| Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | D Dringlichkeitsanträge |
| Antragsteller*in: | Radosawa Stomporowski (KV Bonn) und 74 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 36%) |
| Status: | Antragsteller*innen sammeln (Berechtigung: Grünes-Netz-Nutzer*innen) |
| Angelegt: | 27.11.2025, 17:08 |
Dringlichkeitsantrag: Resolutes Handeln für Europa!
Antragstext
Der veröffentlichte „28‑Punkte‑Plan“ und die neuen Enthüllungen zu Steve Witkoff
zeigen eine qualitativ neue Gefährdung der europäischen Sicherheitsordnung. Gab
es in den ersten Tagen noch Zweifel an der russischen Handschrift des Papiers,
so sind diese inzwischen ausgeräumt. Russland konnte über informelle Kanäle
direkten Einfluss auf US‑Positionen zur Ukraine gewinnen. Damit entsteht das
Risiko, dass Entscheidungen über Osteuropa bilateral zwischen Washington und
Moskau getroffen werden – ohne Beteiligung Kyjiws und ohne europäische
Mitsprache.
Die Auftritte der US‑Regierung in München, im Oval Office und in Alaska
bestätigen diese politische Schieflage zugunsten Russlands und untergraben das
Vertrauen in multilaterale Strukturen. Dieses Vorgehen fügt sich in ein größeres
Muster ein. In seiner Logik erinnert es an den Molotov-Ribbentrop-Vertrag, der
den Zweiten Weltkrieg entfesselte.
Gerade deshalb darf Europa nicht länger abwarten oder zögern. Unsere Sicherheit
verlangt entschlossenes Handeln, den schnellen Ausbau eigener
Verteidigungsfähigkeit und eine verlässliche Unterstützung der Ukraine – auch
unabhängig von den USA. Diese Fähigkeiten sind Voraussetzung, um Frieden zu
sichern und Erpressungen zu verhindern. Darum braucht Europa eine robuste
Verteidigungsbasis: gemeinsame Rüstungsprojekte, Luftverteidigung,
Cyberresilienz und Verteidigungsbereitschaft. Diese Fähigkeiten sind
Voraussetzung, um Frieden zu sichern und Erpressung zu verhindern.
Die Unterstützung der Ukraine ist Teil unserer eigenen Sicherheit. Wer Europas
Werte schützen will, darf nicht zulassen, dass ein souveräner Staat vom
Aggressor zerstört wird. Deshalb muss Deutschland endlich Taurus schicken!
Wir Grünen müssen diese Konsequenz klar benennen und politisch vorantreiben,
denn die Freiheit der Ukraine ist ein zentraler Bestandteil unserer eigenen
Sicherheit. Nur ein starkes, handlungsfähiges Europa kann die internationale
Ordnung bewahren, Frieden sichern und Gewalt als Mittel der Politik verhindern.
Wer unsere europäische Sicherheit ernst nimmt, setzt jetzt auf resolutes
europäisches Handeln.
Begründung der Dringlichkeit
Die Dringlichkeit ergibt sich aus einem sicherheitspolitischen Ereignis, das erst nach Antragsschluss eingetreten ist: der veröffentlichte und inzwischen überarbeitete „28‑Punkte‑Plan“ der US‑Regierung sowie die Enthüllungen über die Verhandlungen des US‑Sondergesandten Witkoff mit Russland. Diese Entwicklung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Ukraine und Europa, da sie die ukrainische Souveränität und die europäische Sicherheitsordnung gefährdet.
Neu ist, dass Russland über informelle Kanäle direkten Einfluss auf US‑Positionen zur Ukraine gewinnen konnte und damit das Risiko entsteht, dass Entscheidungen über Osteuropa bilateral zwischen Washington und Moskau getroffen werden – ohne Beteiligung Kyjiws und ohne europäische Mitsprache.
Dies geschah am 14. Oktober, in einem Moment, als Präsident Selenskyj ein Treffen für den 17. Oktober mit dem US‑Präsidenten Trump vorbereitet hatte, um dringend benötigte Tomahawk‑Marschflugkörper zur Verteidigung gegen die brutalen russischen Angriffe auf ukrainische Städte zu erhalten. Doch genau in dieser Phase kam es zum Gespräch zwischen Putin und Trump – und die geplante Lieferung wurde daraufhin abgewendet. Damit wurde der Ukraine nicht nur eine entscheidende militärische Unterstützung verweigert, sondern zugleich deutlich, wie russische Einflussnahme über informelle Kanäle die amerikanische Entscheidungsfindung unmittelbar verändern konnte.
Zudem hat die mögliche schnelle Umsetzung des Plans zu einer Verschärfung der Lage geführt, auch wenn dies in der Zwischenzeit offenbar durch diplomatische Gespräche abgewendet werden konnte. Trotzdem sind noch keine Punkte über die aktuellen Verhandlungen, ihren Vereinbarungen oder Differenzen öffentlich bekannt.
Obwohl die russische Handschrift und die Einflussnahme des Kremls aufgeflogen sind, will Donald Trump weiterhin an seinen Sondergesandten Steve Witkoff festhalten und ihn nach Russland zu Gesprächen mit Putin schicken!
Damit liegt ein externer Vorgang vor, der eine neue sicherheitspolitische Realität geschaffen hat und unmittelbares Handeln Europas für die gemeinsame Sicherheit erforderlich macht. Der Antrag befasst sich im Kern mit diesem Ereignis und seinen Folgen und erfüllt damit die Voraussetzungen der Geschäftsordnung für einen Dringlichkeitsantrag.
Begründung
Wir sind zutiefst alarmiert!
Entscheidend an diesem Plan ist auch der aktuelle Zeitpunkt. Seine Veröffentlichung fällt in einen Moment, in dem die Ukraine bzw. das Umfeld von Präsident Selenskyj selbst unter Druck steht, diese aber auch über starken Druck verfügt: die Zerstörung russischer Einnahmequellen, der Ölinfrastruktur und der zentralen Logistik. Russlands Wirtschaft steht stark unter Druck.
Dennoch ist Russland mächtig genug, die Schwächen Anderer im entscheidenden Moment auszunutzen. Die Sprache des Dokuments verriet unmittelbar ihren russischen Ursprung, eingebettet in eine Strategie der Manipulation durch reflexive Kontrolle.
Die zuvor angedrohten Sanktionen gegen Russland sind praktisch verschwunden. Statt einer Verschärfung ist über einen Deal die Rede, der Russland von Sanktionen befreit und ihm sogar neue wirtschaftliche Spielräume eröffnet.
Das ursprüngliche Ultimatum der Trump Regierung an die Ukraine zeigt, wie fragil damit auch unsere Sicherheit verbunden ist. Zwar wurde es nach ersten Gesprächen abgeschwächt – doch die Botschaft bleibt: Der stärkste Partner Europas spielt mit Russland und setzt damit auch uns aufs Spiel. Je länger wir zögern, desto näher rückt der Krieg an unsere eigenen Grenzen.
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Europa darf nicht erneut in die alte Logik der Großmächte zurückfallen, in der über die Köpfe von Menschen und Staaten hinweg entschieden wird. Der sogenannte Witkoff‑Dmitriev‑Plan reiht sich ein in die Tradition des Molotow‑Ribbentrop‑Abkommens, das den Zweiten Weltkrieg entfesselte. Die Teilungsprotokolle von Jalta führten in den Kalten Krieg. All das erinnert uns daran, welche verheerenden Folgen es hat, wenn Großmächte über kleinere Länder bestimmen.
Gerade deshalb darf Europa nicht zum Spielball imperialer Mächte werden. Wir Grüne stehen für ein Europa, das seine Freiheit selbst verteidigt und Solidarität mit der Ukraine lebt. Nur wenn wir jetzt handeln, bleibt Europa frei, stark und in seiner Demokratie lebendig.
