Deutschland zögert entgegen vielen Bekundungen beharrlich mit der Ratifizierung der „UNESCO-Konvention zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser“. Dem Kommerz aus Eventbranche oder Antikhandel ist das recht so. Außerdem beschleunigen die Industrialisierung der Meere und der Klimawandel den Zerfall von Hinterlassenschaften, die sonst im internationalen Austausch noch Erkenntnisse liefern könnten.
Es gibt eine schriftlichE Aussage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 10. Juli 2021, das war eine Antwort auf ein Anschreiben im Wahlkampf zum 20. BT, die lautet:
„Nach unserem Wissen plant die jetzige Bundesregierung die Unterzeichnung des Übereinkommens zum Unterwasser-Kulturerbes. Wir GRÜNE unterstützen dieses Vorhaben. Falls es nicht mehr zu einer Unterzeichnung in dieser Wahlperiode kommen sollte, werden wir uns dafür einsetzen, das Ratifizierungsverfahren schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.“
Auf die letzte Anfrage an die aktuelle Bundesregierung zum Fortschritt des Ratifizierungsprozesses hieß es aber nur:
"Es ist derzeit nicht absehbar, wann der Ratifizierungsprozess abgeschlossen werden kann".
So geht das schon seit dem Jahr 2009!
Hintergrund:
In der sogenannten Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) bis 200 Meilen vor der jeweiligen Küste eines Staates, ist die Ausschöpfung von Ressourcen gestattet, ohne dass sie zu dessen Hoheitsgebiet gehört und nationalem Recht unterworfen werden darf. Insbesondere in der deutschen AWZ kommen der Schutz von Kulturerbe oder archäologische Aspekte praktisch nur bei baulichen Unternehmungen oder Maßnahmen zur Sicherung der Seewege in Betracht. Für Vorsorge und Maßnahmen darüber hinaus fehlen die Rechtsgrundlage, die Behörde, und v. a. die internationale Übereinkunft hierzu.
Also drängen sich kulturpolitisch mehr Prioritäten auf:
- Schutz kulturellen Erbes möglichst in situ, statt Zerstörung durch Bergung, nicht nur in Küstenzonen, sondern auch in der AWZ und auf Hoher See
- internationale Standards und Kooperation nicht nur in offenen Gewässern und nicht nur bei archäologischen Arbeiten am Objekt, sondern auch bei der Ausbildung und hinsichtlich einer umfassenden und vernetzten Dokumentation
- Touristik nur im Kontext einer Öffentlichkeitsarbeit, die kulturelles Erbe als wertvolles Gemeingut präsentiert.
Hierzu gilt es keine Initiativen mehr zu starten. Denn genau mit diesen Zielen wurde schon im Jahr 2001 die UNESCO-Konvention zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser verfasst. Der Schutz des Unterwasserkulturerbes soll an jene Regeln angepasst werden, die an Land geltenden sowie die internationale Zusammenarbeit hierzu geregelt und erleichtert. Deutschland stimmte damals nicht zu, sondern enthielt sich. Im Jahr 2009 trat die Konvention offiziell in Kraft, sie ist nach und nach von aktuell 77 Staaten ratifiziert worden, allerdings noch nicht von Deutschland. Das ist merkwürdig, denn alle Regierungen und alle Fraktionen im Bundestag, egal ob in Koalition oder Opposition, haben seither hierzu stets Zustimmung geäußert und ihren Umsetzungswillen zur Ratifizierung behauptet.
Als knappe Erläuterung mit weiteren Anlagen empfiehlt sich der Artikel zur „Konvention zum Schutz des Kulturerbes unter Wasser“ in der Wikipedia.