Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Erik Marquardt (KV Berlin-Treptow/Köpenick) und 191 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 47%) |
Status: | Zurückgezogen (Neu: VR-10) |
Eingereicht: | 04.10.2024, 09:02 |
V-104: Schengen retten: Schlagbäume in Europa in die Geschichtsbücher verbannen
Antragstext
Seit 16. September hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser an allen
bundesdeutschen Grenzen stationäre Grenzkontrollen veranlasst. Bundeskanzler
Olaf Scholz bezeichnete diese Maßnahme als „kleinen Baustein einer ganz großen
Mauer“. Ein vielsagender Satz, den er später zurücknahm.
Durch die Wiedereinführung stationärer Grenzkontrollen droht dauerhafter Schaden
für die europäische Freizügigkeit, ohne dass die Grenzkontrollen das ausgegebene
Ziel erreichen.
Das Streben nach einem geeinten Europa der Freizügigkeit und gelebtern
Nachbarschaft zählt zu den Grundfesten unserer bündnisgrünen Politik und
Überzeugung. Gerade in Deutschland, im Herzen Europas, ist das Miteinander mit
unseren Nachbarn Alltagsrealität der Menschen - besonders in den Grenzregionen.
Dass sich Menschen ganz selbstverständlich grenzübergreifend bewegen können, um
zur Arbeit zu gehen, einzukaufen oder Freunde zu treffen, ist die Errungenschaft
eines jahrzehntelangen europäischen Einigungsprozesses. Es ist die Grundlage für
Wohlstand und Frieden in unserem Land, wofür wir mit ganzer Kraft einstehen.
Wir wollen nicht dabei zuschauen, wenn Stück für Stück die Steine aus dem
Fundament unseres Wohlstands und unserer Freiheit gerissen werden.
Wir kritisieren, dass das wie das Bundesinnenministerin ohne Absprache mit den
EU-Partnern oder der EU-Kommission zu solchen Maßnahmen gegriffen hat.
Stationäre Grenzkontrollen sind kein geeignetes Mittel, um irreguläre Migration
zu reduzieren, wie oft behauptet wird.
Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass Asylsuchende durch Grenzkontrollen gar
nicht abgehalten werden und werden dürfen. An jeder Grenzkontrolle kann Asyl
beantragt werden, weil das zu den Grundlagen eines Rechtsstaats gehört. Doch zu
viele politische Akteure spielen wecken falsche Erwartungen in der Bevölkerung,
statt die Realität zu erklären und realistische Maßnahmen vorzuschlagen.
Wir lehnen dauerhafte stationäre Grenzkontrollen an EU-Binnengrenzen ab. Sie
schränken nicht nur die Reisefreiheit, sondern das Miteinander und den Alltag
der Menschen in den Grenzregionen ein. Wir teilen die Sorge von Unternehmen um
wirtschaftliche Nachteile.
Es wäre an der Zeit, endlich Druck auf die Außengrenzstaaten zu machen. Viele
EU-Staaten werden sich sonst weiter weigern, Menschen systematisch zu
registrieren und die Außengrenzen trotz geeigneter Mittel rechtsstaatlich zu
kontrollieren. Sie setzen stattdessen auf illegale Pushbacks und Gewalt. Eine
Strategie, die nun auch in Deutschland diskutiert wird.
Vertragsverletzungsverfahren durch die Bundesregierung könnten dazu beitragen,
diesen Druck zu erhöhen und Rechtsbrüche der EU-Staaten zu sanktionieren.
Der europarechtswidrige Vorschlag von Friedrich Merz, Menschen aus Syrien und
Afghanistan systematisch zurückzuweisen, ist eine direkte Folge solcher falschen
Versprechungen: Da Asylanträge sich rechtsstaatlich gar nicht reduzieren lassen,
werden immer steilere Forderungen aufgestellt, die liberale Demokratien schnell
gar nicht mehr erfüllen können. Damit treibt die Debatte Erwartungen voran, die
nur die Feinde der Demokratie einlösen können.
Begründung
Es ist wichtig, dass wir als Grüne als Europapartei in diesen schwierigen Zeiten eine klare Position haben. Stationäre Grenzkontrollen sind nicht das richtige Mittel, um Migration zu managen. Stationäre Grenzkontrollen sollten die ultima ratio im Schengen-System sein. Stattdessen sagt beispielsweise die Gewerkschaft der Polizei, dass mobile Kontrollen deutlich effektiver bei der Kriminalitätsbekämpfung sind. Wir wollen ein offenes Europa mit rechtsstaatlich kontrollierten Außengrenzen und dafür streiten wir.