Der vorliegende Änderungsantrag wirbt dafür, im Kontext der politischen Debatte zum sogenannten Ruanda-Modell und/oder zur Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten keine Positionsverschiebung vorzunehmen, sondern sich an der menschenrechtsbasierten Beschlusslage von Bündnis 90/Die Grünen auf Bundes- und Landesebene zu orientieren.
Beantragt wird daher eine wortwörtliche Übernahme des entsprechenden Absatzes aus dem BDK-Beschluss „Für eine Migrations- und Asylpolitik der humanitären Vernunft“ vom 16.11.2024:
„Unsere Haltung ist klar: Das Recht auf Einzelfallprüfung und das Nichtzurückweisungsgebot gelten immer und überall. Der Asylantrag von Menschen, die in der EU ankommen oder bereits hier sind, muss in der EU inhaltlich geprüft werden. Wir stellen uns der Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten entgegen, denn immer wieder hat sich gezeigt, dass diese Initiativen am Ende viel Steuergeld kosten, vor Gerichten scheitern und von tatsächlichen Lösungen ablenken. Erneute Haftlager wie Moria an den Grenzen, die die Würde und die Rechte von Schutzsuchenden verletzen, müssen verhindert werden. Kinder müssen kindgerecht untergebracht und versorgt werden. Haft ist mit dem Kindeswohl grundsätzlich nicht vereinbar.“
https://cms.gruene.de/uploads/assets/Verschiedenes-Fuer-eine-Migrations-und-Asylpolitik-der-humanitaeren-Vernunft-Beschluss-BDK-11-2024.pdf , Zeilen 270-279.
Im vorliegenden Bundestagswahlprogramm-Entwurf des Bundesvorstands hingegen wurden die letzten drei Sätze dieser Beschlusslage vom 16.11.2024 gestrichen und durch folgenden Satz ersetzt:
„Daher setzen wir auf die Zusammenarbeit mit Dritt- und Transitstaaten und auf Modelle, die sichere Migrationswege ermöglichen und ungeordnete Migration reduzieren.“
Dieser Satz entspricht nicht der am 16.11.2024 kollektiv verbindlich gemachten Position von Bündnis 90/Die Grünen, sondern stellt - zumindest nach Ansicht des Änderungsantragstellers - eine Verwässerung unserer menschenrechtsbasierten Beschlusslage dar.
Auch auf Landesebene lehnen wir Forderungen zur Einführung des sogenannten Ruanda-Modells entschieden ab. So heißt es z.B. im Beschluss „Für ein Europa, das schützt. Den Plänen von CDU/CSU und AfD zur Abschaffung des Menschenrechts auf Asyl in Europa entschieden entgegentreten“ des Landesverbands Berlin vom 04.05.2024:
„Als Bündnisgrüne kämpfen wir für eine Europäische Union, die den Zugang zum Menschenrecht auf Asyl garantiert. Der Asylantrag von Menschen, die in der EU ankommen oder bereits hier sind, muss in Europa inhaltlich geprüft werden. Die rechtspopulistischen Forderungen von CDU/CSU und AfD zur faktischen Abschaffung des Menschenrechts auf Asyl in Europa lehnen wir ab.“
Es ist nicht nur dem Landesverband Berlin, sondern auch den uns tragenden Menschenrechtsorganisationen sehr wichtig, dass wir uns in dieser Frage unmissverständlich als Menschenrechtspartei positionieren und für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpfen.
Sogar die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands spricht sich „mit Nachdruck dagegen aus, Asylverfahren in Drittstaaten auszulagern oder die Ausweitung dieser Politik auf europäischer Ebene zu befördern.“ Stattdessen empfiehlt die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands, „eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten angesichts der grund- und menschenrechtlichen, praktischen und strategischen Probleme des Konzepts nicht weiter zu verfolgen. Die weitere Prüfung von eventuell in Frage kommenden Ländern ist aus denselben Gründen nicht sinnvoll und sollte beendet werden.“
Deutsches Institut für Menschenrechte: Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Juli 2023 – Juni 2024. Bericht an den Deutschen Bundestag gemäß § 2 Absatz 5 DIMRG, Berlin, den 10.12.2024: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/entwicklung-der-menschenrechtssituation-in-deutschland-juli-2023-juni-2024 , S. 34.
Darüber hinaus wirbt der vorliegende Änderungsantrag dafür, das Thema Menschenrechtsverletzungen in Elendslagern wie Moria und/oder Verletzungen von Kinderrechten etwa durch die Inhaftnahme von Kindern offen anzusprechen, wie es unserer Beschlusslage als Bündnis 90/Die Grünen entspricht. In der Tat basiert dieser Änderungsantrag teilweise auf Änderungsanträgen zur 50. BDK und schreibt diese fort. So wurde z.B. der nachfolgende Satz auf Antrag des Änderungsantragstellers in den BDK-Beschluss vom 16.11.2024 aufgenommen: „Haft ist mit dem Kindeswohl grundsätzlich nicht vereinbar“ (siehe Zeilen 278-279 des oben zitierten Beschlusses vom 16.11.2024 sowie https://antraege.gruene.de/50bdk/motion/2894/amendment/19178 ).