Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | WKF Wirtschaft, Klima, Finanzen |
Antragsteller*in: | Kreismitgliederversammlung KV Göttingen (dort beschlossen am: 01.10.2019) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch NEU WKF-07-198-4. Die Antragstellerin stimmt zu, dass ihr Anliegen im Rahmen des Antragsverfahrens WKF-07 behandelt wird. |
Eingereicht: | 02.10.2019, 10:19 |
WKF-04: Ein CO2-Preis zur Durchsetzung von effizienter Nutzung der Energiequellen
Antragstext
Um einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens bis
spätestens 2040 und zur effizienten Verwendung und Einsparung von Energie zu leisten, sind:
Die Energiesteuern auf fossile Energiequellen wie Benzin, Diesel, Heizöl, Kerosin, Schweröl
und Erdgas um einen Aufschlag von mindestens 80 Euro pro Tonne CO2-Emission zu erhöhen. Die
Einnahmen werden an die gesamte Bevölkerung zurückverteilt. Die Energiesteuern sind jährlich
um einen Aufschlag in Höhe von mindestens 10 Euro pro Tonne CO2-Emission zu erhöhen. Die
zusätzlichen Einnahmen werden ebenfalls an die gesamte Bevölkerung zurückverteilt. Der
Anpassungspfad ist jährlich zu verschärfen, wenn die Klimaziele nicht erreicht werden.
Begründung
Das gegenwärtige Steuer-, Umlagen- und Abgabensystem auf Energie schadet dem Klima, setzt ökonomische Fehlanreize, blockiert Innovationen, belastet das Sozialsystem und die Sozialversicherungsbeiträge. Eine schrittweise Umgestaltung soll die Nutzung von Technologien und Dienstleistungen, die das Klima, die Atmosphäre, das Wasser und die Böden verschmutzen oder schädliche Emissionen verursachen finanziell höher belasten und die Nutzung umweltfreundlicher und effizienter Technologien finanziell erleichtern. Die Maßnahme soll dazu beitragen, die vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nach dem Pariser Klimaabkommen zu erfüllen. Die zusätzlichen Einnahmen sollen die Bürgerinnen und Bürger auf direktem Wege entlasten. Dabei ist Sorge zu tragen, dass geringere Einkommen und Transferleistungsempfänger in dem gleichen Umfang entlastet werden. Das kann durch direkte Auszahlung einer Bonuszahlung erfolgen oder durch Entlastung bei anderen Steuern und Abgaben.
Die Maßnahmen tragen dem Verursacherprinzip Rechnung. Die sogenannte Internalisierung externer Kosten ist ein höchst effizienter Weg, um entstehende Kosten dem jeweiligen Verursacher anzulasten. Enkeltaugliche Innovationen und Investitionen in energie- und ressourceneffiziente Produkte und Dienstleistungen werden dadurch gefördert. Gegenwärtig werden die externen Kosten der Klima- und Umweltverschmutzung von der Bevölkerung insgesamt getragen. Diese Kosten fallen bspw. in Form von Anpassungsmaßnahmen für Klimaschutz, Verschmutzung von Atemluft, Gewässern und Böden, Belastungen der Gesundheit und erhöhten Kosten für Krankenkassen an.
Mit der geforderten Erhöhung werden umweltfreundliche Technologien wettbewerbsfähiger. Umweltschädigende Technologien werden unwirtschaftlicher. Gleichzeitig bleibt die durchschnittliche Belastung jedes Einzelnen gleich. Die Rückzahlung der Einnahmen kann vorzugsweise über die Auszahlung eines Anteils der Einnahmen an jede einzelne Person erfolgen. Damit wird die Steuerlast im gleichen Gesamtumfang gemindert. Denkbar wäre auch eine direkte Verminderung der Steuern auf Lohn- und Einkommen. Dabei müssten aber Transferleistungsempfänger in gleicher Höhe profitieren. Denkbar wäre auch eine Entlastung bei der Steuer auf Strom.
Deutschland hat sich mit dem Pariser Klimaschutzabkommen völkerrechtlich verbindlich zur Einhaltung der Ziele des Abkommens verpflichtet. Die bislang ergriffenen Maßnahmen reichen keinesfalls aus, um die Ziele zu erreichen, geschweige denn die höheren Selbstverpflichtungen, die im Herbst bei der Klimakonferenz in Chile erwartet werden. Im Frühjahr dieses Jahres haben 46 Finanzminister von Nationalstaaten und 28 Finanzminister von regionalen Gebietskörperschaften in den Helsinki Principles festgestellt, dass ein Preis für CO2-Emissionen einfach, fair und effizient ist, um Klimaschutzziele zu erreichen. Er muss flankiert werden von sozialen Maßnahmen. Die erzielten Einnahmen sollen zurückgegeben werden.
Die Finanzminister halten derzeit Preise von 40-80 €/t im Jahr 2020 für erforderlich, um die Ziele von Paris zu erreichen. Das Steuer-, Abgaben- und Umlagensystem in Deutschland ist historisch gewachsen. Bislang werden nur etwa 40 Prozent aller Emissionen durch das Emissionshandelssystem der Europäischen Union erfasst. Der Preis für eine Tonne CO2 ist durch die letzte Reform angezogen und liegt derzeit bei etwa 25 €/t. Viele energieintensive Betriebe erhalten derzeit noch kostenlose Zertifikate, um Carbon leakage zu verhindern. Laut Umweltbundesamt verursacht die Emission einer Tonne CO2 Schäden von 180 Euro pro Tonne. (PI 37/2018) Für nicht vom Emissionshandelssystem erfasste Bereiche hat sich Deutschland ebenfalls zur Einhaltung der Reduktionsziele verpflichtet. Sollten die Ziele nicht erreicht werden, muss im Rahmen des Lastenausgleichs eine Zahlung an Länder erfolgen, die die Ziele erreichen. Nichthandeln ist daher in mehrfacher Hinsicht keine Option.
60 Prozent der Volkswirtschaft werden derzeit noch nicht von einem Preissystem für Kohlenstoff erfasst. Das betrifft insbesondere die Sektoren Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft. Bei den erfassten Bereichen ist der Preis zudem noch zu niedrig. Im nicht erfassten Bereich ist die implizite Belastung von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas durchweg deutlich geringer als die Belastung von Stromverbrauch. Die sinnvolle Nutzung von Wärmepumpen zur Beheizung von Gebäuden wird dadurch bspw. deutlich erschwert. Auch die Nutzung von Elektrofahrzeugen unterliegt heute noch einer deutlich höheren impliziten Belastung mit Steuern- und Abgaben als die Nutzung von Fahrzeugen mit Benzin oder Dieselantrieb. Die Nutzung effizienter Technologien unterbleibt damit viel zu oft. Das ist aus Sicht des Klimaschutzes kontraproduktiv.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ein wichtiger Schritt zur Internalisierung externer Kosten. Um die Ziele zu erreichen und die Wirkung der Maßnahmen zu verstärken soll der Preis kontinuierlich weiter angehoben werden. Zudem sollen die Belastungen der einzelnen fossilen Energieträger angeglichen werden, um nicht sinnvolle Ausweichreaktionen zu vermeiden. Ziel ist ein CO2-Mindestpreis für alle Sektoren. Auch die Erstattungen sollen im gleichen Umfang ansteigen. Schon die Erwartung künftig steigender Kosten wird Investitionsentscheidungen für Güter, die lange genutzt werden, deutlich beeinflussen. Die Erwartung künftig steigender Betriebskosten fließt damit in die Kalkulation von Investitionsentscheidungen ein. Zudem sind Subventionen für fossile Energieträger konsequent zu beseitigen. Die Erhebungskosten sind zudem sehr gering, weil die Zahlung direkt ab Raffinerie bzw. bei der Einfuhr erhoben werden könnte. Die Maßnahme trägt auch dazu bei den jährlichen Import der Bundesrepublik Deutschland von fossilen Kraftstoffen im Umfang von 80-90 Mrd. € deutlich zu reduzieren, die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren und die Abkehr vom Ölzeitalter zu beschleunigen.
Kommentare
Mario Hüttenhofer:
Bitte unterstützt zusätzlich die ÄAs zu WKF-07 und WK-03 die als ÄAs dies ebenfalls einfordern:
https://antraege.gruene.de/44bdk/Handeln__und_zwar_jetzt_Massnahmen_fuer_ein_klimaneutrales_Land-26580/5697
https://antraege.gruene.de/44bdk/Handeln__und_zwar_jetzt_Massnahmen_fuer_ein_klimaneutrales_Land-26580/5645
https://antraege.gruene.de/44bdk/Das_Zeitfenster_schliesst_sich__Klimarettung_JETZT-2494/5705
Besten Dank!
Klaus Willemsen:
Mario Hüttenhofer:
Aus den Daten des foes kann die Rückerstattung bei 115€ je t CO2 sogar ca. 300€ je Person betragen. Das Institut hat für 35€ je t CO2 96€ Rückerstattung bei 100% Ausschüttung der Steuereinnahmen ermittelt.
http://www.foes.de/pdf/2019-07-FOES_CO2Preis_Hintergrundpapier_BMU.pdf
Klaus Willemsen:
Das ergibt bei 115€ je Tonne CO2 immerhin 285€ p.P. /Jahr. Für viele sicherlich schon ein Argument, zukünftig GRÜN zu wählen.
Das foes hat aber nur die CO2-Abgaben des privaten Sektors verteilt. Man kann aber auch den industriellen Sektor mit der CO2-Abgabe belegen und diese Einnahmen an die Bevölkerung auszahlen. Denn: "Private Haushalte sind für 17 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich."
"Hinzu kommt der Verkehr(20,8 Prozent), die Energiewirtschaft (38,6 Prozent) zusammen mit dem verarbeitenden Gewerbe und der Industrie (22,7 Prozent) und die Landwirtschaft hat ihren Anteil am Klimawandel." https://www.deutschlandfunk.de/co2-emissionen-in-deutschland-die-schwierige-rechnung-mit.3669.de.html?dram:article_id=453960
Bepreist man die 9t, die pro Bundesbürger emittiert werden, mit 115€ ergibt sich daraus ein Bürgergeld von 1035€ im Jahr. Nimmt man die Methanemissionen hinzu kommt man leicht auf 1200€/Jahr oder auf die 100€ pro Person und Monat. Da müssen wir hin!