Der vorliegende Änderungsantrag wirbt dafür, mit Blick auf das Phänomen der Instrumentalisierung von Schutzsuchenden keine Positionsverschiebung vorzunehmen, sondern an der menschenrechtsbasierten Beschlusslage von Bündnis 90/Die Grünen festzuhalten.
Beantragt wird daher eine wortwörtliche Übernahme der entsprechenden Passagen aus dem BDK-Beschluss „Für eine Migrations- und Asylpolitik der humanitären Vernunft“ vom 16.11.2024:
„Wir verteidigen unsere Demokratie und den Rechtsstaat gegen hybride Angriffe - dazu zählt auch die Verteidigung des individuellen Rechts auf Asyl. Putins Russland und Lukaschenkos Belarus missbrauchen das Leid von Geflüchteten für geopolitische Interessen. Wir werden alle rechtsstaatlichen und politischen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Instrumentalisierung von Schutzsuchenden insbesondere durch Staaten wie Russland und Belarus zu verhindern. Die Entrechtung von Menschen, die durch autoritäre Staaten instrumentalisiert werden, lehnen wir ab.“
https://cms.gruene.de/uploads/assets/Verschiedenes-Fuer-eine-Migrations-und-Asylpolitik-der-humanitaeren-Vernunft-Beschluss-BDK-11-2024.pdf , Zeilen 344-351.
Im vorliegenden Bundestagswahlprogramm-Entwurf des Bundesvorstands hingegen wurden die ersten zwei Sätze dieser Beschlusslage vom 16.11.2024 gestrichen und durch folgenden Satz ersetzt:
„Zugleich sehen wir, dass Putins Russland und Lukaschenkos Belarus das Recht auf Asyl auf dem Rücken von Geflüchteten für geopolitische Interessen missbrauchen.“
Dieser Satz entspricht nicht der am 16.11.2024 kollektiv verbindlich gemachten, menschenrechtsbasierten Position von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Instrumentalisierung.
Der Begriff des „Asylmissbrauchs“ kommt in unseren Beschlusslagen nicht vor.
In der Tat würde ein möglicher Hinweis auf angeblichen „Asylmissbrauch“ im Bundestagswahlprogramm 2025 von Bündnis 90/Die Grünen an die hochproblematischen Debatten anknüpfen, wie sie Anfang der Neunzigerjahre in Deutschland geführt wurden (vgl. Heribert Prantl: „Hysterie und Hilflosigkeit. Chronik der Asyldebatte seit der deutschen Einheit“, in: Bernhard Blanke, Hrsg., Zuwanderung und Asyl in der Konkurrenzgesellschaft, Opladen: Leske + Budrich 1993, S. 301-337).
Gerade in Wahlkampfzeiten sollten wir uns das falsche Narrativ des „Asylmissbrauchs“ nicht zu eigen machen, sondern selbstbewusst unsere menschenrechtsbasierte grüne Beschlusslage vertreten: „Wir verteidigen unsere Demokratie und den Rechtsstaat gegen hybride Angriffe – dazu zählt auch die Verteidigung des individuellen Rechts auf Asyl. ... Auch an der belarussischen Grenze verstoßen Pushbacks und die entwürdigende Behandlung von Geflüchteten gegen europäisches und internationales Recht.“ – BDK-Beschluss vom 16.11.2024, Zeilen 344-345 sowie 351-353.
Ähnlich hat sich kürzlich der Menschenrechtskommissar des Europarates, Michael O’Flaherty, geäußert – und auf Menschenrechtsverletzungen entlang der polnisch-belarussischen Grenze sowie auf das Problem der „Versicherheitlichung“ hingewiesen. Vgl. dazu im Einzelnen https://www.coe.int/en/web/portal/-/poland-needs-to-respect-its-international-human-rights-obligations-on-the-belarusian-border-says-commissioner-o-flaherty (23.09.2024) sowie https://www.coe.int/en/web/special-representative-secretary-general-migration-refugees/-/migration-top-topic-of-my-work-says-human-rights-commissioner (12.12.2024).
Dieser Änderungsantrag basiert auf einem Änderungsantrag zur 50. BDK und schreibt diesen fort: https://antraege.gruene.de/50bdk/motion/2894/amendment/19151