Immer mehr Menschen bevorzugen eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise. Verbraucher*innen sind hierzu jedoch darauf angewiesen, dass Lebensmittel Angaben darüber enthalten, welche Stoffe sie enthalten und wie sie hergestellt wurden.
Viele Fertigprodukte werden jedoch mit tierischen Bestandteilen hergestellt, ohne dass Verbraucher*innen dies erkennen können.
Grund sind Lücken in den Kennzeichnungspflichten hinsichtlich des Ursprungs von Aromen und Zusatzstoffen oder der Verwendung sog. technischer Hilfsstoffe.
Fruchtsäfte beispielsweise sind von Natur aus aufgrund des Fruchtfleischs getrübt. Alternativ bieten Hersteller "klare Säfte", beispielsweise Apfelsäfte an, die den Verbraucher stärker ansprechen sollen. Zur Herstellung "klarer Säfte" ist jedoch der Einsatz eines Filtrationsstoffs während der Herstellung erforderlich. Häufig wird Rinder- und Schweinegelatine als Filtrationsstoff eingesetzt. Da es sich hierbei ausschließlich um einen Stoff handelt, der zur Produktion beigemengt wird und anschließend wieder entnommen wird, ist die verwendete Gelatine nicht kennzeichnungspflichtig. So ist im Endprodukt zwar keine Gelatine mehr enthalten, Verbraucher*innen können jedoch nicht erkennen, dass bei der Produktion ihres vermeintlich rein pflanzlichen Apfelsafts im Rahmen der Produktion Gelatine beigemischt wurde.
Problematisch ist hier umso mehr, dass die Entnahme der Gelatine häufig nur unzureichend erfolgt. So hat beispielsweise die Organisation FoodWatch verschiedene Fruchtsäfte getestet und erhöhte Rückstände von Rinder- und Schweinegelatine nachgewiesen, die im Rahmen der Produktion (Filtration von Trübstoffen) beigemengt wurden.
Problematisch ist zudem die uneinheitliche Verwendung der Bezeichnung "Aromen" oder Zusatzstoffen (E-Nummern). Auch hinter diesen können sich tierische Zusatzstoffe verbergen, ohne dass Verbraucher*innen dies erkennen. So kann beispielsweise bei Backwaren dem Mehl aus Schweineborsten extrahiertes L-Cystein beigemengt sein. Das "natürliche Aroma", mit dem Chips gewürzt sind, kann Bestandteile von Wild oder Lab enthalten. Auch bei beigemengten Farbstoffen ist für Konsumenten nicht erkennbar, ob sie pflanzlichen / künstlichen Ursprungs sind oder ob beispielsweise das Karminrot (E 120d) aus Scharlach-Schildläusen gewonnen wird.
Verbraucher*innen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren wollen, haben jedoch ein Recht darauf, auf solche Inhalts- oder Produktionsstoffe hingewiesen zu werden.
Die Regelung ist europaweit nicht einheitlich. Weder sind die Begriffe "vegetarisch" oder "vegan" definiert, noch bestehen einheitliche Kennzeichnungspflichten. Manche Hersteller nutzen als Marketingstrategie Aufdrucke wie "Suitable for Vegetarians" (Essbar für Vegetarier), verzichten auf gegenteilige Kennzeichnungen jedoch meist, wenn (für Verbraucher nicht erkennbar) tierische Stoffe verwendet wurden. Aufgrund des harmonisierten europäischen Binnenmarktes und einer Gleichberechtigung aller Verbraucher*innen erscheint eine europaweit einheitliche Regelung erforderlich, beispielsweise in eine europäische Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung.
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Friedhelm Kosmann: