Veranstaltung: | 43. Bundesdelegiertenkonferenz Leipzig |
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Tagesordnungspunkt: | EL Wahl Europaliste |
Antragsteller*in: | Ska Keller (Spree-Neiße KV) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 10.10.2018, 16:47 |
EL-07: Bewerbung: Ska Keller
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
Eine ungarische Regierung, die Antisemitismus zum Regierungsprogramm erklärt; Nazis, die wieder aufmarschieren; ein US-Präsident, der Frauenrechte mit Füßen tritt; eine Regierung in Italien, die Seenotrettung verbietet; kritische Journalist*innen, die mitten in der EU umgebracht werden. Es kann einem ganz schön schwindlig werden, wen man sich in der Welt umschaut. Und Europa ist mittendrin im Strudel von Nationalismus und Demokratieabbau.
Gerade in dieser Welt der Trumps und Putins ist ein starkes, menschenrechtliches Europa so wichtig. Die Europäische Union ist das perfekte Versprechen für diese Zeit: Eine Union für Frieden, Demokratie und Wohlstand, in der Staaten sich freiwillig zusammenschließen und Menschen grenzüberschreitend für eine bessere Zukunft streiten – diese Idee ist aktueller denn je. Dieses Versprechen gilt es zu erneuern und im Alltag der Bürger*innen einzulösen.
Siebzig Jahre Frieden in der Union, dort, wo sich früher Staaten blutig bekämpften, ist eine historische Errungenschaft. Dieses zu bewahren, bleibt eine große Aufgabe. Nicht nur auf dem Balkan, wo Frieden bei Weitem noch keine Selbstverständlichkeit ist.
Dazu kommen neue friedenspolitische Herausforderungen, nicht zuletzt durch den Klimawandel. Hier könnte und müsste die EU vorangehen, sich ehrgeizige Ziele setzen und umsetzen. Wir können nicht drauf warten, dass Trump irgendwann ersetzt wird und die USA den klimapolitischen Irrweg beenden. Unser Planet kann nicht warten.
Für die Demokratie hat die EU Enormes geleistet. Sie war die zentrale Partnerin für Staaten in Ost- und Südeuropa auf ihrem Weg aus der Diktatur, hin zur Demokratie. Doch die Demokratie ist in Gefahr, wenn die Unabhängigkeit der Justiz ausgehöhlt wird, wenn Journalist*innen zum Schweigen gebracht werden, wenn der Staat Korruption legalisiert und die Zivilgesellschaft drangsaliert wird. Mehr denn je muss Europa überall dort der Garant für die Bürgerrechte sein, wo nationale Regierungen sie beschneiden. Als Ossi weiß ich, dass Demokratie erstritten werden muss. Und dass man sie immer neu verteidigen muss.
Die EU verspricht in den Lissabonner Verträgen auch Anstrengungen für den Wohlstand der Europäer*innen. Für viele junge Menschen in Spanien und Griechenland wird sich das wie Hohn anhören. Denn bisher gibt es zwar Kaputtsparmemoranden, Haushaltsüberprüfung und Schuldenbremsen, aber keine verbindlichen sozialen Ziele und kein konsequentes Vorgehen gegen den enthemmten Steuerwettbewerb. Das muss sich ändern. Anstatt zum Taktgeber der Deregulierung muss Europa zum Garanten sozialer Rechte für alle Europäer*innen werden.
Und Europa kann es schaffen, das historische Versprechen einzulösen. Denn Europa, das sind wir alle. Wir, die wir im Białowieża-Urwald in Polen und im Hambacher Wald für’s Klima demonstrieren, wir, die wir in Warschau und in München für Menschenrechte demonstrieren. Wir, die wir uns nicht an die Toten im Mittelmeer gewöhnen.
Zusammen sind wir viele. Wir wissen es nur noch nicht. Denn die wenigen anderen sind laut. Sie dominieren die politische Debatte. Es wird Zeit, dass wir merken, wie viele wir sind, wie wirkmächtig wir sind. Mehr und mehr Leute sehen, dass es jetzt um’s Ganze geht. Das es nicht egal ist, wer gewählt wird und dass ihre Grundrechte und die ihrer Nachbarn in Gefahr sind. Das es ums Eingemachte geht.
Unsere Grüne/EFA Fraktion im Europäischen Parlament mit 52 Abgeordneten aus 18 Ländern hat bereits jede Menge erreicht. Wir haben eine echte, solidarische Reform der Dublin-Verordnung im Parlament durchgesetzt, wir haben den Klimaschutz vorangebracht. Wir stehen an der Speerspitze für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wir geben den Menschen in Rumänien, in Ungarn, in Polen, in Bulgarien Hoffnung. Wir stehen gemeinsam mit ihnen ein für Frauenrechte, für Pressefreiheit, für Demokratie.
Als Fraktionsvorsitzende bin ich viel unterwegs. Ich treffe überall Menschen, die auf unsere Unterstützung bauen. Die Flüchtlingshelfer*innen in Brandenburg, die Feministinnen in Polen und die Naturschützer*innen In Bulgarien brauchen eine starke Stimme im Europaparlament. Das sind wir.
Europa ist das, was sie alle, was uns zusammenbringt. Es ist das Feindbild aller Rechten und unsere Hoffnung. Das Europa der Bürger*innen, der Menschenrechte, der Solidarität müssen wir verteidigen und wir müssen es voranbringen.
Wir stehen ein für ein ökologisches, demokratisches und soziales Europa. Wir kämpfen für die Errungenschaften der Europäischen Union und dafür, dass sie auch wirklich gelten. Für den Planeten, für Menschen in Not, für soziale Gerechtigkeit.
Ich bin an der polnisch-deutschen Grenze aufgewachsen und weiß, was es heißt, wenn Grenzen Menschen trennen und wie großartig es ist, wenn Europa sie zusammenbringt. Europa bedeutet für mich mehr als Verträge und Gipfel. Es bedeutet, als Grüne von Helsinki bis Barcelona zusammen zu stehen; es bedeutet das Überwinden von Nationalismus und die Zuversicht, dass uns mehr verbindet, als uns trennt. Dafür will ich mit euch gemeinsam weiter kämpfen.
Europa ist unsere Chance. Nutzen wir sie.
Ska Keller
Geb. 22.11.81 in W.-P.-St. Guben
Europaabgeordnete seit 2009
Fraktionsvorsitzende seit 2016
Mitglied im KV Spree-Neiße (Brandenburg) seit 2002
Europäische Spitzenkandidatin 2014
Regionalbüros in Halle (Saale) und Potsdam
@SkaKeller