Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | W Wohnen |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 15.11.2019 |
Eingereicht: | 08.01.2020, 16:07 |
Recht auf Wohnen
Beschlusstext
Wohnen ist eine soziale Frage. Mieten und Immobilienpreise haben sich in den
wirtschaftsstarken Städten und Regionen in den letzten Jahren stark erhöht. Gestiegene
Wohnkosten stellen für sehr viele Menschen insbesondere Familien, inzwischen bis weit in die
Mitte unserer Gesellschaft hinein vor große Probleme. Bezahlbare Wohnungen mitten in der
Stadt, in gewachsenen Wohnvierteln, in der Nähe vom Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft von
Schulen und Kitas, medizinischen Versorgungseinrichtungen, aber auch Kulturangeboten werden
für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen unerreichbar. Viele haben Angst davor,
ihre Wohnung zu verlieren oder ihre angestammten Wohnviertel verlassen zu müssen. Das
schlägt einen Spalt in unsere Gesellschaft. Der soziale Zusammenhalt geht verloren.
Wachsende räumliche Barrieren, zunehmend getrennte Wohnorte und Lebensbereiche von Alten und
Jungen, Armen und Reichen, Familien und Singles verstärken die Spaltung.
Die Mieten in deutschen Großstädten steigen seit Jahren rasant. Allein in Berlin stiegen die
Neuvertragsmieten binnen fünf Jahren um etwa 50 Prozent. In München sind Quadratmeterpreise
von über 20 Euro inzwischen keine Seltenheit mehr. Preistreiber sind oftmals spekulative
Bodenpreise. Aber das Problem betrifft schon lange nicht mehr nur die Metropolen. Auch in
Städten wie Lübeck, Potsdam oder Reutlingen haben immer mehr Menschen Probleme, eine Wohnung
zu finden, die sie auch bezahlen können. Noch extremer ist der Anstieg der Kaufpreise von
Immobilien. In den sieben größten deutschen Städten haben sie sich seit 2010 verdoppelt.
Immer mehr Menschen müssen einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für die Mietkosten
ausgeben. .Jede*r fünfte Mieter*in gilt inzwischen als überlastet. Für immer mehr soziale
und kulturelle Einrichtungen werden die überhöhten Mieten zum Problem. Bei vielen kleinen
Gewerbetreibenden oder bei Existenzgründer*innen (wie Start-Ups) werden die Gewinne von
steigenden Mieten aufgefressen. Eine vielfältige Einzelhandelsstruktur verschwindet so aus
unseren Städten. Aber auch für Unternehmen wird es zu einem Problem, dass ihre
Mitarbeiter*innen in der Stadt keine Wohnung mehr finden. Diese Entwicklungen stellen eine
Gefahr für den Frieden und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft dar und verschärfen
die soziale Spaltung.
Besonders betroffen von der Wohnungsnot sind Menschen mit geringerem Einkommen, Familien mit
Kindern, Alleinerziehende, Arbeitssuchende, LSBTIQ, Menschen mit Behinderung sowie
Migrant*innen. Gerade sie werden bei der Vergabe von Wohnungen diskriminiert. Oft
entscheidet die Tatsache, ob jemand Mayer oder Haddad heißt, alleinerziehend ist oder nicht
darüber, ob die Person zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen wird. Menschen werden aus
ihren angestammten Wohnquartieren vertrieben, wenn ihre Vermieter*innen die Mieten immer
stärker erhöhen. Modernisierungen, die wir für die Rettung des Klimas dringend brauchen,
werden dafür missbraucht, Rendite zu maximieren. Mieter*innen werden so aus ihren Wohnungen
verdrängt und dann durch neue Wohnungseigentümer*innen oder besserverdienende Mieter*innen
ersetzt. Es steigt auch die Zahl der Wohnungslosen. In einem reichen Land wie unserem fehlt
es inzwischen 650.000 Menschen am Allernötigsten: an der eigenen Wohnung.
Der Wohnungsmarkt liegt wesentlich in kommunaler Verantwortung. Die Wohnungsbaupolitik als
Daseinsvorsorge ist überwiegend Ländersache. Probleme sollen da gelöst werden, wo sie
entstehen.
Es gibt aber auch ganz andere Problemlagen. In Deutschland gibt es zahlreiche Regionen mit
schrumpfender Bevölkerung, Wohnungsleerstand und Herausforderungen durch einen raschen
demographischen Wandel. Hinzu kommt eine Zersiedelung, die lange, unökologische
Pendelverkehre und eine überlastete Verkehrsinfrasturktur zur Folge haben. Dieses Problem
werden wir aber weniger mit wohnungspolitischen, sondern vielmehr eher mit regionalen,
strukturpolitischen Instrumenten insbesondere durch die Landesregierungen lösen.
Die Ursachen für die Wohnungskrise sind vielfältig. Eine Deregulierung des Wohnungsmarktes,
politische Fehlentscheidungen wie die Privatisierung großer kommunaler Wohnungsbestände
sowie eine durch die Finanzkrise verstärkte Immobilienspekulation sind nur einige davon. Es
gibt zwar immer noch hunderttausende private Vermieter*innen, die eine Wohnung oder ein
Mietshaus zur Altersvorsorge erworben haben, und bei der Vermietung häufig auf maximale
Rendite verzichten. Und es gibt sozial verantwortliche Wohnungsunternehmen , die mit ihrem
Bestand stabilisierend auf den Wohnungsmarkt wirken. Doch es fehlt schlicht an genügend
Wohnraum. Staatliche Aufgabe ist insbesondere bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Seit der
Finanzmarktkrise sind unsere Städte aber auch zum Spielfeld der globalen Finanzinvestoren
geworden, die die städtischen Bodenpreise in Höhen getrieben haben, die bezahlbaren
Wohnungsneubau teilweise unmöglich machen. Gleichzeitig wurde der Wohnungsneubau in den
angespannten Wohnungsmärkten in Deutschland über viele Jahre massiv vernachlässigt. Nach
unterschiedlichen Schätzungen liegt der Bedarf an neuen Wohnungen deutlich über den im
vergangenen Jahr gebauten 285.000 Wohnungen. Aus diesem Grund müssen wir den Bestand an
preiswertem Wohnraum schützen sowie dringend eine Bauoffensive starten, damit sich die
Mietsteigerungen der vergangenen Jahre nicht noch mehr fortsetzen.
„Bauen, Bauen, Bauen“ allein kann jedoch nicht die Lösung sein. Es kommt entscheidend darauf
an, was, wo, wie und für wen gebaut wird. Mit Luxus-Apartments ist weder der jungen Familien
noch der alleinerziehenden Krankenpfleger*in oder der Rentner*in geholfen.Der
grundgesetzlichen Forderung, dass Eigentum "zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen
soll" muss politisch wirksam Geltung verschafft werden.
Eine wesentliche Ursache des Fehlens von preisgünstigem Wohnraum ist der Rückzug der
öffentlichen Hand aus dem sozialen Wohnungsbau, die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit
für über drei Millionen Wohnungen und die massenhafte Privatisierung öffentlicher
Wohnungsbestände in den letzten drei Jahrzehnten. Die Folgen spüren wir heute: Gemeinnützig
gebundene Wohnungen gibt es nur noch auf freiwilliger Basis und von den damals 3,6 Millionen
Sozialwohnungen sind heute weniger als 1,2 Millionen übrig. Wir werden uns deshalb in
Zukunft gegen weitere Verkäufe kommunaler und staatlicher Wohnungen vehement wehren. Denn es
sind diese Fehler der Vergangenheit, die sich heute rächen. Eine Studie gibt den
bundesweiten Bedarf an günstigen Sozialmietwohnungen mit zusätzlich 1,6 Millionen an.
Überteuerte Modernisierungen oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen treiben die
Entwicklung weiter an.
Verschärft wird die Situation durch Finanzspekulationen. Spekulant*innen nutzen gezielt
bestehende Lücken in den Steuergesetzen, um Gewinne am Allgemeinwohl vorbei zu schleusen und
missbrauchen das Mietrecht zur Renditemaximierung. Der Grundstücks- und Wohnungsmarkt ist in
einigen Großstädten bereits zu einem ungebremsten Finanzmarkt geworden. Geschäftsmodelle,
die mit ungezügelten Renditeerwartungen mit Wohnraum an der Börse spekulieren stehen im
Widerspruch zum Recht auf Wohnen. Doch Wohnen ist keine Ware, sondern ein soziales
Grundrecht. Was gebaut wird, muss lebenswert und nachhaltig sein. Gutes Wohnen bedeutet auch
Ruhe und gesunde Luft – Wohnen soll nicht krank machen. So manches Quartier wirkt wie
ausgestorben anstatt quirlig und lebendig: leere Zweitwohnungen, kaum Menschen auf der
Straße. Wir wollen nachhaltige, also sozial gemischte, grüne und kulturell ansprechende
Quartiere erhalten und neu schaffen, in denen auch altersgerechtes Leben und barrierefreien
Wohnen möglich sind und auch Arbeitsplätze vor Ort entstehen können.
Auch der Klimawandel und insbesondere die Klimaanpassung stellt uns in Fragen des Wohnens
und Arbeitens in unseren Dörfern und Städten vor neue Herausforderungen. Dicht bebaute
innerstädtische Quartiere heizen sich im Sommer stark auf. Wir müssen verhindern, dass sich
unsere Städte für kranke oder alte Menschen im Zuge der fortschreitenden Erderhitzung zu
Zonen entwickeln, in denen sie weder schlafen noch sich im Freien aufhalten können. Auch
deswegen werden grüne Lungen für unsere Städte immer wichtiger. Wir wollen die Anzahl von
Bäumen in Städten und an Verkehrswegen drastisch erhöhen. Wir wollen die Anzahl von Bäumen
in Städten drastisch erhöhen, um Schatten und Sauerstoff in die Stadt zu bringen sowie die
Wasseraufnahme zu verbessern. Außerdem wollen wir die Dächer und Fassaden nutzen, um Natur
in die Stadt zu bringen. Und in Zeiten des Klimawandels und begrenzter Ressourcen kann die
Lösung für den Wohnungsmarkt nicht nur in Neubauten liegen. Wir setzen daher auch auf
flächensparendes Wohnen, damit der bestehende Wohnraum besser genutzt wird.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Wohnen ein Grundrecht. Wir wollen es als einen Bestandteil von
neuen sozialen Grundrechten in unser Grundgesetz aufnehmen.
Mit dem vorliegenden wohnungspolitischen Programm buchstabieren wir aus, mit welchen
Maßnahmen wir dieses Grundrecht auf Wohnen einlösen können.
1. Neuen Wohnraum schaffen – sozial und gemeinwohlorientiert
Beim sozialen Wohnungsbau stehen wir vor einer Herkulesaufgabe. Wir müssen die Fehler und
Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre zügig korrigieren. Schon seit den 1990er Jahren haben
sich viele Kommunen mehr und mehr aus dem Wohnungsmarkt zurückgezogen. In Folge des Skandals
bei dem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen „Neuen Heimat“ entschied sich die damalige
schwarz-gelbe Bundesregierung, die Wohngemeinnützigkeit in Deutschland insgesamt
abzuschaffen, statt sie zu reformieren. Anstatt Transparenz herzustellen und gegen
Korruption entschlossen vorzugehen zog sich die Politik weitgehend aus dem Wohnungsmarkt
zurück und überließ ihn dem freien Spiel des Marktes.
Die vom Bund in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen reichen angesichts der
Herausforderung hinten und vorne nicht. Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsbau: 2020 wird
der Bund seine Mittel um ein Drittel auf nur noch eine Milliarde Euro kürzen. Und das,
obwohl seit Jahren zwischen 40.000 und 60.000 Sozialwohnungen pro Jahr verloren gehen. Der
Bedarf liegt aber mindestens bei 80.000 zusätzlichen Sozialwohnungen jährlich.
Den geringen Ausgaben des Bundes für den Wohnungsbau stehen Aufwendungen für Kosten der
Unterkunft und Wohngeld in Höhe von 17 Milliarden Euro gegenüber. Anstatt Wohnraum zu
schaffen, alimentieren wir die teuren Mieten der privaten Eigentümer*innen für diejenigen,
die sich das Wohnen nicht mehr leisten können. So subventionieren wir mit Steuergeldern
letztlich die Gewinne von Vermieter*innen und Wohnungskonzernen. Neue Wohnungen entstehen so
nicht.
Wir wollen deswegen eine Kehrtwende in der deutschen Wohnungspolitik. Wir wollen neuen
Wohnraum schaffen – und zwar vor allem öffentlich und gemeinwohlorientiert.
Gemeinnützig Bauen und Wohnen
Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen wieder deutlich erhöht und verstetigt werden.
Dafür müssen bestehende kommunale Wohnungsgesellschaften gestärkt werden und es braucht eine
Gründungsoffensive für neue kommunale Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften.
Dabei wollen wir die Kommunen dabei umfassend unterstützen. Genauso stehen wir an der Seite
der Zivilgesellschaft und unterstützen das Aktionsbündnis „Wohnen ist Menschenrecht“.
Wir werden eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Insgesamt wollen wir in den nächsten
zehn Jahren den Bestand an dauerhaft gebundenen Sozialwohnungen um mindestens eine Million
erhöhen. Dafür setzen wir auf Neubau, aber auch auf Ankauf von bestehenden Wohnungen.
Entsprechend braucht es ein öffentliches Investitionsprogramm des Bundes von zunächst
mindestens drei Milliarden Euro jährlich. Wir finanzieren das teilweise durch die
Abschaffung von wohnungspolitisch nicht zielführenden Subventionen wie dem Baukindergeld.
Für die Wohngemeinnützigkeit soll das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Güter“
gelten. Vermieter*innen, die sich dazu verpflichten, dauerhaft an Menschen mit geringerem
Einkommen und zu günstigen Mieten zu vermieten, erhalten eine öffentliche Förderung. Die
Wohngemeinnützigkeit steht allen Akteur*innen offen: der kommunalen Wohnungsgesellschaft,
der Genossenschaft, aber auch dem privaten Wohnungsunternehmen und der privaten
Kleinvermieter*in. Wir gewähren einen Investitionszuschuss von bis zu 20 Prozent der
Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der Erwerb wird von der Grunderwerbsteuer befreit.
Außerdem werden die Gewinne von der Ertragsbesteuerung befreit. Wir werden die Besteuerung
der Wohnungswirtschaft künftig konsequent an dem Leitprinzip der Gemeinnützigkeit
ausrichten. Spekulative Abschreibungsmodelle müssen abgeschafft werden. Um den dauerhaften
Erhalt der Sozialwohnungen doppelt abzusichern, setzen wir zusätzlich auf öffentliches
Eigentum an Grund und Boden und setzen das Erbbaurecht ein.
Im sozialen Wohnungsbau früherer Jahre wurden viele Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern
wollen wir lernen. Wir werden für ein ausgewogenes Verhältnis von Sozialwohnungen,
Genossenschaften, Wohnprojekten, privatem Mietwohnungsbau und selbstgenutztem Wohneigentum
Sorge tragen, um soziale Segregation zu verhindern. Unser Ziel sind vielfältige gemischte
Quartiere, wo Menschen unabhängig von Alter und Einkommen Nachbar*innen sein können. Wir
wollen bei Neubauten verbindliche Quoten an Sozialwohnungen haben und deshalb Kommunen die
Möglichkeit geben, in Bebauungsplänen Festsetzungen zu treffen, wonach bei Wohnbauvorhaben
ein bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche im geförderten Wohnbau realisiert werden
muss. Wir wollen bezahlbaren Wohnraum auch für mehr Menschen zur Verfügung stellen, wir
wollen die Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen erhöhen und eine neue Kategorie geförderter
Wohnungen für Haushalte schaffen, deren Einkommen die Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen
um bis zu 50 Prozent übersteigt. Bei diesen Sozialwohnungen gelten dann entsprechend weniger
strenge Kriterien bei der Miethöhe und es wird eine Teilförderung gewährt.
Unser Vorbild für einen gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt ist die Stadt Wien mit ihrem
großen Anteil gemeinnütziger und für breite Schichten bezahlbaren Wohnraum, der ausgewogene
Mischung sicherstellt. In einer Sozialwohnung zu wohnen wird dort nicht gleichgesetzt mit
Armut, weil die Mehrheit der Wiener*innen in Sozialwohnungen lebt. Menschen, deren Einkommen
über die Einkommensgrenzen hinauswächst, werden deswegen nicht zum Umzug gezwungen, aber für
sie soll eine einkommensabhängige Fehlbelegungsabgabe eingeführt werden, deren Einnahmen für
den Bau neuer Sozialwohnungen verwendet wird. Alternativ können Wohnungsunternehmen das
Modell einkommensabhängiger Mietstufen nutzen, wobei die Mietbelastungsquote für
einkommensschwache Mieter*innen nicht höher als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens liegen
sollte.
Wir werden für die Wohngemeinnützigkeit eine unabhängige Aufsicht schaffen, welche die
Einhaltung der Kriterien kontrolliert. Zu Unrecht bezogene Fördergelder werden
zurückgefordert und Verstöße auch mit Bußgeldern belegt. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen
müssen vollständig transparent wirtschaften. Unser Leitbild ist nicht der große, zentral
verwaltete staatliche Wohnungskonzern, sondern dezentral verwaltete und selbstbestimmte
Wohnprojekte und überschaubare Wohnungsunternehmen. Deshalb werden wir eine
Mietermitbestimmung einführen, so dass die Menschen, die in den Wohnungen leben, ein
Mitspracherecht und Einfluss auf wichtige Entscheidungen erhalten.
Barrierefreies Wohnen in jedem Alter
Altersgerechter und barrierefreier Wohnraum ist eine wichtige Basis für ein selbstständiges
und selbstbestimmtes Leben – in den Städten ebenso wie in den ländlichen Räumen. Für einen
Großteil der Menschen stellen mittlerweile ambulante Wohn- und Pflegeformen eine klare
Alternative zum Heim dar. Wir wollen daher Wohnungen und das Wohnumfeld so gestalten, dass
Menschen unabhängig von ihrem Alter oder ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit möglichst
selbstständig und unabhängig in ihrer gewohnten oder gewünschten Umgebung leben können. Dazu
gehören auch Hausgemeinschaften, Pflegewohngruppen und Wohngemeinschaften genauso wie
Mehrgenerationenwohnen oder „Wohnen mit Versorgungssicherheit“ in der eigenen Wohnung.
Derzeit fehlen allerdings allein für Menschen mit Behinderung in Deutschland immer noch rund
eine Millionen barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen. Zudem es gibt auch zu wenig
preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-
Programm „Altersgerechter Umbau“ mit deutlich aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und
Dörfer ergänzen. Hier sind auch Länder und Kommunen gefragt, den barrierefreien Ausbau
voranzubringen und die infrastrukturelle Anbindung des ländlichen Raums an die Groß- und
Mittelstädten, sowie untereinander zu ergänzen und zu verbessern.
Verdichten, aber nicht Erdrücken
Boden ist ein begrenztes Gut. Wir müssen Bauflächen schaffen und gleichzeitig den
Flächenfraß reduzieren. Was wie ein Widerspruch klingt, wird durch eine innovative
Bauoffensive aufgelöst werden, die behutsam verdichtet, höher baut, und die ganze Stadt
konsequent begrünt.
Besonders in unseren Städten erleben wir vielfältige Nutzungskonflikte. Was hat Vorrang?
Parkplatz oder Spielplatz? Wohnung oder Einkaufszentrum? Solche Fragen werden in Kommunen
täglich diskutiert und potentielle Bauflächen sind heiß umkämpft. Um mehr Wohnraum in
Städten zu schaffen, wollen wir, wo es sinnvoll ist, nachverdichten. Neue Quartiere sollen
nach dem Leitbild "Stadt der kurzen Wege" geplant werden, damit die Bewohner*innen alle
Angebote des täglichen Bedarfs fußläufig (möglicher Ergänzung: oder mit dem ÖPNV) erreichen
können. Bestehende Gebäude sollen aufgestockt werden, um Flächen zu sparen, Supermärkte und
Parkplätze können überbaut werden. Wir erleichtern die behutsame Nachverdichtung durch
Dachausbauten finanziell, wenn dadurch bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. Statt einer
Sonderabschreibung, welche die Preise weiter in die Höhe treibt, wollen wir eine
Investitionszulage im Rahmen einer "Grünen Bauoffensive" schaffen. Wir fördern damit
finanziell die Nachverdichtung mit Wohnungen sowie das Aktivieren von Brachen in den
Innnenbereichen der Städte.
In Deutschland stehen etwa zwei Millionen Wohnungen leer. Wir fördern die Wiederbelebung
leerstehender Häuser und Wohnungen finanziell mit der "Grünen Bauoffensive". Vielerorts
lässt sich so Naturverlust und Flächenversiegelung an Ortsrändern und im Umland verhindern
und vorhandene Häuser und Grundstücke in den Ortskernen wieder beleben. Das schafft und
sichert Werte, statt Natur und das Klima zu zerstören und Ortskerne auszuhöhlen.
Die Bewohner*innen müssen bei der Planung beteiligt werden. Mangelnde Beteiligung führt zu
langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Bauverzögerungen und oft entstehen an dem Alltag der
Menschen vorbei gebaute Quartiere. Deswegen stehen wir für moderne Beteiligungsprozesse im
Rahmen einer zu verwirklichenden Baukultur. Wir wollen Beteiligungsprozesse organisieren, in
denen Menschen frühzeitig ergebnisoffen mitentscheiden können, was gebaut, wird.
Viele bestehende Bebauungspläne sind schon älter und ermöglichen nur begrenzt heutige
Anforderungen an eine angemessene Nachverdichtung. Wir wollen die Kommunen dabei
unterstützen, bestehende Bebauungspläne im Sinne einer vertikalen Siedlungsentwicklung zu
ändern, so dass höher gebaut werden kann und Natur in der Stadt und Umland geschont und
bereits versiegelte Flächen besser genutzt werden.
Bisher ungenutzte Brachen, die eine ökologische Funktion für die Stadt haben, sollten wir
schon aus Klimaschutzgründen nicht vollständig bebauen, sondern auch für neue grüne Lungen,
Erholungsgebiete und soziale Begegnungsräume nutzen. Wir verschreiben uns dem Ziel der
doppelten Innenentwicklung. Ebenfalls ist es wichtig, dass neue öffentliche Räume
erschlossen und unsere Städte lebenswerter gestaltet werden.
Soviel, wie neu gebaut wird, so viel an neuem Grün wollen wir schaffen – auch und vor allem
auf Dächern und Fassaden, die heute dafür weitgehend ungenutzt bleiben. So wollen wir das
Stadtgrün schützen und erweitern, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes und als
Anpassungsmaßnahme an die Klimakrise, sondern auch, weil es für die Lebensqualität in den
Städten, gerade für Menschen ohne Zugang zu Gärten und Freiflächen, von hoher Bedeutung ist.
Wir setzen auf die Senkung der Flächeninanspruchnahme auf maximal 30 Hektar pro Tag.
Spätestens ab 2030 wollen wir erreichen, dass für jede neue Versiegelung von Fläche eine
gleich große, nicht mehr benötigte Siedlungsfläche renaturiert wird.
Im ländlichen Raum stellt sich das Problem oft umgekehrt dar. Es gibt Leerstand und Dörfer
mit Einwohnerschwund. Gut ausgebaute ÖPNV-Verbindungen sind nicht nur eine klimafreundliche
Verkehrsalternative, sondern auch ein Mittel gegen Wohnungsnot, wenn so der ländliche Raum
mit attraktiven Reisezeiten an die Ballungszentren angeschlossen und angebunden wird. Um
ländliche Räume wieder attraktiver zu machen, müssen wir aber mehr tun, als nur eine
Verbindung in die nächste Stadt herzustellen. Es bedarf einer massiven Stärkung der
öffentlichen Infrastruktur in ländlichen Räumen. Gesundheitsversorgung, Verwaltung, soziale
und kulturelle Angebote und vieles mehr.
Der Baulandspekulation den Boden entziehen
Der stärkste Kostentreiber beim Wohnen sind Grundstücks- und Baulandpreise. Die Preise für
Bauland sind seit 2010 um über 60 Prozent gestiegen, in den Großstädten noch deutlich
stärker. Mit 870 Prozent Bodenwertsteigerung in weniger als zehn Jahren musste Berlin den
größten Anstieg weltweit verkraften. Grund und Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden und
die explodierenden Bodenpreise schlagen auf die Immobilienpreise und Mieten durch. Wenn
davon gesprochen wird, dass günstiges Bauen kaum mehr möglich ist, liegt dies zuvorderst an
den inzwischen für sehr viele Menschen unbezahlbaren Grundstückspreisen. Aber Boden ist ein
Allgemeingut, unvermehrbar, unentbehrlich und sozial gebunden.
In Deutschland hat die öffentliche Hand viele ihrer Grundstücke verkauft. Die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben (BImA) hat ihre Grundstücke lange Zeit meistbietend versteigert und
wurde damit selbst zu einem Treiber der Spekulation. Eine Bodenvorratspolitik, die Vorsorge
für die Zukunft betreibt, haben deutsche Städte und Gemeinden fast nirgends gemacht. Daraus
resultiert, dass die wertvollen Baugrundstücke in unseren Städten heute größtenteils in
privater Hand sind und die Kommunen horrende Preise zahlen müssten, um sie zurück zu kaufen.
Wir wollen Kommunen dabei unterstützen, wieder eine aktive Bodenpolitik zu betreiben und
verstärkt Grund und Boden für öffentliche Aufgaben wie gemeinnützigen Wohnungsbau zu
erwerben. Der Bund muss das durch eine langfristige gemeinwohlorientierte Bodenpolitik
unterstützen.
Die noch vorhandenen bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investoren
veräußert, sondern ausschließlich verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung
abgegeben werden. An private Investor*innen sollte hingegen nur noch im Erbbaurecht vergeben
werden, damit die Flächen dauerhaft im staatlichen Eigentum verbleiben. Heute laufen
Sozialbindungen nach 15 bis 30 Jahren aus. Durch die Vergabe im Erbbaurecht wollen wir
vertraglich sicherstellen, dass künftig Sozialwohnungen dauerhaft in der Bindung erhalten
bleiben. Wir werden die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und die Liegenschaften
des Bundeseisenbahnvermögens zu einem gemeinnützigen, revolvierenden Bundesbodenfonds weiter
entwickeln. Der Bundesbodenfonds soll für gemeinwohlorientiere und öffentliche Akteure des
Wohnungsbaus Grundstücke ankaufen und diesen Akteuren Grundstücke übertragen bzw.
verpachten.
Viele Investor*innen sind Eigentümer*innen von Bauland, spekulieren aber lieber auf
steigende Bodenpreise als zu bauen. Das Bau- und Planungsrecht bietet die Möglichkeit,
Grundstückseigentümer*innen mit dem Baugebot zur Bebauung zu verpflichten. Das
Bundesverfassungsgericht sieht gerade bei Grund und Boden eine besondere und weitgehend
soziale Verpflichtung des Eigentums. Wer der Aufforderung sein Grundstück zu bebauen nicht
nachkommt, kann zum Verkauf gezwungen werden, ggf. nur gegen Entschädigung zum
Bodenrichtwert . Wir unterstützen die Kommunen, die von dieser Möglichkeit bei besonders
angespannten Wohnungsmärkten Gebrauch machen. Bei solchen Lagen sollen Kommunen das Baugebot
nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern für bestimmte Gebiete aussprechen können. Länder
sollen in die Lage versetzt werden, durch eine erhöhte Grundsteuer für unbebaute Grundstücke
einen Anreiz zum Bauen zu schaffen.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die Rechte von Mieter*innen zu stärken. Vorbildcharakter hat
für uns die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer*innen. Durch sie ist sichergestellt,
dass nicht nur die Eigentümer*innen eines Unternehmens, sondern auch die dort beschäftigen
Arbeitnehmer*innen einen Einfluss auf die Entscheidungen haben, die sie direkt betreffen.
Wir wollen dieses Prinzip vom Arbeitsverhältnis auf das Mietverhältnis übertragen. Unser
Ziel ist, der Gemeinschaft der Mieter*innen Mitbestimmungsrechte zu einzuräumen, etwa wenn
es um Umbauten oder Modernisierungen geht. Wir wollen so eine echte Mietermitbestimmung
entwickeln, um die Gemeinwohlorientierung des Eigentums auch auf dem Wohnungsmarkt
durchzusetzen. Diese Mieter*innenmitbestimmung soll – analog zur
Arbeitnehmer*innenmitbestimmung – für Wohnungsgesellschaften ab einer bestimmten Größe
gelten.
Die größte Hürde zur Schaffung bezahlbaren Wohnraumes liegt nicht in fehlenden Investoren
oder Fördermitteln, sondern überwiegend in der Vergabepraxis von Flächen. Immer noch zu oft
werden öffetnliche Flächen meistbietend an Investoren veräussert, ohne ausreichende
städtebauliche wie mietpreisbeschränkende Rahmenbedingungen zu definieren. In der Folge wird
eben kein bezahlbarer Wohnraum geschaffen, sondern vielmehr die Mieten maximiert. Die
Kommunalpolitik hat häufig zu wenig Instrumente, um dem entgegenzuwirken. Aufgabe der
Bundes- und Landespolitik ist es daher, solchen für die Wohnungsmärkte fatalen
Flächenvergaben entgegenzuwirken und die Kommunen zu unterstützen, eine aktive Bodenpolitik
zu betreiben und mehr Transparenz zu schaffen.
Die Preise für Grund und Boden steigen nicht, weil die Eigentümer*innen die Qualität des
Bodens verbessern, sondern wegen der Lage, also einer Umgebung mit öffentlicher
Infrastruktur, attraktiven Arbeitsplätzen, Kultureinrichtungen oder Universitäten. Aufgrund
dieser Faktoren werden bestimmte Gegenden beliebter und stärker nachgefragt. Die Ernte
dieser Leistungen anderer sollte nicht über eine Bodenrente privatisiert werden. Für die
Eigentümer*in stellen sie einen leistungslosen Vermögenszuwachs dar. Im Baugesetzbuchgibt es
bereits Instrumente, die durch die kommunale Planung geschaffenen privaten
Bodenwertsteigerungen im Rahmen von städtebaulichen Verträgen und bei Sanierungs- und
Entwicklungsmaßnahmen abzuschöpfen. Wir wollen es den Kommunen ermöglichen, weitergehende
planungsbedingte Bodenwertsteigerungen rechtssicher abzuschöpfen und für kommunale
Infrastrukturen, soziales Wohnung und Umwelt einzusetzen. Dies soll auch bei Bauvorhaben in
bereits bebauten Quartieren ermöglicht werden (§34 BauGB), wo bislang leistungslose
Bodenwertsteigerungen gar nicht für die Belange der Allgemeinheit nutzbar sind. Damit wird
es auch möglich, den häufigen spekulativen Handel mit Baugenehmigungen einzudämmen und so
mittels dieser Spekulationsbremse für Boden den zuletzt stark angewachsene Bauüberhang in
den Städten abzubauen.
Mit dem Vorkaufsrecht gemeinwohlorientiertes Wohnen schaffen und Mieter*innen vor
Verdrängung schützen
Das im Bauplanungsrecht verankerte Vorkaufsrecht der Kommunen für Wohnungen und Bauland ist
ein wichtiges Mittel, gegen Verdrängung der angestammte Mieter*innen in den Stadtgebieten
entgegenzutreten, und stellt für uns ein wichtiges Instrument dar, um das Ziel von mehr
öffentlichem und solidarischem Eigentum zu verwirklichen. Es wird aber viel zu selten
genutzt und unterliegt zu restriktiven Voraussetzungen. Daher wollen wir den Kommunen die
Möglichkeit geben, Vorkaufsrechte innerhalb von vier Monaten auch mit dem Ziel einer
langfristigen Bodenbevorratung zu begründen und im Einzelfall auszuüben. Das kommunale
Vorkaufsrecht soll auf alle Gebiete der Stadt ausgeweitet werden. Bei der Errechnung des
Preises soll der Ertrags- und nicht der Verkehrswert herangezogen werden, der bezahlbare
Mieten sichert und spekulative Wertsteigerungen unterbindet. Zusätzlich wollen wir
gesetzlich festschreiben, dass die Ausübung eines Vorkaufsrechts auch dann durch das Wohl
der Allgemeinheit gerechtfertigt ist, wenn sie dazu dient, geförderten Wohnraum zu schaffen
bzw. den Ankauf durch gemeinwohlorientierte Genossenschaften zu ermöglichen. Greifen sollen
gesetzliche Vorkaufsrechte zukünftig auch bei Zwangsversteigerungen und bei Share-Deals
analog § 1 Grunderwerbsteuergesetz. Schließlich wollen wir die Möglichkeit der Ausübung
eines Vorkaufsrechts zum Verkehrswert um eine Regelung ergänzen, wonach – analog den
bestehenden gesetzlichen Vorschriften im Enteignungsrecht – solche Wertsteigerungen des
Grundstücks außer Betracht bleiben, die erst aus der städtebaulichen Maßnahme resultieren,
die das gesetzliche Vorkaufsrecht begründet. Eine Stärkung des Vorkaufsrechtes der Kommunen
ist auch dann sinnvoll, wenn es gar nicht angewandt wird, weil die Mieter*innen auch durch
Abwendungsvereinbarungen vor Verdrängung geschützt werden können.
Um die kommunalen Bauämter zu unterstützen, wollen wir beim Bund (BBSR) eine
Rechtberatungsstelle einrichten, um Kommunen bei der Ausübung von Vorkaufsrechten und
weiteren Geboten zu unterstützen. Viele Kommunen erheben inzwischen Leerstände,
Problemimmobilien, brachliegende und verfallende Grundstücke in Online-Katastern. So können
Kommunen städtebauliche und soziale Missstände schnell erkennen und gegen diese vorgehen.
Oft haben Kommunen oder Genossenschaften Schwierigkeiten, den Ankauf zu finanzieren.
Deswegen wollen wir Allianzen zur Ausübung des Vorkaufsrechts unterstützen. Beispielsweise
könnte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein Teileigentum des Bundes
begründen, sich so am Kauf beteiligen und damit der Kommune den Ankauf ermöglichen.
Genossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Erwerber*innen könnten eine Förderung
durch günstige Kredite oder Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, um die Finanzierung zu
ermöglichen.
Digital planen und nachhaltig bauen
Mit einer Innovationsoffensive für Klima-Investitionen in allen Gebäuden unterstützen wir
selbstnutzende Eigentümer*innen, Vermieter*innen sowie Mieter*innen. Wir helfen ihnen, zu
tragbaren Kosten Zukunft zu gestalten und Klimaschutzmaßnahmen gemäß der Ziele von Paris
umzusetzen. Dafür stellen wir im Aktionsplan „Faire Wärme“ sieben Milliarden Euro im Jahr
für Planung, Investitionen und bezahlbaren Wohnraum und für ressourcenschonendes Bauen, zum
Beispiel durch modularen Holzbau, bereit. Hemmnisse im Baurecht für serielles und modulares
Bauen wollen wir in der Musterbauordnung reduzieren und so Kostensenkungen ermöglichen. Wir
schaffen ein Gebäuderessourcengesetz, das die ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung für ein
Gebäude in den Blick nimmt.
Damit die erheblichen Investitionen für Neubau sowie klima- und altersgerechten Umbau
überhaupt geleistet werden können, wollen wir die Innovationskraft und Produktivität im
Bauwesen stärken. Durchgängige Verwaltungsstrukturen, starke gesetzliche aber umsetzbare
Rahmenbedingungen, hohe Fachkompetenz aller Beteiligten von der Eigentümer*in über die
Planenden bis zur Handwerker*in sind erforderlich, um Nachhaltigkeit im Bauwesen
Wirklichkeit werden zu lassen. Wir wollen die Forschung, aber auch Verwaltung,
Eigentümer*innen und Bauwirtschaft unterstützen und Pilotprojekte wie beispielsweise beim
Einsatz von 3-D-Druckern in Deutschland fördern.
Der nachwachsende Baustoff Holz bietet gleich mehrfach Potenzial für eine höhere
Produktivität durch Modularität, Materialeigenschaften, auch durch digitale Unterstützung.
Er speichert CO2 und schützt damit das Klima. Ganze Gebäudeteile lassen sich im Werk
vorfertigen und auf der Baustelle rasch und kostengünstig aufbauen. Holz ist leichter als
Stahl und Beton und damit statisch für Dachausbauten gut geeignet. Mit einem
Marktanreizprogramm für das Bauen mit nachwachsenden Baustoffen regen wir den verstärkten
Einsatz von Baumaterialien aus nachhaltigen Quellen als Baustoff an, das Bauwerk- und
Baustoffrecycling fördern wir vorrangig. Die Kapazität nachwachsender Die Kapazität
nachwachsender Baustoffe als CO2-Speicher wollen wir im Gebäudeenergiegesetz honorieren und
als Beitrag zum klimaneutralen Gebäudebestand auch anrechnen.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für ressourcenschonende Infrastrukturen und
lebenswerte Städte genutzt und im Sinne der Bürger*innen und des Gemeinwohls eingesetzt
werden. Der Schutz vor Risiken, etwa bei der Datensicherheit und kritischen Infrastrukturen,
muss dabei immer berücksichtigt werden. Dies ist eine primäre öffentliche Aufgabe. Schon
heute geben Städte und Gemeinden wertvolle IT-Infrastrukturen aus der Hand. Städte und
Gemeinden müssen durch ein Bundesprogramm mehr Mittel an die Hand bekommen, um ihre
Verwaltung, das Management der Energiekreisläufe sowie die Infrastrukturen digital zu
ertüchtigen.
Wohnraum nutzen – Leerstand und Fehlnutzung verhindern
Nicht immer fehlt Wohnraum: Manchmal ist er vorhanden, wird aber nicht oder falsch genutzt.
Wir wollen gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum vorgehen. Wenn
Eigentümer*innen eine Zweckentfremdung nicht beenden oder Wohnraum verfallen lassen und
andere Sanktionen nicht wirken, ist die Einsetzung von Treuhänder*innen ein Mittel zur
Herstellung der Wohnnutzung. In beliebten Großstädten verschwindet Wohnraum auch dadurch,
dass er als Ferienwohnung genutzt und so für dauerhafte Bewohner*innen unzugänglich wird.
Nicht selten findet man in den beliebten Lagen von Städten wie Berlin und Hamburg viele
Inserate bei Airbnb und Co., aber kaum Mietwohnungsangebote mehr. Wir unterstützen die
Kommunen dabei, gegen Zweckentfremdung und Fehlnutzungen vorzugehen und diese zu verbieten.
Die Verfolgung muss verbessert und die Bußgelder müssen erhöht werden. Die EU-Kommission
steht in der Pflicht, die Länder und Kommunen bei der Schaffung von verbindlichen
Auskunftspflichten von Online-Plattformen zu unterstützen.
Seit 1987 ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner*in um über ein Drittel
gestiegen und statistisch leben mittlerweile in jeder Wohnung weniger als zwei Personen. Der
Grund dafür ist oft, dass immer mehr Menschen in Wohnungen leben, die für sie zu groß
geworden sind. Menschen etwa, die nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, wenn die Kinder aus
dem Haus sind, oder Menschen, die nach einer Trennung oder dem Versterben der Partner*in in
ihrer Wohnung verbleiben. Ein Umzug kommt für sie oft aus Kostengründen nicht in Betracht,
weil sie dann einen älteren und sehr günstigen Mietvertrag verlieren würden. Und eine neue
Wohnung wäre nicht nur kleiner, sondern zudem meist sogar dennoch auch noch teurer. Oftmals
ist das auch der Grund, weshalb Menschen ihre Wohnung nicht aufgeben, wenn sie eine andere,
weiter entfernte Arbeit antreten. Die weiten Arbeitswege verschärfen wiederrum zusätzlich
die Verkehrsprobleme in unseren Städten. Diese Probleme wollen wir angehen, indem wir den
Mieter*innen ein Recht geben, ihre bestehenden Mietverträge untereinander zu tauschen. So
können Menschen ihre als zu groß empfundene Wohnung mit beispielsweise jungen Familie
tauschen, die dringend mehr Platz benötigt. Und das ohne steigende Kosten, weil sie einfach
in den Mietvertrag der Anderen als neue Mietpartei einsteigen. Bisher wird dies nur
innerhalb von einigen Wohnungsgesellschaften und auf freiwilliger Basis praktiziert. Wir
werden dafür einen allgemeinen Rechtsanspruch einführen. Er soll zunächst nur für
Wohnungsgesellschaften gelten, private Kleinvermieter*innen bleiben davon ausgenommen.
Außerdem werden wir der Vermieter*in ein Recht einräumen, bei berechtigten Gründen der
Übertragung des Mietvertrags zu widersprechen. Zusätzlich wollen wir den Umzug in solchen
Fällen finanziell fördern.
Mit einem Programm für flächensparendes Wohnen fördern wir Umzüge, Umbauten und
Wohnungstausch durch Information, Beratung und Zuschüsse. So werden beispielsweise Eltern
unterstützt, die ihre Wohnung nach dem Auszug ihrer Kinder mit einer jungen Familie tauschen
wollen, oder die ihre Wohnung so umbauen wollen, dass die alten Kinderzimmer als eigene
Wohnung vermietet werden können. Bremen beispielsweise will eine zentrale, öffentliche
Plattform für Wohnungstausch einrichten, in die neben den Beständen der öffentlichen
Wohnungsbaugesellschaften auch private Vermieter*innen einbezogen werden.
Kommunen und Baubranche für mehr Wohnungsneubau stärken
Das in den Bereichen Planung und Bau tätige Personal in den Kommunen ist seit 1991 um 35
Prozent zurückgegangen. Und heute sind es diese wenigen Beschäftigten, die den aufgelaufenen
kommunalen Investitionsstau bei maroden Schulen und Brücken lösen und zusätzlich
Wohnungsneubau und Klimaschutz organisieren sollen. Gestiegene Anforderungen an Vergabe,
Rechtskonformität und Bürgerbeteiligung erfordern darüberhinaus, dass die
Personalkapazitäten in den Ämtern dauerhaft wieder aufgebaut werden.
Ganz ähnlich sieht es im privaten Sektor aus: Trotz Einstellungen in den vergangenen Jahren
arbeiten heute in der Bauwirtschaft fast 800.000 Menschen weniger als noch Mitte der 1990er
Jahre. Hinzu kommen die planenden, finanzierenden und überwachenden Berufe. Wenn wir beim
Planen und Bauen wieder aufholen wollen, muss sich das schnell ändern.
Denn in dieser schwierigen Situation brauchen wir die Kommunen bei der Planung und beim Bau
mehr als je zuvor. Die Steuerung der Bautätigkeit, des Klimaschutzes in Stadtvierteln und in
Gebäuden sehen wir als kommunale Aufgabe. Daher wollen wir den Kommunen das Planen und
Steuern erleichtern durch planbare, verlässliche Investitionshilfen, finanzielle Entlastung
der Kommunen sowie leichtere Planungsinstrumente im Planungs- und Baurecht für dringende
Belange: Vorkaufsrechte, Klimamodernisierung oder Neubauplanung im Ortskern. Wir stärken die
Kommunen und sorgen für planbare und verlässliche Investitionshilfen, und zwar mit dem
„Aktionsplan Faire Wärme“, der Bauoffensive, einem Bundesprogramm für grüne Infrastrukturen
und der Neuen Wohngemeinnützigkeit. So können Kommunen wieder eigenes Planungspersonal
einstellen, ihre Wohnungsämter und Grünflächenämter stärken und bei Bedarf
Wohnungsunternehmen gründen, und zwar mit demokratisch legitimierter Planung in kommunaler
Hand, nicht durch Finanzinvestoren. Überschuldete Kommunen wollen wir durch Altschuldenhilfe
und Entlastung bei den Sozialkosten wieder auf die Füße helfen. Zudem wollen wir ein
Programm zum Abbau der Altschulden ostdeutscher kommunaler und genossenschaftlicher
Wohnungsunternehmen auflegen, um dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung diese
Ungerechtigkeit zu beseitigen.
Wir wollen es Kommunen ermöglichen, mit machbarem Aufwand Bauland im Innenbereich für
öffentliche und private Investitionen zu aktivieren, und gleichzeitig grüne Freiräume,
Mobilität, Schulen und Sozialwohnungen einzuplanen. Dazu geben wir ihnen da, wo
Wohnraummangel und Belange der Stadtentwicklung es erfordern, die Möglichkeit, ein
„Innenentwicklungsgebiet“ festzulegen. Darin können sie aktiv Baulücken, Brachflächen und
andere Flächen zur baulichen oder Freiraumnutzung erschließen und entwickeln. Das ergänzt
die Baugenehmigung nach §34 BauGB. Außerdem soll in diesen Gebieten das kommunale
Vorkaufsrecht ausgebaut werden. So können die Kommunen zum Beispiel im Umland der
Ballungszentren und Metropolen Baupotenziale in den Ortskernen erschließen, bevor sie
Bauland auf der grünen Wiese entwickeln. Die Erschließung durch Stadtbahnen und
Radschnellwege ist genauso wie die durch Pflegedienste, Jugendzentren und Kitas einfacher in
kompakteren Orten.
Öffentliche Bauinvestitionen sind immer noch häufig von der Kassenlage abhängig. Fehlt es an
Steuereinnahmen, wird nicht mehr gebaut. Damit ist es für die private Bauwirtschaft nie
sicher, ob die aktuelle Auftragslage auch in Zukunft Bestand hat. In dieser Situation
erhöhen Unternehmen eher die Preise, als dass sie ihre Kapazitäten ausweiten. Durch die
Erhöhung und Verstetigung der Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau und für Klimaschutz in
Gebäuden wollen wir das ändern und geben dem Baugewerbe das Signal, dass es sich lohnt zu
investieren und neue Beschäftigte einzustellen. Die Bauwirtschaft hat kaum noch
Produktivitätszuwächse. Firmen finden angesichts des Baubooms kaum noch Mitarbeiter*innen
und Fachkräfte. Wir werden alles tun, um die Bauwirtschaft dabei zu unterstützen. Damit
handwerkliche Berufe attraktiver für junge Menschen werden, wollen wir die Möglichkeiten der
dualen Ausbildung aufwerten und stärken. Für die Anwerbung von Fachkräften aus dem Nicht-EU-
Ausland braucht es ein modernes Einwanderungsrecht, das die bestehenden Regelungen
liberalisiert, systematisiert und vereinfacht und bessere Zugangsmöglichkeiten zu Ausbildung
und Erwerbsmöglichkeiten für Asylsuchende bietet.
Insbesondere in Kommunen mit einem angespannten Wohnungsmarkt brauchen wir eine Politik der
„sozialen Bodennutzung“, um ausreichend Wohn- und Pflegeprojekte schaffen zu können. In
diesen Gebieten begrüßen wir es, wenn Kommunen eine Mindestquote von 30% der neu zu
errichtenden Wohnflächen für den sozial geförderter Wohnungsbau vorsehen. Zudem sollten die
Grundstücke nicht nach Höchstgebotsverfahren an den Meistbietenden veräußert werden. Im
Rahmen von Konzeptausschreibungen sollten soziale und inklusive Wohnprojekten oder
genossenschaftliche Wohnformen mit Erbbaurecht bevorzugt werden.
2. Faire Mieten: Mieter*innenrechte verbessern
Das Problem, dass immer mehr Menschen durch die Miete übermäßig belastet werden, hat
zahlreiche Ursachen. Dazu gehören unter Anderem ein zu geringer Wohnungsneubau - vor allem
im bezahlbaren Segment -, ein grassierender Niedriglohnsektor und prekäre
Beschäftigungsformen ebenso wie Spekulation mit Immobilien. Eine spürbare Begrenzung des
Mietsanstiegs ist kurzfristig das wirksamste Instrument, um die Ertragswerte von Immobilien
zu begrenzen und dämpfend auf die Preisentwicklung einzuwirken.
Die große Koalition hat im Jahr 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Gebremst hat
sie allerdings kaum. Zu viele Ausnahmen durchlöchern ihre Wirksamkeit. Mit der Durchsetzung
werden die Mieter*innen allein gelassen. Es liegt an ihnen, gegen ihre neue Vermieter*in zu
klagen. Viele tun das nicht. Wir wollen deshalb in Gebieten mit Wohnungsnot regionale und
wirksame Mietobergrenzen einziehen. Die Mietpreisbremse muss endlich angezogen und unnötige
Ausnahmen abgeschafft werden. Geschäftsmodelle wie möbliertes Wohnen könnten so endlich
reguliert oder unterbunden werden. Sie muss als ein dauerhaftes Instrument im Mietrecht
erhalten bleiben, und nicht wie von der Bundesregierung geplant bereits 2025 wieder
auslaufen. Es sind die Länder, die darüber entscheiden, in welchen Gebieten die
Mietpreisbremse überhaupt gilt. Die Beschränkung, dass sie dies nur für maximal fünf Jahre
dürfen, muss fallen. Die Mietpreisbremse erlaubt heute, bis zu zehn Prozent über die
ortsübliche Vergleichsmiete hinauszugehen. Wir werden diesen Wert auf fünf Prozent senken.
Verstöße gegen die Mietpreisbremse werden wir zu einer Ordnungswidrigkeit machen und mit
einer empfindlichen Geldbuße belegen. Um den Mietanstieg auch bei bestehenden Mietverträgen
stärker einzuschränken, werden wir den Mietanstieg auf maximal 2,5 Prozent pro Jahr bis zur
ortsüblichen Vergleichsmiete beschränken.
Miethöhen orientieren sich in vielen Fällen an der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in
Mietspiegeln ermittelt wird. Diese ortsübliche Vergleichsmiete steigt aber vielerorts rasch
an. Der Mietspiegel setzt sich derzeit aus den neuen Mietverträgen der letzten vier Jahre
zusammen. Die Große Koalition hat das sehr zaghaft auf künftig sechs Jahre verlängert. Dies
führt aber immer noch dazu, dass bei starken Mietsteigerungen auch die bestehenden
Mietverträge zeitlich verzögert betroffen sind. Wir werden deshalb die Mietverträge der
letzten zwanzig Jahre für die Berechnung des Mietspiegels berücksichtigen. In einigen
Kommunen gibt es überhaupt keinen qualifizierten Mietspiegel. Aber nur damit können
Mieter*innen die Höhe der ortsüblichen Miete und damit ihre Rechte überhaupt verlässlich
bestimmen. Wir werden die Kommunen finanziell unterstützen, um dies künftig abzusichern.
Zukünftig soll es den Ländern ermöglicht werden, Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt die
Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels aufzuerlegen und das auch finanziell zu
fördern. Dort wo es qualifizierte Mietspiegel gibt, sollen diese auch von allen
Wohnungsanbieter*innen verpflichtend als Mieterhöhungsinstrument genutzt werden müssen,
damit Wohnungseigentümer*innen künftig nicht mehr auf Basis von teureren Vergleichswohnungen
Mieterhöhungen einklagen können. Die Heranziehung von Vergleichswohnungen zur Begründung der
Mieterhöhung darf nur dann erfolgen, wenn die Vergleichswohnungen nicht allein aus dem
Bestand nur eine*r Eigentümer*in stammen.
Wir wollen durch Änderung des BGBs und der Betriebskostenverordnung sicherstellen, dass die
Grundsteuer nicht länger auf die Mieter*innen umgelegt werden kann. 57,9 Prozent der
Haushalte (ca. 36,4 Millionen Menschen) wären so nicht länger von der Grundsteuer belastet.
Für statistische Verweise auf die Betriebskostenverordnung werden wir durch eine Änderung
des BGBEGs eine Übergangsfrist von mindestens 10 Jahren gewähren.
Der Plan der Berliner Landesregierung, einen Mietendeckel einzuführen, gibt der Stadt ein
weiteres Instrument zur preislichen Regulierung des überhitzten Wohnungsmarktes an die Hand.
Weil mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten wird, ist es richtig, dass
Umsetzbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit sorgsam geprüft werden.
Über die Kündigung bestehender Mietverträge und die Eigentumsumwandlung oder die
Wiedervermietung an wohlhabendere Mieter*innen findet ein großer Teil der Mietsteigerungen
statt. Menschen werden aus ihren Nachbarschaften verdrängt. Stadtteile werden sozial immer
homogener und die Gesellschaft treibt auseinander. Kündigungen führen in extremen, aber
leider immer häufigeren Fällen auch zu Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit – selbst bei
Familien mit Kindern. Unser Ziel ist es, beim Kündigungsschutz wieder ein Gleichgewicht
zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen herzustellen. Gerät ein*e Mieter*in in
Zahlungsverzug und erhält deswegen die Kündigung, soll er oder sie die Möglichkeit haben,
die Kündigung durch Nachzahlung abzuwenden. Mieter*innen sollen keine Angst haben müssen,
ihre Wohnung zu verlieren, nur weil sie berechtigt von ihrem Mietminderungsrecht bei Mängeln
in der Wohnung Gebrauch gemacht haben. Wir wollen kostenfreie Mieterberatungen und die
Schuldnerberatung in den Kommunen ausbauen.
Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen
Die Anzahl wohnungsloser Menschen in Deutschland seit Jahren rapide ansteigt. Nach
Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe waren im Jahr 2017 mind.
650.000 Menschen in Deutschland wohnungslos. Hinzukommen tausende Obdachlose, deren Anzahl
bisher nicht systematisch erfasst ist. Immer mehr Städte reagieren auf die steigenden
Obdachlosigkeit mit baulichen und ordnungspolitischen Maßnahmen, um obdachlose Menschen von
bestimmten Plätzen fernzuhalten. Diese Praxis ist für uns mit der Menschenwürde nicht
vereinbar, verlagert Obdachlosigkeit nur und muss unterbunden werden. Stattdessen wollen wir
ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und
Obdachlosigkeit auf den Weg bringen und uns entsprechend der globalen Nachhaltigkeitsziele
vornehmen, dass es bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr in Deutschland gibt.
Überforderung, Burn-out-, Suchterkrankungen, Verschuldung und Armut: Insbesondere Personen
mit sozialen Schwierigkeiten, aber zunehmend auch Frauen und Familien mit Kindern sind von
Wohnungs- und Obdachlosigkeit betroffen. Um sie beim Erhalt des Wohnraums zu unterstützen,
wollen wir in allen Kommunen Fachstellen einrichten, in denen Ansprechpartner*innen der
Jobcenter, der Sozialämter, der Bau- und Wohnungsaufsicht, von Sucht- und
Schuldnerberatungsstellen und der Mieter*innenberatung zusammenwirken. Auch Personen im
ALG2-Bezug sind aufgrund von Sanktionen oder unzureichenden Kosten der Unterkunft besonders
oft von Wohnungslosigkeit bedroht. Sie wollen wir vor Wohnungslosigkeit schützen, indem wir
die Kosten der Unterkunft den regionalen Wohnungsmärkten anpassen und die Sanktionierung der
sozialen Mindestsicherung und der Kosten der Unterkunft abschaffen. EU-Bürger*innen, die auf
der Suche nach Arbeit nach Deutschland kommen, wollen wir ebenfalls vor Wohnungslosigkeit
bewahren. Dafür wollen wir sie von Anfang an gezielt bei der Suche nach
sozialversicherungspflichtiger Arbeit unterstützen und nach drei Monaten den Zugang zu
Leistungen des SGB II ermöglichen. Außerdem wollen wir Kommunen befähigen, diese EU-
Bürger*innen im Wohnungsnotfall den Zugang zu Notunterkünften zu gewährleisten.
In angespannten Wohnungsmärkten beobachten wir, dass die Wohnungslosigkeit bis weit in die
Mittelschicht hineinreicht. Auch diese braucht unsere Unterstützung. Bei besonderen sozialen
Härten sind Zwangsräumungen mit allen Mitteln zu verhindern, bis alternativer Wohnraum am
Wohnort zur Verfügung steht. Denn eine Unterbringung in Wohnungsloseneinrichtungen ist für
diesen Personenkreis unzumutbar. Kommunale Wohnungsunternehmen wollen wir außerdem
verpflichten, Zwangräumung durch Beratung möglichst abzuwenden und Ersatzwohnraum zur
Verfügung zu stellen.
Wer einmal in die Wohnungslosigkeit gerät, schafft es selten aus eigener Kraft aus dieser
hinaus und lebt über mehrere Jahre in Wohnungsloseneinrichtungen. Dabei sind Betroffene
erheblichen gesundheitlichen und sozialen Gefährdungen ausgesetzt. Wir wollen daher
niedrigschwellige passgenaue Hilfen für Obdachlose ausbauen, wie z. B. Hilfeangebote für
Psychisch- und Suchtkranke. Es ist eine menschenwürdige Notversorgung sicherzustellen, die
besondere Bedarfe von vulnerablen Gruppen wie Obdachlose mit Mobilitätseinschränkungen,
Pflegebedürftige und Sterbenskranke (Hospiz) berücksichtigt. In spezialisierten Unterkünften
wollen wir unter anderem von Wohnungslosigkeit betroffenen LSBTTIQ*-Jugendlichen einen
"Safer Space" vor Diskriminierung, sexualisierter Gewalt und Übergriffen bieten. Darüber
hinaus müssen Bürger*innen unabhängig von ihrem Sozialleistungsbezug Zugang zu
Notunterkünften erhalten.
Um eine möglichst schnelle Reintegration in normale Wohnungsverhältnisse zu ermöglichen,
wollen wir in allen Wohnungsloseneinrichtungen die Beratung durch Sozialarbeiter*innen
ausbauen und Wohnungslose durch die Einrichtung von kommunalen Wohnungsakquisestelle bei der
Anmietung von eigenem Wohnraum gezielt unterstützen. Außerdem braucht es eine gezielte
Förderung des "Housing First"-Ansatzes, bei dem Obdachlose in eine Wohnung einziehen können,
ohne sich zuvor für Hilfe "qualifizieren" zu müssen. So soll das Menschenrecht auf Wohnen
dauerhaft sichergestellt werden.
Das Wohngeld wollen wir als wohnungs- und sozialpolitisches Instrument stärken. Es muss
durch jährliche Anpassung dynamisiert werden und die Berechnung der Mietstufen darf nicht
länger nur auf Grundlage der Wohngeldempfängerhaushalte erfolgen. Zudm wollen wir einen
Erwerbstätigenfreibetrag einführen und das Wohngeld unschädlich für das Aufenthaltsrecht
ausgestalten. Um Wohngeldbezieher*innen in Folge einer energetischen Sanierung nicht mit den
gestiegenen Mietkosten alleine zu lassen, werden wir eine Klimakomponente beim Wohngeld
einführen.
Eigenbedarfskündigungen sollen deutlicher als heute auf die tatsächliche Nutzung durch die
Eigentümer*in und die nahen Verwandten beschränkt werden, um Missbrauch zu unterbinden. Wir
wollen prüfen inwiefern es möglich ist, in angespannten Wohnungsmärkten bei besonders
schutzwürdigen Personengruppen Eigenbedarfskündigungen ganz auszuschliessen. Die
voranschreitende Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wollen wir so nicht
hinnehmen. Die Kommunen können heute schon in sogenannten Milieuschutzgebieten die
Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen zwar einschränken, aber durch eine Lücke im
Bundesbaugesetz nicht untersagen. Bedingungen und Befristungen werden wir weitgehend
abschaffen, so dass eine Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt eine Umwandlung ausnahmslos
und stadtweit untersagen kann, wenn sie es für geboten hält. Wir setzen verstärkt auf das
städtebauliche Instrument des Milieuschutzes, um die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung
in Gebieten mit hohem Verdrängungsdruck zu erhalten.
Oft scheitert Mietrecht in der Umsetzung. Mieter*innen werden alleine gelassen und müssen
ihre Rechte gegen große Wohnungskonzerne einklagen, die allerdings Heerscharen von Anwälten
beschäftigen, um ihre Interessen durchzusetzen. Um ein Kräftegleichgewicht zwischen großen
Wohnungsunternehmen und Mieter*innen herzustellen, sind mehr kollektive Klagemöglichkeiten
unerlässlich. Hierfür wollen wir Gruppenklagen einführen. Außerdem streben wir an, die
Einhaltung der zulässigen Miethöhen effektiver zu kontrollieren und damit mehr Verstöße
aufzudecken. Dazu wollen wir auch das Wirtschaftsstrafrecht gegen überhöhte Mieten wieder
wirksam machen. Verstöße werden wir wirksam sanktionieren.
Viele Menschen werden auf dem Wohnungsmarkt aus rassistischen oder anderen Gründen
diskriminiert. Oft werden Menschen allein wegen ihres Namens, ihrer Sprache oder ihres
bisherigen Wohnorts nicht zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen oder haben als potentielle
Mieter*innen keine Chance. Wir wollen diese Diskriminierung beenden. Dafür muss das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert, die Ausnahmen bei der Vermietung von
Wohnraum (AGG, §19 Abs. 3) ersatzlos gestrichen und der Merkmalskatalog erweitert werden.
Denn der soziale Status oder auch die Sprache sind Diskriminierungsmerkmale, die auf dem
Wohnungsmarkt eine besonders wichtige Rolle spielen. Wohnprojekte und Wohnformen, die
vulnerable und marginalisierte Gruppen gezielt unterstützen und einen "Safer Space" vor
Diskriminierung bieten, wollen wir fördern. Außerdem setzen wir uns für die Einführung des
Verbandsklagerechts ein, damit Verbände für Betroffene klagen können. Und wir wollen, dass
Fachstellen zur Beratung, Begleitung und Unterstützung von Menschen, die von Diskriminierung
betroffen sind, gestärkt und ausgebaut werden. Sie sollen auch Testingverfahren anwenden.
Damit wollen wir den Diskriminierungsschutz auf dem Wohnungsmarkt wirkungsvoller gestalten.
Gewerbemietrecht und Grundsteuer reformieren
Für lebenswerte Städte ist auch ein vielfältiges Angebot an kleinen Läden,
Handwerksbetrieben und Angeboten für Familien im direkten Wohnumfeld entscheidend. Gerade
kleine Gewerbetreibende in den begehrten Lagen können sich die steigenden Mieten vielfach
nicht mehr leisten. Damit wird die Knappheit auch für den Wirtschaftsstandort zu einer
ernsten Bedrohung für Vielfalt. Auch Träger sozialer Einrichtungen sind für ihre Arbeit auf
bezahlbare Gewerberäume angewiesen, die in den Städten immer knapper werden.
Deshalb muss auch das Gewerbemietrecht reformiert werden. Auch für Gewerbetreibende braucht
es eine Begrenzung von Mieterhöhungen, eine Mietpreisbremse bei Neuvermietung und einen
wirksamen Kündigungsschutz. Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit: Die Praxis,
Mietverträge auf kurze Zeiträume von zum Beispiel einem Jahr zu befristen, muss beendet
werden.
Wir wollen sicherstellen, dass durch die Reform der Grundsteuer nicht die Mieter*innen
belastet werden. Deshalb werden wir die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter*innen
abschaffen. Für bestehende Vereinbarungen, die dem entgegenstehen, werden wir eine
angemessene Übergangsfrist gewähren.
3. Spekulation, Geldwäsche und Steuerumgehung beenden
Die Explosion der Immobilienpreise zeigt, dass Wohnungen und Grundstücke zum
Spekulationsobjekt auf den Finanzmärkten geworden sind. Nicht nur die Mieter*innen leiden
unter dieser Entwicklung. Mehr und mehr Expert*innen warnen vor einer Immobilienpreisblase
in Deutschland, deren Platzen verheerende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte.
Wir wollen zu einem Wohnungsmarkt zurückkehren, der nicht vom Spekulationsinteresse
getrieben wird.
Wir wollen die Anhäufung von Immobilienbesitz und damit die Vermögenskonzentration in den
Händen weniger Investor*innen und anonymen Kapitals steuerlich unattraktiv machen.
Durch die Steuerumgehung mittels sogenannter Share Deals gelingt es großen
Wohnungsgesellschaften, und spekulationsgetriebenen Immobilienakteuren Immobilien zu kaufen,
ohne dafür Grunderwerbsteuer zu zahlen. Immer größere Wohnungsbestände sind in die Hand von
börsennotierten Konzernen, internationalen Gesellschaften und Private Equity Fonds geraten.
Auch die deutsche Körperschaftsteuer wird so umgangen. Sie verschieben Gewinne ins Ausland,
um die Körperschaftssteuer auf Mieterträge und Veräußerungsgewinne auf ein Minimum zu
reduzieren. Wir werden die Praxis der steuerfreien Share Deals beenden, indem wir schon bei
einem Verkauf der Mehrheit einer Gesellschaft zumindest anteilig Grunderwerbsteuer erheben.
Außerdem wollen wir für die Länder die Möglichkeit schaffen, die Grunderwerbsteuer
progressiv auszugestalten. Wenn Wohnungskonzerne große Immobilienbestände aufkaufen, soll
eine höhere Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn Privatpersonen ein Wohneigentum
erwerben. Unternehmen der Neuen Wohngemeinnützigkeit werden von der Grunderwerbsteuer
vollständig befreit. So wird die Grunderwerbsteuer zu einer Antispekulationssteuer.
Der deutsche Wohnungsmarkt gilt in Europa als Paradies für Geldwäsche. Mit Geldern aus
kriminellen Geschäften wie Bestechung, Waffenhandel oder Steuerhinterziehung werden deutsche
Immobilien aufgekauft, denn die Gefahr, entdeckt zu werden, ist in Deutschland gering. Der
deutsche Wohnungsmarkt ist bei russischen Oligarchen und der italienischen Mafia ebenso
populär wie bei griechischen, deutschen oder amerikanischen Steuerhinterzieher*innen.
Deutschland gilt für sie als sicherer Hafen. Das von der großen Koalition eingeführte
Transparenzregister hat daran wenig geändert. Noch immer ist es in vielen Fällen nicht klar,
wem eine Immobilie letztlich gehört. Die wahren Eigentümer*innen verstecken sich oftmals
hinter verschachtelten Beteiligungsstrukturen. Transparenz darf deshalb in Zukunft nicht nur
drauf stehen, sondern muss auch drin sein. Für jede Immobilie in Deutschland müssen
wirtschaftlich Berechtigte und die letztlich dahinterstehenden natürlichen Personen benannt
werden – ohne jede Ausnahme. Das Transparenzregister selbst soll öffentlich zugänglich
werden, um seinem Namen auch endlich gerecht zu werden. Mindestens Journalist*innen,
Nichtregierungsorganisationen und den Bewohner*innen der Immobilien selbst muss ein
berechtigtes Interesse daran eingeräumt werden, so dass sie einfach und jederzeit Zugang zu
den Namen haben. Bei Gesellschaften als Eigentümer*in einer Immobilie muss auch im Grundbuch
über eine Identifikationsnummer ersichtlich sein, wer sich konkret dahinter verbirgt.
Gesellschaften, die nicht im Transparenzregister eingetragen sind, werden wir den Kauf von
Immobilien künftig nicht mehr gestatten.
Die Geldwäsche mit Immobilien in Deutschland wird zur Zeit auch dadurch stark vereinfacht,
dass der Immobilienkauf in Deutschland auch mit Bargeld stattfinden darf. In anderen
europäischen Ländern ist dies meist schon aufgrund von Obergrenzen für die Zahlung mit
Bargeld nicht möglich. Eine solche Obergrenze werden wir beim Kauf von Immobilien ebenfalls
einführen. Makler*innen und Notar*innen werden dazu verpflichtet, die Herkunft der Gelder zu
überprüfen. Bei Verdacht auf Geldwäsche muss immer eine Meldung an die Behörden erfolgen und
in Fällen, bei denen die Herkunft der Gelder nicht identifiziert werden kann, darf der
Kaufvertrag nicht mehr notariell beglaubigt werden. Wir setzen hierbei auch auf
verpflichtende Fortbildungen für Makler*innen und Notar*innen und auf die Zusammenarbeit mit
den Kammern und Berufsverbänden. Auch die Bauaufsichten sollen bei unklaren
Eigentumsverhältnissen berechtigt werden, vor Erteilung einer Baugenehmigung Auskunft über
die wirtschaftlich berechtigten Eigentümer zu verlangen. Außerdem sollen künftig bei jedem
Immobilienkauf die Finanzbehörden informiert werden, auch wenn die Käufer*innen nicht in
Deutschland steuerpflichtig sind. In diesem Fall sollen Meldungen an die zuständigen
Finanzbehörden des Landes erfolgen, in dem die Käufer*in und der wirtschaftlich Berechtigte
steuerpflichtig sind. So helfen wir auch anderen Staaten bei der Verfolgung von
Steuerhinterzieher*innen und anderen Kriminellen.
Alle Maßnahmen gegen Geldwäsche helfen aber wenig, wenn die Behörden nicht dazu in der Lage
sind, sie auch durchzusetzen. Wir werden die personelle und materielle Ausstattung im
Bereich Kontrolle und Bekämpfung sowie die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden auf
Bundes- und Landesebene erheblich verbessern. Zur Bekämpfung von Finanzkriminalität,
insbesondere im Immobilienbereich, soll der Schutz von Whistleblowern deutlich verbessert
und aufbauend auf den ersten Erfahrungen die Möglichkeit der Vermögensabschöpfung erweitert
werden. Wir wollen prüfen, ob Immobilien zu gemeinwohlorientierten Zwecken in Bundes- bzw.
Landeseigentum überführt werden können.
Auch steuerliche Sonderbehandlungen machen Immobilien als Investitionsobjekt interessant und
treiben damit Preise und Mieten in die Höhe. Diese steuerlichen Vorteile wollen wir abbauen
beziehungsweise nur noch gemeinnützigen Eigentümer*innen gewähren. Für Veräußerungsgewinne
von privaten Immobilien wollen wir die Spekulationsfrist abschaffen und auch bei der
Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sicherstellen, dass Wertsteigerungen der
Immobilien besteuert werden.
4. Wohnen wird klimaneutral
Klimafreundliche Modernisierung
Wir wollen Fehlentwicklungen bei der energetischen Gebäudemodernisierung beenden. Zentral
ist, dass der Bund die Rechtsgrundlagen dafür schafft, allen Eigentümer*innen von Gebäuden,
die dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen dienen, Anreize zu bieten, innerhalb der
nächsten 30 Jahre klimaneutral zu modernisieren. Auf dieser Grundlage soll energetische
Modernisierung klaren Kriterien folgen: mehr Klimaschutz, so warmmietenneutral wie möglich,
ohne Verdrängung sowie in Übereinstimmung mit den Mieter*innen. Zusammen mit einem
Energieeinsparrecht und einer Förderung, die die Modernisierungen auf den nötigen
Klimaschutzpfad bringen, wollen wir so energieeffiziente Gebäude zu geringstmöglichen Kosten
schaffen und die Klimaschutzziele im Gebäudebereich erreichen. Zentral wird dabei sein, auch
die Wärme erneuerbar zu machen. Ideale Systeme dafür sind die Nah- und Fernwärmenetze, die
sich aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen speisen. Dort, wo die Besiedlungsstruktur
es möglicht, müssen wir weg von der Einzelhausbetrachtung hin zu einer Quartiersbetrachtung.
Durch diese Strategie hat es zum Beispiel Dänemark geschafft, den Anteil der Erneuerbaren im
Wärmebereich auf 65 Prozent zu bringen und sie zielen auf 80 Prozent bis 2030. In
Deutschland beträgt der Anteil 14 Prozent – meist aus Biogas-Anlagen.
Kosten für Luxusmodernisierungen, wie beispielsweise einen neuen Balkon oder schicke
Waschbecken, dürfen nicht weiter gegen den Mieterwillen auf die Miete umgelegt werden, denn
sie führen regelmäßig zu Preissteigerungen. Freiwillige Vereinbarungen zwischen
Vermieter*innen und Mieter*innen sind davon unbenommen. Um jedoch den CO2-Ausstoß wie auch
die Energiekosten zu senken, ermöglichen wir eine, auch angesichts niedriger
Finanzierungskosten angemessene Umlage. Statt heute acht Prozent der Kosten sollen höchstens
vier Prozent im Jahr auf die Miete umgelegt werden dürfen, jedoch nicht mehr als 1,50 Euro
pro Quadratmeter und Monat in acht Jahren. Die Berechnung der Umlage soll dabei die Höhe der
maximal verfügbaren öffentlichen Fördermittel berücksichtigen, um einen Anreiz für die
Vermieter*innen zu schaffen, sie auch in Anspruch zu nehmen. Zudem soll sich die
Umlagefähigkeit auf Maßnahmen zum Klimaschutz, den Abbau von Barrieren und die technische
Einbruchssicherung beschränken. Mieter*innen sollen einen Gutschein für einen kostenlosen
Klima-Check erhalten, um zu ermitteln, wo sie Energie und Kosten einsparen und das Klima
schützen können. Eine Beschwerdestelle für Mieter*innen soll künftig im Streitfall klären,
ob die Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich wie angekündigt Energie und Kosten einsparen und
im Einklang mit Energiesparrecht und Sanierungsfahrplan sind. Selbstnutzende
Eigentümer*innen wollen wir mit einem Steuerbonus bei der energetischen Sanierung ihrer
Wohnungen und Häuser unterstützen. Diese Gruppe modernisiert weniger als
Wohnungsunternehmen, daher muss es für sie attraktiver werden, an öffentliche Fördermittel
zu gelangen.
Für die Soziale Wärmewende brauchen wir daher eine gerechte Kostenverteilung zwischen
Vermieter*innen, Mieter*innen, sowie der öffentlichen Hand. Die von uns vorgesehene
Absenkung der Modernisieurngsumlage ist ein wichtiger Schritt, um als Sofortmaßnahme die
einseitige Kostenverteilung zulasten der Mieter*innen zu beenden. Darüber hinaus werden wir
alternative Vorschläge, die Modernisierungsumlage durch ein anderes Instrument zu ersetzen,
prüfen und ggfls. in einem zweiten Schritt umsetzen.
Wir wollen einen dynamisch angelegten, wirksamen CO2-Preis für den Wärmesektor einführen,
der sich planbar an den Kosten des CO2-Ausstoßes des Energieträgers orientiert. Zudem wollen
wir, dass der CO2-Preisbestandteil auf Wärmebrennstoffe als Investitionsanreiz für die
Vermieter*innen wirkt, den energetischen Zustand ihrer Gebäude zu verbessern.
Unternehmen und Privatpersonen brauchen Planungssicherheit für ihre
Investitionsentscheidungen. Deshalb wollen wir erstens mit einem Energieeinspargesetz einen
klaren Pfad vorgeben, wie viel Energie in welchen Bereichen bis wann eingespart werden muss.
Im Gebäudebereich wollen wir zweitens das schwer zu durchblickende Regelungsdickicht durch
ein einfaches und transparentes Energieeinsparrecht ersetzen. Anstatt jedes Bauteil einzeln
zu bewerten, wollen wir die CO2-Emissionen und den Wärmebedarf eines Gebäudes zur
maßgeblichen Steuerungsgröße machen.
Den genauen Fahrplan für die Modernisierung älterer Gebäude erstellen sachverständige
Energieberater*innen im Einklang mit der baukulturellen Gestaltung. Eigentümer*innen können
Schritte des Fahrplans auf Antrag kostenlos erstellen lassen. Für die einzelnen Stationen im
Klima-Fahrplan des Gebäudes gibt es öffentliche Fördermittel. Bei Neubau muss das Passivhaus
zum verpflichtenden Standard werden, denn die beste Energie ist diejenige, die man gar nicht
erst verbraucht. Bestandsgebäude wie Denkmäler sind unter fachlicher Aufsicht bestmöglich
energetisch zu modernisieren. Wird die Heizung neu eingebaut oder getauscht, müssen künftig
Anteile erneuerbare Wärmeenergie wie hocheffiziente Wärmepumpen, Solarenergie oder CO2-arme
Nahwärme aus einem anliegenden Netz eingesetzt werden. Öffentliche Förderung gibt es nur ab
einem solchen Klimapfad und für den Bestand nur bei bestmöglicher energetischer
Modernisierung.
Die Potenziale für solare, CO2-freie Wärme werden heute völlig unzureichend genutzt. 2017
wurden nur knapp acht Terawattstunden Solarwärme genutzt. Für eine vollständig erneuerbare
Wärmeversorgung ist mindestens das Zehnfache erforderlich. Doch bisher behindern staatliche
Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe für fossile Heizungen sowie fehlende gesetzliche
Vorgaben für erneuerbare Wärme im Gebäudebestand den zügigen Ausbau der Solarthermie. Der
Einbau von Öl- und Gasheizungen wird noch immer in Millionenhöhe vom Bund gefördert. Diese
klimaschädliche Form des Heizens muss ein Ende haben. Ölheizungen dürfen künftig nicht mehr
eingebaut werden. Zusätzlich wollen wir ein Förderprogramm für den Tausch von Öl- und
Gasheizungen gegen moderne Heizungen mit Sonnenwärme und hocheffiziente Wärmepumpen ggf. mit
Holz auflegen. Ebenso soll der Einsatz von erneuerbarer Wärme ab sofort verpflichtend
werden, wenn eine fossile Heizung sowieso ausgetauscht wird.
Energetische Quartierssanierung
Wir denken energetische Gebäudemodernisierung nicht länger nur von Haus zu Haus, sondern in
Zusammenhängen von städtischen Quartieren, Gewerbegebieten, Dörfern oder Siedlungen. Dadurch
stärken wir gemeinschaftliche Versorgungslösungen, die effizienter und günstiger sind als
eine Vielzahl von Einzellösungen.
Nahwärmenetze ermöglichen es, örtlich erzeugte Wärme aufzunehmen, mit Speichern zu
verknüpfen und effizient zu verteilen – insbesondere in dicht bebauten Quartieren. Deshalb
wollen wir sie CO2- und energieeinsparend ausbauen und stärker fördern, wenn sie zur lokalen
Klimastrategie passen. Wir wollen Wärmenetze dazu für die Einspeisung erneuerbarer Wärme
öffnen, etwa von großflächigen Solarthermieanlagen, hocheffizienten Groß-Wärmepumpen und
Power-to-Heat aus temporären Stromüberschüssen. Das Einspeisen besonders effizienter
Wärmeenergie aus Kraft-Wärme-Kopplung oder bisher ungenutzter Wärmequellen wie Abwärme oder
Abwasserwärme aus der Industrie, Rechenzentren oder Kläranlagen wollen wir fördern. Wir
werden eine Solarpflicht für Photovoltaik auf Neubauten einführen. Für die energetische
Quartierssanierung legen wir ein finanzstarkes Förderprogramm auf, um in Gebieten, in denen
viele Gebäude sanierungsbedürftig sind, die Modernisierungsrate zu erhöhen und
warmmietenneutrale Modernisierungen für Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen zu
ermöglichen.
Mit dem Quartiersprogramm „Gutes Klima im Quartier“ wollen wir der Verdrängung von Menschen
mit geringem Einkommen entgegenwirken und den Zusammenhalt in den Stadtvierteln erhalten.
Aber auch Kommunen sollen darüber unterstützt werden, damit sie gezielt verbindliche
Klimafahrpläne mit passender Wärmeplanung auflegen und zugleich soziale Fördervereinbarungen
mit den Eigentümer*innen für die Modernisierung der Einzelgebäude treffen können.
Mieter*innen und selbstnutzende Eigentümer*innen mit kleinen Einkommen sollen bei Bedarf
einen Sozialplan mit Modernisierung ohne Erhöhung der Warmmieten bzw. für tragbare
Investitionskosten bekommen können. Hierfür gibt es einen Förderbonus zusätzlich zur
heutigen KfW-Förderung.
Ökologisch bauen und wohnen
Die Klimakrise erfordert, dass wir das Leben in unseren Städten neu denken. Von Hitzewellen
sind die Bewohner*innen von Städten besonders betroffen, da Städte heißer werden als das
Umland und je nach Bebauung einen zusätzlichen Hitzeinseleffekt haben. Während einer
Hitzewelle kann es hier noch einmal bis zu acht Grad heißer sein als im Umland. In Berlin
könnte so bald ein Klima wie heute im australischen Canberra herrschen. Die Klimaanspassung
wird also in den nächsten Jahrzehnten erhebliche Ressourcen in Anspruch nehmen.
Deshalb müssen wir im Städtebau dringend für Kühlung sorgen. Statt Asphaltwüsten und
Hitzeinseln braucht es grüne Oasen in unseren Städten. Wasserflächen, Bäume, Parks, grüne
Dächer und Fassaden wirken wie natürliche Klimaanlagen. In Grünflächen und -dächern kann
Starkregen-Wasser versickern und gespeichert werden. Das kühlt und entlastet die
Kanalisation immens. Die Regenwasserableitung in Fliessgewässer wollen wir minimieren.
Versickerungsflächen und Zisternen wollen wir fördern.
Für das Bauen werden in Deutschland jährlich 250 Millionen Tonnen Sand und Kies sowie 230
Millionen Tonnen Naturstein abgebaut. Das geht mit der Zerstörung von Landschaften und
Lebensräumen einher. Gleichzeitig landen 200 Millionen Tonnen größtenteils
wiederverwertbarer Bauabfälle auf Deponien. Um das Recyceln dieser Baustoffe zu fördern,
wollen wir, dass die Länder auf Primärrohstoffe, entsprechend der Ausbeutung von Öl und Gas,
eine Abgabe nehmen können.
Für die Herstellung der Baustoffe selbst wird ein Vielfaches der Energie verbraucht, die das
entstehende Gebäude später pro Jahr benötigt. Wir wollen bei der Klassifizierung von Bau-
und Dämmstoffen die Umweltauswirkungen und den Energieeinsatz bei der Herstellung
berücksichtigen, die sogenannte graue Energie. Wir wollen eine Volldeklaration aller
Baustoffe gegenüber den Bauherr*innen. Künftig muss der Bund in seinen Gesetzen und
Förderprogrammen statt Styropor und Co. fossilfreie und CO2-speichernde Materialien aus
nachwachsenden Stoffen wie Holz und Pflanzenfasern belohnen.
Damit auf den Dächern von Wohn- und Mietshäusern Solaranlagen entstehen und durch Haushalte
oder E-Mobilität genutzt werden können, müssen auch Solaranlagen aus dem Quartier als
Mieterstrom gefördert werden können, ohne Mengenbegrenzungen. Das neue Mieterstromgesetz ist
dafür jedoch ungeeignet – viel zu bürokratisch und unattraktiv. Deshalb wollen wir die
Anmeldung von Mieterstromanlagen und bestehende Beschränkungen vereinfachen. Und schließlich
ist es unser Ziel, dass bei allen bundeseigenen Gebäuden ab einer Nutzfläche von 500
Quadratmetern möglichst Solarthermie und Photovoltaik genutzt werden.
5. Solidarisches Eigentum sichern und erweitern
Deutschland ist Mieter*innenland. Die Wohnungsmärkte – vor allem in unseren großen Städten –
waren lange geprägt von öffentlichen Wohnungsgesellschaften, großen Beständen an
Sozialwohnungen und sozialen Eigentümern wie Genossenschaften. Dieses Modell hat
sichergestellt, dass Mieter*innen vor drastischen Mieterhöhungen geschützt waren und man in
Deutschland keine Immobilie besitzen musste, um auch in Zukunft bezahlbar wohnen zu können.
Ein funktionierender Wohnungsmarkt braucht neben einem hohen Bestand an öffentlichem und
gemeinwohlorientiertem Eigentum aber auch privates, selbstgenutztes Wohneigentum. Wir wollen
die Länder ermächtigen, den Steuersatz der Grunderwerbssteuer progressiv auszugestalten und
beispielsweise für große Wohnungsunternehmen zu erhöhen und im Gegenzug für private
Besitzer*innen abzusenken. Wo andere auf finanzmarktgetriebene Wohnungsmärkte oder auf
riesige staatliche Wohnungskonzerne setzen, ist das grüne Leitbild das gemeinschaftliche und
solidarische Eigentum.
Wir wollen Menschen auch und gerade beim Wohnen sowie der Gestaltung ihres Wohnumfelds ein
selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Daher werden wir gemeinwohlorientierte Akteur*innen wie
kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ebenso unterstützen wie den
gemeinschaftlichen Erwerb von Immobilien durch die Mieter*innen. Es sind diese Akteur*innen,
die Vorfahrt auf dem Wohnungsmarkt bekommen sollen. Die Erfahrungen zeigen nicht nur, dass
selbstverwaltete Projekte funktionieren und auch langfristig tragen – wie zum Beispiel das
„Mietshäusersyndikat“ eindrücklich zeigt. Das gemeinsame Agieren für den Stadtteil und die
Gemeinschaft schafft echten Mehrwert sowie ein sozialeres und lebendigeres Umfeld: dauerhaft
bezahlbaren Raum zum Wohnen, vielfältige gemeinschaftlich betriebene Gebäude und nicht
kommerzielle, öffentliche Räume für Stadtteilaktivitäten und Kultur sowie die Erfahrung,
wirklich etwas bewegen zu können.
Wo Anonymität und Vereinsamung zum Problem werden, können gemeinschaftliche Formen des
Wohnens dazu beitragen, dass wieder aktive Nachbarschaften entstehen, in denen Menschen
generationenübergreifend füreinander Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig helfen.
Deswegen werden wir Arten von gemeinschaftlichem Wohneigentum der direkten Bewohner*innen
öffentlich fördern und dafür den nötigen Grund und Boden bereitstellen. Sie sollen
beispielsweise Vorrang bei Konzeptvergaben erhalten. Und der Immobilienerwerb sollte nicht
an der Finanzierung scheitern. Weil große Konzerne jederzeit Zugang zu günstigen Krediten
haben, wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Dafür werden wir verschiedene
Finanzierungsformen wie günstige Kredite von öffentlichen Banken, Garantien und Bürgschaften
prüfen. Außerdem soll das Vorkaufsrecht zu Gunsten von sozialen Akteuren und von
Genossenschaften oder auch gemeinnützigen GmbHs ausgeübt werden können und diese Akteure
auch bei der Ausübung des Vorkaufsrechts finanziell unterstützt werden. Hier kommen für uns
Mischformen aus öffentlichem und privatem Eigentum in Betracht. So könnten beispielsweise
kommunale oder landeseigene Wohnungsgesellschaften oder auch die Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben (BImA) ein Teileigentum erwerben. Das verhindert den weiteren Ausverkauf
an börsennotierte und renditeorientierte Kapitalgesellschaften und schafft solidarische
Eigentumsformen.
Weiterhin werden wir Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum über die Länder und Kommunen
fördern. So kann der Zinsvorteil des Staates an junge Familien weitergegeben werden, denen
es ermöglicht wird, Wohneigentum zu erwerben. Um sicher zu stellen, dass günstig gebaut und
verkauft wird, sollte eine öffentliche Ausschreibung für den Bau der Wohnungen erfolgen und
sie sollten auf öffentlichem Bauland im Erbbaurecht gebaut werden.
Mehr Menschen sollen sich Wohneigentum leisten können. Die Kosten für die Makler*innen
treiben die Preise in die Höhe. Zum Teil werden mehr als sieben Prozent des Kaufpreises
verlangt, was weit über dem in anderen Ländern üblichen Werten liegt. Daher werden wir das
Bestellerprinzip einführen: Künftig zahlt derjenige die Courtage, der auch die Makler*in
bestellt. In aller Regel ist dies die Verkäufer*in einer Immobilie. Zusätzlich werden wir
die Höhe der Gebühr gesetzlich für die Käufer*in auf maximal zwei Prozent deckeln. Zudem
werden wir einen Sachkundenachweis für WEG-Verwalter*innen und Mietverwalter*innen sowie
Makler*innen einführen.
Das Baukindergeld der großen Koalition werden wir abschaffen, weil es einen Mitnahmeeffekt
hat und wir die Mittel effizienter verwenden können. Außerdem werden wir Baugenossenschaften
fördern und die Menschen dabei unterstützen, genossenschaftliches Teileigentum an Wohnungen
zu erwerben. Dafür werden wir zinslose Darlehen und Zuschüsse zur Eigenkapitaleinlage
gewähren. Damit wird auch Menschen geholfen, die sich den vollständigen Kauf einer Immobilie
nicht leisten können.
Schon 1967 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Nutzung von Grund und
Boden nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen
vollständig überlassen werden kann. Demnach sind gerade bei Grund und Boden die Interessen
des Allgemeinwohls höher zu werten als bei anderem Vermögen. Die in Artikel 14 des
Grundgesetzes geregelte Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist aber mehr und mehr
verlorengegangen. Wir wollen sie einfordern und herstellen. Die Möglichkeit zur
Vergesellschaftung gegen Entschädigung ist in unserer Verfassung ausdrücklich vorgesehen.
Wir würden uns wünschen, dass die Umstände die Länder und den Bund nicht zwingen, dieses
letzte Mittel anzuwenden, um das Sozialstaatsgebot zu erfüllen. Wenn Wohnungsunternehmen
sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen, kann die öffentliche Hand
diesen Schritt gehen.
Enteignungen im Einzelfall sind nicht nur im Grundgesetz vorgesehen, sondern erfolgen auch
regelmäßig, etwa wenn eine neue Autobahn gebaut werden soll. Der richtige Umgang mit
Enteignungen ist pragmatisch, nicht ideologisch. Wir wollen Enteignungen nur als letztes
Mittel anwenden, wenn es zu einem groben Missbrauch des Eigentumsrechts kommt. Etwa wenn mit
Bauland spekuliert, wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet (spekulativer Leerstand),
trotz eines ausgesprochenen Baugebots weder gebaut noch verkauft wird oder wenn große
Wohnungsgesellschaften dauerhaft ihren Pflichten nicht nachkommen. Ob eine Enteignung
ökonomisch Sinn macht und das richtige Mittel ist, muss jeweils kommunal entschieden werden
und wird wesentlich von den erwarteten Kosten für die Steuerzahler*innen abhängen.