Der sehr gute Antrag wird durch die vorgeschlagene Konkretisierung noch bereichert:
Keine Pestizide in Naturschutzgebieten.
Antrag: | Grüne Eckpunkte für die Gemeinsame Agrarpolitik der EU nach 2020 |
---|---|
Antragsteller*in: | Philipp Schmagold (Kiel KV) und 23 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 0%) |
Status: | Behandelt |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 08.12.2017, 08:13 |
natürliche Flächen wie zum Beispiel Gewässerrand- oder Blühstreifen sowie Hecken gesetzt werden. Auch in Naturschutzgebieten wird Landwirtschaft betrieben. Das widerspricht dem Ziel des Naturschutzes, daher soll der Einsatz von Pestiziden in Naturschutzgebieten nicht mehr gestattet sein.
Wir Grüne stehen für konsequenten Umwelt-, Tier- und Klimaschutz und kämpfen für gute
Qualität der Böden, sauberes Wasser und reine Luft. Wir machen uns stark für den Schutz der
Arten, die auf unserem Planeten leben. Auf diese Grundlage beruht Grüne Agrarpolitik.
Verbraucher*innen sind auf gesunde und bezahlbare Nahrungsmittel angewiesen und Bäuer*innen
in Europa wie in anderen Ländern auch auf faire Bedingungen am Markt. Daher brauchen wir
eine global gerechte Agrarwende hin zu einer ökologischen europäischen Landwirtschaft, die
die Vielfalt der Regionen Europas berücksichtigt. Wir wollen eine konsequente Umsetzung der
17 Ziele der Agenda 2030 der UNO (Sustainable Development Goals). Insbesondere ist die
Umsetzung der Ziele nachhaltige Landwirtschaft, verantwortungsvoller Konsum und das Leben
auf dem Land für eine europäische nachhaltige und faire Landwirtschaft wichtig.
Wir streiten seit langem dafür, bestehende Spielräume für die Agrarwende im Rahmen der
Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) auf mitgliedsstaatlicher Ebene
auszunutzen. Für die GAP nach 2020 fordern wir eine ziel- und leistungsorientierte
Förderpolitik, die mit Instrumenten des Fachrechts, der Marktordnung und der Handelspolitik
abgestimmt ist. Solch eine Neuausrichtung der GAP muss die gesamte Wertschöpfungskette von
den landwirtschaftlichen Vorstufen über die Produktion, den Handel und die Verarbeitung bis
hin zu den Verbraucher*innen in den Blick nehmen. Unser agrar- und ernährungspolitisches
Ziel ist es, alle Menschen mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen, die Grenzen unseres
Planeten zu respektieren und dabei regionale Wirtschaftspotentiale hier wie außerhalb der EU
zu entwickeln.
Europas gemeinsame Agrarpolitik wurde eingeführt, um unter anderem eine stabile Versorgung
mit bezahlbaren Lebensmitteln sicherzustellen. Seit 2003 werden 70 Prozent der GAP-
Subventionen, also rund 40 Milliarden, über die so genannte 1. Säule als pauschale
Flächenprämie an die Betriebe ausgeschüttet. Diese leistungsungebundenen Zahlungen belohnen
lediglich Besitz und Größe und verstärken so das „Wachsen oder Weichen“ in der
Landwirtschaft. Durch das sogenannte Greening wurde zwar ein Teil der Zahlungen seit 2013 an
Umweltleistungen gekoppelt, die Anforderungen wurden jedoch im Zuge der Verhandlungen stark
aufgeweicht. Die anderen 30 Prozent des GAP-Budgets werden als leistungsgebundene 2. Säule
für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes und für Klima-, Tier-, Arten- oder
Naturschutz verwendet. So entspricht die 2. Säule stärker dem Grundsatz „öffentliches Geld
für öffentliche Güter“. Diese Gelder müssen im Gegensatz zu den Direktzahlungen der 1. Säule
durch die Bundesländer kofinanziert werden.
Auch nach der GAP-Reform von 2013 gingen der dramatische Strukturwandel hin zu immer weniger
und immer größeren Betrieben und das Höfesterben in der bäuerlichen Landwirtschaft weiter.
Die Ausrichtung der GAP auf Kostenführerschaft und Export erwies sich als Sackgasse für
viele Betriebe. Zudem zeigte sich, dass die Maßnahmen zum Schutz des Klimas, des Bodens, der
Gewässer und der Arten bei weitem nicht ausreichen. Denn Billigessen ist nur an der Kasse
billig. Die Folgekosten der fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft etwa durch
Trinkwasseraufbereitung, Sanierung von Gewässern, Naturschutzmaßnahmen zum Ausgleich für die
schwindende Artenvielfalt oder Kosten im Gesundheitssystem, tragen nicht die
Verursacher*innen sondern die öffentliche Hand. Somit zahlen Steuerzahler*innen dreifach für
Lebensmittel: An der Ladentheke, durch Steuergelder im Rahmen der GAP und durch Steuergelder
für die externalisierten Kosten industrieller Landwirtschaft. Viele kleine Betriebe hingegen
können im Wettbewerb mit der Agrarindustrie oft nicht mithalten – obwohl sie produzieren,
was europäische Verbraucher*innen zunehmend nachfragen: regional, saisonal oder bio.
Die gemeinsamen Herausforderungen der EU wie beispielsweise die Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit und der Brexit, durch den die EU einen Nettozahler verlieren wird,
erhöhen den Druck auf den EU-Haushalt und somit auch den Druck zu Ausgabenkürzungen im
Agrarhaushalt. Für uns ist aber klar: Die europäische Agrarwende braucht die Unterstützung
der öffentlichen Hand - allerdings anders als bisher. Landwirt*innen sollen vergütet werden
- wenn sie gesellschaftliche Ziele umsetzen, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen.
In einer Politik unter dieser Prämisse kann die klassische Agrarförderung als
unkonditionierte Leistung nicht erhalten bleiben. Um die GAP neu zu legitimieren, soll sie
folgende Eckpunkte umfassen.
Monokulturen, Pestizide, ein zu hoher Nährstoffeinsatz, schwere Geräte auf den Äckern und
Flächenverbrauch schädigen unsere Natur besorgniserregend. Die Zahl an ausgestorbenen und
bedrohten Arten hat dramatische Ausmaße angenommen. Bisherige Bemühungen um Greening,
Förderung von Blühstreifen, Fruchtfolgeauflagen oder integrierter Pflanzenschutz wurden
regelmäßig soweit aufgeweicht, dass die Maßnahmen nicht den notwendigen Erfolg gezeigt
haben. Eine Ökologisierung der Landwirtschaft soll grundlegende Zielsetzung der GAP sein,
damit unsere Landschaft nicht weiter in Schutz- und Schmutzgebiete auseinander driftet.
Landwirtschaftliche Flächen müssen gleichzeitig Lebensraum für Vögel, Insekten, wildlebende
Kleintiere und Wildkräuter sein. Maßnahmen zum Erhalt und Verbesserung der natürlichen
Bodenfruchtbarkeit und Gewässerreinhaltung müssen honoriert werden. Es müssen deutliche
Regeln für den Verzicht auf Pestizide, für weniger Nährstoffeinsatz, Fruchtfolgen und
natürliche Flächen wie zum Beispiel Gewässerrand- oder Blühstreifen sowie Hecken gesetzt
werden. Auch in Naturschutzgebieten wird Landwirtschaft betrieben. Das widerspricht dem Ziel des Naturschutzes, daher soll der Einsatz von Pestiziden in Naturschutzgebieten nicht mehr gestattet sein.
18 Prozent der durch den Menschen verursachten Treibhausgase werden in der Landwirtschaft
erzeugt. Die industrielle Tierhaltung verursacht große Mengen klimaschädlicher Gase wie
Lachgas und Methan. Zudem setzen großflächige Urwaldabholzung für Futtersoja und Palmöl, die
Zerstörung von Moorböden und der Einsatz von synthetischem Stickstoffdünger in der
Agrarwirtschaft große Mengen an Treibhausgasen frei. Politisch muss deshalb die
gentechnikfreie Futtermittelerzeugung vor Ort, der Schutz von Wäldern, Mooren und
klimaschützender Ackerbau ohne CO2-intensive Inputs unterstützt werden. Massentierhaltung
muss beendet werden. Die Tierhaltung muss flächengebunden an die naturräumlichen
Voraussetzungen angepasst werden - dort, wo das Futter von weit her gekarrt werden muss,
sollten weniger Tiere gehalten werden.
Die rasante Veränderung landwirtschaftlicher Betriebe hat in den letzten Jahrzehnten zu
großem Tierleid geführt. Es sind Haltungsformen und Zuchtlinien entstanden, die Qualzuchten
darstellen, die Tiergesundheit negativ beeinflussen und ethisch nicht tolerierbar sind.
Zudem wird die Erhaltung vielfältiger und regional angepasster Tierrassen, der Beitrag von
Tieren zu Kulturlandschaften und die biodiversitätsfördernde und besonders tiergerechte
Beweidung nicht ausreichend honoriert. Den Umbau zu einer gesellschaftlich akzeptierten
Tierhaltung soll ein besonderes Augenmerk eingeräumt werden. Wir fordern deshalb, die GAP-
Mittel verstärkt für den Umbau der Tierhaltung einzusetzen. Dabei sollen keine kosmetischen
Korrekturen, sondern große Schritte für bessere Haltungsbedingugen gefördert werden,
beispielsweise ganzjährige Weidehaltung, gemeinsame Haltung von Mutterkuh und Kalb oder ein
Verzicht auf Tiertransporte. Für ein tiergerechtes Umbauprogramm müssen über die GAP hinaus
auch Gelder von den Konsument*innen generiert werden, etwa in Form einer Abgabe, Umlage oder
Steuer auf Tierprodukte, um die Veränderung bei tierhaltenden Betrieben gerecht zu
finanzieren.
Wir wollen den ökologischen Landbau fördern. Denn die ökologische Landwirtschaft erfüllt
durch ihr Kreislaufdenken und ihren Verzicht auf Pestizide und Kunstdünger den höchsten
Standard im Hinblick auf den Schutz von Wasser, Boden, Luft und Klima. Biolebensmittel
weisen zudem deutlich weniger Rückstände von Pestiziden und Antibiotika auf und sind daher
gesünder. Dieser Goldstandard muss besonders gefördert werden, denn er ist Vision, Vordenker
und Innovator für eine vielfältige und nachhaltige Land- und Lebensmittelwirtschaft. Durch
gezielte Hilfen soll die Zahl von Biobetrieben maßgeblich gesteigert werden.
Ausdrücklich räumen wir der Arbeit in der Landwirtschaft einen besonderen Stellenwert ein.
Denn die ökologische Verantwortung für die Natur, die ökonomische Verantwortung für den
Lebensunterhalt und die regionale Verantwortung der Vertriebswege stellen hohe
Anforderungen. Kleinere Betriebe wirtschaften zwar nicht automatisch ökologischer, erfüllen
aber wichtige Funktionen für ländliche Räume. Wir wollen die Vielfalt der Betriebe erhalten
und die Betriebe unterstützen, die durch eine ökologische Anbauweise und durch tiergerechte,
kreislaufbasierte Tierhaltung die Umwelt schützen, anstatt sie zu belasten. Der bäuerliche
Beruf soll wieder eine Zukunftsperspektive auch für den Nachwuchs werden.
Aufwendige, bürokratische Anträge und eine ungebundene Flächenprämie helfen großen,
intensiven Betrieben. Daher ist es besonders wichtig, die bürokratischen Anforderungen der
Gelder der 2. Säule zu senken, um Naturschutzmaßnahmen beispielsweise auch in Mittel- und
Osteuropa leichter umsetzbar zu machen. Naturschutz wird auch dann eher umgesetzt, wenn die
Pacht für die Flächen niedrig ist. Dem widerspricht aber die Logik der 1. Säule, die die
Pachten derzeit in die Höhe treibt. Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss die
Gemeinsame Marktordnung eine zentralere Position im Rahmen der GAP einnehmen und wirksame
Kriseninstrumente zum Beispiel zur Mengenregulierung bei Milchmarktkrisen beinhalten. Diese
sozial- und agrarpolitische Maßnahmen betreffen die gesamte Wertschöpfungskette, in der
Bäuer*innen gegenüber dem vorgelagerten Bereich, der Lebensmittelverarbeitung und dem Handel
sowie der Aufbau lokaler Märkte gestärkt werden müssen.
Für die Entwicklung hin zu einer ökologischen und tiergerechten Landwirtschaft müssen
Wissenschaft und Forschung viel mehr auf den Schutz von Boden, Wasser, wildlebenden Pflanzen
und Tieren sowie dem Klima abzielen. Dazu muss die Forschungsförderung auf diese
Fragestellungen ausgerichtet und der Wissenstransfer in die Praxis gewährleistet werden.
Eine fortschrittliche nachhaltige Landwirtschaft kann nur durch umfassende Beratung entlang
der gesamten Wertschöpfungskette erreicht werden. In Ausbildung und Studium muss der
ökologischen Landwirtschaft sowie agroökologischen Wirtschaftsweisen einen wesentlich
höheren Stellenwert eingeräumt werden. Das Wissen über landwirtschaftliche
Produktionsprozesse und über gesunde Ernährung nimmt ab und damit auch die Wertschätzung von
landwirtschaftlicher Arbeit und Erzeugnissen. Eine umfassende Ernährungsbildung in Kitas und
Schulen kann die Menschen bei der Entscheidung für das richtige Lebensmittel unterstützen.
Viele ländliche Regionen Europas stehen durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft vor
großen Herausforderungen. Qualifizierte Arbeitsplätze gehen zunehmend verloren, junge
Menschen zieht es in die Städte und ganze Landstriche drohen zu veröden. Andere ländliche
Regionen Europas wie beispielsweise Teile Rumäniens und Bulgariens besitzen noch viel
Entwicklungspotential in der Landwirtschaft. Um ländlichen Regionen hier Perspektiven zu
eröffnen, müssen die Gelder der GAP auch dazu beitragen, regionale Wirtschaftspotentiale zu
entwickeln. So kann etwa die Gründung von Regionalmarken Verbraucher*innen für den
heimischen Markt gewinnen. Wichtig dafür sind jedoch hohe Standards, damit Verbraucher*innen
bei Regionalität auf gute Qualität und ökologische Erzeugung schließen können. Ein
Schwerpunkt soll dabei auf dem Auf- und Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten, regionaler
(Direkt-)Vermarktung und handwerklicher Lebensmittelverarbeitung liegen. Wie die aktuellen
positiven Entwicklungen in der Biobranche und bei den Direktvermarktern zeigen, hat Grüne
Politik hier schon Gewinner erzeugt. Neue Modelle der Stadt-Land-Kooperationen wie die
solidarische Landwirtschaft oder Ernährungsräte können jungen Menschen auf dem Land eine
Zukunft eröffnen und Menschen in der Stadt regionale Lebensmittel liefern. Wir wollen den
ländlichen Raum bei der Wertschöpfung der Lebensmittelbranche maßgeblich beteiligen und
ländliche Räume mit ihren spezifischen Traditionen und Kulturlandschaften unterstützen.
Wir wollen eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln, um die Agrarwende zu beschleunigen.
Noch klarer ist die Kennzeichnung beim Hühnerei: eine einfache Zahl gibt Auskunft über
Haltungsbedingungen der Legehennen und bietet Verbraucher*innen somit eine echte
Entscheidungsmöglichkeit beim Einkauf. Das Bio-Siegel bietet eine eindeutige Orientierung an
der Ladentheke, die die ökologische Landwirtschaft unterstützt. Wir fordern nach diesem
Vorbild eine transparente und eindeutige Kennzeichnung für alle Lebensmittel, die
Verbraucher*innen Klarheit über Herkunft und Herstellungsweise der Produkte bringt. In ganz
besonderem Maße gilt dies für den Bereich der verarbeiteten Produkte: Hier müssen klare
Herkunftskennzeichnungen und eindeutige Angaben zur Art der Erzeugung her, damit
Verbraucher*innen eine bewusste Kaufentscheidung treffen können. Damit schaffen wir mehr
Transparenz, mehr Konsumentensouveränität und auch mehr Lebensmittelsicherheit. Dabei sollen
kleinere Betriebe nicht mehr belastet werden als hochtechnisierte Großbetriebe. Wir wollen
eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung schaffen und setzen uns ein für eine klarere
Kennzeichnung von veganen und vegetarischen Lebensmitteln. Zur Agrarwende gehört für uns
auch, die Lebensmittelverschwendung entlang der gesamten Warenkette durch verbindliche Ziele
ebenso wie die Verpackungsflut zu begrenzen.
Das Menschenrecht auf Nahrung muss global gesichert werden. Die globale Agrarwende und der
Kampf gegen Hunger und Mangelernährung weltweit müssen zusammen gedacht werden. Denn die
intensive europäische Landwirtschaft hat enorme Auswirkungen auf die Ernährungssicherung und
die Ernährungssouveränität in den Ländern des globalen Südens. Entsprechend darf auch die
GAP dem Grundsatz-Artikel 208 im Vertrag von Lissabon nicht widersprechen. Was durch
Entwicklungsprogramme in anderen Ländern aufgebaut wird, darf nicht durch die negativen
Folgen anderer Politikbereiche wieder zurück geworfen werden. Egal ob Saatgut, Düngemittel
oder Pestizide - immer weniger Konzerne bestimmen in immer größerem Maße den Agrarsektor.
Das schadet sowohl bäuerlichen Betrieben hier in Europa als auch Kleinbäuer*innen weltweit.
EU-Agrarprodukte zu Dumpingpreisen dürfen nicht die Märkte Afrikas, Asiens und Latein-
Amerikas überfluten und so die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen zerstören. Unsere
im Überschuss hergestellten billigen Lebensmittel zwingen bei uns und in anderen Ländern
Bäuer*innen zur Betriebsaufgabe oder nehmen ihnen zumindest Entwicklungschancen. Unser
Überschuss wird zudem auf Kosten der Ressourcen und der Fläche in den Ländern des globalen
Südens produziert, die den Menschen dort für den Anbau ihrer Lebensmittel fehlen.
Für die nächste GAP-Reform erwarten wir von der EU-Kommission mehr als Lippenbekenntnisse
zur Kohärenz mit entwicklungspolitischen Zielen. Die EU muss zum Ziel haben,
Kleinbäuer*innen in den Ländern des Globalen Südens dabei zu unterstützen, mit
agrarökologischen Methoden Lebensmittel für lokale und regionale Märkte herzustellen und so
zur Ernährungssicherung beizutragen. Gleichzeitig müssen die Länder auch stärker beim Aufbau
von Wertschöpfungsketten für die wachsenden städtischen Märkte unterstützt werden, um zur
Entwicklung der Länder beizutragen. Mittels eines Beschwerdemechanismus muss sichergestellt
werden, dass Fällen unerwünschter Auswirkungen der GAP auch nachgegangen wird, auch wenn
bestehende handelsrechtliche Kategorien wie Dumping nicht erfasst werden. In der Verordnung
zur GAP sollte auch ein systematisches Monitoring der externen Auswirkungen eingeführt
werden. Diese Verantwortung darf die Kommission nicht auf Dritte wie Forschungsinstitute
oder NGOs abwälzen.
Wir fordern Handelsabkommen, die hohe Standards schützen, Möglichkeiten der
Weiterentwicklung bieten und Anreize dafür schaffen. Regionale, nachhaltige Landwirtschaft
darf durch Agrarhandel nicht gefährdet werden - weder in der EU noch anderswo. Die
transatlantischen Abkommen gefährden bäuerliche Betriebe und bedrohen Umwelt- und
Verbraucherstandards. Der Abschluss von CETA ermöglicht, dass TTIP quasi durch die Hintertür
angewendet wird. Die Interessen großer Konzerne wie große Molkereien und Foodmultis stehen
dabei über den Interessen des Gemeinwohls. Die Möglichkeit des Importes gentechnisch
veränderter Pflanzen oder geklonter Tiere nach Europa muss unterbunden werden. Die Art der
Herstellung, Verarbeitung und Kennzeichnung von Lebensmitteln muss demokratisch und nicht
vor Schiedsgerichten entschieden werden. Global und regional müssen wir faire und
nachhaltige Spielregeln im Agrarhandel schaffen. Dazu gehört auch, die Länder des Globalen
Südens nicht durch Handelsabkommen zur Öffnung ihrer Agrarmärkte zu zwingen und sie beim
Aufbau von Wertschöpfung und Erfüllung von Produktstandards zu unterstützen.
Für konsequenten Umwelt- und Klimaschutz, die Qualität der Böden, des Wassers und der Luft
sowie den Schutz der Arten und Tiere unseres Planeten brauchen wir eine Neuausrichtung der
Europäischen Agrarpolitik. Auch weil der Druck auf den EU-Haushalt steigt, muss sich die GAP
neu legitimieren. Dabei steht für uns aber fest, dass die europäische Agrarwende öffentliche
Mittel braucht. Denn nur so erreichen wir den Umbau hin zu einer ökologischen und
tiergerechten europäischen Landwirtschaft, die den Bäuer*innen in Europa und in sich
entwickelnden Ländern faire Lebens- und Arbeitsbedingungen ermöglicht und gesundes und
bezahlbares Essen produziert.
Wir fordern eine transparente, ziel- und leistungsorientierte Förderpolitik, die
gesellschaftliche Ziele, die mit Instrumenten des Fachrechts, der Marktordnung und einer
fairen Handelspolitik abgestimmt ist und das Nachhaltigkeitsziel 2 der Agenda 2030 umsetzt.
Durch ein systematisches Monitoring sollen die externen Effekte der GAP überprüft werden.
Alle staatlichen Unterstützungsmaßnahmen müssen offengelegt und für alle sichtbar sein. Der
Übergang zu einer neuen Förderlandschaft erfordert Zeit und Planungssicherheit, um
Landwirt*innen eine Umstellung zu ermöglichen. Solch eine Neuausrichtung der GAP muss die
gesamte Wertschöpfungskette von den landwirtschaftlichen Vorstufen über die Produktion, den
Handel und die Verarbeitung bis hin zu den Verbraucher*innen in den Blick nehmen. So erhöht
sich die Akzeptanz der GAP und verbessern sich die Perspektiven der ländlichen Räume.
natürliche Flächen wie zum Beispiel Gewässerrand- oder Blühstreifen sowie Hecken gesetzt werden. Auch in Naturschutzgebieten wird Landwirtschaft betrieben, der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln tötet direkt und indirekt nicht nur Insekten und Vögel. Das widerspricht dem Ziel des Naturschutzes, daher ist der Einsatz von Pestiziden in sämtlichen Naturschutzgebieten ab sofort nicht mehr zu gestatten.
Wir Grüne stehen für konsequenten Umwelt-, Tier- und Klimaschutz und kämpfen für gute
Qualität der Böden, sauberes Wasser und reine Luft. Wir machen uns stark für den Schutz der
Arten, die auf unserem Planeten leben. Auf diese Grundlage beruht Grüne Agrarpolitik.
Verbraucher*innen sind auf gesunde und bezahlbare Nahrungsmittel angewiesen und Bäuer*innen
in Europa wie in anderen Ländern auch auf faire Bedingungen am Markt. Daher brauchen wir
eine global gerechte Agrarwende hin zu einer ökologischen europäischen Landwirtschaft, die
die Vielfalt der Regionen Europas berücksichtigt. Wir wollen eine konsequente Umsetzung der
17 Ziele der Agenda 2030 der UNO (Sustainable Development Goals). Insbesondere ist die
Umsetzung der Ziele nachhaltige Landwirtschaft, verantwortungsvoller Konsum und das Leben
auf dem Land für eine europäische nachhaltige und faire Landwirtschaft wichtig.
Wir streiten seit langem dafür, bestehende Spielräume für die Agrarwende im Rahmen der
Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) auf mitgliedsstaatlicher Ebene
auszunutzen. Für die GAP nach 2020 fordern wir eine ziel- und leistungsorientierte
Förderpolitik, die mit Instrumenten des Fachrechts, der Marktordnung und der Handelspolitik
abgestimmt ist. Solch eine Neuausrichtung der GAP muss die gesamte Wertschöpfungskette von
den landwirtschaftlichen Vorstufen über die Produktion, den Handel und die Verarbeitung bis
hin zu den Verbraucher*innen in den Blick nehmen. Unser agrar- und ernährungspolitisches
Ziel ist es, alle Menschen mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen, die Grenzen unseres
Planeten zu respektieren und dabei regionale Wirtschaftspotentiale hier wie außerhalb der EU
zu entwickeln.
Europas gemeinsame Agrarpolitik wurde eingeführt, um unter anderem eine stabile Versorgung
mit bezahlbaren Lebensmitteln sicherzustellen. Seit 2003 werden 70 Prozent der GAP-
Subventionen, also rund 40 Milliarden, über die so genannte 1. Säule als pauschale
Flächenprämie an die Betriebe ausgeschüttet. Diese leistungsungebundenen Zahlungen belohnen
lediglich Besitz und Größe und verstärken so das „Wachsen oder Weichen“ in der
Landwirtschaft. Durch das sogenannte Greening wurde zwar ein Teil der Zahlungen seit 2013 an
Umweltleistungen gekoppelt, die Anforderungen wurden jedoch im Zuge der Verhandlungen stark
aufgeweicht. Die anderen 30 Prozent des GAP-Budgets werden als leistungsgebundene 2. Säule
für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes und für Klima-, Tier-, Arten- oder
Naturschutz verwendet. So entspricht die 2. Säule stärker dem Grundsatz „öffentliches Geld
für öffentliche Güter“. Diese Gelder müssen im Gegensatz zu den Direktzahlungen der 1. Säule
durch die Bundesländer kofinanziert werden.
Auch nach der GAP-Reform von 2013 gingen der dramatische Strukturwandel hin zu immer weniger
und immer größeren Betrieben und das Höfesterben in der bäuerlichen Landwirtschaft weiter.
Die Ausrichtung der GAP auf Kostenführerschaft und Export erwies sich als Sackgasse für
viele Betriebe. Zudem zeigte sich, dass die Maßnahmen zum Schutz des Klimas, des Bodens, der
Gewässer und der Arten bei weitem nicht ausreichen. Denn Billigessen ist nur an der Kasse
billig. Die Folgekosten der fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft etwa durch
Trinkwasseraufbereitung, Sanierung von Gewässern, Naturschutzmaßnahmen zum Ausgleich für die
schwindende Artenvielfalt oder Kosten im Gesundheitssystem, tragen nicht die
Verursacher*innen sondern die öffentliche Hand. Somit zahlen Steuerzahler*innen dreifach für
Lebensmittel: An der Ladentheke, durch Steuergelder im Rahmen der GAP und durch Steuergelder
für die externalisierten Kosten industrieller Landwirtschaft. Viele kleine Betriebe hingegen
können im Wettbewerb mit der Agrarindustrie oft nicht mithalten – obwohl sie produzieren,
was europäische Verbraucher*innen zunehmend nachfragen: regional, saisonal oder bio.
Die gemeinsamen Herausforderungen der EU wie beispielsweise die Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit und der Brexit, durch den die EU einen Nettozahler verlieren wird,
erhöhen den Druck auf den EU-Haushalt und somit auch den Druck zu Ausgabenkürzungen im
Agrarhaushalt. Für uns ist aber klar: Die europäische Agrarwende braucht die Unterstützung
der öffentlichen Hand - allerdings anders als bisher. Landwirt*innen sollen vergütet werden
- wenn sie gesellschaftliche Ziele umsetzen, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen.
In einer Politik unter dieser Prämisse kann die klassische Agrarförderung als
unkonditionierte Leistung nicht erhalten bleiben. Um die GAP neu zu legitimieren, soll sie
folgende Eckpunkte umfassen.
Monokulturen, Pestizide, ein zu hoher Nährstoffeinsatz, schwere Geräte auf den Äckern und
Flächenverbrauch schädigen unsere Natur besorgniserregend. Die Zahl an ausgestorbenen und
bedrohten Arten hat dramatische Ausmaße angenommen. Bisherige Bemühungen um Greening,
Förderung von Blühstreifen, Fruchtfolgeauflagen oder integrierter Pflanzenschutz wurden
regelmäßig soweit aufgeweicht, dass die Maßnahmen nicht den notwendigen Erfolg gezeigt
haben. Eine Ökologisierung der Landwirtschaft soll grundlegende Zielsetzung der GAP sein,
damit unsere Landschaft nicht weiter in Schutz- und Schmutzgebiete auseinander driftet.
Landwirtschaftliche Flächen müssen gleichzeitig Lebensraum für Vögel, Insekten, wildlebende
Kleintiere und Wildkräuter sein. Maßnahmen zum Erhalt und Verbesserung der natürlichen
Bodenfruchtbarkeit und Gewässerreinhaltung müssen honoriert werden. Es müssen deutliche
Regeln für den Verzicht auf Pestizide, für weniger Nährstoffeinsatz, Fruchtfolgen und
natürliche Flächen wie zum Beispiel Gewässerrand- oder Blühstreifen sowie Hecken gesetzt
werden. Auch in Naturschutzgebieten wird Landwirtschaft betrieben, der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln tötet direkt und indirekt nicht nur Insekten und Vögel. Das widerspricht dem Ziel des Naturschutzes, daher ist der Einsatz von Pestiziden in sämtlichen Naturschutzgebieten ab sofort nicht mehr zu gestatten.
18 Prozent der durch den Menschen verursachten Treibhausgase werden in der Landwirtschaft
erzeugt. Die industrielle Tierhaltung verursacht große Mengen klimaschädlicher Gase wie
Lachgas und Methan. Zudem setzen großflächige Urwaldabholzung für Futtersoja und Palmöl, die
Zerstörung von Moorböden und der Einsatz von synthetischem Stickstoffdünger in der
Agrarwirtschaft große Mengen an Treibhausgasen frei. Politisch muss deshalb die
gentechnikfreie Futtermittelerzeugung vor Ort, der Schutz von Wäldern, Mooren und
klimaschützender Ackerbau ohne CO2-intensive Inputs unterstützt werden. Massentierhaltung
muss beendet werden. Die Tierhaltung muss flächengebunden an die naturräumlichen
Voraussetzungen angepasst werden - dort, wo das Futter von weit her gekarrt werden muss,
sollten weniger Tiere gehalten werden.
Die rasante Veränderung landwirtschaftlicher Betriebe hat in den letzten Jahrzehnten zu
großem Tierleid geführt. Es sind Haltungsformen und Zuchtlinien entstanden, die Qualzuchten
darstellen, die Tiergesundheit negativ beeinflussen und ethisch nicht tolerierbar sind.
Zudem wird die Erhaltung vielfältiger und regional angepasster Tierrassen, der Beitrag von
Tieren zu Kulturlandschaften und die biodiversitätsfördernde und besonders tiergerechte
Beweidung nicht ausreichend honoriert. Den Umbau zu einer gesellschaftlich akzeptierten
Tierhaltung soll ein besonderes Augenmerk eingeräumt werden. Wir fordern deshalb, die GAP-
Mittel verstärkt für den Umbau der Tierhaltung einzusetzen. Dabei sollen keine kosmetischen
Korrekturen, sondern große Schritte für bessere Haltungsbedingugen gefördert werden,
beispielsweise ganzjährige Weidehaltung, gemeinsame Haltung von Mutterkuh und Kalb oder ein
Verzicht auf Tiertransporte. Für ein tiergerechtes Umbauprogramm müssen über die GAP hinaus
auch Gelder von den Konsument*innen generiert werden, etwa in Form einer Abgabe, Umlage oder
Steuer auf Tierprodukte, um die Veränderung bei tierhaltenden Betrieben gerecht zu
finanzieren.
Wir wollen den ökologischen Landbau fördern. Denn die ökologische Landwirtschaft erfüllt
durch ihr Kreislaufdenken und ihren Verzicht auf Pestizide und Kunstdünger den höchsten
Standard im Hinblick auf den Schutz von Wasser, Boden, Luft und Klima. Biolebensmittel
weisen zudem deutlich weniger Rückstände von Pestiziden und Antibiotika auf und sind daher
gesünder. Dieser Goldstandard muss besonders gefördert werden, denn er ist Vision, Vordenker
und Innovator für eine vielfältige und nachhaltige Land- und Lebensmittelwirtschaft. Durch
gezielte Hilfen soll die Zahl von Biobetrieben maßgeblich gesteigert werden.
Ausdrücklich räumen wir der Arbeit in der Landwirtschaft einen besonderen Stellenwert ein.
Denn die ökologische Verantwortung für die Natur, die ökonomische Verantwortung für den
Lebensunterhalt und die regionale Verantwortung der Vertriebswege stellen hohe
Anforderungen. Kleinere Betriebe wirtschaften zwar nicht automatisch ökologischer, erfüllen
aber wichtige Funktionen für ländliche Räume. Wir wollen die Vielfalt der Betriebe erhalten
und die Betriebe unterstützen, die durch eine ökologische Anbauweise und durch tiergerechte,
kreislaufbasierte Tierhaltung die Umwelt schützen, anstatt sie zu belasten. Der bäuerliche
Beruf soll wieder eine Zukunftsperspektive auch für den Nachwuchs werden.
Aufwendige, bürokratische Anträge und eine ungebundene Flächenprämie helfen großen,
intensiven Betrieben. Daher ist es besonders wichtig, die bürokratischen Anforderungen der
Gelder der 2. Säule zu senken, um Naturschutzmaßnahmen beispielsweise auch in Mittel- und
Osteuropa leichter umsetzbar zu machen. Naturschutz wird auch dann eher umgesetzt, wenn die
Pacht für die Flächen niedrig ist. Dem widerspricht aber die Logik der 1. Säule, die die
Pachten derzeit in die Höhe treibt. Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss die
Gemeinsame Marktordnung eine zentralere Position im Rahmen der GAP einnehmen und wirksame
Kriseninstrumente zum Beispiel zur Mengenregulierung bei Milchmarktkrisen beinhalten. Diese
sozial- und agrarpolitische Maßnahmen betreffen die gesamte Wertschöpfungskette, in der
Bäuer*innen gegenüber dem vorgelagerten Bereich, der Lebensmittelverarbeitung und dem Handel
sowie der Aufbau lokaler Märkte gestärkt werden müssen.
Für die Entwicklung hin zu einer ökologischen und tiergerechten Landwirtschaft müssen
Wissenschaft und Forschung viel mehr auf den Schutz von Boden, Wasser, wildlebenden Pflanzen
und Tieren sowie dem Klima abzielen. Dazu muss die Forschungsförderung auf diese
Fragestellungen ausgerichtet und der Wissenstransfer in die Praxis gewährleistet werden.
Eine fortschrittliche nachhaltige Landwirtschaft kann nur durch umfassende Beratung entlang
der gesamten Wertschöpfungskette erreicht werden. In Ausbildung und Studium muss der
ökologischen Landwirtschaft sowie agroökologischen Wirtschaftsweisen einen wesentlich
höheren Stellenwert eingeräumt werden. Das Wissen über landwirtschaftliche
Produktionsprozesse und über gesunde Ernährung nimmt ab und damit auch die Wertschätzung von
landwirtschaftlicher Arbeit und Erzeugnissen. Eine umfassende Ernährungsbildung in Kitas und
Schulen kann die Menschen bei der Entscheidung für das richtige Lebensmittel unterstützen.
Viele ländliche Regionen Europas stehen durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft vor
großen Herausforderungen. Qualifizierte Arbeitsplätze gehen zunehmend verloren, junge
Menschen zieht es in die Städte und ganze Landstriche drohen zu veröden. Andere ländliche
Regionen Europas wie beispielsweise Teile Rumäniens und Bulgariens besitzen noch viel
Entwicklungspotential in der Landwirtschaft. Um ländlichen Regionen hier Perspektiven zu
eröffnen, müssen die Gelder der GAP auch dazu beitragen, regionale Wirtschaftspotentiale zu
entwickeln. So kann etwa die Gründung von Regionalmarken Verbraucher*innen für den
heimischen Markt gewinnen. Wichtig dafür sind jedoch hohe Standards, damit Verbraucher*innen
bei Regionalität auf gute Qualität und ökologische Erzeugung schließen können. Ein
Schwerpunkt soll dabei auf dem Auf- und Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten, regionaler
(Direkt-)Vermarktung und handwerklicher Lebensmittelverarbeitung liegen. Wie die aktuellen
positiven Entwicklungen in der Biobranche und bei den Direktvermarktern zeigen, hat Grüne
Politik hier schon Gewinner erzeugt. Neue Modelle der Stadt-Land-Kooperationen wie die
solidarische Landwirtschaft oder Ernährungsräte können jungen Menschen auf dem Land eine
Zukunft eröffnen und Menschen in der Stadt regionale Lebensmittel liefern. Wir wollen den
ländlichen Raum bei der Wertschöpfung der Lebensmittelbranche maßgeblich beteiligen und
ländliche Räume mit ihren spezifischen Traditionen und Kulturlandschaften unterstützen.
Wir wollen eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln, um die Agrarwende zu beschleunigen.
Noch klarer ist die Kennzeichnung beim Hühnerei: eine einfache Zahl gibt Auskunft über
Haltungsbedingungen der Legehennen und bietet Verbraucher*innen somit eine echte
Entscheidungsmöglichkeit beim Einkauf. Das Bio-Siegel bietet eine eindeutige Orientierung an
der Ladentheke, die die ökologische Landwirtschaft unterstützt. Wir fordern nach diesem
Vorbild eine transparente und eindeutige Kennzeichnung für alle Lebensmittel, die
Verbraucher*innen Klarheit über Herkunft und Herstellungsweise der Produkte bringt. In ganz
besonderem Maße gilt dies für den Bereich der verarbeiteten Produkte: Hier müssen klare
Herkunftskennzeichnungen und eindeutige Angaben zur Art der Erzeugung her, damit
Verbraucher*innen eine bewusste Kaufentscheidung treffen können. Damit schaffen wir mehr
Transparenz, mehr Konsumentensouveränität und auch mehr Lebensmittelsicherheit. Dabei sollen
kleinere Betriebe nicht mehr belastet werden als hochtechnisierte Großbetriebe. Wir wollen
eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung schaffen und setzen uns ein für eine klarere
Kennzeichnung von veganen und vegetarischen Lebensmitteln. Zur Agrarwende gehört für uns
auch, die Lebensmittelverschwendung entlang der gesamten Warenkette durch verbindliche Ziele
ebenso wie die Verpackungsflut zu begrenzen.
Das Menschenrecht auf Nahrung muss global gesichert werden. Die globale Agrarwende und der
Kampf gegen Hunger und Mangelernährung weltweit müssen zusammen gedacht werden. Denn die
intensive europäische Landwirtschaft hat enorme Auswirkungen auf die Ernährungssicherung und
die Ernährungssouveränität in den Ländern des globalen Südens. Entsprechend darf auch die
GAP dem Grundsatz-Artikel 208 im Vertrag von Lissabon nicht widersprechen. Was durch
Entwicklungsprogramme in anderen Ländern aufgebaut wird, darf nicht durch die negativen
Folgen anderer Politikbereiche wieder zurück geworfen werden. Egal ob Saatgut, Düngemittel
oder Pestizide - immer weniger Konzerne bestimmen in immer größerem Maße den Agrarsektor.
Das schadet sowohl bäuerlichen Betrieben hier in Europa als auch Kleinbäuer*innen weltweit.
EU-Agrarprodukte zu Dumpingpreisen dürfen nicht die Märkte Afrikas, Asiens und Latein-
Amerikas überfluten und so die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen zerstören. Unsere
im Überschuss hergestellten billigen Lebensmittel zwingen bei uns und in anderen Ländern
Bäuer*innen zur Betriebsaufgabe oder nehmen ihnen zumindest Entwicklungschancen. Unser
Überschuss wird zudem auf Kosten der Ressourcen und der Fläche in den Ländern des globalen
Südens produziert, die den Menschen dort für den Anbau ihrer Lebensmittel fehlen.
Für die nächste GAP-Reform erwarten wir von der EU-Kommission mehr als Lippenbekenntnisse
zur Kohärenz mit entwicklungspolitischen Zielen. Die EU muss zum Ziel haben,
Kleinbäuer*innen in den Ländern des Globalen Südens dabei zu unterstützen, mit
agrarökologischen Methoden Lebensmittel für lokale und regionale Märkte herzustellen und so
zur Ernährungssicherung beizutragen. Gleichzeitig müssen die Länder auch stärker beim Aufbau
von Wertschöpfungsketten für die wachsenden städtischen Märkte unterstützt werden, um zur
Entwicklung der Länder beizutragen. Mittels eines Beschwerdemechanismus muss sichergestellt
werden, dass Fällen unerwünschter Auswirkungen der GAP auch nachgegangen wird, auch wenn
bestehende handelsrechtliche Kategorien wie Dumping nicht erfasst werden. In der Verordnung
zur GAP sollte auch ein systematisches Monitoring der externen Auswirkungen eingeführt
werden. Diese Verantwortung darf die Kommission nicht auf Dritte wie Forschungsinstitute
oder NGOs abwälzen.
Wir fordern Handelsabkommen, die hohe Standards schützen, Möglichkeiten der
Weiterentwicklung bieten und Anreize dafür schaffen. Regionale, nachhaltige Landwirtschaft
darf durch Agrarhandel nicht gefährdet werden - weder in der EU noch anderswo. Die
transatlantischen Abkommen gefährden bäuerliche Betriebe und bedrohen Umwelt- und
Verbraucherstandards. Der Abschluss von CETA ermöglicht, dass TTIP quasi durch die Hintertür
angewendet wird. Die Interessen großer Konzerne wie große Molkereien und Foodmultis stehen
dabei über den Interessen des Gemeinwohls. Die Möglichkeit des Importes gentechnisch
veränderter Pflanzen oder geklonter Tiere nach Europa muss unterbunden werden. Die Art der
Herstellung, Verarbeitung und Kennzeichnung von Lebensmitteln muss demokratisch und nicht
vor Schiedsgerichten entschieden werden. Global und regional müssen wir faire und
nachhaltige Spielregeln im Agrarhandel schaffen. Dazu gehört auch, die Länder des Globalen
Südens nicht durch Handelsabkommen zur Öffnung ihrer Agrarmärkte zu zwingen und sie beim
Aufbau von Wertschöpfung und Erfüllung von Produktstandards zu unterstützen.
Für konsequenten Umwelt- und Klimaschutz, die Qualität der Böden, des Wassers und der Luft
sowie den Schutz der Arten und Tiere unseres Planeten brauchen wir eine Neuausrichtung der
Europäischen Agrarpolitik. Auch weil der Druck auf den EU-Haushalt steigt, muss sich die GAP
neu legitimieren. Dabei steht für uns aber fest, dass die europäische Agrarwende öffentliche
Mittel braucht. Denn nur so erreichen wir den Umbau hin zu einer ökologischen und
tiergerechten europäischen Landwirtschaft, die den Bäuer*innen in Europa und in sich
entwickelnden Ländern faire Lebens- und Arbeitsbedingungen ermöglicht und gesundes und
bezahlbares Essen produziert.
Wir fordern eine transparente, ziel- und leistungsorientierte Förderpolitik, die
gesellschaftliche Ziele, die mit Instrumenten des Fachrechts, der Marktordnung und einer
fairen Handelspolitik abgestimmt ist und das Nachhaltigkeitsziel 2 der Agenda 2030 umsetzt.
Durch ein systematisches Monitoring sollen die externen Effekte der GAP überprüft werden.
Alle staatlichen Unterstützungsmaßnahmen müssen offengelegt und für alle sichtbar sein. Der
Übergang zu einer neuen Förderlandschaft erfordert Zeit und Planungssicherheit, um
Landwirt*innen eine Umstellung zu ermöglichen. Solch eine Neuausrichtung der GAP muss die
gesamte Wertschöpfungskette von den landwirtschaftlichen Vorstufen über die Produktion, den
Handel und die Verarbeitung bis hin zu den Verbraucher*innen in den Blick nehmen. So erhöht
sich die Akzeptanz der GAP und verbessern sich die Perspektiven der ländlichen Räume.
Der sehr gute Antrag wird durch die vorgeschlagene Konkretisierung noch bereichert:
Keine Pestizide in Naturschutzgebieten.
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