs-)Bündnissen
mit allen gesellschaftlichen Gruppen im Land, der Zivilgesellschaft und mit den
anderen demokratischen Parteien bereit, um gemeinsame Kraft für unser Land und
seine Freiheit aufzunehmen, um es voranzubringen. Mit diesem Selbstverständnis
gehen wir in den jetzt bevorstehenden, kurzen Wahlkampf.
Wir werden dazu noch in diesem Jahr einen Entwurf für ein prägnantes und
zugespitztes Wahlprogramm vorlegen und auf dem nächsten Bundesparteitag
beschließen. Dabei werden wir nach Innen und Außen zuhören, damit sich so viele
Stimmen wie möglich im Ergebnis wiederfinden.
Der Wahlkampf ist eine Chance, zu zeigen, was in uns steckt. Keine Partei hat so
engagierte Mitglieder wie wir. Jeden Tag werden wir mehr. Und selten war das
Bewusstsein der Menschen für die Herausforderungen dieser Zeit so klar. Nutzen
wir diese Chance, um die Kraft der Menschen in die Zukunftskraft unsers Landes
zu übersetzen. In Verantwortung für diese Zeit.
Dieser Antrag ist Ausdruck des gemeinsamen Verständnisses von Robert Habeck,
Annalena Baerbock, Katharina Dröge, Britta Haßelmann, Ricarda Lang, Omid
Nouripour, Franziska Brantner und Felix Banaszak.
weitere Antragsteller*innen
- Jan Schmid (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jonathan Philip Aus (KV Berlin-Neukölln)
- Oliver Groth (KV Regensburg-Stadt)
- Lotte Musiol (KV Hamburg-Harburg)
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jörg Friedrich (KV Odenwald)
- Markus Schopp (KV Berlin-Mitte)
- Svenja Borgschulte (KV Berlin-Pankow)
- Jan Möbius (KV Berlin-Lichtenberg)
- Paul Brock (KV Hamburg-Harburg)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Mimont Bousroufi (KV Bonn)
- Talea Möller (LV Grüne Jugend Schleswig-Holstein)
- Stefan Muck (KV Landsberg-Lech)
- Aeneas Niklas Marxen (KV Köln)
- Johannes Rückerl (KV Regensburg-Stadt)
- Larissa Pusch (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Daniel Dressler (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Wolfgang Schmidt (KV Berlin-Kreisfrei)
- Yvonne Marchewitz (KV Hannover)
- Jörg Lütkemeier (KV Gelsenkirchen)
- Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg)
- Erich Hinderer (KV Main-Spessart)
- Marcus Schmitt (KV Frankfurt)
- Matthias Hogrefe (KV Leverkusen)
- Kübra Beydas (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Meike Gerwin (KV Gelsenkirchen)
- Enad Altaweel (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Kerstin Täubner-Benicke (KV Starnberg)
- Simon Gast (KV Osnabrück-Land)
- Volkmar Nickol (KV Berlin-Kreisfrei)
- Janina Rebholz (KV Lippe)
- Janina Müttel (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Nicole Lauterwald (KV Frankfurt)
- Ronith Schalast (KV Berlin-Neukölln)
- Carola Scheibe-Köster (KV Berlin-Neukölln)
- Cim Kartal (KV Bielefeld)
- Manfred Becker (KV Bonn)
- Sabine Schwöbel-Lehmann (KV Darmstadt-Dieburg)
- Marcus Bleil (KV Berlin-Kreisfrei)
- Jim Martens (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Carlos Echegoyen (KV Bonn)
- Deniz Yildirim-Caliman (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel)
- Rainer Albrecht (KV Heilbronn)
- Sabine Hebbelmann (KV Odenwald-Kraichgau)
- Kristin Kosche (KV Berlin-Mitte)
- Malte Gerlach (KV Kassel-Stadt)