Antrag EPW: | Kapitel 1: Erhalten, was uns erhält: unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen |
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Antragsteller*in: | Luca Brunsch (Kiel KV) und 20 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 24%) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: EP-W-01-070 |
Eingereicht: | 03.10.2018, 12:21 |
EP-U-01-347-2: Kapitel 1: Erhalten, was uns erhält: unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen
Verfahrensvorschlag zu EP-W-01-053: Antragstext
Von Zeile 52 bis 60 (EP-W-01: Kapitel 2: Stärken, was uns zusammenhält: die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion vertiefen):
Regierungen im Wesentlichen darauf, dass sie den Anteil ihres Landes am gemeinsamen Budget wieder zurückerstattet bekommen. Dabei profitieren von erstklassiger Forschung in Sofia auch Firmen in Amsterdam, und von der Finanzstabilität in Finnland haben auch Bankkund*innen in Spanien etwas. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass sich die Anstrengungen der EU in Zukunft so stark wie möglich auf europäische Gemeingüter konzentrieren und der Haushalt entsprechend ausgerichtet wird. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 % des europäischen Bruttoinlandsproduktes, damit die Europäische Union die ihr übertragenen Aufgaben sachgerecht erfüllen kann. In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellen erschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Dabei bieten gemeinsame Projekte, gemeinsame Beschaffung oder das Zusammenlegen von 28 Behörden auch erhebliche Einsparpotentiale. Wir sprechen uns dafür aus, den EU Haushalt deutlich zu vergrößern, damit zum Beispiel die Sozial- oder Energieunion adäquat finanziert werden und automatische Stabilisatoren die Wirtschafts- und Währungsunion gegen Krisen absichern. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts, damit die Europäische Union die ihr bereits heute übertragenen Aufgaben sachgerecht erfüllten kann. Wenn die europäische Ebene nach und nach mehr Verantwortung übernehmen soll, dann muss das Volumen des EU-Finanzrahmens entsprechend mit den zu erfüllenden Aufgaben wachsen.In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellenerschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU sollte an die Legislaturperiode des Europäischen Parlaments angeglichen werden und nicht länger davon unabhängig in 7-Jahres-Zyklen verabschiedet werden. Wir wollen die gesamten Einnahmen und Ausgaben des Mehrjährigen Finanzrahmens an übergeordneten Politikzielen und internationalen Vereinbarungen ausrichten wie den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Klimaabkommen. Mit einem verpflichtenden Nachhaltigkeits-Check wollen wir anhand von fest definierten Nachhaltigkeitskriterien die einzelnen Haushaltslinien darauf hin prüfen, ob sie einen Beitrag dazu leisten, diese Ziele zu erreichen. Ein erheblicher Teil des EU-Haushaltes muss für die aktive Bekämpfung der Klimakatastrophe reserviert werden und darf nicht in fossile Energien fließen.
Jede*r Europäer*in soll sich frei entfalten können. Niemand wird zurückgelassen. Es geht
fair und gerecht zu. Diesen Anspruch haben wir an Europa. Alles in allem hat die Europäische
Union den Wohlstand auf dem Kontinent vergrößert. Aber Anspruch und Wirklichkeit passen
nicht zusammen. Die Lebensverhältnisse zwischen den Mitgliedstaaten, zwischen Nord und Süd,
Ost und West, klaffen auseinander. Genauso innerhalb der einzelnen Länder. Und die
ökonomische Globalisierung macht es immer schwieriger, soziale Gerechtigkeit zu
organisieren. Etwa wenn große Konzerne versuchen, Staaten gegeneinander auszuspielen, und
die Länder in einen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern und die niedrigsten Löhne geraten.
Oder wenn Unternehmen und Vermögende sich ihrer Verantwortung für das Gemeinwesen mehr und
mehr entziehen oder erst gar nicht stellen. Diese Situation wird nun noch verschärft, weil
die Digitalisierung die Art, wie wir leben und arbeiten, radikal verändern wird.
In den letzten Jahren und Jahrzehnten war in der Europäischen Union sowie in vielen
Mitgliedstaaten die Auffassung vorherrschend, dass die Ökonomie Vorrang vor dem Politischen
hat, dass Regeln und Eingriffe in den freien Markt schädlich sind, dass es nur vom Willen
und Vermögen des Einzelnen abhängt, ob sie oder er glücklich wird. Diese Auffassung war
blind für die gesellschaftlichen Voraussetzungen, die unsere Leben prägen und die es einigen
schwerer und anderen leichter machen. In der Folge ist die Schere zwischen Arm und Reich
weit auseinandergegangen. Vor allem die einseitige Sparpolitik während der Eurokrise hat in
einigen Ländern eine ganze Generation ihrer Zukunft beraubt und Europa gespalten. Das ist
ein ökonomisches, ein soziales Problem und ein demokratisches Problem: Zu viele leben in
Armut, zu viele sind verunsichert, wenden sich enttäuscht ab, verabschieden sich aus der
Gesellschaft.
Wenn wir diese Probleme lösen und mehr Sicherheit, Perspektive und Vertrauen geben wollen,
müssen wir europäisch handeln. Denn angesichts der globalen Herausforderungen, angesichts
der international agierenden Konzerne, die Unternehmenssitze und Produktionen je nach
Steuer- und Lohnhöhe verlagern können, stoßen die Nationalstaaten an ihre Grenzen. Aber ein
solidarisches Europa als gemeinsamer Wirtschaftsraum kann ihnen Paroli bieten und einen
Rahmen setzen.
Für eine europäische Politik brauchen wir aber einen anderen Geist: Politik muss wieder das
Heft des Handelns aufnehmen und wir müssen für Wohlstand, Freiheit und Gerechtigkeit für
alle kämpfen. Es gilt, dafür Geld in die Hand zu nehmen. Nicht mehr ein Europa des
Sparzwangs und der Neiddebatten, sondern eines, das in die Zukunft seiner Bürgerinnen und
Bürger investiert. Europa soll europäische öffentliche Güter, die für alle da sind, wie
Klimaschutz, innere und äußere Sicherheit, Finanzstabilität, Forschung, eine europäische
Infrastruktur für Kommunikation, Energie und Mobilität, schaffen und durch gemeinsame
Steuern solidarisch und gerecht finanzieren.
Wenn Europa Steuerdumping entschlossen bekämpft, kann es dafür sorgen, dass auch die großen
Unternehmen und alle Vermögenden ihren gerechten Beitrag zum Solidarsystem leisten. Zudem
möchten wir die Eurozone so umbauen und stabilisieren, dass sie bei Krisen umso fester
zusammensteht. Der Binnenmarkt soll so ausgestaltet werden dass er die Rechte von Umwelt,
Verbrauchern und Arbeitnehmer*innen umfassend schützt.
Europäischer Zusammenhalt heißt, allen Menschen in der EU soziale Rechte zu garantieren, sie
überall durchzusetzen und einklagbar zu machen. Gerade Jugendliche brauchen eine
Perspektive. Alle Menschen in der EU müssen sich auf faire Löhne und Arbeitsbedingungen, auf
einen Schutz vor Armut und Ausbeutung verlassen können. Gerade auch, wenn sie in
unterschiedlichen Ländern leben und arbeiten.
2.1 EU-Haushalt neu aufstellen
Europa muss in allen Mitgliedstaaten spürbar sein. Aber Europa gibt es nicht umsonst. Daher
ist für uns klar: Je mehr Aufgaben wir auf die europäische Ebene verlagern, umso mehr Mittel
müssen auch bereitgestellt werden.
Statt sich um die großen europäischen Zukunftsaufgaben zu kümmern, achten die nationalen
Regierungen im Wesentlichen darauf, dass sie den Anteil ihres Landes am gemeinsamen Budget
wieder zurückerstattet bekommen. Dabei profitieren von erstklassiger Forschung in Sofia auch
Firmen in Amsterdam, und von der Finanzstabilität in Finnland haben auch Bankkund*innen in
Spanien etwas. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass sich die Anstrengungen der EU in
Zukunft so stark wie möglich auf europäische Gemeingüter konzentrieren und der Haushalt
entsprechend ausgerichtet wird. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 % des
europäischen Bruttoinlandsproduktes, damit die Europäische Union die ihr übertragenen
Aufgaben sachgerecht erfüllen kann. In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellen
erschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Dabei bieten gemeinsame Projekte, gemeinsame Beschaffung oder das Zusammenlegen von 28 Behörden auch erhebliche Einsparpotentiale. Wir sprechen uns dafür aus, den EU Haushalt deutlich zu vergrößern, damit zum Beispiel die Sozial- oder Energieunion adäquat finanziert werden und automatische Stabilisatoren die Wirtschafts- und Währungsunion gegen Krisen absichern. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts, damit die Europäische Union die ihr bereits heute übertragenen Aufgaben sachgerecht erfüllten kann. Wenn die europäische Ebene nach und nach mehr Verantwortung übernehmen soll, dann muss das Volumen des EU-Finanzrahmens entsprechend mit den zu erfüllenden Aufgaben wachsen.In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellenerschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU sollte an die Legislaturperiode des Europäischen Parlaments angeglichen werden und nicht länger davon unabhängig in 7-Jahres-Zyklen verabschiedet werden. Wir wollen die gesamten Einnahmen und Ausgaben des Mehrjährigen Finanzrahmens an übergeordneten Politikzielen und internationalen Vereinbarungen ausrichten wie den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Klimaabkommen. Mit einem verpflichtenden Nachhaltigkeits-Check wollen wir anhand von fest definierten Nachhaltigkeitskriterien die einzelnen Haushaltslinien darauf hin prüfen, ob sie einen Beitrag dazu leisten, diese Ziele zu erreichen. Ein erheblicher Teil des EU-Haushaltes muss für die aktive Bekämpfung der Klimakatastrophe reserviert werden und darf nicht in fossile Energien fließen.
Ab 2021 wird Großbritannien nicht mehr in den EU-Haushalt einzahlen. Die dadurch entstehende
Gesamtlücke im EU-Haushalt in Höhe von mindestens 12 Milliarden Euro muss geschlossen
werden. Auch Deutschland muss dafür seinen Anteil am EU-Budget angemessen erhöhen.
Heute wird das Geld der EU oftmals falsch ausgegeben. So bildet im jetzigen EU-Haushalt die
Gemeinsame Agrarpolitik der EU den zweitgrößten Posten. Diese wird aber der Anforderung,
eine nachhaltige, klimaschonende und für die Bäuer*innen auskömmliche Landwirtschaft und
damit lebenswerte ländliche Regionen zu fördern, nicht gerecht, weil sie die
Industrialisierung der Landwirtschaft und damit die Überproduktion besser vergütet. Die
Agrargelder sollen konsequent nach dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistung“
auf Klimaanpassung, Umweltschutz und Tierwohl umgestellt werden.
Wir wollen, dass die EU strukturschwache Regionen und die Entwicklung ländlicher Regionen
auch in Zukunft unterstützt. Ärmere Regionen wollen wir besonders fördern, um die
Lebensverhältnisse der Menschen in Europa einander anzunähern. EU-Mittel wollen wir
gezielter dort einsetzen, wo Zivilgesellschaft, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen
europäische Unterstützung brauchen. Außerdem wollen wir die Vergabe öffentlicher Aufträge
vereinfachen, gerade für Kommunen und für kleinere Projekte.
Eigene Einnahmen stärken die EU
Mit Steuern kann man steuern – und das sollten wir auch auf europäischer Ebene tun, statt
einfach jeden Mitgliedstaat einen Scheck nach Brüssel schicken zu lassen. Wer eine starke
Union will, muss ihr auch eigene Einnahmen geben.
Europa soll dort besteuern, wo es eine faire Besteuerung besser sicherstellen kann als die
Mitgliedstaaten. Die Wertschöpfung der großen digitalen Konzerne wie Google oder Facebook
ist häufig immateriell und keinem Land zuzuordnen. So schaffen es diese Unternehmen, sich
der Besteuerung ganz zu entziehen. Wir wollen mit einer am Umsatz orientierten Digitalsteuer
einen Teil dieser enormen Gewinne den europäischen Bürger*innen zugutekommen lassen.
Auch CO2, Plastik und den spekulativen Handel mit Finanzprodukten können wir leichter in
Europa besteuern und damit gleichzeitig die Einnahmen der Union verbessern. Mit der
Finanztransaktionssteuer beteiligen wir Spekulanten an der Finanzierung des europäischen
Gemeinwesens, und wir beschränken den sinnlosen und gefährlichen Hochfrequenzhandel, der
solide Unternehmen und unsere Altersvorsorge bedroht.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen leistungsfähigen EU-Haushalt für gemeinsame Aufgaben,
- starke eigene Einnahmen für eine handlungsfähige Union,
- eine Beteiligung des Finanzsektors und der digitalen Wirtschaft an der Finanzierung
öffentlicher Aufgaben.
2.2. In Europas Zukunft investieren
Europa hat eine schwere Wirtschaftskrise durchlebt, die immer noch schwelt. Ihre Folgen
bestimmen den Alltag vieler Menschen. Mehr als 15 Millionen Europäer*innen sind ohne Arbeit.
In Italien, Spanien und Griechenland ist mehr als jeder dritte junge Mensch arbeitslos. Das
Leben einer ganzen Generation wird von Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit geprägt.
Der harte Sparkurs als Konsequenz aus der Finanz- und Eurokrise hat die Lebensbedingungen
vieler Menschen massiv verschlechtert, die Krise in vielen Ländern verlängert und vertieft
und das Vertrauen in Europa unterminiert. Wir haben diese einseitige Sparpolitik,
vorangetrieben von Merkel und den europäischen Konservativen, immer abgelehnt. Nun ist es
Zeit für einen grundlegenden Kurswechsel.
Wir wollen massiv in Europas Zukunft investieren. Mit unserer Investitionsoffensive lösen
wir zwei Probleme. Wir schaffen Arbeit und eine wirtschaftliche Perspektive für alle
Europäer*innen. Gleichzeitig erneuern, erweitern und modernisieren wir unsere Infrastruktur.
Das ist die Voraussetzung für Wohlstand und Lebensqualität auch in der Zukunft.
Durch die Finanz- und Eurokrise sind sowohl öffentliche als auch private Investitionen stark
zurückgegangen. Bei den öffentlichen Investitionen haben wir in Europa noch nicht einmal das
Vorkrisenniveau wieder erreicht. Es ist ein Investitionsstau von erheblichem Umfang
entstanden. Auch die EU2020-Ziele sind noch lange nicht erreicht. So fehlen allein bei den
Ausgaben für Forschung und Entwicklung noch über 100 Milliarden Euro jährlich. Um den
Investitionsstau aufzulösen, müssen wir die Rahmenbedingungen für nationale Ausgaben so
gestalten, dass notwendige und nachhaltige öffentliche Investitionen stärker möglich sind.
Die Europäische Kommission hat hier in den letzten Jahren richtigerweise die Spielräume für
solche Investitionen erweitert.
Auch die privaten Investitionen sind zu niedrig und müssen gesteigert werden. Die
Europäische Investitionsbank leistet hier gute Arbeit bei der Finanzierung von kleinen
Unternehmen und Start-ups in Europa. Wir wollen sie weiter stärken. Der Europäische
Investitionsfonds für strategische Investitionen (EFSI) wurde temporär zur Krisenbewältigung
geschaffen. Er hat sich bewährt und sollte nicht wie ursprünglich geplant 2020 beendet
werden. Wir wollen ihn dauerhaft fortführen. Allerdings muss er seine Strategie ändern.
Bislang kam das Geld häufig nicht dort an, wo es am nötigsten gebraucht wird. Finanzierte
Projekte waren nicht zusätzlich, sondern wären auch ohne EFSI zustande gekommen. Zahlreiche
Investitionen waren nicht nachhaltig. Wir wollen, dass alle geförderten Investitionen
zusätzlich und nachhaltig sind. Die Förderschwerpunkte ökologische Effizienz und
Kreislaufwirtschaft müssen auch tatsächlich umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten sollen das
Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank erhöhen, damit diese den Fonds weiterführen
kann.
Klimaschutz, innere wie äußere Sicherheit, Finanzstabilität, Forschung in
Zukunftstechnologien, eine europäische Infrastruktur für Kommunikation, Energie und
Mobilität, soziale Absicherung – dies sind europäische Gemeingüter, in die wir auch
europäisch investieren wollen. So können wir die Energiewende in ganz Europa nur dann
vorantreiben und das Klima schützen, wenn wir in die Vernetzung der bestehenden Stromnetze
investieren und ein europäisches Netz schaffen. Denn nur so kann Windenergie von den
Niederlanden nach Österreich und Solarenergie von Spanien nach Polen transportiert werden.
Europa soll verbinden. An der Grenze aber endet die Bahnfahrt manchmal abrupt oder es wird
kompliziert. Mit einem europäischen Bahnnetz verbinden wir die Menschen von Neapel bis
Tallinn. Während das Internet weltweit läuft, wird in Europa die digitale Infrastruktur des
21. Jahrhunderts noch immer in nationalen Grenzen geplant und gebaut. Das ist
anachronistisch. Wir wollen in ganz Europa schnelles Internet schaffen. Und bei der
Forschung zu neuen Technologien wie zum Beispiel der künstlichen Intelligenz kann Europa nur
gemeinsam erfolgreich sein.
Europas Sicherheit in einer unübersichtlichen Weltlage lässt sich am besten gemeinsam
gewährleisten. Die Schaffung europäischer Strukturen in der Verteidigung kann Europa
sicherer und unabhängiger machen. Das spart langfristig auch viel Geld.
Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen
Junge Menschen sind die Zukunft Europas. Jugendliche brauchen überall in Europa eine
Perspektive. Die arbeitslosen Jugendlichen in Griechenland, Spanien und Italien sind auch
unsere Arbeitslosen. Wir wollen eine große Offensive für die Zukunft der europäischen
Jugend.
In der Theorie gibt es bereits eine europäische Jugendgarantie, die allen jungen Menschen
unter 25 Jahren innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos geworden sind oder ihre
Ausbildung abgeschlossen haben, ein qualitativ hochwertiges Angebot für einen Arbeitsplatz,
eine Fortbildung, einen Ausbildungsplatz oder ein Praktikum zusichert. Aber sie muss auch
funktionieren. Deswegen setzen wir uns für Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote von
hoher Qualität ein, die auskömmlich finanziert sind, beispielsweise angelehnt an die duale
Ausbildung in Deutschland.
Dazu gehört auch ein Programm der Europäischen Investitionsbank für zukunftsfähige Start-
ups, die überall in Europa von jungen Gründerinnen und Gründern auf den Weg gebracht werden.
Denn Länder mit leeren Kassen und Zombie-Banken können die Jugendgarantie nicht mit Leben
füllen. Spanische, griechische und italienische Jugendliche haben in ihren Heimatländern
derzeit oft keine Chance auf eine Arbeit, wenn sie in einem andern EU-Land einen Job finden
möchten. Auch dabei soll die EU ihnen helfen, damit könnte in Deutschland auch der
Fachkräftemangel bekämpft werden.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- Investitionen in Europas Infrastruktur, Klimaschutz, Energie und Mobilität,
- Stärkung von Gründerinnen und Gründern,
- Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit.
2.3 Die Eurozone vor künftigen Krisen schützen
Der Euro ist unsere gemeinsame Währung. Er wurde eingeführt, um Wohlstand zu schaffen und
dazu beizutragen, dass Europa noch enger zusammenwächst. Auch in unserem Alltag. Vieles
davon hat der Euro bereits eingelöst. Wo er versagt hat, liegt das an den
Konstruktionsfehlern der Währungsunion. Wir stehen zum Euro, doch wir wollen die
Währungsunion besser machen. Gerade die deutsche Bundesregierung hat das immer wieder
verhindert. Wir wollen die Zeit der Flickschusterei überwinden und einen Euro schaffen, der
die Europäer*innen zusammenführt.
Dieses Versprechen wurde in der Vergangenheit zu oft nicht eingelöst. Mit einer harten und
übertriebenen Sparpolitik wurden Finanz- und Eurokrise unnötig verlängert. Gleichzeitig
haben sich die Staats- und Regierungschef*innen, und allen voran die Bundesregierung, einen
schlanken Fuß gemacht und viel zu sehr auf die Europäische Zentralbank vertraut, die mit
niedrigen Zinsen und weitreichenden Maßnahmen die Kohlen aus dem Feuer holen musste. Das
darf nicht so bleiben.
Denn ein Exportland wie Deutschland, das am meisten vom Euro profitiert und in dem Millionen
von Arbeitsplätzen von einer stabilen Währung abhängig sind, hat nichts gewonnen, wenn wir
einen Haushalt mit schwarzer Null vorlegen, Europa aber vor die Hunde geht, weil die
Jugendarbeitslosigkeit antieuropäische Parteien stark macht. Die Eurozone muss also stabiler
und demokratischer werden. Das schließt ein, mehr als bisher auf Zusammenhalt und
Solidarität in der Eurozone zu setzen.
Eine stabile und demokratische Währungsunion hat drei wesentliche Elemente: Erstens müssen
wir in europäische Gemeingüter investieren und durch ihre Finanzierung wirtschaftlichen
Krisen entgegenwirken. Zweitens wollen wir die Bankenunion vollenden, damit einige
verantwortungslose Banken nie wieder die ganze Währung gefährden können. Und drittens wollen
wir die wichtigen Entscheidungen aus den Hinterzimmern holen und demokratischer Kontrolle
unterwerfen.
Euro stabilisieren – Haushalt für die EurozonePlus
Zu einem krisenfesten Euro gehört auch, dass sich alle Mitgliedstaaten an die gemeinsamen
Regeln halten, egal ob es um Haushaltsdefizite oder Leistungsbilanzüberschüsse geht. Die
deutsche Bundesregierung kritisiert gerne andere Länder, verstößt aber mit einem hohen
Leistungsbilanzüberschuss – das heißt, Deutschland exportiert mehr, als es importiert – seit
Jahren selbst gegen europäische Regeln. Eine nationale und doch europäische Antwort ist,
dass wir auch in Deutschland mehr investieren und gegen Lohndumping vorgehen. Das nützt der
Stabilität unserer Währung und macht die deutsche Wirtschaft zukunftsfähiger und sozialer.
Alle Mitgliedstaaten müssen mehr gemeinsame Verantwortung für die Stabilität des Euro
übernehmen. Die Europäische Zentralbank ist dafür nicht alleine verantwortlich. Deshalb
befürworten wir einen eigenen Haushalt für die Eurozone im Rahmen der allgemeinen EU-
Finanzen. Wir schaffen ein EurozonePlus-Budget, das in dem Maße aufwächst, wie sich die
beteiligten Mitgliedstaaten darauf einigen, darüber gemeinsame Aufgaben gemeinsam zu
finanzieren, die sie bisher national finanziert hatten. Solche europäischen Gemeingüter
wären zum Beispiel ein gemeinsames Eisenbahnnetz, ein europäisches Stromnetz für erneuerbare
Energien oder eine flächendeckende digitale Infrastruktur für Europa. Dieses EurozonePlus-
Budget soll möglichst im Rahmen des mittelfristigen Finanzrahmens für alle Mitgliedsländer
der Union offen sein. Es speist sich aus gemeinsamen konjunkturabhängigen Steuern.
Insbesondere wollen wir eine gemeinsame Unternehmenssteuer vorantreiben, die besonders
antizyklisch wirkt, Bürokratie für grenzüberschreitende Unternehmen abbaut und Steuerdumping
beendet. Deutschland und Frankreich sollten hier vorangehen. Durch ein so finanziertes
Budget werden Mitgliedstaaten in konjunkturell schwachen Zeiten entlastet. Das stützt die
Wirtschaft und bewahrt Arbeitsplätze. Der Haushalt für die Eurozone sollte verpflichtend für
alle Euroländer, aber offen für alle sein, daher „EurozonePlus“.
Zur Stabilisierung könnte auch eine ergänzende europäische Rückversicherung der nationalen
Arbeitslosenversicherungen beitragen.
Europa sollte künftige Krisen alleine lösen können. In der Eurokrise hat der internationale
Währungsfonds geholfen. Wir wollen einen europäischen Währungsfonds schaffen und im EU-Recht
verankern. Um zu verhindern, dass ein Land plötzlich durch Spekulation in eine tiefe Krise
schlittert, braucht es eine schnelle Reaktion. Dafür wollen wir eine kurzfristige
Kreditlinie schaffen, die schon präventiv wirkt. Das Europäische Parlament sollte das Recht
auf Information, Kontrolle und Miternennung der Direktorin bzw. des Direktors dieses
europäischen Währungsfonds erhalten. Die Entscheidungen über längerfristige Kredite aus dem
europäischen Währungsfonds würden aber trotzdem weiterhin bei den nationalen Parlamenten
liegen, solange das Geld dafür auch aus den nationalen Haushalten kommt.
Bankenunion vollenden für mehr Sicherheit
Ein krisenfester Euro bedeutet auch, dass keine Bank mehr die Stabilität unserer gemeinsamen
Währung gefährden können darf. Mit der gemeinsamen Bankenaufsicht bei der Europäischen
Zentralbank, mit den neuen Abwicklungsregeln, die die Gläubiger der Banken jetzt endlich zur
Kasse bitten, und mit dem gemeinsamen Abwicklungsmechanismus ist der Einstieg in die
Bankenunion geschafft. Doch einige Elemente fehlen noch immer, damit die neuen Regeln
wirksam angewandt werden können:
Erstens dürfen Banken nicht mehr zu Lasten der Steuerzahler gerettet werden. Dafür braucht
der gemeinsame Abwicklungsfonds eine Letztsicherung über den europäischen Währungsfonds. So
wird verhindert, dass er sich im Krisenfall als zu klein erweist und dann doch wieder die
Steuerzahler einspringen müssen.
Zweitens muss ein Euro überall gleich sicher sein, egal ob er bei einer niederländischen
oder einer slowenischen Bank angelegt ist. Sonst verstärkt sich jede Krise selbst, weil
Kund*innen im Krisenfall um ihr Erspartes bangen müssen und ihr Geld abziehen. Deshalb
brauchen wir eine gemeinsame europäische Einlagensicherung. Sie soll als Rückversicherung
ausgestaltet sein, damit die europäische Sicherung erst eingreift, wenn die nationale
überfordert ist. Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken können so weiter auf
ihre bewährten Institutssicherungssysteme setzen.
Es ist richtig, uns in Europa gemeinsam gegen Risiken zu versichern, weil nur Europa das
überhaupt leisten kann. Allerdings müssen dafür auch die Risiken der Banken in allen
Euroländern abgebaut werden. Auch Staatsanleihen dürfen sich nicht länger nur in den Banken
des jeweiligen Landes konzentrieren. Sonst führt die Krise eines Landes immer zur Krise
seiner Banken. Die Regulierung der Banken als Konsequenz aus der Krise ist auch noch immer
nicht abgeschlossen. Wir setzen uns für die Erhöhung der Eigenkapitalquoten auf 10 % bei den
Großbanken sowie für eine Trennung des Investmentgeschäfts vom Kundengeschäft der Banken
ein. Für Banken muss eine feste Schuldenbremse („leverage ratio“) gelten, damit sie ihre
Risiken nicht künstlich kleinrechnen können. Unterschiedliche Geschäftsmodelle wollen wir
nach Risiko und Komplexität unterschiedlich behandeln. Die Aufsicht über kleine Banken
wollen wir entbürokratisieren, um sie im Wettbewerb nicht zu benachteiligen.
Europolitik raus aus den Hinterzimmern – rein ins Parlament!
Die gemeinsame Währung ist so wichtig für alle Europäer, dass über sie demokratisch
entschieden werden muss. Das Europäische Parlament ist der Ort dafür. Keine wichtige
Weichenstellung sollte ohne seine Zustimmung erfolgen. Ausführendes Organ und Dreh- und
Angelpunkt der gemeinsamen Wirtschaftspolitik ist und bleibt die vom Parlament legitimierte
Europäische Kommission. Wir wollen, dass die zuständige Kommissarin für Wirtschaft und
Finanzen auch Vorsitzende der Eurogruppe wird.
Mit dem Euro ist ein Europa der mehreren Geschwindigkeiten bereits Realität: Die Länder des
Euro teilen eine gemeinsame Geldpolitik. Das macht für diese Länder auch in anderen
Bereichen gemeinsame Schritte notwendig, die für die Nicht-Euroländer nicht essenziell sind.
Lösungen für die Eurozone sollten aber immer offen für andere Mitgliedstaaten sein, wie es
etwa schon heute bei der Bankenunion der Fall ist.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen krisenfesteren Euro,
- ein EurozonePlus-Budget zur Finanzierung gemeinsamer Aufgaben,
- die Vollendung der Bankenregulierung.
2.4 Steuersümpfe austrocknen, Steuertricksern das Handwerk legen
Unser europäisches Sozialmodell braucht eine ausreichende Finanzierung. Fehlt es den Staaten
an Steuereinnahmen, werden öffentliche Leistungen gekürzt und die Infrastruktur wird
vernachlässigt. Wir wollen, dass die Finanzierung gerecht ist: Starke Schultern sollen auch
mehr beitragen.
Der gemeinsame Binnenmarkt ist ohne Frage eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Doch er
lädt wegen seiner Lücken in der Steuerpolitik, die nach wie vor in der primären Hoheit der
Mitgliedstaaten liegt, zur Steuervermeidung ein: Große Unternehmen können derzeit überall in
Europa ihre Produkte verkaufen und gleichzeitig nur im Land mit den niedrigsten Steuern ihre
Gewinne versteuern. Damit verabschieden sich gerade große Unternehmen, die Rekordgewinne
erzielen, aus der gesellschaftlichen Solidarität. Das schädigt unser Gemeinwesen und alle
ehrlichen Steuerzahler*innen. Kleine und mittlere Unternehmen können ihre Gewinne nicht
verlagern und zahlen die vollen Steuern. Sie haben damit einen Nachteil im Wettbewerb mit
den Konzernen. Wir wollen deshalb, dass große Unternehmen genauso wie kleine
Handwerksbetriebe ihre Steuern da zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften. Dafür wollen
wir beherzt gegen Steuerdumping vorgehen.
Steuerdumping beenden
Einige Mitgliedstaaten haben es zu ihrem Geschäftsmodell gemacht, sich gegenüber dem Rest
der EU durch niedrige Steuersätze oder großzügige Ausnahmen attraktiv für Unternehmen zu
machen. Die Einzigen, die davon langfristig profitieren, sind internationale Unternehmen,
die damit ihre Renditen steigern. Die Steuervermeidung untergräbt das Fundament unserer
Wohlfahrtsstaatsmodelle in Europa. Denn die Praxis treibt indirekt Menschen in die Armut und
Staaten dazu, dass sie nicht in das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger investieren können.
Die Steuerbelastung verschiebt sich damit immer mehr zu denen, die sich ihr nicht entziehen
können: kleinen Unternehmen, Arbeitnehmer*innen und Konsument*innen. Wir wollen dieses
Geschäftsmodell beenden.
Die EU-Kommission hat – gerade unter dem Druck von uns Grünen – endlich damit begonnen,
individuelle Absprachen zwischen Mitgliedstaaten und Großunternehmen als illegale staatliche
Beihilfen zu verfolgen und auch zu ahnden. Das geht in die richtige Richtung. Aber das
reicht nicht: Wir wollen das europäische Wettbewerbsrecht so verändern, dass es zur scharfen
Waffe wird, mit der die EU-Kommission den zerstörerischen Steuerwettbewerb auf Kosten der
anderen Mitgliedstaaten bekämpfen kann.
Große Unternehmen verlagern zudem ihre Gewinne mit Buchungstricks in Niedrigsteuerländer.
Sie nutzen die gute Infrastruktur eines Landes, tragen aber nicht zu den Kosten für sie bei.
Damit sich aber der internationale Kaffeekonzern ebenso an der Finanzierung des Gemeinwesens
beteiligt, wie es heute schon der oder die Bäcker*in an der Ecke tut, müssen auf Zahlungen
von Zinsen und Lizenzgebühren innerhalb der EU wieder Quellensteuern erhoben werden. Dafür
ist die entsprechende europäische Richtlinie zu ändern. Dann lohnen sich solche Tricks für
die Unternehmen nicht mehr.
Europäische Unternehmensmindeststeuer
Wer europaweit verkaufen darf, muss auch europaweit gleichwertig besteuert werden. Deshalb
ist eine einheitliche Unternehmensbesteuerung die logische Fortsetzung des Binnenmarktes.
Wir wollen in einem ersten Schritt eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Besteuerung
von Unternehmen im Binnenmarkt. Für die Unternehmen wäre das eine Vereinfachung. Gerade für
kleine und mittlere Unternehmen führt ein einheitliches Steuerrecht dazu, dass sie leichter
auch in anderen Mitgliedstaaten tätig werden können. Es soll einen europäischen
Mindeststeuersatz für alle Unternehmensgewinne geben.
In einem zweiten Schritt sollte eine europäische Unternehmenssteuer folgen, damit es endlich
eine echte europäische Einnahmequelle gibt. Ein Teil der Einnahmen aus dem Mindeststeuersatz
soll direkt in den EurozonePlus-Haushalt fließen. Die Mitgliedstaaten können und sollen
Steuersätze festlegen, die über dem Mindeststeuersatz liegen. Die Einnahmen daraus fließen
in ihre nationalen bzw. kommunalen Haushalte. In Deutschland werden wir darauf achten, dass
diese Reform nicht zu Lasten von Städten und Gemeinden geht.
Längst überfällig ist, dass alle Großunternehmen öffentlich machen müssen, in welchem Land
sie ihre Umsätze machen, wo ihre Gewinne anfallen und wie viel Steuern sie darauf zahlen.
Dann fällt sofort auf, wenn ein Konzern seine Umsätze in Deutschland erzielt, aber seine
Gewinne in einen Steuersumpf verschiebt, um darauf möglichst wenig Steuern zu zahlen.
Transparenz ist eines der wirksamsten Mittel gegen Steuervermeidung. Die deutsche
Bundesregierung und Finanzminister Scholz blockieren diese Transparenz aber in Europa.
Dadurch ermöglichen sie Großunternehmen die Steuervermeidung erst.
Steuerhinterziehung und Geldwäsche bekämpfen
Mit der Abschaffung des Bankgeheimnisses und der Einführung eines internationalen
automatischen Informationsaustauschs wurde ein entscheidender Sieg gegen Steuerhinterziehung
erzielt. Auch das Transparenzregister der EU für Unternehmen ist ein großer grüner Erfolg
gegen kriminelle Geldgeschäfte. Doch selbst in Deutschland hapert die Umsetzung. Die
Eigentümer vieler Unternehmen sind immer noch nicht transparent. Gerade Immobilien müssten
der Spekulation durch kriminelles Geld so europaweit entzogen werden.
Die EU-Kommission schätzt, dass Europas ehrliche Steuerzahler*innen jedes Jahr um mindestens
50 Milliarden Euro durch Steuerbetrüger bei der Mehrwertsteuer geprellt werden. Die
Kommission hat einen Plan für ein einheitliches Mehrwertsteuergebiet in der EU vorgelegt,
der den Kriminellen das Handwerk legen soll. Die Bundesregierung blockiert auch hier in
Brüssel einen Fortschritt. Wir unterstützen das Ziel der Kommission.
Die bestehende schwarze Liste für Steueroasen in der EU ist ein erster Schritt. Wichtige
Steueroasen fehlen jedoch auf der Liste. Andere Staaten konnten schon mit vagen Zusagen
erreichen, dass sie wieder von der Liste gestrichen werden. Die Umsetzung muss nun strikt
überwacht werden. Die Erstellung der Liste ist komplett intransparent und lässt die
politische Bevorteilung einzelner Staaten vermuten. Wir wollen eine echte schwarze Liste mit
klaren Kriterien statt Absprachen im Hinterzimmer. Ein Eintrag auf der Liste muss
Konsequenzen haben. Banken, Kanzleien und Unternehmen dürfen dann keine Geschäfte in diesen
Ländern mehr machen, und Verstöße dagegen müssen sanktioniert werden.
Europa handlungsfähig machen
Die Einstimmigkeit in Steuerfragen verhindert, dass Europa gegen Steuervermeidung vorgeht.
Ein einzelnes Land, das das Geschäftsmodell Steuersumpf betreibt, kann Fortschritte
verhindern. Um diese Blockade aufzubrechen, müssen andere Mitgliedstaaten vorangehen, damit
sich die Verlagerung von Gewinnen für die Unternehmen nicht mehr lohnt. Damit wird das
Geschäftsmodell auch für die Staaten unattraktiv.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- den Kampf gegen Steuerbetrug, Steuerdumping und Geldwäsche,
- eine gemeinsame europäische Unternehmensmindestbesteuerung.
2.5 Wettbewerb fair gestalten
Wettbewerb ist die tragende Säule der Marktwirtschaft und Motor für Innovationen. Fehlt der
Wettbewerb, können Monopolisten hohe Gewinne auf Kosten der Verbraucher machen und
technische und soziale Innovationen behindern. Um das zu verhindern, braucht es einen fairen
Wettbewerb und eine Begrenzung wirtschaftlicher Macht. Dafür ist es auch notwendig,
bestehende Monopole zu zerschlagen.
Mit der Globalisierung schaffen globale Konzernfusionen, wie jene von Bayer und Monsanto,
eine noch größere Marktbeherrschung mit zahlreichen negativen Auswirkungen. Unternehmen
agieren zunehmend branchenübergreifend – Volkswagen ist nicht nur einer der größten
Autokonzerne, sondern auch eine Bank, und Amazon ist nicht nur ein Onlinehändler, sondern
auch ein Medienunternehmen. Damit die europäische Wettbewerbspolitik den Anforderungen des
21. Jahrhunderts gerecht wird, fordern wir ein eigenständiges europäisches Kartellamt mit
angemessenen Mitteln und Personal. Dieses Kartellamt soll auch als europäische
Digitalaufsicht fungieren. Die Marktmacht der großen Digitalkonzerne wollen wir so gemeinsam
kontrollieren und begrenzen. Wir möchten, dass das europäische Wettbewerbsrecht bei
außereuropäischen Fusionen auch die Auswirkungen auf den globalen Markt ins Auge fasst und
sich nicht nur auf den europäischen Markt beschränkt.
Wir wollen erreichen, dass bei der Kontrolle von Fusionen auch wettbewerbsfremde Faktoren
berücksichtigt werden. Die Fusion von Bayer und Monsanto ist nicht nur für den Wettbewerb
problematisch. Sie hat auch negative Auswirkungen auf den Umweltschutz. Heute aber muss man
Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung nachweisen, dass sie diese missbrauchen.
Das ist in der Regel nicht zu beweisen. Wir treten daher dafür ein, dass man Unternehmen
auch unabhängig von einem nachgewiesenen Missbrauch aufspalten kann, wenn ihre Marktmacht zu
groß wird.
Digitale Geschäftsmodelle und die sogenannte Plattformökonomie stellen uns vor neue
Herausforderungen. Google und Facebook beherrschen den Markt für Onlinewerbung und können
kleinen Unternehmen die Bedingungen diktieren. Amazon kann hohe Gebühren von kleinen
Unternehmen verlangen, die gezwungen sind, ihre Produkte auf der Plattform anzubieten, um
Käufer*innen zu finden. Wir wollen diese Unternehmen streng regulieren. Wenn sie anderen
Firmen den Zugang zu ihren Plattformen verwehren oder absurde Konditionen verlangen, müssen
die Wettbewerbshüter*innen dagegen vorgehen.
Facebook hat als soziales Netzwerk ein Monopol geschaffen. Kein anderes Unternehmen kann
erfolgreich ein soziales Netzwerk betreiben, weil es davon lebt, dass viele andere Menschen
es ebenfalls nutzen. Mit dem Zukauf von Instagram und WhatsApp hat Facebook seine
Monopolstellung ausgeweitet. Um für mehr Wettbewerb zu sorgen, wollen wir diese Unternehmen
wieder aufspalten. Wer von Facebook zu einem anderen sozialen Netzwerk wechseln will, muss
zudem seine Daten einfach und schnell mitnehmen können.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- ein starkes europäisches Kartellamt,
- die Kontrolle digitaler Marktmacht,
- die Zerschlagung des Facebook-Imperiums.
2.6 Soziale Sicherheit garantieren
Wir stehen für ein soziales und gerechtes Europa, in dem alle Menschen gleiche Chancen
haben, an der Gesellschaft teilzuhaben. Derzeit ist dieses Ziel noch nicht erreicht. Es
bestehen weitreichende wirtschaftliche Freiheiten im Binnenmarkt. Gemeinsame Arbeits- und
Sozialstandards sind hingegen unterentwickelt. Deshalb wird die EU häufig als Bedrohung für
soziale Sicherheit gesehen. Zu Unrecht. Tatsächlich ist es so, dass die Nationalstaaten die
Kompetenz für die sozialen Sicherungssysteme wie Rente, Gesundheit, Pflege oder
Grundsicherung haben. Doch an einer Stelle kann die europäische Ebene schon heute handeln:
Sie kann gemeinsame Mindeststandards schaffen und grenzüberschreitendes Arbeiten sozial
absichern.
Soziale Grundrechte für Europas Bürger*innen garantieren
In der EU sollten alle Menschen ein würdevolles Leben führen können. Deshalb ist die
Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung essenziell. Verlässliche
soziale Rechte sind die Voraussetzung dafür, dass Binnenmarkt und Währungsunion im Interesse
der Menschen wirken. Die in der Europäischen Grundrechtecharta verankerten sozialen Rechte
müssen als Grundrechte aller EU-Bürger*innen gegenüber den Mitgliedstaaten vor dem
Europäischen Gerichtshof einklagbar sein. So können zum Beispiel Arbeitslose, denen das
Recht auf Vermittlung in Arbeit verweigert wird, sich dagegen zur Wehr setzen.
Arbeitnehmer*innen, die keinen angemessenen Urlaub oder Ruhepausen bekommen, erhalten
Beistand von der EU. Und Bürger*innen können gegen ihr Land klagen, wenn ihnen aufgrund
eines miserablen nationalen Gesundheitssystems das in der EU-Grundrechtecharta verbriefte
Recht auf medizinische Versorgung verwehrt wird. So wird die Europäische Union zu einem
Garanten für soziale Rechte.
Wir fordern außerdem, dass das EU-Recht den sozialen Rechten und den
Arbeitnehmer*innenrechten mindestens den gleichen Stellenwert einräumt wie den
wirtschaftlichen Freiheiten des Binnenmarkts wie beispielsweise der Dienstleistungsfreiheit.
Damit der Europäische Gerichtshof bei Entscheidungen zum Binnenmarkt Arbeitnehmerrechte
nicht den wirtschaftlichen Freiheiten unterordnet, müssen die entsprechenden Gesetze
angepasst werden.
Soziale Mindeststandards in ganz Europa
Allen Menschen in Europa wollen wir ein würdevolles Existenzminimum garantieren. Dafür
braucht es einen europäischen Rahmen für eine Grundsicherung in allen Mitgliedstaaten Wir
machen uns stark für eine europäische Grundsicherungs-Richtlinie, die soziale
Mindeststandards für jedes Land festlegt, angepasst an die jeweilige ökonomische Situation.
Die Mitgliedstaaten sind natürlich angehalten, höhere Standards zu behalten oder neu zu
schaffen. Das Gleiche gilt für die nationalen Gesundheitssysteme. Auch hier braucht es einen
Mindestversorgungsstandard in allen Ländern. Jede*r Europäer*in muss einen Zugang zu guter
medizinischer Versorgung haben.
Wir streiten dafür, dass nationale Gesundheitssysteme als Teil der sozialen Daseinsvorsorge
nicht durch die Hintertür über das europäische Wettbewerbsrecht ausgehöhlt werden.
Medizinische Studien müssen die Gesundheit schützen, geschlechtsspezifische Unterschiede
berücksichtigen und transparent sein. Wir streben strengere Regelungen gegen die
Einflussnahme der Pharmaindustrie im Gesundheitswesen an.
Mindestlöhne in ganz Europa – gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Alle Menschen sollen von ihrer Arbeit gut leben können. Die Mindestlöhne, die in den EU-
Mitgliedstaaten derzeit gezahlt werden, variieren jedoch stark, und nicht alle
Mitgliedsländer haben einen Mindestlohn. Um Lohndumping in der EU zu Lasten aller
Arbeitnehmer*innen zu verhindern, setzen wir uns daher für eine Mindestlohn-Richtlinie ein,
die allen Arbeitnehmer*innen in der EU, entsprechend den Lebenshaltungskosten des jeweiligen
Landes, ein auskömmliches Einkommen garantiert. Damit leisten die Arbeitgeber*innen auch
einen Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse in der EU.
Es kommt bei der Mobilität von Arbeitnehmer*innen immer noch zu Ausbeutung. Etwa wenn
rumänische Arbeiter in deutschen Schlachthöfen zu niedrigen Löhnen und unwürdigen
Bedingungen beschäftigt werden. Die neue Entsenderichtlinie war ein wichtiger grüner
Teilerfolg, um den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in Europa durchzusetzen. Für
die Umsetzung braucht es aber mehr staatliche Kontrollen. Außerdem müssen auch in andere
Länder entsandte LKW-Fahrer*innen dringend in die Entsenderichtlinie aufgenommen und
umfassend geschützt werden. Bislang sorgen aber Konservative, Liberale und Sozialdemokraten
im Europaparlament dafür, dass ihnen soziale Rechte auf angemessene Bezahlung und Ruhepausen
weiterhin verwehrt werden.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einklagbare soziale Grundrechte,
- eine Grundsicherung für alle Menschen in der EU,
- europaweite Mindestlöhne.
2.7 Mobil arbeiten in Europa: Freizügigkeit sozial ausgestalten
Alle EU-Europäer*innen haben das Recht, sich in der EU frei zu bewegen, ihren Wohn- und
Arbeitsort frei zu wählen. Freizügigkeit ist Kern des europäischen Projektes.
Steuer- und Sozialversicherungsrecht muss so gestaltet werden, dass es mobile
Arbeitnehmer*innen stärkt. Eine Arbeitnehmerin, die sich für eine Arbeit in einem anderen
Land entscheidet, darf deshalb keine Nachteile erleiden. Die Anerkennung von Bildungs- und
Berufsabschlüssen innerhalb Europas muss weiter verbessert werden.
Wir wollen die Beratung von Arbeitnehmer*innen aus anderen EU-Mitgliedstaaten vor Ort
verbessern und die EU-Beratungsstellen ausbauen. So bauen wir Hürden für Mobilität in Europa
ab.
Wir unterstützen die neue europäische Arbeitsbehörde, um sicherzustellen, dass
grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer gleiche Rechte in allen EU-Ländern haben. Nationale
Behörden müssen hier mit der neuen Arbeitsbehörde kooperieren. Arbeitnehmer*innen brauchen
Stärkung bei der Ausübung der Freizügigkeit und auch bei der Durchsetzung ihrer sozialen
Grundrechte.
Die besondere Stärke der EU ist, dass Arbeitnehmer*innen, die in Europa mobil sind, ihre in
einem Land erworbenen Ansprüche nicht verlieren, sondern mitnehmen können. Eine
Arbeitnehmerin, die sich in Österreich eine Rente erarbeitet hat, kann ihren Ruhestand auch
in Schweden verbringen. Wir wollen, dass dies auch für Betriebsrenten uneingeschränkt gilt.
Dass die EU sicherstellt, dass Arbeitnehmer nicht aufgrund ihrer Nationalität diskriminiert
werden, ist Ausdruck des gemeinsamen Wertekanons und zugleich eine essenzielle Maßnahme
gegen Sozialdumping. Umso unverständlicher ist es, dass gerade in Deutschland immer wieder
die Debatte über das Kindergeld vom Zaun gebrochen wird. Kindergeld erhalten in Deutschland
Arbeitnehmer*innen, die arbeiten und Steuern zahlen.
Um Missbrauch zu unterbinden, müssen insbesondere Finanzbehörden, Polizei und Familienkassen
eng zusammenarbeiten, um organisierten Kriminellen den Boden zu entziehen. Der Missbrauch
durch Kriminelle darf jedoch nicht dazu führen, dass alle Unionsbürger*innen in Mithaftung
genommen werden, die einfach nur ihr Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen. Zumal das ja auch
heißen würde, wenn es für Kinder im Ausland weniger Geld gäbe, dass das auch für das
deutsche Kind gelten müsste, das zum Beispiel in Krakau studiert.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen einfacheren Arbeitsplatzwechsel in andere EU-Länder,
- Freizügigkeit mit Schutz für Arbeitnehmer*innen in Europa.
Antragstext
Von Zeile 346 bis 347 einfügen:
und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk den Zugang zu europäischen Förderprogrammen für energie- und ressourceneffiziente Produktion erleichtern. Im EU-Haushalt müssen bereits 100 Milliarden Euro unter "Klimaschutz" verbucht werden - in der Praxis besteht diese große Summe z.B. aus den ökologisch schädlichen Agrarsubventionen oder der Förderung der Dieseltechnologie. Wir wollen, dass diese Gelder nur noch für die Förderung von Erneuerbaren Energien in allen Sektoren, Energieeffizienz und den Aufbau von Kohlenstoffsenken, wie z.B. Aufforstung oder nachhaltigen Holzbau verwendet werden. Es darf keine Subventionen für fossile oder atomare Energieerzeugung mehr geben.
Ein Europa ohne Kohle, Atom und Fracking ist möglich. Wir wollen die Europäische Union zum
weltweiten Vorreiter für Klimaschutz, erneuerbare Energien und Energieeffizienz machen.
Unser Kontinent hat gerade hier noch enorme Potenziale, die bislang weitgehend brachliegen.
Durch saubere Energiequellen kann eine weitgehende Energie-Unabhängigkeit erreicht, können
Klima und Umwelt geschützt und nachhaltige Jobs geschaffen werden. Das ist unser Ziel. Die
gute Nachricht: Alle Lösungen dafür stehen bereit, sie müssen nur angepackt werden!
Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Generation. Versagen wir bei
der Eindämmung der Krise, haben wir als politische Generation versagt. Mit Klimaschutz
schützen wir nicht nur (und noch nicht einmal in erster Linie) Arten und Natur. Wir schützen
unsere Lebensgrundlagen, aber auch die liberale Demokratie, ein Gemeinwesen, das in der Lage
ist, wertebasierte Politik zu machen. Und wir schützen die ökonomische Basis, auf der wir
unsere Politik aufbauen. Eine Erderhitzung über 2 Grad wird unkontrollierbare Folgen auf
unser Zusammenleben und unsere Freiheit haben. Und sie trifft immer erst die Schwächsten.
Menschen werden ihr Zuhause verlassen müssen und sich als Klimaflüchtlinge auf den Weg
machen. Die weltweiten Migrationsbewegungen werden zunehmen. Die Weltbank, nicht gerade
bekannt für ökologische Sensibilität, rechnet mit 150 Millionen Klimaflüchtlingen bis 2030.
In elf Jahren. Es wird zu Kriegen um Wasser, fruchtbare Böden oder sichere Stätten kommen.
Wir werden uns der Verantwortung so oder so nicht entziehen können. Doch die Zeit läuft uns
davon. Hitzerekorde, Dürren, Überschwemmungen und starke Stürme liefern fast täglich neue
Schreckensmeldungen. Der vergangene Sommer hat auf eindringliche Weise gezeigt, dass die
Klimakrise längst auch bei uns in Europa Realität ist.
Die Europäische Union muss zu einer Union des Klimaschutzes werden. Das heißt nicht nur,
dass sie eine andere Energie-, Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik betreibt, sondern
dass sie die ökologischen Fragen auch ins Zentrum ihrer Außen-, Sicherheits- und
Friedenspolitik stellt. Wie wir unseren Energiehunger stillen, wird maßgeblich die
Leitlinien der Außenpolitik bestimmen. Ob wir schmutzige Deals mit Diktatoren um Öl, Gas und
Kohle eingehen oder eine demokratische Energieinfrastruktur auf Basis der Erneuerbaren
aufbauen, macht einen Unterschied. Eine Handels- und Landwirtschaftspolitik, die unseren
Reichtum auf Kosten Dritter erwirtschaftet, oder stattdessen faire Partnerschaften, die
einen gedrosselten Ressourcenverbrauch bei uns bedeuten, machen einen Unterschied. Fischen
wir die Meere leer oder sorgen wir für halbwegs intakte Meeresökologie? Exportieren wir
unseren Müll ins Ausland oder verzichten wir auf Wegwerfplastik?
Viele Menschen sind weiter als die Politik: zum Beispiel Bürger*innen, die Bike- und
Carsharing nutzen, sich an Bürgerenergieprojekten beteiligen, auf ökologisch erzeugte
Lebensmittel setzen, die in Nachhaltigkeit und grüne Infrastruktur investieren. Aber auch
innovative Unternehmen, Ingenieur*innen und viele mehr haben sich auf den Weg gemacht. Mit
ihnen allen verbünden wir uns. Und packen an. Für ein Europa, das ohne Kohle- und Atomstrom
auskommt, eine Agrarpolitik betreibt, die auf ökologischen Kriterien basiert und Landwirten
eine Perspektive gibt, ein Europa, das mit einer Plastikabgabe plastikmüllfrei wird und
unsere Meere schützt.
Schadstoffbelastete Böden und Gewässer, weniger Summen und Brummen in der Luft. Das sind
Anzeichen für eine kranke Natur, die auf den Menschen zurückgeht. Und Anzeichen dafür, dass
wir Grenzen überschreiten. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen. In einem
gemeinsamen Europa können wir mit weniger Pestiziden und einem Verbot von Glyphosat Tieren
und Pflanzen wieder mehr Lebensraum geben. Mit einer Wasserrahmenrichtlinie, die wir
konkretisieren und konsequent umsetzen, verbessern wir die Qualität von Flüssen und Seen.
Und mit europäischen Korridoren für Biotope und mehr Wildnisflächen erhalten wir wichtige
Lebensgrundlagen. Wir wollen ein gemeinsames Europa, das seine Umwelt und Natur schützt.
Bei der sauberen Mobilität, bei den erneuerbaren Energien oder auch beim Divestment hinkt
Europa hinterher. Wir wollen grüne Anleihen europaweit stärken und eine Richtlinie für
ökologische Transparenz am Finanzmarkt schaffen. Für den Verkehr der Zukunft wollen wir eine
europäische Batteriezellenproduktion aufbauen. Damit sorgen wir für mehr klimafreundliche
Mobilität und halten zugleich die Wertschöpfung in Europa. Zudem knüpfen wir ein
europaweites Schienennetz und verlagern Güter von der Straße auf die Gleise. Mit einem CO2-
Mindestpreis sorgen wir für wirksamen Klimaschutz. Und für mehr Erneuerbare und größere
Versorgungssicherheit schaffen wir einen gesamteuropäischen Stromverbund und ein
intelligentes Stromnetz. Das alles geht nur gemeinsam. In einem gemeinsamen Europa.
1.1 Klimaschutz fördern, aus Kohle und Atom aussteigen
Die Europäische Union ist reich an sauberen Energiequellen. Die Erneuerbaren haben weltweit
8,3 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, davon mehr als 1,1 Millionen in der EU und über
300.000 in Deutschland. Investitionen in Erneuerbare und in Energieeffizienz sind
mittlerweile der kostengünstigste Weg für eine nachhaltige Energieversorgung. Es darf nicht
sein, dass Europa durch die rückwärtsgewandte Klimapolitik der Bundesregierung und der
Europäischen Union bei dieser rasanten Entwicklung den Anschluss verliert. In China und den
USA wird pro Kopf mittlerweile deutlich mehr in Erneuerbare investiert als in der EU.
Wir wollen das ändern! Wir wollen ein zu 100 % erneuerbares und ein energieeffizientes
Europa als Treiber für die internationale Energiewende. Dafür muss das europäische
Klimaschutzziel, das sich keineswegs auf dem Pfad der Pariser Klimaziele bewegt,
ambitionierter und verbindlich werden. Bis 2030 müssen 45 % von Europas Energie, die wir
beim Strom, der Wärme und bei der Mobilität verbrauchen, erneuerbar sein, und bis 2050
müssen es 100 % sein. Nur so kann Europa seinen Beitrag leisten, um die Klimakrise
einzudämmen und die globale Erhitzung deutlich unter 2 Grad zu halten. Die CO2-Emissionen
müssen zudem bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Bei der
Energieeffizienz braucht es eine Verbesserung um 40 % im Vergleich zum Jahr 1990, um ein
maximal technisch mögliches Niveau der Energieeffizienz für 2050 zu erreichen.
Die Verbrennung von Kohle ist die klimaschädlichste Form der Stromerzeugung. Dabei gibt es
längst Alternativen: Erneuerbare Energien sind sauberer, sicherer, effizienter und
mittlerweile auch billiger. Das haben Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Italien
längst verstanden und sich der globalen Allianz für den Kohleausstieg (Global Alliance to
Power Past Coal) angeschlossen, die sich für einen Kohleausstieg bis spätestens 2030
ausspricht. Diesen Vorreitern muss sich die Europäische Union inklusive Deutschland
anschließen, statt an der klimaschädlichen Kohle festzuhalten.
Der Export von dreckigem deutschem Kohlestrom untergräbt in europäischen Nachbarländern den
Ausbau der Erneuerbaren. Kohlekraft schadet nicht nur dem Klima, sondern setzt auch
hochgiftige Schadstoffe frei. Die hohen Folgekosten für die Verbrennung von Kohle in Europa
dürfen nicht weiter zu Lasten der Allgemeinheit gehen, die die Kosten und Risiken dafür
trägt. Die Bundesregierung ist super darin, anzukündigen, wie ehrgeizig sie in 10, 15 oder
20 Jahren sein will. Und regelmäßig macht sie nichts in der Gegenwart. Damit muss Schluss
sein. Je energischer wir jetzt handeln, desto leichter werden die letzten Etappen. Wir
müssen jetzt beginnen, Kohlekraftwerke abzuschalten. Daran muss sich Politik messen lassen.
Wir brauchen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa einen vollständigen
Kohleausstieg.
Die hochgefährliche Atomkraft, deren Kosten und Risiken auf viele zukünftige Generationen
abgewälzt werden, bekämpfen wir europaweit. Der dringend notwendige Kohleausstieg darf nicht
dazu führen, dass Kohle durch Atom ersetzt wird. Die Atombranche etwa in Frankreich setzt
auf eine Renaissance der französischen Atomkraft – mit Atomstrom-Exporten nach ganz Europa.
Die dort diskutierte Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken lehnen wir ab. Es ist völlig
unverantwortlich, dass Atomkraftwerke, die für eine Laufzeit von maximal 40 Jahren
konzipiert wurden, nun trotz zunehmender Stör- und Unfälle 60 Jahre am Netz hängen sollen.
Auch Belgien macht keine Anstalten, seine Schrottreaktoren vorzeitig stillzulegen. Risiko-
AKWs wie das französische Cattenom, das belgische Tihange oder das tschechische Temelín
gehören sofort abgeschaltet. Der Betrieb dieser Schrottmeiler birgt unbeherrschbare Risiken
für alle Europäer*innen. Darüber hinaus fordern wir ein neues Regelwerk auf europäischer
Ebene, das es Bürger*innen und Anrainerstaaten ermöglicht, Einfluss auf die
Sicherheitsanforderungen für grenznahe Atomkraftwerke nehmen zu können. Die Atomtransporte
in Europa müssen systematischer erfasst, transparenter gemacht und auf ein Minimum
beschränkt werden.
Nur durch milliardenschwere staatliche Beihilfen rechnet sich der Bau von Atomkraftwerken in
Europa überhaupt noch. Diese Subventionen sind möglich, weil immer noch auf Grundlage des
längst überholten Euratom-Vertrags entschieden wird. Alle Passagen dieses Vertrages, die
Investitionen, Forschungsförderung und Genehmigungsprivilegien im Bereich der Atomkraft
begünstigen und AKW-Projekten gegenüber anderen Energieträgern einen wettbewerbsverzerrenden
Vorteil verschaffen, müssen gestrichen werden. Der AKW-Rückbau und die Entsorgung von
Atommüll sollen zur Kernaufgabe von Euratom werden. Zudem müssen die EU-weit geltenden
einheitlichen Sicherheitsstandards wesentlich strenger werden. Ebenso ist ein neues
einheitliches europäisches Haftungsregime mit deutlich höheren Anforderungen notwendig;
Subventionierungen durch die Hintertür müssen beendet werden. Bei den Entscheidungen zu
Euratom wollen wir in Zukunft ein klares demokratisches Mitspracherecht durch das
Europäische Parlament. Damit die Energiewende europaweit gelingt, braucht es eine
Erneuerbare-Energien-Union.
CO2 einen Preis geben und den Menschen das Geld
CO2 muss einen Preis bekommen. Dieser Preis besteht nach unseren Vorstellungen aus zwei
Komponenten: Für alle Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen – das sind vor allem
Industrieanlagen sowie Kohle- und Gaskraftwerke –, sollte es einen Mindestpreis für CO2
geben. Die letzte Reform des Emissionshandels war viel zu zaghaft, die Zertifikate sind
weiterhin viel zu billig und verfehlen damit ihre Wirkung. Daher müssen sie verknappt und
verteuert werden. Wir wollen, dass Deutschland zunächst mit einigen EU-Staaten die
Initiative ergreift und in einer regionalen Staatengruppe einen gemeinsamen CO2-Mindestpreis
einführt; die Niederlande und Frankreich haben ihre Absicht dazu schon erklärt.
Perspektivisch wollen wir eine gesamteuropäische Lösung vorantreiben.
Für die Sektoren, die bislang nicht vom Emissionshandel erfasst werden, wie Verkehr, Wärme
und Landwirtschaft, braucht es eine Anpassung der Steuersätze auf Heizöl und Erdgas. Die
fossilen Energieträger müssen für ihren jeweils spezifischen CO2-Ausstoß den wahren Preis
zahlen.
Da Steuern und Abgaben auf Verbrauch immer sozial schwächere Haushalte stärker belasten als
reichere, wollen wir die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Besteuerung an die
Verbraucher*innen zurückgeben. Unser Ziel ist die Schaffung eines Energiegeldes als Pro-
Kopf-Zahlung an die Menschen in Europa. Solange dies nicht europäisch umsetzbar ist, werden
wir in Deutschland vorangehen.
Beschäftigte beim Strukturwandel in Kohlerevieren unterstützen
Der Kohleausstieg wird auch dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen und neue in
Zukunftsbranchen entstehen. Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Betroffenen ernst und
lassen die Menschen nicht im Stich. Bei diesem Strukturwandel müssen wir die Beschäftigten
und die Regionen unterstützen, damit sie eine Perspektive haben. Im Europäischen Fonds für
regionale Entwicklung (EFRE) sollen „Kohleausstiegsregionen” speziell gefördert werden. Neue
regionale Wirtschaftsschwerpunkte werden aufgebaut und passgenaue Weiterbildung wird
angeboten. Wir werden dafür ein Recht auf Weiterbildung und lebenslanges Lernen in ganz
Europa verankern. Das hilft nicht nur den vom Strukturwandel Betroffenen, sondern ist auch
ein Mittel gegen Fachkräftemangel.
Europas Energie vernetzen
Selbst wenn Energiepolitik innerhalb der EU heute immer noch vor allem in der nationalen
Kompetenz liegt, sind die Mitgliedsländer durch den gemeinsamen Strommarkt eng miteinander
verbunden. Europa muss sich energiepolitisch weitgehend unabhängig machen. Doch die geplante
Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee, die von Russland und der deutschen
Bundesregierung vorangetrieben wird und die osteuropäischen und baltischen Staaten nicht
miteinbezieht, konterkariert dieses Ziel und widerspricht dabei auch der gemeinsamen
europäischen Energieunion. Zudem ist Nord Stream 2 – wie auch neue Pipeline- und Fracking-
Projekte in anderen Ländern – klimapolitisch falsch, stellt die europäische Solidarität in
Frage und ist für die Ukraine politisch desaströs. Deshalb muss es gestoppt werden. Wir
brauchen nicht mehr Erdgas, sondern mehr Erneuerbare und Energieeffizienz.
Europa muss zusammenwachsen, auch im Strombereich. Mit einem gesamteuropäischen Stromverbund
stärken wir die Versorgungssicherheit, indem Angebot und Nachfrage auf eine breitere Basis
gestellt werden. Damit schaffen wir ein gemeinsames Netz für ganz Europa und verbinden
Lissabon mit Helsinki. Wir beugen auch Lieferengpässen vor und sorgen für mehr
Unabhängigkeit.
Für Europa brauchen wir dringend ein intelligentes Stromnetz, das sowohl die erneuerbaren
Energien dezentral verknüpft und überregional verbindet als auch über flexibel steuerbaren
Stromverbrauch clever das zunehmend erneuerbare Stromangebot vernetzt. Dafür wollen wir eine
echte europäische Energienetzgesellschaft.
Nötig sind europäische Strom- und Gasnetze, die der Energiewende dienen und helfen, die
natürlichen Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen. Dieses Prinzip muss Leitschnur für
die Auswahl der transeuropäischen Netzbauprojekte sein. Wir wollen die Erzeugungspotenziale
in Europa vernetzen und dabei Maß und Mitte halten zwischen zentralen und dezentralen
Strukturen.
Risikotechnologien wie die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), also die Einlagerung von
CO2 in unterirdische Lagerstätten, und die Förderung von Erdgas und Erdöl durch Fracking
lehnen wir wegen der unabsehbaren Gefahren für Gesundheit, Trinkwasser und Umwelt ab.
Union für Energie- und Ressourceneffizienz
Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare schaffen Arbeitsplätze und reduzieren die
Kosten für die Verbraucher*innen. Wir wollen den Umstieg privater Verbraucher*innen auf
Geräte mit geringerem Energieverbrauch fördern sowie kleinen Unternehmen eine günstigere
Grundversorgung mit Strom und Wärme ermöglichen. Die vom EU-Parlament und Rat geschaffene
Ökodesign-Richtlinie legt für verschiedene Produktgruppen ökologische Mindeststandards fest.
Das ist richtig, reicht aber lange noch nicht aus. Wir wollen für weitere Produkte
ökologische Mindeststandards festlegen. So können wir ökologische Innovationen,
beispielsweise im Bereich Verkehr, fördern. Schlüssel für weniger Energieverbrauch sind der
Bereich Bauen und Wohnen und der Umstieg auf eine energieeffiziente Elektromobilität.
Wir wollen einen Wettbewerb um die ökologischste Produktionsweise entfachen. Die Ökodesign-
Richtlinie muss Recycling und Ressourceneffizienz fördern und fordern. Auch wollen wir
erreichen, dass die jeweils ressourcenschonendste Produktionsweise nach einiger Zeit zum
Standard erklärt wird, den dann alle einhalten müssen. Die Ökodesign-Richtlinie hat das
Potenzial, 90 Milliarden Euro pro Jahr an Energie- und Materialkosten einzusparen und 1
Million Jobs zu schaffen. Insgesamt können wir mit einer ressourcenschonenden
Wirtschaftsweise bis zu 2,8 Millionen neue Arbeitsplätze in Europa schaffen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen europaweiten Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom,
- Investitionen in intelligente Stromnetze und einen transeuropäischen Netzausbau,
- einen vernünftigen Preis für CO2,
- ein Programm, das Arbeitnehmer*innen in Kohleausstiegsregionen unterstützt.
1.2 Europa verbinden mit grüner Mobilität
Europa lebt vom grenzüberschreitenden Austausch. Reisen, leben, lieben und arbeiten jenseits
nationaler Grenzen ist selbstverständlich geworden. Wir wollen ein Verkehrssystem in Europa
aufbauen, das den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Ein System, das unsere
Lebensqualität steigert. Steigende CO2-Emissionen verschärfen die Klimakrise, Stickoxide und
Feinstaub schädigen massiv die Gesundheit, und Staus auf zahlreichen Straßen rauben uns die
Zeit. Gleichzeitig fehlt in ländlichen Regionen ein flächendeckender Nahverkehr, sind Züge
unzuverlässig und Radwege oftmals in schlechtem Zustand. Das wollen wir ändern. Wir möchten
in Europa eine Mobilität, die klimaneutral, kostengünstig und für alle nutzbar ist und
Umwelt und Gesundheit schützt. Das bedeutet: weniger, aber dafür saubere und leise Autos,
mehr Car- und Bikesharing, bessere Zug- und ÖPNV-Angebote und eine bessere Vernetzung
unterschiedlicher Verkehrsträger in der Stadt und auf dem Land. Mittelfristig wollen wir
autofreie Innenstädte schaffen.
Europa braucht einen Paradigmenwechsel bei den Investitionen in Straßen: Statt Milliarden in
den Neubau zu stecken, muss die bröckelnde öffentliche Infrastruktur dringend saniert
werden. Wir wollen, dass auch der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Dazu fordern wir die Einführung eines CO2-Preises auf fossile Treibstoffe wie Benzin und
Erdgas, damit saubere Antriebe im Verhältnis günstiger werden.
Auch den Fahrradverkehr wollen wir ausbauen. Mittlerweile gibt es 14 europäische
Fernradwege, die Euro-Velo-Routen. Diese wollen wir ausbauen, um den grenzüberschreitenden
Fahrradverkehr zu fördern.
Ein europäisches Schienennetz knüpfen
Um die grüne europäische Mobilität zu fördern, wollen wir, dass Europa auf der Schiene
zusammenwächst. Anstatt vorrangig milliardenschwere Großprojekte, wie Stuttgart 21, mit
wenig europäischem Nutzen zu finanzieren, müssen europäische Fördermittel gezielt für
bestehende und fehlende Abschnitte eingesetzt werden. Das europäische Eisenbahnnetz ist noch
immer ein Flickenteppich mit zahlreichen Lücken an den nationalen Grenzen. Wir wollen das
ändern. Das 2016 erstmals aufgelegte europäische Lückenschlussprogramm ist ein grüner
Erfolg, der deutliche Verbesserungen schafft. Aber schon jetzt wird deutlich, dass die
Nachfrage das Programm überfordert. Deswegen fordern wir eine Verdoppelung der Mittel. Damit
schaffen wir mit wenig Aufwand einen besseren grenzüberschreitenden Schienenverkehr. Davon
profitieren gerade die Menschen, die alltäglich darauf angewiesen sind.
Während man in Europa relativ einfach mit dem Auto über Grenzen fährt, müssen im
Schienenverkehr oftmals Loks, Personal und Stromnetz gewechselt werden. Das kostet nicht nur
Zeit, sondern macht den Zugverkehr insgesamt unattraktiver. Deshalb müssen die
unterschiedlichen nationalen Verkehrsnetze europaweit vereinheitlicht werden. Ein
gemeinsames Verkehrsnetz braucht gemeinsame Standards, von Ticketsystemen und Bahnsteighöhen
bis zu Sicherheitsstandards. Nur wenn die Kleinstaaterei aufhört, kann Europa mehr Personen-
und Güterverkehr auf die Schiene verlagern. Das schont das Klima und senkt die Belastung
durch Lärm und Schadstoffe. Wir brauchen massive Investitionen in transnationalen Güter- und
Personenverkehr. Wir setzen uns für die Wiederaufnahme europäischer Nachtzüge zwischen allen
Metropolen und einen funktionierenden Pendelverkehr in Grenzregionen ein.
Weltmarktführer für saubere Autos
Um die Mobilität der Zukunft zu prägen, muss Europa den Wandel in der Autoindustrie
anpacken. Neue Automobilhersteller, Mobilitätsdienstleister und Digitalkonzerne aus den USA
und China fordern die europäischen Hersteller heraus. Nur wer die saubersten, bequemsten und
intelligentesten Mobilitätslösungen anbietet, kann internationaler Marktführer bleiben.
Dabei geht es um unglaublich viel: Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Klima- und
Gesundheitsschutz – um nur einige wenige Aspekte zu nennen.
Es sind vor allem die nationalen Regierungen und oft Deutschland, die in Brüssel die CO2-
Grenzwerte für Autos verwässern, Diesel-Tricksereien vertuschen und strengere Abgastests
blockieren. Gerade die Große Koalition hat damit der Automobilindustrie einen Bärendienst
erwiesen. Wir Grünen wollen den nötigen Technologiewandel vorantreiben: weg vom fossilen
Verbrennungsmotor hin zu abgasfreien Antrieben. Dafür braucht es ambitionierte europäische
CO2-Grenzwerte für Neuwagen, eine Förderung der europäischen Ladeinfrastruktur und eine
europaweite Quote für abgasfreie Neuwagen, damit ab 2030 möglichst nur noch abgasfreie Autos
neu zugelassen werden. Zudem brauchen wir strengere Kontrollen bei Abgastests und das Ende
der Steuerprivilegien bei Kraftstoffen. Außerdem wollen wir die Batteriezellenproduktion
sowie die Produktion von Wasserstoffautos europäisch unterstützen, um beim sauberen Auto
Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Europa zu schaffen. Auch beim ÖPNV wollen wir die
Elektromobilität voranbringen: Bahnstrecken müssen elektrifiziert und abgasfreie Busse
produziert werden.
In einem neuen umfassenden Mobilitätssystem wird das Auto vernetzt mit Bus, Bahn, Fahrrad
und Fußverkehr. Über Carsharing teilen sich Menschen Autos. Hinzu kommen neue Entwicklungen
wie die intelligente Verkehrssteuerung und autonome Autos, die unter den richtigen
Rahmenbedingungen mehr Klimaschutz, Sicherheit und Effizienz schaffen können. Wir wollen die
digitale, emissionsfreie Mobilität stärken und damit unsere Lebensqualität erhöhen. Dazu
wollen wir auf europäischer Ebene einen Förderwettbewerb für Städte starten, die den
Autoverkehr verringern und Carsharing, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr gezielt ausbauen.
Umsteuern bei Flugverkehr und Schifffahrt
Auch den Flugverkehr und die Schifffahrt möchten wir auf einen nachhaltigen Kurs bringen.
Wir wollen, dass die EU sich auf internationaler Ebene für klare Klimaziele für die
Schifffahrt und den Flugverkehr einsetzt. Wir setzen daher auf eine einheitliche europäische
Regelung, die emissionsarme Kraftstoffe wie Wasserstoff aus erneuerbaren Energien in der
Schifffahrts- und Flugindustrie fördert. Landstromanschlüsse für Kreuzfahrt-, Container- und
Frachtschiffe sollen europaweit verbindlich werden.
Neben Nord- und Ostsee sollen weitere EU-Gewässer wie das Mittelmeer als
Emissionssonderzonen ausgewiesen und die Nutzung von Schweröl soll generell verboten werden.
Wir wollen darüber hinaus eine europaweite Abgabe für Kreuzfahrtschiffe einführen, ähnlich
der Flugverkehrsabgabe bzw. Kerosinsteuer. Derzeit sind Kreuzfahrtreisen nahezu von allen
Steuern ausgenommen, der Schiffstreibstoff steht den Reedern ebenfalls steuerfrei zur
Verfügung. Diese Ungleichbehandlung wollen wir abschaffen.
Auch im Luftverkehr kommt es darauf an, die unfairen Wettbewerbsvorteile abzuschaffen.
Internationale Flüge unterliegen weiter keiner Mehrwertsteuer und Kerosin wird nicht
besteuert. Das wollen wir ändern. Zudem muss der internationale Flugverkehr endlich in den
europäischen Emissionshandel einbezogen werden, um seinen Beitrag zum Schutz der Atmosphäre
beizutragen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- Vorfahrt für die Schiene,
- die Förderung sauberer Autos und zukunftsfester Arbeitsplätze,
- eine Schifffahrt ohne Schweröl,
- ein Ende der Steuerbefreiung für Kerosin.
1.3 Ressourcenschonende Wirtschaftsdynamik entfachen
Europa steht vor der Jahrhundertaufgabe, seine Wirtschaft ökologisch und sozial
umzugestalten. In Politik und Wirtschaft gibt es viele, die sich offenbar vor dieser Aufgabe
scheuen und sie weiter vor sich herschieben wollen. Damit werden die Probleme aber größer.
Wir Grünen bleiben dagegen hartnäckig, wenn es darum geht, der Wirtschaft einen ökologischen
und sozialen Rahmen zu setzen. Erst dieser Rahmen ermöglicht es der Wirtschaft, in einem
fairen Wettbewerb ihre Innovationskraft, ihre Ingenieurskunst und ihre technologischen
Stärken unter Beweis zu stellen. Das wollen wir unterstützen.
Wir wollen eine Modernisierungsoffensive zur Förderung ressourcenschonender und CO2-armer
Innovationen. Dafür brauchen wir eine industriepolitische Strategie, die die europäische
Wirtschaft fit für die Zukunft macht und eine neue Wirtschaftsdynamik entfacht. So vereinen
wir eine hohe Lebensqualität und gute Jobs mit dem Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen. Ermutigend für die Perspektive einer ökologischen Transformation unserer
Wirtschaft ist es, wenn sich die europäische Stahlindustrie dazu bekennt, in den nächsten
Jahren auf CO2-neutrale Stahlproduktion umzuschwenken.
Wir verbrauchen die Ressourcen und Rohstoffe unseres Planeten in einem atemberaubenden
Tempo. Für nachhaltigen Wohlstand brauchen wir eine Kreislaufwirtschaft, die wertvolle
Rohstoffe wiederverwertet. Deshalb muss die Förderung der europäischen Kreislaufwirtschaft
Zentralanliegen jeder ökologisch orientierten Wirtschaftspolitik sein. Digitalplattformen
können dabei vor allem mit Blick auf industrielle Sekundärrohstoffe eine wichtige Rolle
spielen. Europa muss darauf achten, dass etwa im Bereich von Elektronikschrott nicht
wertvolle Ressourcen rücksichtslos auf Müllkippen in der ganzen Welt exportiert werden,
während durch Hightech-Recycling der Rohstoffverbrauch reduziert und Kosten für Unternehmen
und für die Umwelt verringert werden können. Besonderes Gewicht für die Recyclingwirtschaft
hat auch die europäische Plastikstrategie, deren Ziel es ist, die ständige Vermehrung von
Plastikmüll drastisch einzudämmen.
Geld nachhaltig anlegen und raus aus den Fossilen
Wir setzen uns dafür ein, Investitionen in fossile Brennstoffe zu stoppen – und sind damit
Teil der internationalen Divestment-Bewegung. Statt aus dem Raubbau an unserem Planeten
Profit zu ziehen, wollen wir in den Klimaschutz finanzieren. Das ist auch finanziell
sinnvoll, da die internationale Energiewende dazu führen wird, dass Investitionen in Kohle,
Öl und Gas mittelfristig abgeschrieben werden müssen. Grüne in Ländern und Kommunen haben es
vorgemacht: Auf ihren Antrag hin werden die Kommunal- und Landesfinanzen nachhaltig
ausgerichtet.
Der ökologische Umbau braucht massive Investitionen, die finanziert werden müssen. Heute
wird immer noch viel Kapital in alten fossilen Technologien angelegt. Das ist nicht nur ein
ökologisches Problem, sondern gefährdet auch die Stabilität der Finanzmärkte und die
Altersvorsorge der Menschen. Wir wollen Finanzmärkte, die nicht in die Vergangenheit,
sondern in die Zukunft investieren. Nachhaltige Kapitalanlagen sind dazu ein Wachstumsmarkt,
der den Finanzplatz Europa stabiler und zukunftsfähig macht.
Grüne Anleihen wollen wir europaweit stärken und eine einheitliche Klassifizierung schaffen.
Wir fordern eine Richtlinie für ökologische Transparenz am Finanzmarkt, damit Anleger
wissen, wie ökologisch ihre Geldanlage ist. Wir wollen ein europäisches „Green Finance
Label“ für Investitionen und Anlagen einführen, die die höchsten Nachhaltigkeitskriterien
erfüllen. Außerdem wollen wir ökologische und soziale Ziele in der
Unternehmensberichterstattung verpflichtend machen und ein unabhängiges Siegel für
nachhaltige Geldanlagen einführen.
Der Staat ist selbst ein sehr großer Nachfrager von Gütern. Zukünftig wollen wir auch das
öffentliche Beschaffungswesen an verbindliche ökologische, soziale und Fairtrade-Kriterien
knüpfen. Damit schaffen wir einen gewaltigen Markt für Unternehmen, die ökologisch und
sozial wirtschaften. Staatliche Subventionen für klimaschädliches Wirtschaften wollen wir
abschaffen.
Wir wollen die Mittel des Zukunftsfonds im EU-Haushalt für die soziale und ökologische
Modernisierung der europäischen Wirtschaft und Infrastruktur nutzen und vor allem kleinen
und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk den Zugang zu europäischen Förderprogrammen für
energie- und ressourceneffiziente Produktion erleichtern. Im EU-Haushalt müssen bereits 100 Milliarden Euro unter "Klimaschutz" verbucht werden - in der Praxis besteht diese große Summe z.B. aus den ökologisch schädlichen Agrarsubventionen oder der Förderung der Dieseltechnologie. Wir wollen, dass diese Gelder nur noch für die Förderung von Erneuerbaren Energien in allen Sektoren, Energieeffizienz und den Aufbau von Kohlenstoffsenken, wie z.B. Aufforstung oder nachhaltigen Holzbau verwendet werden. Es darf keine Subventionen für fossile oder atomare Energieerzeugung mehr geben.
Wirtschaftspolitik richtet sich oft nur an profitorientierten Unternehmen aus. Dabei werden
Chancen vertan, die Genossenschaften und soziale Unternehmen bieten. Wir wollen eine
Strategie der EU zur Förderung der Gemeinwohlökonomie. Sie soll künftig in die
Unternehmensberichterstattung und in EU-Förderprogramme integriert werden. Unternehmen mit
Gemeinwohlorientierung sollen durch eine anerkannte Kennzeichnung gestärkt und bei
öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- das Anlegen öffentlicher Gelder in nachhaltigen Geldanlagen (Divestment),
- ein nachhaltiges Finanzsystem und ökologisch transparente Geldanlagen,
- eine Stärkung der Gemeinwohlökonomie.
1.4 Natur und Umwelt schützen
Sauberes Wasser, reine Luft, gesunde Böden und intakte Landschaften bilden unsere
Lebensgrundlagen. Aber diese sind bedroht. Der ehemals große Reichtum an Tieren, Pflanzen
und Lebensräumen schwindet täglich. Lebensräume gehen verloren, Arten sterben aus. Auf den
Wiesen und in den Wäldern wird es stiller, es brummt, summt und zwitschert immer weniger:
Die Vogelpopulation in Deutschland hat sich in den letzten 30 Jahren halbiert, die Anzahl
von Insekten ist seit 1989 um bis zu 80 % zurückgegangen. Rund ein Drittel der bei uns
heimischen Arten sind bedroht, darunter viele Bienen. Auch in anderen europäischen Ländern
sieht die Situation nicht viel besser aus.
Wir setzen unsere ganze Kraft dafür ein, den negativen Trend beim Artensterben zu stoppen.
Wir wollen eine artenreiche und intakte Natur erhalten und dort wiederherstellen, wo sie
bereits Schaden genommen hat. Das bedeutet auch, dass wir Natura-2000-Gebiete verteidigen,
verbessern und Schutzgebiete wo möglich vergrößern.
Die EU, und damit ihre Mitgliedstaaten, hat sich im Rahmen der Vereinten Nationen
verpflichtet, den Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume bis 2020
aufzuhalten – und wird diese Ziele voraussichtlich deutlich verfehlen. Wir fordern daher,
umgehend eine ambitionierte europäische Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt für
den Zeitraum nach 2020 und ein Nachfolgeprogramm für das 7. Umweltaktionsprogramm zu
erarbeiten. Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir darin als neue
Leitprinzipien verankern.
In den letzten Jahren war es immer wieder die Europäische Union, die im Bereich der Umwelt-
und Naturschutzgesetzgebung Druck gemacht hat. Und es waren die nationalen Regierungen, die
sie verwässert oder nicht erfüllt haben. Dann sanktioniert die EU: Um einen der letzten
intakten Urwälder in Europa zu retten, hat der Europäische Gerichtshof die polnische
Regierung durch Androhung von Strafzahlungen gezwungen, die Abholzung des Białowieża-Waldes
zu stoppen. Ebenso hat die EU Deutschland aufgrund der zu hohen Nitratwerte in unserem
Wasser verurteilt.
Die gute gesetzliche Grundlage beim europäischen Umwelt- und Naturschutz muss von der EU-
Kommission und den Mitgliedstaaten umfassend umgesetzt werden. Hierzu sind auf allen Ebenen
personelle und finanzielle Kapazitäten zu schaffen. Außerdem muss die EU-Kommission ihre
Rolle als Hüterin der Verträge und des EU-Rechts ernst nehmen und hierfür Verstöße gegen das
europäische Umweltrecht konsequent durch Vertragsverletzungsverfahren ahnden.
Umweltschädliche Subventionen wollen wir abbauen und den Naturschutz besser finanzieren.
Außerdem wollen wir transeuropäische grüne Korridore für Biotope vorantreiben. Um
Lebensgrundlagen in der EU zu erhalten, braucht es eine intakte Natur. Dafür fördern wir
mehr Wildnisflächen: Möglichst bis 2030 wollen wir die Wildnisflächen in Europa verdoppeln.
Dafür muss Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und sein beschlossenes Ziel von 2 %
Wildnis bis 2020 umsetzen. Doch all das bringt uns nur voran, wenn wir das mit einer
Agrarwende, weniger Pestiziden auf den Feldern und mehr ökologischem Landbau verbinden.
Für Umwelt- und Tierschutzverbände wollen wir ein volles Verbandsklagerecht schaffen, damit
der Umweltschutz gegenüber kurzfristigen Industrieinteressen gestärkt wird. Wir wollen die
Entscheidungsprozesse demokratisieren, indem wir die Bürgerbeteiligung stärken und
Lobbyismus regulieren.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- den Schutz einzigartiger Kulturlandschaften und Urwälder in Europa,
- grenzüberschreitende Biotope,
- eine bessere Naturschutzfinanzierung,
- ein Verbandsklagerecht für Umwelt- und Tierschutzorganisationen
1.5 Die Landwirtschaft so verändern, dass sie unsere Lebensgrundlagen bewahrt
Wir streiten und werben für eine vielfältige, nachhaltige, regional verankerte, bäuerliche
Landwirtschaft, die Natur und Tiere schont und gesundes Essen für uns alle erzeugt. Wir
wollen eine konsequente Neuausrichtung hin zu einer europäischen Agrar- und
Ernährungspolitik, die im Einklang ist mit den europäischen Zielen in der Klima-, Umwelt-,
Verbraucher- und Entwicklungspolitik. Zudem möchten wir die vielfältigen Kulturlandschaften
in Europa und lebendige ländliche Räume mit zukunftsfesten Betrieben erhalten. Deswegen
streiten wir für die europäische Agrarwende: für den Aufbau einer nachhaltigen
Lebensmittelproduktion, die sowohl eine gesunde Ernährung sichert als auch hohen Umwelt- und
Tierschutzstandards genügt und faire Preise für die Landwirt*innen erzielt.
Zusammen mit Landwirt*innen und Umweltverbänden haben wir schon viel erreicht: Immer mehr
Verbraucher*innen in der EU wollen gesunde, ökologisch und regional produzierte
Lebensmittel. Daher ist Bio-Landbau längst ein fester Bestandteil der europäischen
Landwirtschaft geworden. Genauso setzen sich immer mehr Menschen in der EU mit uns für
bessere Tierhaltung und mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft ein, wie zuletzt die
europäische Bürgerinitiative gegen Glyphosat gezeigt hat. Doch der Handlungsdruck bleibt
groß.
Durch intensive Landwirtschaft und Monokulturen gehen noch immer europaweit fruchtbare Böden
verloren, das Artensterben geht ungebremst weiter, der Pestizideinsatz ist ungemindert hoch
und industrielle Tierhaltung degradiert Tiere zu Rohstoffen. Die Landwirtschaft, eine der
Hauptbetroffenen der Klimakrise, ist selbst für einen nicht geringen Anteil des Ausstoßes
klimaschädlicher Gase und damit mit für die Erderhitzung verantwortlich.
Es ist höchste Zeit, eine Agrar- und Ernährungspolitik zu entwickeln, die die europäische
Landwirtschaft zukunftsfähig macht. Der Schutz von Klima, Boden, Wasser, Artenvielfalt und
Tierwohl steht im Mittelpunkt dieser neuen Landwirtschaftspolitik. Die europäische
Agrarpolitik sollte dazu beitragen, dass die Konsum- und Produktionsstrukturen in Europa
nicht die natürlichen Ressourcen und die Lebensgrundlagen bei uns in Europa und in sich
entwickelnden Ländern zerstören, indem EU-Agrarprodukte zu Dumpingpreisen die Märkte
Afrikas, Asiens und Lateinamerikas überfluten. Vielmehr muss sie dazu beitragen, dass die
bäuerliche Landwirtschaft in Europa erhalten wird und die nachhaltigen Entwicklungsziele
erreicht werden.
Qualität statt Masse – Neuausrichtung der Agrarförderung
Um die europäische Landwirtschaft an die gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen,
muss sich vor allem die EU-Agrarförderpolitik grundlegend ändern. Immer noch kommt der
größte Teil der bisher knapp 60 Milliarden Euro, mit denen die Landwirtschaft jährlich
subventioniert wird, insbesondere großen Betrieben zugute und fördert so Umweltzerstörung,
Industrialisierung und Exportorientierung. Die Mittel belohnen zudem pauschal Bodenbesitz.
Eine neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dagegen muss Leistungen der Landwirtinnen und
Landwirte für das Gemeinwohl fördern und ihnen so Alternativen zum Prinzip „wachse oder
weiche“ eröffnen. Der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, eine artgerechte und eine
flächengebundene Tierhaltung würden dann gezielt unterstützt. Betriebe, die weniger oder gar
keine Pestizide einsetzen, unser Wasser sauber halten, würden also deutlich mehr Förderung
bekommen als industriell wirtschaftende Betriebe. Nur mit dem Prinzip „öffentliches Geld für
öffentliche Leistung“ lassen sich die hohen Zahlungen noch rechtfertigen.
Die Vorgaben für diese Leistungen müssen auf EU-Ebene definiert werden, damit die
Mitgliedstaaten nicht um den niedrigsten Standard konkurrieren. Voraussetzung für jedwede
Förderung ist das Einhalten von Umweltstandards, die ebenfalls für alle Mitgliedstaaten auf
EU-Ebene festgelegt werden müssen. Im Rahmen der GAP fordern wir einen 15 Milliarden Euro
schweren Naturschutzfonds.
Landspekulationen und Aufkauf von Land eindämmen
Landgrabbing, das heißt das Aufkaufen von landwirtschaftlichen Flächen als
Investitionsobjekten durch Kapitalanleger und Staaten, sowie eine verzerrende
Strukturpolitik bedrohen die vielfältige, solide und nachhaltige bäuerliche
Landwirtschaftsstruktur, auch in Europa.
Bäuerliche Betriebe sollen vor Agrarkonzernen und Bodenspekulation geschützt werden, etwa
durch verpflichtende Obergrenzen für Agrarzahlungen pro Nutznießer (und nicht nur pro
Tochterunternehmen), mehr Geld für die ersten Hektare, um kleine und mittlere Betriebe zu
unterstützen, Einstiegserleichterungen für Neugründungen, Transparenz der
Eigentumsverhältnisse, Monitoring der Preise und des Zustands des Bodens durch eine
europäische Beobachtungsstelle. Landwirtschaftlicher Boden ist ein öffentliches Gut und muss
vor Spekulationen geschützt werden.
Trinkwasser und Gewässer schützen
Wasser ist ein kostbares Gut, das geschützt werden muss. Der Zugang zu sauberem Wasser ist
ein Menschenrecht. Doch fast 2 Millionen Menschen in Europa haben keinen ordentlichen Zugang
zu Trinkwasser oder sanitärer Versorgung. Die Klimaerhitzung verschärft diese Situation. In
südlichen Ländern wie Spanien, Italien oder Griechenland wird Wasser bereits zu einem immer
knapperen Gut. Unsere Art zu konsumieren und zu wirtschaften verschwendet und verschmutzt
Wasser zu leichtfertig. Um das Menschenrecht auf Wasser in der EU zu verankern, gründete
sich 2012 die Europäische Bürgerinitiative Right2Water, die wir von Anfang an unterstützt
haben. Knapp 1,7 Millionen Europäerinnen und Europäer aus 13 EU-Mitgliedstaaten trugen diese
erste erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative. Wir werden uns weiterhin jedem Versuch
entgegenstellen, die öffentliche Wasserversorgung zum Investitionsobjekt für internationale
Unternehmen zu machen.
Unser Leitbild sind lebendige Flüsse und Seen in Europa, die in einem guten ökologischen
Zustand sind. Gesunde Gewässer sind besonders wertvolle Ökosysteme, denn sie garantieren
Artenreichtum. Doch davon sind wir in vielen Teilen Europas noch meilenweit entfernt.
Deshalb setzen wir uns vehement für eine ambitionierte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
ein und werden diese durch entsprechende Leitfäden konkretisieren. Außerdem wollen wir den
Antibiotikaeinsatz, eine Gülleüberproduktion und den Einsatz gefährlicher Pestizide in der
Landwirtschaft weiter zurückdrängen.
Insekten- und Vogelsterben aufhalten – Glyphosat vom Acker!
Die industrielle Landwirtschaft ist eine Hauptursache für das Artensterben. Wichtige
Lebensräume für Tiere und Pflanzen gehen durch Ackergifte, Überdüngung, Monokulturen,
intensive Landnutzung und fehlende Wildnis verloren.
Wir reduzieren den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft drastisch, indem wir die
giftigsten Pestizide sofort verbieten – darunter auch alle Neonikotinoide, denn sie schaden
unseren Insekten und Bienen massiv. Für das Ende des Totalherbizids Glyphosat setzen wir uns
weiterhin mit aller Kraft ein – und machen Druck auf die Bundesregierung, die schon einmal
auf europäischer Ebene für die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung gestimmt hat. Die
Zulassungsverfahren für Pestizide wollen wir auf Basis eines gestärkten Vorsorgeprinzips
reformieren und das zugrunde liegende Wissenschaftsprinzip transparenter machen. Es braucht
dringend eine unabhängige Risikobewertung sowie strenge Kontrollmechanismen.
Fischbestände schützen
Wir machen uns stark für eine nachhaltige EU-Fischereipolitik, die dafür sorgt, dass unsere
Meere geschützt und Fischarten nicht überfischt werden. Nur die nachhaltige Bewirtschaftung
von Fischbeständen gibt der Fischerei eine Zukunft. Um der katastrophalen Plünderung der
Meere und der Fischbestände Einhalt zu gebieten, reichen kosmetische Korrekturen der EU-
Fischereipolitik nicht aus. Fangquoten müssen verbindlich an wissenschaftlichen Kriterien
ausgerichtet werden, statt rein politisch festgelegt zu werden. Die Tiefseefischerei und
besonders umweltschädliche Fangmethoden wollen wir gänzlich verbieten. Die EU soll
bestehende Meeresschutzgebiete ausweiten, neue schaffen und die Gebiete effektiv sichern.
Tierwohl stärken
Gerade angesichts der Klimakrise brauchen wir eine Abkehr von den großen Tierbeständen.
Neben den ökologischen Problemen wird schlicht die Futtergrundlage zu knapp. Deshalb sollten
alle Förderungen daran gekoppelt werden, dass die Anzahl der Tiere pro Fläche begrenzt wird.
Ein Betrieb sollte also nur so viele Tiere haben, wie er mit dem Ertrag seiner Flächen
grundsätzlich ernähren kann.
Viel zu häufig konkurrieren die EU-Länder um die niedrigsten Preise und reduzieren so die
Tierschutzstandards. Wir wollen hingegen, dass die EU alle Tiere durch neue Gesetzgebung und
ordnungsgemäße Durchführung bestehender Regelungen schützt.
Je weniger Tiertransporte, desto besser für die Tiere. Falls Transporte nicht vermieden
werden können, müssen sie so unstrapaziös wie möglich sein. Daher fordern wir, dass Tiere
verpflichtend zu einem nahe gelegenen Schlachthof gebracht werden müssen – statt zu dem, der
am billigsten arbeitet. Tiertransporte für Schlachttiere wollen wir auf maximal vier Stunden
begrenzen. Wir wollen regionale Schlachtstätten und mobile Schlachteinrichtungen fördern
sowie regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen aufbauen, um eine Infrastruktur
für regionale, tierschutzkonforme Schlachtung zu schaffen.
Exporte lebender Schlachttiere in Länder außerhalb der EU sowie jede Form von Klonen und
Qualzucht wollen wir verbieten. Das Verbot von Tierversuchen in der Kosmetik muss konsequent
umgesetzt und auf weitere Produkte ausgeweitet werden. Zusätzlich benötigen wir eine
Förderung für die Erforschung von Alternativen. Auch Straßentiere müssen in Europa ein
würdiges Leben haben. Wir fordern ein Ende der Tötung von streunenden Katzen und Hunden.
Stattdessen müssen öffentliche und private Maßnahmen der Geburtenkontrolle, etwa die
Kastration, gestärkt werden.
Wildtiere wollen wir besonders schützen. Hierfür sind internationale Arten- und
Naturschutzabkommen konsequent umzusetzen. Wir wollen illegalen Wildtierhandel in Europa
bekämpfen und den Import von Wildfängen in die EU verbieten.
Landwirtschaftliche Ökosysteme stärken – Gentechnik konsequent regulieren
Eine andere Landwirtschaft bedeutet auch anders anzubauen – gerade im Lichte der
Klimaauswirkungen. Das Potenzial verschiedenster Anbaumethoden, robuste landwirtschaftliche
Ökosysteme zu bilden – über Push-and-Pull-Techniken und Permakultur bis zu
Agroforstsystemen –, ist riesig, ebenso wie das Potenzial ökologischer Anbautechniken,
widerstandsfähig gegenüber Krankheiten, Trockenheit, Versalzung, Vernässung zu sein. Dieses
Potenzial ist aber in Europa nur in Ansätzen erforscht. Wir fordern daher eine deutlich
stärkere Forschungsförderung in diesem Bereich. Denn aktuell werden agrarökologische
Methoden – zu denen auch der zertifizierte Ökolandbau gehört – in Europa und weltweit nur
mit einem Bruchteil der finanziellen Mittel erforscht und weiterentwickelt, die
konventionelle und gentechnische Ansätze erhalten.
Wir Grünen lehnen seit vielen Jahren die Agrogentechnik ab, anders als Gentechnik im
medizinischen Bereich und bei der industriellen Produktion. Die großen Probleme, die Länder
wie die USA oder Argentinien als Folge des Einsatzes von Gentechnik haben – wie ein massiver
Einsatz von Totalherbiziden wie Glyphosat, Superunkräuter, Gefährdung landwirtschaftlicher
Vielfalt, die große Monopolmacht der Agrarkonzerne sowie die eingeschränkte
Verbraucherfreiheit –, unterstreichen, wie wichtig diese Ablehnung war und ist.
Daher ist es essenziell, dass das Vorsorgeprinzip entsprechend der Entscheidung des EUGH
auch gegenüber neuen Verfahren in der Gentechnik europaweit angewandt wird. Weil
gentechnische Veränderungen nicht rückholbar sind, muss sichergestellt werden, dass keine
Organismen freigesetzt werden, die Schaden anrichten. Ob die Probleme, die es bei der
herkömmlichen Gentechnik gibt, bei neuen gentechnischen Verfahren wie CRISPR/Cas zum Tragen
kommen, muss in jedem einzelnen Zulassungsverfahren im Sinne des europäischen
Vorsorgeprinzips geklärt werden.
Der Einsatz von Gentechnik ist aber nicht nur eine Frage der gesetzlichen Zulassung, sondern
vielmehr eine Frage der Ethik und der gesellschaftlichen Akzeptanz. Deshalb muss der weitere
Umgang mit neuen gentechnischen Verfahren breit gesellschaftlich diskutiert werden.
In diesem Zusammenhang halten wir es auch grundsätzlich für höchst problematisch, dass bei
der finalen Zulassung einzelner Konstrukte der Ständige Ausschuss und die Mitgliedstaaten
ohne das Europäische Parlament entscheiden. Das können wir so nicht akzeptieren. Wir Grünen
werden uns dafür einsetzen, dass das Parlament bei dieser Entscheidung angemessen beteiligt
und gehört wird.
Eine klare Kennzeichnung von Gentechnik ist zentral. Auch Produkte von Tieren, die mit
gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, müssen als solche gekennzeichnet
werden.
Für den Schutz des gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Landbaus ist ein
Standortregister nach wie vor unverzichtbar. Die Regelungen zur gesamtschuldnerischen
Haftung sind entsprechend so zu gestalten, dass Mehrkosten und Aufwand, der für den
konventionellen, gentechnikfreien und ökologischen Landbau entsteht, den Nutzern von Sorten,
die mit neuer Gentechnik hergestellt wurden, angerechnet werden.
Keine Patente auf Saatgut, Pflanzen und Leben – Klonen, nein danke!
Das zentrale Problem beim Herumexperimentieren am Saatgut ist dessen Patentierbarkeit. Sie
führt zu immer größeren Monopolen der Agrarkonzerne. Landwirte werden damit abhängig
gemacht, gerade in den Entwicklungsländern mit fatalen Folgen. Problematisch ist zudem, dass
Pestizide bei gentechnisch veränderten Pflanzen häufig eingesetzt werden und die
Wahlfreiheit der Verbraucher*innen unterlaufen wird.
Der entscheidende Kampf ist daher der um ein Verbot von Patenten auf Saatgut und Leben
insgesamt. Züchtung muss, wie seit Jahrtausenden, ein Open-Source-System bleiben. Das Recht
auf Nahrung ist ein Menschenrecht und damit darf es keine Patente auf Pflanzen und auf Tiere
geben.
Zugleich fordern wir ein dauerhaftes Verbot des Klonens in der EU. Den Import von Klonen
sowie von Produkten von deren Nachkommen lehnen wir ab. Es kann nicht sein, dass Milch und
Fleisch von Nachkommen von Klontieren ungekennzeichnet auf den europäischen Markt kommen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- eine Ausrichtung der europäischen Agrarpolitik an ökologischen Kriterien,
- sauberes Wasser in ganz Europa,
- ein Verbot von Glyphosat und giftigen Pestiziden,
- eine EU-Fischereipolitik, die unsere Fischbestände erhält,
- konsequente Regulierung und Transparenz bei Gentechnik ein Verbot von Patenten auf
Saatgut, Pflanzen und Tiere.
1.6 Europa vom Plastikmüll befreien
Unser Ziel ist ein Europa ohne Plastikmüll, mit sauberen Meeren, einem reichhaltigen
Fischbestand und einer Natur ohne Müll. Die Realität sieht bedrückend anders aus: In den
Ozeanen schwimmen Plastikmüllteppiche von der Größe Mitteleuropas. Auch unsere Flüsse und
Böden leiden unter der zunehmenden Vermüllung. Wenn wir jetzt nicht radikal umsteuern, wird
es 2050 mehr Plastik als Fische im Meer geben. Inzwischen findet sich Mikroplastik sogar in
der Arktis und im Gletschereis – obwohl dort nahezu keine Menschen leben.
Ein erster Schritt dagegen ist ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und
Pflegeprodukten. Denn Mikroplastik schadet nicht nur den Fischen, sondern kann
möglicherweise auch für unsere Gesundheit schädlich sein. Mikroplastik wurde schon in Salz,
Bier und Mineralwasser nachgewiesen. Welche giftigen Plastikzusätze wir dadurch zu uns
nehmen, weiß bisher niemand genau. Auch für das Klima ist Mikroplastik schlecht. Denn durch
den Zerfall in immer kleinere Partikel wird Methan freigesetzt – das wiederum zur Erhitzung
unserer Erde beiträgt.
Plastikflut eindämmen
Das Importverbot für Plastikmüll, das China Anfang 2018 verhängt hat, beweist, welch
riesiges Problem wir haben. Allein aus Europa importierte China rund 1,5 Millionen Tonnen
Plastikmüll pro Jahr. Seither müssen die Mitgliedstaaten ihre Müllberge selbst in die Hand
nehmen.
Um die zunehmende Plastikflut einzudämmen, brauchen wir anspruchsvolle Minderungsziele für
Plastikabfälle und höhere Recyclingquoten. Bis 2030 müssen wir unseren Verpackungsabfall in
der EU um 50 % reduzieren. Außerdem darf es nicht sein, dass Plastikmüll weiterhin deponiert
wird. Das wollen wir ändern. Ab 2030 müssen alle in der EU in den Verkehr gebrachten
Kunststoffprodukte wiederverwendbar oder komplett abbaubar sein oder kosteneffizient
recycelt werden können.
Plastik ist nicht per se schlecht. Für viele Einsatzgebiete, etwa in der Medizin, ist
Plastik ein wichtiger und sinnvoller Werkstoff. Problematisch ist die zunehmende Verwendung
von Plastik für Einweg- und Wegwerfprodukte. Denn als langlebiges Produkt darf Plastik nicht
in erster Linie für wenige Minuten verwendet werden, wie das beispielsweise bei Trinkhalmen
der Fall ist. Da, wo es Alternativen gibt, müssen sie auch genutzt werden. Die Europäische
Kommission hat dieses Problem in ihrer Plastikstrategie aufgegriffen und unter anderem ein
Verbot von Wegwerfprodukten aus Plastik wie Wattestäbchen, Plastikgeschirr und auch
Trinkhalmen angestoßen. Das ist ein guter erster Ansatz, reicht jedoch noch nicht, um den
Massen an Einwegplastik umfangreich Einhalt zu gebieten.
Zudem braucht es eine EU-weite Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte. Eine solche Abgabe bietet
den Anreiz, Verpackungsmüll zu reduzieren, indem die Rohstoffe verteuert werden. Zugleich
kann dadurch der Anteil von recyceltem Plastik gesteigert werden. Erdöl und Erdgas zur
Produktion von Kunststoffen dürfen nicht subventioniert werden. Die Besteuerung von Plastik
muss in eine umfassende und ambitionierte Strategie zur Einsparung und Vermeidung von
Plastik, zur Steigerung des Mehrweganteils und für besseres Produktdesign eingebettet
werden. Dazu gehört auch, die Forschung und Entwicklung von alternativen Materialien
auszubauen.
Recycling stärken
Wir wollen das Recycling von Plastik stärken. Auch hier bietet die Plastikstrategie der EU-
Kommission einen guten Ansatz, der jedoch erweitert werden sollte. Die Recyclingkapazitäten
in der EU müssen massiv ausgebaut werden. Dazu brauchen wir ein ökologisches und
recyclingfreundliches Produktdesign. Die Verpackungsindustrie muss hierzu ihren Beitrag
leisten. Denn immer mehr Verpackungen setzen sich aus vielen unterschiedlichen Materialien
zusammen – was die Recyclingfähigkeit einschränkt.
Getränkeflaschen sind ein Alltagsprodukt aus Plastik. Doch während wir in Deutschland ein
funktionierendes Mehrwegsystem haben, besteht auf europäischer Ebene noch Handlungsbedarf.
Qualitativ hochwertige Plastikflaschen können rund 40 Mal wieder befüllt werden. Das ist
wesentlich ökologischer als Einmalflaschen, die direkt in den Müll wandern. Unser Ziel ist
eine Mehrwegquote in der EU. Deutschland, Österreich und Portugal sind hier schon sehr viel
weiter als andere Mitgliedstaaten. Daher muss eine solche Quote zunächst gestaffelt
aufgebaut werden, um allen die gleichen Chancen zu geben. Für Einweggetränkeflaschen
brauchen wir ein EU-weit einheitliches Pfandsystem. Denn gerade diese Wegwerfprodukte
vermüllen unsere Landschaften, Strände und Meere.
Mit einer ambitionierten Strategie für ein plastikmüllfreies Europa können wir Vorbild sein.
Die Europäische Union muss sich aber auch für eine internationale Plastikkonvention unter
dem Dach der Vereinten Nationen einsetzen. Schließlich kennt Plastikmüll keine Grenzen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten,
- eine europäische Plastiksteuer,
- verbindliche Mehrwegquoten,
- ein EU-weit einheitliches Pfandsystem für Einweggetränkeflaschen.
weitere Antragsteller*innen
- Philipp Schmagold (Kiel KV)
- Tobias Balke (Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf KV)
- Marcel Kühle (Mainz KV)
- Nina Röckelein (Konstanz KV)
- Horst Schiermeyer (Görlitz KV)
- Rosa Domm (Hamburg-Eimsbüttel KV)
- Werner Weindorf (München KV)
- Gideon Müller (Berlin-Tempelhof/Schöneberg KV)
- Jutta Paulus (Neustadt-Weinstraße KV)
- Jannick Frank Roller (Freiburg KV)
- Andreas Rieger (Dahme-Spreewald KV)
- Michael Kruse (Bremen-Nordost KV)
- Anna Leidreiter (Segeberg KV)
- Carl Ulrich Gminder (Reutlingen KV)
- Timo Klöpper (Peine KV)
- Malte-Jannik Krüger (Steinburg KV)
- Bernd Frieboese (Berlin-Reinickendorf KV)
- Niclas Ehrenberg (Düsseldorf KV)
- Andrea Piro (Rhein-Sieg KV)
- Mario Hüttenhofer (Konstanz KV)
Fehler:Du musst dich einloggen, um Änderungsanträge stellen zu können.
Von Zeile 52 bis 60 (EP-W-01: Kapitel 2: Stärken, was uns zusammenhält: die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion vertiefen):
Regierungen im Wesentlichen darauf, dass sie den Anteil ihres Landes am gemeinsamen Budget wieder zurückerstattet bekommen. Dabei profitieren von erstklassiger Forschung in Sofia auch Firmen in Amsterdam, und von der Finanzstabilität in Finnland haben auch Bankkund*innen in Spanien etwas. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass sich die Anstrengungen der EU in Zukunft so stark wie möglich auf europäische Gemeingüter konzentrieren und der Haushalt entsprechend ausgerichtet wird. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 % des europäischen Bruttoinlandsproduktes, damit die Europäische Union die ihr übertragenen Aufgaben sachgerecht erfüllen kann. In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellen erschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Dabei bieten gemeinsame Projekte, gemeinsame Beschaffung oder das Zusammenlegen von 28 Behörden auch erhebliche Einsparpotentiale. Wir sprechen uns dafür aus, den EU Haushalt deutlich zu vergrößern, damit zum Beispiel die Sozial- oder Energieunion adäquat finanziert werden und automatische Stabilisatoren die Wirtschafts- und Währungsunion gegen Krisen absichern. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts, damit die Europäische Union die ihr bereits heute übertragenen Aufgaben sachgerecht erfüllten kann. Wenn die europäische Ebene nach und nach mehr Verantwortung übernehmen soll, dann muss das Volumen des EU-Finanzrahmens entsprechend mit den zu erfüllenden Aufgaben wachsen.In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellenerschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU sollte an die Legislaturperiode des Europäischen Parlaments angeglichen werden und nicht länger davon unabhängig in 7-Jahres-Zyklen verabschiedet werden. Wir wollen die gesamten Einnahmen und Ausgaben des Mehrjährigen Finanzrahmens an übergeordneten Politikzielen und internationalen Vereinbarungen ausrichten wie den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Klimaabkommen. Mit einem verpflichtenden Nachhaltigkeits-Check wollen wir anhand von fest definierten Nachhaltigkeitskriterien die einzelnen Haushaltslinien darauf hin prüfen, ob sie einen Beitrag dazu leisten, diese Ziele zu erreichen. Ein erheblicher Teil des EU-Haushaltes muss für die aktive Bekämpfung der Klimakatastrophe reserviert werden und darf nicht in fossile Energien fließen.
Jede*r Europäer*in soll sich frei entfalten können. Niemand wird zurückgelassen. Es geht
fair und gerecht zu. Diesen Anspruch haben wir an Europa. Alles in allem hat die Europäische
Union den Wohlstand auf dem Kontinent vergrößert. Aber Anspruch und Wirklichkeit passen
nicht zusammen. Die Lebensverhältnisse zwischen den Mitgliedstaaten, zwischen Nord und Süd,
Ost und West, klaffen auseinander. Genauso innerhalb der einzelnen Länder. Und die
ökonomische Globalisierung macht es immer schwieriger, soziale Gerechtigkeit zu
organisieren. Etwa wenn große Konzerne versuchen, Staaten gegeneinander auszuspielen, und
die Länder in einen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern und die niedrigsten Löhne geraten.
Oder wenn Unternehmen und Vermögende sich ihrer Verantwortung für das Gemeinwesen mehr und
mehr entziehen oder erst gar nicht stellen. Diese Situation wird nun noch verschärft, weil
die Digitalisierung die Art, wie wir leben und arbeiten, radikal verändern wird.
In den letzten Jahren und Jahrzehnten war in der Europäischen Union sowie in vielen
Mitgliedstaaten die Auffassung vorherrschend, dass die Ökonomie Vorrang vor dem Politischen
hat, dass Regeln und Eingriffe in den freien Markt schädlich sind, dass es nur vom Willen
und Vermögen des Einzelnen abhängt, ob sie oder er glücklich wird. Diese Auffassung war
blind für die gesellschaftlichen Voraussetzungen, die unsere Leben prägen und die es einigen
schwerer und anderen leichter machen. In der Folge ist die Schere zwischen Arm und Reich
weit auseinandergegangen. Vor allem die einseitige Sparpolitik während der Eurokrise hat in
einigen Ländern eine ganze Generation ihrer Zukunft beraubt und Europa gespalten. Das ist
ein ökonomisches, ein soziales Problem und ein demokratisches Problem: Zu viele leben in
Armut, zu viele sind verunsichert, wenden sich enttäuscht ab, verabschieden sich aus der
Gesellschaft.
Wenn wir diese Probleme lösen und mehr Sicherheit, Perspektive und Vertrauen geben wollen,
müssen wir europäisch handeln. Denn angesichts der globalen Herausforderungen, angesichts
der international agierenden Konzerne, die Unternehmenssitze und Produktionen je nach
Steuer- und Lohnhöhe verlagern können, stoßen die Nationalstaaten an ihre Grenzen. Aber ein
solidarisches Europa als gemeinsamer Wirtschaftsraum kann ihnen Paroli bieten und einen
Rahmen setzen.
Für eine europäische Politik brauchen wir aber einen anderen Geist: Politik muss wieder das
Heft des Handelns aufnehmen und wir müssen für Wohlstand, Freiheit und Gerechtigkeit für
alle kämpfen. Es gilt, dafür Geld in die Hand zu nehmen. Nicht mehr ein Europa des
Sparzwangs und der Neiddebatten, sondern eines, das in die Zukunft seiner Bürgerinnen und
Bürger investiert. Europa soll europäische öffentliche Güter, die für alle da sind, wie
Klimaschutz, innere und äußere Sicherheit, Finanzstabilität, Forschung, eine europäische
Infrastruktur für Kommunikation, Energie und Mobilität, schaffen und durch gemeinsame
Steuern solidarisch und gerecht finanzieren.
Wenn Europa Steuerdumping entschlossen bekämpft, kann es dafür sorgen, dass auch die großen
Unternehmen und alle Vermögenden ihren gerechten Beitrag zum Solidarsystem leisten. Zudem
möchten wir die Eurozone so umbauen und stabilisieren, dass sie bei Krisen umso fester
zusammensteht. Der Binnenmarkt soll so ausgestaltet werden dass er die Rechte von Umwelt,
Verbrauchern und Arbeitnehmer*innen umfassend schützt.
Europäischer Zusammenhalt heißt, allen Menschen in der EU soziale Rechte zu garantieren, sie
überall durchzusetzen und einklagbar zu machen. Gerade Jugendliche brauchen eine
Perspektive. Alle Menschen in der EU müssen sich auf faire Löhne und Arbeitsbedingungen, auf
einen Schutz vor Armut und Ausbeutung verlassen können. Gerade auch, wenn sie in
unterschiedlichen Ländern leben und arbeiten.
2.1 EU-Haushalt neu aufstellen
Europa muss in allen Mitgliedstaaten spürbar sein. Aber Europa gibt es nicht umsonst. Daher
ist für uns klar: Je mehr Aufgaben wir auf die europäische Ebene verlagern, umso mehr Mittel
müssen auch bereitgestellt werden.
Statt sich um die großen europäischen Zukunftsaufgaben zu kümmern, achten die nationalen
Regierungen im Wesentlichen darauf, dass sie den Anteil ihres Landes am gemeinsamen Budget
wieder zurückerstattet bekommen. Dabei profitieren von erstklassiger Forschung in Sofia auch
Firmen in Amsterdam, und von der Finanzstabilität in Finnland haben auch Bankkund*innen in
Spanien etwas. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass sich die Anstrengungen der EU in
Zukunft so stark wie möglich auf europäische Gemeingüter konzentrieren und der Haushalt
entsprechend ausgerichtet wird. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 % des
europäischen Bruttoinlandsproduktes, damit die Europäische Union die ihr übertragenen
Aufgaben sachgerecht erfüllen kann. In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellen
erschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Dabei bieten gemeinsame Projekte, gemeinsame Beschaffung oder das Zusammenlegen von 28 Behörden auch erhebliche Einsparpotentiale. Wir sprechen uns dafür aus, den EU Haushalt deutlich zu vergrößern, damit zum Beispiel die Sozial- oder Energieunion adäquat finanziert werden und automatische Stabilisatoren die Wirtschafts- und Währungsunion gegen Krisen absichern. Wir fordern einen EU-Haushalt in Höhe von 1,3 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts, damit die Europäische Union die ihr bereits heute übertragenen Aufgaben sachgerecht erfüllten kann. Wenn die europäische Ebene nach und nach mehr Verantwortung übernehmen soll, dann muss das Volumen des EU-Finanzrahmens entsprechend mit den zu erfüllenden Aufgaben wachsen.In dem Maße, wie die EU eigene Einnahmequellenerschließt, reduzieren sich die nationalen Beiträge.
Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU sollte an die Legislaturperiode des Europäischen Parlaments angeglichen werden und nicht länger davon unabhängig in 7-Jahres-Zyklen verabschiedet werden. Wir wollen die gesamten Einnahmen und Ausgaben des Mehrjährigen Finanzrahmens an übergeordneten Politikzielen und internationalen Vereinbarungen ausrichten wie den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Klimaabkommen. Mit einem verpflichtenden Nachhaltigkeits-Check wollen wir anhand von fest definierten Nachhaltigkeitskriterien die einzelnen Haushaltslinien darauf hin prüfen, ob sie einen Beitrag dazu leisten, diese Ziele zu erreichen. Ein erheblicher Teil des EU-Haushaltes muss für die aktive Bekämpfung der Klimakatastrophe reserviert werden und darf nicht in fossile Energien fließen.
Ab 2021 wird Großbritannien nicht mehr in den EU-Haushalt einzahlen. Die dadurch entstehende
Gesamtlücke im EU-Haushalt in Höhe von mindestens 12 Milliarden Euro muss geschlossen
werden. Auch Deutschland muss dafür seinen Anteil am EU-Budget angemessen erhöhen.
Heute wird das Geld der EU oftmals falsch ausgegeben. So bildet im jetzigen EU-Haushalt die
Gemeinsame Agrarpolitik der EU den zweitgrößten Posten. Diese wird aber der Anforderung,
eine nachhaltige, klimaschonende und für die Bäuer*innen auskömmliche Landwirtschaft und
damit lebenswerte ländliche Regionen zu fördern, nicht gerecht, weil sie die
Industrialisierung der Landwirtschaft und damit die Überproduktion besser vergütet. Die
Agrargelder sollen konsequent nach dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistung“
auf Klimaanpassung, Umweltschutz und Tierwohl umgestellt werden.
Wir wollen, dass die EU strukturschwache Regionen und die Entwicklung ländlicher Regionen
auch in Zukunft unterstützt. Ärmere Regionen wollen wir besonders fördern, um die
Lebensverhältnisse der Menschen in Europa einander anzunähern. EU-Mittel wollen wir
gezielter dort einsetzen, wo Zivilgesellschaft, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen
europäische Unterstützung brauchen. Außerdem wollen wir die Vergabe öffentlicher Aufträge
vereinfachen, gerade für Kommunen und für kleinere Projekte.
Eigene Einnahmen stärken die EU
Mit Steuern kann man steuern – und das sollten wir auch auf europäischer Ebene tun, statt
einfach jeden Mitgliedstaat einen Scheck nach Brüssel schicken zu lassen. Wer eine starke
Union will, muss ihr auch eigene Einnahmen geben.
Europa soll dort besteuern, wo es eine faire Besteuerung besser sicherstellen kann als die
Mitgliedstaaten. Die Wertschöpfung der großen digitalen Konzerne wie Google oder Facebook
ist häufig immateriell und keinem Land zuzuordnen. So schaffen es diese Unternehmen, sich
der Besteuerung ganz zu entziehen. Wir wollen mit einer am Umsatz orientierten Digitalsteuer
einen Teil dieser enormen Gewinne den europäischen Bürger*innen zugutekommen lassen.
Auch CO2, Plastik und den spekulativen Handel mit Finanzprodukten können wir leichter in
Europa besteuern und damit gleichzeitig die Einnahmen der Union verbessern. Mit der
Finanztransaktionssteuer beteiligen wir Spekulanten an der Finanzierung des europäischen
Gemeinwesens, und wir beschränken den sinnlosen und gefährlichen Hochfrequenzhandel, der
solide Unternehmen und unsere Altersvorsorge bedroht.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen leistungsfähigen EU-Haushalt für gemeinsame Aufgaben,
- starke eigene Einnahmen für eine handlungsfähige Union,
- eine Beteiligung des Finanzsektors und der digitalen Wirtschaft an der Finanzierung
öffentlicher Aufgaben.
2.2. In Europas Zukunft investieren
Europa hat eine schwere Wirtschaftskrise durchlebt, die immer noch schwelt. Ihre Folgen
bestimmen den Alltag vieler Menschen. Mehr als 15 Millionen Europäer*innen sind ohne Arbeit.
In Italien, Spanien und Griechenland ist mehr als jeder dritte junge Mensch arbeitslos. Das
Leben einer ganzen Generation wird von Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit geprägt.
Der harte Sparkurs als Konsequenz aus der Finanz- und Eurokrise hat die Lebensbedingungen
vieler Menschen massiv verschlechtert, die Krise in vielen Ländern verlängert und vertieft
und das Vertrauen in Europa unterminiert. Wir haben diese einseitige Sparpolitik,
vorangetrieben von Merkel und den europäischen Konservativen, immer abgelehnt. Nun ist es
Zeit für einen grundlegenden Kurswechsel.
Wir wollen massiv in Europas Zukunft investieren. Mit unserer Investitionsoffensive lösen
wir zwei Probleme. Wir schaffen Arbeit und eine wirtschaftliche Perspektive für alle
Europäer*innen. Gleichzeitig erneuern, erweitern und modernisieren wir unsere Infrastruktur.
Das ist die Voraussetzung für Wohlstand und Lebensqualität auch in der Zukunft.
Durch die Finanz- und Eurokrise sind sowohl öffentliche als auch private Investitionen stark
zurückgegangen. Bei den öffentlichen Investitionen haben wir in Europa noch nicht einmal das
Vorkrisenniveau wieder erreicht. Es ist ein Investitionsstau von erheblichem Umfang
entstanden. Auch die EU2020-Ziele sind noch lange nicht erreicht. So fehlen allein bei den
Ausgaben für Forschung und Entwicklung noch über 100 Milliarden Euro jährlich. Um den
Investitionsstau aufzulösen, müssen wir die Rahmenbedingungen für nationale Ausgaben so
gestalten, dass notwendige und nachhaltige öffentliche Investitionen stärker möglich sind.
Die Europäische Kommission hat hier in den letzten Jahren richtigerweise die Spielräume für
solche Investitionen erweitert.
Auch die privaten Investitionen sind zu niedrig und müssen gesteigert werden. Die
Europäische Investitionsbank leistet hier gute Arbeit bei der Finanzierung von kleinen
Unternehmen und Start-ups in Europa. Wir wollen sie weiter stärken. Der Europäische
Investitionsfonds für strategische Investitionen (EFSI) wurde temporär zur Krisenbewältigung
geschaffen. Er hat sich bewährt und sollte nicht wie ursprünglich geplant 2020 beendet
werden. Wir wollen ihn dauerhaft fortführen. Allerdings muss er seine Strategie ändern.
Bislang kam das Geld häufig nicht dort an, wo es am nötigsten gebraucht wird. Finanzierte
Projekte waren nicht zusätzlich, sondern wären auch ohne EFSI zustande gekommen. Zahlreiche
Investitionen waren nicht nachhaltig. Wir wollen, dass alle geförderten Investitionen
zusätzlich und nachhaltig sind. Die Förderschwerpunkte ökologische Effizienz und
Kreislaufwirtschaft müssen auch tatsächlich umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten sollen das
Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank erhöhen, damit diese den Fonds weiterführen
kann.
Klimaschutz, innere wie äußere Sicherheit, Finanzstabilität, Forschung in
Zukunftstechnologien, eine europäische Infrastruktur für Kommunikation, Energie und
Mobilität, soziale Absicherung – dies sind europäische Gemeingüter, in die wir auch
europäisch investieren wollen. So können wir die Energiewende in ganz Europa nur dann
vorantreiben und das Klima schützen, wenn wir in die Vernetzung der bestehenden Stromnetze
investieren und ein europäisches Netz schaffen. Denn nur so kann Windenergie von den
Niederlanden nach Österreich und Solarenergie von Spanien nach Polen transportiert werden.
Europa soll verbinden. An der Grenze aber endet die Bahnfahrt manchmal abrupt oder es wird
kompliziert. Mit einem europäischen Bahnnetz verbinden wir die Menschen von Neapel bis
Tallinn. Während das Internet weltweit läuft, wird in Europa die digitale Infrastruktur des
21. Jahrhunderts noch immer in nationalen Grenzen geplant und gebaut. Das ist
anachronistisch. Wir wollen in ganz Europa schnelles Internet schaffen. Und bei der
Forschung zu neuen Technologien wie zum Beispiel der künstlichen Intelligenz kann Europa nur
gemeinsam erfolgreich sein.
Europas Sicherheit in einer unübersichtlichen Weltlage lässt sich am besten gemeinsam
gewährleisten. Die Schaffung europäischer Strukturen in der Verteidigung kann Europa
sicherer und unabhängiger machen. Das spart langfristig auch viel Geld.
Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen
Junge Menschen sind die Zukunft Europas. Jugendliche brauchen überall in Europa eine
Perspektive. Die arbeitslosen Jugendlichen in Griechenland, Spanien und Italien sind auch
unsere Arbeitslosen. Wir wollen eine große Offensive für die Zukunft der europäischen
Jugend.
In der Theorie gibt es bereits eine europäische Jugendgarantie, die allen jungen Menschen
unter 25 Jahren innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos geworden sind oder ihre
Ausbildung abgeschlossen haben, ein qualitativ hochwertiges Angebot für einen Arbeitsplatz,
eine Fortbildung, einen Ausbildungsplatz oder ein Praktikum zusichert. Aber sie muss auch
funktionieren. Deswegen setzen wir uns für Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote von
hoher Qualität ein, die auskömmlich finanziert sind, beispielsweise angelehnt an die duale
Ausbildung in Deutschland.
Dazu gehört auch ein Programm der Europäischen Investitionsbank für zukunftsfähige Start-
ups, die überall in Europa von jungen Gründerinnen und Gründern auf den Weg gebracht werden.
Denn Länder mit leeren Kassen und Zombie-Banken können die Jugendgarantie nicht mit Leben
füllen. Spanische, griechische und italienische Jugendliche haben in ihren Heimatländern
derzeit oft keine Chance auf eine Arbeit, wenn sie in einem andern EU-Land einen Job finden
möchten. Auch dabei soll die EU ihnen helfen, damit könnte in Deutschland auch der
Fachkräftemangel bekämpft werden.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- Investitionen in Europas Infrastruktur, Klimaschutz, Energie und Mobilität,
- Stärkung von Gründerinnen und Gründern,
- Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit.
2.3 Die Eurozone vor künftigen Krisen schützen
Der Euro ist unsere gemeinsame Währung. Er wurde eingeführt, um Wohlstand zu schaffen und
dazu beizutragen, dass Europa noch enger zusammenwächst. Auch in unserem Alltag. Vieles
davon hat der Euro bereits eingelöst. Wo er versagt hat, liegt das an den
Konstruktionsfehlern der Währungsunion. Wir stehen zum Euro, doch wir wollen die
Währungsunion besser machen. Gerade die deutsche Bundesregierung hat das immer wieder
verhindert. Wir wollen die Zeit der Flickschusterei überwinden und einen Euro schaffen, der
die Europäer*innen zusammenführt.
Dieses Versprechen wurde in der Vergangenheit zu oft nicht eingelöst. Mit einer harten und
übertriebenen Sparpolitik wurden Finanz- und Eurokrise unnötig verlängert. Gleichzeitig
haben sich die Staats- und Regierungschef*innen, und allen voran die Bundesregierung, einen
schlanken Fuß gemacht und viel zu sehr auf die Europäische Zentralbank vertraut, die mit
niedrigen Zinsen und weitreichenden Maßnahmen die Kohlen aus dem Feuer holen musste. Das
darf nicht so bleiben.
Denn ein Exportland wie Deutschland, das am meisten vom Euro profitiert und in dem Millionen
von Arbeitsplätzen von einer stabilen Währung abhängig sind, hat nichts gewonnen, wenn wir
einen Haushalt mit schwarzer Null vorlegen, Europa aber vor die Hunde geht, weil die
Jugendarbeitslosigkeit antieuropäische Parteien stark macht. Die Eurozone muss also stabiler
und demokratischer werden. Das schließt ein, mehr als bisher auf Zusammenhalt und
Solidarität in der Eurozone zu setzen.
Eine stabile und demokratische Währungsunion hat drei wesentliche Elemente: Erstens müssen
wir in europäische Gemeingüter investieren und durch ihre Finanzierung wirtschaftlichen
Krisen entgegenwirken. Zweitens wollen wir die Bankenunion vollenden, damit einige
verantwortungslose Banken nie wieder die ganze Währung gefährden können. Und drittens wollen
wir die wichtigen Entscheidungen aus den Hinterzimmern holen und demokratischer Kontrolle
unterwerfen.
Euro stabilisieren – Haushalt für die EurozonePlus
Zu einem krisenfesten Euro gehört auch, dass sich alle Mitgliedstaaten an die gemeinsamen
Regeln halten, egal ob es um Haushaltsdefizite oder Leistungsbilanzüberschüsse geht. Die
deutsche Bundesregierung kritisiert gerne andere Länder, verstößt aber mit einem hohen
Leistungsbilanzüberschuss – das heißt, Deutschland exportiert mehr, als es importiert – seit
Jahren selbst gegen europäische Regeln. Eine nationale und doch europäische Antwort ist,
dass wir auch in Deutschland mehr investieren und gegen Lohndumping vorgehen. Das nützt der
Stabilität unserer Währung und macht die deutsche Wirtschaft zukunftsfähiger und sozialer.
Alle Mitgliedstaaten müssen mehr gemeinsame Verantwortung für die Stabilität des Euro
übernehmen. Die Europäische Zentralbank ist dafür nicht alleine verantwortlich. Deshalb
befürworten wir einen eigenen Haushalt für die Eurozone im Rahmen der allgemeinen EU-
Finanzen. Wir schaffen ein EurozonePlus-Budget, das in dem Maße aufwächst, wie sich die
beteiligten Mitgliedstaaten darauf einigen, darüber gemeinsame Aufgaben gemeinsam zu
finanzieren, die sie bisher national finanziert hatten. Solche europäischen Gemeingüter
wären zum Beispiel ein gemeinsames Eisenbahnnetz, ein europäisches Stromnetz für erneuerbare
Energien oder eine flächendeckende digitale Infrastruktur für Europa. Dieses EurozonePlus-
Budget soll möglichst im Rahmen des mittelfristigen Finanzrahmens für alle Mitgliedsländer
der Union offen sein. Es speist sich aus gemeinsamen konjunkturabhängigen Steuern.
Insbesondere wollen wir eine gemeinsame Unternehmenssteuer vorantreiben, die besonders
antizyklisch wirkt, Bürokratie für grenzüberschreitende Unternehmen abbaut und Steuerdumping
beendet. Deutschland und Frankreich sollten hier vorangehen. Durch ein so finanziertes
Budget werden Mitgliedstaaten in konjunkturell schwachen Zeiten entlastet. Das stützt die
Wirtschaft und bewahrt Arbeitsplätze. Der Haushalt für die Eurozone sollte verpflichtend für
alle Euroländer, aber offen für alle sein, daher „EurozonePlus“.
Zur Stabilisierung könnte auch eine ergänzende europäische Rückversicherung der nationalen
Arbeitslosenversicherungen beitragen.
Europa sollte künftige Krisen alleine lösen können. In der Eurokrise hat der internationale
Währungsfonds geholfen. Wir wollen einen europäischen Währungsfonds schaffen und im EU-Recht
verankern. Um zu verhindern, dass ein Land plötzlich durch Spekulation in eine tiefe Krise
schlittert, braucht es eine schnelle Reaktion. Dafür wollen wir eine kurzfristige
Kreditlinie schaffen, die schon präventiv wirkt. Das Europäische Parlament sollte das Recht
auf Information, Kontrolle und Miternennung der Direktorin bzw. des Direktors dieses
europäischen Währungsfonds erhalten. Die Entscheidungen über längerfristige Kredite aus dem
europäischen Währungsfonds würden aber trotzdem weiterhin bei den nationalen Parlamenten
liegen, solange das Geld dafür auch aus den nationalen Haushalten kommt.
Bankenunion vollenden für mehr Sicherheit
Ein krisenfester Euro bedeutet auch, dass keine Bank mehr die Stabilität unserer gemeinsamen
Währung gefährden können darf. Mit der gemeinsamen Bankenaufsicht bei der Europäischen
Zentralbank, mit den neuen Abwicklungsregeln, die die Gläubiger der Banken jetzt endlich zur
Kasse bitten, und mit dem gemeinsamen Abwicklungsmechanismus ist der Einstieg in die
Bankenunion geschafft. Doch einige Elemente fehlen noch immer, damit die neuen Regeln
wirksam angewandt werden können:
Erstens dürfen Banken nicht mehr zu Lasten der Steuerzahler gerettet werden. Dafür braucht
der gemeinsame Abwicklungsfonds eine Letztsicherung über den europäischen Währungsfonds. So
wird verhindert, dass er sich im Krisenfall als zu klein erweist und dann doch wieder die
Steuerzahler einspringen müssen.
Zweitens muss ein Euro überall gleich sicher sein, egal ob er bei einer niederländischen
oder einer slowenischen Bank angelegt ist. Sonst verstärkt sich jede Krise selbst, weil
Kund*innen im Krisenfall um ihr Erspartes bangen müssen und ihr Geld abziehen. Deshalb
brauchen wir eine gemeinsame europäische Einlagensicherung. Sie soll als Rückversicherung
ausgestaltet sein, damit die europäische Sicherung erst eingreift, wenn die nationale
überfordert ist. Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken können so weiter auf
ihre bewährten Institutssicherungssysteme setzen.
Es ist richtig, uns in Europa gemeinsam gegen Risiken zu versichern, weil nur Europa das
überhaupt leisten kann. Allerdings müssen dafür auch die Risiken der Banken in allen
Euroländern abgebaut werden. Auch Staatsanleihen dürfen sich nicht länger nur in den Banken
des jeweiligen Landes konzentrieren. Sonst führt die Krise eines Landes immer zur Krise
seiner Banken. Die Regulierung der Banken als Konsequenz aus der Krise ist auch noch immer
nicht abgeschlossen. Wir setzen uns für die Erhöhung der Eigenkapitalquoten auf 10 % bei den
Großbanken sowie für eine Trennung des Investmentgeschäfts vom Kundengeschäft der Banken
ein. Für Banken muss eine feste Schuldenbremse („leverage ratio“) gelten, damit sie ihre
Risiken nicht künstlich kleinrechnen können. Unterschiedliche Geschäftsmodelle wollen wir
nach Risiko und Komplexität unterschiedlich behandeln. Die Aufsicht über kleine Banken
wollen wir entbürokratisieren, um sie im Wettbewerb nicht zu benachteiligen.
Europolitik raus aus den Hinterzimmern – rein ins Parlament!
Die gemeinsame Währung ist so wichtig für alle Europäer, dass über sie demokratisch
entschieden werden muss. Das Europäische Parlament ist der Ort dafür. Keine wichtige
Weichenstellung sollte ohne seine Zustimmung erfolgen. Ausführendes Organ und Dreh- und
Angelpunkt der gemeinsamen Wirtschaftspolitik ist und bleibt die vom Parlament legitimierte
Europäische Kommission. Wir wollen, dass die zuständige Kommissarin für Wirtschaft und
Finanzen auch Vorsitzende der Eurogruppe wird.
Mit dem Euro ist ein Europa der mehreren Geschwindigkeiten bereits Realität: Die Länder des
Euro teilen eine gemeinsame Geldpolitik. Das macht für diese Länder auch in anderen
Bereichen gemeinsame Schritte notwendig, die für die Nicht-Euroländer nicht essenziell sind.
Lösungen für die Eurozone sollten aber immer offen für andere Mitgliedstaaten sein, wie es
etwa schon heute bei der Bankenunion der Fall ist.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen krisenfesteren Euro,
- ein EurozonePlus-Budget zur Finanzierung gemeinsamer Aufgaben,
- die Vollendung der Bankenregulierung.
2.4 Steuersümpfe austrocknen, Steuertricksern das Handwerk legen
Unser europäisches Sozialmodell braucht eine ausreichende Finanzierung. Fehlt es den Staaten
an Steuereinnahmen, werden öffentliche Leistungen gekürzt und die Infrastruktur wird
vernachlässigt. Wir wollen, dass die Finanzierung gerecht ist: Starke Schultern sollen auch
mehr beitragen.
Der gemeinsame Binnenmarkt ist ohne Frage eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Doch er
lädt wegen seiner Lücken in der Steuerpolitik, die nach wie vor in der primären Hoheit der
Mitgliedstaaten liegt, zur Steuervermeidung ein: Große Unternehmen können derzeit überall in
Europa ihre Produkte verkaufen und gleichzeitig nur im Land mit den niedrigsten Steuern ihre
Gewinne versteuern. Damit verabschieden sich gerade große Unternehmen, die Rekordgewinne
erzielen, aus der gesellschaftlichen Solidarität. Das schädigt unser Gemeinwesen und alle
ehrlichen Steuerzahler*innen. Kleine und mittlere Unternehmen können ihre Gewinne nicht
verlagern und zahlen die vollen Steuern. Sie haben damit einen Nachteil im Wettbewerb mit
den Konzernen. Wir wollen deshalb, dass große Unternehmen genauso wie kleine
Handwerksbetriebe ihre Steuern da zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften. Dafür wollen
wir beherzt gegen Steuerdumping vorgehen.
Steuerdumping beenden
Einige Mitgliedstaaten haben es zu ihrem Geschäftsmodell gemacht, sich gegenüber dem Rest
der EU durch niedrige Steuersätze oder großzügige Ausnahmen attraktiv für Unternehmen zu
machen. Die Einzigen, die davon langfristig profitieren, sind internationale Unternehmen,
die damit ihre Renditen steigern. Die Steuervermeidung untergräbt das Fundament unserer
Wohlfahrtsstaatsmodelle in Europa. Denn die Praxis treibt indirekt Menschen in die Armut und
Staaten dazu, dass sie nicht in das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger investieren können.
Die Steuerbelastung verschiebt sich damit immer mehr zu denen, die sich ihr nicht entziehen
können: kleinen Unternehmen, Arbeitnehmer*innen und Konsument*innen. Wir wollen dieses
Geschäftsmodell beenden.
Die EU-Kommission hat – gerade unter dem Druck von uns Grünen – endlich damit begonnen,
individuelle Absprachen zwischen Mitgliedstaaten und Großunternehmen als illegale staatliche
Beihilfen zu verfolgen und auch zu ahnden. Das geht in die richtige Richtung. Aber das
reicht nicht: Wir wollen das europäische Wettbewerbsrecht so verändern, dass es zur scharfen
Waffe wird, mit der die EU-Kommission den zerstörerischen Steuerwettbewerb auf Kosten der
anderen Mitgliedstaaten bekämpfen kann.
Große Unternehmen verlagern zudem ihre Gewinne mit Buchungstricks in Niedrigsteuerländer.
Sie nutzen die gute Infrastruktur eines Landes, tragen aber nicht zu den Kosten für sie bei.
Damit sich aber der internationale Kaffeekonzern ebenso an der Finanzierung des Gemeinwesens
beteiligt, wie es heute schon der oder die Bäcker*in an der Ecke tut, müssen auf Zahlungen
von Zinsen und Lizenzgebühren innerhalb der EU wieder Quellensteuern erhoben werden. Dafür
ist die entsprechende europäische Richtlinie zu ändern. Dann lohnen sich solche Tricks für
die Unternehmen nicht mehr.
Europäische Unternehmensmindeststeuer
Wer europaweit verkaufen darf, muss auch europaweit gleichwertig besteuert werden. Deshalb
ist eine einheitliche Unternehmensbesteuerung die logische Fortsetzung des Binnenmarktes.
Wir wollen in einem ersten Schritt eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Besteuerung
von Unternehmen im Binnenmarkt. Für die Unternehmen wäre das eine Vereinfachung. Gerade für
kleine und mittlere Unternehmen führt ein einheitliches Steuerrecht dazu, dass sie leichter
auch in anderen Mitgliedstaaten tätig werden können. Es soll einen europäischen
Mindeststeuersatz für alle Unternehmensgewinne geben.
In einem zweiten Schritt sollte eine europäische Unternehmenssteuer folgen, damit es endlich
eine echte europäische Einnahmequelle gibt. Ein Teil der Einnahmen aus dem Mindeststeuersatz
soll direkt in den EurozonePlus-Haushalt fließen. Die Mitgliedstaaten können und sollen
Steuersätze festlegen, die über dem Mindeststeuersatz liegen. Die Einnahmen daraus fließen
in ihre nationalen bzw. kommunalen Haushalte. In Deutschland werden wir darauf achten, dass
diese Reform nicht zu Lasten von Städten und Gemeinden geht.
Längst überfällig ist, dass alle Großunternehmen öffentlich machen müssen, in welchem Land
sie ihre Umsätze machen, wo ihre Gewinne anfallen und wie viel Steuern sie darauf zahlen.
Dann fällt sofort auf, wenn ein Konzern seine Umsätze in Deutschland erzielt, aber seine
Gewinne in einen Steuersumpf verschiebt, um darauf möglichst wenig Steuern zu zahlen.
Transparenz ist eines der wirksamsten Mittel gegen Steuervermeidung. Die deutsche
Bundesregierung und Finanzminister Scholz blockieren diese Transparenz aber in Europa.
Dadurch ermöglichen sie Großunternehmen die Steuervermeidung erst.
Steuerhinterziehung und Geldwäsche bekämpfen
Mit der Abschaffung des Bankgeheimnisses und der Einführung eines internationalen
automatischen Informationsaustauschs wurde ein entscheidender Sieg gegen Steuerhinterziehung
erzielt. Auch das Transparenzregister der EU für Unternehmen ist ein großer grüner Erfolg
gegen kriminelle Geldgeschäfte. Doch selbst in Deutschland hapert die Umsetzung. Die
Eigentümer vieler Unternehmen sind immer noch nicht transparent. Gerade Immobilien müssten
der Spekulation durch kriminelles Geld so europaweit entzogen werden.
Die EU-Kommission schätzt, dass Europas ehrliche Steuerzahler*innen jedes Jahr um mindestens
50 Milliarden Euro durch Steuerbetrüger bei der Mehrwertsteuer geprellt werden. Die
Kommission hat einen Plan für ein einheitliches Mehrwertsteuergebiet in der EU vorgelegt,
der den Kriminellen das Handwerk legen soll. Die Bundesregierung blockiert auch hier in
Brüssel einen Fortschritt. Wir unterstützen das Ziel der Kommission.
Die bestehende schwarze Liste für Steueroasen in der EU ist ein erster Schritt. Wichtige
Steueroasen fehlen jedoch auf der Liste. Andere Staaten konnten schon mit vagen Zusagen
erreichen, dass sie wieder von der Liste gestrichen werden. Die Umsetzung muss nun strikt
überwacht werden. Die Erstellung der Liste ist komplett intransparent und lässt die
politische Bevorteilung einzelner Staaten vermuten. Wir wollen eine echte schwarze Liste mit
klaren Kriterien statt Absprachen im Hinterzimmer. Ein Eintrag auf der Liste muss
Konsequenzen haben. Banken, Kanzleien und Unternehmen dürfen dann keine Geschäfte in diesen
Ländern mehr machen, und Verstöße dagegen müssen sanktioniert werden.
Europa handlungsfähig machen
Die Einstimmigkeit in Steuerfragen verhindert, dass Europa gegen Steuervermeidung vorgeht.
Ein einzelnes Land, das das Geschäftsmodell Steuersumpf betreibt, kann Fortschritte
verhindern. Um diese Blockade aufzubrechen, müssen andere Mitgliedstaaten vorangehen, damit
sich die Verlagerung von Gewinnen für die Unternehmen nicht mehr lohnt. Damit wird das
Geschäftsmodell auch für die Staaten unattraktiv.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- den Kampf gegen Steuerbetrug, Steuerdumping und Geldwäsche,
- eine gemeinsame europäische Unternehmensmindestbesteuerung.
2.5 Wettbewerb fair gestalten
Wettbewerb ist die tragende Säule der Marktwirtschaft und Motor für Innovationen. Fehlt der
Wettbewerb, können Monopolisten hohe Gewinne auf Kosten der Verbraucher machen und
technische und soziale Innovationen behindern. Um das zu verhindern, braucht es einen fairen
Wettbewerb und eine Begrenzung wirtschaftlicher Macht. Dafür ist es auch notwendig,
bestehende Monopole zu zerschlagen.
Mit der Globalisierung schaffen globale Konzernfusionen, wie jene von Bayer und Monsanto,
eine noch größere Marktbeherrschung mit zahlreichen negativen Auswirkungen. Unternehmen
agieren zunehmend branchenübergreifend – Volkswagen ist nicht nur einer der größten
Autokonzerne, sondern auch eine Bank, und Amazon ist nicht nur ein Onlinehändler, sondern
auch ein Medienunternehmen. Damit die europäische Wettbewerbspolitik den Anforderungen des
21. Jahrhunderts gerecht wird, fordern wir ein eigenständiges europäisches Kartellamt mit
angemessenen Mitteln und Personal. Dieses Kartellamt soll auch als europäische
Digitalaufsicht fungieren. Die Marktmacht der großen Digitalkonzerne wollen wir so gemeinsam
kontrollieren und begrenzen. Wir möchten, dass das europäische Wettbewerbsrecht bei
außereuropäischen Fusionen auch die Auswirkungen auf den globalen Markt ins Auge fasst und
sich nicht nur auf den europäischen Markt beschränkt.
Wir wollen erreichen, dass bei der Kontrolle von Fusionen auch wettbewerbsfremde Faktoren
berücksichtigt werden. Die Fusion von Bayer und Monsanto ist nicht nur für den Wettbewerb
problematisch. Sie hat auch negative Auswirkungen auf den Umweltschutz. Heute aber muss man
Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung nachweisen, dass sie diese missbrauchen.
Das ist in der Regel nicht zu beweisen. Wir treten daher dafür ein, dass man Unternehmen
auch unabhängig von einem nachgewiesenen Missbrauch aufspalten kann, wenn ihre Marktmacht zu
groß wird.
Digitale Geschäftsmodelle und die sogenannte Plattformökonomie stellen uns vor neue
Herausforderungen. Google und Facebook beherrschen den Markt für Onlinewerbung und können
kleinen Unternehmen die Bedingungen diktieren. Amazon kann hohe Gebühren von kleinen
Unternehmen verlangen, die gezwungen sind, ihre Produkte auf der Plattform anzubieten, um
Käufer*innen zu finden. Wir wollen diese Unternehmen streng regulieren. Wenn sie anderen
Firmen den Zugang zu ihren Plattformen verwehren oder absurde Konditionen verlangen, müssen
die Wettbewerbshüter*innen dagegen vorgehen.
Facebook hat als soziales Netzwerk ein Monopol geschaffen. Kein anderes Unternehmen kann
erfolgreich ein soziales Netzwerk betreiben, weil es davon lebt, dass viele andere Menschen
es ebenfalls nutzen. Mit dem Zukauf von Instagram und WhatsApp hat Facebook seine
Monopolstellung ausgeweitet. Um für mehr Wettbewerb zu sorgen, wollen wir diese Unternehmen
wieder aufspalten. Wer von Facebook zu einem anderen sozialen Netzwerk wechseln will, muss
zudem seine Daten einfach und schnell mitnehmen können.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- ein starkes europäisches Kartellamt,
- die Kontrolle digitaler Marktmacht,
- die Zerschlagung des Facebook-Imperiums.
2.6 Soziale Sicherheit garantieren
Wir stehen für ein soziales und gerechtes Europa, in dem alle Menschen gleiche Chancen
haben, an der Gesellschaft teilzuhaben. Derzeit ist dieses Ziel noch nicht erreicht. Es
bestehen weitreichende wirtschaftliche Freiheiten im Binnenmarkt. Gemeinsame Arbeits- und
Sozialstandards sind hingegen unterentwickelt. Deshalb wird die EU häufig als Bedrohung für
soziale Sicherheit gesehen. Zu Unrecht. Tatsächlich ist es so, dass die Nationalstaaten die
Kompetenz für die sozialen Sicherungssysteme wie Rente, Gesundheit, Pflege oder
Grundsicherung haben. Doch an einer Stelle kann die europäische Ebene schon heute handeln:
Sie kann gemeinsame Mindeststandards schaffen und grenzüberschreitendes Arbeiten sozial
absichern.
Soziale Grundrechte für Europas Bürger*innen garantieren
In der EU sollten alle Menschen ein würdevolles Leben führen können. Deshalb ist die
Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung essenziell. Verlässliche
soziale Rechte sind die Voraussetzung dafür, dass Binnenmarkt und Währungsunion im Interesse
der Menschen wirken. Die in der Europäischen Grundrechtecharta verankerten sozialen Rechte
müssen als Grundrechte aller EU-Bürger*innen gegenüber den Mitgliedstaaten vor dem
Europäischen Gerichtshof einklagbar sein. So können zum Beispiel Arbeitslose, denen das
Recht auf Vermittlung in Arbeit verweigert wird, sich dagegen zur Wehr setzen.
Arbeitnehmer*innen, die keinen angemessenen Urlaub oder Ruhepausen bekommen, erhalten
Beistand von der EU. Und Bürger*innen können gegen ihr Land klagen, wenn ihnen aufgrund
eines miserablen nationalen Gesundheitssystems das in der EU-Grundrechtecharta verbriefte
Recht auf medizinische Versorgung verwehrt wird. So wird die Europäische Union zu einem
Garanten für soziale Rechte.
Wir fordern außerdem, dass das EU-Recht den sozialen Rechten und den
Arbeitnehmer*innenrechten mindestens den gleichen Stellenwert einräumt wie den
wirtschaftlichen Freiheiten des Binnenmarkts wie beispielsweise der Dienstleistungsfreiheit.
Damit der Europäische Gerichtshof bei Entscheidungen zum Binnenmarkt Arbeitnehmerrechte
nicht den wirtschaftlichen Freiheiten unterordnet, müssen die entsprechenden Gesetze
angepasst werden.
Soziale Mindeststandards in ganz Europa
Allen Menschen in Europa wollen wir ein würdevolles Existenzminimum garantieren. Dafür
braucht es einen europäischen Rahmen für eine Grundsicherung in allen Mitgliedstaaten Wir
machen uns stark für eine europäische Grundsicherungs-Richtlinie, die soziale
Mindeststandards für jedes Land festlegt, angepasst an die jeweilige ökonomische Situation.
Die Mitgliedstaaten sind natürlich angehalten, höhere Standards zu behalten oder neu zu
schaffen. Das Gleiche gilt für die nationalen Gesundheitssysteme. Auch hier braucht es einen
Mindestversorgungsstandard in allen Ländern. Jede*r Europäer*in muss einen Zugang zu guter
medizinischer Versorgung haben.
Wir streiten dafür, dass nationale Gesundheitssysteme als Teil der sozialen Daseinsvorsorge
nicht durch die Hintertür über das europäische Wettbewerbsrecht ausgehöhlt werden.
Medizinische Studien müssen die Gesundheit schützen, geschlechtsspezifische Unterschiede
berücksichtigen und transparent sein. Wir streben strengere Regelungen gegen die
Einflussnahme der Pharmaindustrie im Gesundheitswesen an.
Mindestlöhne in ganz Europa – gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Alle Menschen sollen von ihrer Arbeit gut leben können. Die Mindestlöhne, die in den EU-
Mitgliedstaaten derzeit gezahlt werden, variieren jedoch stark, und nicht alle
Mitgliedsländer haben einen Mindestlohn. Um Lohndumping in der EU zu Lasten aller
Arbeitnehmer*innen zu verhindern, setzen wir uns daher für eine Mindestlohn-Richtlinie ein,
die allen Arbeitnehmer*innen in der EU, entsprechend den Lebenshaltungskosten des jeweiligen
Landes, ein auskömmliches Einkommen garantiert. Damit leisten die Arbeitgeber*innen auch
einen Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse in der EU.
Es kommt bei der Mobilität von Arbeitnehmer*innen immer noch zu Ausbeutung. Etwa wenn
rumänische Arbeiter in deutschen Schlachthöfen zu niedrigen Löhnen und unwürdigen
Bedingungen beschäftigt werden. Die neue Entsenderichtlinie war ein wichtiger grüner
Teilerfolg, um den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in Europa durchzusetzen. Für
die Umsetzung braucht es aber mehr staatliche Kontrollen. Außerdem müssen auch in andere
Länder entsandte LKW-Fahrer*innen dringend in die Entsenderichtlinie aufgenommen und
umfassend geschützt werden. Bislang sorgen aber Konservative, Liberale und Sozialdemokraten
im Europaparlament dafür, dass ihnen soziale Rechte auf angemessene Bezahlung und Ruhepausen
weiterhin verwehrt werden.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einklagbare soziale Grundrechte,
- eine Grundsicherung für alle Menschen in der EU,
- europaweite Mindestlöhne.
2.7 Mobil arbeiten in Europa: Freizügigkeit sozial ausgestalten
Alle EU-Europäer*innen haben das Recht, sich in der EU frei zu bewegen, ihren Wohn- und
Arbeitsort frei zu wählen. Freizügigkeit ist Kern des europäischen Projektes.
Steuer- und Sozialversicherungsrecht muss so gestaltet werden, dass es mobile
Arbeitnehmer*innen stärkt. Eine Arbeitnehmerin, die sich für eine Arbeit in einem anderen
Land entscheidet, darf deshalb keine Nachteile erleiden. Die Anerkennung von Bildungs- und
Berufsabschlüssen innerhalb Europas muss weiter verbessert werden.
Wir wollen die Beratung von Arbeitnehmer*innen aus anderen EU-Mitgliedstaaten vor Ort
verbessern und die EU-Beratungsstellen ausbauen. So bauen wir Hürden für Mobilität in Europa
ab.
Wir unterstützen die neue europäische Arbeitsbehörde, um sicherzustellen, dass
grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer gleiche Rechte in allen EU-Ländern haben. Nationale
Behörden müssen hier mit der neuen Arbeitsbehörde kooperieren. Arbeitnehmer*innen brauchen
Stärkung bei der Ausübung der Freizügigkeit und auch bei der Durchsetzung ihrer sozialen
Grundrechte.
Die besondere Stärke der EU ist, dass Arbeitnehmer*innen, die in Europa mobil sind, ihre in
einem Land erworbenen Ansprüche nicht verlieren, sondern mitnehmen können. Eine
Arbeitnehmerin, die sich in Österreich eine Rente erarbeitet hat, kann ihren Ruhestand auch
in Schweden verbringen. Wir wollen, dass dies auch für Betriebsrenten uneingeschränkt gilt.
Dass die EU sicherstellt, dass Arbeitnehmer nicht aufgrund ihrer Nationalität diskriminiert
werden, ist Ausdruck des gemeinsamen Wertekanons und zugleich eine essenzielle Maßnahme
gegen Sozialdumping. Umso unverständlicher ist es, dass gerade in Deutschland immer wieder
die Debatte über das Kindergeld vom Zaun gebrochen wird. Kindergeld erhalten in Deutschland
Arbeitnehmer*innen, die arbeiten und Steuern zahlen.
Um Missbrauch zu unterbinden, müssen insbesondere Finanzbehörden, Polizei und Familienkassen
eng zusammenarbeiten, um organisierten Kriminellen den Boden zu entziehen. Der Missbrauch
durch Kriminelle darf jedoch nicht dazu führen, dass alle Unionsbürger*innen in Mithaftung
genommen werden, die einfach nur ihr Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen. Zumal das ja auch
heißen würde, wenn es für Kinder im Ausland weniger Geld gäbe, dass das auch für das
deutsche Kind gelten müsste, das zum Beispiel in Krakau studiert.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen einfacheren Arbeitsplatzwechsel in andere EU-Länder,
- Freizügigkeit mit Schutz für Arbeitnehmer*innen in Europa.
Antragstext
Von Zeile 346 bis 347 einfügen:
und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk den Zugang zu europäischen Förderprogrammen für energie- und ressourceneffiziente Produktion erleichtern. Im EU-Haushalt müssen bereits 100 Milliarden Euro unter "Klimaschutz" verbucht werden - in der Praxis besteht diese große Summe z.B. aus den ökologisch schädlichen Agrarsubventionen oder der Förderung der Dieseltechnologie. Wir wollen, dass diese Gelder nur noch für die Förderung von Erneuerbaren Energien in allen Sektoren, Energieeffizienz und den Aufbau von Kohlenstoffsenken, wie z.B. Aufforstung oder nachhaltigen Holzbau verwendet werden. Es darf keine Subventionen für fossile oder atomare Energieerzeugung mehr geben.
Ein Europa ohne Kohle, Atom und Fracking ist möglich. Wir wollen die Europäische Union zum
weltweiten Vorreiter für Klimaschutz, erneuerbare Energien und Energieeffizienz machen.
Unser Kontinent hat gerade hier noch enorme Potenziale, die bislang weitgehend brachliegen.
Durch saubere Energiequellen kann eine weitgehende Energie-Unabhängigkeit erreicht, können
Klima und Umwelt geschützt und nachhaltige Jobs geschaffen werden. Das ist unser Ziel. Die
gute Nachricht: Alle Lösungen dafür stehen bereit, sie müssen nur angepackt werden!
Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Generation. Versagen wir bei
der Eindämmung der Krise, haben wir als politische Generation versagt. Mit Klimaschutz
schützen wir nicht nur (und noch nicht einmal in erster Linie) Arten und Natur. Wir schützen
unsere Lebensgrundlagen, aber auch die liberale Demokratie, ein Gemeinwesen, das in der Lage
ist, wertebasierte Politik zu machen. Und wir schützen die ökonomische Basis, auf der wir
unsere Politik aufbauen. Eine Erderhitzung über 2 Grad wird unkontrollierbare Folgen auf
unser Zusammenleben und unsere Freiheit haben. Und sie trifft immer erst die Schwächsten.
Menschen werden ihr Zuhause verlassen müssen und sich als Klimaflüchtlinge auf den Weg
machen. Die weltweiten Migrationsbewegungen werden zunehmen. Die Weltbank, nicht gerade
bekannt für ökologische Sensibilität, rechnet mit 150 Millionen Klimaflüchtlingen bis 2030.
In elf Jahren. Es wird zu Kriegen um Wasser, fruchtbare Böden oder sichere Stätten kommen.
Wir werden uns der Verantwortung so oder so nicht entziehen können. Doch die Zeit läuft uns
davon. Hitzerekorde, Dürren, Überschwemmungen und starke Stürme liefern fast täglich neue
Schreckensmeldungen. Der vergangene Sommer hat auf eindringliche Weise gezeigt, dass die
Klimakrise längst auch bei uns in Europa Realität ist.
Die Europäische Union muss zu einer Union des Klimaschutzes werden. Das heißt nicht nur,
dass sie eine andere Energie-, Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik betreibt, sondern
dass sie die ökologischen Fragen auch ins Zentrum ihrer Außen-, Sicherheits- und
Friedenspolitik stellt. Wie wir unseren Energiehunger stillen, wird maßgeblich die
Leitlinien der Außenpolitik bestimmen. Ob wir schmutzige Deals mit Diktatoren um Öl, Gas und
Kohle eingehen oder eine demokratische Energieinfrastruktur auf Basis der Erneuerbaren
aufbauen, macht einen Unterschied. Eine Handels- und Landwirtschaftspolitik, die unseren
Reichtum auf Kosten Dritter erwirtschaftet, oder stattdessen faire Partnerschaften, die
einen gedrosselten Ressourcenverbrauch bei uns bedeuten, machen einen Unterschied. Fischen
wir die Meere leer oder sorgen wir für halbwegs intakte Meeresökologie? Exportieren wir
unseren Müll ins Ausland oder verzichten wir auf Wegwerfplastik?
Viele Menschen sind weiter als die Politik: zum Beispiel Bürger*innen, die Bike- und
Carsharing nutzen, sich an Bürgerenergieprojekten beteiligen, auf ökologisch erzeugte
Lebensmittel setzen, die in Nachhaltigkeit und grüne Infrastruktur investieren. Aber auch
innovative Unternehmen, Ingenieur*innen und viele mehr haben sich auf den Weg gemacht. Mit
ihnen allen verbünden wir uns. Und packen an. Für ein Europa, das ohne Kohle- und Atomstrom
auskommt, eine Agrarpolitik betreibt, die auf ökologischen Kriterien basiert und Landwirten
eine Perspektive gibt, ein Europa, das mit einer Plastikabgabe plastikmüllfrei wird und
unsere Meere schützt.
Schadstoffbelastete Böden und Gewässer, weniger Summen und Brummen in der Luft. Das sind
Anzeichen für eine kranke Natur, die auf den Menschen zurückgeht. Und Anzeichen dafür, dass
wir Grenzen überschreiten. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen. In einem
gemeinsamen Europa können wir mit weniger Pestiziden und einem Verbot von Glyphosat Tieren
und Pflanzen wieder mehr Lebensraum geben. Mit einer Wasserrahmenrichtlinie, die wir
konkretisieren und konsequent umsetzen, verbessern wir die Qualität von Flüssen und Seen.
Und mit europäischen Korridoren für Biotope und mehr Wildnisflächen erhalten wir wichtige
Lebensgrundlagen. Wir wollen ein gemeinsames Europa, das seine Umwelt und Natur schützt.
Bei der sauberen Mobilität, bei den erneuerbaren Energien oder auch beim Divestment hinkt
Europa hinterher. Wir wollen grüne Anleihen europaweit stärken und eine Richtlinie für
ökologische Transparenz am Finanzmarkt schaffen. Für den Verkehr der Zukunft wollen wir eine
europäische Batteriezellenproduktion aufbauen. Damit sorgen wir für mehr klimafreundliche
Mobilität und halten zugleich die Wertschöpfung in Europa. Zudem knüpfen wir ein
europaweites Schienennetz und verlagern Güter von der Straße auf die Gleise. Mit einem CO2-
Mindestpreis sorgen wir für wirksamen Klimaschutz. Und für mehr Erneuerbare und größere
Versorgungssicherheit schaffen wir einen gesamteuropäischen Stromverbund und ein
intelligentes Stromnetz. Das alles geht nur gemeinsam. In einem gemeinsamen Europa.
1.1 Klimaschutz fördern, aus Kohle und Atom aussteigen
Die Europäische Union ist reich an sauberen Energiequellen. Die Erneuerbaren haben weltweit
8,3 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, davon mehr als 1,1 Millionen in der EU und über
300.000 in Deutschland. Investitionen in Erneuerbare und in Energieeffizienz sind
mittlerweile der kostengünstigste Weg für eine nachhaltige Energieversorgung. Es darf nicht
sein, dass Europa durch die rückwärtsgewandte Klimapolitik der Bundesregierung und der
Europäischen Union bei dieser rasanten Entwicklung den Anschluss verliert. In China und den
USA wird pro Kopf mittlerweile deutlich mehr in Erneuerbare investiert als in der EU.
Wir wollen das ändern! Wir wollen ein zu 100 % erneuerbares und ein energieeffizientes
Europa als Treiber für die internationale Energiewende. Dafür muss das europäische
Klimaschutzziel, das sich keineswegs auf dem Pfad der Pariser Klimaziele bewegt,
ambitionierter und verbindlich werden. Bis 2030 müssen 45 % von Europas Energie, die wir
beim Strom, der Wärme und bei der Mobilität verbrauchen, erneuerbar sein, und bis 2050
müssen es 100 % sein. Nur so kann Europa seinen Beitrag leisten, um die Klimakrise
einzudämmen und die globale Erhitzung deutlich unter 2 Grad zu halten. Die CO2-Emissionen
müssen zudem bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Bei der
Energieeffizienz braucht es eine Verbesserung um 40 % im Vergleich zum Jahr 1990, um ein
maximal technisch mögliches Niveau der Energieeffizienz für 2050 zu erreichen.
Die Verbrennung von Kohle ist die klimaschädlichste Form der Stromerzeugung. Dabei gibt es
längst Alternativen: Erneuerbare Energien sind sauberer, sicherer, effizienter und
mittlerweile auch billiger. Das haben Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Italien
längst verstanden und sich der globalen Allianz für den Kohleausstieg (Global Alliance to
Power Past Coal) angeschlossen, die sich für einen Kohleausstieg bis spätestens 2030
ausspricht. Diesen Vorreitern muss sich die Europäische Union inklusive Deutschland
anschließen, statt an der klimaschädlichen Kohle festzuhalten.
Der Export von dreckigem deutschem Kohlestrom untergräbt in europäischen Nachbarländern den
Ausbau der Erneuerbaren. Kohlekraft schadet nicht nur dem Klima, sondern setzt auch
hochgiftige Schadstoffe frei. Die hohen Folgekosten für die Verbrennung von Kohle in Europa
dürfen nicht weiter zu Lasten der Allgemeinheit gehen, die die Kosten und Risiken dafür
trägt. Die Bundesregierung ist super darin, anzukündigen, wie ehrgeizig sie in 10, 15 oder
20 Jahren sein will. Und regelmäßig macht sie nichts in der Gegenwart. Damit muss Schluss
sein. Je energischer wir jetzt handeln, desto leichter werden die letzten Etappen. Wir
müssen jetzt beginnen, Kohlekraftwerke abzuschalten. Daran muss sich Politik messen lassen.
Wir brauchen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa einen vollständigen
Kohleausstieg.
Die hochgefährliche Atomkraft, deren Kosten und Risiken auf viele zukünftige Generationen
abgewälzt werden, bekämpfen wir europaweit. Der dringend notwendige Kohleausstieg darf nicht
dazu führen, dass Kohle durch Atom ersetzt wird. Die Atombranche etwa in Frankreich setzt
auf eine Renaissance der französischen Atomkraft – mit Atomstrom-Exporten nach ganz Europa.
Die dort diskutierte Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken lehnen wir ab. Es ist völlig
unverantwortlich, dass Atomkraftwerke, die für eine Laufzeit von maximal 40 Jahren
konzipiert wurden, nun trotz zunehmender Stör- und Unfälle 60 Jahre am Netz hängen sollen.
Auch Belgien macht keine Anstalten, seine Schrottreaktoren vorzeitig stillzulegen. Risiko-
AKWs wie das französische Cattenom, das belgische Tihange oder das tschechische Temelín
gehören sofort abgeschaltet. Der Betrieb dieser Schrottmeiler birgt unbeherrschbare Risiken
für alle Europäer*innen. Darüber hinaus fordern wir ein neues Regelwerk auf europäischer
Ebene, das es Bürger*innen und Anrainerstaaten ermöglicht, Einfluss auf die
Sicherheitsanforderungen für grenznahe Atomkraftwerke nehmen zu können. Die Atomtransporte
in Europa müssen systematischer erfasst, transparenter gemacht und auf ein Minimum
beschränkt werden.
Nur durch milliardenschwere staatliche Beihilfen rechnet sich der Bau von Atomkraftwerken in
Europa überhaupt noch. Diese Subventionen sind möglich, weil immer noch auf Grundlage des
längst überholten Euratom-Vertrags entschieden wird. Alle Passagen dieses Vertrages, die
Investitionen, Forschungsförderung und Genehmigungsprivilegien im Bereich der Atomkraft
begünstigen und AKW-Projekten gegenüber anderen Energieträgern einen wettbewerbsverzerrenden
Vorteil verschaffen, müssen gestrichen werden. Der AKW-Rückbau und die Entsorgung von
Atommüll sollen zur Kernaufgabe von Euratom werden. Zudem müssen die EU-weit geltenden
einheitlichen Sicherheitsstandards wesentlich strenger werden. Ebenso ist ein neues
einheitliches europäisches Haftungsregime mit deutlich höheren Anforderungen notwendig;
Subventionierungen durch die Hintertür müssen beendet werden. Bei den Entscheidungen zu
Euratom wollen wir in Zukunft ein klares demokratisches Mitspracherecht durch das
Europäische Parlament. Damit die Energiewende europaweit gelingt, braucht es eine
Erneuerbare-Energien-Union.
CO2 einen Preis geben und den Menschen das Geld
CO2 muss einen Preis bekommen. Dieser Preis besteht nach unseren Vorstellungen aus zwei
Komponenten: Für alle Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen – das sind vor allem
Industrieanlagen sowie Kohle- und Gaskraftwerke –, sollte es einen Mindestpreis für CO2
geben. Die letzte Reform des Emissionshandels war viel zu zaghaft, die Zertifikate sind
weiterhin viel zu billig und verfehlen damit ihre Wirkung. Daher müssen sie verknappt und
verteuert werden. Wir wollen, dass Deutschland zunächst mit einigen EU-Staaten die
Initiative ergreift und in einer regionalen Staatengruppe einen gemeinsamen CO2-Mindestpreis
einführt; die Niederlande und Frankreich haben ihre Absicht dazu schon erklärt.
Perspektivisch wollen wir eine gesamteuropäische Lösung vorantreiben.
Für die Sektoren, die bislang nicht vom Emissionshandel erfasst werden, wie Verkehr, Wärme
und Landwirtschaft, braucht es eine Anpassung der Steuersätze auf Heizöl und Erdgas. Die
fossilen Energieträger müssen für ihren jeweils spezifischen CO2-Ausstoß den wahren Preis
zahlen.
Da Steuern und Abgaben auf Verbrauch immer sozial schwächere Haushalte stärker belasten als
reichere, wollen wir die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Besteuerung an die
Verbraucher*innen zurückgeben. Unser Ziel ist die Schaffung eines Energiegeldes als Pro-
Kopf-Zahlung an die Menschen in Europa. Solange dies nicht europäisch umsetzbar ist, werden
wir in Deutschland vorangehen.
Beschäftigte beim Strukturwandel in Kohlerevieren unterstützen
Der Kohleausstieg wird auch dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen und neue in
Zukunftsbranchen entstehen. Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Betroffenen ernst und
lassen die Menschen nicht im Stich. Bei diesem Strukturwandel müssen wir die Beschäftigten
und die Regionen unterstützen, damit sie eine Perspektive haben. Im Europäischen Fonds für
regionale Entwicklung (EFRE) sollen „Kohleausstiegsregionen” speziell gefördert werden. Neue
regionale Wirtschaftsschwerpunkte werden aufgebaut und passgenaue Weiterbildung wird
angeboten. Wir werden dafür ein Recht auf Weiterbildung und lebenslanges Lernen in ganz
Europa verankern. Das hilft nicht nur den vom Strukturwandel Betroffenen, sondern ist auch
ein Mittel gegen Fachkräftemangel.
Europas Energie vernetzen
Selbst wenn Energiepolitik innerhalb der EU heute immer noch vor allem in der nationalen
Kompetenz liegt, sind die Mitgliedsländer durch den gemeinsamen Strommarkt eng miteinander
verbunden. Europa muss sich energiepolitisch weitgehend unabhängig machen. Doch die geplante
Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee, die von Russland und der deutschen
Bundesregierung vorangetrieben wird und die osteuropäischen und baltischen Staaten nicht
miteinbezieht, konterkariert dieses Ziel und widerspricht dabei auch der gemeinsamen
europäischen Energieunion. Zudem ist Nord Stream 2 – wie auch neue Pipeline- und Fracking-
Projekte in anderen Ländern – klimapolitisch falsch, stellt die europäische Solidarität in
Frage und ist für die Ukraine politisch desaströs. Deshalb muss es gestoppt werden. Wir
brauchen nicht mehr Erdgas, sondern mehr Erneuerbare und Energieeffizienz.
Europa muss zusammenwachsen, auch im Strombereich. Mit einem gesamteuropäischen Stromverbund
stärken wir die Versorgungssicherheit, indem Angebot und Nachfrage auf eine breitere Basis
gestellt werden. Damit schaffen wir ein gemeinsames Netz für ganz Europa und verbinden
Lissabon mit Helsinki. Wir beugen auch Lieferengpässen vor und sorgen für mehr
Unabhängigkeit.
Für Europa brauchen wir dringend ein intelligentes Stromnetz, das sowohl die erneuerbaren
Energien dezentral verknüpft und überregional verbindet als auch über flexibel steuerbaren
Stromverbrauch clever das zunehmend erneuerbare Stromangebot vernetzt. Dafür wollen wir eine
echte europäische Energienetzgesellschaft.
Nötig sind europäische Strom- und Gasnetze, die der Energiewende dienen und helfen, die
natürlichen Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen. Dieses Prinzip muss Leitschnur für
die Auswahl der transeuropäischen Netzbauprojekte sein. Wir wollen die Erzeugungspotenziale
in Europa vernetzen und dabei Maß und Mitte halten zwischen zentralen und dezentralen
Strukturen.
Risikotechnologien wie die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), also die Einlagerung von
CO2 in unterirdische Lagerstätten, und die Förderung von Erdgas und Erdöl durch Fracking
lehnen wir wegen der unabsehbaren Gefahren für Gesundheit, Trinkwasser und Umwelt ab.
Union für Energie- und Ressourceneffizienz
Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare schaffen Arbeitsplätze und reduzieren die
Kosten für die Verbraucher*innen. Wir wollen den Umstieg privater Verbraucher*innen auf
Geräte mit geringerem Energieverbrauch fördern sowie kleinen Unternehmen eine günstigere
Grundversorgung mit Strom und Wärme ermöglichen. Die vom EU-Parlament und Rat geschaffene
Ökodesign-Richtlinie legt für verschiedene Produktgruppen ökologische Mindeststandards fest.
Das ist richtig, reicht aber lange noch nicht aus. Wir wollen für weitere Produkte
ökologische Mindeststandards festlegen. So können wir ökologische Innovationen,
beispielsweise im Bereich Verkehr, fördern. Schlüssel für weniger Energieverbrauch sind der
Bereich Bauen und Wohnen und der Umstieg auf eine energieeffiziente Elektromobilität.
Wir wollen einen Wettbewerb um die ökologischste Produktionsweise entfachen. Die Ökodesign-
Richtlinie muss Recycling und Ressourceneffizienz fördern und fordern. Auch wollen wir
erreichen, dass die jeweils ressourcenschonendste Produktionsweise nach einiger Zeit zum
Standard erklärt wird, den dann alle einhalten müssen. Die Ökodesign-Richtlinie hat das
Potenzial, 90 Milliarden Euro pro Jahr an Energie- und Materialkosten einzusparen und 1
Million Jobs zu schaffen. Insgesamt können wir mit einer ressourcenschonenden
Wirtschaftsweise bis zu 2,8 Millionen neue Arbeitsplätze in Europa schaffen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen europaweiten Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom,
- Investitionen in intelligente Stromnetze und einen transeuropäischen Netzausbau,
- einen vernünftigen Preis für CO2,
- ein Programm, das Arbeitnehmer*innen in Kohleausstiegsregionen unterstützt.
1.2 Europa verbinden mit grüner Mobilität
Europa lebt vom grenzüberschreitenden Austausch. Reisen, leben, lieben und arbeiten jenseits
nationaler Grenzen ist selbstverständlich geworden. Wir wollen ein Verkehrssystem in Europa
aufbauen, das den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Ein System, das unsere
Lebensqualität steigert. Steigende CO2-Emissionen verschärfen die Klimakrise, Stickoxide und
Feinstaub schädigen massiv die Gesundheit, und Staus auf zahlreichen Straßen rauben uns die
Zeit. Gleichzeitig fehlt in ländlichen Regionen ein flächendeckender Nahverkehr, sind Züge
unzuverlässig und Radwege oftmals in schlechtem Zustand. Das wollen wir ändern. Wir möchten
in Europa eine Mobilität, die klimaneutral, kostengünstig und für alle nutzbar ist und
Umwelt und Gesundheit schützt. Das bedeutet: weniger, aber dafür saubere und leise Autos,
mehr Car- und Bikesharing, bessere Zug- und ÖPNV-Angebote und eine bessere Vernetzung
unterschiedlicher Verkehrsträger in der Stadt und auf dem Land. Mittelfristig wollen wir
autofreie Innenstädte schaffen.
Europa braucht einen Paradigmenwechsel bei den Investitionen in Straßen: Statt Milliarden in
den Neubau zu stecken, muss die bröckelnde öffentliche Infrastruktur dringend saniert
werden. Wir wollen, dass auch der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Dazu fordern wir die Einführung eines CO2-Preises auf fossile Treibstoffe wie Benzin und
Erdgas, damit saubere Antriebe im Verhältnis günstiger werden.
Auch den Fahrradverkehr wollen wir ausbauen. Mittlerweile gibt es 14 europäische
Fernradwege, die Euro-Velo-Routen. Diese wollen wir ausbauen, um den grenzüberschreitenden
Fahrradverkehr zu fördern.
Ein europäisches Schienennetz knüpfen
Um die grüne europäische Mobilität zu fördern, wollen wir, dass Europa auf der Schiene
zusammenwächst. Anstatt vorrangig milliardenschwere Großprojekte, wie Stuttgart 21, mit
wenig europäischem Nutzen zu finanzieren, müssen europäische Fördermittel gezielt für
bestehende und fehlende Abschnitte eingesetzt werden. Das europäische Eisenbahnnetz ist noch
immer ein Flickenteppich mit zahlreichen Lücken an den nationalen Grenzen. Wir wollen das
ändern. Das 2016 erstmals aufgelegte europäische Lückenschlussprogramm ist ein grüner
Erfolg, der deutliche Verbesserungen schafft. Aber schon jetzt wird deutlich, dass die
Nachfrage das Programm überfordert. Deswegen fordern wir eine Verdoppelung der Mittel. Damit
schaffen wir mit wenig Aufwand einen besseren grenzüberschreitenden Schienenverkehr. Davon
profitieren gerade die Menschen, die alltäglich darauf angewiesen sind.
Während man in Europa relativ einfach mit dem Auto über Grenzen fährt, müssen im
Schienenverkehr oftmals Loks, Personal und Stromnetz gewechselt werden. Das kostet nicht nur
Zeit, sondern macht den Zugverkehr insgesamt unattraktiver. Deshalb müssen die
unterschiedlichen nationalen Verkehrsnetze europaweit vereinheitlicht werden. Ein
gemeinsames Verkehrsnetz braucht gemeinsame Standards, von Ticketsystemen und Bahnsteighöhen
bis zu Sicherheitsstandards. Nur wenn die Kleinstaaterei aufhört, kann Europa mehr Personen-
und Güterverkehr auf die Schiene verlagern. Das schont das Klima und senkt die Belastung
durch Lärm und Schadstoffe. Wir brauchen massive Investitionen in transnationalen Güter- und
Personenverkehr. Wir setzen uns für die Wiederaufnahme europäischer Nachtzüge zwischen allen
Metropolen und einen funktionierenden Pendelverkehr in Grenzregionen ein.
Weltmarktführer für saubere Autos
Um die Mobilität der Zukunft zu prägen, muss Europa den Wandel in der Autoindustrie
anpacken. Neue Automobilhersteller, Mobilitätsdienstleister und Digitalkonzerne aus den USA
und China fordern die europäischen Hersteller heraus. Nur wer die saubersten, bequemsten und
intelligentesten Mobilitätslösungen anbietet, kann internationaler Marktführer bleiben.
Dabei geht es um unglaublich viel: Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Klima- und
Gesundheitsschutz – um nur einige wenige Aspekte zu nennen.
Es sind vor allem die nationalen Regierungen und oft Deutschland, die in Brüssel die CO2-
Grenzwerte für Autos verwässern, Diesel-Tricksereien vertuschen und strengere Abgastests
blockieren. Gerade die Große Koalition hat damit der Automobilindustrie einen Bärendienst
erwiesen. Wir Grünen wollen den nötigen Technologiewandel vorantreiben: weg vom fossilen
Verbrennungsmotor hin zu abgasfreien Antrieben. Dafür braucht es ambitionierte europäische
CO2-Grenzwerte für Neuwagen, eine Förderung der europäischen Ladeinfrastruktur und eine
europaweite Quote für abgasfreie Neuwagen, damit ab 2030 möglichst nur noch abgasfreie Autos
neu zugelassen werden. Zudem brauchen wir strengere Kontrollen bei Abgastests und das Ende
der Steuerprivilegien bei Kraftstoffen. Außerdem wollen wir die Batteriezellenproduktion
sowie die Produktion von Wasserstoffautos europäisch unterstützen, um beim sauberen Auto
Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Europa zu schaffen. Auch beim ÖPNV wollen wir die
Elektromobilität voranbringen: Bahnstrecken müssen elektrifiziert und abgasfreie Busse
produziert werden.
In einem neuen umfassenden Mobilitätssystem wird das Auto vernetzt mit Bus, Bahn, Fahrrad
und Fußverkehr. Über Carsharing teilen sich Menschen Autos. Hinzu kommen neue Entwicklungen
wie die intelligente Verkehrssteuerung und autonome Autos, die unter den richtigen
Rahmenbedingungen mehr Klimaschutz, Sicherheit und Effizienz schaffen können. Wir wollen die
digitale, emissionsfreie Mobilität stärken und damit unsere Lebensqualität erhöhen. Dazu
wollen wir auf europäischer Ebene einen Förderwettbewerb für Städte starten, die den
Autoverkehr verringern und Carsharing, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr gezielt ausbauen.
Umsteuern bei Flugverkehr und Schifffahrt
Auch den Flugverkehr und die Schifffahrt möchten wir auf einen nachhaltigen Kurs bringen.
Wir wollen, dass die EU sich auf internationaler Ebene für klare Klimaziele für die
Schifffahrt und den Flugverkehr einsetzt. Wir setzen daher auf eine einheitliche europäische
Regelung, die emissionsarme Kraftstoffe wie Wasserstoff aus erneuerbaren Energien in der
Schifffahrts- und Flugindustrie fördert. Landstromanschlüsse für Kreuzfahrt-, Container- und
Frachtschiffe sollen europaweit verbindlich werden.
Neben Nord- und Ostsee sollen weitere EU-Gewässer wie das Mittelmeer als
Emissionssonderzonen ausgewiesen und die Nutzung von Schweröl soll generell verboten werden.
Wir wollen darüber hinaus eine europaweite Abgabe für Kreuzfahrtschiffe einführen, ähnlich
der Flugverkehrsabgabe bzw. Kerosinsteuer. Derzeit sind Kreuzfahrtreisen nahezu von allen
Steuern ausgenommen, der Schiffstreibstoff steht den Reedern ebenfalls steuerfrei zur
Verfügung. Diese Ungleichbehandlung wollen wir abschaffen.
Auch im Luftverkehr kommt es darauf an, die unfairen Wettbewerbsvorteile abzuschaffen.
Internationale Flüge unterliegen weiter keiner Mehrwertsteuer und Kerosin wird nicht
besteuert. Das wollen wir ändern. Zudem muss der internationale Flugverkehr endlich in den
europäischen Emissionshandel einbezogen werden, um seinen Beitrag zum Schutz der Atmosphäre
beizutragen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- Vorfahrt für die Schiene,
- die Förderung sauberer Autos und zukunftsfester Arbeitsplätze,
- eine Schifffahrt ohne Schweröl,
- ein Ende der Steuerbefreiung für Kerosin.
1.3 Ressourcenschonende Wirtschaftsdynamik entfachen
Europa steht vor der Jahrhundertaufgabe, seine Wirtschaft ökologisch und sozial
umzugestalten. In Politik und Wirtschaft gibt es viele, die sich offenbar vor dieser Aufgabe
scheuen und sie weiter vor sich herschieben wollen. Damit werden die Probleme aber größer.
Wir Grünen bleiben dagegen hartnäckig, wenn es darum geht, der Wirtschaft einen ökologischen
und sozialen Rahmen zu setzen. Erst dieser Rahmen ermöglicht es der Wirtschaft, in einem
fairen Wettbewerb ihre Innovationskraft, ihre Ingenieurskunst und ihre technologischen
Stärken unter Beweis zu stellen. Das wollen wir unterstützen.
Wir wollen eine Modernisierungsoffensive zur Förderung ressourcenschonender und CO2-armer
Innovationen. Dafür brauchen wir eine industriepolitische Strategie, die die europäische
Wirtschaft fit für die Zukunft macht und eine neue Wirtschaftsdynamik entfacht. So vereinen
wir eine hohe Lebensqualität und gute Jobs mit dem Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen. Ermutigend für die Perspektive einer ökologischen Transformation unserer
Wirtschaft ist es, wenn sich die europäische Stahlindustrie dazu bekennt, in den nächsten
Jahren auf CO2-neutrale Stahlproduktion umzuschwenken.
Wir verbrauchen die Ressourcen und Rohstoffe unseres Planeten in einem atemberaubenden
Tempo. Für nachhaltigen Wohlstand brauchen wir eine Kreislaufwirtschaft, die wertvolle
Rohstoffe wiederverwertet. Deshalb muss die Förderung der europäischen Kreislaufwirtschaft
Zentralanliegen jeder ökologisch orientierten Wirtschaftspolitik sein. Digitalplattformen
können dabei vor allem mit Blick auf industrielle Sekundärrohstoffe eine wichtige Rolle
spielen. Europa muss darauf achten, dass etwa im Bereich von Elektronikschrott nicht
wertvolle Ressourcen rücksichtslos auf Müllkippen in der ganzen Welt exportiert werden,
während durch Hightech-Recycling der Rohstoffverbrauch reduziert und Kosten für Unternehmen
und für die Umwelt verringert werden können. Besonderes Gewicht für die Recyclingwirtschaft
hat auch die europäische Plastikstrategie, deren Ziel es ist, die ständige Vermehrung von
Plastikmüll drastisch einzudämmen.
Geld nachhaltig anlegen und raus aus den Fossilen
Wir setzen uns dafür ein, Investitionen in fossile Brennstoffe zu stoppen – und sind damit
Teil der internationalen Divestment-Bewegung. Statt aus dem Raubbau an unserem Planeten
Profit zu ziehen, wollen wir in den Klimaschutz finanzieren. Das ist auch finanziell
sinnvoll, da die internationale Energiewende dazu führen wird, dass Investitionen in Kohle,
Öl und Gas mittelfristig abgeschrieben werden müssen. Grüne in Ländern und Kommunen haben es
vorgemacht: Auf ihren Antrag hin werden die Kommunal- und Landesfinanzen nachhaltig
ausgerichtet.
Der ökologische Umbau braucht massive Investitionen, die finanziert werden müssen. Heute
wird immer noch viel Kapital in alten fossilen Technologien angelegt. Das ist nicht nur ein
ökologisches Problem, sondern gefährdet auch die Stabilität der Finanzmärkte und die
Altersvorsorge der Menschen. Wir wollen Finanzmärkte, die nicht in die Vergangenheit,
sondern in die Zukunft investieren. Nachhaltige Kapitalanlagen sind dazu ein Wachstumsmarkt,
der den Finanzplatz Europa stabiler und zukunftsfähig macht.
Grüne Anleihen wollen wir europaweit stärken und eine einheitliche Klassifizierung schaffen.
Wir fordern eine Richtlinie für ökologische Transparenz am Finanzmarkt, damit Anleger
wissen, wie ökologisch ihre Geldanlage ist. Wir wollen ein europäisches „Green Finance
Label“ für Investitionen und Anlagen einführen, die die höchsten Nachhaltigkeitskriterien
erfüllen. Außerdem wollen wir ökologische und soziale Ziele in der
Unternehmensberichterstattung verpflichtend machen und ein unabhängiges Siegel für
nachhaltige Geldanlagen einführen.
Der Staat ist selbst ein sehr großer Nachfrager von Gütern. Zukünftig wollen wir auch das
öffentliche Beschaffungswesen an verbindliche ökologische, soziale und Fairtrade-Kriterien
knüpfen. Damit schaffen wir einen gewaltigen Markt für Unternehmen, die ökologisch und
sozial wirtschaften. Staatliche Subventionen für klimaschädliches Wirtschaften wollen wir
abschaffen.
Wir wollen die Mittel des Zukunftsfonds im EU-Haushalt für die soziale und ökologische
Modernisierung der europäischen Wirtschaft und Infrastruktur nutzen und vor allem kleinen
und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk den Zugang zu europäischen Förderprogrammen für
energie- und ressourceneffiziente Produktion erleichtern. Im EU-Haushalt müssen bereits 100 Milliarden Euro unter "Klimaschutz" verbucht werden - in der Praxis besteht diese große Summe z.B. aus den ökologisch schädlichen Agrarsubventionen oder der Förderung der Dieseltechnologie. Wir wollen, dass diese Gelder nur noch für die Förderung von Erneuerbaren Energien in allen Sektoren, Energieeffizienz und den Aufbau von Kohlenstoffsenken, wie z.B. Aufforstung oder nachhaltigen Holzbau verwendet werden. Es darf keine Subventionen für fossile oder atomare Energieerzeugung mehr geben.
Wirtschaftspolitik richtet sich oft nur an profitorientierten Unternehmen aus. Dabei werden
Chancen vertan, die Genossenschaften und soziale Unternehmen bieten. Wir wollen eine
Strategie der EU zur Förderung der Gemeinwohlökonomie. Sie soll künftig in die
Unternehmensberichterstattung und in EU-Förderprogramme integriert werden. Unternehmen mit
Gemeinwohlorientierung sollen durch eine anerkannte Kennzeichnung gestärkt und bei
öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- das Anlegen öffentlicher Gelder in nachhaltigen Geldanlagen (Divestment),
- ein nachhaltiges Finanzsystem und ökologisch transparente Geldanlagen,
- eine Stärkung der Gemeinwohlökonomie.
1.4 Natur und Umwelt schützen
Sauberes Wasser, reine Luft, gesunde Böden und intakte Landschaften bilden unsere
Lebensgrundlagen. Aber diese sind bedroht. Der ehemals große Reichtum an Tieren, Pflanzen
und Lebensräumen schwindet täglich. Lebensräume gehen verloren, Arten sterben aus. Auf den
Wiesen und in den Wäldern wird es stiller, es brummt, summt und zwitschert immer weniger:
Die Vogelpopulation in Deutschland hat sich in den letzten 30 Jahren halbiert, die Anzahl
von Insekten ist seit 1989 um bis zu 80 % zurückgegangen. Rund ein Drittel der bei uns
heimischen Arten sind bedroht, darunter viele Bienen. Auch in anderen europäischen Ländern
sieht die Situation nicht viel besser aus.
Wir setzen unsere ganze Kraft dafür ein, den negativen Trend beim Artensterben zu stoppen.
Wir wollen eine artenreiche und intakte Natur erhalten und dort wiederherstellen, wo sie
bereits Schaden genommen hat. Das bedeutet auch, dass wir Natura-2000-Gebiete verteidigen,
verbessern und Schutzgebiete wo möglich vergrößern.
Die EU, und damit ihre Mitgliedstaaten, hat sich im Rahmen der Vereinten Nationen
verpflichtet, den Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume bis 2020
aufzuhalten – und wird diese Ziele voraussichtlich deutlich verfehlen. Wir fordern daher,
umgehend eine ambitionierte europäische Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt für
den Zeitraum nach 2020 und ein Nachfolgeprogramm für das 7. Umweltaktionsprogramm zu
erarbeiten. Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir darin als neue
Leitprinzipien verankern.
In den letzten Jahren war es immer wieder die Europäische Union, die im Bereich der Umwelt-
und Naturschutzgesetzgebung Druck gemacht hat. Und es waren die nationalen Regierungen, die
sie verwässert oder nicht erfüllt haben. Dann sanktioniert die EU: Um einen der letzten
intakten Urwälder in Europa zu retten, hat der Europäische Gerichtshof die polnische
Regierung durch Androhung von Strafzahlungen gezwungen, die Abholzung des Białowieża-Waldes
zu stoppen. Ebenso hat die EU Deutschland aufgrund der zu hohen Nitratwerte in unserem
Wasser verurteilt.
Die gute gesetzliche Grundlage beim europäischen Umwelt- und Naturschutz muss von der EU-
Kommission und den Mitgliedstaaten umfassend umgesetzt werden. Hierzu sind auf allen Ebenen
personelle und finanzielle Kapazitäten zu schaffen. Außerdem muss die EU-Kommission ihre
Rolle als Hüterin der Verträge und des EU-Rechts ernst nehmen und hierfür Verstöße gegen das
europäische Umweltrecht konsequent durch Vertragsverletzungsverfahren ahnden.
Umweltschädliche Subventionen wollen wir abbauen und den Naturschutz besser finanzieren.
Außerdem wollen wir transeuropäische grüne Korridore für Biotope vorantreiben. Um
Lebensgrundlagen in der EU zu erhalten, braucht es eine intakte Natur. Dafür fördern wir
mehr Wildnisflächen: Möglichst bis 2030 wollen wir die Wildnisflächen in Europa verdoppeln.
Dafür muss Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und sein beschlossenes Ziel von 2 %
Wildnis bis 2020 umsetzen. Doch all das bringt uns nur voran, wenn wir das mit einer
Agrarwende, weniger Pestiziden auf den Feldern und mehr ökologischem Landbau verbinden.
Für Umwelt- und Tierschutzverbände wollen wir ein volles Verbandsklagerecht schaffen, damit
der Umweltschutz gegenüber kurzfristigen Industrieinteressen gestärkt wird. Wir wollen die
Entscheidungsprozesse demokratisieren, indem wir die Bürgerbeteiligung stärken und
Lobbyismus regulieren.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- den Schutz einzigartiger Kulturlandschaften und Urwälder in Europa,
- grenzüberschreitende Biotope,
- eine bessere Naturschutzfinanzierung,
- ein Verbandsklagerecht für Umwelt- und Tierschutzorganisationen
1.5 Die Landwirtschaft so verändern, dass sie unsere Lebensgrundlagen bewahrt
Wir streiten und werben für eine vielfältige, nachhaltige, regional verankerte, bäuerliche
Landwirtschaft, die Natur und Tiere schont und gesundes Essen für uns alle erzeugt. Wir
wollen eine konsequente Neuausrichtung hin zu einer europäischen Agrar- und
Ernährungspolitik, die im Einklang ist mit den europäischen Zielen in der Klima-, Umwelt-,
Verbraucher- und Entwicklungspolitik. Zudem möchten wir die vielfältigen Kulturlandschaften
in Europa und lebendige ländliche Räume mit zukunftsfesten Betrieben erhalten. Deswegen
streiten wir für die europäische Agrarwende: für den Aufbau einer nachhaltigen
Lebensmittelproduktion, die sowohl eine gesunde Ernährung sichert als auch hohen Umwelt- und
Tierschutzstandards genügt und faire Preise für die Landwirt*innen erzielt.
Zusammen mit Landwirt*innen und Umweltverbänden haben wir schon viel erreicht: Immer mehr
Verbraucher*innen in der EU wollen gesunde, ökologisch und regional produzierte
Lebensmittel. Daher ist Bio-Landbau längst ein fester Bestandteil der europäischen
Landwirtschaft geworden. Genauso setzen sich immer mehr Menschen in der EU mit uns für
bessere Tierhaltung und mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft ein, wie zuletzt die
europäische Bürgerinitiative gegen Glyphosat gezeigt hat. Doch der Handlungsdruck bleibt
groß.
Durch intensive Landwirtschaft und Monokulturen gehen noch immer europaweit fruchtbare Böden
verloren, das Artensterben geht ungebremst weiter, der Pestizideinsatz ist ungemindert hoch
und industrielle Tierhaltung degradiert Tiere zu Rohstoffen. Die Landwirtschaft, eine der
Hauptbetroffenen der Klimakrise, ist selbst für einen nicht geringen Anteil des Ausstoßes
klimaschädlicher Gase und damit mit für die Erderhitzung verantwortlich.
Es ist höchste Zeit, eine Agrar- und Ernährungspolitik zu entwickeln, die die europäische
Landwirtschaft zukunftsfähig macht. Der Schutz von Klima, Boden, Wasser, Artenvielfalt und
Tierwohl steht im Mittelpunkt dieser neuen Landwirtschaftspolitik. Die europäische
Agrarpolitik sollte dazu beitragen, dass die Konsum- und Produktionsstrukturen in Europa
nicht die natürlichen Ressourcen und die Lebensgrundlagen bei uns in Europa und in sich
entwickelnden Ländern zerstören, indem EU-Agrarprodukte zu Dumpingpreisen die Märkte
Afrikas, Asiens und Lateinamerikas überfluten. Vielmehr muss sie dazu beitragen, dass die
bäuerliche Landwirtschaft in Europa erhalten wird und die nachhaltigen Entwicklungsziele
erreicht werden.
Qualität statt Masse – Neuausrichtung der Agrarförderung
Um die europäische Landwirtschaft an die gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen,
muss sich vor allem die EU-Agrarförderpolitik grundlegend ändern. Immer noch kommt der
größte Teil der bisher knapp 60 Milliarden Euro, mit denen die Landwirtschaft jährlich
subventioniert wird, insbesondere großen Betrieben zugute und fördert so Umweltzerstörung,
Industrialisierung und Exportorientierung. Die Mittel belohnen zudem pauschal Bodenbesitz.
Eine neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dagegen muss Leistungen der Landwirtinnen und
Landwirte für das Gemeinwohl fördern und ihnen so Alternativen zum Prinzip „wachse oder
weiche“ eröffnen. Der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, eine artgerechte und eine
flächengebundene Tierhaltung würden dann gezielt unterstützt. Betriebe, die weniger oder gar
keine Pestizide einsetzen, unser Wasser sauber halten, würden also deutlich mehr Förderung
bekommen als industriell wirtschaftende Betriebe. Nur mit dem Prinzip „öffentliches Geld für
öffentliche Leistung“ lassen sich die hohen Zahlungen noch rechtfertigen.
Die Vorgaben für diese Leistungen müssen auf EU-Ebene definiert werden, damit die
Mitgliedstaaten nicht um den niedrigsten Standard konkurrieren. Voraussetzung für jedwede
Förderung ist das Einhalten von Umweltstandards, die ebenfalls für alle Mitgliedstaaten auf
EU-Ebene festgelegt werden müssen. Im Rahmen der GAP fordern wir einen 15 Milliarden Euro
schweren Naturschutzfonds.
Landspekulationen und Aufkauf von Land eindämmen
Landgrabbing, das heißt das Aufkaufen von landwirtschaftlichen Flächen als
Investitionsobjekten durch Kapitalanleger und Staaten, sowie eine verzerrende
Strukturpolitik bedrohen die vielfältige, solide und nachhaltige bäuerliche
Landwirtschaftsstruktur, auch in Europa.
Bäuerliche Betriebe sollen vor Agrarkonzernen und Bodenspekulation geschützt werden, etwa
durch verpflichtende Obergrenzen für Agrarzahlungen pro Nutznießer (und nicht nur pro
Tochterunternehmen), mehr Geld für die ersten Hektare, um kleine und mittlere Betriebe zu
unterstützen, Einstiegserleichterungen für Neugründungen, Transparenz der
Eigentumsverhältnisse, Monitoring der Preise und des Zustands des Bodens durch eine
europäische Beobachtungsstelle. Landwirtschaftlicher Boden ist ein öffentliches Gut und muss
vor Spekulationen geschützt werden.
Trinkwasser und Gewässer schützen
Wasser ist ein kostbares Gut, das geschützt werden muss. Der Zugang zu sauberem Wasser ist
ein Menschenrecht. Doch fast 2 Millionen Menschen in Europa haben keinen ordentlichen Zugang
zu Trinkwasser oder sanitärer Versorgung. Die Klimaerhitzung verschärft diese Situation. In
südlichen Ländern wie Spanien, Italien oder Griechenland wird Wasser bereits zu einem immer
knapperen Gut. Unsere Art zu konsumieren und zu wirtschaften verschwendet und verschmutzt
Wasser zu leichtfertig. Um das Menschenrecht auf Wasser in der EU zu verankern, gründete
sich 2012 die Europäische Bürgerinitiative Right2Water, die wir von Anfang an unterstützt
haben. Knapp 1,7 Millionen Europäerinnen und Europäer aus 13 EU-Mitgliedstaaten trugen diese
erste erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative. Wir werden uns weiterhin jedem Versuch
entgegenstellen, die öffentliche Wasserversorgung zum Investitionsobjekt für internationale
Unternehmen zu machen.
Unser Leitbild sind lebendige Flüsse und Seen in Europa, die in einem guten ökologischen
Zustand sind. Gesunde Gewässer sind besonders wertvolle Ökosysteme, denn sie garantieren
Artenreichtum. Doch davon sind wir in vielen Teilen Europas noch meilenweit entfernt.
Deshalb setzen wir uns vehement für eine ambitionierte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
ein und werden diese durch entsprechende Leitfäden konkretisieren. Außerdem wollen wir den
Antibiotikaeinsatz, eine Gülleüberproduktion und den Einsatz gefährlicher Pestizide in der
Landwirtschaft weiter zurückdrängen.
Insekten- und Vogelsterben aufhalten – Glyphosat vom Acker!
Die industrielle Landwirtschaft ist eine Hauptursache für das Artensterben. Wichtige
Lebensräume für Tiere und Pflanzen gehen durch Ackergifte, Überdüngung, Monokulturen,
intensive Landnutzung und fehlende Wildnis verloren.
Wir reduzieren den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft drastisch, indem wir die
giftigsten Pestizide sofort verbieten – darunter auch alle Neonikotinoide, denn sie schaden
unseren Insekten und Bienen massiv. Für das Ende des Totalherbizids Glyphosat setzen wir uns
weiterhin mit aller Kraft ein – und machen Druck auf die Bundesregierung, die schon einmal
auf europäischer Ebene für die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung gestimmt hat. Die
Zulassungsverfahren für Pestizide wollen wir auf Basis eines gestärkten Vorsorgeprinzips
reformieren und das zugrunde liegende Wissenschaftsprinzip transparenter machen. Es braucht
dringend eine unabhängige Risikobewertung sowie strenge Kontrollmechanismen.
Fischbestände schützen
Wir machen uns stark für eine nachhaltige EU-Fischereipolitik, die dafür sorgt, dass unsere
Meere geschützt und Fischarten nicht überfischt werden. Nur die nachhaltige Bewirtschaftung
von Fischbeständen gibt der Fischerei eine Zukunft. Um der katastrophalen Plünderung der
Meere und der Fischbestände Einhalt zu gebieten, reichen kosmetische Korrekturen der EU-
Fischereipolitik nicht aus. Fangquoten müssen verbindlich an wissenschaftlichen Kriterien
ausgerichtet werden, statt rein politisch festgelegt zu werden. Die Tiefseefischerei und
besonders umweltschädliche Fangmethoden wollen wir gänzlich verbieten. Die EU soll
bestehende Meeresschutzgebiete ausweiten, neue schaffen und die Gebiete effektiv sichern.
Tierwohl stärken
Gerade angesichts der Klimakrise brauchen wir eine Abkehr von den großen Tierbeständen.
Neben den ökologischen Problemen wird schlicht die Futtergrundlage zu knapp. Deshalb sollten
alle Förderungen daran gekoppelt werden, dass die Anzahl der Tiere pro Fläche begrenzt wird.
Ein Betrieb sollte also nur so viele Tiere haben, wie er mit dem Ertrag seiner Flächen
grundsätzlich ernähren kann.
Viel zu häufig konkurrieren die EU-Länder um die niedrigsten Preise und reduzieren so die
Tierschutzstandards. Wir wollen hingegen, dass die EU alle Tiere durch neue Gesetzgebung und
ordnungsgemäße Durchführung bestehender Regelungen schützt.
Je weniger Tiertransporte, desto besser für die Tiere. Falls Transporte nicht vermieden
werden können, müssen sie so unstrapaziös wie möglich sein. Daher fordern wir, dass Tiere
verpflichtend zu einem nahe gelegenen Schlachthof gebracht werden müssen – statt zu dem, der
am billigsten arbeitet. Tiertransporte für Schlachttiere wollen wir auf maximal vier Stunden
begrenzen. Wir wollen regionale Schlachtstätten und mobile Schlachteinrichtungen fördern
sowie regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen aufbauen, um eine Infrastruktur
für regionale, tierschutzkonforme Schlachtung zu schaffen.
Exporte lebender Schlachttiere in Länder außerhalb der EU sowie jede Form von Klonen und
Qualzucht wollen wir verbieten. Das Verbot von Tierversuchen in der Kosmetik muss konsequent
umgesetzt und auf weitere Produkte ausgeweitet werden. Zusätzlich benötigen wir eine
Förderung für die Erforschung von Alternativen. Auch Straßentiere müssen in Europa ein
würdiges Leben haben. Wir fordern ein Ende der Tötung von streunenden Katzen und Hunden.
Stattdessen müssen öffentliche und private Maßnahmen der Geburtenkontrolle, etwa die
Kastration, gestärkt werden.
Wildtiere wollen wir besonders schützen. Hierfür sind internationale Arten- und
Naturschutzabkommen konsequent umzusetzen. Wir wollen illegalen Wildtierhandel in Europa
bekämpfen und den Import von Wildfängen in die EU verbieten.
Landwirtschaftliche Ökosysteme stärken – Gentechnik konsequent regulieren
Eine andere Landwirtschaft bedeutet auch anders anzubauen – gerade im Lichte der
Klimaauswirkungen. Das Potenzial verschiedenster Anbaumethoden, robuste landwirtschaftliche
Ökosysteme zu bilden – über Push-and-Pull-Techniken und Permakultur bis zu
Agroforstsystemen –, ist riesig, ebenso wie das Potenzial ökologischer Anbautechniken,
widerstandsfähig gegenüber Krankheiten, Trockenheit, Versalzung, Vernässung zu sein. Dieses
Potenzial ist aber in Europa nur in Ansätzen erforscht. Wir fordern daher eine deutlich
stärkere Forschungsförderung in diesem Bereich. Denn aktuell werden agrarökologische
Methoden – zu denen auch der zertifizierte Ökolandbau gehört – in Europa und weltweit nur
mit einem Bruchteil der finanziellen Mittel erforscht und weiterentwickelt, die
konventionelle und gentechnische Ansätze erhalten.
Wir Grünen lehnen seit vielen Jahren die Agrogentechnik ab, anders als Gentechnik im
medizinischen Bereich und bei der industriellen Produktion. Die großen Probleme, die Länder
wie die USA oder Argentinien als Folge des Einsatzes von Gentechnik haben – wie ein massiver
Einsatz von Totalherbiziden wie Glyphosat, Superunkräuter, Gefährdung landwirtschaftlicher
Vielfalt, die große Monopolmacht der Agrarkonzerne sowie die eingeschränkte
Verbraucherfreiheit –, unterstreichen, wie wichtig diese Ablehnung war und ist.
Daher ist es essenziell, dass das Vorsorgeprinzip entsprechend der Entscheidung des EUGH
auch gegenüber neuen Verfahren in der Gentechnik europaweit angewandt wird. Weil
gentechnische Veränderungen nicht rückholbar sind, muss sichergestellt werden, dass keine
Organismen freigesetzt werden, die Schaden anrichten. Ob die Probleme, die es bei der
herkömmlichen Gentechnik gibt, bei neuen gentechnischen Verfahren wie CRISPR/Cas zum Tragen
kommen, muss in jedem einzelnen Zulassungsverfahren im Sinne des europäischen
Vorsorgeprinzips geklärt werden.
Der Einsatz von Gentechnik ist aber nicht nur eine Frage der gesetzlichen Zulassung, sondern
vielmehr eine Frage der Ethik und der gesellschaftlichen Akzeptanz. Deshalb muss der weitere
Umgang mit neuen gentechnischen Verfahren breit gesellschaftlich diskutiert werden.
In diesem Zusammenhang halten wir es auch grundsätzlich für höchst problematisch, dass bei
der finalen Zulassung einzelner Konstrukte der Ständige Ausschuss und die Mitgliedstaaten
ohne das Europäische Parlament entscheiden. Das können wir so nicht akzeptieren. Wir Grünen
werden uns dafür einsetzen, dass das Parlament bei dieser Entscheidung angemessen beteiligt
und gehört wird.
Eine klare Kennzeichnung von Gentechnik ist zentral. Auch Produkte von Tieren, die mit
gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, müssen als solche gekennzeichnet
werden.
Für den Schutz des gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Landbaus ist ein
Standortregister nach wie vor unverzichtbar. Die Regelungen zur gesamtschuldnerischen
Haftung sind entsprechend so zu gestalten, dass Mehrkosten und Aufwand, der für den
konventionellen, gentechnikfreien und ökologischen Landbau entsteht, den Nutzern von Sorten,
die mit neuer Gentechnik hergestellt wurden, angerechnet werden.
Keine Patente auf Saatgut, Pflanzen und Leben – Klonen, nein danke!
Das zentrale Problem beim Herumexperimentieren am Saatgut ist dessen Patentierbarkeit. Sie
führt zu immer größeren Monopolen der Agrarkonzerne. Landwirte werden damit abhängig
gemacht, gerade in den Entwicklungsländern mit fatalen Folgen. Problematisch ist zudem, dass
Pestizide bei gentechnisch veränderten Pflanzen häufig eingesetzt werden und die
Wahlfreiheit der Verbraucher*innen unterlaufen wird.
Der entscheidende Kampf ist daher der um ein Verbot von Patenten auf Saatgut und Leben
insgesamt. Züchtung muss, wie seit Jahrtausenden, ein Open-Source-System bleiben. Das Recht
auf Nahrung ist ein Menschenrecht und damit darf es keine Patente auf Pflanzen und auf Tiere
geben.
Zugleich fordern wir ein dauerhaftes Verbot des Klonens in der EU. Den Import von Klonen
sowie von Produkten von deren Nachkommen lehnen wir ab. Es kann nicht sein, dass Milch und
Fleisch von Nachkommen von Klontieren ungekennzeichnet auf den europäischen Markt kommen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- eine Ausrichtung der europäischen Agrarpolitik an ökologischen Kriterien,
- sauberes Wasser in ganz Europa,
- ein Verbot von Glyphosat und giftigen Pestiziden,
- eine EU-Fischereipolitik, die unsere Fischbestände erhält,
- konsequente Regulierung und Transparenz bei Gentechnik ein Verbot von Patenten auf
Saatgut, Pflanzen und Tiere.
1.6 Europa vom Plastikmüll befreien
Unser Ziel ist ein Europa ohne Plastikmüll, mit sauberen Meeren, einem reichhaltigen
Fischbestand und einer Natur ohne Müll. Die Realität sieht bedrückend anders aus: In den
Ozeanen schwimmen Plastikmüllteppiche von der Größe Mitteleuropas. Auch unsere Flüsse und
Böden leiden unter der zunehmenden Vermüllung. Wenn wir jetzt nicht radikal umsteuern, wird
es 2050 mehr Plastik als Fische im Meer geben. Inzwischen findet sich Mikroplastik sogar in
der Arktis und im Gletschereis – obwohl dort nahezu keine Menschen leben.
Ein erster Schritt dagegen ist ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und
Pflegeprodukten. Denn Mikroplastik schadet nicht nur den Fischen, sondern kann
möglicherweise auch für unsere Gesundheit schädlich sein. Mikroplastik wurde schon in Salz,
Bier und Mineralwasser nachgewiesen. Welche giftigen Plastikzusätze wir dadurch zu uns
nehmen, weiß bisher niemand genau. Auch für das Klima ist Mikroplastik schlecht. Denn durch
den Zerfall in immer kleinere Partikel wird Methan freigesetzt – das wiederum zur Erhitzung
unserer Erde beiträgt.
Plastikflut eindämmen
Das Importverbot für Plastikmüll, das China Anfang 2018 verhängt hat, beweist, welch
riesiges Problem wir haben. Allein aus Europa importierte China rund 1,5 Millionen Tonnen
Plastikmüll pro Jahr. Seither müssen die Mitgliedstaaten ihre Müllberge selbst in die Hand
nehmen.
Um die zunehmende Plastikflut einzudämmen, brauchen wir anspruchsvolle Minderungsziele für
Plastikabfälle und höhere Recyclingquoten. Bis 2030 müssen wir unseren Verpackungsabfall in
der EU um 50 % reduzieren. Außerdem darf es nicht sein, dass Plastikmüll weiterhin deponiert
wird. Das wollen wir ändern. Ab 2030 müssen alle in der EU in den Verkehr gebrachten
Kunststoffprodukte wiederverwendbar oder komplett abbaubar sein oder kosteneffizient
recycelt werden können.
Plastik ist nicht per se schlecht. Für viele Einsatzgebiete, etwa in der Medizin, ist
Plastik ein wichtiger und sinnvoller Werkstoff. Problematisch ist die zunehmende Verwendung
von Plastik für Einweg- und Wegwerfprodukte. Denn als langlebiges Produkt darf Plastik nicht
in erster Linie für wenige Minuten verwendet werden, wie das beispielsweise bei Trinkhalmen
der Fall ist. Da, wo es Alternativen gibt, müssen sie auch genutzt werden. Die Europäische
Kommission hat dieses Problem in ihrer Plastikstrategie aufgegriffen und unter anderem ein
Verbot von Wegwerfprodukten aus Plastik wie Wattestäbchen, Plastikgeschirr und auch
Trinkhalmen angestoßen. Das ist ein guter erster Ansatz, reicht jedoch noch nicht, um den
Massen an Einwegplastik umfangreich Einhalt zu gebieten.
Zudem braucht es eine EU-weite Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte. Eine solche Abgabe bietet
den Anreiz, Verpackungsmüll zu reduzieren, indem die Rohstoffe verteuert werden. Zugleich
kann dadurch der Anteil von recyceltem Plastik gesteigert werden. Erdöl und Erdgas zur
Produktion von Kunststoffen dürfen nicht subventioniert werden. Die Besteuerung von Plastik
muss in eine umfassende und ambitionierte Strategie zur Einsparung und Vermeidung von
Plastik, zur Steigerung des Mehrweganteils und für besseres Produktdesign eingebettet
werden. Dazu gehört auch, die Forschung und Entwicklung von alternativen Materialien
auszubauen.
Recycling stärken
Wir wollen das Recycling von Plastik stärken. Auch hier bietet die Plastikstrategie der EU-
Kommission einen guten Ansatz, der jedoch erweitert werden sollte. Die Recyclingkapazitäten
in der EU müssen massiv ausgebaut werden. Dazu brauchen wir ein ökologisches und
recyclingfreundliches Produktdesign. Die Verpackungsindustrie muss hierzu ihren Beitrag
leisten. Denn immer mehr Verpackungen setzen sich aus vielen unterschiedlichen Materialien
zusammen – was die Recyclingfähigkeit einschränkt.
Getränkeflaschen sind ein Alltagsprodukt aus Plastik. Doch während wir in Deutschland ein
funktionierendes Mehrwegsystem haben, besteht auf europäischer Ebene noch Handlungsbedarf.
Qualitativ hochwertige Plastikflaschen können rund 40 Mal wieder befüllt werden. Das ist
wesentlich ökologischer als Einmalflaschen, die direkt in den Müll wandern. Unser Ziel ist
eine Mehrwegquote in der EU. Deutschland, Österreich und Portugal sind hier schon sehr viel
weiter als andere Mitgliedstaaten. Daher muss eine solche Quote zunächst gestaffelt
aufgebaut werden, um allen die gleichen Chancen zu geben. Für Einweggetränkeflaschen
brauchen wir ein EU-weit einheitliches Pfandsystem. Denn gerade diese Wegwerfprodukte
vermüllen unsere Landschaften, Strände und Meere.
Mit einer ambitionierten Strategie für ein plastikmüllfreies Europa können wir Vorbild sein.
Die Europäische Union muss sich aber auch für eine internationale Plastikkonvention unter
dem Dach der Vereinten Nationen einsetzen. Schließlich kennt Plastikmüll keine Grenzen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten,
- eine europäische Plastiksteuer,
- verbindliche Mehrwegquoten,
- ein EU-weit einheitliches Pfandsystem für Einweggetränkeflaschen.
weitere Antragsteller*innen
- Philipp Schmagold (Kiel KV)
- Tobias Balke (Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf KV)
- Marcel Kühle (Mainz KV)
- Nina Röckelein (Konstanz KV)
- Horst Schiermeyer (Görlitz KV)
- Rosa Domm (Hamburg-Eimsbüttel KV)
- Werner Weindorf (München KV)
- Gideon Müller (Berlin-Tempelhof/Schöneberg KV)
- Jutta Paulus (Neustadt-Weinstraße KV)
- Jannick Frank Roller (Freiburg KV)
- Andreas Rieger (Dahme-Spreewald KV)
- Michael Kruse (Bremen-Nordost KV)
- Anna Leidreiter (Segeberg KV)
- Carl Ulrich Gminder (Reutlingen KV)
- Timo Klöpper (Peine KV)
- Malte-Jannik Krüger (Steinburg KV)
- Bernd Frieboese (Berlin-Reinickendorf KV)
- Niclas Ehrenberg (Düsseldorf KV)
- Andrea Piro (Rhein-Sieg KV)
- Mario Hüttenhofer (Konstanz KV)
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und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk den Zugang zu europäischen Förderprogrammen für energie- und ressourceneffiziente Produktion erleichtern. Im EU-Haushalt müssen bereits 100 Milliarden Euro unter "Klimaschutz" verbucht werden - in der Praxis besteht diese große Summe z.B. aus den ökologisch schädlichen Agrarsubventionen oder der Förderung der Dieseltechnologie. Wir wollen, dass diese Gelder nur noch für die Förderung von Erneuerbaren Energien in allen Sektoren, Energieeffizienz und den Aufbau von Kohlenstoffsenken, wie z.B. Aufforstung oder nachhaltigen Holzbau verwendet werden. Es darf keine Subventionen für fossile oder atomare Energieerzeugung mehr geben.
Ein Europa ohne Kohle, Atom und Fracking ist möglich. Wir wollen die Europäische Union zum
weltweiten Vorreiter für Klimaschutz, erneuerbare Energien und Energieeffizienz machen.
Unser Kontinent hat gerade hier noch enorme Potenziale, die bislang weitgehend brachliegen.
Durch saubere Energiequellen kann eine weitgehende Energie-Unabhängigkeit erreicht, können
Klima und Umwelt geschützt und nachhaltige Jobs geschaffen werden. Das ist unser Ziel. Die
gute Nachricht: Alle Lösungen dafür stehen bereit, sie müssen nur angepackt werden!
Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Generation. Versagen wir bei
der Eindämmung der Krise, haben wir als politische Generation versagt. Mit Klimaschutz
schützen wir nicht nur (und noch nicht einmal in erster Linie) Arten und Natur. Wir schützen
unsere Lebensgrundlagen, aber auch die liberale Demokratie, ein Gemeinwesen, das in der Lage
ist, wertebasierte Politik zu machen. Und wir schützen die ökonomische Basis, auf der wir
unsere Politik aufbauen. Eine Erderhitzung über 2 Grad wird unkontrollierbare Folgen auf
unser Zusammenleben und unsere Freiheit haben. Und sie trifft immer erst die Schwächsten.
Menschen werden ihr Zuhause verlassen müssen und sich als Klimaflüchtlinge auf den Weg
machen. Die weltweiten Migrationsbewegungen werden zunehmen. Die Weltbank, nicht gerade
bekannt für ökologische Sensibilität, rechnet mit 150 Millionen Klimaflüchtlingen bis 2030.
In elf Jahren. Es wird zu Kriegen um Wasser, fruchtbare Böden oder sichere Stätten kommen.
Wir werden uns der Verantwortung so oder so nicht entziehen können. Doch die Zeit läuft uns
davon. Hitzerekorde, Dürren, Überschwemmungen und starke Stürme liefern fast täglich neue
Schreckensmeldungen. Der vergangene Sommer hat auf eindringliche Weise gezeigt, dass die
Klimakrise längst auch bei uns in Europa Realität ist.
Die Europäische Union muss zu einer Union des Klimaschutzes werden. Das heißt nicht nur,
dass sie eine andere Energie-, Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik betreibt, sondern
dass sie die ökologischen Fragen auch ins Zentrum ihrer Außen-, Sicherheits- und
Friedenspolitik stellt. Wie wir unseren Energiehunger stillen, wird maßgeblich die
Leitlinien der Außenpolitik bestimmen. Ob wir schmutzige Deals mit Diktatoren um Öl, Gas und
Kohle eingehen oder eine demokratische Energieinfrastruktur auf Basis der Erneuerbaren
aufbauen, macht einen Unterschied. Eine Handels- und Landwirtschaftspolitik, die unseren
Reichtum auf Kosten Dritter erwirtschaftet, oder stattdessen faire Partnerschaften, die
einen gedrosselten Ressourcenverbrauch bei uns bedeuten, machen einen Unterschied. Fischen
wir die Meere leer oder sorgen wir für halbwegs intakte Meeresökologie? Exportieren wir
unseren Müll ins Ausland oder verzichten wir auf Wegwerfplastik?
Viele Menschen sind weiter als die Politik: zum Beispiel Bürger*innen, die Bike- und
Carsharing nutzen, sich an Bürgerenergieprojekten beteiligen, auf ökologisch erzeugte
Lebensmittel setzen, die in Nachhaltigkeit und grüne Infrastruktur investieren. Aber auch
innovative Unternehmen, Ingenieur*innen und viele mehr haben sich auf den Weg gemacht. Mit
ihnen allen verbünden wir uns. Und packen an. Für ein Europa, das ohne Kohle- und Atomstrom
auskommt, eine Agrarpolitik betreibt, die auf ökologischen Kriterien basiert und Landwirten
eine Perspektive gibt, ein Europa, das mit einer Plastikabgabe plastikmüllfrei wird und
unsere Meere schützt.
Schadstoffbelastete Böden und Gewässer, weniger Summen und Brummen in der Luft. Das sind
Anzeichen für eine kranke Natur, die auf den Menschen zurückgeht. Und Anzeichen dafür, dass
wir Grenzen überschreiten. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen. In einem
gemeinsamen Europa können wir mit weniger Pestiziden und einem Verbot von Glyphosat Tieren
und Pflanzen wieder mehr Lebensraum geben. Mit einer Wasserrahmenrichtlinie, die wir
konkretisieren und konsequent umsetzen, verbessern wir die Qualität von Flüssen und Seen.
Und mit europäischen Korridoren für Biotope und mehr Wildnisflächen erhalten wir wichtige
Lebensgrundlagen. Wir wollen ein gemeinsames Europa, das seine Umwelt und Natur schützt.
Bei der sauberen Mobilität, bei den erneuerbaren Energien oder auch beim Divestment hinkt
Europa hinterher. Wir wollen grüne Anleihen europaweit stärken und eine Richtlinie für
ökologische Transparenz am Finanzmarkt schaffen. Für den Verkehr der Zukunft wollen wir eine
europäische Batteriezellenproduktion aufbauen. Damit sorgen wir für mehr klimafreundliche
Mobilität und halten zugleich die Wertschöpfung in Europa. Zudem knüpfen wir ein
europaweites Schienennetz und verlagern Güter von der Straße auf die Gleise. Mit einem CO2-
Mindestpreis sorgen wir für wirksamen Klimaschutz. Und für mehr Erneuerbare und größere
Versorgungssicherheit schaffen wir einen gesamteuropäischen Stromverbund und ein
intelligentes Stromnetz. Das alles geht nur gemeinsam. In einem gemeinsamen Europa.
1.1 Klimaschutz fördern, aus Kohle und Atom aussteigen
Die Europäische Union ist reich an sauberen Energiequellen. Die Erneuerbaren haben weltweit
8,3 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, davon mehr als 1,1 Millionen in der EU und über
300.000 in Deutschland. Investitionen in Erneuerbare und in Energieeffizienz sind
mittlerweile der kostengünstigste Weg für eine nachhaltige Energieversorgung. Es darf nicht
sein, dass Europa durch die rückwärtsgewandte Klimapolitik der Bundesregierung und der
Europäischen Union bei dieser rasanten Entwicklung den Anschluss verliert. In China und den
USA wird pro Kopf mittlerweile deutlich mehr in Erneuerbare investiert als in der EU.
Wir wollen das ändern! Wir wollen ein zu 100 % erneuerbares und ein energieeffizientes
Europa als Treiber für die internationale Energiewende. Dafür muss das europäische
Klimaschutzziel, das sich keineswegs auf dem Pfad der Pariser Klimaziele bewegt,
ambitionierter und verbindlich werden. Bis 2030 müssen 45 % von Europas Energie, die wir
beim Strom, der Wärme und bei der Mobilität verbrauchen, erneuerbar sein, und bis 2050
müssen es 100 % sein. Nur so kann Europa seinen Beitrag leisten, um die Klimakrise
einzudämmen und die globale Erhitzung deutlich unter 2 Grad zu halten. Die CO2-Emissionen
müssen zudem bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Bei der
Energieeffizienz braucht es eine Verbesserung um 40 % im Vergleich zum Jahr 1990, um ein
maximal technisch mögliches Niveau der Energieeffizienz für 2050 zu erreichen.
Die Verbrennung von Kohle ist die klimaschädlichste Form der Stromerzeugung. Dabei gibt es
längst Alternativen: Erneuerbare Energien sind sauberer, sicherer, effizienter und
mittlerweile auch billiger. Das haben Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Italien
längst verstanden und sich der globalen Allianz für den Kohleausstieg (Global Alliance to
Power Past Coal) angeschlossen, die sich für einen Kohleausstieg bis spätestens 2030
ausspricht. Diesen Vorreitern muss sich die Europäische Union inklusive Deutschland
anschließen, statt an der klimaschädlichen Kohle festzuhalten.
Der Export von dreckigem deutschem Kohlestrom untergräbt in europäischen Nachbarländern den
Ausbau der Erneuerbaren. Kohlekraft schadet nicht nur dem Klima, sondern setzt auch
hochgiftige Schadstoffe frei. Die hohen Folgekosten für die Verbrennung von Kohle in Europa
dürfen nicht weiter zu Lasten der Allgemeinheit gehen, die die Kosten und Risiken dafür
trägt. Die Bundesregierung ist super darin, anzukündigen, wie ehrgeizig sie in 10, 15 oder
20 Jahren sein will. Und regelmäßig macht sie nichts in der Gegenwart. Damit muss Schluss
sein. Je energischer wir jetzt handeln, desto leichter werden die letzten Etappen. Wir
müssen jetzt beginnen, Kohlekraftwerke abzuschalten. Daran muss sich Politik messen lassen.
Wir brauchen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa einen vollständigen
Kohleausstieg.
Die hochgefährliche Atomkraft, deren Kosten und Risiken auf viele zukünftige Generationen
abgewälzt werden, bekämpfen wir europaweit. Der dringend notwendige Kohleausstieg darf nicht
dazu führen, dass Kohle durch Atom ersetzt wird. Die Atombranche etwa in Frankreich setzt
auf eine Renaissance der französischen Atomkraft – mit Atomstrom-Exporten nach ganz Europa.
Die dort diskutierte Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken lehnen wir ab. Es ist völlig
unverantwortlich, dass Atomkraftwerke, die für eine Laufzeit von maximal 40 Jahren
konzipiert wurden, nun trotz zunehmender Stör- und Unfälle 60 Jahre am Netz hängen sollen.
Auch Belgien macht keine Anstalten, seine Schrottreaktoren vorzeitig stillzulegen. Risiko-
AKWs wie das französische Cattenom, das belgische Tihange oder das tschechische Temelín
gehören sofort abgeschaltet. Der Betrieb dieser Schrottmeiler birgt unbeherrschbare Risiken
für alle Europäer*innen. Darüber hinaus fordern wir ein neues Regelwerk auf europäischer
Ebene, das es Bürger*innen und Anrainerstaaten ermöglicht, Einfluss auf die
Sicherheitsanforderungen für grenznahe Atomkraftwerke nehmen zu können. Die Atomtransporte
in Europa müssen systematischer erfasst, transparenter gemacht und auf ein Minimum
beschränkt werden.
Nur durch milliardenschwere staatliche Beihilfen rechnet sich der Bau von Atomkraftwerken in
Europa überhaupt noch. Diese Subventionen sind möglich, weil immer noch auf Grundlage des
längst überholten Euratom-Vertrags entschieden wird. Alle Passagen dieses Vertrages, die
Investitionen, Forschungsförderung und Genehmigungsprivilegien im Bereich der Atomkraft
begünstigen und AKW-Projekten gegenüber anderen Energieträgern einen wettbewerbsverzerrenden
Vorteil verschaffen, müssen gestrichen werden. Der AKW-Rückbau und die Entsorgung von
Atommüll sollen zur Kernaufgabe von Euratom werden. Zudem müssen die EU-weit geltenden
einheitlichen Sicherheitsstandards wesentlich strenger werden. Ebenso ist ein neues
einheitliches europäisches Haftungsregime mit deutlich höheren Anforderungen notwendig;
Subventionierungen durch die Hintertür müssen beendet werden. Bei den Entscheidungen zu
Euratom wollen wir in Zukunft ein klares demokratisches Mitspracherecht durch das
Europäische Parlament. Damit die Energiewende europaweit gelingt, braucht es eine
Erneuerbare-Energien-Union.
CO2 einen Preis geben und den Menschen das Geld
CO2 muss einen Preis bekommen. Dieser Preis besteht nach unseren Vorstellungen aus zwei
Komponenten: Für alle Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen – das sind vor allem
Industrieanlagen sowie Kohle- und Gaskraftwerke –, sollte es einen Mindestpreis für CO2
geben. Die letzte Reform des Emissionshandels war viel zu zaghaft, die Zertifikate sind
weiterhin viel zu billig und verfehlen damit ihre Wirkung. Daher müssen sie verknappt und
verteuert werden. Wir wollen, dass Deutschland zunächst mit einigen EU-Staaten die
Initiative ergreift und in einer regionalen Staatengruppe einen gemeinsamen CO2-Mindestpreis
einführt; die Niederlande und Frankreich haben ihre Absicht dazu schon erklärt.
Perspektivisch wollen wir eine gesamteuropäische Lösung vorantreiben.
Für die Sektoren, die bislang nicht vom Emissionshandel erfasst werden, wie Verkehr, Wärme
und Landwirtschaft, braucht es eine Anpassung der Steuersätze auf Heizöl und Erdgas. Die
fossilen Energieträger müssen für ihren jeweils spezifischen CO2-Ausstoß den wahren Preis
zahlen.
Da Steuern und Abgaben auf Verbrauch immer sozial schwächere Haushalte stärker belasten als
reichere, wollen wir die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Besteuerung an die
Verbraucher*innen zurückgeben. Unser Ziel ist die Schaffung eines Energiegeldes als Pro-
Kopf-Zahlung an die Menschen in Europa. Solange dies nicht europäisch umsetzbar ist, werden
wir in Deutschland vorangehen.
Beschäftigte beim Strukturwandel in Kohlerevieren unterstützen
Der Kohleausstieg wird auch dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen und neue in
Zukunftsbranchen entstehen. Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Betroffenen ernst und
lassen die Menschen nicht im Stich. Bei diesem Strukturwandel müssen wir die Beschäftigten
und die Regionen unterstützen, damit sie eine Perspektive haben. Im Europäischen Fonds für
regionale Entwicklung (EFRE) sollen „Kohleausstiegsregionen” speziell gefördert werden. Neue
regionale Wirtschaftsschwerpunkte werden aufgebaut und passgenaue Weiterbildung wird
angeboten. Wir werden dafür ein Recht auf Weiterbildung und lebenslanges Lernen in ganz
Europa verankern. Das hilft nicht nur den vom Strukturwandel Betroffenen, sondern ist auch
ein Mittel gegen Fachkräftemangel.
Europas Energie vernetzen
Selbst wenn Energiepolitik innerhalb der EU heute immer noch vor allem in der nationalen
Kompetenz liegt, sind die Mitgliedsländer durch den gemeinsamen Strommarkt eng miteinander
verbunden. Europa muss sich energiepolitisch weitgehend unabhängig machen. Doch die geplante
Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee, die von Russland und der deutschen
Bundesregierung vorangetrieben wird und die osteuropäischen und baltischen Staaten nicht
miteinbezieht, konterkariert dieses Ziel und widerspricht dabei auch der gemeinsamen
europäischen Energieunion. Zudem ist Nord Stream 2 – wie auch neue Pipeline- und Fracking-
Projekte in anderen Ländern – klimapolitisch falsch, stellt die europäische Solidarität in
Frage und ist für die Ukraine politisch desaströs. Deshalb muss es gestoppt werden. Wir
brauchen nicht mehr Erdgas, sondern mehr Erneuerbare und Energieeffizienz.
Europa muss zusammenwachsen, auch im Strombereich. Mit einem gesamteuropäischen Stromverbund
stärken wir die Versorgungssicherheit, indem Angebot und Nachfrage auf eine breitere Basis
gestellt werden. Damit schaffen wir ein gemeinsames Netz für ganz Europa und verbinden
Lissabon mit Helsinki. Wir beugen auch Lieferengpässen vor und sorgen für mehr
Unabhängigkeit.
Für Europa brauchen wir dringend ein intelligentes Stromnetz, das sowohl die erneuerbaren
Energien dezentral verknüpft und überregional verbindet als auch über flexibel steuerbaren
Stromverbrauch clever das zunehmend erneuerbare Stromangebot vernetzt. Dafür wollen wir eine
echte europäische Energienetzgesellschaft.
Nötig sind europäische Strom- und Gasnetze, die der Energiewende dienen und helfen, die
natürlichen Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen. Dieses Prinzip muss Leitschnur für
die Auswahl der transeuropäischen Netzbauprojekte sein. Wir wollen die Erzeugungspotenziale
in Europa vernetzen und dabei Maß und Mitte halten zwischen zentralen und dezentralen
Strukturen.
Risikotechnologien wie die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), also die Einlagerung von
CO2 in unterirdische Lagerstätten, und die Förderung von Erdgas und Erdöl durch Fracking
lehnen wir wegen der unabsehbaren Gefahren für Gesundheit, Trinkwasser und Umwelt ab.
Union für Energie- und Ressourceneffizienz
Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare schaffen Arbeitsplätze und reduzieren die
Kosten für die Verbraucher*innen. Wir wollen den Umstieg privater Verbraucher*innen auf
Geräte mit geringerem Energieverbrauch fördern sowie kleinen Unternehmen eine günstigere
Grundversorgung mit Strom und Wärme ermöglichen. Die vom EU-Parlament und Rat geschaffene
Ökodesign-Richtlinie legt für verschiedene Produktgruppen ökologische Mindeststandards fest.
Das ist richtig, reicht aber lange noch nicht aus. Wir wollen für weitere Produkte
ökologische Mindeststandards festlegen. So können wir ökologische Innovationen,
beispielsweise im Bereich Verkehr, fördern. Schlüssel für weniger Energieverbrauch sind der
Bereich Bauen und Wohnen und der Umstieg auf eine energieeffiziente Elektromobilität.
Wir wollen einen Wettbewerb um die ökologischste Produktionsweise entfachen. Die Ökodesign-
Richtlinie muss Recycling und Ressourceneffizienz fördern und fordern. Auch wollen wir
erreichen, dass die jeweils ressourcenschonendste Produktionsweise nach einiger Zeit zum
Standard erklärt wird, den dann alle einhalten müssen. Die Ökodesign-Richtlinie hat das
Potenzial, 90 Milliarden Euro pro Jahr an Energie- und Materialkosten einzusparen und 1
Million Jobs zu schaffen. Insgesamt können wir mit einer ressourcenschonenden
Wirtschaftsweise bis zu 2,8 Millionen neue Arbeitsplätze in Europa schaffen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- einen europaweiten Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom,
- Investitionen in intelligente Stromnetze und einen transeuropäischen Netzausbau,
- einen vernünftigen Preis für CO2,
- ein Programm, das Arbeitnehmer*innen in Kohleausstiegsregionen unterstützt.
1.2 Europa verbinden mit grüner Mobilität
Europa lebt vom grenzüberschreitenden Austausch. Reisen, leben, lieben und arbeiten jenseits
nationaler Grenzen ist selbstverständlich geworden. Wir wollen ein Verkehrssystem in Europa
aufbauen, das den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Ein System, das unsere
Lebensqualität steigert. Steigende CO2-Emissionen verschärfen die Klimakrise, Stickoxide und
Feinstaub schädigen massiv die Gesundheit, und Staus auf zahlreichen Straßen rauben uns die
Zeit. Gleichzeitig fehlt in ländlichen Regionen ein flächendeckender Nahverkehr, sind Züge
unzuverlässig und Radwege oftmals in schlechtem Zustand. Das wollen wir ändern. Wir möchten
in Europa eine Mobilität, die klimaneutral, kostengünstig und für alle nutzbar ist und
Umwelt und Gesundheit schützt. Das bedeutet: weniger, aber dafür saubere und leise Autos,
mehr Car- und Bikesharing, bessere Zug- und ÖPNV-Angebote und eine bessere Vernetzung
unterschiedlicher Verkehrsträger in der Stadt und auf dem Land. Mittelfristig wollen wir
autofreie Innenstädte schaffen.
Europa braucht einen Paradigmenwechsel bei den Investitionen in Straßen: Statt Milliarden in
den Neubau zu stecken, muss die bröckelnde öffentliche Infrastruktur dringend saniert
werden. Wir wollen, dass auch der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Dazu fordern wir die Einführung eines CO2-Preises auf fossile Treibstoffe wie Benzin und
Erdgas, damit saubere Antriebe im Verhältnis günstiger werden.
Auch den Fahrradverkehr wollen wir ausbauen. Mittlerweile gibt es 14 europäische
Fernradwege, die Euro-Velo-Routen. Diese wollen wir ausbauen, um den grenzüberschreitenden
Fahrradverkehr zu fördern.
Ein europäisches Schienennetz knüpfen
Um die grüne europäische Mobilität zu fördern, wollen wir, dass Europa auf der Schiene
zusammenwächst. Anstatt vorrangig milliardenschwere Großprojekte, wie Stuttgart 21, mit
wenig europäischem Nutzen zu finanzieren, müssen europäische Fördermittel gezielt für
bestehende und fehlende Abschnitte eingesetzt werden. Das europäische Eisenbahnnetz ist noch
immer ein Flickenteppich mit zahlreichen Lücken an den nationalen Grenzen. Wir wollen das
ändern. Das 2016 erstmals aufgelegte europäische Lückenschlussprogramm ist ein grüner
Erfolg, der deutliche Verbesserungen schafft. Aber schon jetzt wird deutlich, dass die
Nachfrage das Programm überfordert. Deswegen fordern wir eine Verdoppelung der Mittel. Damit
schaffen wir mit wenig Aufwand einen besseren grenzüberschreitenden Schienenverkehr. Davon
profitieren gerade die Menschen, die alltäglich darauf angewiesen sind.
Während man in Europa relativ einfach mit dem Auto über Grenzen fährt, müssen im
Schienenverkehr oftmals Loks, Personal und Stromnetz gewechselt werden. Das kostet nicht nur
Zeit, sondern macht den Zugverkehr insgesamt unattraktiver. Deshalb müssen die
unterschiedlichen nationalen Verkehrsnetze europaweit vereinheitlicht werden. Ein
gemeinsames Verkehrsnetz braucht gemeinsame Standards, von Ticketsystemen und Bahnsteighöhen
bis zu Sicherheitsstandards. Nur wenn die Kleinstaaterei aufhört, kann Europa mehr Personen-
und Güterverkehr auf die Schiene verlagern. Das schont das Klima und senkt die Belastung
durch Lärm und Schadstoffe. Wir brauchen massive Investitionen in transnationalen Güter- und
Personenverkehr. Wir setzen uns für die Wiederaufnahme europäischer Nachtzüge zwischen allen
Metropolen und einen funktionierenden Pendelverkehr in Grenzregionen ein.
Weltmarktführer für saubere Autos
Um die Mobilität der Zukunft zu prägen, muss Europa den Wandel in der Autoindustrie
anpacken. Neue Automobilhersteller, Mobilitätsdienstleister und Digitalkonzerne aus den USA
und China fordern die europäischen Hersteller heraus. Nur wer die saubersten, bequemsten und
intelligentesten Mobilitätslösungen anbietet, kann internationaler Marktführer bleiben.
Dabei geht es um unglaublich viel: Wertschöpfung, Arbeitsplätze, Klima- und
Gesundheitsschutz – um nur einige wenige Aspekte zu nennen.
Es sind vor allem die nationalen Regierungen und oft Deutschland, die in Brüssel die CO2-
Grenzwerte für Autos verwässern, Diesel-Tricksereien vertuschen und strengere Abgastests
blockieren. Gerade die Große Koalition hat damit der Automobilindustrie einen Bärendienst
erwiesen. Wir Grünen wollen den nötigen Technologiewandel vorantreiben: weg vom fossilen
Verbrennungsmotor hin zu abgasfreien Antrieben. Dafür braucht es ambitionierte europäische
CO2-Grenzwerte für Neuwagen, eine Förderung der europäischen Ladeinfrastruktur und eine
europaweite Quote für abgasfreie Neuwagen, damit ab 2030 möglichst nur noch abgasfreie Autos
neu zugelassen werden. Zudem brauchen wir strengere Kontrollen bei Abgastests und das Ende
der Steuerprivilegien bei Kraftstoffen. Außerdem wollen wir die Batteriezellenproduktion
sowie die Produktion von Wasserstoffautos europäisch unterstützen, um beim sauberen Auto
Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Europa zu schaffen. Auch beim ÖPNV wollen wir die
Elektromobilität voranbringen: Bahnstrecken müssen elektrifiziert und abgasfreie Busse
produziert werden.
In einem neuen umfassenden Mobilitätssystem wird das Auto vernetzt mit Bus, Bahn, Fahrrad
und Fußverkehr. Über Carsharing teilen sich Menschen Autos. Hinzu kommen neue Entwicklungen
wie die intelligente Verkehrssteuerung und autonome Autos, die unter den richtigen
Rahmenbedingungen mehr Klimaschutz, Sicherheit und Effizienz schaffen können. Wir wollen die
digitale, emissionsfreie Mobilität stärken und damit unsere Lebensqualität erhöhen. Dazu
wollen wir auf europäischer Ebene einen Förderwettbewerb für Städte starten, die den
Autoverkehr verringern und Carsharing, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr gezielt ausbauen.
Umsteuern bei Flugverkehr und Schifffahrt
Auch den Flugverkehr und die Schifffahrt möchten wir auf einen nachhaltigen Kurs bringen.
Wir wollen, dass die EU sich auf internationaler Ebene für klare Klimaziele für die
Schifffahrt und den Flugverkehr einsetzt. Wir setzen daher auf eine einheitliche europäische
Regelung, die emissionsarme Kraftstoffe wie Wasserstoff aus erneuerbaren Energien in der
Schifffahrts- und Flugindustrie fördert. Landstromanschlüsse für Kreuzfahrt-, Container- und
Frachtschiffe sollen europaweit verbindlich werden.
Neben Nord- und Ostsee sollen weitere EU-Gewässer wie das Mittelmeer als
Emissionssonderzonen ausgewiesen und die Nutzung von Schweröl soll generell verboten werden.
Wir wollen darüber hinaus eine europaweite Abgabe für Kreuzfahrtschiffe einführen, ähnlich
der Flugverkehrsabgabe bzw. Kerosinsteuer. Derzeit sind Kreuzfahrtreisen nahezu von allen
Steuern ausgenommen, der Schiffstreibstoff steht den Reedern ebenfalls steuerfrei zur
Verfügung. Diese Ungleichbehandlung wollen wir abschaffen.
Auch im Luftverkehr kommt es darauf an, die unfairen Wettbewerbsvorteile abzuschaffen.
Internationale Flüge unterliegen weiter keiner Mehrwertsteuer und Kerosin wird nicht
besteuert. Das wollen wir ändern. Zudem muss der internationale Flugverkehr endlich in den
europäischen Emissionshandel einbezogen werden, um seinen Beitrag zum Schutz der Atmosphäre
beizutragen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- Vorfahrt für die Schiene,
- die Förderung sauberer Autos und zukunftsfester Arbeitsplätze,
- eine Schifffahrt ohne Schweröl,
- ein Ende der Steuerbefreiung für Kerosin.
1.3 Ressourcenschonende Wirtschaftsdynamik entfachen
Europa steht vor der Jahrhundertaufgabe, seine Wirtschaft ökologisch und sozial
umzugestalten. In Politik und Wirtschaft gibt es viele, die sich offenbar vor dieser Aufgabe
scheuen und sie weiter vor sich herschieben wollen. Damit werden die Probleme aber größer.
Wir Grünen bleiben dagegen hartnäckig, wenn es darum geht, der Wirtschaft einen ökologischen
und sozialen Rahmen zu setzen. Erst dieser Rahmen ermöglicht es der Wirtschaft, in einem
fairen Wettbewerb ihre Innovationskraft, ihre Ingenieurskunst und ihre technologischen
Stärken unter Beweis zu stellen. Das wollen wir unterstützen.
Wir wollen eine Modernisierungsoffensive zur Förderung ressourcenschonender und CO2-armer
Innovationen. Dafür brauchen wir eine industriepolitische Strategie, die die europäische
Wirtschaft fit für die Zukunft macht und eine neue Wirtschaftsdynamik entfacht. So vereinen
wir eine hohe Lebensqualität und gute Jobs mit dem Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen. Ermutigend für die Perspektive einer ökologischen Transformation unserer
Wirtschaft ist es, wenn sich die europäische Stahlindustrie dazu bekennt, in den nächsten
Jahren auf CO2-neutrale Stahlproduktion umzuschwenken.
Wir verbrauchen die Ressourcen und Rohstoffe unseres Planeten in einem atemberaubenden
Tempo. Für nachhaltigen Wohlstand brauchen wir eine Kreislaufwirtschaft, die wertvolle
Rohstoffe wiederverwertet. Deshalb muss die Förderung der europäischen Kreislaufwirtschaft
Zentralanliegen jeder ökologisch orientierten Wirtschaftspolitik sein. Digitalplattformen
können dabei vor allem mit Blick auf industrielle Sekundärrohstoffe eine wichtige Rolle
spielen. Europa muss darauf achten, dass etwa im Bereich von Elektronikschrott nicht
wertvolle Ressourcen rücksichtslos auf Müllkippen in der ganzen Welt exportiert werden,
während durch Hightech-Recycling der Rohstoffverbrauch reduziert und Kosten für Unternehmen
und für die Umwelt verringert werden können. Besonderes Gewicht für die Recyclingwirtschaft
hat auch die europäische Plastikstrategie, deren Ziel es ist, die ständige Vermehrung von
Plastikmüll drastisch einzudämmen.
Geld nachhaltig anlegen und raus aus den Fossilen
Wir setzen uns dafür ein, Investitionen in fossile Brennstoffe zu stoppen – und sind damit
Teil der internationalen Divestment-Bewegung. Statt aus dem Raubbau an unserem Planeten
Profit zu ziehen, wollen wir in den Klimaschutz finanzieren. Das ist auch finanziell
sinnvoll, da die internationale Energiewende dazu führen wird, dass Investitionen in Kohle,
Öl und Gas mittelfristig abgeschrieben werden müssen. Grüne in Ländern und Kommunen haben es
vorgemacht: Auf ihren Antrag hin werden die Kommunal- und Landesfinanzen nachhaltig
ausgerichtet.
Der ökologische Umbau braucht massive Investitionen, die finanziert werden müssen. Heute
wird immer noch viel Kapital in alten fossilen Technologien angelegt. Das ist nicht nur ein
ökologisches Problem, sondern gefährdet auch die Stabilität der Finanzmärkte und die
Altersvorsorge der Menschen. Wir wollen Finanzmärkte, die nicht in die Vergangenheit,
sondern in die Zukunft investieren. Nachhaltige Kapitalanlagen sind dazu ein Wachstumsmarkt,
der den Finanzplatz Europa stabiler und zukunftsfähig macht.
Grüne Anleihen wollen wir europaweit stärken und eine einheitliche Klassifizierung schaffen.
Wir fordern eine Richtlinie für ökologische Transparenz am Finanzmarkt, damit Anleger
wissen, wie ökologisch ihre Geldanlage ist. Wir wollen ein europäisches „Green Finance
Label“ für Investitionen und Anlagen einführen, die die höchsten Nachhaltigkeitskriterien
erfüllen. Außerdem wollen wir ökologische und soziale Ziele in der
Unternehmensberichterstattung verpflichtend machen und ein unabhängiges Siegel für
nachhaltige Geldanlagen einführen.
Der Staat ist selbst ein sehr großer Nachfrager von Gütern. Zukünftig wollen wir auch das
öffentliche Beschaffungswesen an verbindliche ökologische, soziale und Fairtrade-Kriterien
knüpfen. Damit schaffen wir einen gewaltigen Markt für Unternehmen, die ökologisch und
sozial wirtschaften. Staatliche Subventionen für klimaschädliches Wirtschaften wollen wir
abschaffen.
Wir wollen die Mittel des Zukunftsfonds im EU-Haushalt für die soziale und ökologische
Modernisierung der europäischen Wirtschaft und Infrastruktur nutzen und vor allem kleinen
und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk den Zugang zu europäischen Förderprogrammen für
energie- und ressourceneffiziente Produktion erleichtern. Im EU-Haushalt müssen bereits 100 Milliarden Euro unter "Klimaschutz" verbucht werden - in der Praxis besteht diese große Summe z.B. aus den ökologisch schädlichen Agrarsubventionen oder der Förderung der Dieseltechnologie. Wir wollen, dass diese Gelder nur noch für die Förderung von Erneuerbaren Energien in allen Sektoren, Energieeffizienz und den Aufbau von Kohlenstoffsenken, wie z.B. Aufforstung oder nachhaltigen Holzbau verwendet werden. Es darf keine Subventionen für fossile oder atomare Energieerzeugung mehr geben.
Wirtschaftspolitik richtet sich oft nur an profitorientierten Unternehmen aus. Dabei werden
Chancen vertan, die Genossenschaften und soziale Unternehmen bieten. Wir wollen eine
Strategie der EU zur Förderung der Gemeinwohlökonomie. Sie soll künftig in die
Unternehmensberichterstattung und in EU-Förderprogramme integriert werden. Unternehmen mit
Gemeinwohlorientierung sollen durch eine anerkannte Kennzeichnung gestärkt und bei
öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- das Anlegen öffentlicher Gelder in nachhaltigen Geldanlagen (Divestment),
- ein nachhaltiges Finanzsystem und ökologisch transparente Geldanlagen,
- eine Stärkung der Gemeinwohlökonomie.
1.4 Natur und Umwelt schützen
Sauberes Wasser, reine Luft, gesunde Böden und intakte Landschaften bilden unsere
Lebensgrundlagen. Aber diese sind bedroht. Der ehemals große Reichtum an Tieren, Pflanzen
und Lebensräumen schwindet täglich. Lebensräume gehen verloren, Arten sterben aus. Auf den
Wiesen und in den Wäldern wird es stiller, es brummt, summt und zwitschert immer weniger:
Die Vogelpopulation in Deutschland hat sich in den letzten 30 Jahren halbiert, die Anzahl
von Insekten ist seit 1989 um bis zu 80 % zurückgegangen. Rund ein Drittel der bei uns
heimischen Arten sind bedroht, darunter viele Bienen. Auch in anderen europäischen Ländern
sieht die Situation nicht viel besser aus.
Wir setzen unsere ganze Kraft dafür ein, den negativen Trend beim Artensterben zu stoppen.
Wir wollen eine artenreiche und intakte Natur erhalten und dort wiederherstellen, wo sie
bereits Schaden genommen hat. Das bedeutet auch, dass wir Natura-2000-Gebiete verteidigen,
verbessern und Schutzgebiete wo möglich vergrößern.
Die EU, und damit ihre Mitgliedstaaten, hat sich im Rahmen der Vereinten Nationen
verpflichtet, den Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume bis 2020
aufzuhalten – und wird diese Ziele voraussichtlich deutlich verfehlen. Wir fordern daher,
umgehend eine ambitionierte europäische Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt für
den Zeitraum nach 2020 und ein Nachfolgeprogramm für das 7. Umweltaktionsprogramm zu
erarbeiten. Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung wollen wir darin als neue
Leitprinzipien verankern.
In den letzten Jahren war es immer wieder die Europäische Union, die im Bereich der Umwelt-
und Naturschutzgesetzgebung Druck gemacht hat. Und es waren die nationalen Regierungen, die
sie verwässert oder nicht erfüllt haben. Dann sanktioniert die EU: Um einen der letzten
intakten Urwälder in Europa zu retten, hat der Europäische Gerichtshof die polnische
Regierung durch Androhung von Strafzahlungen gezwungen, die Abholzung des Białowieża-Waldes
zu stoppen. Ebenso hat die EU Deutschland aufgrund der zu hohen Nitratwerte in unserem
Wasser verurteilt.
Die gute gesetzliche Grundlage beim europäischen Umwelt- und Naturschutz muss von der EU-
Kommission und den Mitgliedstaaten umfassend umgesetzt werden. Hierzu sind auf allen Ebenen
personelle und finanzielle Kapazitäten zu schaffen. Außerdem muss die EU-Kommission ihre
Rolle als Hüterin der Verträge und des EU-Rechts ernst nehmen und hierfür Verstöße gegen das
europäische Umweltrecht konsequent durch Vertragsverletzungsverfahren ahnden.
Umweltschädliche Subventionen wollen wir abbauen und den Naturschutz besser finanzieren.
Außerdem wollen wir transeuropäische grüne Korridore für Biotope vorantreiben. Um
Lebensgrundlagen in der EU zu erhalten, braucht es eine intakte Natur. Dafür fördern wir
mehr Wildnisflächen: Möglichst bis 2030 wollen wir die Wildnisflächen in Europa verdoppeln.
Dafür muss Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und sein beschlossenes Ziel von 2 %
Wildnis bis 2020 umsetzen. Doch all das bringt uns nur voran, wenn wir das mit einer
Agrarwende, weniger Pestiziden auf den Feldern und mehr ökologischem Landbau verbinden.
Für Umwelt- und Tierschutzverbände wollen wir ein volles Verbandsklagerecht schaffen, damit
der Umweltschutz gegenüber kurzfristigen Industrieinteressen gestärkt wird. Wir wollen die
Entscheidungsprozesse demokratisieren, indem wir die Bürgerbeteiligung stärken und
Lobbyismus regulieren.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- den Schutz einzigartiger Kulturlandschaften und Urwälder in Europa,
- grenzüberschreitende Biotope,
- eine bessere Naturschutzfinanzierung,
- ein Verbandsklagerecht für Umwelt- und Tierschutzorganisationen
1.5 Die Landwirtschaft so verändern, dass sie unsere Lebensgrundlagen bewahrt
Wir streiten und werben für eine vielfältige, nachhaltige, regional verankerte, bäuerliche
Landwirtschaft, die Natur und Tiere schont und gesundes Essen für uns alle erzeugt. Wir
wollen eine konsequente Neuausrichtung hin zu einer europäischen Agrar- und
Ernährungspolitik, die im Einklang ist mit den europäischen Zielen in der Klima-, Umwelt-,
Verbraucher- und Entwicklungspolitik. Zudem möchten wir die vielfältigen Kulturlandschaften
in Europa und lebendige ländliche Räume mit zukunftsfesten Betrieben erhalten. Deswegen
streiten wir für die europäische Agrarwende: für den Aufbau einer nachhaltigen
Lebensmittelproduktion, die sowohl eine gesunde Ernährung sichert als auch hohen Umwelt- und
Tierschutzstandards genügt und faire Preise für die Landwirt*innen erzielt.
Zusammen mit Landwirt*innen und Umweltverbänden haben wir schon viel erreicht: Immer mehr
Verbraucher*innen in der EU wollen gesunde, ökologisch und regional produzierte
Lebensmittel. Daher ist Bio-Landbau längst ein fester Bestandteil der europäischen
Landwirtschaft geworden. Genauso setzen sich immer mehr Menschen in der EU mit uns für
bessere Tierhaltung und mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft ein, wie zuletzt die
europäische Bürgerinitiative gegen Glyphosat gezeigt hat. Doch der Handlungsdruck bleibt
groß.
Durch intensive Landwirtschaft und Monokulturen gehen noch immer europaweit fruchtbare Böden
verloren, das Artensterben geht ungebremst weiter, der Pestizideinsatz ist ungemindert hoch
und industrielle Tierhaltung degradiert Tiere zu Rohstoffen. Die Landwirtschaft, eine der
Hauptbetroffenen der Klimakrise, ist selbst für einen nicht geringen Anteil des Ausstoßes
klimaschädlicher Gase und damit mit für die Erderhitzung verantwortlich.
Es ist höchste Zeit, eine Agrar- und Ernährungspolitik zu entwickeln, die die europäische
Landwirtschaft zukunftsfähig macht. Der Schutz von Klima, Boden, Wasser, Artenvielfalt und
Tierwohl steht im Mittelpunkt dieser neuen Landwirtschaftspolitik. Die europäische
Agrarpolitik sollte dazu beitragen, dass die Konsum- und Produktionsstrukturen in Europa
nicht die natürlichen Ressourcen und die Lebensgrundlagen bei uns in Europa und in sich
entwickelnden Ländern zerstören, indem EU-Agrarprodukte zu Dumpingpreisen die Märkte
Afrikas, Asiens und Lateinamerikas überfluten. Vielmehr muss sie dazu beitragen, dass die
bäuerliche Landwirtschaft in Europa erhalten wird und die nachhaltigen Entwicklungsziele
erreicht werden.
Qualität statt Masse – Neuausrichtung der Agrarförderung
Um die europäische Landwirtschaft an die gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen,
muss sich vor allem die EU-Agrarförderpolitik grundlegend ändern. Immer noch kommt der
größte Teil der bisher knapp 60 Milliarden Euro, mit denen die Landwirtschaft jährlich
subventioniert wird, insbesondere großen Betrieben zugute und fördert so Umweltzerstörung,
Industrialisierung und Exportorientierung. Die Mittel belohnen zudem pauschal Bodenbesitz.
Eine neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dagegen muss Leistungen der Landwirtinnen und
Landwirte für das Gemeinwohl fördern und ihnen so Alternativen zum Prinzip „wachse oder
weiche“ eröffnen. Der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, eine artgerechte und eine
flächengebundene Tierhaltung würden dann gezielt unterstützt. Betriebe, die weniger oder gar
keine Pestizide einsetzen, unser Wasser sauber halten, würden also deutlich mehr Förderung
bekommen als industriell wirtschaftende Betriebe. Nur mit dem Prinzip „öffentliches Geld für
öffentliche Leistung“ lassen sich die hohen Zahlungen noch rechtfertigen.
Die Vorgaben für diese Leistungen müssen auf EU-Ebene definiert werden, damit die
Mitgliedstaaten nicht um den niedrigsten Standard konkurrieren. Voraussetzung für jedwede
Förderung ist das Einhalten von Umweltstandards, die ebenfalls für alle Mitgliedstaaten auf
EU-Ebene festgelegt werden müssen. Im Rahmen der GAP fordern wir einen 15 Milliarden Euro
schweren Naturschutzfonds.
Landspekulationen und Aufkauf von Land eindämmen
Landgrabbing, das heißt das Aufkaufen von landwirtschaftlichen Flächen als
Investitionsobjekten durch Kapitalanleger und Staaten, sowie eine verzerrende
Strukturpolitik bedrohen die vielfältige, solide und nachhaltige bäuerliche
Landwirtschaftsstruktur, auch in Europa.
Bäuerliche Betriebe sollen vor Agrarkonzernen und Bodenspekulation geschützt werden, etwa
durch verpflichtende Obergrenzen für Agrarzahlungen pro Nutznießer (und nicht nur pro
Tochterunternehmen), mehr Geld für die ersten Hektare, um kleine und mittlere Betriebe zu
unterstützen, Einstiegserleichterungen für Neugründungen, Transparenz der
Eigentumsverhältnisse, Monitoring der Preise und des Zustands des Bodens durch eine
europäische Beobachtungsstelle. Landwirtschaftlicher Boden ist ein öffentliches Gut und muss
vor Spekulationen geschützt werden.
Trinkwasser und Gewässer schützen
Wasser ist ein kostbares Gut, das geschützt werden muss. Der Zugang zu sauberem Wasser ist
ein Menschenrecht. Doch fast 2 Millionen Menschen in Europa haben keinen ordentlichen Zugang
zu Trinkwasser oder sanitärer Versorgung. Die Klimaerhitzung verschärft diese Situation. In
südlichen Ländern wie Spanien, Italien oder Griechenland wird Wasser bereits zu einem immer
knapperen Gut. Unsere Art zu konsumieren und zu wirtschaften verschwendet und verschmutzt
Wasser zu leichtfertig. Um das Menschenrecht auf Wasser in der EU zu verankern, gründete
sich 2012 die Europäische Bürgerinitiative Right2Water, die wir von Anfang an unterstützt
haben. Knapp 1,7 Millionen Europäerinnen und Europäer aus 13 EU-Mitgliedstaaten trugen diese
erste erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative. Wir werden uns weiterhin jedem Versuch
entgegenstellen, die öffentliche Wasserversorgung zum Investitionsobjekt für internationale
Unternehmen zu machen.
Unser Leitbild sind lebendige Flüsse und Seen in Europa, die in einem guten ökologischen
Zustand sind. Gesunde Gewässer sind besonders wertvolle Ökosysteme, denn sie garantieren
Artenreichtum. Doch davon sind wir in vielen Teilen Europas noch meilenweit entfernt.
Deshalb setzen wir uns vehement für eine ambitionierte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
ein und werden diese durch entsprechende Leitfäden konkretisieren. Außerdem wollen wir den
Antibiotikaeinsatz, eine Gülleüberproduktion und den Einsatz gefährlicher Pestizide in der
Landwirtschaft weiter zurückdrängen.
Insekten- und Vogelsterben aufhalten – Glyphosat vom Acker!
Die industrielle Landwirtschaft ist eine Hauptursache für das Artensterben. Wichtige
Lebensräume für Tiere und Pflanzen gehen durch Ackergifte, Überdüngung, Monokulturen,
intensive Landnutzung und fehlende Wildnis verloren.
Wir reduzieren den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft drastisch, indem wir die
giftigsten Pestizide sofort verbieten – darunter auch alle Neonikotinoide, denn sie schaden
unseren Insekten und Bienen massiv. Für das Ende des Totalherbizids Glyphosat setzen wir uns
weiterhin mit aller Kraft ein – und machen Druck auf die Bundesregierung, die schon einmal
auf europäischer Ebene für die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung gestimmt hat. Die
Zulassungsverfahren für Pestizide wollen wir auf Basis eines gestärkten Vorsorgeprinzips
reformieren und das zugrunde liegende Wissenschaftsprinzip transparenter machen. Es braucht
dringend eine unabhängige Risikobewertung sowie strenge Kontrollmechanismen.
Fischbestände schützen
Wir machen uns stark für eine nachhaltige EU-Fischereipolitik, die dafür sorgt, dass unsere
Meere geschützt und Fischarten nicht überfischt werden. Nur die nachhaltige Bewirtschaftung
von Fischbeständen gibt der Fischerei eine Zukunft. Um der katastrophalen Plünderung der
Meere und der Fischbestände Einhalt zu gebieten, reichen kosmetische Korrekturen der EU-
Fischereipolitik nicht aus. Fangquoten müssen verbindlich an wissenschaftlichen Kriterien
ausgerichtet werden, statt rein politisch festgelegt zu werden. Die Tiefseefischerei und
besonders umweltschädliche Fangmethoden wollen wir gänzlich verbieten. Die EU soll
bestehende Meeresschutzgebiete ausweiten, neue schaffen und die Gebiete effektiv sichern.
Tierwohl stärken
Gerade angesichts der Klimakrise brauchen wir eine Abkehr von den großen Tierbeständen.
Neben den ökologischen Problemen wird schlicht die Futtergrundlage zu knapp. Deshalb sollten
alle Förderungen daran gekoppelt werden, dass die Anzahl der Tiere pro Fläche begrenzt wird.
Ein Betrieb sollte also nur so viele Tiere haben, wie er mit dem Ertrag seiner Flächen
grundsätzlich ernähren kann.
Viel zu häufig konkurrieren die EU-Länder um die niedrigsten Preise und reduzieren so die
Tierschutzstandards. Wir wollen hingegen, dass die EU alle Tiere durch neue Gesetzgebung und
ordnungsgemäße Durchführung bestehender Regelungen schützt.
Je weniger Tiertransporte, desto besser für die Tiere. Falls Transporte nicht vermieden
werden können, müssen sie so unstrapaziös wie möglich sein. Daher fordern wir, dass Tiere
verpflichtend zu einem nahe gelegenen Schlachthof gebracht werden müssen – statt zu dem, der
am billigsten arbeitet. Tiertransporte für Schlachttiere wollen wir auf maximal vier Stunden
begrenzen. Wir wollen regionale Schlachtstätten und mobile Schlachteinrichtungen fördern
sowie regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen aufbauen, um eine Infrastruktur
für regionale, tierschutzkonforme Schlachtung zu schaffen.
Exporte lebender Schlachttiere in Länder außerhalb der EU sowie jede Form von Klonen und
Qualzucht wollen wir verbieten. Das Verbot von Tierversuchen in der Kosmetik muss konsequent
umgesetzt und auf weitere Produkte ausgeweitet werden. Zusätzlich benötigen wir eine
Förderung für die Erforschung von Alternativen. Auch Straßentiere müssen in Europa ein
würdiges Leben haben. Wir fordern ein Ende der Tötung von streunenden Katzen und Hunden.
Stattdessen müssen öffentliche und private Maßnahmen der Geburtenkontrolle, etwa die
Kastration, gestärkt werden.
Wildtiere wollen wir besonders schützen. Hierfür sind internationale Arten- und
Naturschutzabkommen konsequent umzusetzen. Wir wollen illegalen Wildtierhandel in Europa
bekämpfen und den Import von Wildfängen in die EU verbieten.
Landwirtschaftliche Ökosysteme stärken – Gentechnik konsequent regulieren
Eine andere Landwirtschaft bedeutet auch anders anzubauen – gerade im Lichte der
Klimaauswirkungen. Das Potenzial verschiedenster Anbaumethoden, robuste landwirtschaftliche
Ökosysteme zu bilden – über Push-and-Pull-Techniken und Permakultur bis zu
Agroforstsystemen –, ist riesig, ebenso wie das Potenzial ökologischer Anbautechniken,
widerstandsfähig gegenüber Krankheiten, Trockenheit, Versalzung, Vernässung zu sein. Dieses
Potenzial ist aber in Europa nur in Ansätzen erforscht. Wir fordern daher eine deutlich
stärkere Forschungsförderung in diesem Bereich. Denn aktuell werden agrarökologische
Methoden – zu denen auch der zertifizierte Ökolandbau gehört – in Europa und weltweit nur
mit einem Bruchteil der finanziellen Mittel erforscht und weiterentwickelt, die
konventionelle und gentechnische Ansätze erhalten.
Wir Grünen lehnen seit vielen Jahren die Agrogentechnik ab, anders als Gentechnik im
medizinischen Bereich und bei der industriellen Produktion. Die großen Probleme, die Länder
wie die USA oder Argentinien als Folge des Einsatzes von Gentechnik haben – wie ein massiver
Einsatz von Totalherbiziden wie Glyphosat, Superunkräuter, Gefährdung landwirtschaftlicher
Vielfalt, die große Monopolmacht der Agrarkonzerne sowie die eingeschränkte
Verbraucherfreiheit –, unterstreichen, wie wichtig diese Ablehnung war und ist.
Daher ist es essenziell, dass das Vorsorgeprinzip entsprechend der Entscheidung des EUGH
auch gegenüber neuen Verfahren in der Gentechnik europaweit angewandt wird. Weil
gentechnische Veränderungen nicht rückholbar sind, muss sichergestellt werden, dass keine
Organismen freigesetzt werden, die Schaden anrichten. Ob die Probleme, die es bei der
herkömmlichen Gentechnik gibt, bei neuen gentechnischen Verfahren wie CRISPR/Cas zum Tragen
kommen, muss in jedem einzelnen Zulassungsverfahren im Sinne des europäischen
Vorsorgeprinzips geklärt werden.
Der Einsatz von Gentechnik ist aber nicht nur eine Frage der gesetzlichen Zulassung, sondern
vielmehr eine Frage der Ethik und der gesellschaftlichen Akzeptanz. Deshalb muss der weitere
Umgang mit neuen gentechnischen Verfahren breit gesellschaftlich diskutiert werden.
In diesem Zusammenhang halten wir es auch grundsätzlich für höchst problematisch, dass bei
der finalen Zulassung einzelner Konstrukte der Ständige Ausschuss und die Mitgliedstaaten
ohne das Europäische Parlament entscheiden. Das können wir so nicht akzeptieren. Wir Grünen
werden uns dafür einsetzen, dass das Parlament bei dieser Entscheidung angemessen beteiligt
und gehört wird.
Eine klare Kennzeichnung von Gentechnik ist zentral. Auch Produkte von Tieren, die mit
gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, müssen als solche gekennzeichnet
werden.
Für den Schutz des gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Landbaus ist ein
Standortregister nach wie vor unverzichtbar. Die Regelungen zur gesamtschuldnerischen
Haftung sind entsprechend so zu gestalten, dass Mehrkosten und Aufwand, der für den
konventionellen, gentechnikfreien und ökologischen Landbau entsteht, den Nutzern von Sorten,
die mit neuer Gentechnik hergestellt wurden, angerechnet werden.
Keine Patente auf Saatgut, Pflanzen und Leben – Klonen, nein danke!
Das zentrale Problem beim Herumexperimentieren am Saatgut ist dessen Patentierbarkeit. Sie
führt zu immer größeren Monopolen der Agrarkonzerne. Landwirte werden damit abhängig
gemacht, gerade in den Entwicklungsländern mit fatalen Folgen. Problematisch ist zudem, dass
Pestizide bei gentechnisch veränderten Pflanzen häufig eingesetzt werden und die
Wahlfreiheit der Verbraucher*innen unterlaufen wird.
Der entscheidende Kampf ist daher der um ein Verbot von Patenten auf Saatgut und Leben
insgesamt. Züchtung muss, wie seit Jahrtausenden, ein Open-Source-System bleiben. Das Recht
auf Nahrung ist ein Menschenrecht und damit darf es keine Patente auf Pflanzen und auf Tiere
geben.
Zugleich fordern wir ein dauerhaftes Verbot des Klonens in der EU. Den Import von Klonen
sowie von Produkten von deren Nachkommen lehnen wir ab. Es kann nicht sein, dass Milch und
Fleisch von Nachkommen von Klontieren ungekennzeichnet auf den europäischen Markt kommen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- eine Ausrichtung der europäischen Agrarpolitik an ökologischen Kriterien,
- sauberes Wasser in ganz Europa,
- ein Verbot von Glyphosat und giftigen Pestiziden,
- eine EU-Fischereipolitik, die unsere Fischbestände erhält,
- konsequente Regulierung und Transparenz bei Gentechnik ein Verbot von Patenten auf
Saatgut, Pflanzen und Tiere.
1.6 Europa vom Plastikmüll befreien
Unser Ziel ist ein Europa ohne Plastikmüll, mit sauberen Meeren, einem reichhaltigen
Fischbestand und einer Natur ohne Müll. Die Realität sieht bedrückend anders aus: In den
Ozeanen schwimmen Plastikmüllteppiche von der Größe Mitteleuropas. Auch unsere Flüsse und
Böden leiden unter der zunehmenden Vermüllung. Wenn wir jetzt nicht radikal umsteuern, wird
es 2050 mehr Plastik als Fische im Meer geben. Inzwischen findet sich Mikroplastik sogar in
der Arktis und im Gletschereis – obwohl dort nahezu keine Menschen leben.
Ein erster Schritt dagegen ist ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und
Pflegeprodukten. Denn Mikroplastik schadet nicht nur den Fischen, sondern kann
möglicherweise auch für unsere Gesundheit schädlich sein. Mikroplastik wurde schon in Salz,
Bier und Mineralwasser nachgewiesen. Welche giftigen Plastikzusätze wir dadurch zu uns
nehmen, weiß bisher niemand genau. Auch für das Klima ist Mikroplastik schlecht. Denn durch
den Zerfall in immer kleinere Partikel wird Methan freigesetzt – das wiederum zur Erhitzung
unserer Erde beiträgt.
Plastikflut eindämmen
Das Importverbot für Plastikmüll, das China Anfang 2018 verhängt hat, beweist, welch
riesiges Problem wir haben. Allein aus Europa importierte China rund 1,5 Millionen Tonnen
Plastikmüll pro Jahr. Seither müssen die Mitgliedstaaten ihre Müllberge selbst in die Hand
nehmen.
Um die zunehmende Plastikflut einzudämmen, brauchen wir anspruchsvolle Minderungsziele für
Plastikabfälle und höhere Recyclingquoten. Bis 2030 müssen wir unseren Verpackungsabfall in
der EU um 50 % reduzieren. Außerdem darf es nicht sein, dass Plastikmüll weiterhin deponiert
wird. Das wollen wir ändern. Ab 2030 müssen alle in der EU in den Verkehr gebrachten
Kunststoffprodukte wiederverwendbar oder komplett abbaubar sein oder kosteneffizient
recycelt werden können.
Plastik ist nicht per se schlecht. Für viele Einsatzgebiete, etwa in der Medizin, ist
Plastik ein wichtiger und sinnvoller Werkstoff. Problematisch ist die zunehmende Verwendung
von Plastik für Einweg- und Wegwerfprodukte. Denn als langlebiges Produkt darf Plastik nicht
in erster Linie für wenige Minuten verwendet werden, wie das beispielsweise bei Trinkhalmen
der Fall ist. Da, wo es Alternativen gibt, müssen sie auch genutzt werden. Die Europäische
Kommission hat dieses Problem in ihrer Plastikstrategie aufgegriffen und unter anderem ein
Verbot von Wegwerfprodukten aus Plastik wie Wattestäbchen, Plastikgeschirr und auch
Trinkhalmen angestoßen. Das ist ein guter erster Ansatz, reicht jedoch noch nicht, um den
Massen an Einwegplastik umfangreich Einhalt zu gebieten.
Zudem braucht es eine EU-weite Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte. Eine solche Abgabe bietet
den Anreiz, Verpackungsmüll zu reduzieren, indem die Rohstoffe verteuert werden. Zugleich
kann dadurch der Anteil von recyceltem Plastik gesteigert werden. Erdöl und Erdgas zur
Produktion von Kunststoffen dürfen nicht subventioniert werden. Die Besteuerung von Plastik
muss in eine umfassende und ambitionierte Strategie zur Einsparung und Vermeidung von
Plastik, zur Steigerung des Mehrweganteils und für besseres Produktdesign eingebettet
werden. Dazu gehört auch, die Forschung und Entwicklung von alternativen Materialien
auszubauen.
Recycling stärken
Wir wollen das Recycling von Plastik stärken. Auch hier bietet die Plastikstrategie der EU-
Kommission einen guten Ansatz, der jedoch erweitert werden sollte. Die Recyclingkapazitäten
in der EU müssen massiv ausgebaut werden. Dazu brauchen wir ein ökologisches und
recyclingfreundliches Produktdesign. Die Verpackungsindustrie muss hierzu ihren Beitrag
leisten. Denn immer mehr Verpackungen setzen sich aus vielen unterschiedlichen Materialien
zusammen – was die Recyclingfähigkeit einschränkt.
Getränkeflaschen sind ein Alltagsprodukt aus Plastik. Doch während wir in Deutschland ein
funktionierendes Mehrwegsystem haben, besteht auf europäischer Ebene noch Handlungsbedarf.
Qualitativ hochwertige Plastikflaschen können rund 40 Mal wieder befüllt werden. Das ist
wesentlich ökologischer als Einmalflaschen, die direkt in den Müll wandern. Unser Ziel ist
eine Mehrwegquote in der EU. Deutschland, Österreich und Portugal sind hier schon sehr viel
weiter als andere Mitgliedstaaten. Daher muss eine solche Quote zunächst gestaffelt
aufgebaut werden, um allen die gleichen Chancen zu geben. Für Einweggetränkeflaschen
brauchen wir ein EU-weit einheitliches Pfandsystem. Denn gerade diese Wegwerfprodukte
vermüllen unsere Landschaften, Strände und Meere.
Mit einer ambitionierten Strategie für ein plastikmüllfreies Europa können wir Vorbild sein.
Die Europäische Union muss sich aber auch für eine internationale Plastikkonvention unter
dem Dach der Vereinten Nationen einsetzen. Schließlich kennt Plastikmüll keine Grenzen.
Wer GRÜN wählt, stimmt für
- ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten,
- eine europäische Plastiksteuer,
- verbindliche Mehrwegquoten,
- ein EU-weit einheitliches Pfandsystem für Einweggetränkeflaschen.
weitere Antragsteller*innen
- Philipp Schmagold (Kiel KV)
- Tobias Balke (Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf KV)
- Marcel Kühle (Mainz KV)
- Nina Röckelein (Konstanz KV)
- Horst Schiermeyer (Görlitz KV)
- Rosa Domm (Hamburg-Eimsbüttel KV)
- Werner Weindorf (München KV)
- Gideon Müller (Berlin-Tempelhof/Schöneberg KV)
- Jutta Paulus (Neustadt-Weinstraße KV)
- Jannick Frank Roller (Freiburg KV)
- Andreas Rieger (Dahme-Spreewald KV)
- Michael Kruse (Bremen-Nordost KV)
- Anna Leidreiter (Segeberg KV)
- Carl Ulrich Gminder (Reutlingen KV)
- Timo Klöpper (Peine KV)
- Malte-Jannik Krüger (Steinburg KV)
- Bernd Frieboese (Berlin-Reinickendorf KV)
- Niclas Ehrenberg (Düsseldorf KV)
- Andrea Piro (Rhein-Sieg KV)
- Mario Hüttenhofer (Konstanz KV)
Kommentare
Carolin Schenuit:
KV Charlottenburg-Wilmersdorf