Antrag: | Recht auf Wohnen |
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Antragsteller*in: | Fatos Topaç (KV Berlin-Kreisfrei) und 20 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 57%) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: W-01-162 |
Eingereicht: | 24.10.2019, 21:19 |
W-01-164: Recht auf Wohnen
Verfahrensvorschlag zu W-01-162: Antragstext
Von Zeile 162 bis 167:
Ab dem Jahr 2030 braucht jede* DritteAltersgerechter und barrierefreier Wohnraum ist eine wichtige Basis für ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben – in Deutschland voraussichtlichden Städten ebenso wie in den ländlichen Räumen. Für einen Großteil der Menschen stellen mittlerweile ambulante Wohn- und Pflegeformen eine altersgerechteklare Alternative zum Heim dar. Wir wollen daher Wohnungen und das Wohnumfeld so gestalten, dass Menschen unabhängig von ihrem Alter oder ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit möglichst selbstständig und unabhängig in ihrer gewohnten oder gewünschten Umgebung leben können. Dazu gehören auch Hausgemeinschaften, Pflegewohngruppen und Wohngemeinschaften genauso wie Mehrgenerationenwohnen oder „Wohnen mit Versorgungssicherheit“ in der eigenen Wohnung. Doch esDerzeit fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondernallerdings allein für Menschen mit Behinderung in Deutschland immer noch rund eine Millionen barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen. Zudem es gibt auch zu wenig preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mittelndeutlich aufstocken, um den großen Bedarf zu decken. Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und Dörfer ergänzen. Hier sind auch Länder und Kommunen gefragt, den barrierefreien Ausbau voranzubringen und die infrastrukturelle Anbindung des ländlichen Raums an die Groß- und Mittelstädten, sowie untereinander zu ergänzen und zu verbessern.
Wohnen ist eine soziale Frage. Mieten und Kaufpreise haben sich in den letzten Jahren stark
erhöht. Gestiegene Wohnkosten stellen Familien und Menschen bis weit in die Mitte unserer
Gesellschaft hinein vor große Probleme. Bezahlbare Wohnungen mitten in der Stadt, im
gewachsenen Wohnvierteln, in der Nachbarschaft guter Schulen und Kitas werden für Menschen
mit kleinen und mittleren Einkommen unerreichbar. Viele haben Angst davor, ihre Wohnung zu
verlieren oder müssen ihre angestammten Wohnviertel verlassen. Das schlägt einen Spalt in
unsere Gesellschaft. Der soziale Zusammenhalt geht verloren. Wachsende räumliche Barrieren,
zunehmend getrennte Wohnorte und Lebensbereiche von Alten und Jungen, Armen und Reichen,
Familien und Singles verstärken die Spaltung.
Die Mieten in deutschen Großstädten steigen seit Jahren rasant. Allein in Berlin stiegen die
Neuvertragsmieten binnen fünf Jahren um etwa 50 Prozent. In München sind Quadratmeterpreise
von über 20 Euro inzwischen keine Seltenheit mehr. Aber das Problem betrifft schon lange
nicht mehr nur die Metropolen. Auch in Städten wie Lübeck, Potsdam oder Reutlingen haben
immer mehr Menschen Probleme, eine Wohnung zu finden, die sie auch bezahlen können. Noch
extremer ist der Anstieg der Kaufpreise von Immobilien. In den sieben größten deutschen
Städten haben sie sich seit 2010 verdoppelt.
Jede fünfte Mieterin, jeder fünfte Mieter gilt inzwischen als überlastet. Für immer mehr
Unternehmen wird es zu einem Problem, dass ihre Mitarbeiter*innen in der Stadt keine Wohnung
mehr finden. Auch bei vielen kleinen Gewerbetreibenden oder beim jungen, innovativen Start-
Ups werden die Gewinne von steigenden Mieten aufgefressen. Diese Entwicklungen stellen eine
Gefahr für den Frieden und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft dar und verschärfen
die soziale Spaltung.
Besonders betroffen von der Wohnungsnot sind Menschen mit geringerem Einkommen, Familien mit
Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung sowie Migrant*innen. Gerade sie werden
bei der Vergabe von Wohnungen diskriminiert. Oft entscheidet die Tatsache, ob jemand Mayer
oder Haddad heißt, alleinerziehend ist oder nicht darüber, ob die Person zu einer
Wohnungsbesichtigung eingeladen wird. Menschen werden aus ihren angestammten Wohnquartieren
vertrieben, wenn ihre Vermieter*innen die Mieten immer stärker erhöhen. Modernisierungen,
die wir für die Rettung des Klimas dringend brauchen, werden dafür missbraucht, Rendite zu
maximieren. Mieter*innen werden so aus ihren Wohnungen verdrängt und dann durch
besserverdienende Mieter*innen ersetzt. Es steigt auch die Zahl der Wohnungslosen. In einem
reichen Land wie unserem fehlt es inzwischen 650.000 Menschen am Allernötigsten: an der
eigenen Wohnung.
Der Wohnungsmarkt liegt wesentlich in kommunaler Verantwortung. Die Wohnungsbaupolitik ist
überwiegend Ländersache. Probleme sollen da gelöst werden, wo sie entstehen. Mit
Öffnungsklauseln im Miet- und Baurecht sowie im Wohnungswirtschaftsrecht für Länder und
Kommunen wollen wir berücksichtigen, dass sich die Lebensverhältnisse und die Wohnsituation
in Deutschland stark unterscheiden.
Es gibt aber auch ganz andere Problemlagen. In Deutschland gibt es zahlreiche Regionen mit
schrumpfender Bevölkerung, Wohnungsleerstand und Herausforderungen durch einen raschen
demographischen Wandel. Dieses Problem werden wir aber weniger mit wohnungspolitischen,
sondern vielmehr eher mit regionalen, strukturpolitischen Instrumenten lösen.
Die Ursachen für die Wohnungskrise sind vielfältig. Es gibt hunderttausende private
Vermieter*innen, die eine Mietwohnung oder ein Miethaus zur Altersvorsorge erworben haben,
und dabei häufig auf maximale Rendite verzichten. Und es gibt sehr gute und sozial
verantwortliche Wohnungsunternehmen in Deutschland, die mit ihrem Bestand stabilisierend auf
den Wohnungsmarkt wirken. Doch es fehlt schlicht an genügend Wohnraum. Der Wohnungsneubau
wurde in Deutschland seit vielen Jahren massiv vernachlässigt. Nach unterschiedlichen
Schätzungen liegt der Bedarf an Neubau in Deutschland bei 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro
Jahr. Diese Zahl wäre mindestens nötig, damit sich die Situation zumindest nicht weiter
verschärft. Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr aber nur 285.000 Wohnungen gebaut. Wenn
wir jetzt keine Bauoffensive starten, werden sich die Mietsteigerungen der letzten Jahre
auch in Zukunft fortsetzen und wird sich die Krise immer weiter zuspitzen.
„Bauen, Bauen, Bauen“ reicht jedoch allein nicht aus. Es kommt entscheidend darauf an, was,
wo, wie und für wen gebaut wird. Mit Luxus-Apartments ist weder der jungen Familie noch dem
alleinerziehenden Krankenpfleger geholfen.
Ursache des Fehlens von preisgünstigem Wohnraum ist der Rückzug der öffentlichen Hand aus
dem sozialen Wohnungsbau. Die Folgen spüren wir heute: Von damals 3,6 Millionen
Sozialwohnungen sind heute weniger als 1,2 Millionen übrig. Es sind diese Fehler der
Vergangenheit, die sich heute rächen. Eine Studie gibt den bundesweiten Bedarf an günstigen
Sozialmietwohnungen mit 1,6 Millionen an. Überteuerte Modernisierungen oder die Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen treiben die Entwicklung weiter an.
Verschärft wird die Situation durch Finanzspekulationen. Sie nutzen gezielt bestehende
Lücken in den Steuergesetzen, um Gewinne am Allgemeinwohl vorbei zu schleusen und
missbrauchen das Mietrecht zur Renditemaximierung. Der Wohnungsmarkt droht in einigen
Großstädten bereits zum Finanzmarkt zu werden. Doch Wohnen ist keine Ware, sondern ein
soziales Recht. Was gebaut wird, muss lebenswert und nachhaltig sein. Gutes Wohnen bedeutet
auch Ruhe und gesunde Luft – Wohnen soll nicht krank machen. Quartiere mit einem geballten
sozialen Wohnraum, wie in Großstädten seit den 1960er Jahren entstanden, sind nicht
nachhaltig. Andererseits wirkt so manches Quartier wie ausgestorben anstatt quirlig und
lebendig: leere Zweitwohnungen, kaum Menschen auf der Straße. Wir wollen stattdessen sozial
gemischte, grüne und ästhetisch ansprechende Quartiere erhalten und neu schaffen, in denen
auch altersgerechtes Leben und barrierefreien Wohnen möglich sind.
Auch der Klimawandel stellt uns in der Wohnfrage vor neue Herausforderungen. Besonders dicht
bebaute innerstädtische Quartiere heizen sich im Sommer besonders stark auf. Wir müssen
verhindern, dass sich unsere Innenstädte für kranke oder alte Menschen im Zuge der
fortschreitenden Erderhitzung zu Zonen entwickeln, in denen sie weder schlafen noch sich im
Freien aufhalten können. Deswegen werden grüne Lungen für unsere Städte immer wichtiger. Wir
wollen die Anzahl von Bäumen in Städten drastisch erhöhen, um Schatten und Sauerstoff in die
Stadt zu bringen sowie die Wasseraufnahme zu verbessern. Außerdem wollen wir die Dächer und
Fassaden nutzen, um Natur in die Stadt zu bringen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Wohnen ein Grundrecht. Wir wollen es als einen Bestandteil von
neuen sozialen Grundrechten in unser Grundgesetz aufnehmen.
Mit dem vorliegenden wohnungspolitischen Programm buchstabieren wir aus, mit welchen
Maßnahmen wir dieses Grundrecht auf Wohnen einlösen können.
1. Neuen Wohnraum schaffen – sozial und gemeinwohlorientiert
Beim sozialen Wohnungsbau stehen wir vor einer Herkulesaufgabe. Wir müssen die Fehler und
Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre innerhalb eines Zeitraums von fünf bis zehn Jahren
korrigieren. Schon seit den 1990er Jahren haben sich viele Kommunen mehr und mehr aus dem
Wohnungsmarkt zurückgezogen. In Folge eines Skandals bei dem Gemeinnützigen
Wohnungsunternehmen „Neuen Heimat“ entschied sich die damalige schwarz-gelbe
Bundesregierung, die Wohngemeinnützigkeit in Deutschland insgesamt abzuschaffen, statt sie
zu reformieren. Anstatt Transparenz herzustellen und gegen Korruption entschlossen
vorzugehen zog sich die Politik weitgehend aus dem Wohnungsmarkt zurück und überließ ihn dem
freien Spiel des Marktes.
Die vom Bund in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen reichen angesichts der
Herausforderung hinten und vorne nicht. Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsbau: 2020 wird
der Bund seine Mittel um ein Drittel auf nur noch eine Milliarde Euro kürzen. Und das,
obwohl seit Jahren zwischen 40.000 und 60.000 Sozialwohnungen pro Jahr verloren gehen. Der
Bedarf liegt aber mindestens bei 80.000 zusätzlichen Sozialwohnungen jährlich.
Den geringen Ausgaben des Bundes für den Wohnungsbau stehen Aufwendungen für Kosten der
Unterkunft und Wohngeld in Höhe von 17 Milliarden Euro gegenüber. Anstatt Wohnraum zu
schaffen, alimentieren wir die teuren Mieten der privaten Eigentümer*innen für diejenigen,
die sich das Wohnen nicht mehr leisten können. So subventionieren wir mit Steuergeldern
letztlich die Gewinne von Vermieter*innen und Wohnungskonzernen. Neue Wohnungen entstehen so
nicht.
Wir wollen deswegen eine Kehrtwende in der deutschen Wohnungspolitik. Wir wollen neuen
Wohnraum schaffen – und zwar vor allem öffentlich und gemeinwohlorientiert.
Gemeinnützig Bauen und Wohnen
Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen wieder deutlich erhöht und verstetigt werden.
Dafür müssen bestehende kommunale Wohnungsgesellschaften gestärkt werden und es braucht eine
Gründungsoffensive für neue Gesellschaften. Dabei wollen wir die Kommunen dabei umfassend
unterstützen. Genauso stehen wir an der Seite der Zivilgesellschaft und unterstützen das
Aktionsbündnis „Wohnen ist Menschenrecht“.
Wir werden eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Insgesamt wollen wir in den nächsten
zehn Jahren den Bestand an dauerhaft gebundenen Sozialwohnungen um mindestens eine Million
erhöhen. Dafür setzen wir auf Neubau, aber auch auf Zukauf von bestehenden Wohnungen.
Entsprechend braucht es ein öffentliches Investitionsprogramm des Bundes von zusätzlich drei
Milliarden Euro jährlich. Wir finanzieren das teilweise durch die Abschaffung von unsinnigen
Subventionen wie dem Baukindergeld.
Für die Wohngemeinnützigkeit soll das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Güter“
gelten. Vermieter*innen, die sich dazu verpflichten, dauerhaft an Menschen mit geringerem
Einkommen und zu günstigen Mieten zu vermieten, erhalten eine öffentliche Förderung. Die
Wohngemeinnützigkeit steht allen Akteur*innen offen: der kommunalen Wohnungsgesellschaft,
der Genossenschaft, aber auch dem privaten Wohnungsunternehmen und der privaten
Kleinvermieter*in. Wir gewähren einen Investitionszuschuss von bis zu 20 Prozent der
Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der Erwerb wird von der Grunderwerbsteuer befreit.
Außerdem werden die Gewinne von der Ertragsbesteuerung befreit. Im Gegenzug und zur
Finanzierung schaffen wir die Gewerbesteuerbefreiung für nicht gemeinnützige
Wohnungsgesellschaften ab. Wir konzentrieren die Förderung auf die angespannten
Wohnungsmärkte und beenden so die Gießkannenpolitik der Bundesregierung. Um den dauerhaften
Erhalt der Sozialwohnungen doppelt abzusichern, setzen wir zusätzlich auf öffentliches
Eigentum an Grund und Boden und setzen das Erbbaurecht ein.
Im sozialen Wohnungsbau früherer Jahre wurden viele Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern
wollen wir lernen. Wir werden für ein ausgewogenes Verhältnis von Sozialwohnungen,
Genossenschaften, Wohnprojekten, privatem Mietwohnungsbau und selbstgenutztem Wohneigentum
Sorge tragen, um soziale Segregation zu verhindern. Unser Ziel sind vielfältige gemischte
Quartiere, wo Menschen mit geringem und Menschen mit hohem Einkommen Nachbar*innen sein
können. Bei neuen Baugenehmigungen sollen immer auch Vorgaben für eine verbindliche Quote an
Sozialwohnungen erfolgen, wie dies bereits in zahlreichen Städten üblich ist. Wir wollen
bezahlbaren Wohnraum auch für mehr Menschen zur Verfügung stellen, wir wollen die
Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen erhöhen und eine neue Kategorie für Menschen schaffen,
deren Einkommen die Einkommensgrenzen um nicht mehr als 50 Prozent übersteigt. Bei diesen
Sozialwohnungen gelten dann entsprechend weniger strenge Kriterien bei der Miethöhe und es
wird eine Teilförderung gewährt.
Unser langfristiges Vorbild bei der Sozialwohnungspolitik ist die Stadt Wien mit ihrem
großen Anteil gemeinnütziger Wohnungen, die für jeden attraktiv sind. In einer Sozialwohnung
zu wohnen wird dort nicht gleichgesetzt mit Armut, weil die Mehrheit der Wienerinnen und
Wiener in Sozialwohnungen lebt. Menschen, deren Einkommen über die Einkommensgrenzen
hinauswächst, werden deswegen nicht zum Umzug gezwungen, aber für sie soll eine
einkommensabhängige Fehlbelegungsabgabe eingeführt werden, deren Einnahmen für den Bau neuer
Sozialwohnungen verwendet wird.
Wir werden für die Wohngemeinnützigkeit eine unabhängige Aufsicht schaffen, welche die
Einhaltung der Kriterien kontrolliert. Zu Unrecht bezogene Fördergelder werden
zurückgefordert und Verstöße auch mit Bußgeldern belegt. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen
müssen vollständig transparent wirtschaften. Unser Leitbild ist nicht der große, zentral
verwaltete staatliche Wohnungskonzern, sondern dezentral verwaltete und selbstbestimmte
Wohnprojekte und überschaubare Wohnungsunternehmen. Deshalb werden wir eine
Mietermitbestimmung einführen, so dass die Menschen, die in den Wohnungen leben, ein
Mitspracherecht und Einfluss auf wichtige Entscheidungen erhalten.
Barrierefreies Wohnen in jedem Alter
Ab dem Jahr 2030 braucht jede* DritteAltersgerechter und barrierefreier Wohnraum ist eine wichtige Basis für ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben – in Deutschland voraussichtlichden Städten ebenso wie in den ländlichen Räumen. Für einen Großteil der Menschen stellen mittlerweile ambulante Wohn- und Pflegeformen eine altersgerechteklare Alternative zum Heim dar. Wir wollen daher Wohnungen und das Wohnumfeld so gestalten, dass Menschen unabhängig von ihrem Alter oder ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit möglichst selbstständig und unabhängig in ihrer gewohnten oder gewünschten Umgebung leben können. Dazu gehören auch Hausgemeinschaften, Pflegewohngruppen und Wohngemeinschaften genauso wie Mehrgenerationenwohnen oder „Wohnen mit Versorgungssicherheit“ in der eigenen
Wohnung. Doch esDerzeit fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondernallerdings allein für Menschen mit Behinderung in Deutschland immer noch rund eine Millionen barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen. Zudem es gibt auch zu wenig
preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-
Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mittelndeutlich aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und
Dörfer ergänzen. Hier sind auch Länder und Kommunen gefragt, den barrierefreien Ausbau voranzubringen und die infrastrukturelle Anbindung des ländlichen Raums an die Groß- und Mittelstädten, sowie untereinander zu ergänzen und zu verbessern.
Verdichten, aber nicht Erdrücken
Boden ist ein begrenztes Gut. Wir müssen Bauland schaffen und gleichzeitig den Flächenfraß
reduzieren. Was wie ein Widerspruch klingt, muss durch eine innovative Bauflächenoffensive
aufgelöst werden, die behutsam verdichtet und höher baut, dafür aber die Stadt konsequent
begrünt.
Besonders in unseren Städten erleben wir vielfältige Nutzungskonflikte. Was hat Vorrang?
Parkplatz oder Spielplatz? Wohnung oder Einkaufszentrum? Solche Fragen werden in Kommunen
täglich diskutiert und sind heißt umkämpft. Um mehr Wohnraum in Städten zu schaffen wollen
wir nachverdichten. Bestehende Gebäude sollen aufgestockt werden, um Flächen zu sparen.
Etwa, indem Wohnungen über dem Supermarkt entstehen oder indem Stockwerke hinzukommen, wo
dies sinnvoll ist. Wir erleichtern die behutsame Nachverdichtung durch Dachausbauten
finanziell. Die Möglichkeit zur Aufstockung von einstöckigen Gewerbeimmobilien mit Wohnungen
soll im Baurecht verankert werden. Statt einer Sonderabschreibung, welche die Preise weiter
in die Höhe treibt, wollen wir eine Investitionszulage im Rahmen einer „Grünen
Bauflächenoffensive“ schaffen. Wir fördern damit finanziell die Dachaufstockung mit
Wohnungen sowie das Aktivieren von Brachen – davon gibt es im Umland vielerorts noch viel.
In Deutschland stehen etwa zwei Millionen Wohnungen leer. Wir fördern die Wiederbelebung
leerstehender Häuser und Wohnungen finanziell mit der grünen Bauflächenoffensive. Vielerorts
lässt sich so Naturverlust und Flächenversiegelung an Ortsrändern und im Umland verhindern
und vorhandene Häuser und Grundstücke in den Ortskernen wieder beleben. Das schafft und
sichert Werte, statt Natur und das Klima zu zerstören und Ortskerne auszuhöhlen.
Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen bei der Planung beteiligt werden. Mangelnde
Beteiligung führt zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Bauverzögerungen und oft
entstehen so wenig lebenswerte Quartiere. Deswegen stehen wir für moderne
Beteiligungsprozesse im Rahmen einer zu verwirklichenden Baukultur. Wir wollen
Beteiligungsprozesse organisieren, in denen Menschen frühzeitig mitentscheiden können, was
gebaut, aber nicht verhindern können, dass gebaut wird.
Viele bestehende Bebauungspläne sind veraltet und entsprechen nicht mehr den modernen
Anforderungen. Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen, sie im Sinne einer vertikalen
Siedlungsentwicklung anzupassen, so dass höher gebaut werden kann und Natur in der Stadt und
Umland geschont und bereits versiegelte Flächen besser genutzt werden.
Bisher ungenutzte Brachen, die eine ökologische Funktion haben, sollten wir schon aus
Klimaschutzgründen nicht vollständig bebauen, sondern auch für neue grüne Lungen,
Erholungsgebiete und soziale Begegnungsräume nutzen. Ziel der Innenentwicklung ist auch,
neue öffentliche Räume zu erschließen und unsere Städte lebenswerter zu gestalten.
Soviel, wie neu gebaut wird, so viel an neuem Grün wollen wir schaffen – auch und vor allem
auf Dächern und Fassaden, die heute dafür weitgehend ungenutzt bleiben. So wollen wir das
Stadtgrün schützen und erweitern, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes und als
Anpassungsmaßnahme an die Klimakrise, sondern auch, weil es für die Lebensqualität in den
Städten, gerade für Menschen ohne Zugang zu Gärten und Freiflächen, von hoher Bedeutung ist.
Wir setzen auf die Senkung der Flächeninanspruchnahme auf maximal 30 Hektar pro Tag.
Spätestens ab 2030 wollen wir erreichen, dass für jede neue Versiegelung von Fläche eine
gleich große, nicht mehr benötigte Siedlungsfläche renaturiert wird.
Im ländlichen Raum stellt sich das Problem oft umgekehrt dar. Es gibt Leerstand und Dörfer
mit Einwohnerschwund. Gut ausgebaute ÖPNV-Verbindungen sind nicht nur eine klimafreundliche
Verkehrsalternative, sondern auch ein Mittel gegen Wohnungsnot, wenn so der ländliche Raum
mit attraktiven Reisezeiten an die Ballungszentren angeschlossen und angebunden wird.
Der Baulandspekulation den Boden entziehen
Der stärkste Kostentreiber beim Wohnen sind Grundstücks- und Baulandpreise. Die Preise für
Bauland sind seit 2010 um über 60 Prozent gestiegen, in den Großstädten noch deutlich
stärker. Mit 870 Prozent Bodenwertsteigerung in weniger als zehn Jahren musste Berlin den
größten Anstieg weltweit verkraften. Grund und Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden und
die explodierenden Bodenpreise schlagen auf die Immobilienpreise und Mieten durch. Wenn
davon gesprochen wird, dass günstiges Bauen kaum mehr möglich ist, liegt dies zuvorderst an
den inzwischen für sehr viele Menschen unbezahlbaren Grundstückspreisen. Aber Boden ist ein
Allgemeingut, unvermehrbar, unentbehrlich und sozial gebunden.
In Deutschland hat die öffentliche Hand viele ihrer Grundstücke verkauft. Die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben (BImA) hat ihre Grundstücke lange Zeit meistbietend versteigert und
wurde damit selbst zu einem Treiber der Spekulation. Eine Bodenvorratspolitik, die Vorsorge
für die Zukunft betreibt, haben deutsche Städte und Gemeinden fast nirgends gemacht. Daraus
resultiert, dass die wertvollen Baugrundstücke in unseren Städten heute größtenteils in
privater Hand sind und die Kommunen horrende Preise zahlen müssten, um sie zurück zu kaufen.
Wir wollen Kommunen dabei unterstützen, wieder eine aktive Bodenpolitik zu betreiben und
verstärkt Grund und Boden für öffentliche Aufgaben wie gemeinnützigen Wohnungsbau zu
erwerben. Der Bund muss das durch eine langfristige gemeinwohlorientierte Bodenpolitik
unterstützen.
Die noch vorhandenen bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investoren
veräußert, sondern verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben
werden. An private Investor*innen sollte hingegen nur noch Erbbaurechte vergeben werden,
damit die Flächen nach Ablauf einer Frist an die öffentliche Hand zurückfallen. Heute laufen
Sozialbindungen nach 15 bis 30 Jahren aus. Über die Vergabe im Erbbaurecht können wir
vertraglich sicherstellen, dass künftig Sozialwohnungen dauerhaft erhalten bleiben. Wir
werden die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu einem Gemeinnützigen
Bundesbodenfonds weiter entwickeln. Der Bundesbodenfonds soll für gemeinwohlorientiere und
öffentliche Akteure des Wohnungsbaus Grundstücke ankaufen und diesen Akteuren Grundstücke
übertragen bzw. verpachten.
Viele Investor*innen sind im Besitz von Bauland, spekulieren aber lieber auf steigende
Bodenpreise als zu bauen. Das kommunale Bau- und Planungsrecht sieht heute schon eine
Baupflicht (Baugebot) vor. Wird nicht gebaut, kann in letzter Konsequenz eine Enteignung
gegen Entschädigung stehen. Das Bundesverfassungsgericht sieht gerade bei Grund und Boden
eine besondere und weitgehend soziale Verpflichtung des Eigentums. Wer der Aufforderung zu
bauen nicht nachkommt, kann zum Verkauf gezwungen beziehungsweise gegen Entschädigung
enteignet werden. Wir unterstützen die Kommunen, die von dieser Möglichkeit bei besonders
angespannten Wohnungsmärkten Gebrauch machen. Bei solchen Lagen sollen Kommunen das Baugebot
nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern für bestimmte Gebiete aussprechen können. Falls
dem Baugebot nicht entsprochen wird und die öffentliche Hand daraufhin als ultima ratio
enteignet, sollte die Entschädigung einem realistischen Ertragswert entsprechen. Länder
sollen in die Lage versetzt werden, durch eine erhöhte Grundsteuer für unbebaute Grundstücke
einen Anreiz zum Bauen zu schaffen. Ebenso sollen alle Länder über ihre Bauordnungen die
Gültigkeit von Baugenehmigungen zeitlich befristen können, um die Spekulation mit Baurechten
zu unterbinden.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die Rechte von Mieterinnen und Mietern zu stärken.
Vorbildcharakter hat für uns die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer*innen. Durch
sie ist sichergestellt, dass nicht nur die Eigentümer*innen eines Unternehmens, sondern auch
die dort beschäftigen Arbeitnehmer*innen einen Einfluss auf die Entscheidungen haben, die
sie direkt betreffen. Wir wollen dieses Prinzip vom Arbeitsverhältnis auf das Mietverhältnis
übertragen. Unser Ziel ist, der Gemeinschaft der Mieter*innen Mitbestimmungsrechte zu
einzuräumen, etwa wenn es um Umbauten oder Modernisierungen geht. Wir wollen so eine echte
Mietermitbestimmung entwickeln, um die Gemeinwohlorientierung des Eigentums auch auf dem
Wohnungsmarkt durchzusetzen. Diese Mietermitbestimmung soll – analog zur
Arbeitnehmermitbestimmung – für Wohnungsgesellschaften ab einer bestimmten Größe gelten.
Die Preise für Grund und Boden steigen nicht, weil die Eigentümer*innen die Qualität des
Bodens verbessern, sondern wegen der Lage, also einer Umgebung mit öffentlicher
Infrastruktur, attraktiven Arbeitsplätzen, Kultureinrichtungen oder Universitäten. Aufgrund
dieser Faktoren werden bestimmte Gegenden beliebter und stärker nachgefragt. Die Ernte
dieser Leistungen anderer sollte nicht über eine Bodenrente privatisiert werden. Für die
Eigentümer*in stellen sie einen leistungslosen Vermögenszuwachs dar. Im Planungsrecht gibt
es bereits Instrumente, solche windfall profits, also Wertsteigerung von privatem Grund und
Boden, durch einen kommunalen Bebauungsplan zu berücksichtigen.Wir wollen es für Kommunen
ermöglichen, planungsbedingte Wertsteigerungen teilweise abzuschöpfen und für kommunale
Infrastrukturen, soziales Wohnen und Umwelt einzusetzen.
Mit dem Vorkaufsrecht solidarisches Eigentum begründen
Das im Baurecht verankerte Vorkaufsrecht der Kommunen für Wohnungen und Bauland stellt für
uns ein wichtiges Instrument dar, um das Ziel von mehr öffentlichem und solidarischem
Eigentum zu verwirklichen. Es wird aber viel zu selten genutzt. Daher braucht es eine aktive
Ankaufstrategie. Akteure wie zum Beispiel Genossenschaften oder Stiftungen, die
gemeinwohlorientiert agieren, können die kommunale öffentliche Strategie ergänzen. Das
kommunale Vorkaufsrecht soll auf alle Gebiete der Stadt ausgeweitet werden. Die
Ausübungsfrist von zwei Monaten soll auch bei Share Deals und Zwangsversteigerungen gelten.
Um die kommunalen Bauämter zu unterstützen, wollen wir beim Bund (BBSR) eine
Rechtberatungsstelle einrichten und diese darin unterstützen, mit Online-Katastern eine
Übersicht über brachliegende und verfallende Grundstücke zu schaffen. Oft haben Kommunen
oder Genossenschaften Schwierigkeiten, den Ankauf zu finanzieren. Deswegen wollen wir
Allianzen zur Ausübung des Vorkaufsrechts unterstützen. Beispielsweise könnte die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein Teileigentum des Bundes begründen, sich so
am Kauf beteiligen und damit der Kommune den Ankauf ermöglichen. Genossenschaften und andere
gemeinwohlorientierte Erwerber*innen könnten eine Förderung durch günstige Kredite oder
Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, um die Finanzierung zu ermöglichen.
Nachhaltig und digital bauen – und damit Kosten sparen
Mit einer Innovationsoffensive für die besten Klima-Investitionen in Gebäude und Wohnungen
unterstützen wir selbstnutzende Eigentümerinnen, Vermieter sowie Mieter*innen. Wir helfen
ihnen, zu tragbaren Kosten Zukunft zu gestalten und Klimaschutzmaßnahmen gemäß der Ziele von
Paris umzusetzen. Dafür stellen wir im Aktionsplan „Faire Wärme“ sieben Milliarden Euro im
Jahr für Planung, Investitionen und bezahlbaren Wohnraum und für ressourcenschonendes Bauen,
zum Beispiel durch modularen Holzbau, bereit. Hemmnisse im Baurecht für serielles und
modulares Bauen wollen wir in der Musterbauordnung reduzieren und so Kostensenkungen
ermöglichen. Wir schaffen ein Gebäuderessourcengesetz, das die ganzheitliche
Lebenszyklusbetrachtung für ein Gebäude in den Blick nimmt.
Damit die erheblichen Investitionen für Neubau sowie klima- und altersgerechten Umbau
überhaupt geleistet werden können, wollen wir die Innovationskraft und Produktivität im
Bauwesen stärken. In Ländern wie China, Dubai und den Niederlanden wird bereits mit dem
Einsatz von 3D-Druckern beim Bau experimentiert. Wir wollen die Forschung auf diesem Gebiet
unterstützen und Pilotprojekte auch in Deutschland fördern.
Der nachwachsende Baustoff Holz bietet gleich mehrfach Potenzial für eine höhere
Produktivität durch digitale Unterstützung: Er speichert CO2 und schützt damit das Klima.
Ganze Gebäudeteile lassen sich im Werk mit digitaler Technik vorfertigen und auf der
Baustelle rasch und damit kostengünstig aufbauen. Holz ist leichter als Stahl und Beton und
damit statisch für Dachausbauten gut geeignet. Building Information Models (BIM), also
digitale Abbilder der Neubauten, haben das Potenzial, das Bauen zu erleichtern: Die
Schnittstellen zwischen den einzelnen Baugewerken werden sicht- und damit definierbar, das
macht heute Abstimmungen und Kosten transparenter und erleichtert später Modernisierung und
Instandsetzung sowie Recycling. Mit einem Marktanreizprogramm für das Bauen mit
nachwachsenden Baustoffen regen wir den verstärkten Einsatz von Holz aus nachhaltigen
Quellen als Baustoff an. Die Kapazität nachwachsender Baustoffe als CO2-Speicher wollen wir
im Gebäudeenergiegesetz honorieren und als Beitrag zum klimaneutralen Gebäudebestand auch
anrechnen.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für ressourcenschonende Infrastrukturen und
lebenswerte Städte genutzt und im Sinne der Bürger*innen und des Gemeinwohls eingesetzt
werden. Der Schutz vor Risiken, etwa bei der Datensicherheit und kritischen Infrastrukturen,
muss dabei immer berücksichtigt werden. Dies ist eine primäre öffentliche Aufgabe. Schon
heute geben Städte und Gemeinden wertvolle IT-Infrastrukturen aus der Hand. Städte und
Gemeinden müssen durch ein Bundesprogramm mehr Mittel an die Hand bekommen, um ihre
Verwaltung, das Management der Energiekreisläufe sowie die Infrastrukturen digital zu
ertüchtigen.
Wohnraum nutzen – Leerstand und Fehlnutzung verhindern
Nicht immer fehlt Wohnraum: Manchmal ist er vorhanden, wird aber nicht oder falsch genutzt.
Wir wollen gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum vorgehen. In
beliebten Großstädten verschwindet Wohnraum auch dadurch, dass er als Ferienwohnung genutzt
und so für dauerhafte Bewohner*innen unzugänglich wird. Nicht selten findet man in den
beliebten Lagen von Städten wie Berlin und Hamburg viele Inserate bei Airbnb und Co., aber
kaum Mietwohnungsangebote mehr. Wir unterstützen die Kommunen dabei, gegen Zweckentfremdung
und Fehlnutzungen vorzugehen und diese zu verbieten. Die Verfolgung muss verbessert und die
Bußgelder müssen erhöht werden. Die EU-Kommission steht in der Pflicht, die Länder und
Kommunen bei der Schaffung von verbindlichen Auskunftspflichten von Online-Plattformen zu
unterstützen.
Seit 1987 ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner*in um über ein Drittel
gestiegen. Der Grund dafür ist oft, dass immer mehr Menschen in Wohnungen leben, die für sie
zu groß geworden sind. Paare etwa, die nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, wenn die
Kinder aus dem Haus sind, oder Menschen, die nach einer Trennung oder dem Versterben der
Partner*in in ihrer Wohnung verbleiben. Ein Umzug kommt für sie oft aus Kostengründen nicht
in Betracht, weil sie dann einen älteren und sehr günstigen Mietvertrag verlieren würden.
Und eine neue Wohnung wäre nicht nur kleiner, sondern voraussichtlich auch noch teurer.
Oftmals ist das auch der Grund, weshalb Menschen ihre Wohnung nicht aufgeben, wenn sie eine
andere, weiter entfernte Arbeit antreten. Die weiten Arbeitswege verschärfen wiederrum
zusätzlich die Verkehrsprobleme in unseren Städten. Diese Probleme wollen wir angehen, indem
wir den Mieter*innen ein Recht geben, ihre bestehenden Mietverträge untereinander zu
tauschen. So können alleinstehende ältere Menschen ihre als zu groß empfundene Wohnung mit
der jungen Familie tauschen, die dringend mehr Platz benötigt. Und das ohne steigende
Kosten, weil sie einfach in den Mietvertrag der Anderen als neue Mietpartei einsteigen.
Bisher wird dies nur innerhalb von Wohnungsgesellschaften und auf freiwilliger Basis
praktiziert. Wir werden dafür einen allgemeinen Rechtsanspruch einführen. Er soll zunächst
nur für Wohnungsgesellschaften gelten, private Kleinvermieter*innen bleiben davon
ausgenommen. Außerdem werden wir der Vermieter*in ein Recht einräumen, aus guten Gründen der
Übertragung des Mietvertrags zu widersprechen, etwa wenn die neuen Mieter*innen nicht über
das Einkommen verfügen, um die Miete zahlen zu können. Zusätzlich wollen wir den Umzug in
solchen Fällen finanziell fördern.Kommunen und Baubranche für mehr Wohnungsneubau stärken
Das in den Bereichen Bau und Planung tätige Personal in den Kommunen ist seit 1991 um 35
Prozent zurückgegangen. In den mit Baufragen befassten Stellen arbeitete 2010 bereits ein
gutes Drittel der Beschäftigten weniger, bis 2015 waren es noch einmal zehn Prozent weniger
Beschäftigte als zuvor. Und heute sind es diese wenigen Beschäftigten, die den aufgelaufenen
kommunalen Investitionsstau bei maroden Schulen und Brücken lösen und zusätzlich
Wohnungsneubau und Klimaschutz organisieren sollen.
Ganz ähnlich sieht es in der privaten Bauwirtschaft aus: Trotz Einstellungen in den
vergangenen Jahren arbeiten heute in der Bauwirtschaft fast 800.000 Menschen weniger als
noch Mitte der 1990er Jahre. Wenn wir beim Bauen wieder aufholen wollen, muss sich das
schnell ändern.
Denn in dieser schwierigen Situation brauchen wir die Kommunen bei der Planung und beim Bau
mehr als je zuvor. Die Steuerung der Bautätigkeit, des Klimaschutzes in Stadtvierteln und in
Gebäuden sehen wir als kommunale Aufgabe. Daher wollen wir den Kommunen das Planen und
Steuern erleichtern durch planbare, verlässliche Investitionshilfen, finanzielle Entlastung
der Kommunen sowie leichtere Planungsinstrumente im Baurecht für dringende Belange:
Vorkaufsrechte, Klimamodernisierung oder Neubauplanung im Ortskern. Wir stärken die Kommunen
und sorgen für planbare und verlässliche Investitionshilfen, und zwar mit dem „Aktionsplan
Faire Wärme“, der Bauflächenoffensive, einem Bundesprogramm für grüne Infrastrukturen und
der Neuen Wohngemeinnützigkeit. So können Kommunen wieder eigenes Planungspersonal
einstellen, ihre Wohnungsämter und Grünflächenämter stärken und bei Bedarf
Wohnungsunternehmen gründen, und zwar mit demokratisch legitimierter Planung in kommunaler
Hand, nicht durch Finanzinvestoren. Überschuldete Kommunen wollen wir durch Altschuldenhilfe
und Entlastung bei den Sozialkosten wieder auf die Füße helfen.
Wir wollen es Kommunen ermöglichen, mit machbarem Aufwand Bauland für öffentliche und
private Investitionen zu aktivieren, und gleichzeitig grüne Freiräume, Mobilität, Schulen
und Sozialwohnungen einzuplanen. Dazu geben wir ihnen da, wo Wohnraummangel und Belange der
Stadtentwicklung es erfordern, die Möglichkeit, ein „Innenentwicklungsgebiet“ festzulegen.
Darin können sie Baulücken, Brachflächen und andere Flächen zügig einer baulichen Nutzung
oder Freiraumnutzung zuführen, auch auf Flächen, die nach dem Grundsatz des „Einfügens in
die Umgebung“ (§34 Baugesetzbuch) bebaut werden können. Damit erleichtern wir kommunale
Vorkaufsrechte erheblich. So können die Kommunen zum Beispiel im Umland der Ballungszentren
und Metropolen Baupotenziale in den Ortskernen erschließen, bevor sie Bauland auf der grünen
Wiese entwickeln. Die Erschließung durch Stadtbahnen und Radschnellwege ist genauso wie die
durch Pflegedienste, Jugendzentren und Kitas einfacher in kompakteren Orten.
Früher waren öffentliche Bauinvestitionen häufig von der Kassenlage abhängig. Fehlte es an
Steuereinnahmen, wurde auch nicht mehr gebaut. Damit war es für die private Bauwirtschaft
nie sicher, ob die aktuelle Auftragslage auch in Zukunft Bestand haben würde. In dieser
Situation erhöhen Unternehmen eher die Preise, als dass sie ihre Kapazitäten ausweiten.
Durch die Erhöhung und Verstetigung der Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau und für
Klimaschutz in Gebäuden wollen wir das ändern und geben dem Baugewerbe das Signal, dass es
sich lohnt zu investieren und neue Beschäftigte einzustellen. Die Bauwirtschaft verzeichnet
kaum Produktivitätszuwachse. Sie ist im Branchenvergleich bei der Produktivitätsentwicklung
immer noch unter den Schlusslichtern zu finden. Firmen finden angesichts des Baubooms kaum
noch Mitarbeiter*innen und Fachkräfte. Wir werden alles tun, um die Bauwirtschaft dabei zu
unterstützen, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Dafür braucht es ein modernes
Einwanderungsrecht, das die bestehenden Regelungen liberalisiert, systematisiert und
vereinfacht. Für Asylsuchende und Geduldete, die sich bereits in Deutschland befinden,
wollen wir einen Zugang in Ausbildung, Studium und Erwerbstätigkeit schaffen.
2. Faire Mieten: Mieter*innenrechte verbessern
Wir wissen, dass vielerorts heute bereits so viele Wohnungen fehlen, dass man mittels Neubau
nicht zu schnellen Erfolgen kommen kann. Im Gegenteil wird es viele Jahre dauern, bis wir in
den Großstädten wirklich ausreichenden Wohnraum geschaffen haben. Daher braucht es für
Kommunen über die bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen hinaus eine Möglichkeit, Mieten
zu begrenzen. Eine spürbare Begrenzung des Mietsanstiegs ist gleichzeitig das wirksamste
Instrument, um die Ertragswerte von Immobilien zu begrenzen und dämpfend auf die
Preisentwicklung einzuwirken.
Die große Koalition hat im Jahr 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Gebremst hat
sie allerdings kaum. Zu viele Ausnahmen durchlöchern ihre Wirksamkeit. Mit der Durchsetzung
werden die Mieter*innen allein gelassen. Es liegt an ihnen, gegen ihre neue Vermieter*in zu
klagen. Viele tun das nicht. Die Mietpreisbremse muss endlich angezogen und unnötige
Ausnahmen abgeschafft werden. Sie muss als ein dauerhaftes Instrument im Mietrecht erhalten
bleiben, und nicht wie von der Bundesregierung geplant bereits 2025 wieder auslaufen. Es
sind die Länder, die darüber entscheiden, in welchen Gebieten die Mietpreisbremse überhaupt
gilt. Die Beschränkung, dass sie dies nur für maximal fünf Jahre dürfen, muss fallen. Die
Mietpreisbremse erlaubt heute, bis zu zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete
hinauszugehen. Wir werden diesen Wert auf fünf Prozent senken. Verstöße gegen die
Mietpreisbremse werden wir zu einer Ordnungswidrigkeit machen und mit einer empfindlichen
Geldbuße belegen. Um den Mietanstieg auch bei bestehenden Mietverträgen stärker
einzuschränken, werden wir den Mietanstieg auf maximal drei Prozent pro Jahr bis zur
Obergrenze ortsüblicher Vergleichsmieten beschränken.
Miethöhen orientieren sich in vielen Fällen an der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in
Mietspiegeln ermittelt wird. Diese ortsübliche Vergleichsmiete steigt aber vielerorts rasch
an. Der Mietspiegel setzt sich derzeit aus den neuen Mietverträgen der letzten vier Jahre
zusammen. Dies führt dazu, dass bei starken Mietsteigerungen auch die bestehenden
Mietverträge zeitlich verzögert betroffen sind. Wir werden deshalb die Mietverträge der
letzten zehn Jahre für die Berechnung des Mietspiegels berücksichtigen. In einigen Kommunen
gibt es überhaupt keinen qualifizierten Mietspiegel. Aber nur damit können Mieter*innen die
Höhe der ortsüblichen Miete und damit ihre Rechte überhaupt verlässlich bestimmen. Wir
werden die Kommunen finanziell unterstützen, um dies künftig in allen mittleren und großen
Städten Deutschlands abzusichern. Außerdem wollen wir Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt
zur Anwendung eines qualifizierten Mietspiegels verpflichten, damit Konzerne künftig nicht
mehr klagen können. Die Heranziehung von Vergleichswohnungen zur Begründung der Mieterhöhung
darf nur dann erfolgen, wenn die Vergleichswohnungen nicht allein aus dem Bestand nur eine*r
Eigentümer*in stammen.
Der Plan der Berliner Landesregierung, einen Mietendeckel einzuführen, gibt der Stadt ein
weiteres Instrument zur preislichen Regulierung des überhitzten Wohnungsmarktes an die Hand.
Weil mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten wird, ist es richtig, dass
Umsetzbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit sorgsam geprüft werden.
Über die Kündigung bestehender Mietverträge und die Wiedervermietung an wohlhabendere
Mieter*innen findet ein großer Teil der Mietsteigerungen statt. Menschen werden aus ihren
Nachbarschaften verdrängt. Stadtteile werden sozial immer homogener und die Gesellschaft
treibt auseinander. Kündigungen führen in extremen, aber leider immer häufigeren Fällen auch
zu Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit – selbst bei Familien mit Kindern. Unser Ziel ist es,
beim Kündigungsschutz wieder ein Gleichgewicht zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen
herzustellen. Gerät ein*e Mieter*in in Zahlungsverzug und erhält deswegen die Kündigung,
soll er oder sie die Möglichkeit haben, die Kündigung durch Nachzahlung abzuwenden.
Mieter*innen sollen keine Angst haben müssen, ihre Wohnung zu verlieren, nur weil sie
berechtigt von ihrem Mietminderungsrecht bei Mängeln in der Wohnung Gebrauch gemacht haben.
Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen
Wir wollen ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und
Obdachlosigkeit auf den Weg bringen und uns entsprechend der globalen Nachhaltigkeitsziele
vornehmen, dass es bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr in Deutschland gibt. Außerdem braucht
es eine gezielte Förderung des „Housing First“-Ansatzes, bei dem Obdachlose in eine Wohnung
einziehen können, ohne sich zuvor für Hilfe „qualifizieren“ zu müssen. Darüber hinaus müssen
Bürger*innen, unabhängig von ihrem Sozialleistungsbezug, Zugang zu Notunterkünften erhalten.
So soll das Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sichergestellt werden.
Eigenbedarfskündigungen sollen deutlicher als heute auf die tatsächliche Nutzung durch die
Eigentümer*in und die nahen Verwandten beschränkt werden, um Missbrauch zu unterbinden. Die
voranschreitende Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wollen wir so nicht
hinnehmen. Die Kommunen können heute schon in sogenannten Milieuschutzgebieten die
Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen untersagen. Bedingungen und Befristungen
werden wir weitgehend abschaffen, so dass eine Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt eine
Umwandlung ausnahmslos und stadtweit untersagen kann, wenn sie es für geboten hält. Wir
setzen verstärkt auf das städtebauliche Instrument des Milieuschutzes, um die soziale
Zusammensetzung der Bevölkerung in Gebieten mit hohem Verdrängungsdruck zu erhalten.
Oft scheitert Mietrecht in der Umsetzung. Mieter*innen werden alleine gelassen und müssen
ihre Rechte gegen große Wohnungskonzerne einklagen, die allerdings Heerscharen von Anwälten
beschäftigen, um ihre Interessen durchzusetzen. Um ein Kräftegleichgewicht zwischen großen
Wohnungsunternehmen und Mieter*innen herzustellen, sind mehr kollektive Klagemöglichkeiten
unerlässlich. Hierfür wollen wir Gruppenklagen einführen. Außerdem streben wir an, die
Einhaltung der zulässigen Miethöhen auch öffentlich zu kontrollieren und damit auch Verstöße
aufzudecken, gegen die Mieter*innen nicht klagen. Dazu wollen wir das Wirtschaftsstrafrecht
gegen überhöhte Mieten wieder wirksam machen. Solche Verstöße werden wir wirksam
sanktionieren.
Viele Menschen werden auf dem Wohnungsmarkt aus rassistischen oder anderen Gründen
diskriminiert. Oft werden Menschen allein wegen ihres Namens, ihrer Sprache oder ihres
bisherigen Wohnorts nicht zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen oder haben als potentielle
Mieter*innen keine Chance. Wir wollen diese Diskriminierung beenden. Dafür muss das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert und der Merkmalskatalog erweitert
werden. Denn der soziale Status oder auch die Sprache sind Diskriminierungsmerkmale, die auf
dem Wohnungsmarkt eine besonders wichtige Rolle spielen. Außerdem setzen wir uns für die
Einführung des Verbandsklagerechts ein, damit Verbände für Betroffene klagen können. Und wir
wollen, dass Fachstellen zur Beratung, Begleitung und Unterstützung von Menschen, die von
Diskriminierung betroffen sind, gestärkt und ausgebaut werden. Damit wollen wir den
Diskriminierungsschutz auf dem Wohnungsmarkt wirkungsvoller gestalten.
Gewerbemietrecht und Grundsteuer reformieren
Für lebenswerte Städte ist auch ein vielfältiges Angebot an kleinen Läden,
Handwerksbetrieben und Angeboten für Familien im direkten Wohnumfeld entscheidend. Gerade
kleine Gewerbetreibende in den begehrten Lagen können sich die steigenden Mieten vielfach
nicht mehr leisten. Damit wird die Knappheit auch für den Wirtschaftsstandort zu einer
ernsten Bedrohung für Vielfalt. Deshalb muss auch das Gewerbemietrecht reformiert werden.
Auch für Gewerbetreibende braucht es eine Begrenzung von Mieterhöhungen, eine
Mietpreisbremse bei Neuvermietung und einen wirksamen Kündigungsschutz. Die Wirtschaft
braucht Planungssicherheit: Die Praxis, Mietverträge auf kurze Zeiträume von zum Beispiel
einem Jahr zu befristen, muss beendet werden.
Die Reform der Grundsteuer ist überfällig, da sie auf veralteten Werten beruht, die
inzwischen verfassungswidrig sind. Die große Koalition hat die Reform immer wieder
verschleppt und gefährdet so 14 Milliarden Euro, auf welche die Kommunen dringend angewiesen
sind, um neue Sozialwohnungen zu bauen. Wir wollen sicherstellen, dass durch die Reform
nicht die Mieter*innen belastet werden. Deshalb werden wir die Umlagefähigkeit der
Grundsteuer auf die Mieter*innen abschaffen. Für bestehende Vereinbarungen, die dem
entgegenstehen, werden wir eine angemessene Übergangsfrist gewähren. Außerdem müssen Städte
und Gemeinden die Möglichkeit haben, mit der Grundsteuer zu steuern und
Stadtentwicklungspolitik zu betreiben. Dafür sollen sie für unterschiedliche Stadtgebiete
auch unterschiedlich hohe Steuersätze festlegen dürfen.
3. Spekulation, Geldwäsche und Steuerumgehung beenden
Die Explosion der Immobilienpreise zeigt, dass Wohnungen und Grundstücke zum
Spekulationsobjekt auf den Finanzmärkten geworden sind. Nicht nur die Mieter*innen leiden
unter dieser Entwicklung. Mehr und mehr Expert*innen warnen vor einer Immobilienpreisblase
in Deutschland, deren Platzen verheerende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte.
Wir wollen zu einem Wohnungsmarkt zurückkehren, der nicht vom Spekulationsinteresse
getrieben wird.
Durch die Steuerumgehung mittels sogenannter Share Deals gelingt es großen
Wohnungsgesellschaften, Immobilien zu kaufen, ohne dafür Grunderwerbsteuer zu zahlen. Immer
größere Wohnungsbestände sind in die Hand von börsennotierten Konzernen, internationalen
Gesellschaften und Private Equity Fonds geraten. Auch die deutsche Körperschaftsteuer wird
so umgangen. Wir werden die Praxis der steuerfreien Share Deals beenden, indem wir schon bei
einem Verkauf der Mehrheit einer Gesellschaft zumindest anteilig Grunderwerbsteuer erheben.
Außerdem wollen wir für die Länder die Möglichkeit schaffen, die Grunderwerbsteuer
progressiv auszugestalten. Wenn Wohnungskonzerne große Immobilienbestände aufkaufen, soll
eine höhere Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn Privatpersonen eine Wohnung kaufen, um
selbst darin zu wohnen. So wird die Grunderwerbsteuer zu einer Antispekulationssteuer.
Der deutsche Wohnungsmarkt gilt in Europa als Paradies für Geldwäsche. Mit Geldern aus
kriminellen Geschäften wie Bestechung, Waffenhandel oder Steuerhinterziehung werden deutsche
Immobilien aufgekauft, denn die Gefahr, entdeckt zu werden, ist in Deutschland gering. Der
deutsche Wohnungsmarkt ist bei russischen Oligarchen und der italienischen Mafia ebenso
populär wie bei griechischen, deutschen oder amerikanischen Steuerhinterzieher*innen.
Deutschland gilt für sie als sicherer Hafen. Das von der großen Koalition eingeführte
Transparenzregister hat daran wenig geändert. Noch immer ist es in vielen Fällen nicht klar,
wem eine Immobilie letztlich gehört. Die wahren Eigentümer*innen verstecken sich oftmals
hinter verschachtelten Beteiligungsstrukturen. Transparenz darf deshalb in Zukunft nicht nur
drauf stehen, sondern muss auch drin sein. Für jede Immobilie in Deutschland müssen
wirtschaftlich Berechtigte und die letztlich dahinterstehenden natürlichen Personen benannt
werden – ohne jede Ausnahme. Das Transparenzregister selbst soll öffentlich zugänglich
werden, um seinem Namen auch endlich gerecht zu werden. Mindestens Journalist*innen,
Nichtregierungsorganisationen und den Bewohner*innen der Immobilien selbst muss ein
berechtigtes Interesse daran eingeräumt werden, so dass sie einfach und jederzeit Zugang zu
den Namen haben. Bei Gesellschaften als Eigentümer*in einer Immobilie muss auch im Grundbuch
über eine Identifikationsnummer ersichtlich sein, wer sich konkret dahinter verbirgt.
Gesellschaften, die nicht im Transparenzregister eingetragen sind, werden wir den Kauf von
Immobilien künftig nicht mehr gestatten.
Die Geldwäsche mit deutschen Immobilien wird zur Zeit auch dadurch stark vereinfacht, dass
der Immobilienkauf in Deutschland auch mit Bargeld stattfinden darf. In anderen europäischen
Ländern ist dies meist schon aufgrund von Obergrenzen für die Zahlung mit Bargeld nicht
möglich. Eine solche Obergrenze werden wir beim Kauf von Immobilien ebenfalls einführen.
Makler*innen und Notar*innen werden dazu verpflichtet, die Herkunft der Gelder zu
überprüfen. Bei Verdacht auf Geldwäsche muss immer eine Meldung an die Behörden erfolgen und
in Fällen, bei denen die Herkunft der Gelder nicht identifiziert werden kann, darf der
Kaufvertrag nicht mehr notariell beglaubigt werden. Wir setzen hierbei auch auf
Fortbildungen für Makler*innen und Notar*innen und auf die Zusammenarbeit mit den Kammern
und Berufsverbänden. Außerdem sollen künftig bei jedem Immobilienkauf die Finanzbehörden
informiert werden, auch wenn die Käufer*innen nicht in Deutschland steuerpflichtig sind. In
diesem Fall sollen Meldungen an die zuständigen Finanzbehörden des Landes erfolgen, in dem
die Käufer*in und der wirtschaftlich Berechtigte steuerpflichtig sind. So helfen wir auch
anderen Staaten bei der Verfolgung von Steuerhinterzieher*innen und anderen Kriminellen.
Alle Maßnahmen gegen Geldwäsche helfen aber wenig, wenn die Behörden nicht dazu in der Lage
sind, sie auch durchzusetzen. Wir werden die Ausstattung im Bereich Kontrolle erheblich
verbessern und das Personal deutlich aufstocken.
Auch steuerliche Sonderbehandlungen machen Immobilien als Investitionsobjekt interessant und
treiben damit Preise und Mieten in die Höhe. Diese steuerlichen Vorteile wollen wir abbauen
beziehungsweise nur noch gemeinnützigen Eigentümer*innen gewähren. Für Veräußerungsgewinne
von nicht selbstgenutztem Wohneigentum wollen wir die Spekulationsfrist verlängern und auch
bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sicherstellen, dass
Wertsteigerungen der Immobilien besteuert werden.
4. Wohnen wird klimaneutral
Klimafreundliche Modernisierung
Wir wollen Fehlentwicklungen bei der energetischen Gebäudesanierung beenden. Energetische
Modernisierung soll klaren Kriterien folgen: mehr Klimaschutz, so warmmietenneutral wie
möglich, ohne Verdrängung sowie in Übereinstimmung mit den Mieterinnen und Mietern. Zusammen
mit einem Energiesparrecht und einer Förderung, die die Modernisierungen auf den nötigen
Klimaschutzpfad bringen, wollen wir so energiesparende Gebäude zu geringstmöglichen Kosten
schaffen und die Klimaschutzziele im Gebäudebereich erreichen. Zentral wird dabei sein, auch
die Wärme erneuerbar zu machen. Ideale Systeme dafür sind die Nah- und Fernwärmenetze, die
sich aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen speisen. Dort, wo die Besiedlungsstruktur
es hergibt, müssen wir weg von der Einzelhausbetrachtung hin zu einer Quartiersbetrachtung.
Durch diese Strategie hat es zum Beispiel Dänemark geschafft, den Anteil der Erneuerbaren im
Wärmebereich auf 65 Prozent zu bringen und sie zielen auf 80 Prozent bis 2030. In
Deutschland beträgt der Anteil 14 Prozent – meist aus Biogas-Anlagen.
Kosten für Luxusmodernisierungen, wie beispielsweise einen neuen Balkon oder schicke
Waschbecken, dürfen nicht weiter gegen den Mieterwillen auf die Miete umgelegt werden, denn
sie führen regelmäßig zu Preissteigerungen. Freiwillige Vereinbarungen zwischen
Vermieter*innen und Mieter*innen sind davon unbenommen. Um jedoch den CO2-Ausstoß wie auch
die Energiekosten zu senken, ermöglichen wir eine, auch angesichts niedriger
Finanzierungskosten angemessene Umlage. Statt heute acht Prozent der Kosten sollen höchstens
vier Prozent im Jahr auf die Miete umgelegt werden dürfen, jedoch nicht mehr als 1,50 Euro
pro Quadratmeter und Monat in acht Jahren. Die Berechnung der Umlage soll dabei die Höhe der
maximal verfügbaren öffentlichen Fördermittel berücksichtigen, um einen Anreiz für die
Vermieter*innen zu schaffen, sie auch in Anspruch zu nehmen. Mieter*innen sollen einen
Gutschein für einen kostenlosen Klima-Check erhalten, um zu ermitteln, wo sie Energie und
Kosten einsparen und das Klima schützen können. Eine Beschwerdestelle für Mieter*innen soll
künftig im Streitfall klären, ob die Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich wie angekündigt
Energie und Kosten einsparen und im Einklang mit Energiesparrecht und Sanierungsfahrplan
sind. Selbstnutzende Eigentümer*innen wollen wir mit einem Steuerbonus bei der energetischen
Sanierung ihrer Wohnungen und Häuser unterstützen. Diese Gruppe modernisiert weniger als
Wohnungsunternehmen, daher muss es für sie attraktiver werden, an öffentliche Fördermittel
zu gelangen.
Wir wollen einen dynamisch angelegten, wirksamen CO2-Preis für den Wärmesektor einführen,
der sich planbar an den Kosten des CO2-Ausstoßes des Energieträgers orientiert. Zudem wollen
wir, dass der CO2-Preisbestandteil auf Wärmebrennstoffe als Investitionsanreiz für die
Vermieter*innen wirkt, den energetischen Zustand ihrer Gebäude zu verbessern.
Unternehmen und Privatpersonen brauchen Planungssicherheit für ihre
Investitionsentscheidungen. Deshalb wollen wir erstens mit einem Energiespargesetz einen
klaren Pfad vorgeben, wie viel Energie in welchen Bereichen bis wann eingespart werden muss.
Im Gebäudebereich wollen wir zweitens das schwer zu durchblickende Regelungsdickicht durch
ein einfaches und transparentes Energiesparrecht ersetzen. Anstatt jedes Bauteil einzeln zu
bewerten, wollen wir die CO2-Emissionen und den realen Wärmebedarf eines Gebäudes zur
maßgeblichen Steuerungsgröße machen.
Den genauen Fahrplan für die Modernisierung älterer Gebäude erstellen sachverständige
Energieberater*innen im Einklang mit der baukulturellen Gestaltung. Eigentümer*innen können
den Fahrplan auf Antrag kostenlos erstellen lassen. Für die einzelnen Stationen im Klima-
Fahrplan des Gebäudes gibt es öffentliche Fördermittel. Bei Neubau muss das Passivhaus zum
verpflichtenden Standard werden, denn die beste Energie ist diejenige, die man gar nicht
erst verbraucht. Für Denkmäler gelten Ausnahmen. Wird die Heizung neu eingebaut oder
getauscht, müssen künftig Anteile erneuerbare Wärmeenergie wie Wärmepumpen, Solarwärme oder
CO2-arme Nahwärme aus einem anliegenden Netz eingesetzt werden. Öffentliche Förderung gibt
es nur ab einem solchen Klimapfad.
Die Potenziale für solare, CO2-freie Wärme werden heute völlig unzureichend genutzt. 2017
wurden nur knapp acht Terawattstunden Solarwärme genutzt. Für eine vollständig erneuerbare
Wärmeversorgung ist mindestens das Zehnfache erforderlich. Doch bisher behindern staatliche
Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe für fossile Heizungen sowie fehlende gesetzliche
Vorgaben für erneuerbare Wärme im Gebäudebestand den zügigen Ausbau der Solarthermie. Der
Einbau von Öl- und Gasheizungen wird noch immer in Millionenhöhe vom Bund gefördert. Diese
klimaschädliche Form des Heizens muss ein Ende haben. Ölheizungen dürfen künftig nicht mehr
eingebaut werden. Zusätzlich wollen wir ein Förderprogramm für den Tausch von Öl- und
Gasheizungen gegen moderne Heizungen mit Sonnenwärme, Wärmepumpe oder Holz auflegen. Ebenso
soll der Einsatz von erneuerbarer Wärme ab sofort verpflichtend werden, wenn eine fossile
Heizung sowieso ausgetauscht wird.
Energetische Quartierssanierung
Wir denken energetische Gebäudesanierung nicht länger nur von Haus zu Haus, sondern in
Zusammenhängen von städtischen Quartieren, Gewerbegebieten, Dörfern oder Siedlungen. Dadurch
stärken wir gemeinschaftliche Versorgungslösungen, die energieeffizienter und günstiger sind
als eine Vielzahl von Einzellösungen.
Nahwärmenetze ermöglichen es, örtlich erzeugte Wärme aufzunehmen, mit Speichern zu
verknüpfen und effizient zu verteilen – insbesondere in dicht bebauten Quartieren. Deshalb
wollen wir sie CO2- und energiesparend ausbauen und stärker fördern, wenn sie zur lokalen
Klimastrategie passen. Wir wollen Wärmenetze dazu für die Einspeisung erneuerbarer Wärme
öffnen, etwa von großflächigen Solarthermieanlagen, hocheffizienten Groß-Wärmepumpen und
Power-to-Heat aus temporären Stromüberschüssen. Das Einspeisen besonders effizienter
Wärmeenergie aus Kraft-Wärme-Kopplung oder bisher ungenutzter Wärmequellen wie Abwärme oder
Abwasserwärme aus der Industrie, Rechenzentren oder Kläranlagen wollen wir fördern. Wir
werden eine Solarpflicht für Photovoltaik auf Neubauten einführen. Für die energetische
Quartierssanierung legen wir ein finanzstarkes Förderprogramm auf, um in Gebieten, in denen
viele Gebäude sanierungsreif sind, die Sanierung zu erhöhen und warmmietenneutrale
Sanierungen für Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen zu ermöglichen.
Mit dem Quartiersprogramm „Gutes Klima im Quartier“ wollen wir der Verdrängung von Menschen
mit geringem Einkommen entgegenwirken und den Zusammenhalt in den Stadtvierteln erhalten.
Aber auch Kommunen sollen darüber unterstützt werden, damit sie gezielt verbindliche
Klimafahrpläne mit passender Wärmeplanung auflegen und zugleich soziale Fördervereinbarungen
mit den Eigentümer*innen für die Modernisierung der Einzelgebäude treffen können.
Mieter*innen und selbstnutzende Eigentümer*innen mit kleinen Einkommen sollen bei Bedarf
einen Sozialplan mit Modernisierung ohne Erhöhung der Warmmieten bzw. für tragbare
Investitionskosten bekommen können. Hierfür gibt es einen Förderbonus zusätzlich zur
heutigen KfW-Förderung.
Ökologisch bauen und wohnen
Die Klimakrise erfordert, dass wir das Leben in unseren Städten neu denken. Von Hitzewellen
sind die Bewohner*innen von Städten besonders betroffen, da Städte heißer werden als das
Umland und, je nach Bebauung, einen zusätzlichen Hitzeinseleffekt haben. Während einer
Hitzewelle kann es hier noch einmal bis zu acht Grad heißer sein als im Umland. In Berlin
könnte so bald ein Klima wie heute im australischen Canberra herrschen.
Deshalb müssen wir beim Städtebau dringend für Kühlung sorgen. Statt Asphaltwüsten und
Hitzeinseln braucht es grüne Oasen in unseren Städten. Wasserflächen, Bäume, Parks, grüne
Dächer und Fassaden wirken wie natürliche Klimaanlagen. In Grünflächen und -dächern kann
Starkregen-Wasser versickern und gespeichert werden. Das kühlt und entlastet die
Kanalisation immens.
Für das Bauen werden in Deutschland jährlich 250 Millionen Tonnen Sand und Kies sowie 230
Millionen Tonnen Naturstein abgebaut. Das geht mit der Zerstörung von Landschaften und
Lebensräumen einher. Gleichzeitig landen 200 Millionen Tonnen größtenteils
wiederverwertbarer Bauabfälle auf Deponien. Um das Recyceln dieser Baustoffe zu fördern,
wollen wir, dass die Länder auf Primärrohstoffe, entsprechend der Ausbeutung von Öl und Gas,
eine Abgabe nehmen können.
Für die Herstellung der Baustoffe selbst wird ein Vielfaches der Energie verbraucht, die das
entstehende Gebäude später pro Jahr benötigt. Deshalb wollen wir bei der Klassifizierung von
Bau- und Dämmstoffen die Umweltauswirkungen und den Energieeinsatz bei der Herstellung
berücksichtigen, die sogenannte graue Energie. Künftig muss der Bund in seinen Gesetzen und
Förderprogrammen statt Styropor und Co. fossilfreie und CO2-speichernde Materialien aus
nachwachsenden Stoffen wie Holz belohnen.
Damit auf den Dächern von Wohn- und Mietshäusern Solaranlagen entstehen und durch Haushalte
oder E-Mobilität genutzt werden können, müssen auch Solaranlagen aus dem Quartier als
Mieterstrom gefördert werden können, ohne Mengenbegrenzungen. Das neue Mieterstromgesetz ist
dafür jedoch ungeeignet – viel zu bürokratisch und unattraktiv. Deshalb wollen wir die
Anmeldung von Mieterstromanlagen und bestehende Beschränkungen vereinfachen. Und schließlich
ist es unser Ziel, dass bei allen bundeseigenen Gebäuden ab einer Nutzfläche von 500
Quadratmetern möglichst Solarthermie und Photovoltaik genutzt werden.
5. Solidarisches Eigentum sichern und erweitern
Deutschland ist Mieter*innenland. Die Wohnungsmärkte – vor allem in unseren großen Städten –
waren lange geprägt von öffentlichen Wohnungsgesellschaften, großen Beständen an
Sozialwohnungen und sozialen Eigentümern wie Genossenschaften. Dieses Modell hat
sichergestellt, dass Mieter*innen vor drastischen Mieterhöhungen geschützt waren und man in
Deutschland keine Immobilie besitzen musste, um auch in Zukunft bezahlbar wohnen zu können.
Ein funktionierender Wohnungsmarkt braucht neben einem hohen Bestand an öffentlichem und
gemeinwohlorientiertem Eigentum aber auch privates, selbstgenutztes Wohneigentum. Wir wollen
die Länder ermächtigen, die Grunderwerbssteuer für große Wohnungsunternehmen wirksam zu
erhöhen, und im Gegenzug die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu
gestalten, sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Wo andere auf finanzmarktgetriebene
Wohnungsmärkte oder auf riesige staatliche Wohnungskonzerne setzen, ist das grüne Leitbild
das gemeinschaftliche und solidarische Eigentum.
Wir wollen Menschen auch und gerade beim Wohnen sowie der Gestaltung ihres Wohnumfelds ein
selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Daher werden wir gemeinwohlorientierte Akteur*innen wie
kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ebenso unterstützen wie den
gemeinschaftlichen Erwerb von Immobilien durch die Mieter*innen. Es sind diese Akteur*innen,
die Vorfahrt auf dem Wohnungsmarkt bekommen sollen. Die Erfahrungen zeigen nicht nur, dass
selbstverwaltete Projekte funktionieren und auch langfristig tragen – wie zum Beispiel das
„Mietshäusersyndikat“ eindrücklich zeigt. Das gemeinsame Agieren für den Stadtteil und die
Gemeinschaft schafft echten Mehrwert sowie ein sozialeres und lebendigeres Umfeld: dauerhaft
bezahlbaren Raum zum Wohnen, vielfältige gemeinschaftlich betriebene Gebäude und nicht
kommerzielle, öffentliche Räume für Stadtteilaktivitäten und Kultur sowie die Erfahrung,
wirklich etwas bewegen zu können.
Wo Anonymität und Vereinsamung zum Problem werden, können gemeinschaftliche Formen des
Wohnens dazu beitragen, dass wieder aktive Nachbarschaften entstehen, in denen Menschen
generationenübergreifend füreinander Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig helfen.
Deswegen werden wir Arten von gemeinschaftlichem Wohneigentum der direkten Bewohner*innen
öffentlich fördern und dafür den nötigen Grund und Boden bereitstellen. Sie sollen
beispielsweise Vorrang bei Konzeptvergaben erhalten. Und der Immobilienerwerb sollte nicht
an der Finanzierung scheitern. Weil große Konzerne jederzeit Zugang zu günstigen Krediten
haben, wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Dafür werden wir verschiedene
Finanzierungsformen wie günstige Kredite von öffentlichen Banken, Garantien und Bürgschaften
prüfen. Außerdem soll das Vorkaufsrecht auf soziale Akteure wie Genossenschaften oder auch
gemeinnützige GmbHs ausgeweitet werden und diese Akteure auch bei der Ausübung des
Vorkaufsrechts unterstützt werden. Hier kommen für uns Mischformen aus öffentlichem und
privatem Eigentum in Betracht. So könnten beispielsweise kommunale oder landeseigene
Wohnungsgesellschaften oder auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein
Teileigentum erwerben. Das verhindert den weiteren Ausverkauf an börsennotierte und
renditeorientierte Kapitalgesellschaften und schafft solidarische Eigentumsformen.
Weiterhin werden wir Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum fördern. So kann der
Zinsvorteil des Staates an junge Familien weitergegeben werden, denen es ermöglicht wird,
Wohneigentum zu erwerben. Um sicher zu stellen, dass günstig gebaut und verkauft wird,
sollte eine öffentliche Ausschreibung für den Bau der Wohnungen erfolgen und sie sollten auf
öffentlichem Bauland in Erbpacht gebaut werden.
Mehr Menschen sollen sich Wohneigentum leisten können. Wir wollen die Grunderwerbssteuer für
große Wohnungsunternehmen wirksam machen und erhöhen, im Gegenzug gleichzeitig den Ländern
ermöglichen, die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu gestalten,
sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Auch die Kosten für die Makler*innen treiben die
Preise in die Höhe. Zum Teil werden mehr als sieben Prozent des Kaufpreises verlangt, was
weit über dem in anderen Ländern üblichen Werten liegt. Daher werden wir das
Bestellerprinzip einführen: Künftig zahlt derjenige die Courtage, der auch die Maklerin
bestellt. In aller Regel ist dies die Verkäufer*in einer Immobilie. Zusätzlich werden wir
die Höhe der Gebühr gesetzlich für die Käufer*in auf maximal zwei Prozent deckeln.
Das Baukindergeld der großen Koalition werden wir abschaffen, weil es einen Mitnahmeeffekt
hat und wir die Mittel effizienter verwenden können. Außerdem werden wir Baugenossenschaften
fördern und die Menschen dabei unterstützen, genossenschaftliches Teileigentum an Wohnungen
zu erwerben. Dafür werden wir zinslose Darlehen und Zuschüsse zur Eigenkapitaleinlage
gewähren. Damit wird auch Menschen geholfen, die sich den vollständigen Kauf einer Immobilie
nicht leisten können.
Schon 1967 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Nutzung von Grund und
Boden nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen
vollständig überlassen werden kann. Demnach sind gerade bei Grund und Boden die Interessen
des Allgemeinwohls höher zu werten als bei anderem Vermögen. Die in Artikel 14 des
Grundgesetzes geregelte Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist aber mehr und mehr
verlorengegangen. Wir wollen sie wieder herstellen. Die Möglichkeit zur Vergesellschaftung
gegen Entschädigung ist in unserer Verfassung ausdrücklich vorgesehen. Wir würden uns
wünschen, dass die Umstände die Kommunen nicht zwingen, dieses letzte Mittel anzuwenden, um
das Sozialstaatsgebot zu erfüllen. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer
sozialen Verantwortung nachzukommen, kann die öffentliche Hand diesen Schritt gehen.
Enteignungen im Einzelfall sind nicht nur im Grundgesetz vorgesehen, sondern erfolgen auch
regelmäßig, etwa wenn eine neue Autobahn gebaut werden soll. Der richtige Umgang mit
Enteignungen ist pragmatisch, nicht ideologisch. Wir wollen Enteignungen nur als letztes
Mittel anwenden, wenn es zu einem groben Missbrauch des Eigentumsrechts kommt. Etwa wenn mit
Bauland spekuliert, wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet (spekulativer Leerstand),
trotz eines ausgesprochenen Baugebots weder gebaut noch verkauft wird oder wenn große
Wohnungsgesellschaften dauerhaft ihren Pflichten nicht nachkommen. Ob eine Enteignung
ökonomisch Sinn macht und das richtige Mittel ist, muss jeweils kommunal entschieden werden
und wird wesentlich von den erwarteten Kosten für die Steuerzahler*innen abhängen.
Antragstext
Von Zeile 163 bis 165 einfügen:
Wohnung. Doch es fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondern es gibt auch zu wenig preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung und damit auch die Wahlfreiheit in Bezug auf den Wohnort ist in Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Menschen mit Behinderung können dieses Wahlrecht aber nur ausüben, wenn barrierefreier und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarer Wohnraum vorhanden und bezahlbar ist. Doch das Thema barrierefreies Wohnen betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung – auch alte und pflegebedürftige Menschen sind auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen. Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte Wohnung. Zählt man die Menschen mit Eingliederungshilfe- und Pflegebedarf dazu, ist der Anteil deulich höher. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, sollten Wohnungsneubauten grundsätzlich barrierefrei sein und barrierefreies Bauen gesetzlich verpflichtend verankert sein. Es braucht innovative Wohnformen und neue Wohnkonzepte, und ausreichend bezahlbaren Wohnraum für deren Umsetzung. Barrieren in Bestandswohnungen müssen nach Möglichkeit reduziert werden. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mitteln aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Wohnen ist eine soziale Frage. Mieten und Kaufpreise haben sich in den letzten Jahren stark
erhöht. Gestiegene Wohnkosten stellen Familien und Menschen bis weit in die Mitte unserer
Gesellschaft hinein vor große Probleme. Bezahlbare Wohnungen mitten in der Stadt, im
gewachsenen Wohnvierteln, in der Nachbarschaft guter Schulen und Kitas werden für Menschen
mit kleinen und mittleren Einkommen unerreichbar. Viele haben Angst davor, ihre Wohnung zu
verlieren oder müssen ihre angestammten Wohnviertel verlassen. Das schlägt einen Spalt in
unsere Gesellschaft. Der soziale Zusammenhalt geht verloren. Wachsende räumliche Barrieren,
zunehmend getrennte Wohnorte und Lebensbereiche von Alten und Jungen, Armen und Reichen,
Familien und Singles verstärken die Spaltung.
Die Mieten in deutschen Großstädten steigen seit Jahren rasant. Allein in Berlin stiegen die
Neuvertragsmieten binnen fünf Jahren um etwa 50 Prozent. In München sind Quadratmeterpreise
von über 20 Euro inzwischen keine Seltenheit mehr. Aber das Problem betrifft schon lange
nicht mehr nur die Metropolen. Auch in Städten wie Lübeck, Potsdam oder Reutlingen haben
immer mehr Menschen Probleme, eine Wohnung zu finden, die sie auch bezahlen können. Noch
extremer ist der Anstieg der Kaufpreise von Immobilien. In den sieben größten deutschen
Städten haben sie sich seit 2010 verdoppelt.
Jede fünfte Mieterin, jeder fünfte Mieter gilt inzwischen als überlastet. Für immer mehr
Unternehmen wird es zu einem Problem, dass ihre Mitarbeiter*innen in der Stadt keine Wohnung
mehr finden. Auch bei vielen kleinen Gewerbetreibenden oder beim jungen, innovativen Start-
Ups werden die Gewinne von steigenden Mieten aufgefressen. Diese Entwicklungen stellen eine
Gefahr für den Frieden und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft dar und verschärfen
die soziale Spaltung.
Besonders betroffen von der Wohnungsnot sind Menschen mit geringerem Einkommen, Familien mit
Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung sowie Migrant*innen. Gerade sie werden
bei der Vergabe von Wohnungen diskriminiert. Oft entscheidet die Tatsache, ob jemand Mayer
oder Haddad heißt, alleinerziehend ist oder nicht darüber, ob die Person zu einer
Wohnungsbesichtigung eingeladen wird. Menschen werden aus ihren angestammten Wohnquartieren
vertrieben, wenn ihre Vermieter*innen die Mieten immer stärker erhöhen. Modernisierungen,
die wir für die Rettung des Klimas dringend brauchen, werden dafür missbraucht, Rendite zu
maximieren. Mieter*innen werden so aus ihren Wohnungen verdrängt und dann durch
besserverdienende Mieter*innen ersetzt. Es steigt auch die Zahl der Wohnungslosen. In einem
reichen Land wie unserem fehlt es inzwischen 650.000 Menschen am Allernötigsten: an der
eigenen Wohnung.
Der Wohnungsmarkt liegt wesentlich in kommunaler Verantwortung. Die Wohnungsbaupolitik ist
überwiegend Ländersache. Probleme sollen da gelöst werden, wo sie entstehen. Mit
Öffnungsklauseln im Miet- und Baurecht sowie im Wohnungswirtschaftsrecht für Länder und
Kommunen wollen wir berücksichtigen, dass sich die Lebensverhältnisse und die Wohnsituation
in Deutschland stark unterscheiden.
Es gibt aber auch ganz andere Problemlagen. In Deutschland gibt es zahlreiche Regionen mit
schrumpfender Bevölkerung, Wohnungsleerstand und Herausforderungen durch einen raschen
demographischen Wandel. Dieses Problem werden wir aber weniger mit wohnungspolitischen,
sondern vielmehr eher mit regionalen, strukturpolitischen Instrumenten lösen.
Die Ursachen für die Wohnungskrise sind vielfältig. Es gibt hunderttausende private
Vermieter*innen, die eine Mietwohnung oder ein Miethaus zur Altersvorsorge erworben haben,
und dabei häufig auf maximale Rendite verzichten. Und es gibt sehr gute und sozial
verantwortliche Wohnungsunternehmen in Deutschland, die mit ihrem Bestand stabilisierend auf
den Wohnungsmarkt wirken. Doch es fehlt schlicht an genügend Wohnraum. Der Wohnungsneubau
wurde in Deutschland seit vielen Jahren massiv vernachlässigt. Nach unterschiedlichen
Schätzungen liegt der Bedarf an Neubau in Deutschland bei 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro
Jahr. Diese Zahl wäre mindestens nötig, damit sich die Situation zumindest nicht weiter
verschärft. Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr aber nur 285.000 Wohnungen gebaut. Wenn
wir jetzt keine Bauoffensive starten, werden sich die Mietsteigerungen der letzten Jahre
auch in Zukunft fortsetzen und wird sich die Krise immer weiter zuspitzen.
„Bauen, Bauen, Bauen“ reicht jedoch allein nicht aus. Es kommt entscheidend darauf an, was,
wo, wie und für wen gebaut wird. Mit Luxus-Apartments ist weder der jungen Familie noch dem
alleinerziehenden Krankenpfleger geholfen.
Ursache des Fehlens von preisgünstigem Wohnraum ist der Rückzug der öffentlichen Hand aus
dem sozialen Wohnungsbau. Die Folgen spüren wir heute: Von damals 3,6 Millionen
Sozialwohnungen sind heute weniger als 1,2 Millionen übrig. Es sind diese Fehler der
Vergangenheit, die sich heute rächen. Eine Studie gibt den bundesweiten Bedarf an günstigen
Sozialmietwohnungen mit 1,6 Millionen an. Überteuerte Modernisierungen oder die Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen treiben die Entwicklung weiter an.
Verschärft wird die Situation durch Finanzspekulationen. Sie nutzen gezielt bestehende
Lücken in den Steuergesetzen, um Gewinne am Allgemeinwohl vorbei zu schleusen und
missbrauchen das Mietrecht zur Renditemaximierung. Der Wohnungsmarkt droht in einigen
Großstädten bereits zum Finanzmarkt zu werden. Doch Wohnen ist keine Ware, sondern ein
soziales Recht. Was gebaut wird, muss lebenswert und nachhaltig sein. Gutes Wohnen bedeutet
auch Ruhe und gesunde Luft – Wohnen soll nicht krank machen. Quartiere mit einem geballten
sozialen Wohnraum, wie in Großstädten seit den 1960er Jahren entstanden, sind nicht
nachhaltig. Andererseits wirkt so manches Quartier wie ausgestorben anstatt quirlig und
lebendig: leere Zweitwohnungen, kaum Menschen auf der Straße. Wir wollen stattdessen sozial
gemischte, grüne und ästhetisch ansprechende Quartiere erhalten und neu schaffen, in denen
auch altersgerechtes Leben und barrierefreien Wohnen möglich sind.
Auch der Klimawandel stellt uns in der Wohnfrage vor neue Herausforderungen. Besonders dicht
bebaute innerstädtische Quartiere heizen sich im Sommer besonders stark auf. Wir müssen
verhindern, dass sich unsere Innenstädte für kranke oder alte Menschen im Zuge der
fortschreitenden Erderhitzung zu Zonen entwickeln, in denen sie weder schlafen noch sich im
Freien aufhalten können. Deswegen werden grüne Lungen für unsere Städte immer wichtiger. Wir
wollen die Anzahl von Bäumen in Städten drastisch erhöhen, um Schatten und Sauerstoff in die
Stadt zu bringen sowie die Wasseraufnahme zu verbessern. Außerdem wollen wir die Dächer und
Fassaden nutzen, um Natur in die Stadt zu bringen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Wohnen ein Grundrecht. Wir wollen es als einen Bestandteil von
neuen sozialen Grundrechten in unser Grundgesetz aufnehmen.
Mit dem vorliegenden wohnungspolitischen Programm buchstabieren wir aus, mit welchen
Maßnahmen wir dieses Grundrecht auf Wohnen einlösen können.
1. Neuen Wohnraum schaffen – sozial und gemeinwohlorientiert
Beim sozialen Wohnungsbau stehen wir vor einer Herkulesaufgabe. Wir müssen die Fehler und
Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre innerhalb eines Zeitraums von fünf bis zehn Jahren
korrigieren. Schon seit den 1990er Jahren haben sich viele Kommunen mehr und mehr aus dem
Wohnungsmarkt zurückgezogen. In Folge eines Skandals bei dem Gemeinnützigen
Wohnungsunternehmen „Neuen Heimat“ entschied sich die damalige schwarz-gelbe
Bundesregierung, die Wohngemeinnützigkeit in Deutschland insgesamt abzuschaffen, statt sie
zu reformieren. Anstatt Transparenz herzustellen und gegen Korruption entschlossen
vorzugehen zog sich die Politik weitgehend aus dem Wohnungsmarkt zurück und überließ ihn dem
freien Spiel des Marktes.
Die vom Bund in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen reichen angesichts der
Herausforderung hinten und vorne nicht. Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsbau: 2020 wird
der Bund seine Mittel um ein Drittel auf nur noch eine Milliarde Euro kürzen. Und das,
obwohl seit Jahren zwischen 40.000 und 60.000 Sozialwohnungen pro Jahr verloren gehen. Der
Bedarf liegt aber mindestens bei 80.000 zusätzlichen Sozialwohnungen jährlich.
Den geringen Ausgaben des Bundes für den Wohnungsbau stehen Aufwendungen für Kosten der
Unterkunft und Wohngeld in Höhe von 17 Milliarden Euro gegenüber. Anstatt Wohnraum zu
schaffen, alimentieren wir die teuren Mieten der privaten Eigentümer*innen für diejenigen,
die sich das Wohnen nicht mehr leisten können. So subventionieren wir mit Steuergeldern
letztlich die Gewinne von Vermieter*innen und Wohnungskonzernen. Neue Wohnungen entstehen so
nicht.
Wir wollen deswegen eine Kehrtwende in der deutschen Wohnungspolitik. Wir wollen neuen
Wohnraum schaffen – und zwar vor allem öffentlich und gemeinwohlorientiert.
Gemeinnützig Bauen und Wohnen
Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen wieder deutlich erhöht und verstetigt werden.
Dafür müssen bestehende kommunale Wohnungsgesellschaften gestärkt werden und es braucht eine
Gründungsoffensive für neue Gesellschaften. Dabei wollen wir die Kommunen dabei umfassend
unterstützen. Genauso stehen wir an der Seite der Zivilgesellschaft und unterstützen das
Aktionsbündnis „Wohnen ist Menschenrecht“.
Wir werden eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Insgesamt wollen wir in den nächsten
zehn Jahren den Bestand an dauerhaft gebundenen Sozialwohnungen um mindestens eine Million
erhöhen. Dafür setzen wir auf Neubau, aber auch auf Zukauf von bestehenden Wohnungen.
Entsprechend braucht es ein öffentliches Investitionsprogramm des Bundes von zusätzlich drei
Milliarden Euro jährlich. Wir finanzieren das teilweise durch die Abschaffung von unsinnigen
Subventionen wie dem Baukindergeld.
Für die Wohngemeinnützigkeit soll das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Güter“
gelten. Vermieter*innen, die sich dazu verpflichten, dauerhaft an Menschen mit geringerem
Einkommen und zu günstigen Mieten zu vermieten, erhalten eine öffentliche Förderung. Die
Wohngemeinnützigkeit steht allen Akteur*innen offen: der kommunalen Wohnungsgesellschaft,
der Genossenschaft, aber auch dem privaten Wohnungsunternehmen und der privaten
Kleinvermieter*in. Wir gewähren einen Investitionszuschuss von bis zu 20 Prozent der
Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der Erwerb wird von der Grunderwerbsteuer befreit.
Außerdem werden die Gewinne von der Ertragsbesteuerung befreit. Im Gegenzug und zur
Finanzierung schaffen wir die Gewerbesteuerbefreiung für nicht gemeinnützige
Wohnungsgesellschaften ab. Wir konzentrieren die Förderung auf die angespannten
Wohnungsmärkte und beenden so die Gießkannenpolitik der Bundesregierung. Um den dauerhaften
Erhalt der Sozialwohnungen doppelt abzusichern, setzen wir zusätzlich auf öffentliches
Eigentum an Grund und Boden und setzen das Erbbaurecht ein.
Im sozialen Wohnungsbau früherer Jahre wurden viele Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern
wollen wir lernen. Wir werden für ein ausgewogenes Verhältnis von Sozialwohnungen,
Genossenschaften, Wohnprojekten, privatem Mietwohnungsbau und selbstgenutztem Wohneigentum
Sorge tragen, um soziale Segregation zu verhindern. Unser Ziel sind vielfältige gemischte
Quartiere, wo Menschen mit geringem und Menschen mit hohem Einkommen Nachbar*innen sein
können. Bei neuen Baugenehmigungen sollen immer auch Vorgaben für eine verbindliche Quote an
Sozialwohnungen erfolgen, wie dies bereits in zahlreichen Städten üblich ist. Wir wollen
bezahlbaren Wohnraum auch für mehr Menschen zur Verfügung stellen, wir wollen die
Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen erhöhen und eine neue Kategorie für Menschen schaffen,
deren Einkommen die Einkommensgrenzen um nicht mehr als 50 Prozent übersteigt. Bei diesen
Sozialwohnungen gelten dann entsprechend weniger strenge Kriterien bei der Miethöhe und es
wird eine Teilförderung gewährt.
Unser langfristiges Vorbild bei der Sozialwohnungspolitik ist die Stadt Wien mit ihrem
großen Anteil gemeinnütziger Wohnungen, die für jeden attraktiv sind. In einer Sozialwohnung
zu wohnen wird dort nicht gleichgesetzt mit Armut, weil die Mehrheit der Wienerinnen und
Wiener in Sozialwohnungen lebt. Menschen, deren Einkommen über die Einkommensgrenzen
hinauswächst, werden deswegen nicht zum Umzug gezwungen, aber für sie soll eine
einkommensabhängige Fehlbelegungsabgabe eingeführt werden, deren Einnahmen für den Bau neuer
Sozialwohnungen verwendet wird.
Wir werden für die Wohngemeinnützigkeit eine unabhängige Aufsicht schaffen, welche die
Einhaltung der Kriterien kontrolliert. Zu Unrecht bezogene Fördergelder werden
zurückgefordert und Verstöße auch mit Bußgeldern belegt. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen
müssen vollständig transparent wirtschaften. Unser Leitbild ist nicht der große, zentral
verwaltete staatliche Wohnungskonzern, sondern dezentral verwaltete und selbstbestimmte
Wohnprojekte und überschaubare Wohnungsunternehmen. Deshalb werden wir eine
Mietermitbestimmung einführen, so dass die Menschen, die in den Wohnungen leben, ein
Mitspracherecht und Einfluss auf wichtige Entscheidungen erhalten.
Barrierefreies Wohnen in jedem Alter
Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte
Wohnung. Doch es fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondern es gibt auch zu wenig
preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung und damit auch die Wahlfreiheit in Bezug auf den Wohnort ist in Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Menschen mit Behinderung können dieses Wahlrecht aber nur ausüben, wenn barrierefreier und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarer Wohnraum vorhanden und bezahlbar ist. Doch das Thema barrierefreies Wohnen betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung – auch alte und pflegebedürftige Menschen sind auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen. Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte Wohnung. Zählt man die Menschen mit Eingliederungshilfe- und Pflegebedarf dazu, ist der Anteil deulich höher. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, sollten Wohnungsneubauten grundsätzlich barrierefrei sein und barrierefreies Bauen gesetzlich verpflichtend verankert sein. Es braucht innovative Wohnformen und neue Wohnkonzepte, und ausreichend bezahlbaren Wohnraum für deren Umsetzung. Barrieren in Bestandswohnungen müssen nach Möglichkeit reduziert werden. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-
Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mitteln aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und
Dörfer ergänzen.
Verdichten, aber nicht Erdrücken
Boden ist ein begrenztes Gut. Wir müssen Bauland schaffen und gleichzeitig den Flächenfraß
reduzieren. Was wie ein Widerspruch klingt, muss durch eine innovative Bauflächenoffensive
aufgelöst werden, die behutsam verdichtet und höher baut, dafür aber die Stadt konsequent
begrünt.
Besonders in unseren Städten erleben wir vielfältige Nutzungskonflikte. Was hat Vorrang?
Parkplatz oder Spielplatz? Wohnung oder Einkaufszentrum? Solche Fragen werden in Kommunen
täglich diskutiert und sind heißt umkämpft. Um mehr Wohnraum in Städten zu schaffen wollen
wir nachverdichten. Bestehende Gebäude sollen aufgestockt werden, um Flächen zu sparen.
Etwa, indem Wohnungen über dem Supermarkt entstehen oder indem Stockwerke hinzukommen, wo
dies sinnvoll ist. Wir erleichtern die behutsame Nachverdichtung durch Dachausbauten
finanziell. Die Möglichkeit zur Aufstockung von einstöckigen Gewerbeimmobilien mit Wohnungen
soll im Baurecht verankert werden. Statt einer Sonderabschreibung, welche die Preise weiter
in die Höhe treibt, wollen wir eine Investitionszulage im Rahmen einer „Grünen
Bauflächenoffensive“ schaffen. Wir fördern damit finanziell die Dachaufstockung mit
Wohnungen sowie das Aktivieren von Brachen – davon gibt es im Umland vielerorts noch viel.
In Deutschland stehen etwa zwei Millionen Wohnungen leer. Wir fördern die Wiederbelebung
leerstehender Häuser und Wohnungen finanziell mit der grünen Bauflächenoffensive. Vielerorts
lässt sich so Naturverlust und Flächenversiegelung an Ortsrändern und im Umland verhindern
und vorhandene Häuser und Grundstücke in den Ortskernen wieder beleben. Das schafft und
sichert Werte, statt Natur und das Klima zu zerstören und Ortskerne auszuhöhlen.
Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen bei der Planung beteiligt werden. Mangelnde
Beteiligung führt zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Bauverzögerungen und oft
entstehen so wenig lebenswerte Quartiere. Deswegen stehen wir für moderne
Beteiligungsprozesse im Rahmen einer zu verwirklichenden Baukultur. Wir wollen
Beteiligungsprozesse organisieren, in denen Menschen frühzeitig mitentscheiden können, was
gebaut, aber nicht verhindern können, dass gebaut wird.
Viele bestehende Bebauungspläne sind veraltet und entsprechen nicht mehr den modernen
Anforderungen. Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen, sie im Sinne einer vertikalen
Siedlungsentwicklung anzupassen, so dass höher gebaut werden kann und Natur in der Stadt und
Umland geschont und bereits versiegelte Flächen besser genutzt werden.
Bisher ungenutzte Brachen, die eine ökologische Funktion haben, sollten wir schon aus
Klimaschutzgründen nicht vollständig bebauen, sondern auch für neue grüne Lungen,
Erholungsgebiete und soziale Begegnungsräume nutzen. Ziel der Innenentwicklung ist auch,
neue öffentliche Räume zu erschließen und unsere Städte lebenswerter zu gestalten.
Soviel, wie neu gebaut wird, so viel an neuem Grün wollen wir schaffen – auch und vor allem
auf Dächern und Fassaden, die heute dafür weitgehend ungenutzt bleiben. So wollen wir das
Stadtgrün schützen und erweitern, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes und als
Anpassungsmaßnahme an die Klimakrise, sondern auch, weil es für die Lebensqualität in den
Städten, gerade für Menschen ohne Zugang zu Gärten und Freiflächen, von hoher Bedeutung ist.
Wir setzen auf die Senkung der Flächeninanspruchnahme auf maximal 30 Hektar pro Tag.
Spätestens ab 2030 wollen wir erreichen, dass für jede neue Versiegelung von Fläche eine
gleich große, nicht mehr benötigte Siedlungsfläche renaturiert wird.
Im ländlichen Raum stellt sich das Problem oft umgekehrt dar. Es gibt Leerstand und Dörfer
mit Einwohnerschwund. Gut ausgebaute ÖPNV-Verbindungen sind nicht nur eine klimafreundliche
Verkehrsalternative, sondern auch ein Mittel gegen Wohnungsnot, wenn so der ländliche Raum
mit attraktiven Reisezeiten an die Ballungszentren angeschlossen und angebunden wird.
Der Baulandspekulation den Boden entziehen
Der stärkste Kostentreiber beim Wohnen sind Grundstücks- und Baulandpreise. Die Preise für
Bauland sind seit 2010 um über 60 Prozent gestiegen, in den Großstädten noch deutlich
stärker. Mit 870 Prozent Bodenwertsteigerung in weniger als zehn Jahren musste Berlin den
größten Anstieg weltweit verkraften. Grund und Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden und
die explodierenden Bodenpreise schlagen auf die Immobilienpreise und Mieten durch. Wenn
davon gesprochen wird, dass günstiges Bauen kaum mehr möglich ist, liegt dies zuvorderst an
den inzwischen für sehr viele Menschen unbezahlbaren Grundstückspreisen. Aber Boden ist ein
Allgemeingut, unvermehrbar, unentbehrlich und sozial gebunden.
In Deutschland hat die öffentliche Hand viele ihrer Grundstücke verkauft. Die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben (BImA) hat ihre Grundstücke lange Zeit meistbietend versteigert und
wurde damit selbst zu einem Treiber der Spekulation. Eine Bodenvorratspolitik, die Vorsorge
für die Zukunft betreibt, haben deutsche Städte und Gemeinden fast nirgends gemacht. Daraus
resultiert, dass die wertvollen Baugrundstücke in unseren Städten heute größtenteils in
privater Hand sind und die Kommunen horrende Preise zahlen müssten, um sie zurück zu kaufen.
Wir wollen Kommunen dabei unterstützen, wieder eine aktive Bodenpolitik zu betreiben und
verstärkt Grund und Boden für öffentliche Aufgaben wie gemeinnützigen Wohnungsbau zu
erwerben. Der Bund muss das durch eine langfristige gemeinwohlorientierte Bodenpolitik
unterstützen.
Die noch vorhandenen bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investoren
veräußert, sondern verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben
werden. An private Investor*innen sollte hingegen nur noch Erbbaurechte vergeben werden,
damit die Flächen nach Ablauf einer Frist an die öffentliche Hand zurückfallen. Heute laufen
Sozialbindungen nach 15 bis 30 Jahren aus. Über die Vergabe im Erbbaurecht können wir
vertraglich sicherstellen, dass künftig Sozialwohnungen dauerhaft erhalten bleiben. Wir
werden die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu einem Gemeinnützigen
Bundesbodenfonds weiter entwickeln. Der Bundesbodenfonds soll für gemeinwohlorientiere und
öffentliche Akteure des Wohnungsbaus Grundstücke ankaufen und diesen Akteuren Grundstücke
übertragen bzw. verpachten.
Viele Investor*innen sind im Besitz von Bauland, spekulieren aber lieber auf steigende
Bodenpreise als zu bauen. Das kommunale Bau- und Planungsrecht sieht heute schon eine
Baupflicht (Baugebot) vor. Wird nicht gebaut, kann in letzter Konsequenz eine Enteignung
gegen Entschädigung stehen. Das Bundesverfassungsgericht sieht gerade bei Grund und Boden
eine besondere und weitgehend soziale Verpflichtung des Eigentums. Wer der Aufforderung zu
bauen nicht nachkommt, kann zum Verkauf gezwungen beziehungsweise gegen Entschädigung
enteignet werden. Wir unterstützen die Kommunen, die von dieser Möglichkeit bei besonders
angespannten Wohnungsmärkten Gebrauch machen. Bei solchen Lagen sollen Kommunen das Baugebot
nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern für bestimmte Gebiete aussprechen können. Falls
dem Baugebot nicht entsprochen wird und die öffentliche Hand daraufhin als ultima ratio
enteignet, sollte die Entschädigung einem realistischen Ertragswert entsprechen. Länder
sollen in die Lage versetzt werden, durch eine erhöhte Grundsteuer für unbebaute Grundstücke
einen Anreiz zum Bauen zu schaffen. Ebenso sollen alle Länder über ihre Bauordnungen die
Gültigkeit von Baugenehmigungen zeitlich befristen können, um die Spekulation mit Baurechten
zu unterbinden.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die Rechte von Mieterinnen und Mietern zu stärken.
Vorbildcharakter hat für uns die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer*innen. Durch
sie ist sichergestellt, dass nicht nur die Eigentümer*innen eines Unternehmens, sondern auch
die dort beschäftigen Arbeitnehmer*innen einen Einfluss auf die Entscheidungen haben, die
sie direkt betreffen. Wir wollen dieses Prinzip vom Arbeitsverhältnis auf das Mietverhältnis
übertragen. Unser Ziel ist, der Gemeinschaft der Mieter*innen Mitbestimmungsrechte zu
einzuräumen, etwa wenn es um Umbauten oder Modernisierungen geht. Wir wollen so eine echte
Mietermitbestimmung entwickeln, um die Gemeinwohlorientierung des Eigentums auch auf dem
Wohnungsmarkt durchzusetzen. Diese Mietermitbestimmung soll – analog zur
Arbeitnehmermitbestimmung – für Wohnungsgesellschaften ab einer bestimmten Größe gelten.
Die Preise für Grund und Boden steigen nicht, weil die Eigentümer*innen die Qualität des
Bodens verbessern, sondern wegen der Lage, also einer Umgebung mit öffentlicher
Infrastruktur, attraktiven Arbeitsplätzen, Kultureinrichtungen oder Universitäten. Aufgrund
dieser Faktoren werden bestimmte Gegenden beliebter und stärker nachgefragt. Die Ernte
dieser Leistungen anderer sollte nicht über eine Bodenrente privatisiert werden. Für die
Eigentümer*in stellen sie einen leistungslosen Vermögenszuwachs dar. Im Planungsrecht gibt
es bereits Instrumente, solche windfall profits, also Wertsteigerung von privatem Grund und
Boden, durch einen kommunalen Bebauungsplan zu berücksichtigen.Wir wollen es für Kommunen
ermöglichen, planungsbedingte Wertsteigerungen teilweise abzuschöpfen und für kommunale
Infrastrukturen, soziales Wohnen und Umwelt einzusetzen.
Mit dem Vorkaufsrecht solidarisches Eigentum begründen
Das im Baurecht verankerte Vorkaufsrecht der Kommunen für Wohnungen und Bauland stellt für
uns ein wichtiges Instrument dar, um das Ziel von mehr öffentlichem und solidarischem
Eigentum zu verwirklichen. Es wird aber viel zu selten genutzt. Daher braucht es eine aktive
Ankaufstrategie. Akteure wie zum Beispiel Genossenschaften oder Stiftungen, die
gemeinwohlorientiert agieren, können die kommunale öffentliche Strategie ergänzen. Das
kommunale Vorkaufsrecht soll auf alle Gebiete der Stadt ausgeweitet werden. Die
Ausübungsfrist von zwei Monaten soll auch bei Share Deals und Zwangsversteigerungen gelten.
Um die kommunalen Bauämter zu unterstützen, wollen wir beim Bund (BBSR) eine
Rechtberatungsstelle einrichten und diese darin unterstützen, mit Online-Katastern eine
Übersicht über brachliegende und verfallende Grundstücke zu schaffen. Oft haben Kommunen
oder Genossenschaften Schwierigkeiten, den Ankauf zu finanzieren. Deswegen wollen wir
Allianzen zur Ausübung des Vorkaufsrechts unterstützen. Beispielsweise könnte die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein Teileigentum des Bundes begründen, sich so
am Kauf beteiligen und damit der Kommune den Ankauf ermöglichen. Genossenschaften und andere
gemeinwohlorientierte Erwerber*innen könnten eine Förderung durch günstige Kredite oder
Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, um die Finanzierung zu ermöglichen.
Nachhaltig und digital bauen – und damit Kosten sparen
Mit einer Innovationsoffensive für die besten Klima-Investitionen in Gebäude und Wohnungen
unterstützen wir selbstnutzende Eigentümerinnen, Vermieter sowie Mieter*innen. Wir helfen
ihnen, zu tragbaren Kosten Zukunft zu gestalten und Klimaschutzmaßnahmen gemäß der Ziele von
Paris umzusetzen. Dafür stellen wir im Aktionsplan „Faire Wärme“ sieben Milliarden Euro im
Jahr für Planung, Investitionen und bezahlbaren Wohnraum und für ressourcenschonendes Bauen,
zum Beispiel durch modularen Holzbau, bereit. Hemmnisse im Baurecht für serielles und
modulares Bauen wollen wir in der Musterbauordnung reduzieren und so Kostensenkungen
ermöglichen. Wir schaffen ein Gebäuderessourcengesetz, das die ganzheitliche
Lebenszyklusbetrachtung für ein Gebäude in den Blick nimmt.
Damit die erheblichen Investitionen für Neubau sowie klima- und altersgerechten Umbau
überhaupt geleistet werden können, wollen wir die Innovationskraft und Produktivität im
Bauwesen stärken. In Ländern wie China, Dubai und den Niederlanden wird bereits mit dem
Einsatz von 3D-Druckern beim Bau experimentiert. Wir wollen die Forschung auf diesem Gebiet
unterstützen und Pilotprojekte auch in Deutschland fördern.
Der nachwachsende Baustoff Holz bietet gleich mehrfach Potenzial für eine höhere
Produktivität durch digitale Unterstützung: Er speichert CO2 und schützt damit das Klima.
Ganze Gebäudeteile lassen sich im Werk mit digitaler Technik vorfertigen und auf der
Baustelle rasch und damit kostengünstig aufbauen. Holz ist leichter als Stahl und Beton und
damit statisch für Dachausbauten gut geeignet. Building Information Models (BIM), also
digitale Abbilder der Neubauten, haben das Potenzial, das Bauen zu erleichtern: Die
Schnittstellen zwischen den einzelnen Baugewerken werden sicht- und damit definierbar, das
macht heute Abstimmungen und Kosten transparenter und erleichtert später Modernisierung und
Instandsetzung sowie Recycling. Mit einem Marktanreizprogramm für das Bauen mit
nachwachsenden Baustoffen regen wir den verstärkten Einsatz von Holz aus nachhaltigen
Quellen als Baustoff an. Die Kapazität nachwachsender Baustoffe als CO2-Speicher wollen wir
im Gebäudeenergiegesetz honorieren und als Beitrag zum klimaneutralen Gebäudebestand auch
anrechnen.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für ressourcenschonende Infrastrukturen und
lebenswerte Städte genutzt und im Sinne der Bürger*innen und des Gemeinwohls eingesetzt
werden. Der Schutz vor Risiken, etwa bei der Datensicherheit und kritischen Infrastrukturen,
muss dabei immer berücksichtigt werden. Dies ist eine primäre öffentliche Aufgabe. Schon
heute geben Städte und Gemeinden wertvolle IT-Infrastrukturen aus der Hand. Städte und
Gemeinden müssen durch ein Bundesprogramm mehr Mittel an die Hand bekommen, um ihre
Verwaltung, das Management der Energiekreisläufe sowie die Infrastrukturen digital zu
ertüchtigen.
Wohnraum nutzen – Leerstand und Fehlnutzung verhindern
Nicht immer fehlt Wohnraum: Manchmal ist er vorhanden, wird aber nicht oder falsch genutzt.
Wir wollen gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum vorgehen. In
beliebten Großstädten verschwindet Wohnraum auch dadurch, dass er als Ferienwohnung genutzt
und so für dauerhafte Bewohner*innen unzugänglich wird. Nicht selten findet man in den
beliebten Lagen von Städten wie Berlin und Hamburg viele Inserate bei Airbnb und Co., aber
kaum Mietwohnungsangebote mehr. Wir unterstützen die Kommunen dabei, gegen Zweckentfremdung
und Fehlnutzungen vorzugehen und diese zu verbieten. Die Verfolgung muss verbessert und die
Bußgelder müssen erhöht werden. Die EU-Kommission steht in der Pflicht, die Länder und
Kommunen bei der Schaffung von verbindlichen Auskunftspflichten von Online-Plattformen zu
unterstützen.
Seit 1987 ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner*in um über ein Drittel
gestiegen. Der Grund dafür ist oft, dass immer mehr Menschen in Wohnungen leben, die für sie
zu groß geworden sind. Paare etwa, die nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, wenn die
Kinder aus dem Haus sind, oder Menschen, die nach einer Trennung oder dem Versterben der
Partner*in in ihrer Wohnung verbleiben. Ein Umzug kommt für sie oft aus Kostengründen nicht
in Betracht, weil sie dann einen älteren und sehr günstigen Mietvertrag verlieren würden.
Und eine neue Wohnung wäre nicht nur kleiner, sondern voraussichtlich auch noch teurer.
Oftmals ist das auch der Grund, weshalb Menschen ihre Wohnung nicht aufgeben, wenn sie eine
andere, weiter entfernte Arbeit antreten. Die weiten Arbeitswege verschärfen wiederrum
zusätzlich die Verkehrsprobleme in unseren Städten. Diese Probleme wollen wir angehen, indem
wir den Mieter*innen ein Recht geben, ihre bestehenden Mietverträge untereinander zu
tauschen. So können alleinstehende ältere Menschen ihre als zu groß empfundene Wohnung mit
der jungen Familie tauschen, die dringend mehr Platz benötigt. Und das ohne steigende
Kosten, weil sie einfach in den Mietvertrag der Anderen als neue Mietpartei einsteigen.
Bisher wird dies nur innerhalb von Wohnungsgesellschaften und auf freiwilliger Basis
praktiziert. Wir werden dafür einen allgemeinen Rechtsanspruch einführen. Er soll zunächst
nur für Wohnungsgesellschaften gelten, private Kleinvermieter*innen bleiben davon
ausgenommen. Außerdem werden wir der Vermieter*in ein Recht einräumen, aus guten Gründen der
Übertragung des Mietvertrags zu widersprechen, etwa wenn die neuen Mieter*innen nicht über
das Einkommen verfügen, um die Miete zahlen zu können. Zusätzlich wollen wir den Umzug in
solchen Fällen finanziell fördern.Kommunen und Baubranche für mehr Wohnungsneubau stärken
Das in den Bereichen Bau und Planung tätige Personal in den Kommunen ist seit 1991 um 35
Prozent zurückgegangen. In den mit Baufragen befassten Stellen arbeitete 2010 bereits ein
gutes Drittel der Beschäftigten weniger, bis 2015 waren es noch einmal zehn Prozent weniger
Beschäftigte als zuvor. Und heute sind es diese wenigen Beschäftigten, die den aufgelaufenen
kommunalen Investitionsstau bei maroden Schulen und Brücken lösen und zusätzlich
Wohnungsneubau und Klimaschutz organisieren sollen.
Ganz ähnlich sieht es in der privaten Bauwirtschaft aus: Trotz Einstellungen in den
vergangenen Jahren arbeiten heute in der Bauwirtschaft fast 800.000 Menschen weniger als
noch Mitte der 1990er Jahre. Wenn wir beim Bauen wieder aufholen wollen, muss sich das
schnell ändern.
Denn in dieser schwierigen Situation brauchen wir die Kommunen bei der Planung und beim Bau
mehr als je zuvor. Die Steuerung der Bautätigkeit, des Klimaschutzes in Stadtvierteln und in
Gebäuden sehen wir als kommunale Aufgabe. Daher wollen wir den Kommunen das Planen und
Steuern erleichtern durch planbare, verlässliche Investitionshilfen, finanzielle Entlastung
der Kommunen sowie leichtere Planungsinstrumente im Baurecht für dringende Belange:
Vorkaufsrechte, Klimamodernisierung oder Neubauplanung im Ortskern. Wir stärken die Kommunen
und sorgen für planbare und verlässliche Investitionshilfen, und zwar mit dem „Aktionsplan
Faire Wärme“, der Bauflächenoffensive, einem Bundesprogramm für grüne Infrastrukturen und
der Neuen Wohngemeinnützigkeit. So können Kommunen wieder eigenes Planungspersonal
einstellen, ihre Wohnungsämter und Grünflächenämter stärken und bei Bedarf
Wohnungsunternehmen gründen, und zwar mit demokratisch legitimierter Planung in kommunaler
Hand, nicht durch Finanzinvestoren. Überschuldete Kommunen wollen wir durch Altschuldenhilfe
und Entlastung bei den Sozialkosten wieder auf die Füße helfen.
Wir wollen es Kommunen ermöglichen, mit machbarem Aufwand Bauland für öffentliche und
private Investitionen zu aktivieren, und gleichzeitig grüne Freiräume, Mobilität, Schulen
und Sozialwohnungen einzuplanen. Dazu geben wir ihnen da, wo Wohnraummangel und Belange der
Stadtentwicklung es erfordern, die Möglichkeit, ein „Innenentwicklungsgebiet“ festzulegen.
Darin können sie Baulücken, Brachflächen und andere Flächen zügig einer baulichen Nutzung
oder Freiraumnutzung zuführen, auch auf Flächen, die nach dem Grundsatz des „Einfügens in
die Umgebung“ (§34 Baugesetzbuch) bebaut werden können. Damit erleichtern wir kommunale
Vorkaufsrechte erheblich. So können die Kommunen zum Beispiel im Umland der Ballungszentren
und Metropolen Baupotenziale in den Ortskernen erschließen, bevor sie Bauland auf der grünen
Wiese entwickeln. Die Erschließung durch Stadtbahnen und Radschnellwege ist genauso wie die
durch Pflegedienste, Jugendzentren und Kitas einfacher in kompakteren Orten.
Früher waren öffentliche Bauinvestitionen häufig von der Kassenlage abhängig. Fehlte es an
Steuereinnahmen, wurde auch nicht mehr gebaut. Damit war es für die private Bauwirtschaft
nie sicher, ob die aktuelle Auftragslage auch in Zukunft Bestand haben würde. In dieser
Situation erhöhen Unternehmen eher die Preise, als dass sie ihre Kapazitäten ausweiten.
Durch die Erhöhung und Verstetigung der Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau und für
Klimaschutz in Gebäuden wollen wir das ändern und geben dem Baugewerbe das Signal, dass es
sich lohnt zu investieren und neue Beschäftigte einzustellen. Die Bauwirtschaft verzeichnet
kaum Produktivitätszuwachse. Sie ist im Branchenvergleich bei der Produktivitätsentwicklung
immer noch unter den Schlusslichtern zu finden. Firmen finden angesichts des Baubooms kaum
noch Mitarbeiter*innen und Fachkräfte. Wir werden alles tun, um die Bauwirtschaft dabei zu
unterstützen, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Dafür braucht es ein modernes
Einwanderungsrecht, das die bestehenden Regelungen liberalisiert, systematisiert und
vereinfacht. Für Asylsuchende und Geduldete, die sich bereits in Deutschland befinden,
wollen wir einen Zugang in Ausbildung, Studium und Erwerbstätigkeit schaffen.
2. Faire Mieten: Mieter*innenrechte verbessern
Wir wissen, dass vielerorts heute bereits so viele Wohnungen fehlen, dass man mittels Neubau
nicht zu schnellen Erfolgen kommen kann. Im Gegenteil wird es viele Jahre dauern, bis wir in
den Großstädten wirklich ausreichenden Wohnraum geschaffen haben. Daher braucht es für
Kommunen über die bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen hinaus eine Möglichkeit, Mieten
zu begrenzen. Eine spürbare Begrenzung des Mietsanstiegs ist gleichzeitig das wirksamste
Instrument, um die Ertragswerte von Immobilien zu begrenzen und dämpfend auf die
Preisentwicklung einzuwirken.
Die große Koalition hat im Jahr 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Gebremst hat
sie allerdings kaum. Zu viele Ausnahmen durchlöchern ihre Wirksamkeit. Mit der Durchsetzung
werden die Mieter*innen allein gelassen. Es liegt an ihnen, gegen ihre neue Vermieter*in zu
klagen. Viele tun das nicht. Die Mietpreisbremse muss endlich angezogen und unnötige
Ausnahmen abgeschafft werden. Sie muss als ein dauerhaftes Instrument im Mietrecht erhalten
bleiben, und nicht wie von der Bundesregierung geplant bereits 2025 wieder auslaufen. Es
sind die Länder, die darüber entscheiden, in welchen Gebieten die Mietpreisbremse überhaupt
gilt. Die Beschränkung, dass sie dies nur für maximal fünf Jahre dürfen, muss fallen. Die
Mietpreisbremse erlaubt heute, bis zu zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete
hinauszugehen. Wir werden diesen Wert auf fünf Prozent senken. Verstöße gegen die
Mietpreisbremse werden wir zu einer Ordnungswidrigkeit machen und mit einer empfindlichen
Geldbuße belegen. Um den Mietanstieg auch bei bestehenden Mietverträgen stärker
einzuschränken, werden wir den Mietanstieg auf maximal drei Prozent pro Jahr bis zur
Obergrenze ortsüblicher Vergleichsmieten beschränken.
Miethöhen orientieren sich in vielen Fällen an der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in
Mietspiegeln ermittelt wird. Diese ortsübliche Vergleichsmiete steigt aber vielerorts rasch
an. Der Mietspiegel setzt sich derzeit aus den neuen Mietverträgen der letzten vier Jahre
zusammen. Dies führt dazu, dass bei starken Mietsteigerungen auch die bestehenden
Mietverträge zeitlich verzögert betroffen sind. Wir werden deshalb die Mietverträge der
letzten zehn Jahre für die Berechnung des Mietspiegels berücksichtigen. In einigen Kommunen
gibt es überhaupt keinen qualifizierten Mietspiegel. Aber nur damit können Mieter*innen die
Höhe der ortsüblichen Miete und damit ihre Rechte überhaupt verlässlich bestimmen. Wir
werden die Kommunen finanziell unterstützen, um dies künftig in allen mittleren und großen
Städten Deutschlands abzusichern. Außerdem wollen wir Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt
zur Anwendung eines qualifizierten Mietspiegels verpflichten, damit Konzerne künftig nicht
mehr klagen können. Die Heranziehung von Vergleichswohnungen zur Begründung der Mieterhöhung
darf nur dann erfolgen, wenn die Vergleichswohnungen nicht allein aus dem Bestand nur eine*r
Eigentümer*in stammen.
Der Plan der Berliner Landesregierung, einen Mietendeckel einzuführen, gibt der Stadt ein
weiteres Instrument zur preislichen Regulierung des überhitzten Wohnungsmarktes an die Hand.
Weil mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten wird, ist es richtig, dass
Umsetzbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit sorgsam geprüft werden.
Über die Kündigung bestehender Mietverträge und die Wiedervermietung an wohlhabendere
Mieter*innen findet ein großer Teil der Mietsteigerungen statt. Menschen werden aus ihren
Nachbarschaften verdrängt. Stadtteile werden sozial immer homogener und die Gesellschaft
treibt auseinander. Kündigungen führen in extremen, aber leider immer häufigeren Fällen auch
zu Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit – selbst bei Familien mit Kindern. Unser Ziel ist es,
beim Kündigungsschutz wieder ein Gleichgewicht zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen
herzustellen. Gerät ein*e Mieter*in in Zahlungsverzug und erhält deswegen die Kündigung,
soll er oder sie die Möglichkeit haben, die Kündigung durch Nachzahlung abzuwenden.
Mieter*innen sollen keine Angst haben müssen, ihre Wohnung zu verlieren, nur weil sie
berechtigt von ihrem Mietminderungsrecht bei Mängeln in der Wohnung Gebrauch gemacht haben.
Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen
Wir wollen ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und
Obdachlosigkeit auf den Weg bringen und uns entsprechend der globalen Nachhaltigkeitsziele
vornehmen, dass es bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr in Deutschland gibt. Außerdem braucht
es eine gezielte Förderung des „Housing First“-Ansatzes, bei dem Obdachlose in eine Wohnung
einziehen können, ohne sich zuvor für Hilfe „qualifizieren“ zu müssen. Darüber hinaus müssen
Bürger*innen, unabhängig von ihrem Sozialleistungsbezug, Zugang zu Notunterkünften erhalten.
So soll das Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sichergestellt werden.
Eigenbedarfskündigungen sollen deutlicher als heute auf die tatsächliche Nutzung durch die
Eigentümer*in und die nahen Verwandten beschränkt werden, um Missbrauch zu unterbinden. Die
voranschreitende Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wollen wir so nicht
hinnehmen. Die Kommunen können heute schon in sogenannten Milieuschutzgebieten die
Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen untersagen. Bedingungen und Befristungen
werden wir weitgehend abschaffen, so dass eine Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt eine
Umwandlung ausnahmslos und stadtweit untersagen kann, wenn sie es für geboten hält. Wir
setzen verstärkt auf das städtebauliche Instrument des Milieuschutzes, um die soziale
Zusammensetzung der Bevölkerung in Gebieten mit hohem Verdrängungsdruck zu erhalten.
Oft scheitert Mietrecht in der Umsetzung. Mieter*innen werden alleine gelassen und müssen
ihre Rechte gegen große Wohnungskonzerne einklagen, die allerdings Heerscharen von Anwälten
beschäftigen, um ihre Interessen durchzusetzen. Um ein Kräftegleichgewicht zwischen großen
Wohnungsunternehmen und Mieter*innen herzustellen, sind mehr kollektive Klagemöglichkeiten
unerlässlich. Hierfür wollen wir Gruppenklagen einführen. Außerdem streben wir an, die
Einhaltung der zulässigen Miethöhen auch öffentlich zu kontrollieren und damit auch Verstöße
aufzudecken, gegen die Mieter*innen nicht klagen. Dazu wollen wir das Wirtschaftsstrafrecht
gegen überhöhte Mieten wieder wirksam machen. Solche Verstöße werden wir wirksam
sanktionieren.
Viele Menschen werden auf dem Wohnungsmarkt aus rassistischen oder anderen Gründen
diskriminiert. Oft werden Menschen allein wegen ihres Namens, ihrer Sprache oder ihres
bisherigen Wohnorts nicht zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen oder haben als potentielle
Mieter*innen keine Chance. Wir wollen diese Diskriminierung beenden. Dafür muss das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert und der Merkmalskatalog erweitert
werden. Denn der soziale Status oder auch die Sprache sind Diskriminierungsmerkmale, die auf
dem Wohnungsmarkt eine besonders wichtige Rolle spielen. Außerdem setzen wir uns für die
Einführung des Verbandsklagerechts ein, damit Verbände für Betroffene klagen können. Und wir
wollen, dass Fachstellen zur Beratung, Begleitung und Unterstützung von Menschen, die von
Diskriminierung betroffen sind, gestärkt und ausgebaut werden. Damit wollen wir den
Diskriminierungsschutz auf dem Wohnungsmarkt wirkungsvoller gestalten.
Gewerbemietrecht und Grundsteuer reformieren
Für lebenswerte Städte ist auch ein vielfältiges Angebot an kleinen Läden,
Handwerksbetrieben und Angeboten für Familien im direkten Wohnumfeld entscheidend. Gerade
kleine Gewerbetreibende in den begehrten Lagen können sich die steigenden Mieten vielfach
nicht mehr leisten. Damit wird die Knappheit auch für den Wirtschaftsstandort zu einer
ernsten Bedrohung für Vielfalt. Deshalb muss auch das Gewerbemietrecht reformiert werden.
Auch für Gewerbetreibende braucht es eine Begrenzung von Mieterhöhungen, eine
Mietpreisbremse bei Neuvermietung und einen wirksamen Kündigungsschutz. Die Wirtschaft
braucht Planungssicherheit: Die Praxis, Mietverträge auf kurze Zeiträume von zum Beispiel
einem Jahr zu befristen, muss beendet werden.
Die Reform der Grundsteuer ist überfällig, da sie auf veralteten Werten beruht, die
inzwischen verfassungswidrig sind. Die große Koalition hat die Reform immer wieder
verschleppt und gefährdet so 14 Milliarden Euro, auf welche die Kommunen dringend angewiesen
sind, um neue Sozialwohnungen zu bauen. Wir wollen sicherstellen, dass durch die Reform
nicht die Mieter*innen belastet werden. Deshalb werden wir die Umlagefähigkeit der
Grundsteuer auf die Mieter*innen abschaffen. Für bestehende Vereinbarungen, die dem
entgegenstehen, werden wir eine angemessene Übergangsfrist gewähren. Außerdem müssen Städte
und Gemeinden die Möglichkeit haben, mit der Grundsteuer zu steuern und
Stadtentwicklungspolitik zu betreiben. Dafür sollen sie für unterschiedliche Stadtgebiete
auch unterschiedlich hohe Steuersätze festlegen dürfen.
3. Spekulation, Geldwäsche und Steuerumgehung beenden
Die Explosion der Immobilienpreise zeigt, dass Wohnungen und Grundstücke zum
Spekulationsobjekt auf den Finanzmärkten geworden sind. Nicht nur die Mieter*innen leiden
unter dieser Entwicklung. Mehr und mehr Expert*innen warnen vor einer Immobilienpreisblase
in Deutschland, deren Platzen verheerende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte.
Wir wollen zu einem Wohnungsmarkt zurückkehren, der nicht vom Spekulationsinteresse
getrieben wird.
Durch die Steuerumgehung mittels sogenannter Share Deals gelingt es großen
Wohnungsgesellschaften, Immobilien zu kaufen, ohne dafür Grunderwerbsteuer zu zahlen. Immer
größere Wohnungsbestände sind in die Hand von börsennotierten Konzernen, internationalen
Gesellschaften und Private Equity Fonds geraten. Auch die deutsche Körperschaftsteuer wird
so umgangen. Wir werden die Praxis der steuerfreien Share Deals beenden, indem wir schon bei
einem Verkauf der Mehrheit einer Gesellschaft zumindest anteilig Grunderwerbsteuer erheben.
Außerdem wollen wir für die Länder die Möglichkeit schaffen, die Grunderwerbsteuer
progressiv auszugestalten. Wenn Wohnungskonzerne große Immobilienbestände aufkaufen, soll
eine höhere Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn Privatpersonen eine Wohnung kaufen, um
selbst darin zu wohnen. So wird die Grunderwerbsteuer zu einer Antispekulationssteuer.
Der deutsche Wohnungsmarkt gilt in Europa als Paradies für Geldwäsche. Mit Geldern aus
kriminellen Geschäften wie Bestechung, Waffenhandel oder Steuerhinterziehung werden deutsche
Immobilien aufgekauft, denn die Gefahr, entdeckt zu werden, ist in Deutschland gering. Der
deutsche Wohnungsmarkt ist bei russischen Oligarchen und der italienischen Mafia ebenso
populär wie bei griechischen, deutschen oder amerikanischen Steuerhinterzieher*innen.
Deutschland gilt für sie als sicherer Hafen. Das von der großen Koalition eingeführte
Transparenzregister hat daran wenig geändert. Noch immer ist es in vielen Fällen nicht klar,
wem eine Immobilie letztlich gehört. Die wahren Eigentümer*innen verstecken sich oftmals
hinter verschachtelten Beteiligungsstrukturen. Transparenz darf deshalb in Zukunft nicht nur
drauf stehen, sondern muss auch drin sein. Für jede Immobilie in Deutschland müssen
wirtschaftlich Berechtigte und die letztlich dahinterstehenden natürlichen Personen benannt
werden – ohne jede Ausnahme. Das Transparenzregister selbst soll öffentlich zugänglich
werden, um seinem Namen auch endlich gerecht zu werden. Mindestens Journalist*innen,
Nichtregierungsorganisationen und den Bewohner*innen der Immobilien selbst muss ein
berechtigtes Interesse daran eingeräumt werden, so dass sie einfach und jederzeit Zugang zu
den Namen haben. Bei Gesellschaften als Eigentümer*in einer Immobilie muss auch im Grundbuch
über eine Identifikationsnummer ersichtlich sein, wer sich konkret dahinter verbirgt.
Gesellschaften, die nicht im Transparenzregister eingetragen sind, werden wir den Kauf von
Immobilien künftig nicht mehr gestatten.
Die Geldwäsche mit deutschen Immobilien wird zur Zeit auch dadurch stark vereinfacht, dass
der Immobilienkauf in Deutschland auch mit Bargeld stattfinden darf. In anderen europäischen
Ländern ist dies meist schon aufgrund von Obergrenzen für die Zahlung mit Bargeld nicht
möglich. Eine solche Obergrenze werden wir beim Kauf von Immobilien ebenfalls einführen.
Makler*innen und Notar*innen werden dazu verpflichtet, die Herkunft der Gelder zu
überprüfen. Bei Verdacht auf Geldwäsche muss immer eine Meldung an die Behörden erfolgen und
in Fällen, bei denen die Herkunft der Gelder nicht identifiziert werden kann, darf der
Kaufvertrag nicht mehr notariell beglaubigt werden. Wir setzen hierbei auch auf
Fortbildungen für Makler*innen und Notar*innen und auf die Zusammenarbeit mit den Kammern
und Berufsverbänden. Außerdem sollen künftig bei jedem Immobilienkauf die Finanzbehörden
informiert werden, auch wenn die Käufer*innen nicht in Deutschland steuerpflichtig sind. In
diesem Fall sollen Meldungen an die zuständigen Finanzbehörden des Landes erfolgen, in dem
die Käufer*in und der wirtschaftlich Berechtigte steuerpflichtig sind. So helfen wir auch
anderen Staaten bei der Verfolgung von Steuerhinterzieher*innen und anderen Kriminellen.
Alle Maßnahmen gegen Geldwäsche helfen aber wenig, wenn die Behörden nicht dazu in der Lage
sind, sie auch durchzusetzen. Wir werden die Ausstattung im Bereich Kontrolle erheblich
verbessern und das Personal deutlich aufstocken.
Auch steuerliche Sonderbehandlungen machen Immobilien als Investitionsobjekt interessant und
treiben damit Preise und Mieten in die Höhe. Diese steuerlichen Vorteile wollen wir abbauen
beziehungsweise nur noch gemeinnützigen Eigentümer*innen gewähren. Für Veräußerungsgewinne
von nicht selbstgenutztem Wohneigentum wollen wir die Spekulationsfrist verlängern und auch
bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sicherstellen, dass
Wertsteigerungen der Immobilien besteuert werden.
4. Wohnen wird klimaneutral
Klimafreundliche Modernisierung
Wir wollen Fehlentwicklungen bei der energetischen Gebäudesanierung beenden. Energetische
Modernisierung soll klaren Kriterien folgen: mehr Klimaschutz, so warmmietenneutral wie
möglich, ohne Verdrängung sowie in Übereinstimmung mit den Mieterinnen und Mietern. Zusammen
mit einem Energiesparrecht und einer Förderung, die die Modernisierungen auf den nötigen
Klimaschutzpfad bringen, wollen wir so energiesparende Gebäude zu geringstmöglichen Kosten
schaffen und die Klimaschutzziele im Gebäudebereich erreichen. Zentral wird dabei sein, auch
die Wärme erneuerbar zu machen. Ideale Systeme dafür sind die Nah- und Fernwärmenetze, die
sich aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen speisen. Dort, wo die Besiedlungsstruktur
es hergibt, müssen wir weg von der Einzelhausbetrachtung hin zu einer Quartiersbetrachtung.
Durch diese Strategie hat es zum Beispiel Dänemark geschafft, den Anteil der Erneuerbaren im
Wärmebereich auf 65 Prozent zu bringen und sie zielen auf 80 Prozent bis 2030. In
Deutschland beträgt der Anteil 14 Prozent – meist aus Biogas-Anlagen.
Kosten für Luxusmodernisierungen, wie beispielsweise einen neuen Balkon oder schicke
Waschbecken, dürfen nicht weiter gegen den Mieterwillen auf die Miete umgelegt werden, denn
sie führen regelmäßig zu Preissteigerungen. Freiwillige Vereinbarungen zwischen
Vermieter*innen und Mieter*innen sind davon unbenommen. Um jedoch den CO2-Ausstoß wie auch
die Energiekosten zu senken, ermöglichen wir eine, auch angesichts niedriger
Finanzierungskosten angemessene Umlage. Statt heute acht Prozent der Kosten sollen höchstens
vier Prozent im Jahr auf die Miete umgelegt werden dürfen, jedoch nicht mehr als 1,50 Euro
pro Quadratmeter und Monat in acht Jahren. Die Berechnung der Umlage soll dabei die Höhe der
maximal verfügbaren öffentlichen Fördermittel berücksichtigen, um einen Anreiz für die
Vermieter*innen zu schaffen, sie auch in Anspruch zu nehmen. Mieter*innen sollen einen
Gutschein für einen kostenlosen Klima-Check erhalten, um zu ermitteln, wo sie Energie und
Kosten einsparen und das Klima schützen können. Eine Beschwerdestelle für Mieter*innen soll
künftig im Streitfall klären, ob die Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich wie angekündigt
Energie und Kosten einsparen und im Einklang mit Energiesparrecht und Sanierungsfahrplan
sind. Selbstnutzende Eigentümer*innen wollen wir mit einem Steuerbonus bei der energetischen
Sanierung ihrer Wohnungen und Häuser unterstützen. Diese Gruppe modernisiert weniger als
Wohnungsunternehmen, daher muss es für sie attraktiver werden, an öffentliche Fördermittel
zu gelangen.
Wir wollen einen dynamisch angelegten, wirksamen CO2-Preis für den Wärmesektor einführen,
der sich planbar an den Kosten des CO2-Ausstoßes des Energieträgers orientiert. Zudem wollen
wir, dass der CO2-Preisbestandteil auf Wärmebrennstoffe als Investitionsanreiz für die
Vermieter*innen wirkt, den energetischen Zustand ihrer Gebäude zu verbessern.
Unternehmen und Privatpersonen brauchen Planungssicherheit für ihre
Investitionsentscheidungen. Deshalb wollen wir erstens mit einem Energiespargesetz einen
klaren Pfad vorgeben, wie viel Energie in welchen Bereichen bis wann eingespart werden muss.
Im Gebäudebereich wollen wir zweitens das schwer zu durchblickende Regelungsdickicht durch
ein einfaches und transparentes Energiesparrecht ersetzen. Anstatt jedes Bauteil einzeln zu
bewerten, wollen wir die CO2-Emissionen und den realen Wärmebedarf eines Gebäudes zur
maßgeblichen Steuerungsgröße machen.
Den genauen Fahrplan für die Modernisierung älterer Gebäude erstellen sachverständige
Energieberater*innen im Einklang mit der baukulturellen Gestaltung. Eigentümer*innen können
den Fahrplan auf Antrag kostenlos erstellen lassen. Für die einzelnen Stationen im Klima-
Fahrplan des Gebäudes gibt es öffentliche Fördermittel. Bei Neubau muss das Passivhaus zum
verpflichtenden Standard werden, denn die beste Energie ist diejenige, die man gar nicht
erst verbraucht. Für Denkmäler gelten Ausnahmen. Wird die Heizung neu eingebaut oder
getauscht, müssen künftig Anteile erneuerbare Wärmeenergie wie Wärmepumpen, Solarwärme oder
CO2-arme Nahwärme aus einem anliegenden Netz eingesetzt werden. Öffentliche Förderung gibt
es nur ab einem solchen Klimapfad.
Die Potenziale für solare, CO2-freie Wärme werden heute völlig unzureichend genutzt. 2017
wurden nur knapp acht Terawattstunden Solarwärme genutzt. Für eine vollständig erneuerbare
Wärmeversorgung ist mindestens das Zehnfache erforderlich. Doch bisher behindern staatliche
Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe für fossile Heizungen sowie fehlende gesetzliche
Vorgaben für erneuerbare Wärme im Gebäudebestand den zügigen Ausbau der Solarthermie. Der
Einbau von Öl- und Gasheizungen wird noch immer in Millionenhöhe vom Bund gefördert. Diese
klimaschädliche Form des Heizens muss ein Ende haben. Ölheizungen dürfen künftig nicht mehr
eingebaut werden. Zusätzlich wollen wir ein Förderprogramm für den Tausch von Öl- und
Gasheizungen gegen moderne Heizungen mit Sonnenwärme, Wärmepumpe oder Holz auflegen. Ebenso
soll der Einsatz von erneuerbarer Wärme ab sofort verpflichtend werden, wenn eine fossile
Heizung sowieso ausgetauscht wird.
Energetische Quartierssanierung
Wir denken energetische Gebäudesanierung nicht länger nur von Haus zu Haus, sondern in
Zusammenhängen von städtischen Quartieren, Gewerbegebieten, Dörfern oder Siedlungen. Dadurch
stärken wir gemeinschaftliche Versorgungslösungen, die energieeffizienter und günstiger sind
als eine Vielzahl von Einzellösungen.
Nahwärmenetze ermöglichen es, örtlich erzeugte Wärme aufzunehmen, mit Speichern zu
verknüpfen und effizient zu verteilen – insbesondere in dicht bebauten Quartieren. Deshalb
wollen wir sie CO2- und energiesparend ausbauen und stärker fördern, wenn sie zur lokalen
Klimastrategie passen. Wir wollen Wärmenetze dazu für die Einspeisung erneuerbarer Wärme
öffnen, etwa von großflächigen Solarthermieanlagen, hocheffizienten Groß-Wärmepumpen und
Power-to-Heat aus temporären Stromüberschüssen. Das Einspeisen besonders effizienter
Wärmeenergie aus Kraft-Wärme-Kopplung oder bisher ungenutzter Wärmequellen wie Abwärme oder
Abwasserwärme aus der Industrie, Rechenzentren oder Kläranlagen wollen wir fördern. Wir
werden eine Solarpflicht für Photovoltaik auf Neubauten einführen. Für die energetische
Quartierssanierung legen wir ein finanzstarkes Förderprogramm auf, um in Gebieten, in denen
viele Gebäude sanierungsreif sind, die Sanierung zu erhöhen und warmmietenneutrale
Sanierungen für Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen zu ermöglichen.
Mit dem Quartiersprogramm „Gutes Klima im Quartier“ wollen wir der Verdrängung von Menschen
mit geringem Einkommen entgegenwirken und den Zusammenhalt in den Stadtvierteln erhalten.
Aber auch Kommunen sollen darüber unterstützt werden, damit sie gezielt verbindliche
Klimafahrpläne mit passender Wärmeplanung auflegen und zugleich soziale Fördervereinbarungen
mit den Eigentümer*innen für die Modernisierung der Einzelgebäude treffen können.
Mieter*innen und selbstnutzende Eigentümer*innen mit kleinen Einkommen sollen bei Bedarf
einen Sozialplan mit Modernisierung ohne Erhöhung der Warmmieten bzw. für tragbare
Investitionskosten bekommen können. Hierfür gibt es einen Förderbonus zusätzlich zur
heutigen KfW-Förderung.
Ökologisch bauen und wohnen
Die Klimakrise erfordert, dass wir das Leben in unseren Städten neu denken. Von Hitzewellen
sind die Bewohner*innen von Städten besonders betroffen, da Städte heißer werden als das
Umland und, je nach Bebauung, einen zusätzlichen Hitzeinseleffekt haben. Während einer
Hitzewelle kann es hier noch einmal bis zu acht Grad heißer sein als im Umland. In Berlin
könnte so bald ein Klima wie heute im australischen Canberra herrschen.
Deshalb müssen wir beim Städtebau dringend für Kühlung sorgen. Statt Asphaltwüsten und
Hitzeinseln braucht es grüne Oasen in unseren Städten. Wasserflächen, Bäume, Parks, grüne
Dächer und Fassaden wirken wie natürliche Klimaanlagen. In Grünflächen und -dächern kann
Starkregen-Wasser versickern und gespeichert werden. Das kühlt und entlastet die
Kanalisation immens.
Für das Bauen werden in Deutschland jährlich 250 Millionen Tonnen Sand und Kies sowie 230
Millionen Tonnen Naturstein abgebaut. Das geht mit der Zerstörung von Landschaften und
Lebensräumen einher. Gleichzeitig landen 200 Millionen Tonnen größtenteils
wiederverwertbarer Bauabfälle auf Deponien. Um das Recyceln dieser Baustoffe zu fördern,
wollen wir, dass die Länder auf Primärrohstoffe, entsprechend der Ausbeutung von Öl und Gas,
eine Abgabe nehmen können.
Für die Herstellung der Baustoffe selbst wird ein Vielfaches der Energie verbraucht, die das
entstehende Gebäude später pro Jahr benötigt. Deshalb wollen wir bei der Klassifizierung von
Bau- und Dämmstoffen die Umweltauswirkungen und den Energieeinsatz bei der Herstellung
berücksichtigen, die sogenannte graue Energie. Künftig muss der Bund in seinen Gesetzen und
Förderprogrammen statt Styropor und Co. fossilfreie und CO2-speichernde Materialien aus
nachwachsenden Stoffen wie Holz belohnen.
Damit auf den Dächern von Wohn- und Mietshäusern Solaranlagen entstehen und durch Haushalte
oder E-Mobilität genutzt werden können, müssen auch Solaranlagen aus dem Quartier als
Mieterstrom gefördert werden können, ohne Mengenbegrenzungen. Das neue Mieterstromgesetz ist
dafür jedoch ungeeignet – viel zu bürokratisch und unattraktiv. Deshalb wollen wir die
Anmeldung von Mieterstromanlagen und bestehende Beschränkungen vereinfachen. Und schließlich
ist es unser Ziel, dass bei allen bundeseigenen Gebäuden ab einer Nutzfläche von 500
Quadratmetern möglichst Solarthermie und Photovoltaik genutzt werden.
5. Solidarisches Eigentum sichern und erweitern
Deutschland ist Mieter*innenland. Die Wohnungsmärkte – vor allem in unseren großen Städten –
waren lange geprägt von öffentlichen Wohnungsgesellschaften, großen Beständen an
Sozialwohnungen und sozialen Eigentümern wie Genossenschaften. Dieses Modell hat
sichergestellt, dass Mieter*innen vor drastischen Mieterhöhungen geschützt waren und man in
Deutschland keine Immobilie besitzen musste, um auch in Zukunft bezahlbar wohnen zu können.
Ein funktionierender Wohnungsmarkt braucht neben einem hohen Bestand an öffentlichem und
gemeinwohlorientiertem Eigentum aber auch privates, selbstgenutztes Wohneigentum. Wir wollen
die Länder ermächtigen, die Grunderwerbssteuer für große Wohnungsunternehmen wirksam zu
erhöhen, und im Gegenzug die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu
gestalten, sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Wo andere auf finanzmarktgetriebene
Wohnungsmärkte oder auf riesige staatliche Wohnungskonzerne setzen, ist das grüne Leitbild
das gemeinschaftliche und solidarische Eigentum.
Wir wollen Menschen auch und gerade beim Wohnen sowie der Gestaltung ihres Wohnumfelds ein
selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Daher werden wir gemeinwohlorientierte Akteur*innen wie
kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ebenso unterstützen wie den
gemeinschaftlichen Erwerb von Immobilien durch die Mieter*innen. Es sind diese Akteur*innen,
die Vorfahrt auf dem Wohnungsmarkt bekommen sollen. Die Erfahrungen zeigen nicht nur, dass
selbstverwaltete Projekte funktionieren und auch langfristig tragen – wie zum Beispiel das
„Mietshäusersyndikat“ eindrücklich zeigt. Das gemeinsame Agieren für den Stadtteil und die
Gemeinschaft schafft echten Mehrwert sowie ein sozialeres und lebendigeres Umfeld: dauerhaft
bezahlbaren Raum zum Wohnen, vielfältige gemeinschaftlich betriebene Gebäude und nicht
kommerzielle, öffentliche Räume für Stadtteilaktivitäten und Kultur sowie die Erfahrung,
wirklich etwas bewegen zu können.
Wo Anonymität und Vereinsamung zum Problem werden, können gemeinschaftliche Formen des
Wohnens dazu beitragen, dass wieder aktive Nachbarschaften entstehen, in denen Menschen
generationenübergreifend füreinander Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig helfen.
Deswegen werden wir Arten von gemeinschaftlichem Wohneigentum der direkten Bewohner*innen
öffentlich fördern und dafür den nötigen Grund und Boden bereitstellen. Sie sollen
beispielsweise Vorrang bei Konzeptvergaben erhalten. Und der Immobilienerwerb sollte nicht
an der Finanzierung scheitern. Weil große Konzerne jederzeit Zugang zu günstigen Krediten
haben, wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Dafür werden wir verschiedene
Finanzierungsformen wie günstige Kredite von öffentlichen Banken, Garantien und Bürgschaften
prüfen. Außerdem soll das Vorkaufsrecht auf soziale Akteure wie Genossenschaften oder auch
gemeinnützige GmbHs ausgeweitet werden und diese Akteure auch bei der Ausübung des
Vorkaufsrechts unterstützt werden. Hier kommen für uns Mischformen aus öffentlichem und
privatem Eigentum in Betracht. So könnten beispielsweise kommunale oder landeseigene
Wohnungsgesellschaften oder auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein
Teileigentum erwerben. Das verhindert den weiteren Ausverkauf an börsennotierte und
renditeorientierte Kapitalgesellschaften und schafft solidarische Eigentumsformen.
Weiterhin werden wir Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum fördern. So kann der
Zinsvorteil des Staates an junge Familien weitergegeben werden, denen es ermöglicht wird,
Wohneigentum zu erwerben. Um sicher zu stellen, dass günstig gebaut und verkauft wird,
sollte eine öffentliche Ausschreibung für den Bau der Wohnungen erfolgen und sie sollten auf
öffentlichem Bauland in Erbpacht gebaut werden.
Mehr Menschen sollen sich Wohneigentum leisten können. Wir wollen die Grunderwerbssteuer für
große Wohnungsunternehmen wirksam machen und erhöhen, im Gegenzug gleichzeitig den Ländern
ermöglichen, die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu gestalten,
sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Auch die Kosten für die Makler*innen treiben die
Preise in die Höhe. Zum Teil werden mehr als sieben Prozent des Kaufpreises verlangt, was
weit über dem in anderen Ländern üblichen Werten liegt. Daher werden wir das
Bestellerprinzip einführen: Künftig zahlt derjenige die Courtage, der auch die Maklerin
bestellt. In aller Regel ist dies die Verkäufer*in einer Immobilie. Zusätzlich werden wir
die Höhe der Gebühr gesetzlich für die Käufer*in auf maximal zwei Prozent deckeln.
Das Baukindergeld der großen Koalition werden wir abschaffen, weil es einen Mitnahmeeffekt
hat und wir die Mittel effizienter verwenden können. Außerdem werden wir Baugenossenschaften
fördern und die Menschen dabei unterstützen, genossenschaftliches Teileigentum an Wohnungen
zu erwerben. Dafür werden wir zinslose Darlehen und Zuschüsse zur Eigenkapitaleinlage
gewähren. Damit wird auch Menschen geholfen, die sich den vollständigen Kauf einer Immobilie
nicht leisten können.
Schon 1967 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Nutzung von Grund und
Boden nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen
vollständig überlassen werden kann. Demnach sind gerade bei Grund und Boden die Interessen
des Allgemeinwohls höher zu werten als bei anderem Vermögen. Die in Artikel 14 des
Grundgesetzes geregelte Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist aber mehr und mehr
verlorengegangen. Wir wollen sie wieder herstellen. Die Möglichkeit zur Vergesellschaftung
gegen Entschädigung ist in unserer Verfassung ausdrücklich vorgesehen. Wir würden uns
wünschen, dass die Umstände die Kommunen nicht zwingen, dieses letzte Mittel anzuwenden, um
das Sozialstaatsgebot zu erfüllen. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer
sozialen Verantwortung nachzukommen, kann die öffentliche Hand diesen Schritt gehen.
Enteignungen im Einzelfall sind nicht nur im Grundgesetz vorgesehen, sondern erfolgen auch
regelmäßig, etwa wenn eine neue Autobahn gebaut werden soll. Der richtige Umgang mit
Enteignungen ist pragmatisch, nicht ideologisch. Wir wollen Enteignungen nur als letztes
Mittel anwenden, wenn es zu einem groben Missbrauch des Eigentumsrechts kommt. Etwa wenn mit
Bauland spekuliert, wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet (spekulativer Leerstand),
trotz eines ausgesprochenen Baugebots weder gebaut noch verkauft wird oder wenn große
Wohnungsgesellschaften dauerhaft ihren Pflichten nicht nachkommen. Ob eine Enteignung
ökonomisch Sinn macht und das richtige Mittel ist, muss jeweils kommunal entschieden werden
und wird wesentlich von den erwarteten Kosten für die Steuerzahler*innen abhängen.
weitere Antragsteller*innen
- Claudia Schulte (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Ralf Bohr (KV Bremen-Ost)
- Urban Aykal (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Pascal Striebel (Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg KV)
- Taylan Kurt (KV Berlin-Mitte)
- Wolfgang Schmidt (KV Berlin-Kreisfrei)
- Uwe Dietrich (KV Hildesheim)
- Silke Gebel (KV Berlin-Mitte)
- Antonia Schwarz (Berlin-Kreisfrei KV)
- Mona Hille (KV Berlin-Mitte)
- Rashmi-Alena Grashorn (KV Hildesheim)
- Karolina Ziehm (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Sylvia Momsen (KV Frankfurt)
- Hanna Steinmüller (KV Berlin-Mitte)
- Kordula Schulz-Asche (KV Main-Taunus)
- Cihan Mutlu (KV Berlin-Kreisfrei)
- Magnus Heise (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Deniz Yildirim (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sabine Deitschun (KV Berlin-Kreisfrei)
- Max Bleif (KV Ludwigsburg)
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Ab dem Jahr 2030 braucht jede* DritteAltersgerechter und barrierefreier Wohnraum ist eine wichtige Basis für ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben – in Deutschland voraussichtlichden Städten ebenso wie in den ländlichen Räumen. Für einen Großteil der Menschen stellen mittlerweile ambulante Wohn- und Pflegeformen eine altersgerechteklare Alternative zum Heim dar. Wir wollen daher Wohnungen und das Wohnumfeld so gestalten, dass Menschen unabhängig von ihrem Alter oder ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit möglichst selbstständig und unabhängig in ihrer gewohnten oder gewünschten Umgebung leben können. Dazu gehören auch Hausgemeinschaften, Pflegewohngruppen und Wohngemeinschaften genauso wie Mehrgenerationenwohnen oder „Wohnen mit Versorgungssicherheit“ in der eigenen Wohnung. Doch esDerzeit fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondernallerdings allein für Menschen mit Behinderung in Deutschland immer noch rund eine Millionen barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen. Zudem es gibt auch zu wenig preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mittelndeutlich aufstocken, um den großen Bedarf zu decken. Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und Dörfer ergänzen. Hier sind auch Länder und Kommunen gefragt, den barrierefreien Ausbau voranzubringen und die infrastrukturelle Anbindung des ländlichen Raums an die Groß- und Mittelstädten, sowie untereinander zu ergänzen und zu verbessern.
Wohnen ist eine soziale Frage. Mieten und Kaufpreise haben sich in den letzten Jahren stark
erhöht. Gestiegene Wohnkosten stellen Familien und Menschen bis weit in die Mitte unserer
Gesellschaft hinein vor große Probleme. Bezahlbare Wohnungen mitten in der Stadt, im
gewachsenen Wohnvierteln, in der Nachbarschaft guter Schulen und Kitas werden für Menschen
mit kleinen und mittleren Einkommen unerreichbar. Viele haben Angst davor, ihre Wohnung zu
verlieren oder müssen ihre angestammten Wohnviertel verlassen. Das schlägt einen Spalt in
unsere Gesellschaft. Der soziale Zusammenhalt geht verloren. Wachsende räumliche Barrieren,
zunehmend getrennte Wohnorte und Lebensbereiche von Alten und Jungen, Armen und Reichen,
Familien und Singles verstärken die Spaltung.
Die Mieten in deutschen Großstädten steigen seit Jahren rasant. Allein in Berlin stiegen die
Neuvertragsmieten binnen fünf Jahren um etwa 50 Prozent. In München sind Quadratmeterpreise
von über 20 Euro inzwischen keine Seltenheit mehr. Aber das Problem betrifft schon lange
nicht mehr nur die Metropolen. Auch in Städten wie Lübeck, Potsdam oder Reutlingen haben
immer mehr Menschen Probleme, eine Wohnung zu finden, die sie auch bezahlen können. Noch
extremer ist der Anstieg der Kaufpreise von Immobilien. In den sieben größten deutschen
Städten haben sie sich seit 2010 verdoppelt.
Jede fünfte Mieterin, jeder fünfte Mieter gilt inzwischen als überlastet. Für immer mehr
Unternehmen wird es zu einem Problem, dass ihre Mitarbeiter*innen in der Stadt keine Wohnung
mehr finden. Auch bei vielen kleinen Gewerbetreibenden oder beim jungen, innovativen Start-
Ups werden die Gewinne von steigenden Mieten aufgefressen. Diese Entwicklungen stellen eine
Gefahr für den Frieden und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft dar und verschärfen
die soziale Spaltung.
Besonders betroffen von der Wohnungsnot sind Menschen mit geringerem Einkommen, Familien mit
Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung sowie Migrant*innen. Gerade sie werden
bei der Vergabe von Wohnungen diskriminiert. Oft entscheidet die Tatsache, ob jemand Mayer
oder Haddad heißt, alleinerziehend ist oder nicht darüber, ob die Person zu einer
Wohnungsbesichtigung eingeladen wird. Menschen werden aus ihren angestammten Wohnquartieren
vertrieben, wenn ihre Vermieter*innen die Mieten immer stärker erhöhen. Modernisierungen,
die wir für die Rettung des Klimas dringend brauchen, werden dafür missbraucht, Rendite zu
maximieren. Mieter*innen werden so aus ihren Wohnungen verdrängt und dann durch
besserverdienende Mieter*innen ersetzt. Es steigt auch die Zahl der Wohnungslosen. In einem
reichen Land wie unserem fehlt es inzwischen 650.000 Menschen am Allernötigsten: an der
eigenen Wohnung.
Der Wohnungsmarkt liegt wesentlich in kommunaler Verantwortung. Die Wohnungsbaupolitik ist
überwiegend Ländersache. Probleme sollen da gelöst werden, wo sie entstehen. Mit
Öffnungsklauseln im Miet- und Baurecht sowie im Wohnungswirtschaftsrecht für Länder und
Kommunen wollen wir berücksichtigen, dass sich die Lebensverhältnisse und die Wohnsituation
in Deutschland stark unterscheiden.
Es gibt aber auch ganz andere Problemlagen. In Deutschland gibt es zahlreiche Regionen mit
schrumpfender Bevölkerung, Wohnungsleerstand und Herausforderungen durch einen raschen
demographischen Wandel. Dieses Problem werden wir aber weniger mit wohnungspolitischen,
sondern vielmehr eher mit regionalen, strukturpolitischen Instrumenten lösen.
Die Ursachen für die Wohnungskrise sind vielfältig. Es gibt hunderttausende private
Vermieter*innen, die eine Mietwohnung oder ein Miethaus zur Altersvorsorge erworben haben,
und dabei häufig auf maximale Rendite verzichten. Und es gibt sehr gute und sozial
verantwortliche Wohnungsunternehmen in Deutschland, die mit ihrem Bestand stabilisierend auf
den Wohnungsmarkt wirken. Doch es fehlt schlicht an genügend Wohnraum. Der Wohnungsneubau
wurde in Deutschland seit vielen Jahren massiv vernachlässigt. Nach unterschiedlichen
Schätzungen liegt der Bedarf an Neubau in Deutschland bei 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro
Jahr. Diese Zahl wäre mindestens nötig, damit sich die Situation zumindest nicht weiter
verschärft. Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr aber nur 285.000 Wohnungen gebaut. Wenn
wir jetzt keine Bauoffensive starten, werden sich die Mietsteigerungen der letzten Jahre
auch in Zukunft fortsetzen und wird sich die Krise immer weiter zuspitzen.
„Bauen, Bauen, Bauen“ reicht jedoch allein nicht aus. Es kommt entscheidend darauf an, was,
wo, wie und für wen gebaut wird. Mit Luxus-Apartments ist weder der jungen Familie noch dem
alleinerziehenden Krankenpfleger geholfen.
Ursache des Fehlens von preisgünstigem Wohnraum ist der Rückzug der öffentlichen Hand aus
dem sozialen Wohnungsbau. Die Folgen spüren wir heute: Von damals 3,6 Millionen
Sozialwohnungen sind heute weniger als 1,2 Millionen übrig. Es sind diese Fehler der
Vergangenheit, die sich heute rächen. Eine Studie gibt den bundesweiten Bedarf an günstigen
Sozialmietwohnungen mit 1,6 Millionen an. Überteuerte Modernisierungen oder die Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen treiben die Entwicklung weiter an.
Verschärft wird die Situation durch Finanzspekulationen. Sie nutzen gezielt bestehende
Lücken in den Steuergesetzen, um Gewinne am Allgemeinwohl vorbei zu schleusen und
missbrauchen das Mietrecht zur Renditemaximierung. Der Wohnungsmarkt droht in einigen
Großstädten bereits zum Finanzmarkt zu werden. Doch Wohnen ist keine Ware, sondern ein
soziales Recht. Was gebaut wird, muss lebenswert und nachhaltig sein. Gutes Wohnen bedeutet
auch Ruhe und gesunde Luft – Wohnen soll nicht krank machen. Quartiere mit einem geballten
sozialen Wohnraum, wie in Großstädten seit den 1960er Jahren entstanden, sind nicht
nachhaltig. Andererseits wirkt so manches Quartier wie ausgestorben anstatt quirlig und
lebendig: leere Zweitwohnungen, kaum Menschen auf der Straße. Wir wollen stattdessen sozial
gemischte, grüne und ästhetisch ansprechende Quartiere erhalten und neu schaffen, in denen
auch altersgerechtes Leben und barrierefreien Wohnen möglich sind.
Auch der Klimawandel stellt uns in der Wohnfrage vor neue Herausforderungen. Besonders dicht
bebaute innerstädtische Quartiere heizen sich im Sommer besonders stark auf. Wir müssen
verhindern, dass sich unsere Innenstädte für kranke oder alte Menschen im Zuge der
fortschreitenden Erderhitzung zu Zonen entwickeln, in denen sie weder schlafen noch sich im
Freien aufhalten können. Deswegen werden grüne Lungen für unsere Städte immer wichtiger. Wir
wollen die Anzahl von Bäumen in Städten drastisch erhöhen, um Schatten und Sauerstoff in die
Stadt zu bringen sowie die Wasseraufnahme zu verbessern. Außerdem wollen wir die Dächer und
Fassaden nutzen, um Natur in die Stadt zu bringen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Wohnen ein Grundrecht. Wir wollen es als einen Bestandteil von
neuen sozialen Grundrechten in unser Grundgesetz aufnehmen.
Mit dem vorliegenden wohnungspolitischen Programm buchstabieren wir aus, mit welchen
Maßnahmen wir dieses Grundrecht auf Wohnen einlösen können.
1. Neuen Wohnraum schaffen – sozial und gemeinwohlorientiert
Beim sozialen Wohnungsbau stehen wir vor einer Herkulesaufgabe. Wir müssen die Fehler und
Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre innerhalb eines Zeitraums von fünf bis zehn Jahren
korrigieren. Schon seit den 1990er Jahren haben sich viele Kommunen mehr und mehr aus dem
Wohnungsmarkt zurückgezogen. In Folge eines Skandals bei dem Gemeinnützigen
Wohnungsunternehmen „Neuen Heimat“ entschied sich die damalige schwarz-gelbe
Bundesregierung, die Wohngemeinnützigkeit in Deutschland insgesamt abzuschaffen, statt sie
zu reformieren. Anstatt Transparenz herzustellen und gegen Korruption entschlossen
vorzugehen zog sich die Politik weitgehend aus dem Wohnungsmarkt zurück und überließ ihn dem
freien Spiel des Marktes.
Die vom Bund in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen reichen angesichts der
Herausforderung hinten und vorne nicht. Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsbau: 2020 wird
der Bund seine Mittel um ein Drittel auf nur noch eine Milliarde Euro kürzen. Und das,
obwohl seit Jahren zwischen 40.000 und 60.000 Sozialwohnungen pro Jahr verloren gehen. Der
Bedarf liegt aber mindestens bei 80.000 zusätzlichen Sozialwohnungen jährlich.
Den geringen Ausgaben des Bundes für den Wohnungsbau stehen Aufwendungen für Kosten der
Unterkunft und Wohngeld in Höhe von 17 Milliarden Euro gegenüber. Anstatt Wohnraum zu
schaffen, alimentieren wir die teuren Mieten der privaten Eigentümer*innen für diejenigen,
die sich das Wohnen nicht mehr leisten können. So subventionieren wir mit Steuergeldern
letztlich die Gewinne von Vermieter*innen und Wohnungskonzernen. Neue Wohnungen entstehen so
nicht.
Wir wollen deswegen eine Kehrtwende in der deutschen Wohnungspolitik. Wir wollen neuen
Wohnraum schaffen – und zwar vor allem öffentlich und gemeinwohlorientiert.
Gemeinnützig Bauen und Wohnen
Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen wieder deutlich erhöht und verstetigt werden.
Dafür müssen bestehende kommunale Wohnungsgesellschaften gestärkt werden und es braucht eine
Gründungsoffensive für neue Gesellschaften. Dabei wollen wir die Kommunen dabei umfassend
unterstützen. Genauso stehen wir an der Seite der Zivilgesellschaft und unterstützen das
Aktionsbündnis „Wohnen ist Menschenrecht“.
Wir werden eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Insgesamt wollen wir in den nächsten
zehn Jahren den Bestand an dauerhaft gebundenen Sozialwohnungen um mindestens eine Million
erhöhen. Dafür setzen wir auf Neubau, aber auch auf Zukauf von bestehenden Wohnungen.
Entsprechend braucht es ein öffentliches Investitionsprogramm des Bundes von zusätzlich drei
Milliarden Euro jährlich. Wir finanzieren das teilweise durch die Abschaffung von unsinnigen
Subventionen wie dem Baukindergeld.
Für die Wohngemeinnützigkeit soll das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Güter“
gelten. Vermieter*innen, die sich dazu verpflichten, dauerhaft an Menschen mit geringerem
Einkommen und zu günstigen Mieten zu vermieten, erhalten eine öffentliche Förderung. Die
Wohngemeinnützigkeit steht allen Akteur*innen offen: der kommunalen Wohnungsgesellschaft,
der Genossenschaft, aber auch dem privaten Wohnungsunternehmen und der privaten
Kleinvermieter*in. Wir gewähren einen Investitionszuschuss von bis zu 20 Prozent der
Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der Erwerb wird von der Grunderwerbsteuer befreit.
Außerdem werden die Gewinne von der Ertragsbesteuerung befreit. Im Gegenzug und zur
Finanzierung schaffen wir die Gewerbesteuerbefreiung für nicht gemeinnützige
Wohnungsgesellschaften ab. Wir konzentrieren die Förderung auf die angespannten
Wohnungsmärkte und beenden so die Gießkannenpolitik der Bundesregierung. Um den dauerhaften
Erhalt der Sozialwohnungen doppelt abzusichern, setzen wir zusätzlich auf öffentliches
Eigentum an Grund und Boden und setzen das Erbbaurecht ein.
Im sozialen Wohnungsbau früherer Jahre wurden viele Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern
wollen wir lernen. Wir werden für ein ausgewogenes Verhältnis von Sozialwohnungen,
Genossenschaften, Wohnprojekten, privatem Mietwohnungsbau und selbstgenutztem Wohneigentum
Sorge tragen, um soziale Segregation zu verhindern. Unser Ziel sind vielfältige gemischte
Quartiere, wo Menschen mit geringem und Menschen mit hohem Einkommen Nachbar*innen sein
können. Bei neuen Baugenehmigungen sollen immer auch Vorgaben für eine verbindliche Quote an
Sozialwohnungen erfolgen, wie dies bereits in zahlreichen Städten üblich ist. Wir wollen
bezahlbaren Wohnraum auch für mehr Menschen zur Verfügung stellen, wir wollen die
Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen erhöhen und eine neue Kategorie für Menschen schaffen,
deren Einkommen die Einkommensgrenzen um nicht mehr als 50 Prozent übersteigt. Bei diesen
Sozialwohnungen gelten dann entsprechend weniger strenge Kriterien bei der Miethöhe und es
wird eine Teilförderung gewährt.
Unser langfristiges Vorbild bei der Sozialwohnungspolitik ist die Stadt Wien mit ihrem
großen Anteil gemeinnütziger Wohnungen, die für jeden attraktiv sind. In einer Sozialwohnung
zu wohnen wird dort nicht gleichgesetzt mit Armut, weil die Mehrheit der Wienerinnen und
Wiener in Sozialwohnungen lebt. Menschen, deren Einkommen über die Einkommensgrenzen
hinauswächst, werden deswegen nicht zum Umzug gezwungen, aber für sie soll eine
einkommensabhängige Fehlbelegungsabgabe eingeführt werden, deren Einnahmen für den Bau neuer
Sozialwohnungen verwendet wird.
Wir werden für die Wohngemeinnützigkeit eine unabhängige Aufsicht schaffen, welche die
Einhaltung der Kriterien kontrolliert. Zu Unrecht bezogene Fördergelder werden
zurückgefordert und Verstöße auch mit Bußgeldern belegt. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen
müssen vollständig transparent wirtschaften. Unser Leitbild ist nicht der große, zentral
verwaltete staatliche Wohnungskonzern, sondern dezentral verwaltete und selbstbestimmte
Wohnprojekte und überschaubare Wohnungsunternehmen. Deshalb werden wir eine
Mietermitbestimmung einführen, so dass die Menschen, die in den Wohnungen leben, ein
Mitspracherecht und Einfluss auf wichtige Entscheidungen erhalten.
Barrierefreies Wohnen in jedem Alter
Ab dem Jahr 2030 braucht jede* DritteAltersgerechter und barrierefreier Wohnraum ist eine wichtige Basis für ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben – in Deutschland voraussichtlichden Städten ebenso wie in den ländlichen Räumen. Für einen Großteil der Menschen stellen mittlerweile ambulante Wohn- und Pflegeformen eine altersgerechteklare Alternative zum Heim dar. Wir wollen daher Wohnungen und das Wohnumfeld so gestalten, dass Menschen unabhängig von ihrem Alter oder ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit möglichst selbstständig und unabhängig in ihrer gewohnten oder gewünschten Umgebung leben können. Dazu gehören auch Hausgemeinschaften, Pflegewohngruppen und Wohngemeinschaften genauso wie Mehrgenerationenwohnen oder „Wohnen mit Versorgungssicherheit“ in der eigenen
Wohnung. Doch esDerzeit fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondernallerdings allein für Menschen mit Behinderung in Deutschland immer noch rund eine Millionen barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen. Zudem es gibt auch zu wenig
preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-
Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mittelndeutlich aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und
Dörfer ergänzen. Hier sind auch Länder und Kommunen gefragt, den barrierefreien Ausbau voranzubringen und die infrastrukturelle Anbindung des ländlichen Raums an die Groß- und Mittelstädten, sowie untereinander zu ergänzen und zu verbessern.
Verdichten, aber nicht Erdrücken
Boden ist ein begrenztes Gut. Wir müssen Bauland schaffen und gleichzeitig den Flächenfraß
reduzieren. Was wie ein Widerspruch klingt, muss durch eine innovative Bauflächenoffensive
aufgelöst werden, die behutsam verdichtet und höher baut, dafür aber die Stadt konsequent
begrünt.
Besonders in unseren Städten erleben wir vielfältige Nutzungskonflikte. Was hat Vorrang?
Parkplatz oder Spielplatz? Wohnung oder Einkaufszentrum? Solche Fragen werden in Kommunen
täglich diskutiert und sind heißt umkämpft. Um mehr Wohnraum in Städten zu schaffen wollen
wir nachverdichten. Bestehende Gebäude sollen aufgestockt werden, um Flächen zu sparen.
Etwa, indem Wohnungen über dem Supermarkt entstehen oder indem Stockwerke hinzukommen, wo
dies sinnvoll ist. Wir erleichtern die behutsame Nachverdichtung durch Dachausbauten
finanziell. Die Möglichkeit zur Aufstockung von einstöckigen Gewerbeimmobilien mit Wohnungen
soll im Baurecht verankert werden. Statt einer Sonderabschreibung, welche die Preise weiter
in die Höhe treibt, wollen wir eine Investitionszulage im Rahmen einer „Grünen
Bauflächenoffensive“ schaffen. Wir fördern damit finanziell die Dachaufstockung mit
Wohnungen sowie das Aktivieren von Brachen – davon gibt es im Umland vielerorts noch viel.
In Deutschland stehen etwa zwei Millionen Wohnungen leer. Wir fördern die Wiederbelebung
leerstehender Häuser und Wohnungen finanziell mit der grünen Bauflächenoffensive. Vielerorts
lässt sich so Naturverlust und Flächenversiegelung an Ortsrändern und im Umland verhindern
und vorhandene Häuser und Grundstücke in den Ortskernen wieder beleben. Das schafft und
sichert Werte, statt Natur und das Klima zu zerstören und Ortskerne auszuhöhlen.
Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen bei der Planung beteiligt werden. Mangelnde
Beteiligung führt zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Bauverzögerungen und oft
entstehen so wenig lebenswerte Quartiere. Deswegen stehen wir für moderne
Beteiligungsprozesse im Rahmen einer zu verwirklichenden Baukultur. Wir wollen
Beteiligungsprozesse organisieren, in denen Menschen frühzeitig mitentscheiden können, was
gebaut, aber nicht verhindern können, dass gebaut wird.
Viele bestehende Bebauungspläne sind veraltet und entsprechen nicht mehr den modernen
Anforderungen. Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen, sie im Sinne einer vertikalen
Siedlungsentwicklung anzupassen, so dass höher gebaut werden kann und Natur in der Stadt und
Umland geschont und bereits versiegelte Flächen besser genutzt werden.
Bisher ungenutzte Brachen, die eine ökologische Funktion haben, sollten wir schon aus
Klimaschutzgründen nicht vollständig bebauen, sondern auch für neue grüne Lungen,
Erholungsgebiete und soziale Begegnungsräume nutzen. Ziel der Innenentwicklung ist auch,
neue öffentliche Räume zu erschließen und unsere Städte lebenswerter zu gestalten.
Soviel, wie neu gebaut wird, so viel an neuem Grün wollen wir schaffen – auch und vor allem
auf Dächern und Fassaden, die heute dafür weitgehend ungenutzt bleiben. So wollen wir das
Stadtgrün schützen und erweitern, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes und als
Anpassungsmaßnahme an die Klimakrise, sondern auch, weil es für die Lebensqualität in den
Städten, gerade für Menschen ohne Zugang zu Gärten und Freiflächen, von hoher Bedeutung ist.
Wir setzen auf die Senkung der Flächeninanspruchnahme auf maximal 30 Hektar pro Tag.
Spätestens ab 2030 wollen wir erreichen, dass für jede neue Versiegelung von Fläche eine
gleich große, nicht mehr benötigte Siedlungsfläche renaturiert wird.
Im ländlichen Raum stellt sich das Problem oft umgekehrt dar. Es gibt Leerstand und Dörfer
mit Einwohnerschwund. Gut ausgebaute ÖPNV-Verbindungen sind nicht nur eine klimafreundliche
Verkehrsalternative, sondern auch ein Mittel gegen Wohnungsnot, wenn so der ländliche Raum
mit attraktiven Reisezeiten an die Ballungszentren angeschlossen und angebunden wird.
Der Baulandspekulation den Boden entziehen
Der stärkste Kostentreiber beim Wohnen sind Grundstücks- und Baulandpreise. Die Preise für
Bauland sind seit 2010 um über 60 Prozent gestiegen, in den Großstädten noch deutlich
stärker. Mit 870 Prozent Bodenwertsteigerung in weniger als zehn Jahren musste Berlin den
größten Anstieg weltweit verkraften. Grund und Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden und
die explodierenden Bodenpreise schlagen auf die Immobilienpreise und Mieten durch. Wenn
davon gesprochen wird, dass günstiges Bauen kaum mehr möglich ist, liegt dies zuvorderst an
den inzwischen für sehr viele Menschen unbezahlbaren Grundstückspreisen. Aber Boden ist ein
Allgemeingut, unvermehrbar, unentbehrlich und sozial gebunden.
In Deutschland hat die öffentliche Hand viele ihrer Grundstücke verkauft. Die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben (BImA) hat ihre Grundstücke lange Zeit meistbietend versteigert und
wurde damit selbst zu einem Treiber der Spekulation. Eine Bodenvorratspolitik, die Vorsorge
für die Zukunft betreibt, haben deutsche Städte und Gemeinden fast nirgends gemacht. Daraus
resultiert, dass die wertvollen Baugrundstücke in unseren Städten heute größtenteils in
privater Hand sind und die Kommunen horrende Preise zahlen müssten, um sie zurück zu kaufen.
Wir wollen Kommunen dabei unterstützen, wieder eine aktive Bodenpolitik zu betreiben und
verstärkt Grund und Boden für öffentliche Aufgaben wie gemeinnützigen Wohnungsbau zu
erwerben. Der Bund muss das durch eine langfristige gemeinwohlorientierte Bodenpolitik
unterstützen.
Die noch vorhandenen bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investoren
veräußert, sondern verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben
werden. An private Investor*innen sollte hingegen nur noch Erbbaurechte vergeben werden,
damit die Flächen nach Ablauf einer Frist an die öffentliche Hand zurückfallen. Heute laufen
Sozialbindungen nach 15 bis 30 Jahren aus. Über die Vergabe im Erbbaurecht können wir
vertraglich sicherstellen, dass künftig Sozialwohnungen dauerhaft erhalten bleiben. Wir
werden die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu einem Gemeinnützigen
Bundesbodenfonds weiter entwickeln. Der Bundesbodenfonds soll für gemeinwohlorientiere und
öffentliche Akteure des Wohnungsbaus Grundstücke ankaufen und diesen Akteuren Grundstücke
übertragen bzw. verpachten.
Viele Investor*innen sind im Besitz von Bauland, spekulieren aber lieber auf steigende
Bodenpreise als zu bauen. Das kommunale Bau- und Planungsrecht sieht heute schon eine
Baupflicht (Baugebot) vor. Wird nicht gebaut, kann in letzter Konsequenz eine Enteignung
gegen Entschädigung stehen. Das Bundesverfassungsgericht sieht gerade bei Grund und Boden
eine besondere und weitgehend soziale Verpflichtung des Eigentums. Wer der Aufforderung zu
bauen nicht nachkommt, kann zum Verkauf gezwungen beziehungsweise gegen Entschädigung
enteignet werden. Wir unterstützen die Kommunen, die von dieser Möglichkeit bei besonders
angespannten Wohnungsmärkten Gebrauch machen. Bei solchen Lagen sollen Kommunen das Baugebot
nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern für bestimmte Gebiete aussprechen können. Falls
dem Baugebot nicht entsprochen wird und die öffentliche Hand daraufhin als ultima ratio
enteignet, sollte die Entschädigung einem realistischen Ertragswert entsprechen. Länder
sollen in die Lage versetzt werden, durch eine erhöhte Grundsteuer für unbebaute Grundstücke
einen Anreiz zum Bauen zu schaffen. Ebenso sollen alle Länder über ihre Bauordnungen die
Gültigkeit von Baugenehmigungen zeitlich befristen können, um die Spekulation mit Baurechten
zu unterbinden.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die Rechte von Mieterinnen und Mietern zu stärken.
Vorbildcharakter hat für uns die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer*innen. Durch
sie ist sichergestellt, dass nicht nur die Eigentümer*innen eines Unternehmens, sondern auch
die dort beschäftigen Arbeitnehmer*innen einen Einfluss auf die Entscheidungen haben, die
sie direkt betreffen. Wir wollen dieses Prinzip vom Arbeitsverhältnis auf das Mietverhältnis
übertragen. Unser Ziel ist, der Gemeinschaft der Mieter*innen Mitbestimmungsrechte zu
einzuräumen, etwa wenn es um Umbauten oder Modernisierungen geht. Wir wollen so eine echte
Mietermitbestimmung entwickeln, um die Gemeinwohlorientierung des Eigentums auch auf dem
Wohnungsmarkt durchzusetzen. Diese Mietermitbestimmung soll – analog zur
Arbeitnehmermitbestimmung – für Wohnungsgesellschaften ab einer bestimmten Größe gelten.
Die Preise für Grund und Boden steigen nicht, weil die Eigentümer*innen die Qualität des
Bodens verbessern, sondern wegen der Lage, also einer Umgebung mit öffentlicher
Infrastruktur, attraktiven Arbeitsplätzen, Kultureinrichtungen oder Universitäten. Aufgrund
dieser Faktoren werden bestimmte Gegenden beliebter und stärker nachgefragt. Die Ernte
dieser Leistungen anderer sollte nicht über eine Bodenrente privatisiert werden. Für die
Eigentümer*in stellen sie einen leistungslosen Vermögenszuwachs dar. Im Planungsrecht gibt
es bereits Instrumente, solche windfall profits, also Wertsteigerung von privatem Grund und
Boden, durch einen kommunalen Bebauungsplan zu berücksichtigen.Wir wollen es für Kommunen
ermöglichen, planungsbedingte Wertsteigerungen teilweise abzuschöpfen und für kommunale
Infrastrukturen, soziales Wohnen und Umwelt einzusetzen.
Mit dem Vorkaufsrecht solidarisches Eigentum begründen
Das im Baurecht verankerte Vorkaufsrecht der Kommunen für Wohnungen und Bauland stellt für
uns ein wichtiges Instrument dar, um das Ziel von mehr öffentlichem und solidarischem
Eigentum zu verwirklichen. Es wird aber viel zu selten genutzt. Daher braucht es eine aktive
Ankaufstrategie. Akteure wie zum Beispiel Genossenschaften oder Stiftungen, die
gemeinwohlorientiert agieren, können die kommunale öffentliche Strategie ergänzen. Das
kommunale Vorkaufsrecht soll auf alle Gebiete der Stadt ausgeweitet werden. Die
Ausübungsfrist von zwei Monaten soll auch bei Share Deals und Zwangsversteigerungen gelten.
Um die kommunalen Bauämter zu unterstützen, wollen wir beim Bund (BBSR) eine
Rechtberatungsstelle einrichten und diese darin unterstützen, mit Online-Katastern eine
Übersicht über brachliegende und verfallende Grundstücke zu schaffen. Oft haben Kommunen
oder Genossenschaften Schwierigkeiten, den Ankauf zu finanzieren. Deswegen wollen wir
Allianzen zur Ausübung des Vorkaufsrechts unterstützen. Beispielsweise könnte die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein Teileigentum des Bundes begründen, sich so
am Kauf beteiligen und damit der Kommune den Ankauf ermöglichen. Genossenschaften und andere
gemeinwohlorientierte Erwerber*innen könnten eine Förderung durch günstige Kredite oder
Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, um die Finanzierung zu ermöglichen.
Nachhaltig und digital bauen – und damit Kosten sparen
Mit einer Innovationsoffensive für die besten Klima-Investitionen in Gebäude und Wohnungen
unterstützen wir selbstnutzende Eigentümerinnen, Vermieter sowie Mieter*innen. Wir helfen
ihnen, zu tragbaren Kosten Zukunft zu gestalten und Klimaschutzmaßnahmen gemäß der Ziele von
Paris umzusetzen. Dafür stellen wir im Aktionsplan „Faire Wärme“ sieben Milliarden Euro im
Jahr für Planung, Investitionen und bezahlbaren Wohnraum und für ressourcenschonendes Bauen,
zum Beispiel durch modularen Holzbau, bereit. Hemmnisse im Baurecht für serielles und
modulares Bauen wollen wir in der Musterbauordnung reduzieren und so Kostensenkungen
ermöglichen. Wir schaffen ein Gebäuderessourcengesetz, das die ganzheitliche
Lebenszyklusbetrachtung für ein Gebäude in den Blick nimmt.
Damit die erheblichen Investitionen für Neubau sowie klima- und altersgerechten Umbau
überhaupt geleistet werden können, wollen wir die Innovationskraft und Produktivität im
Bauwesen stärken. In Ländern wie China, Dubai und den Niederlanden wird bereits mit dem
Einsatz von 3D-Druckern beim Bau experimentiert. Wir wollen die Forschung auf diesem Gebiet
unterstützen und Pilotprojekte auch in Deutschland fördern.
Der nachwachsende Baustoff Holz bietet gleich mehrfach Potenzial für eine höhere
Produktivität durch digitale Unterstützung: Er speichert CO2 und schützt damit das Klima.
Ganze Gebäudeteile lassen sich im Werk mit digitaler Technik vorfertigen und auf der
Baustelle rasch und damit kostengünstig aufbauen. Holz ist leichter als Stahl und Beton und
damit statisch für Dachausbauten gut geeignet. Building Information Models (BIM), also
digitale Abbilder der Neubauten, haben das Potenzial, das Bauen zu erleichtern: Die
Schnittstellen zwischen den einzelnen Baugewerken werden sicht- und damit definierbar, das
macht heute Abstimmungen und Kosten transparenter und erleichtert später Modernisierung und
Instandsetzung sowie Recycling. Mit einem Marktanreizprogramm für das Bauen mit
nachwachsenden Baustoffen regen wir den verstärkten Einsatz von Holz aus nachhaltigen
Quellen als Baustoff an. Die Kapazität nachwachsender Baustoffe als CO2-Speicher wollen wir
im Gebäudeenergiegesetz honorieren und als Beitrag zum klimaneutralen Gebäudebestand auch
anrechnen.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für ressourcenschonende Infrastrukturen und
lebenswerte Städte genutzt und im Sinne der Bürger*innen und des Gemeinwohls eingesetzt
werden. Der Schutz vor Risiken, etwa bei der Datensicherheit und kritischen Infrastrukturen,
muss dabei immer berücksichtigt werden. Dies ist eine primäre öffentliche Aufgabe. Schon
heute geben Städte und Gemeinden wertvolle IT-Infrastrukturen aus der Hand. Städte und
Gemeinden müssen durch ein Bundesprogramm mehr Mittel an die Hand bekommen, um ihre
Verwaltung, das Management der Energiekreisläufe sowie die Infrastrukturen digital zu
ertüchtigen.
Wohnraum nutzen – Leerstand und Fehlnutzung verhindern
Nicht immer fehlt Wohnraum: Manchmal ist er vorhanden, wird aber nicht oder falsch genutzt.
Wir wollen gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum vorgehen. In
beliebten Großstädten verschwindet Wohnraum auch dadurch, dass er als Ferienwohnung genutzt
und so für dauerhafte Bewohner*innen unzugänglich wird. Nicht selten findet man in den
beliebten Lagen von Städten wie Berlin und Hamburg viele Inserate bei Airbnb und Co., aber
kaum Mietwohnungsangebote mehr. Wir unterstützen die Kommunen dabei, gegen Zweckentfremdung
und Fehlnutzungen vorzugehen und diese zu verbieten. Die Verfolgung muss verbessert und die
Bußgelder müssen erhöht werden. Die EU-Kommission steht in der Pflicht, die Länder und
Kommunen bei der Schaffung von verbindlichen Auskunftspflichten von Online-Plattformen zu
unterstützen.
Seit 1987 ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner*in um über ein Drittel
gestiegen. Der Grund dafür ist oft, dass immer mehr Menschen in Wohnungen leben, die für sie
zu groß geworden sind. Paare etwa, die nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, wenn die
Kinder aus dem Haus sind, oder Menschen, die nach einer Trennung oder dem Versterben der
Partner*in in ihrer Wohnung verbleiben. Ein Umzug kommt für sie oft aus Kostengründen nicht
in Betracht, weil sie dann einen älteren und sehr günstigen Mietvertrag verlieren würden.
Und eine neue Wohnung wäre nicht nur kleiner, sondern voraussichtlich auch noch teurer.
Oftmals ist das auch der Grund, weshalb Menschen ihre Wohnung nicht aufgeben, wenn sie eine
andere, weiter entfernte Arbeit antreten. Die weiten Arbeitswege verschärfen wiederrum
zusätzlich die Verkehrsprobleme in unseren Städten. Diese Probleme wollen wir angehen, indem
wir den Mieter*innen ein Recht geben, ihre bestehenden Mietverträge untereinander zu
tauschen. So können alleinstehende ältere Menschen ihre als zu groß empfundene Wohnung mit
der jungen Familie tauschen, die dringend mehr Platz benötigt. Und das ohne steigende
Kosten, weil sie einfach in den Mietvertrag der Anderen als neue Mietpartei einsteigen.
Bisher wird dies nur innerhalb von Wohnungsgesellschaften und auf freiwilliger Basis
praktiziert. Wir werden dafür einen allgemeinen Rechtsanspruch einführen. Er soll zunächst
nur für Wohnungsgesellschaften gelten, private Kleinvermieter*innen bleiben davon
ausgenommen. Außerdem werden wir der Vermieter*in ein Recht einräumen, aus guten Gründen der
Übertragung des Mietvertrags zu widersprechen, etwa wenn die neuen Mieter*innen nicht über
das Einkommen verfügen, um die Miete zahlen zu können. Zusätzlich wollen wir den Umzug in
solchen Fällen finanziell fördern.Kommunen und Baubranche für mehr Wohnungsneubau stärken
Das in den Bereichen Bau und Planung tätige Personal in den Kommunen ist seit 1991 um 35
Prozent zurückgegangen. In den mit Baufragen befassten Stellen arbeitete 2010 bereits ein
gutes Drittel der Beschäftigten weniger, bis 2015 waren es noch einmal zehn Prozent weniger
Beschäftigte als zuvor. Und heute sind es diese wenigen Beschäftigten, die den aufgelaufenen
kommunalen Investitionsstau bei maroden Schulen und Brücken lösen und zusätzlich
Wohnungsneubau und Klimaschutz organisieren sollen.
Ganz ähnlich sieht es in der privaten Bauwirtschaft aus: Trotz Einstellungen in den
vergangenen Jahren arbeiten heute in der Bauwirtschaft fast 800.000 Menschen weniger als
noch Mitte der 1990er Jahre. Wenn wir beim Bauen wieder aufholen wollen, muss sich das
schnell ändern.
Denn in dieser schwierigen Situation brauchen wir die Kommunen bei der Planung und beim Bau
mehr als je zuvor. Die Steuerung der Bautätigkeit, des Klimaschutzes in Stadtvierteln und in
Gebäuden sehen wir als kommunale Aufgabe. Daher wollen wir den Kommunen das Planen und
Steuern erleichtern durch planbare, verlässliche Investitionshilfen, finanzielle Entlastung
der Kommunen sowie leichtere Planungsinstrumente im Baurecht für dringende Belange:
Vorkaufsrechte, Klimamodernisierung oder Neubauplanung im Ortskern. Wir stärken die Kommunen
und sorgen für planbare und verlässliche Investitionshilfen, und zwar mit dem „Aktionsplan
Faire Wärme“, der Bauflächenoffensive, einem Bundesprogramm für grüne Infrastrukturen und
der Neuen Wohngemeinnützigkeit. So können Kommunen wieder eigenes Planungspersonal
einstellen, ihre Wohnungsämter und Grünflächenämter stärken und bei Bedarf
Wohnungsunternehmen gründen, und zwar mit demokratisch legitimierter Planung in kommunaler
Hand, nicht durch Finanzinvestoren. Überschuldete Kommunen wollen wir durch Altschuldenhilfe
und Entlastung bei den Sozialkosten wieder auf die Füße helfen.
Wir wollen es Kommunen ermöglichen, mit machbarem Aufwand Bauland für öffentliche und
private Investitionen zu aktivieren, und gleichzeitig grüne Freiräume, Mobilität, Schulen
und Sozialwohnungen einzuplanen. Dazu geben wir ihnen da, wo Wohnraummangel und Belange der
Stadtentwicklung es erfordern, die Möglichkeit, ein „Innenentwicklungsgebiet“ festzulegen.
Darin können sie Baulücken, Brachflächen und andere Flächen zügig einer baulichen Nutzung
oder Freiraumnutzung zuführen, auch auf Flächen, die nach dem Grundsatz des „Einfügens in
die Umgebung“ (§34 Baugesetzbuch) bebaut werden können. Damit erleichtern wir kommunale
Vorkaufsrechte erheblich. So können die Kommunen zum Beispiel im Umland der Ballungszentren
und Metropolen Baupotenziale in den Ortskernen erschließen, bevor sie Bauland auf der grünen
Wiese entwickeln. Die Erschließung durch Stadtbahnen und Radschnellwege ist genauso wie die
durch Pflegedienste, Jugendzentren und Kitas einfacher in kompakteren Orten.
Früher waren öffentliche Bauinvestitionen häufig von der Kassenlage abhängig. Fehlte es an
Steuereinnahmen, wurde auch nicht mehr gebaut. Damit war es für die private Bauwirtschaft
nie sicher, ob die aktuelle Auftragslage auch in Zukunft Bestand haben würde. In dieser
Situation erhöhen Unternehmen eher die Preise, als dass sie ihre Kapazitäten ausweiten.
Durch die Erhöhung und Verstetigung der Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau und für
Klimaschutz in Gebäuden wollen wir das ändern und geben dem Baugewerbe das Signal, dass es
sich lohnt zu investieren und neue Beschäftigte einzustellen. Die Bauwirtschaft verzeichnet
kaum Produktivitätszuwachse. Sie ist im Branchenvergleich bei der Produktivitätsentwicklung
immer noch unter den Schlusslichtern zu finden. Firmen finden angesichts des Baubooms kaum
noch Mitarbeiter*innen und Fachkräfte. Wir werden alles tun, um die Bauwirtschaft dabei zu
unterstützen, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Dafür braucht es ein modernes
Einwanderungsrecht, das die bestehenden Regelungen liberalisiert, systematisiert und
vereinfacht. Für Asylsuchende und Geduldete, die sich bereits in Deutschland befinden,
wollen wir einen Zugang in Ausbildung, Studium und Erwerbstätigkeit schaffen.
2. Faire Mieten: Mieter*innenrechte verbessern
Wir wissen, dass vielerorts heute bereits so viele Wohnungen fehlen, dass man mittels Neubau
nicht zu schnellen Erfolgen kommen kann. Im Gegenteil wird es viele Jahre dauern, bis wir in
den Großstädten wirklich ausreichenden Wohnraum geschaffen haben. Daher braucht es für
Kommunen über die bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen hinaus eine Möglichkeit, Mieten
zu begrenzen. Eine spürbare Begrenzung des Mietsanstiegs ist gleichzeitig das wirksamste
Instrument, um die Ertragswerte von Immobilien zu begrenzen und dämpfend auf die
Preisentwicklung einzuwirken.
Die große Koalition hat im Jahr 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Gebremst hat
sie allerdings kaum. Zu viele Ausnahmen durchlöchern ihre Wirksamkeit. Mit der Durchsetzung
werden die Mieter*innen allein gelassen. Es liegt an ihnen, gegen ihre neue Vermieter*in zu
klagen. Viele tun das nicht. Die Mietpreisbremse muss endlich angezogen und unnötige
Ausnahmen abgeschafft werden. Sie muss als ein dauerhaftes Instrument im Mietrecht erhalten
bleiben, und nicht wie von der Bundesregierung geplant bereits 2025 wieder auslaufen. Es
sind die Länder, die darüber entscheiden, in welchen Gebieten die Mietpreisbremse überhaupt
gilt. Die Beschränkung, dass sie dies nur für maximal fünf Jahre dürfen, muss fallen. Die
Mietpreisbremse erlaubt heute, bis zu zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete
hinauszugehen. Wir werden diesen Wert auf fünf Prozent senken. Verstöße gegen die
Mietpreisbremse werden wir zu einer Ordnungswidrigkeit machen und mit einer empfindlichen
Geldbuße belegen. Um den Mietanstieg auch bei bestehenden Mietverträgen stärker
einzuschränken, werden wir den Mietanstieg auf maximal drei Prozent pro Jahr bis zur
Obergrenze ortsüblicher Vergleichsmieten beschränken.
Miethöhen orientieren sich in vielen Fällen an der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in
Mietspiegeln ermittelt wird. Diese ortsübliche Vergleichsmiete steigt aber vielerorts rasch
an. Der Mietspiegel setzt sich derzeit aus den neuen Mietverträgen der letzten vier Jahre
zusammen. Dies führt dazu, dass bei starken Mietsteigerungen auch die bestehenden
Mietverträge zeitlich verzögert betroffen sind. Wir werden deshalb die Mietverträge der
letzten zehn Jahre für die Berechnung des Mietspiegels berücksichtigen. In einigen Kommunen
gibt es überhaupt keinen qualifizierten Mietspiegel. Aber nur damit können Mieter*innen die
Höhe der ortsüblichen Miete und damit ihre Rechte überhaupt verlässlich bestimmen. Wir
werden die Kommunen finanziell unterstützen, um dies künftig in allen mittleren und großen
Städten Deutschlands abzusichern. Außerdem wollen wir Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt
zur Anwendung eines qualifizierten Mietspiegels verpflichten, damit Konzerne künftig nicht
mehr klagen können. Die Heranziehung von Vergleichswohnungen zur Begründung der Mieterhöhung
darf nur dann erfolgen, wenn die Vergleichswohnungen nicht allein aus dem Bestand nur eine*r
Eigentümer*in stammen.
Der Plan der Berliner Landesregierung, einen Mietendeckel einzuführen, gibt der Stadt ein
weiteres Instrument zur preislichen Regulierung des überhitzten Wohnungsmarktes an die Hand.
Weil mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten wird, ist es richtig, dass
Umsetzbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit sorgsam geprüft werden.
Über die Kündigung bestehender Mietverträge und die Wiedervermietung an wohlhabendere
Mieter*innen findet ein großer Teil der Mietsteigerungen statt. Menschen werden aus ihren
Nachbarschaften verdrängt. Stadtteile werden sozial immer homogener und die Gesellschaft
treibt auseinander. Kündigungen führen in extremen, aber leider immer häufigeren Fällen auch
zu Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit – selbst bei Familien mit Kindern. Unser Ziel ist es,
beim Kündigungsschutz wieder ein Gleichgewicht zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen
herzustellen. Gerät ein*e Mieter*in in Zahlungsverzug und erhält deswegen die Kündigung,
soll er oder sie die Möglichkeit haben, die Kündigung durch Nachzahlung abzuwenden.
Mieter*innen sollen keine Angst haben müssen, ihre Wohnung zu verlieren, nur weil sie
berechtigt von ihrem Mietminderungsrecht bei Mängeln in der Wohnung Gebrauch gemacht haben.
Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen
Wir wollen ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und
Obdachlosigkeit auf den Weg bringen und uns entsprechend der globalen Nachhaltigkeitsziele
vornehmen, dass es bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr in Deutschland gibt. Außerdem braucht
es eine gezielte Förderung des „Housing First“-Ansatzes, bei dem Obdachlose in eine Wohnung
einziehen können, ohne sich zuvor für Hilfe „qualifizieren“ zu müssen. Darüber hinaus müssen
Bürger*innen, unabhängig von ihrem Sozialleistungsbezug, Zugang zu Notunterkünften erhalten.
So soll das Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sichergestellt werden.
Eigenbedarfskündigungen sollen deutlicher als heute auf die tatsächliche Nutzung durch die
Eigentümer*in und die nahen Verwandten beschränkt werden, um Missbrauch zu unterbinden. Die
voranschreitende Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wollen wir so nicht
hinnehmen. Die Kommunen können heute schon in sogenannten Milieuschutzgebieten die
Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen untersagen. Bedingungen und Befristungen
werden wir weitgehend abschaffen, so dass eine Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt eine
Umwandlung ausnahmslos und stadtweit untersagen kann, wenn sie es für geboten hält. Wir
setzen verstärkt auf das städtebauliche Instrument des Milieuschutzes, um die soziale
Zusammensetzung der Bevölkerung in Gebieten mit hohem Verdrängungsdruck zu erhalten.
Oft scheitert Mietrecht in der Umsetzung. Mieter*innen werden alleine gelassen und müssen
ihre Rechte gegen große Wohnungskonzerne einklagen, die allerdings Heerscharen von Anwälten
beschäftigen, um ihre Interessen durchzusetzen. Um ein Kräftegleichgewicht zwischen großen
Wohnungsunternehmen und Mieter*innen herzustellen, sind mehr kollektive Klagemöglichkeiten
unerlässlich. Hierfür wollen wir Gruppenklagen einführen. Außerdem streben wir an, die
Einhaltung der zulässigen Miethöhen auch öffentlich zu kontrollieren und damit auch Verstöße
aufzudecken, gegen die Mieter*innen nicht klagen. Dazu wollen wir das Wirtschaftsstrafrecht
gegen überhöhte Mieten wieder wirksam machen. Solche Verstöße werden wir wirksam
sanktionieren.
Viele Menschen werden auf dem Wohnungsmarkt aus rassistischen oder anderen Gründen
diskriminiert. Oft werden Menschen allein wegen ihres Namens, ihrer Sprache oder ihres
bisherigen Wohnorts nicht zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen oder haben als potentielle
Mieter*innen keine Chance. Wir wollen diese Diskriminierung beenden. Dafür muss das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert und der Merkmalskatalog erweitert
werden. Denn der soziale Status oder auch die Sprache sind Diskriminierungsmerkmale, die auf
dem Wohnungsmarkt eine besonders wichtige Rolle spielen. Außerdem setzen wir uns für die
Einführung des Verbandsklagerechts ein, damit Verbände für Betroffene klagen können. Und wir
wollen, dass Fachstellen zur Beratung, Begleitung und Unterstützung von Menschen, die von
Diskriminierung betroffen sind, gestärkt und ausgebaut werden. Damit wollen wir den
Diskriminierungsschutz auf dem Wohnungsmarkt wirkungsvoller gestalten.
Gewerbemietrecht und Grundsteuer reformieren
Für lebenswerte Städte ist auch ein vielfältiges Angebot an kleinen Läden,
Handwerksbetrieben und Angeboten für Familien im direkten Wohnumfeld entscheidend. Gerade
kleine Gewerbetreibende in den begehrten Lagen können sich die steigenden Mieten vielfach
nicht mehr leisten. Damit wird die Knappheit auch für den Wirtschaftsstandort zu einer
ernsten Bedrohung für Vielfalt. Deshalb muss auch das Gewerbemietrecht reformiert werden.
Auch für Gewerbetreibende braucht es eine Begrenzung von Mieterhöhungen, eine
Mietpreisbremse bei Neuvermietung und einen wirksamen Kündigungsschutz. Die Wirtschaft
braucht Planungssicherheit: Die Praxis, Mietverträge auf kurze Zeiträume von zum Beispiel
einem Jahr zu befristen, muss beendet werden.
Die Reform der Grundsteuer ist überfällig, da sie auf veralteten Werten beruht, die
inzwischen verfassungswidrig sind. Die große Koalition hat die Reform immer wieder
verschleppt und gefährdet so 14 Milliarden Euro, auf welche die Kommunen dringend angewiesen
sind, um neue Sozialwohnungen zu bauen. Wir wollen sicherstellen, dass durch die Reform
nicht die Mieter*innen belastet werden. Deshalb werden wir die Umlagefähigkeit der
Grundsteuer auf die Mieter*innen abschaffen. Für bestehende Vereinbarungen, die dem
entgegenstehen, werden wir eine angemessene Übergangsfrist gewähren. Außerdem müssen Städte
und Gemeinden die Möglichkeit haben, mit der Grundsteuer zu steuern und
Stadtentwicklungspolitik zu betreiben. Dafür sollen sie für unterschiedliche Stadtgebiete
auch unterschiedlich hohe Steuersätze festlegen dürfen.
3. Spekulation, Geldwäsche und Steuerumgehung beenden
Die Explosion der Immobilienpreise zeigt, dass Wohnungen und Grundstücke zum
Spekulationsobjekt auf den Finanzmärkten geworden sind. Nicht nur die Mieter*innen leiden
unter dieser Entwicklung. Mehr und mehr Expert*innen warnen vor einer Immobilienpreisblase
in Deutschland, deren Platzen verheerende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte.
Wir wollen zu einem Wohnungsmarkt zurückkehren, der nicht vom Spekulationsinteresse
getrieben wird.
Durch die Steuerumgehung mittels sogenannter Share Deals gelingt es großen
Wohnungsgesellschaften, Immobilien zu kaufen, ohne dafür Grunderwerbsteuer zu zahlen. Immer
größere Wohnungsbestände sind in die Hand von börsennotierten Konzernen, internationalen
Gesellschaften und Private Equity Fonds geraten. Auch die deutsche Körperschaftsteuer wird
so umgangen. Wir werden die Praxis der steuerfreien Share Deals beenden, indem wir schon bei
einem Verkauf der Mehrheit einer Gesellschaft zumindest anteilig Grunderwerbsteuer erheben.
Außerdem wollen wir für die Länder die Möglichkeit schaffen, die Grunderwerbsteuer
progressiv auszugestalten. Wenn Wohnungskonzerne große Immobilienbestände aufkaufen, soll
eine höhere Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn Privatpersonen eine Wohnung kaufen, um
selbst darin zu wohnen. So wird die Grunderwerbsteuer zu einer Antispekulationssteuer.
Der deutsche Wohnungsmarkt gilt in Europa als Paradies für Geldwäsche. Mit Geldern aus
kriminellen Geschäften wie Bestechung, Waffenhandel oder Steuerhinterziehung werden deutsche
Immobilien aufgekauft, denn die Gefahr, entdeckt zu werden, ist in Deutschland gering. Der
deutsche Wohnungsmarkt ist bei russischen Oligarchen und der italienischen Mafia ebenso
populär wie bei griechischen, deutschen oder amerikanischen Steuerhinterzieher*innen.
Deutschland gilt für sie als sicherer Hafen. Das von der großen Koalition eingeführte
Transparenzregister hat daran wenig geändert. Noch immer ist es in vielen Fällen nicht klar,
wem eine Immobilie letztlich gehört. Die wahren Eigentümer*innen verstecken sich oftmals
hinter verschachtelten Beteiligungsstrukturen. Transparenz darf deshalb in Zukunft nicht nur
drauf stehen, sondern muss auch drin sein. Für jede Immobilie in Deutschland müssen
wirtschaftlich Berechtigte und die letztlich dahinterstehenden natürlichen Personen benannt
werden – ohne jede Ausnahme. Das Transparenzregister selbst soll öffentlich zugänglich
werden, um seinem Namen auch endlich gerecht zu werden. Mindestens Journalist*innen,
Nichtregierungsorganisationen und den Bewohner*innen der Immobilien selbst muss ein
berechtigtes Interesse daran eingeräumt werden, so dass sie einfach und jederzeit Zugang zu
den Namen haben. Bei Gesellschaften als Eigentümer*in einer Immobilie muss auch im Grundbuch
über eine Identifikationsnummer ersichtlich sein, wer sich konkret dahinter verbirgt.
Gesellschaften, die nicht im Transparenzregister eingetragen sind, werden wir den Kauf von
Immobilien künftig nicht mehr gestatten.
Die Geldwäsche mit deutschen Immobilien wird zur Zeit auch dadurch stark vereinfacht, dass
der Immobilienkauf in Deutschland auch mit Bargeld stattfinden darf. In anderen europäischen
Ländern ist dies meist schon aufgrund von Obergrenzen für die Zahlung mit Bargeld nicht
möglich. Eine solche Obergrenze werden wir beim Kauf von Immobilien ebenfalls einführen.
Makler*innen und Notar*innen werden dazu verpflichtet, die Herkunft der Gelder zu
überprüfen. Bei Verdacht auf Geldwäsche muss immer eine Meldung an die Behörden erfolgen und
in Fällen, bei denen die Herkunft der Gelder nicht identifiziert werden kann, darf der
Kaufvertrag nicht mehr notariell beglaubigt werden. Wir setzen hierbei auch auf
Fortbildungen für Makler*innen und Notar*innen und auf die Zusammenarbeit mit den Kammern
und Berufsverbänden. Außerdem sollen künftig bei jedem Immobilienkauf die Finanzbehörden
informiert werden, auch wenn die Käufer*innen nicht in Deutschland steuerpflichtig sind. In
diesem Fall sollen Meldungen an die zuständigen Finanzbehörden des Landes erfolgen, in dem
die Käufer*in und der wirtschaftlich Berechtigte steuerpflichtig sind. So helfen wir auch
anderen Staaten bei der Verfolgung von Steuerhinterzieher*innen und anderen Kriminellen.
Alle Maßnahmen gegen Geldwäsche helfen aber wenig, wenn die Behörden nicht dazu in der Lage
sind, sie auch durchzusetzen. Wir werden die Ausstattung im Bereich Kontrolle erheblich
verbessern und das Personal deutlich aufstocken.
Auch steuerliche Sonderbehandlungen machen Immobilien als Investitionsobjekt interessant und
treiben damit Preise und Mieten in die Höhe. Diese steuerlichen Vorteile wollen wir abbauen
beziehungsweise nur noch gemeinnützigen Eigentümer*innen gewähren. Für Veräußerungsgewinne
von nicht selbstgenutztem Wohneigentum wollen wir die Spekulationsfrist verlängern und auch
bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sicherstellen, dass
Wertsteigerungen der Immobilien besteuert werden.
4. Wohnen wird klimaneutral
Klimafreundliche Modernisierung
Wir wollen Fehlentwicklungen bei der energetischen Gebäudesanierung beenden. Energetische
Modernisierung soll klaren Kriterien folgen: mehr Klimaschutz, so warmmietenneutral wie
möglich, ohne Verdrängung sowie in Übereinstimmung mit den Mieterinnen und Mietern. Zusammen
mit einem Energiesparrecht und einer Förderung, die die Modernisierungen auf den nötigen
Klimaschutzpfad bringen, wollen wir so energiesparende Gebäude zu geringstmöglichen Kosten
schaffen und die Klimaschutzziele im Gebäudebereich erreichen. Zentral wird dabei sein, auch
die Wärme erneuerbar zu machen. Ideale Systeme dafür sind die Nah- und Fernwärmenetze, die
sich aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen speisen. Dort, wo die Besiedlungsstruktur
es hergibt, müssen wir weg von der Einzelhausbetrachtung hin zu einer Quartiersbetrachtung.
Durch diese Strategie hat es zum Beispiel Dänemark geschafft, den Anteil der Erneuerbaren im
Wärmebereich auf 65 Prozent zu bringen und sie zielen auf 80 Prozent bis 2030. In
Deutschland beträgt der Anteil 14 Prozent – meist aus Biogas-Anlagen.
Kosten für Luxusmodernisierungen, wie beispielsweise einen neuen Balkon oder schicke
Waschbecken, dürfen nicht weiter gegen den Mieterwillen auf die Miete umgelegt werden, denn
sie führen regelmäßig zu Preissteigerungen. Freiwillige Vereinbarungen zwischen
Vermieter*innen und Mieter*innen sind davon unbenommen. Um jedoch den CO2-Ausstoß wie auch
die Energiekosten zu senken, ermöglichen wir eine, auch angesichts niedriger
Finanzierungskosten angemessene Umlage. Statt heute acht Prozent der Kosten sollen höchstens
vier Prozent im Jahr auf die Miete umgelegt werden dürfen, jedoch nicht mehr als 1,50 Euro
pro Quadratmeter und Monat in acht Jahren. Die Berechnung der Umlage soll dabei die Höhe der
maximal verfügbaren öffentlichen Fördermittel berücksichtigen, um einen Anreiz für die
Vermieter*innen zu schaffen, sie auch in Anspruch zu nehmen. Mieter*innen sollen einen
Gutschein für einen kostenlosen Klima-Check erhalten, um zu ermitteln, wo sie Energie und
Kosten einsparen und das Klima schützen können. Eine Beschwerdestelle für Mieter*innen soll
künftig im Streitfall klären, ob die Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich wie angekündigt
Energie und Kosten einsparen und im Einklang mit Energiesparrecht und Sanierungsfahrplan
sind. Selbstnutzende Eigentümer*innen wollen wir mit einem Steuerbonus bei der energetischen
Sanierung ihrer Wohnungen und Häuser unterstützen. Diese Gruppe modernisiert weniger als
Wohnungsunternehmen, daher muss es für sie attraktiver werden, an öffentliche Fördermittel
zu gelangen.
Wir wollen einen dynamisch angelegten, wirksamen CO2-Preis für den Wärmesektor einführen,
der sich planbar an den Kosten des CO2-Ausstoßes des Energieträgers orientiert. Zudem wollen
wir, dass der CO2-Preisbestandteil auf Wärmebrennstoffe als Investitionsanreiz für die
Vermieter*innen wirkt, den energetischen Zustand ihrer Gebäude zu verbessern.
Unternehmen und Privatpersonen brauchen Planungssicherheit für ihre
Investitionsentscheidungen. Deshalb wollen wir erstens mit einem Energiespargesetz einen
klaren Pfad vorgeben, wie viel Energie in welchen Bereichen bis wann eingespart werden muss.
Im Gebäudebereich wollen wir zweitens das schwer zu durchblickende Regelungsdickicht durch
ein einfaches und transparentes Energiesparrecht ersetzen. Anstatt jedes Bauteil einzeln zu
bewerten, wollen wir die CO2-Emissionen und den realen Wärmebedarf eines Gebäudes zur
maßgeblichen Steuerungsgröße machen.
Den genauen Fahrplan für die Modernisierung älterer Gebäude erstellen sachverständige
Energieberater*innen im Einklang mit der baukulturellen Gestaltung. Eigentümer*innen können
den Fahrplan auf Antrag kostenlos erstellen lassen. Für die einzelnen Stationen im Klima-
Fahrplan des Gebäudes gibt es öffentliche Fördermittel. Bei Neubau muss das Passivhaus zum
verpflichtenden Standard werden, denn die beste Energie ist diejenige, die man gar nicht
erst verbraucht. Für Denkmäler gelten Ausnahmen. Wird die Heizung neu eingebaut oder
getauscht, müssen künftig Anteile erneuerbare Wärmeenergie wie Wärmepumpen, Solarwärme oder
CO2-arme Nahwärme aus einem anliegenden Netz eingesetzt werden. Öffentliche Förderung gibt
es nur ab einem solchen Klimapfad.
Die Potenziale für solare, CO2-freie Wärme werden heute völlig unzureichend genutzt. 2017
wurden nur knapp acht Terawattstunden Solarwärme genutzt. Für eine vollständig erneuerbare
Wärmeversorgung ist mindestens das Zehnfache erforderlich. Doch bisher behindern staatliche
Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe für fossile Heizungen sowie fehlende gesetzliche
Vorgaben für erneuerbare Wärme im Gebäudebestand den zügigen Ausbau der Solarthermie. Der
Einbau von Öl- und Gasheizungen wird noch immer in Millionenhöhe vom Bund gefördert. Diese
klimaschädliche Form des Heizens muss ein Ende haben. Ölheizungen dürfen künftig nicht mehr
eingebaut werden. Zusätzlich wollen wir ein Förderprogramm für den Tausch von Öl- und
Gasheizungen gegen moderne Heizungen mit Sonnenwärme, Wärmepumpe oder Holz auflegen. Ebenso
soll der Einsatz von erneuerbarer Wärme ab sofort verpflichtend werden, wenn eine fossile
Heizung sowieso ausgetauscht wird.
Energetische Quartierssanierung
Wir denken energetische Gebäudesanierung nicht länger nur von Haus zu Haus, sondern in
Zusammenhängen von städtischen Quartieren, Gewerbegebieten, Dörfern oder Siedlungen. Dadurch
stärken wir gemeinschaftliche Versorgungslösungen, die energieeffizienter und günstiger sind
als eine Vielzahl von Einzellösungen.
Nahwärmenetze ermöglichen es, örtlich erzeugte Wärme aufzunehmen, mit Speichern zu
verknüpfen und effizient zu verteilen – insbesondere in dicht bebauten Quartieren. Deshalb
wollen wir sie CO2- und energiesparend ausbauen und stärker fördern, wenn sie zur lokalen
Klimastrategie passen. Wir wollen Wärmenetze dazu für die Einspeisung erneuerbarer Wärme
öffnen, etwa von großflächigen Solarthermieanlagen, hocheffizienten Groß-Wärmepumpen und
Power-to-Heat aus temporären Stromüberschüssen. Das Einspeisen besonders effizienter
Wärmeenergie aus Kraft-Wärme-Kopplung oder bisher ungenutzter Wärmequellen wie Abwärme oder
Abwasserwärme aus der Industrie, Rechenzentren oder Kläranlagen wollen wir fördern. Wir
werden eine Solarpflicht für Photovoltaik auf Neubauten einführen. Für die energetische
Quartierssanierung legen wir ein finanzstarkes Förderprogramm auf, um in Gebieten, in denen
viele Gebäude sanierungsreif sind, die Sanierung zu erhöhen und warmmietenneutrale
Sanierungen für Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen zu ermöglichen.
Mit dem Quartiersprogramm „Gutes Klima im Quartier“ wollen wir der Verdrängung von Menschen
mit geringem Einkommen entgegenwirken und den Zusammenhalt in den Stadtvierteln erhalten.
Aber auch Kommunen sollen darüber unterstützt werden, damit sie gezielt verbindliche
Klimafahrpläne mit passender Wärmeplanung auflegen und zugleich soziale Fördervereinbarungen
mit den Eigentümer*innen für die Modernisierung der Einzelgebäude treffen können.
Mieter*innen und selbstnutzende Eigentümer*innen mit kleinen Einkommen sollen bei Bedarf
einen Sozialplan mit Modernisierung ohne Erhöhung der Warmmieten bzw. für tragbare
Investitionskosten bekommen können. Hierfür gibt es einen Förderbonus zusätzlich zur
heutigen KfW-Förderung.
Ökologisch bauen und wohnen
Die Klimakrise erfordert, dass wir das Leben in unseren Städten neu denken. Von Hitzewellen
sind die Bewohner*innen von Städten besonders betroffen, da Städte heißer werden als das
Umland und, je nach Bebauung, einen zusätzlichen Hitzeinseleffekt haben. Während einer
Hitzewelle kann es hier noch einmal bis zu acht Grad heißer sein als im Umland. In Berlin
könnte so bald ein Klima wie heute im australischen Canberra herrschen.
Deshalb müssen wir beim Städtebau dringend für Kühlung sorgen. Statt Asphaltwüsten und
Hitzeinseln braucht es grüne Oasen in unseren Städten. Wasserflächen, Bäume, Parks, grüne
Dächer und Fassaden wirken wie natürliche Klimaanlagen. In Grünflächen und -dächern kann
Starkregen-Wasser versickern und gespeichert werden. Das kühlt und entlastet die
Kanalisation immens.
Für das Bauen werden in Deutschland jährlich 250 Millionen Tonnen Sand und Kies sowie 230
Millionen Tonnen Naturstein abgebaut. Das geht mit der Zerstörung von Landschaften und
Lebensräumen einher. Gleichzeitig landen 200 Millionen Tonnen größtenteils
wiederverwertbarer Bauabfälle auf Deponien. Um das Recyceln dieser Baustoffe zu fördern,
wollen wir, dass die Länder auf Primärrohstoffe, entsprechend der Ausbeutung von Öl und Gas,
eine Abgabe nehmen können.
Für die Herstellung der Baustoffe selbst wird ein Vielfaches der Energie verbraucht, die das
entstehende Gebäude später pro Jahr benötigt. Deshalb wollen wir bei der Klassifizierung von
Bau- und Dämmstoffen die Umweltauswirkungen und den Energieeinsatz bei der Herstellung
berücksichtigen, die sogenannte graue Energie. Künftig muss der Bund in seinen Gesetzen und
Förderprogrammen statt Styropor und Co. fossilfreie und CO2-speichernde Materialien aus
nachwachsenden Stoffen wie Holz belohnen.
Damit auf den Dächern von Wohn- und Mietshäusern Solaranlagen entstehen und durch Haushalte
oder E-Mobilität genutzt werden können, müssen auch Solaranlagen aus dem Quartier als
Mieterstrom gefördert werden können, ohne Mengenbegrenzungen. Das neue Mieterstromgesetz ist
dafür jedoch ungeeignet – viel zu bürokratisch und unattraktiv. Deshalb wollen wir die
Anmeldung von Mieterstromanlagen und bestehende Beschränkungen vereinfachen. Und schließlich
ist es unser Ziel, dass bei allen bundeseigenen Gebäuden ab einer Nutzfläche von 500
Quadratmetern möglichst Solarthermie und Photovoltaik genutzt werden.
5. Solidarisches Eigentum sichern und erweitern
Deutschland ist Mieter*innenland. Die Wohnungsmärkte – vor allem in unseren großen Städten –
waren lange geprägt von öffentlichen Wohnungsgesellschaften, großen Beständen an
Sozialwohnungen und sozialen Eigentümern wie Genossenschaften. Dieses Modell hat
sichergestellt, dass Mieter*innen vor drastischen Mieterhöhungen geschützt waren und man in
Deutschland keine Immobilie besitzen musste, um auch in Zukunft bezahlbar wohnen zu können.
Ein funktionierender Wohnungsmarkt braucht neben einem hohen Bestand an öffentlichem und
gemeinwohlorientiertem Eigentum aber auch privates, selbstgenutztes Wohneigentum. Wir wollen
die Länder ermächtigen, die Grunderwerbssteuer für große Wohnungsunternehmen wirksam zu
erhöhen, und im Gegenzug die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu
gestalten, sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Wo andere auf finanzmarktgetriebene
Wohnungsmärkte oder auf riesige staatliche Wohnungskonzerne setzen, ist das grüne Leitbild
das gemeinschaftliche und solidarische Eigentum.
Wir wollen Menschen auch und gerade beim Wohnen sowie der Gestaltung ihres Wohnumfelds ein
selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Daher werden wir gemeinwohlorientierte Akteur*innen wie
kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ebenso unterstützen wie den
gemeinschaftlichen Erwerb von Immobilien durch die Mieter*innen. Es sind diese Akteur*innen,
die Vorfahrt auf dem Wohnungsmarkt bekommen sollen. Die Erfahrungen zeigen nicht nur, dass
selbstverwaltete Projekte funktionieren und auch langfristig tragen – wie zum Beispiel das
„Mietshäusersyndikat“ eindrücklich zeigt. Das gemeinsame Agieren für den Stadtteil und die
Gemeinschaft schafft echten Mehrwert sowie ein sozialeres und lebendigeres Umfeld: dauerhaft
bezahlbaren Raum zum Wohnen, vielfältige gemeinschaftlich betriebene Gebäude und nicht
kommerzielle, öffentliche Räume für Stadtteilaktivitäten und Kultur sowie die Erfahrung,
wirklich etwas bewegen zu können.
Wo Anonymität und Vereinsamung zum Problem werden, können gemeinschaftliche Formen des
Wohnens dazu beitragen, dass wieder aktive Nachbarschaften entstehen, in denen Menschen
generationenübergreifend füreinander Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig helfen.
Deswegen werden wir Arten von gemeinschaftlichem Wohneigentum der direkten Bewohner*innen
öffentlich fördern und dafür den nötigen Grund und Boden bereitstellen. Sie sollen
beispielsweise Vorrang bei Konzeptvergaben erhalten. Und der Immobilienerwerb sollte nicht
an der Finanzierung scheitern. Weil große Konzerne jederzeit Zugang zu günstigen Krediten
haben, wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Dafür werden wir verschiedene
Finanzierungsformen wie günstige Kredite von öffentlichen Banken, Garantien und Bürgschaften
prüfen. Außerdem soll das Vorkaufsrecht auf soziale Akteure wie Genossenschaften oder auch
gemeinnützige GmbHs ausgeweitet werden und diese Akteure auch bei der Ausübung des
Vorkaufsrechts unterstützt werden. Hier kommen für uns Mischformen aus öffentlichem und
privatem Eigentum in Betracht. So könnten beispielsweise kommunale oder landeseigene
Wohnungsgesellschaften oder auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein
Teileigentum erwerben. Das verhindert den weiteren Ausverkauf an börsennotierte und
renditeorientierte Kapitalgesellschaften und schafft solidarische Eigentumsformen.
Weiterhin werden wir Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum fördern. So kann der
Zinsvorteil des Staates an junge Familien weitergegeben werden, denen es ermöglicht wird,
Wohneigentum zu erwerben. Um sicher zu stellen, dass günstig gebaut und verkauft wird,
sollte eine öffentliche Ausschreibung für den Bau der Wohnungen erfolgen und sie sollten auf
öffentlichem Bauland in Erbpacht gebaut werden.
Mehr Menschen sollen sich Wohneigentum leisten können. Wir wollen die Grunderwerbssteuer für
große Wohnungsunternehmen wirksam machen und erhöhen, im Gegenzug gleichzeitig den Ländern
ermöglichen, die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu gestalten,
sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Auch die Kosten für die Makler*innen treiben die
Preise in die Höhe. Zum Teil werden mehr als sieben Prozent des Kaufpreises verlangt, was
weit über dem in anderen Ländern üblichen Werten liegt. Daher werden wir das
Bestellerprinzip einführen: Künftig zahlt derjenige die Courtage, der auch die Maklerin
bestellt. In aller Regel ist dies die Verkäufer*in einer Immobilie. Zusätzlich werden wir
die Höhe der Gebühr gesetzlich für die Käufer*in auf maximal zwei Prozent deckeln.
Das Baukindergeld der großen Koalition werden wir abschaffen, weil es einen Mitnahmeeffekt
hat und wir die Mittel effizienter verwenden können. Außerdem werden wir Baugenossenschaften
fördern und die Menschen dabei unterstützen, genossenschaftliches Teileigentum an Wohnungen
zu erwerben. Dafür werden wir zinslose Darlehen und Zuschüsse zur Eigenkapitaleinlage
gewähren. Damit wird auch Menschen geholfen, die sich den vollständigen Kauf einer Immobilie
nicht leisten können.
Schon 1967 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Nutzung von Grund und
Boden nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen
vollständig überlassen werden kann. Demnach sind gerade bei Grund und Boden die Interessen
des Allgemeinwohls höher zu werten als bei anderem Vermögen. Die in Artikel 14 des
Grundgesetzes geregelte Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist aber mehr und mehr
verlorengegangen. Wir wollen sie wieder herstellen. Die Möglichkeit zur Vergesellschaftung
gegen Entschädigung ist in unserer Verfassung ausdrücklich vorgesehen. Wir würden uns
wünschen, dass die Umstände die Kommunen nicht zwingen, dieses letzte Mittel anzuwenden, um
das Sozialstaatsgebot zu erfüllen. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer
sozialen Verantwortung nachzukommen, kann die öffentliche Hand diesen Schritt gehen.
Enteignungen im Einzelfall sind nicht nur im Grundgesetz vorgesehen, sondern erfolgen auch
regelmäßig, etwa wenn eine neue Autobahn gebaut werden soll. Der richtige Umgang mit
Enteignungen ist pragmatisch, nicht ideologisch. Wir wollen Enteignungen nur als letztes
Mittel anwenden, wenn es zu einem groben Missbrauch des Eigentumsrechts kommt. Etwa wenn mit
Bauland spekuliert, wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet (spekulativer Leerstand),
trotz eines ausgesprochenen Baugebots weder gebaut noch verkauft wird oder wenn große
Wohnungsgesellschaften dauerhaft ihren Pflichten nicht nachkommen. Ob eine Enteignung
ökonomisch Sinn macht und das richtige Mittel ist, muss jeweils kommunal entschieden werden
und wird wesentlich von den erwarteten Kosten für die Steuerzahler*innen abhängen.
Antragstext
Von Zeile 163 bis 165 einfügen:
Wohnung. Doch es fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondern es gibt auch zu wenig preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung und damit auch die Wahlfreiheit in Bezug auf den Wohnort ist in Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Menschen mit Behinderung können dieses Wahlrecht aber nur ausüben, wenn barrierefreier und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarer Wohnraum vorhanden und bezahlbar ist. Doch das Thema barrierefreies Wohnen betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung – auch alte und pflegebedürftige Menschen sind auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen. Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte Wohnung. Zählt man die Menschen mit Eingliederungshilfe- und Pflegebedarf dazu, ist der Anteil deulich höher. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, sollten Wohnungsneubauten grundsätzlich barrierefrei sein und barrierefreies Bauen gesetzlich verpflichtend verankert sein. Es braucht innovative Wohnformen und neue Wohnkonzepte, und ausreichend bezahlbaren Wohnraum für deren Umsetzung. Barrieren in Bestandswohnungen müssen nach Möglichkeit reduziert werden. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mitteln aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Wohnen ist eine soziale Frage. Mieten und Kaufpreise haben sich in den letzten Jahren stark
erhöht. Gestiegene Wohnkosten stellen Familien und Menschen bis weit in die Mitte unserer
Gesellschaft hinein vor große Probleme. Bezahlbare Wohnungen mitten in der Stadt, im
gewachsenen Wohnvierteln, in der Nachbarschaft guter Schulen und Kitas werden für Menschen
mit kleinen und mittleren Einkommen unerreichbar. Viele haben Angst davor, ihre Wohnung zu
verlieren oder müssen ihre angestammten Wohnviertel verlassen. Das schlägt einen Spalt in
unsere Gesellschaft. Der soziale Zusammenhalt geht verloren. Wachsende räumliche Barrieren,
zunehmend getrennte Wohnorte und Lebensbereiche von Alten und Jungen, Armen und Reichen,
Familien und Singles verstärken die Spaltung.
Die Mieten in deutschen Großstädten steigen seit Jahren rasant. Allein in Berlin stiegen die
Neuvertragsmieten binnen fünf Jahren um etwa 50 Prozent. In München sind Quadratmeterpreise
von über 20 Euro inzwischen keine Seltenheit mehr. Aber das Problem betrifft schon lange
nicht mehr nur die Metropolen. Auch in Städten wie Lübeck, Potsdam oder Reutlingen haben
immer mehr Menschen Probleme, eine Wohnung zu finden, die sie auch bezahlen können. Noch
extremer ist der Anstieg der Kaufpreise von Immobilien. In den sieben größten deutschen
Städten haben sie sich seit 2010 verdoppelt.
Jede fünfte Mieterin, jeder fünfte Mieter gilt inzwischen als überlastet. Für immer mehr
Unternehmen wird es zu einem Problem, dass ihre Mitarbeiter*innen in der Stadt keine Wohnung
mehr finden. Auch bei vielen kleinen Gewerbetreibenden oder beim jungen, innovativen Start-
Ups werden die Gewinne von steigenden Mieten aufgefressen. Diese Entwicklungen stellen eine
Gefahr für den Frieden und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft dar und verschärfen
die soziale Spaltung.
Besonders betroffen von der Wohnungsnot sind Menschen mit geringerem Einkommen, Familien mit
Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung sowie Migrant*innen. Gerade sie werden
bei der Vergabe von Wohnungen diskriminiert. Oft entscheidet die Tatsache, ob jemand Mayer
oder Haddad heißt, alleinerziehend ist oder nicht darüber, ob die Person zu einer
Wohnungsbesichtigung eingeladen wird. Menschen werden aus ihren angestammten Wohnquartieren
vertrieben, wenn ihre Vermieter*innen die Mieten immer stärker erhöhen. Modernisierungen,
die wir für die Rettung des Klimas dringend brauchen, werden dafür missbraucht, Rendite zu
maximieren. Mieter*innen werden so aus ihren Wohnungen verdrängt und dann durch
besserverdienende Mieter*innen ersetzt. Es steigt auch die Zahl der Wohnungslosen. In einem
reichen Land wie unserem fehlt es inzwischen 650.000 Menschen am Allernötigsten: an der
eigenen Wohnung.
Der Wohnungsmarkt liegt wesentlich in kommunaler Verantwortung. Die Wohnungsbaupolitik ist
überwiegend Ländersache. Probleme sollen da gelöst werden, wo sie entstehen. Mit
Öffnungsklauseln im Miet- und Baurecht sowie im Wohnungswirtschaftsrecht für Länder und
Kommunen wollen wir berücksichtigen, dass sich die Lebensverhältnisse und die Wohnsituation
in Deutschland stark unterscheiden.
Es gibt aber auch ganz andere Problemlagen. In Deutschland gibt es zahlreiche Regionen mit
schrumpfender Bevölkerung, Wohnungsleerstand und Herausforderungen durch einen raschen
demographischen Wandel. Dieses Problem werden wir aber weniger mit wohnungspolitischen,
sondern vielmehr eher mit regionalen, strukturpolitischen Instrumenten lösen.
Die Ursachen für die Wohnungskrise sind vielfältig. Es gibt hunderttausende private
Vermieter*innen, die eine Mietwohnung oder ein Miethaus zur Altersvorsorge erworben haben,
und dabei häufig auf maximale Rendite verzichten. Und es gibt sehr gute und sozial
verantwortliche Wohnungsunternehmen in Deutschland, die mit ihrem Bestand stabilisierend auf
den Wohnungsmarkt wirken. Doch es fehlt schlicht an genügend Wohnraum. Der Wohnungsneubau
wurde in Deutschland seit vielen Jahren massiv vernachlässigt. Nach unterschiedlichen
Schätzungen liegt der Bedarf an Neubau in Deutschland bei 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro
Jahr. Diese Zahl wäre mindestens nötig, damit sich die Situation zumindest nicht weiter
verschärft. Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr aber nur 285.000 Wohnungen gebaut. Wenn
wir jetzt keine Bauoffensive starten, werden sich die Mietsteigerungen der letzten Jahre
auch in Zukunft fortsetzen und wird sich die Krise immer weiter zuspitzen.
„Bauen, Bauen, Bauen“ reicht jedoch allein nicht aus. Es kommt entscheidend darauf an, was,
wo, wie und für wen gebaut wird. Mit Luxus-Apartments ist weder der jungen Familie noch dem
alleinerziehenden Krankenpfleger geholfen.
Ursache des Fehlens von preisgünstigem Wohnraum ist der Rückzug der öffentlichen Hand aus
dem sozialen Wohnungsbau. Die Folgen spüren wir heute: Von damals 3,6 Millionen
Sozialwohnungen sind heute weniger als 1,2 Millionen übrig. Es sind diese Fehler der
Vergangenheit, die sich heute rächen. Eine Studie gibt den bundesweiten Bedarf an günstigen
Sozialmietwohnungen mit 1,6 Millionen an. Überteuerte Modernisierungen oder die Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen treiben die Entwicklung weiter an.
Verschärft wird die Situation durch Finanzspekulationen. Sie nutzen gezielt bestehende
Lücken in den Steuergesetzen, um Gewinne am Allgemeinwohl vorbei zu schleusen und
missbrauchen das Mietrecht zur Renditemaximierung. Der Wohnungsmarkt droht in einigen
Großstädten bereits zum Finanzmarkt zu werden. Doch Wohnen ist keine Ware, sondern ein
soziales Recht. Was gebaut wird, muss lebenswert und nachhaltig sein. Gutes Wohnen bedeutet
auch Ruhe und gesunde Luft – Wohnen soll nicht krank machen. Quartiere mit einem geballten
sozialen Wohnraum, wie in Großstädten seit den 1960er Jahren entstanden, sind nicht
nachhaltig. Andererseits wirkt so manches Quartier wie ausgestorben anstatt quirlig und
lebendig: leere Zweitwohnungen, kaum Menschen auf der Straße. Wir wollen stattdessen sozial
gemischte, grüne und ästhetisch ansprechende Quartiere erhalten und neu schaffen, in denen
auch altersgerechtes Leben und barrierefreien Wohnen möglich sind.
Auch der Klimawandel stellt uns in der Wohnfrage vor neue Herausforderungen. Besonders dicht
bebaute innerstädtische Quartiere heizen sich im Sommer besonders stark auf. Wir müssen
verhindern, dass sich unsere Innenstädte für kranke oder alte Menschen im Zuge der
fortschreitenden Erderhitzung zu Zonen entwickeln, in denen sie weder schlafen noch sich im
Freien aufhalten können. Deswegen werden grüne Lungen für unsere Städte immer wichtiger. Wir
wollen die Anzahl von Bäumen in Städten drastisch erhöhen, um Schatten und Sauerstoff in die
Stadt zu bringen sowie die Wasseraufnahme zu verbessern. Außerdem wollen wir die Dächer und
Fassaden nutzen, um Natur in die Stadt zu bringen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Wohnen ein Grundrecht. Wir wollen es als einen Bestandteil von
neuen sozialen Grundrechten in unser Grundgesetz aufnehmen.
Mit dem vorliegenden wohnungspolitischen Programm buchstabieren wir aus, mit welchen
Maßnahmen wir dieses Grundrecht auf Wohnen einlösen können.
1. Neuen Wohnraum schaffen – sozial und gemeinwohlorientiert
Beim sozialen Wohnungsbau stehen wir vor einer Herkulesaufgabe. Wir müssen die Fehler und
Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre innerhalb eines Zeitraums von fünf bis zehn Jahren
korrigieren. Schon seit den 1990er Jahren haben sich viele Kommunen mehr und mehr aus dem
Wohnungsmarkt zurückgezogen. In Folge eines Skandals bei dem Gemeinnützigen
Wohnungsunternehmen „Neuen Heimat“ entschied sich die damalige schwarz-gelbe
Bundesregierung, die Wohngemeinnützigkeit in Deutschland insgesamt abzuschaffen, statt sie
zu reformieren. Anstatt Transparenz herzustellen und gegen Korruption entschlossen
vorzugehen zog sich die Politik weitgehend aus dem Wohnungsmarkt zurück und überließ ihn dem
freien Spiel des Marktes.
Die vom Bund in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen reichen angesichts der
Herausforderung hinten und vorne nicht. Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsbau: 2020 wird
der Bund seine Mittel um ein Drittel auf nur noch eine Milliarde Euro kürzen. Und das,
obwohl seit Jahren zwischen 40.000 und 60.000 Sozialwohnungen pro Jahr verloren gehen. Der
Bedarf liegt aber mindestens bei 80.000 zusätzlichen Sozialwohnungen jährlich.
Den geringen Ausgaben des Bundes für den Wohnungsbau stehen Aufwendungen für Kosten der
Unterkunft und Wohngeld in Höhe von 17 Milliarden Euro gegenüber. Anstatt Wohnraum zu
schaffen, alimentieren wir die teuren Mieten der privaten Eigentümer*innen für diejenigen,
die sich das Wohnen nicht mehr leisten können. So subventionieren wir mit Steuergeldern
letztlich die Gewinne von Vermieter*innen und Wohnungskonzernen. Neue Wohnungen entstehen so
nicht.
Wir wollen deswegen eine Kehrtwende in der deutschen Wohnungspolitik. Wir wollen neuen
Wohnraum schaffen – und zwar vor allem öffentlich und gemeinwohlorientiert.
Gemeinnützig Bauen und Wohnen
Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen wieder deutlich erhöht und verstetigt werden.
Dafür müssen bestehende kommunale Wohnungsgesellschaften gestärkt werden und es braucht eine
Gründungsoffensive für neue Gesellschaften. Dabei wollen wir die Kommunen dabei umfassend
unterstützen. Genauso stehen wir an der Seite der Zivilgesellschaft und unterstützen das
Aktionsbündnis „Wohnen ist Menschenrecht“.
Wir werden eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Insgesamt wollen wir in den nächsten
zehn Jahren den Bestand an dauerhaft gebundenen Sozialwohnungen um mindestens eine Million
erhöhen. Dafür setzen wir auf Neubau, aber auch auf Zukauf von bestehenden Wohnungen.
Entsprechend braucht es ein öffentliches Investitionsprogramm des Bundes von zusätzlich drei
Milliarden Euro jährlich. Wir finanzieren das teilweise durch die Abschaffung von unsinnigen
Subventionen wie dem Baukindergeld.
Für die Wohngemeinnützigkeit soll das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Güter“
gelten. Vermieter*innen, die sich dazu verpflichten, dauerhaft an Menschen mit geringerem
Einkommen und zu günstigen Mieten zu vermieten, erhalten eine öffentliche Förderung. Die
Wohngemeinnützigkeit steht allen Akteur*innen offen: der kommunalen Wohnungsgesellschaft,
der Genossenschaft, aber auch dem privaten Wohnungsunternehmen und der privaten
Kleinvermieter*in. Wir gewähren einen Investitionszuschuss von bis zu 20 Prozent der
Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der Erwerb wird von der Grunderwerbsteuer befreit.
Außerdem werden die Gewinne von der Ertragsbesteuerung befreit. Im Gegenzug und zur
Finanzierung schaffen wir die Gewerbesteuerbefreiung für nicht gemeinnützige
Wohnungsgesellschaften ab. Wir konzentrieren die Förderung auf die angespannten
Wohnungsmärkte und beenden so die Gießkannenpolitik der Bundesregierung. Um den dauerhaften
Erhalt der Sozialwohnungen doppelt abzusichern, setzen wir zusätzlich auf öffentliches
Eigentum an Grund und Boden und setzen das Erbbaurecht ein.
Im sozialen Wohnungsbau früherer Jahre wurden viele Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern
wollen wir lernen. Wir werden für ein ausgewogenes Verhältnis von Sozialwohnungen,
Genossenschaften, Wohnprojekten, privatem Mietwohnungsbau und selbstgenutztem Wohneigentum
Sorge tragen, um soziale Segregation zu verhindern. Unser Ziel sind vielfältige gemischte
Quartiere, wo Menschen mit geringem und Menschen mit hohem Einkommen Nachbar*innen sein
können. Bei neuen Baugenehmigungen sollen immer auch Vorgaben für eine verbindliche Quote an
Sozialwohnungen erfolgen, wie dies bereits in zahlreichen Städten üblich ist. Wir wollen
bezahlbaren Wohnraum auch für mehr Menschen zur Verfügung stellen, wir wollen die
Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen erhöhen und eine neue Kategorie für Menschen schaffen,
deren Einkommen die Einkommensgrenzen um nicht mehr als 50 Prozent übersteigt. Bei diesen
Sozialwohnungen gelten dann entsprechend weniger strenge Kriterien bei der Miethöhe und es
wird eine Teilförderung gewährt.
Unser langfristiges Vorbild bei der Sozialwohnungspolitik ist die Stadt Wien mit ihrem
großen Anteil gemeinnütziger Wohnungen, die für jeden attraktiv sind. In einer Sozialwohnung
zu wohnen wird dort nicht gleichgesetzt mit Armut, weil die Mehrheit der Wienerinnen und
Wiener in Sozialwohnungen lebt. Menschen, deren Einkommen über die Einkommensgrenzen
hinauswächst, werden deswegen nicht zum Umzug gezwungen, aber für sie soll eine
einkommensabhängige Fehlbelegungsabgabe eingeführt werden, deren Einnahmen für den Bau neuer
Sozialwohnungen verwendet wird.
Wir werden für die Wohngemeinnützigkeit eine unabhängige Aufsicht schaffen, welche die
Einhaltung der Kriterien kontrolliert. Zu Unrecht bezogene Fördergelder werden
zurückgefordert und Verstöße auch mit Bußgeldern belegt. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen
müssen vollständig transparent wirtschaften. Unser Leitbild ist nicht der große, zentral
verwaltete staatliche Wohnungskonzern, sondern dezentral verwaltete und selbstbestimmte
Wohnprojekte und überschaubare Wohnungsunternehmen. Deshalb werden wir eine
Mietermitbestimmung einführen, so dass die Menschen, die in den Wohnungen leben, ein
Mitspracherecht und Einfluss auf wichtige Entscheidungen erhalten.
Barrierefreies Wohnen in jedem Alter
Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte
Wohnung. Doch es fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondern es gibt auch zu wenig
preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung und damit auch die Wahlfreiheit in Bezug auf den Wohnort ist in Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Menschen mit Behinderung können dieses Wahlrecht aber nur ausüben, wenn barrierefreier und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarer Wohnraum vorhanden und bezahlbar ist. Doch das Thema barrierefreies Wohnen betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung – auch alte und pflegebedürftige Menschen sind auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen. Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte Wohnung. Zählt man die Menschen mit Eingliederungshilfe- und Pflegebedarf dazu, ist der Anteil deulich höher. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, sollten Wohnungsneubauten grundsätzlich barrierefrei sein und barrierefreies Bauen gesetzlich verpflichtend verankert sein. Es braucht innovative Wohnformen und neue Wohnkonzepte, und ausreichend bezahlbaren Wohnraum für deren Umsetzung. Barrieren in Bestandswohnungen müssen nach Möglichkeit reduziert werden. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-
Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mitteln aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und
Dörfer ergänzen.
Verdichten, aber nicht Erdrücken
Boden ist ein begrenztes Gut. Wir müssen Bauland schaffen und gleichzeitig den Flächenfraß
reduzieren. Was wie ein Widerspruch klingt, muss durch eine innovative Bauflächenoffensive
aufgelöst werden, die behutsam verdichtet und höher baut, dafür aber die Stadt konsequent
begrünt.
Besonders in unseren Städten erleben wir vielfältige Nutzungskonflikte. Was hat Vorrang?
Parkplatz oder Spielplatz? Wohnung oder Einkaufszentrum? Solche Fragen werden in Kommunen
täglich diskutiert und sind heißt umkämpft. Um mehr Wohnraum in Städten zu schaffen wollen
wir nachverdichten. Bestehende Gebäude sollen aufgestockt werden, um Flächen zu sparen.
Etwa, indem Wohnungen über dem Supermarkt entstehen oder indem Stockwerke hinzukommen, wo
dies sinnvoll ist. Wir erleichtern die behutsame Nachverdichtung durch Dachausbauten
finanziell. Die Möglichkeit zur Aufstockung von einstöckigen Gewerbeimmobilien mit Wohnungen
soll im Baurecht verankert werden. Statt einer Sonderabschreibung, welche die Preise weiter
in die Höhe treibt, wollen wir eine Investitionszulage im Rahmen einer „Grünen
Bauflächenoffensive“ schaffen. Wir fördern damit finanziell die Dachaufstockung mit
Wohnungen sowie das Aktivieren von Brachen – davon gibt es im Umland vielerorts noch viel.
In Deutschland stehen etwa zwei Millionen Wohnungen leer. Wir fördern die Wiederbelebung
leerstehender Häuser und Wohnungen finanziell mit der grünen Bauflächenoffensive. Vielerorts
lässt sich so Naturverlust und Flächenversiegelung an Ortsrändern und im Umland verhindern
und vorhandene Häuser und Grundstücke in den Ortskernen wieder beleben. Das schafft und
sichert Werte, statt Natur und das Klima zu zerstören und Ortskerne auszuhöhlen.
Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen bei der Planung beteiligt werden. Mangelnde
Beteiligung führt zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Bauverzögerungen und oft
entstehen so wenig lebenswerte Quartiere. Deswegen stehen wir für moderne
Beteiligungsprozesse im Rahmen einer zu verwirklichenden Baukultur. Wir wollen
Beteiligungsprozesse organisieren, in denen Menschen frühzeitig mitentscheiden können, was
gebaut, aber nicht verhindern können, dass gebaut wird.
Viele bestehende Bebauungspläne sind veraltet und entsprechen nicht mehr den modernen
Anforderungen. Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen, sie im Sinne einer vertikalen
Siedlungsentwicklung anzupassen, so dass höher gebaut werden kann und Natur in der Stadt und
Umland geschont und bereits versiegelte Flächen besser genutzt werden.
Bisher ungenutzte Brachen, die eine ökologische Funktion haben, sollten wir schon aus
Klimaschutzgründen nicht vollständig bebauen, sondern auch für neue grüne Lungen,
Erholungsgebiete und soziale Begegnungsräume nutzen. Ziel der Innenentwicklung ist auch,
neue öffentliche Räume zu erschließen und unsere Städte lebenswerter zu gestalten.
Soviel, wie neu gebaut wird, so viel an neuem Grün wollen wir schaffen – auch und vor allem
auf Dächern und Fassaden, die heute dafür weitgehend ungenutzt bleiben. So wollen wir das
Stadtgrün schützen und erweitern, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes und als
Anpassungsmaßnahme an die Klimakrise, sondern auch, weil es für die Lebensqualität in den
Städten, gerade für Menschen ohne Zugang zu Gärten und Freiflächen, von hoher Bedeutung ist.
Wir setzen auf die Senkung der Flächeninanspruchnahme auf maximal 30 Hektar pro Tag.
Spätestens ab 2030 wollen wir erreichen, dass für jede neue Versiegelung von Fläche eine
gleich große, nicht mehr benötigte Siedlungsfläche renaturiert wird.
Im ländlichen Raum stellt sich das Problem oft umgekehrt dar. Es gibt Leerstand und Dörfer
mit Einwohnerschwund. Gut ausgebaute ÖPNV-Verbindungen sind nicht nur eine klimafreundliche
Verkehrsalternative, sondern auch ein Mittel gegen Wohnungsnot, wenn so der ländliche Raum
mit attraktiven Reisezeiten an die Ballungszentren angeschlossen und angebunden wird.
Der Baulandspekulation den Boden entziehen
Der stärkste Kostentreiber beim Wohnen sind Grundstücks- und Baulandpreise. Die Preise für
Bauland sind seit 2010 um über 60 Prozent gestiegen, in den Großstädten noch deutlich
stärker. Mit 870 Prozent Bodenwertsteigerung in weniger als zehn Jahren musste Berlin den
größten Anstieg weltweit verkraften. Grund und Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden und
die explodierenden Bodenpreise schlagen auf die Immobilienpreise und Mieten durch. Wenn
davon gesprochen wird, dass günstiges Bauen kaum mehr möglich ist, liegt dies zuvorderst an
den inzwischen für sehr viele Menschen unbezahlbaren Grundstückspreisen. Aber Boden ist ein
Allgemeingut, unvermehrbar, unentbehrlich und sozial gebunden.
In Deutschland hat die öffentliche Hand viele ihrer Grundstücke verkauft. Die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben (BImA) hat ihre Grundstücke lange Zeit meistbietend versteigert und
wurde damit selbst zu einem Treiber der Spekulation. Eine Bodenvorratspolitik, die Vorsorge
für die Zukunft betreibt, haben deutsche Städte und Gemeinden fast nirgends gemacht. Daraus
resultiert, dass die wertvollen Baugrundstücke in unseren Städten heute größtenteils in
privater Hand sind und die Kommunen horrende Preise zahlen müssten, um sie zurück zu kaufen.
Wir wollen Kommunen dabei unterstützen, wieder eine aktive Bodenpolitik zu betreiben und
verstärkt Grund und Boden für öffentliche Aufgaben wie gemeinnützigen Wohnungsbau zu
erwerben. Der Bund muss das durch eine langfristige gemeinwohlorientierte Bodenpolitik
unterstützen.
Die noch vorhandenen bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investoren
veräußert, sondern verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben
werden. An private Investor*innen sollte hingegen nur noch Erbbaurechte vergeben werden,
damit die Flächen nach Ablauf einer Frist an die öffentliche Hand zurückfallen. Heute laufen
Sozialbindungen nach 15 bis 30 Jahren aus. Über die Vergabe im Erbbaurecht können wir
vertraglich sicherstellen, dass künftig Sozialwohnungen dauerhaft erhalten bleiben. Wir
werden die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu einem Gemeinnützigen
Bundesbodenfonds weiter entwickeln. Der Bundesbodenfonds soll für gemeinwohlorientiere und
öffentliche Akteure des Wohnungsbaus Grundstücke ankaufen und diesen Akteuren Grundstücke
übertragen bzw. verpachten.
Viele Investor*innen sind im Besitz von Bauland, spekulieren aber lieber auf steigende
Bodenpreise als zu bauen. Das kommunale Bau- und Planungsrecht sieht heute schon eine
Baupflicht (Baugebot) vor. Wird nicht gebaut, kann in letzter Konsequenz eine Enteignung
gegen Entschädigung stehen. Das Bundesverfassungsgericht sieht gerade bei Grund und Boden
eine besondere und weitgehend soziale Verpflichtung des Eigentums. Wer der Aufforderung zu
bauen nicht nachkommt, kann zum Verkauf gezwungen beziehungsweise gegen Entschädigung
enteignet werden. Wir unterstützen die Kommunen, die von dieser Möglichkeit bei besonders
angespannten Wohnungsmärkten Gebrauch machen. Bei solchen Lagen sollen Kommunen das Baugebot
nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern für bestimmte Gebiete aussprechen können. Falls
dem Baugebot nicht entsprochen wird und die öffentliche Hand daraufhin als ultima ratio
enteignet, sollte die Entschädigung einem realistischen Ertragswert entsprechen. Länder
sollen in die Lage versetzt werden, durch eine erhöhte Grundsteuer für unbebaute Grundstücke
einen Anreiz zum Bauen zu schaffen. Ebenso sollen alle Länder über ihre Bauordnungen die
Gültigkeit von Baugenehmigungen zeitlich befristen können, um die Spekulation mit Baurechten
zu unterbinden.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die Rechte von Mieterinnen und Mietern zu stärken.
Vorbildcharakter hat für uns die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer*innen. Durch
sie ist sichergestellt, dass nicht nur die Eigentümer*innen eines Unternehmens, sondern auch
die dort beschäftigen Arbeitnehmer*innen einen Einfluss auf die Entscheidungen haben, die
sie direkt betreffen. Wir wollen dieses Prinzip vom Arbeitsverhältnis auf das Mietverhältnis
übertragen. Unser Ziel ist, der Gemeinschaft der Mieter*innen Mitbestimmungsrechte zu
einzuräumen, etwa wenn es um Umbauten oder Modernisierungen geht. Wir wollen so eine echte
Mietermitbestimmung entwickeln, um die Gemeinwohlorientierung des Eigentums auch auf dem
Wohnungsmarkt durchzusetzen. Diese Mietermitbestimmung soll – analog zur
Arbeitnehmermitbestimmung – für Wohnungsgesellschaften ab einer bestimmten Größe gelten.
Die Preise für Grund und Boden steigen nicht, weil die Eigentümer*innen die Qualität des
Bodens verbessern, sondern wegen der Lage, also einer Umgebung mit öffentlicher
Infrastruktur, attraktiven Arbeitsplätzen, Kultureinrichtungen oder Universitäten. Aufgrund
dieser Faktoren werden bestimmte Gegenden beliebter und stärker nachgefragt. Die Ernte
dieser Leistungen anderer sollte nicht über eine Bodenrente privatisiert werden. Für die
Eigentümer*in stellen sie einen leistungslosen Vermögenszuwachs dar. Im Planungsrecht gibt
es bereits Instrumente, solche windfall profits, also Wertsteigerung von privatem Grund und
Boden, durch einen kommunalen Bebauungsplan zu berücksichtigen.Wir wollen es für Kommunen
ermöglichen, planungsbedingte Wertsteigerungen teilweise abzuschöpfen und für kommunale
Infrastrukturen, soziales Wohnen und Umwelt einzusetzen.
Mit dem Vorkaufsrecht solidarisches Eigentum begründen
Das im Baurecht verankerte Vorkaufsrecht der Kommunen für Wohnungen und Bauland stellt für
uns ein wichtiges Instrument dar, um das Ziel von mehr öffentlichem und solidarischem
Eigentum zu verwirklichen. Es wird aber viel zu selten genutzt. Daher braucht es eine aktive
Ankaufstrategie. Akteure wie zum Beispiel Genossenschaften oder Stiftungen, die
gemeinwohlorientiert agieren, können die kommunale öffentliche Strategie ergänzen. Das
kommunale Vorkaufsrecht soll auf alle Gebiete der Stadt ausgeweitet werden. Die
Ausübungsfrist von zwei Monaten soll auch bei Share Deals und Zwangsversteigerungen gelten.
Um die kommunalen Bauämter zu unterstützen, wollen wir beim Bund (BBSR) eine
Rechtberatungsstelle einrichten und diese darin unterstützen, mit Online-Katastern eine
Übersicht über brachliegende und verfallende Grundstücke zu schaffen. Oft haben Kommunen
oder Genossenschaften Schwierigkeiten, den Ankauf zu finanzieren. Deswegen wollen wir
Allianzen zur Ausübung des Vorkaufsrechts unterstützen. Beispielsweise könnte die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein Teileigentum des Bundes begründen, sich so
am Kauf beteiligen und damit der Kommune den Ankauf ermöglichen. Genossenschaften und andere
gemeinwohlorientierte Erwerber*innen könnten eine Förderung durch günstige Kredite oder
Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, um die Finanzierung zu ermöglichen.
Nachhaltig und digital bauen – und damit Kosten sparen
Mit einer Innovationsoffensive für die besten Klima-Investitionen in Gebäude und Wohnungen
unterstützen wir selbstnutzende Eigentümerinnen, Vermieter sowie Mieter*innen. Wir helfen
ihnen, zu tragbaren Kosten Zukunft zu gestalten und Klimaschutzmaßnahmen gemäß der Ziele von
Paris umzusetzen. Dafür stellen wir im Aktionsplan „Faire Wärme“ sieben Milliarden Euro im
Jahr für Planung, Investitionen und bezahlbaren Wohnraum und für ressourcenschonendes Bauen,
zum Beispiel durch modularen Holzbau, bereit. Hemmnisse im Baurecht für serielles und
modulares Bauen wollen wir in der Musterbauordnung reduzieren und so Kostensenkungen
ermöglichen. Wir schaffen ein Gebäuderessourcengesetz, das die ganzheitliche
Lebenszyklusbetrachtung für ein Gebäude in den Blick nimmt.
Damit die erheblichen Investitionen für Neubau sowie klima- und altersgerechten Umbau
überhaupt geleistet werden können, wollen wir die Innovationskraft und Produktivität im
Bauwesen stärken. In Ländern wie China, Dubai und den Niederlanden wird bereits mit dem
Einsatz von 3D-Druckern beim Bau experimentiert. Wir wollen die Forschung auf diesem Gebiet
unterstützen und Pilotprojekte auch in Deutschland fördern.
Der nachwachsende Baustoff Holz bietet gleich mehrfach Potenzial für eine höhere
Produktivität durch digitale Unterstützung: Er speichert CO2 und schützt damit das Klima.
Ganze Gebäudeteile lassen sich im Werk mit digitaler Technik vorfertigen und auf der
Baustelle rasch und damit kostengünstig aufbauen. Holz ist leichter als Stahl und Beton und
damit statisch für Dachausbauten gut geeignet. Building Information Models (BIM), also
digitale Abbilder der Neubauten, haben das Potenzial, das Bauen zu erleichtern: Die
Schnittstellen zwischen den einzelnen Baugewerken werden sicht- und damit definierbar, das
macht heute Abstimmungen und Kosten transparenter und erleichtert später Modernisierung und
Instandsetzung sowie Recycling. Mit einem Marktanreizprogramm für das Bauen mit
nachwachsenden Baustoffen regen wir den verstärkten Einsatz von Holz aus nachhaltigen
Quellen als Baustoff an. Die Kapazität nachwachsender Baustoffe als CO2-Speicher wollen wir
im Gebäudeenergiegesetz honorieren und als Beitrag zum klimaneutralen Gebäudebestand auch
anrechnen.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für ressourcenschonende Infrastrukturen und
lebenswerte Städte genutzt und im Sinne der Bürger*innen und des Gemeinwohls eingesetzt
werden. Der Schutz vor Risiken, etwa bei der Datensicherheit und kritischen Infrastrukturen,
muss dabei immer berücksichtigt werden. Dies ist eine primäre öffentliche Aufgabe. Schon
heute geben Städte und Gemeinden wertvolle IT-Infrastrukturen aus der Hand. Städte und
Gemeinden müssen durch ein Bundesprogramm mehr Mittel an die Hand bekommen, um ihre
Verwaltung, das Management der Energiekreisläufe sowie die Infrastrukturen digital zu
ertüchtigen.
Wohnraum nutzen – Leerstand und Fehlnutzung verhindern
Nicht immer fehlt Wohnraum: Manchmal ist er vorhanden, wird aber nicht oder falsch genutzt.
Wir wollen gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum vorgehen. In
beliebten Großstädten verschwindet Wohnraum auch dadurch, dass er als Ferienwohnung genutzt
und so für dauerhafte Bewohner*innen unzugänglich wird. Nicht selten findet man in den
beliebten Lagen von Städten wie Berlin und Hamburg viele Inserate bei Airbnb und Co., aber
kaum Mietwohnungsangebote mehr. Wir unterstützen die Kommunen dabei, gegen Zweckentfremdung
und Fehlnutzungen vorzugehen und diese zu verbieten. Die Verfolgung muss verbessert und die
Bußgelder müssen erhöht werden. Die EU-Kommission steht in der Pflicht, die Länder und
Kommunen bei der Schaffung von verbindlichen Auskunftspflichten von Online-Plattformen zu
unterstützen.
Seit 1987 ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner*in um über ein Drittel
gestiegen. Der Grund dafür ist oft, dass immer mehr Menschen in Wohnungen leben, die für sie
zu groß geworden sind. Paare etwa, die nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, wenn die
Kinder aus dem Haus sind, oder Menschen, die nach einer Trennung oder dem Versterben der
Partner*in in ihrer Wohnung verbleiben. Ein Umzug kommt für sie oft aus Kostengründen nicht
in Betracht, weil sie dann einen älteren und sehr günstigen Mietvertrag verlieren würden.
Und eine neue Wohnung wäre nicht nur kleiner, sondern voraussichtlich auch noch teurer.
Oftmals ist das auch der Grund, weshalb Menschen ihre Wohnung nicht aufgeben, wenn sie eine
andere, weiter entfernte Arbeit antreten. Die weiten Arbeitswege verschärfen wiederrum
zusätzlich die Verkehrsprobleme in unseren Städten. Diese Probleme wollen wir angehen, indem
wir den Mieter*innen ein Recht geben, ihre bestehenden Mietverträge untereinander zu
tauschen. So können alleinstehende ältere Menschen ihre als zu groß empfundene Wohnung mit
der jungen Familie tauschen, die dringend mehr Platz benötigt. Und das ohne steigende
Kosten, weil sie einfach in den Mietvertrag der Anderen als neue Mietpartei einsteigen.
Bisher wird dies nur innerhalb von Wohnungsgesellschaften und auf freiwilliger Basis
praktiziert. Wir werden dafür einen allgemeinen Rechtsanspruch einführen. Er soll zunächst
nur für Wohnungsgesellschaften gelten, private Kleinvermieter*innen bleiben davon
ausgenommen. Außerdem werden wir der Vermieter*in ein Recht einräumen, aus guten Gründen der
Übertragung des Mietvertrags zu widersprechen, etwa wenn die neuen Mieter*innen nicht über
das Einkommen verfügen, um die Miete zahlen zu können. Zusätzlich wollen wir den Umzug in
solchen Fällen finanziell fördern.Kommunen und Baubranche für mehr Wohnungsneubau stärken
Das in den Bereichen Bau und Planung tätige Personal in den Kommunen ist seit 1991 um 35
Prozent zurückgegangen. In den mit Baufragen befassten Stellen arbeitete 2010 bereits ein
gutes Drittel der Beschäftigten weniger, bis 2015 waren es noch einmal zehn Prozent weniger
Beschäftigte als zuvor. Und heute sind es diese wenigen Beschäftigten, die den aufgelaufenen
kommunalen Investitionsstau bei maroden Schulen und Brücken lösen und zusätzlich
Wohnungsneubau und Klimaschutz organisieren sollen.
Ganz ähnlich sieht es in der privaten Bauwirtschaft aus: Trotz Einstellungen in den
vergangenen Jahren arbeiten heute in der Bauwirtschaft fast 800.000 Menschen weniger als
noch Mitte der 1990er Jahre. Wenn wir beim Bauen wieder aufholen wollen, muss sich das
schnell ändern.
Denn in dieser schwierigen Situation brauchen wir die Kommunen bei der Planung und beim Bau
mehr als je zuvor. Die Steuerung der Bautätigkeit, des Klimaschutzes in Stadtvierteln und in
Gebäuden sehen wir als kommunale Aufgabe. Daher wollen wir den Kommunen das Planen und
Steuern erleichtern durch planbare, verlässliche Investitionshilfen, finanzielle Entlastung
der Kommunen sowie leichtere Planungsinstrumente im Baurecht für dringende Belange:
Vorkaufsrechte, Klimamodernisierung oder Neubauplanung im Ortskern. Wir stärken die Kommunen
und sorgen für planbare und verlässliche Investitionshilfen, und zwar mit dem „Aktionsplan
Faire Wärme“, der Bauflächenoffensive, einem Bundesprogramm für grüne Infrastrukturen und
der Neuen Wohngemeinnützigkeit. So können Kommunen wieder eigenes Planungspersonal
einstellen, ihre Wohnungsämter und Grünflächenämter stärken und bei Bedarf
Wohnungsunternehmen gründen, und zwar mit demokratisch legitimierter Planung in kommunaler
Hand, nicht durch Finanzinvestoren. Überschuldete Kommunen wollen wir durch Altschuldenhilfe
und Entlastung bei den Sozialkosten wieder auf die Füße helfen.
Wir wollen es Kommunen ermöglichen, mit machbarem Aufwand Bauland für öffentliche und
private Investitionen zu aktivieren, und gleichzeitig grüne Freiräume, Mobilität, Schulen
und Sozialwohnungen einzuplanen. Dazu geben wir ihnen da, wo Wohnraummangel und Belange der
Stadtentwicklung es erfordern, die Möglichkeit, ein „Innenentwicklungsgebiet“ festzulegen.
Darin können sie Baulücken, Brachflächen und andere Flächen zügig einer baulichen Nutzung
oder Freiraumnutzung zuführen, auch auf Flächen, die nach dem Grundsatz des „Einfügens in
die Umgebung“ (§34 Baugesetzbuch) bebaut werden können. Damit erleichtern wir kommunale
Vorkaufsrechte erheblich. So können die Kommunen zum Beispiel im Umland der Ballungszentren
und Metropolen Baupotenziale in den Ortskernen erschließen, bevor sie Bauland auf der grünen
Wiese entwickeln. Die Erschließung durch Stadtbahnen und Radschnellwege ist genauso wie die
durch Pflegedienste, Jugendzentren und Kitas einfacher in kompakteren Orten.
Früher waren öffentliche Bauinvestitionen häufig von der Kassenlage abhängig. Fehlte es an
Steuereinnahmen, wurde auch nicht mehr gebaut. Damit war es für die private Bauwirtschaft
nie sicher, ob die aktuelle Auftragslage auch in Zukunft Bestand haben würde. In dieser
Situation erhöhen Unternehmen eher die Preise, als dass sie ihre Kapazitäten ausweiten.
Durch die Erhöhung und Verstetigung der Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau und für
Klimaschutz in Gebäuden wollen wir das ändern und geben dem Baugewerbe das Signal, dass es
sich lohnt zu investieren und neue Beschäftigte einzustellen. Die Bauwirtschaft verzeichnet
kaum Produktivitätszuwachse. Sie ist im Branchenvergleich bei der Produktivitätsentwicklung
immer noch unter den Schlusslichtern zu finden. Firmen finden angesichts des Baubooms kaum
noch Mitarbeiter*innen und Fachkräfte. Wir werden alles tun, um die Bauwirtschaft dabei zu
unterstützen, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Dafür braucht es ein modernes
Einwanderungsrecht, das die bestehenden Regelungen liberalisiert, systematisiert und
vereinfacht. Für Asylsuchende und Geduldete, die sich bereits in Deutschland befinden,
wollen wir einen Zugang in Ausbildung, Studium und Erwerbstätigkeit schaffen.
2. Faire Mieten: Mieter*innenrechte verbessern
Wir wissen, dass vielerorts heute bereits so viele Wohnungen fehlen, dass man mittels Neubau
nicht zu schnellen Erfolgen kommen kann. Im Gegenteil wird es viele Jahre dauern, bis wir in
den Großstädten wirklich ausreichenden Wohnraum geschaffen haben. Daher braucht es für
Kommunen über die bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen hinaus eine Möglichkeit, Mieten
zu begrenzen. Eine spürbare Begrenzung des Mietsanstiegs ist gleichzeitig das wirksamste
Instrument, um die Ertragswerte von Immobilien zu begrenzen und dämpfend auf die
Preisentwicklung einzuwirken.
Die große Koalition hat im Jahr 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Gebremst hat
sie allerdings kaum. Zu viele Ausnahmen durchlöchern ihre Wirksamkeit. Mit der Durchsetzung
werden die Mieter*innen allein gelassen. Es liegt an ihnen, gegen ihre neue Vermieter*in zu
klagen. Viele tun das nicht. Die Mietpreisbremse muss endlich angezogen und unnötige
Ausnahmen abgeschafft werden. Sie muss als ein dauerhaftes Instrument im Mietrecht erhalten
bleiben, und nicht wie von der Bundesregierung geplant bereits 2025 wieder auslaufen. Es
sind die Länder, die darüber entscheiden, in welchen Gebieten die Mietpreisbremse überhaupt
gilt. Die Beschränkung, dass sie dies nur für maximal fünf Jahre dürfen, muss fallen. Die
Mietpreisbremse erlaubt heute, bis zu zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete
hinauszugehen. Wir werden diesen Wert auf fünf Prozent senken. Verstöße gegen die
Mietpreisbremse werden wir zu einer Ordnungswidrigkeit machen und mit einer empfindlichen
Geldbuße belegen. Um den Mietanstieg auch bei bestehenden Mietverträgen stärker
einzuschränken, werden wir den Mietanstieg auf maximal drei Prozent pro Jahr bis zur
Obergrenze ortsüblicher Vergleichsmieten beschränken.
Miethöhen orientieren sich in vielen Fällen an der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in
Mietspiegeln ermittelt wird. Diese ortsübliche Vergleichsmiete steigt aber vielerorts rasch
an. Der Mietspiegel setzt sich derzeit aus den neuen Mietverträgen der letzten vier Jahre
zusammen. Dies führt dazu, dass bei starken Mietsteigerungen auch die bestehenden
Mietverträge zeitlich verzögert betroffen sind. Wir werden deshalb die Mietverträge der
letzten zehn Jahre für die Berechnung des Mietspiegels berücksichtigen. In einigen Kommunen
gibt es überhaupt keinen qualifizierten Mietspiegel. Aber nur damit können Mieter*innen die
Höhe der ortsüblichen Miete und damit ihre Rechte überhaupt verlässlich bestimmen. Wir
werden die Kommunen finanziell unterstützen, um dies künftig in allen mittleren und großen
Städten Deutschlands abzusichern. Außerdem wollen wir Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt
zur Anwendung eines qualifizierten Mietspiegels verpflichten, damit Konzerne künftig nicht
mehr klagen können. Die Heranziehung von Vergleichswohnungen zur Begründung der Mieterhöhung
darf nur dann erfolgen, wenn die Vergleichswohnungen nicht allein aus dem Bestand nur eine*r
Eigentümer*in stammen.
Der Plan der Berliner Landesregierung, einen Mietendeckel einzuführen, gibt der Stadt ein
weiteres Instrument zur preislichen Regulierung des überhitzten Wohnungsmarktes an die Hand.
Weil mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten wird, ist es richtig, dass
Umsetzbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit sorgsam geprüft werden.
Über die Kündigung bestehender Mietverträge und die Wiedervermietung an wohlhabendere
Mieter*innen findet ein großer Teil der Mietsteigerungen statt. Menschen werden aus ihren
Nachbarschaften verdrängt. Stadtteile werden sozial immer homogener und die Gesellschaft
treibt auseinander. Kündigungen führen in extremen, aber leider immer häufigeren Fällen auch
zu Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit – selbst bei Familien mit Kindern. Unser Ziel ist es,
beim Kündigungsschutz wieder ein Gleichgewicht zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen
herzustellen. Gerät ein*e Mieter*in in Zahlungsverzug und erhält deswegen die Kündigung,
soll er oder sie die Möglichkeit haben, die Kündigung durch Nachzahlung abzuwenden.
Mieter*innen sollen keine Angst haben müssen, ihre Wohnung zu verlieren, nur weil sie
berechtigt von ihrem Mietminderungsrecht bei Mängeln in der Wohnung Gebrauch gemacht haben.
Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen
Wir wollen ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und
Obdachlosigkeit auf den Weg bringen und uns entsprechend der globalen Nachhaltigkeitsziele
vornehmen, dass es bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr in Deutschland gibt. Außerdem braucht
es eine gezielte Förderung des „Housing First“-Ansatzes, bei dem Obdachlose in eine Wohnung
einziehen können, ohne sich zuvor für Hilfe „qualifizieren“ zu müssen. Darüber hinaus müssen
Bürger*innen, unabhängig von ihrem Sozialleistungsbezug, Zugang zu Notunterkünften erhalten.
So soll das Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sichergestellt werden.
Eigenbedarfskündigungen sollen deutlicher als heute auf die tatsächliche Nutzung durch die
Eigentümer*in und die nahen Verwandten beschränkt werden, um Missbrauch zu unterbinden. Die
voranschreitende Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wollen wir so nicht
hinnehmen. Die Kommunen können heute schon in sogenannten Milieuschutzgebieten die
Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen untersagen. Bedingungen und Befristungen
werden wir weitgehend abschaffen, so dass eine Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt eine
Umwandlung ausnahmslos und stadtweit untersagen kann, wenn sie es für geboten hält. Wir
setzen verstärkt auf das städtebauliche Instrument des Milieuschutzes, um die soziale
Zusammensetzung der Bevölkerung in Gebieten mit hohem Verdrängungsdruck zu erhalten.
Oft scheitert Mietrecht in der Umsetzung. Mieter*innen werden alleine gelassen und müssen
ihre Rechte gegen große Wohnungskonzerne einklagen, die allerdings Heerscharen von Anwälten
beschäftigen, um ihre Interessen durchzusetzen. Um ein Kräftegleichgewicht zwischen großen
Wohnungsunternehmen und Mieter*innen herzustellen, sind mehr kollektive Klagemöglichkeiten
unerlässlich. Hierfür wollen wir Gruppenklagen einführen. Außerdem streben wir an, die
Einhaltung der zulässigen Miethöhen auch öffentlich zu kontrollieren und damit auch Verstöße
aufzudecken, gegen die Mieter*innen nicht klagen. Dazu wollen wir das Wirtschaftsstrafrecht
gegen überhöhte Mieten wieder wirksam machen. Solche Verstöße werden wir wirksam
sanktionieren.
Viele Menschen werden auf dem Wohnungsmarkt aus rassistischen oder anderen Gründen
diskriminiert. Oft werden Menschen allein wegen ihres Namens, ihrer Sprache oder ihres
bisherigen Wohnorts nicht zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen oder haben als potentielle
Mieter*innen keine Chance. Wir wollen diese Diskriminierung beenden. Dafür muss das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert und der Merkmalskatalog erweitert
werden. Denn der soziale Status oder auch die Sprache sind Diskriminierungsmerkmale, die auf
dem Wohnungsmarkt eine besonders wichtige Rolle spielen. Außerdem setzen wir uns für die
Einführung des Verbandsklagerechts ein, damit Verbände für Betroffene klagen können. Und wir
wollen, dass Fachstellen zur Beratung, Begleitung und Unterstützung von Menschen, die von
Diskriminierung betroffen sind, gestärkt und ausgebaut werden. Damit wollen wir den
Diskriminierungsschutz auf dem Wohnungsmarkt wirkungsvoller gestalten.
Gewerbemietrecht und Grundsteuer reformieren
Für lebenswerte Städte ist auch ein vielfältiges Angebot an kleinen Läden,
Handwerksbetrieben und Angeboten für Familien im direkten Wohnumfeld entscheidend. Gerade
kleine Gewerbetreibende in den begehrten Lagen können sich die steigenden Mieten vielfach
nicht mehr leisten. Damit wird die Knappheit auch für den Wirtschaftsstandort zu einer
ernsten Bedrohung für Vielfalt. Deshalb muss auch das Gewerbemietrecht reformiert werden.
Auch für Gewerbetreibende braucht es eine Begrenzung von Mieterhöhungen, eine
Mietpreisbremse bei Neuvermietung und einen wirksamen Kündigungsschutz. Die Wirtschaft
braucht Planungssicherheit: Die Praxis, Mietverträge auf kurze Zeiträume von zum Beispiel
einem Jahr zu befristen, muss beendet werden.
Die Reform der Grundsteuer ist überfällig, da sie auf veralteten Werten beruht, die
inzwischen verfassungswidrig sind. Die große Koalition hat die Reform immer wieder
verschleppt und gefährdet so 14 Milliarden Euro, auf welche die Kommunen dringend angewiesen
sind, um neue Sozialwohnungen zu bauen. Wir wollen sicherstellen, dass durch die Reform
nicht die Mieter*innen belastet werden. Deshalb werden wir die Umlagefähigkeit der
Grundsteuer auf die Mieter*innen abschaffen. Für bestehende Vereinbarungen, die dem
entgegenstehen, werden wir eine angemessene Übergangsfrist gewähren. Außerdem müssen Städte
und Gemeinden die Möglichkeit haben, mit der Grundsteuer zu steuern und
Stadtentwicklungspolitik zu betreiben. Dafür sollen sie für unterschiedliche Stadtgebiete
auch unterschiedlich hohe Steuersätze festlegen dürfen.
3. Spekulation, Geldwäsche und Steuerumgehung beenden
Die Explosion der Immobilienpreise zeigt, dass Wohnungen und Grundstücke zum
Spekulationsobjekt auf den Finanzmärkten geworden sind. Nicht nur die Mieter*innen leiden
unter dieser Entwicklung. Mehr und mehr Expert*innen warnen vor einer Immobilienpreisblase
in Deutschland, deren Platzen verheerende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte.
Wir wollen zu einem Wohnungsmarkt zurückkehren, der nicht vom Spekulationsinteresse
getrieben wird.
Durch die Steuerumgehung mittels sogenannter Share Deals gelingt es großen
Wohnungsgesellschaften, Immobilien zu kaufen, ohne dafür Grunderwerbsteuer zu zahlen. Immer
größere Wohnungsbestände sind in die Hand von börsennotierten Konzernen, internationalen
Gesellschaften und Private Equity Fonds geraten. Auch die deutsche Körperschaftsteuer wird
so umgangen. Wir werden die Praxis der steuerfreien Share Deals beenden, indem wir schon bei
einem Verkauf der Mehrheit einer Gesellschaft zumindest anteilig Grunderwerbsteuer erheben.
Außerdem wollen wir für die Länder die Möglichkeit schaffen, die Grunderwerbsteuer
progressiv auszugestalten. Wenn Wohnungskonzerne große Immobilienbestände aufkaufen, soll
eine höhere Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn Privatpersonen eine Wohnung kaufen, um
selbst darin zu wohnen. So wird die Grunderwerbsteuer zu einer Antispekulationssteuer.
Der deutsche Wohnungsmarkt gilt in Europa als Paradies für Geldwäsche. Mit Geldern aus
kriminellen Geschäften wie Bestechung, Waffenhandel oder Steuerhinterziehung werden deutsche
Immobilien aufgekauft, denn die Gefahr, entdeckt zu werden, ist in Deutschland gering. Der
deutsche Wohnungsmarkt ist bei russischen Oligarchen und der italienischen Mafia ebenso
populär wie bei griechischen, deutschen oder amerikanischen Steuerhinterzieher*innen.
Deutschland gilt für sie als sicherer Hafen. Das von der großen Koalition eingeführte
Transparenzregister hat daran wenig geändert. Noch immer ist es in vielen Fällen nicht klar,
wem eine Immobilie letztlich gehört. Die wahren Eigentümer*innen verstecken sich oftmals
hinter verschachtelten Beteiligungsstrukturen. Transparenz darf deshalb in Zukunft nicht nur
drauf stehen, sondern muss auch drin sein. Für jede Immobilie in Deutschland müssen
wirtschaftlich Berechtigte und die letztlich dahinterstehenden natürlichen Personen benannt
werden – ohne jede Ausnahme. Das Transparenzregister selbst soll öffentlich zugänglich
werden, um seinem Namen auch endlich gerecht zu werden. Mindestens Journalist*innen,
Nichtregierungsorganisationen und den Bewohner*innen der Immobilien selbst muss ein
berechtigtes Interesse daran eingeräumt werden, so dass sie einfach und jederzeit Zugang zu
den Namen haben. Bei Gesellschaften als Eigentümer*in einer Immobilie muss auch im Grundbuch
über eine Identifikationsnummer ersichtlich sein, wer sich konkret dahinter verbirgt.
Gesellschaften, die nicht im Transparenzregister eingetragen sind, werden wir den Kauf von
Immobilien künftig nicht mehr gestatten.
Die Geldwäsche mit deutschen Immobilien wird zur Zeit auch dadurch stark vereinfacht, dass
der Immobilienkauf in Deutschland auch mit Bargeld stattfinden darf. In anderen europäischen
Ländern ist dies meist schon aufgrund von Obergrenzen für die Zahlung mit Bargeld nicht
möglich. Eine solche Obergrenze werden wir beim Kauf von Immobilien ebenfalls einführen.
Makler*innen und Notar*innen werden dazu verpflichtet, die Herkunft der Gelder zu
überprüfen. Bei Verdacht auf Geldwäsche muss immer eine Meldung an die Behörden erfolgen und
in Fällen, bei denen die Herkunft der Gelder nicht identifiziert werden kann, darf der
Kaufvertrag nicht mehr notariell beglaubigt werden. Wir setzen hierbei auch auf
Fortbildungen für Makler*innen und Notar*innen und auf die Zusammenarbeit mit den Kammern
und Berufsverbänden. Außerdem sollen künftig bei jedem Immobilienkauf die Finanzbehörden
informiert werden, auch wenn die Käufer*innen nicht in Deutschland steuerpflichtig sind. In
diesem Fall sollen Meldungen an die zuständigen Finanzbehörden des Landes erfolgen, in dem
die Käufer*in und der wirtschaftlich Berechtigte steuerpflichtig sind. So helfen wir auch
anderen Staaten bei der Verfolgung von Steuerhinterzieher*innen und anderen Kriminellen.
Alle Maßnahmen gegen Geldwäsche helfen aber wenig, wenn die Behörden nicht dazu in der Lage
sind, sie auch durchzusetzen. Wir werden die Ausstattung im Bereich Kontrolle erheblich
verbessern und das Personal deutlich aufstocken.
Auch steuerliche Sonderbehandlungen machen Immobilien als Investitionsobjekt interessant und
treiben damit Preise und Mieten in die Höhe. Diese steuerlichen Vorteile wollen wir abbauen
beziehungsweise nur noch gemeinnützigen Eigentümer*innen gewähren. Für Veräußerungsgewinne
von nicht selbstgenutztem Wohneigentum wollen wir die Spekulationsfrist verlängern und auch
bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sicherstellen, dass
Wertsteigerungen der Immobilien besteuert werden.
4. Wohnen wird klimaneutral
Klimafreundliche Modernisierung
Wir wollen Fehlentwicklungen bei der energetischen Gebäudesanierung beenden. Energetische
Modernisierung soll klaren Kriterien folgen: mehr Klimaschutz, so warmmietenneutral wie
möglich, ohne Verdrängung sowie in Übereinstimmung mit den Mieterinnen und Mietern. Zusammen
mit einem Energiesparrecht und einer Förderung, die die Modernisierungen auf den nötigen
Klimaschutzpfad bringen, wollen wir so energiesparende Gebäude zu geringstmöglichen Kosten
schaffen und die Klimaschutzziele im Gebäudebereich erreichen. Zentral wird dabei sein, auch
die Wärme erneuerbar zu machen. Ideale Systeme dafür sind die Nah- und Fernwärmenetze, die
sich aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen speisen. Dort, wo die Besiedlungsstruktur
es hergibt, müssen wir weg von der Einzelhausbetrachtung hin zu einer Quartiersbetrachtung.
Durch diese Strategie hat es zum Beispiel Dänemark geschafft, den Anteil der Erneuerbaren im
Wärmebereich auf 65 Prozent zu bringen und sie zielen auf 80 Prozent bis 2030. In
Deutschland beträgt der Anteil 14 Prozent – meist aus Biogas-Anlagen.
Kosten für Luxusmodernisierungen, wie beispielsweise einen neuen Balkon oder schicke
Waschbecken, dürfen nicht weiter gegen den Mieterwillen auf die Miete umgelegt werden, denn
sie führen regelmäßig zu Preissteigerungen. Freiwillige Vereinbarungen zwischen
Vermieter*innen und Mieter*innen sind davon unbenommen. Um jedoch den CO2-Ausstoß wie auch
die Energiekosten zu senken, ermöglichen wir eine, auch angesichts niedriger
Finanzierungskosten angemessene Umlage. Statt heute acht Prozent der Kosten sollen höchstens
vier Prozent im Jahr auf die Miete umgelegt werden dürfen, jedoch nicht mehr als 1,50 Euro
pro Quadratmeter und Monat in acht Jahren. Die Berechnung der Umlage soll dabei die Höhe der
maximal verfügbaren öffentlichen Fördermittel berücksichtigen, um einen Anreiz für die
Vermieter*innen zu schaffen, sie auch in Anspruch zu nehmen. Mieter*innen sollen einen
Gutschein für einen kostenlosen Klima-Check erhalten, um zu ermitteln, wo sie Energie und
Kosten einsparen und das Klima schützen können. Eine Beschwerdestelle für Mieter*innen soll
künftig im Streitfall klären, ob die Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich wie angekündigt
Energie und Kosten einsparen und im Einklang mit Energiesparrecht und Sanierungsfahrplan
sind. Selbstnutzende Eigentümer*innen wollen wir mit einem Steuerbonus bei der energetischen
Sanierung ihrer Wohnungen und Häuser unterstützen. Diese Gruppe modernisiert weniger als
Wohnungsunternehmen, daher muss es für sie attraktiver werden, an öffentliche Fördermittel
zu gelangen.
Wir wollen einen dynamisch angelegten, wirksamen CO2-Preis für den Wärmesektor einführen,
der sich planbar an den Kosten des CO2-Ausstoßes des Energieträgers orientiert. Zudem wollen
wir, dass der CO2-Preisbestandteil auf Wärmebrennstoffe als Investitionsanreiz für die
Vermieter*innen wirkt, den energetischen Zustand ihrer Gebäude zu verbessern.
Unternehmen und Privatpersonen brauchen Planungssicherheit für ihre
Investitionsentscheidungen. Deshalb wollen wir erstens mit einem Energiespargesetz einen
klaren Pfad vorgeben, wie viel Energie in welchen Bereichen bis wann eingespart werden muss.
Im Gebäudebereich wollen wir zweitens das schwer zu durchblickende Regelungsdickicht durch
ein einfaches und transparentes Energiesparrecht ersetzen. Anstatt jedes Bauteil einzeln zu
bewerten, wollen wir die CO2-Emissionen und den realen Wärmebedarf eines Gebäudes zur
maßgeblichen Steuerungsgröße machen.
Den genauen Fahrplan für die Modernisierung älterer Gebäude erstellen sachverständige
Energieberater*innen im Einklang mit der baukulturellen Gestaltung. Eigentümer*innen können
den Fahrplan auf Antrag kostenlos erstellen lassen. Für die einzelnen Stationen im Klima-
Fahrplan des Gebäudes gibt es öffentliche Fördermittel. Bei Neubau muss das Passivhaus zum
verpflichtenden Standard werden, denn die beste Energie ist diejenige, die man gar nicht
erst verbraucht. Für Denkmäler gelten Ausnahmen. Wird die Heizung neu eingebaut oder
getauscht, müssen künftig Anteile erneuerbare Wärmeenergie wie Wärmepumpen, Solarwärme oder
CO2-arme Nahwärme aus einem anliegenden Netz eingesetzt werden. Öffentliche Förderung gibt
es nur ab einem solchen Klimapfad.
Die Potenziale für solare, CO2-freie Wärme werden heute völlig unzureichend genutzt. 2017
wurden nur knapp acht Terawattstunden Solarwärme genutzt. Für eine vollständig erneuerbare
Wärmeversorgung ist mindestens das Zehnfache erforderlich. Doch bisher behindern staatliche
Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe für fossile Heizungen sowie fehlende gesetzliche
Vorgaben für erneuerbare Wärme im Gebäudebestand den zügigen Ausbau der Solarthermie. Der
Einbau von Öl- und Gasheizungen wird noch immer in Millionenhöhe vom Bund gefördert. Diese
klimaschädliche Form des Heizens muss ein Ende haben. Ölheizungen dürfen künftig nicht mehr
eingebaut werden. Zusätzlich wollen wir ein Förderprogramm für den Tausch von Öl- und
Gasheizungen gegen moderne Heizungen mit Sonnenwärme, Wärmepumpe oder Holz auflegen. Ebenso
soll der Einsatz von erneuerbarer Wärme ab sofort verpflichtend werden, wenn eine fossile
Heizung sowieso ausgetauscht wird.
Energetische Quartierssanierung
Wir denken energetische Gebäudesanierung nicht länger nur von Haus zu Haus, sondern in
Zusammenhängen von städtischen Quartieren, Gewerbegebieten, Dörfern oder Siedlungen. Dadurch
stärken wir gemeinschaftliche Versorgungslösungen, die energieeffizienter und günstiger sind
als eine Vielzahl von Einzellösungen.
Nahwärmenetze ermöglichen es, örtlich erzeugte Wärme aufzunehmen, mit Speichern zu
verknüpfen und effizient zu verteilen – insbesondere in dicht bebauten Quartieren. Deshalb
wollen wir sie CO2- und energiesparend ausbauen und stärker fördern, wenn sie zur lokalen
Klimastrategie passen. Wir wollen Wärmenetze dazu für die Einspeisung erneuerbarer Wärme
öffnen, etwa von großflächigen Solarthermieanlagen, hocheffizienten Groß-Wärmepumpen und
Power-to-Heat aus temporären Stromüberschüssen. Das Einspeisen besonders effizienter
Wärmeenergie aus Kraft-Wärme-Kopplung oder bisher ungenutzter Wärmequellen wie Abwärme oder
Abwasserwärme aus der Industrie, Rechenzentren oder Kläranlagen wollen wir fördern. Wir
werden eine Solarpflicht für Photovoltaik auf Neubauten einführen. Für die energetische
Quartierssanierung legen wir ein finanzstarkes Förderprogramm auf, um in Gebieten, in denen
viele Gebäude sanierungsreif sind, die Sanierung zu erhöhen und warmmietenneutrale
Sanierungen für Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen zu ermöglichen.
Mit dem Quartiersprogramm „Gutes Klima im Quartier“ wollen wir der Verdrängung von Menschen
mit geringem Einkommen entgegenwirken und den Zusammenhalt in den Stadtvierteln erhalten.
Aber auch Kommunen sollen darüber unterstützt werden, damit sie gezielt verbindliche
Klimafahrpläne mit passender Wärmeplanung auflegen und zugleich soziale Fördervereinbarungen
mit den Eigentümer*innen für die Modernisierung der Einzelgebäude treffen können.
Mieter*innen und selbstnutzende Eigentümer*innen mit kleinen Einkommen sollen bei Bedarf
einen Sozialplan mit Modernisierung ohne Erhöhung der Warmmieten bzw. für tragbare
Investitionskosten bekommen können. Hierfür gibt es einen Förderbonus zusätzlich zur
heutigen KfW-Förderung.
Ökologisch bauen und wohnen
Die Klimakrise erfordert, dass wir das Leben in unseren Städten neu denken. Von Hitzewellen
sind die Bewohner*innen von Städten besonders betroffen, da Städte heißer werden als das
Umland und, je nach Bebauung, einen zusätzlichen Hitzeinseleffekt haben. Während einer
Hitzewelle kann es hier noch einmal bis zu acht Grad heißer sein als im Umland. In Berlin
könnte so bald ein Klima wie heute im australischen Canberra herrschen.
Deshalb müssen wir beim Städtebau dringend für Kühlung sorgen. Statt Asphaltwüsten und
Hitzeinseln braucht es grüne Oasen in unseren Städten. Wasserflächen, Bäume, Parks, grüne
Dächer und Fassaden wirken wie natürliche Klimaanlagen. In Grünflächen und -dächern kann
Starkregen-Wasser versickern und gespeichert werden. Das kühlt und entlastet die
Kanalisation immens.
Für das Bauen werden in Deutschland jährlich 250 Millionen Tonnen Sand und Kies sowie 230
Millionen Tonnen Naturstein abgebaut. Das geht mit der Zerstörung von Landschaften und
Lebensräumen einher. Gleichzeitig landen 200 Millionen Tonnen größtenteils
wiederverwertbarer Bauabfälle auf Deponien. Um das Recyceln dieser Baustoffe zu fördern,
wollen wir, dass die Länder auf Primärrohstoffe, entsprechend der Ausbeutung von Öl und Gas,
eine Abgabe nehmen können.
Für die Herstellung der Baustoffe selbst wird ein Vielfaches der Energie verbraucht, die das
entstehende Gebäude später pro Jahr benötigt. Deshalb wollen wir bei der Klassifizierung von
Bau- und Dämmstoffen die Umweltauswirkungen und den Energieeinsatz bei der Herstellung
berücksichtigen, die sogenannte graue Energie. Künftig muss der Bund in seinen Gesetzen und
Förderprogrammen statt Styropor und Co. fossilfreie und CO2-speichernde Materialien aus
nachwachsenden Stoffen wie Holz belohnen.
Damit auf den Dächern von Wohn- und Mietshäusern Solaranlagen entstehen und durch Haushalte
oder E-Mobilität genutzt werden können, müssen auch Solaranlagen aus dem Quartier als
Mieterstrom gefördert werden können, ohne Mengenbegrenzungen. Das neue Mieterstromgesetz ist
dafür jedoch ungeeignet – viel zu bürokratisch und unattraktiv. Deshalb wollen wir die
Anmeldung von Mieterstromanlagen und bestehende Beschränkungen vereinfachen. Und schließlich
ist es unser Ziel, dass bei allen bundeseigenen Gebäuden ab einer Nutzfläche von 500
Quadratmetern möglichst Solarthermie und Photovoltaik genutzt werden.
5. Solidarisches Eigentum sichern und erweitern
Deutschland ist Mieter*innenland. Die Wohnungsmärkte – vor allem in unseren großen Städten –
waren lange geprägt von öffentlichen Wohnungsgesellschaften, großen Beständen an
Sozialwohnungen und sozialen Eigentümern wie Genossenschaften. Dieses Modell hat
sichergestellt, dass Mieter*innen vor drastischen Mieterhöhungen geschützt waren und man in
Deutschland keine Immobilie besitzen musste, um auch in Zukunft bezahlbar wohnen zu können.
Ein funktionierender Wohnungsmarkt braucht neben einem hohen Bestand an öffentlichem und
gemeinwohlorientiertem Eigentum aber auch privates, selbstgenutztes Wohneigentum. Wir wollen
die Länder ermächtigen, die Grunderwerbssteuer für große Wohnungsunternehmen wirksam zu
erhöhen, und im Gegenzug die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu
gestalten, sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Wo andere auf finanzmarktgetriebene
Wohnungsmärkte oder auf riesige staatliche Wohnungskonzerne setzen, ist das grüne Leitbild
das gemeinschaftliche und solidarische Eigentum.
Wir wollen Menschen auch und gerade beim Wohnen sowie der Gestaltung ihres Wohnumfelds ein
selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Daher werden wir gemeinwohlorientierte Akteur*innen wie
kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ebenso unterstützen wie den
gemeinschaftlichen Erwerb von Immobilien durch die Mieter*innen. Es sind diese Akteur*innen,
die Vorfahrt auf dem Wohnungsmarkt bekommen sollen. Die Erfahrungen zeigen nicht nur, dass
selbstverwaltete Projekte funktionieren und auch langfristig tragen – wie zum Beispiel das
„Mietshäusersyndikat“ eindrücklich zeigt. Das gemeinsame Agieren für den Stadtteil und die
Gemeinschaft schafft echten Mehrwert sowie ein sozialeres und lebendigeres Umfeld: dauerhaft
bezahlbaren Raum zum Wohnen, vielfältige gemeinschaftlich betriebene Gebäude und nicht
kommerzielle, öffentliche Räume für Stadtteilaktivitäten und Kultur sowie die Erfahrung,
wirklich etwas bewegen zu können.
Wo Anonymität und Vereinsamung zum Problem werden, können gemeinschaftliche Formen des
Wohnens dazu beitragen, dass wieder aktive Nachbarschaften entstehen, in denen Menschen
generationenübergreifend füreinander Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig helfen.
Deswegen werden wir Arten von gemeinschaftlichem Wohneigentum der direkten Bewohner*innen
öffentlich fördern und dafür den nötigen Grund und Boden bereitstellen. Sie sollen
beispielsweise Vorrang bei Konzeptvergaben erhalten. Und der Immobilienerwerb sollte nicht
an der Finanzierung scheitern. Weil große Konzerne jederzeit Zugang zu günstigen Krediten
haben, wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Dafür werden wir verschiedene
Finanzierungsformen wie günstige Kredite von öffentlichen Banken, Garantien und Bürgschaften
prüfen. Außerdem soll das Vorkaufsrecht auf soziale Akteure wie Genossenschaften oder auch
gemeinnützige GmbHs ausgeweitet werden und diese Akteure auch bei der Ausübung des
Vorkaufsrechts unterstützt werden. Hier kommen für uns Mischformen aus öffentlichem und
privatem Eigentum in Betracht. So könnten beispielsweise kommunale oder landeseigene
Wohnungsgesellschaften oder auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein
Teileigentum erwerben. Das verhindert den weiteren Ausverkauf an börsennotierte und
renditeorientierte Kapitalgesellschaften und schafft solidarische Eigentumsformen.
Weiterhin werden wir Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum fördern. So kann der
Zinsvorteil des Staates an junge Familien weitergegeben werden, denen es ermöglicht wird,
Wohneigentum zu erwerben. Um sicher zu stellen, dass günstig gebaut und verkauft wird,
sollte eine öffentliche Ausschreibung für den Bau der Wohnungen erfolgen und sie sollten auf
öffentlichem Bauland in Erbpacht gebaut werden.
Mehr Menschen sollen sich Wohneigentum leisten können. Wir wollen die Grunderwerbssteuer für
große Wohnungsunternehmen wirksam machen und erhöhen, im Gegenzug gleichzeitig den Ländern
ermöglichen, die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu gestalten,
sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Auch die Kosten für die Makler*innen treiben die
Preise in die Höhe. Zum Teil werden mehr als sieben Prozent des Kaufpreises verlangt, was
weit über dem in anderen Ländern üblichen Werten liegt. Daher werden wir das
Bestellerprinzip einführen: Künftig zahlt derjenige die Courtage, der auch die Maklerin
bestellt. In aller Regel ist dies die Verkäufer*in einer Immobilie. Zusätzlich werden wir
die Höhe der Gebühr gesetzlich für die Käufer*in auf maximal zwei Prozent deckeln.
Das Baukindergeld der großen Koalition werden wir abschaffen, weil es einen Mitnahmeeffekt
hat und wir die Mittel effizienter verwenden können. Außerdem werden wir Baugenossenschaften
fördern und die Menschen dabei unterstützen, genossenschaftliches Teileigentum an Wohnungen
zu erwerben. Dafür werden wir zinslose Darlehen und Zuschüsse zur Eigenkapitaleinlage
gewähren. Damit wird auch Menschen geholfen, die sich den vollständigen Kauf einer Immobilie
nicht leisten können.
Schon 1967 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Nutzung von Grund und
Boden nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen
vollständig überlassen werden kann. Demnach sind gerade bei Grund und Boden die Interessen
des Allgemeinwohls höher zu werten als bei anderem Vermögen. Die in Artikel 14 des
Grundgesetzes geregelte Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist aber mehr und mehr
verlorengegangen. Wir wollen sie wieder herstellen. Die Möglichkeit zur Vergesellschaftung
gegen Entschädigung ist in unserer Verfassung ausdrücklich vorgesehen. Wir würden uns
wünschen, dass die Umstände die Kommunen nicht zwingen, dieses letzte Mittel anzuwenden, um
das Sozialstaatsgebot zu erfüllen. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer
sozialen Verantwortung nachzukommen, kann die öffentliche Hand diesen Schritt gehen.
Enteignungen im Einzelfall sind nicht nur im Grundgesetz vorgesehen, sondern erfolgen auch
regelmäßig, etwa wenn eine neue Autobahn gebaut werden soll. Der richtige Umgang mit
Enteignungen ist pragmatisch, nicht ideologisch. Wir wollen Enteignungen nur als letztes
Mittel anwenden, wenn es zu einem groben Missbrauch des Eigentumsrechts kommt. Etwa wenn mit
Bauland spekuliert, wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet (spekulativer Leerstand),
trotz eines ausgesprochenen Baugebots weder gebaut noch verkauft wird oder wenn große
Wohnungsgesellschaften dauerhaft ihren Pflichten nicht nachkommen. Ob eine Enteignung
ökonomisch Sinn macht und das richtige Mittel ist, muss jeweils kommunal entschieden werden
und wird wesentlich von den erwarteten Kosten für die Steuerzahler*innen abhängen.
weitere Antragsteller*innen
- Claudia Schulte (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Ralf Bohr (KV Bremen-Ost)
- Urban Aykal (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Pascal Striebel (Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg KV)
- Taylan Kurt (KV Berlin-Mitte)
- Wolfgang Schmidt (KV Berlin-Kreisfrei)
- Uwe Dietrich (KV Hildesheim)
- Silke Gebel (KV Berlin-Mitte)
- Antonia Schwarz (Berlin-Kreisfrei KV)
- Mona Hille (KV Berlin-Mitte)
- Rashmi-Alena Grashorn (KV Hildesheim)
- Karolina Ziehm (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Sylvia Momsen (KV Frankfurt)
- Hanna Steinmüller (KV Berlin-Mitte)
- Kordula Schulz-Asche (KV Main-Taunus)
- Cihan Mutlu (KV Berlin-Kreisfrei)
- Magnus Heise (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Deniz Yildirim (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sabine Deitschun (KV Berlin-Kreisfrei)
- Max Bleif (KV Ludwigsburg)
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Von Zeile 163 bis 165 einfügen:
Wohnung. Doch es fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondern es gibt auch zu wenig preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung und damit auch die Wahlfreiheit in Bezug auf den Wohnort ist in Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Menschen mit Behinderung können dieses Wahlrecht aber nur ausüben, wenn barrierefreier und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarer Wohnraum vorhanden und bezahlbar ist. Doch das Thema barrierefreies Wohnen betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung – auch alte und pflegebedürftige Menschen sind auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen. Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte Wohnung. Zählt man die Menschen mit Eingliederungshilfe- und Pflegebedarf dazu, ist der Anteil deulich höher. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, sollten Wohnungsneubauten grundsätzlich barrierefrei sein und barrierefreies Bauen gesetzlich verpflichtend verankert sein. Es braucht innovative Wohnformen und neue Wohnkonzepte, und ausreichend bezahlbaren Wohnraum für deren Umsetzung. Barrieren in Bestandswohnungen müssen nach Möglichkeit reduziert werden. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mitteln aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Wohnen ist eine soziale Frage. Mieten und Kaufpreise haben sich in den letzten Jahren stark
erhöht. Gestiegene Wohnkosten stellen Familien und Menschen bis weit in die Mitte unserer
Gesellschaft hinein vor große Probleme. Bezahlbare Wohnungen mitten in der Stadt, im
gewachsenen Wohnvierteln, in der Nachbarschaft guter Schulen und Kitas werden für Menschen
mit kleinen und mittleren Einkommen unerreichbar. Viele haben Angst davor, ihre Wohnung zu
verlieren oder müssen ihre angestammten Wohnviertel verlassen. Das schlägt einen Spalt in
unsere Gesellschaft. Der soziale Zusammenhalt geht verloren. Wachsende räumliche Barrieren,
zunehmend getrennte Wohnorte und Lebensbereiche von Alten und Jungen, Armen und Reichen,
Familien und Singles verstärken die Spaltung.
Die Mieten in deutschen Großstädten steigen seit Jahren rasant. Allein in Berlin stiegen die
Neuvertragsmieten binnen fünf Jahren um etwa 50 Prozent. In München sind Quadratmeterpreise
von über 20 Euro inzwischen keine Seltenheit mehr. Aber das Problem betrifft schon lange
nicht mehr nur die Metropolen. Auch in Städten wie Lübeck, Potsdam oder Reutlingen haben
immer mehr Menschen Probleme, eine Wohnung zu finden, die sie auch bezahlen können. Noch
extremer ist der Anstieg der Kaufpreise von Immobilien. In den sieben größten deutschen
Städten haben sie sich seit 2010 verdoppelt.
Jede fünfte Mieterin, jeder fünfte Mieter gilt inzwischen als überlastet. Für immer mehr
Unternehmen wird es zu einem Problem, dass ihre Mitarbeiter*innen in der Stadt keine Wohnung
mehr finden. Auch bei vielen kleinen Gewerbetreibenden oder beim jungen, innovativen Start-
Ups werden die Gewinne von steigenden Mieten aufgefressen. Diese Entwicklungen stellen eine
Gefahr für den Frieden und für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft dar und verschärfen
die soziale Spaltung.
Besonders betroffen von der Wohnungsnot sind Menschen mit geringerem Einkommen, Familien mit
Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung sowie Migrant*innen. Gerade sie werden
bei der Vergabe von Wohnungen diskriminiert. Oft entscheidet die Tatsache, ob jemand Mayer
oder Haddad heißt, alleinerziehend ist oder nicht darüber, ob die Person zu einer
Wohnungsbesichtigung eingeladen wird. Menschen werden aus ihren angestammten Wohnquartieren
vertrieben, wenn ihre Vermieter*innen die Mieten immer stärker erhöhen. Modernisierungen,
die wir für die Rettung des Klimas dringend brauchen, werden dafür missbraucht, Rendite zu
maximieren. Mieter*innen werden so aus ihren Wohnungen verdrängt und dann durch
besserverdienende Mieter*innen ersetzt. Es steigt auch die Zahl der Wohnungslosen. In einem
reichen Land wie unserem fehlt es inzwischen 650.000 Menschen am Allernötigsten: an der
eigenen Wohnung.
Der Wohnungsmarkt liegt wesentlich in kommunaler Verantwortung. Die Wohnungsbaupolitik ist
überwiegend Ländersache. Probleme sollen da gelöst werden, wo sie entstehen. Mit
Öffnungsklauseln im Miet- und Baurecht sowie im Wohnungswirtschaftsrecht für Länder und
Kommunen wollen wir berücksichtigen, dass sich die Lebensverhältnisse und die Wohnsituation
in Deutschland stark unterscheiden.
Es gibt aber auch ganz andere Problemlagen. In Deutschland gibt es zahlreiche Regionen mit
schrumpfender Bevölkerung, Wohnungsleerstand und Herausforderungen durch einen raschen
demographischen Wandel. Dieses Problem werden wir aber weniger mit wohnungspolitischen,
sondern vielmehr eher mit regionalen, strukturpolitischen Instrumenten lösen.
Die Ursachen für die Wohnungskrise sind vielfältig. Es gibt hunderttausende private
Vermieter*innen, die eine Mietwohnung oder ein Miethaus zur Altersvorsorge erworben haben,
und dabei häufig auf maximale Rendite verzichten. Und es gibt sehr gute und sozial
verantwortliche Wohnungsunternehmen in Deutschland, die mit ihrem Bestand stabilisierend auf
den Wohnungsmarkt wirken. Doch es fehlt schlicht an genügend Wohnraum. Der Wohnungsneubau
wurde in Deutschland seit vielen Jahren massiv vernachlässigt. Nach unterschiedlichen
Schätzungen liegt der Bedarf an Neubau in Deutschland bei 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro
Jahr. Diese Zahl wäre mindestens nötig, damit sich die Situation zumindest nicht weiter
verschärft. Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr aber nur 285.000 Wohnungen gebaut. Wenn
wir jetzt keine Bauoffensive starten, werden sich die Mietsteigerungen der letzten Jahre
auch in Zukunft fortsetzen und wird sich die Krise immer weiter zuspitzen.
„Bauen, Bauen, Bauen“ reicht jedoch allein nicht aus. Es kommt entscheidend darauf an, was,
wo, wie und für wen gebaut wird. Mit Luxus-Apartments ist weder der jungen Familie noch dem
alleinerziehenden Krankenpfleger geholfen.
Ursache des Fehlens von preisgünstigem Wohnraum ist der Rückzug der öffentlichen Hand aus
dem sozialen Wohnungsbau. Die Folgen spüren wir heute: Von damals 3,6 Millionen
Sozialwohnungen sind heute weniger als 1,2 Millionen übrig. Es sind diese Fehler der
Vergangenheit, die sich heute rächen. Eine Studie gibt den bundesweiten Bedarf an günstigen
Sozialmietwohnungen mit 1,6 Millionen an. Überteuerte Modernisierungen oder die Umwandlung
von Miet- in Eigentumswohnungen treiben die Entwicklung weiter an.
Verschärft wird die Situation durch Finanzspekulationen. Sie nutzen gezielt bestehende
Lücken in den Steuergesetzen, um Gewinne am Allgemeinwohl vorbei zu schleusen und
missbrauchen das Mietrecht zur Renditemaximierung. Der Wohnungsmarkt droht in einigen
Großstädten bereits zum Finanzmarkt zu werden. Doch Wohnen ist keine Ware, sondern ein
soziales Recht. Was gebaut wird, muss lebenswert und nachhaltig sein. Gutes Wohnen bedeutet
auch Ruhe und gesunde Luft – Wohnen soll nicht krank machen. Quartiere mit einem geballten
sozialen Wohnraum, wie in Großstädten seit den 1960er Jahren entstanden, sind nicht
nachhaltig. Andererseits wirkt so manches Quartier wie ausgestorben anstatt quirlig und
lebendig: leere Zweitwohnungen, kaum Menschen auf der Straße. Wir wollen stattdessen sozial
gemischte, grüne und ästhetisch ansprechende Quartiere erhalten und neu schaffen, in denen
auch altersgerechtes Leben und barrierefreien Wohnen möglich sind.
Auch der Klimawandel stellt uns in der Wohnfrage vor neue Herausforderungen. Besonders dicht
bebaute innerstädtische Quartiere heizen sich im Sommer besonders stark auf. Wir müssen
verhindern, dass sich unsere Innenstädte für kranke oder alte Menschen im Zuge der
fortschreitenden Erderhitzung zu Zonen entwickeln, in denen sie weder schlafen noch sich im
Freien aufhalten können. Deswegen werden grüne Lungen für unsere Städte immer wichtiger. Wir
wollen die Anzahl von Bäumen in Städten drastisch erhöhen, um Schatten und Sauerstoff in die
Stadt zu bringen sowie die Wasseraufnahme zu verbessern. Außerdem wollen wir die Dächer und
Fassaden nutzen, um Natur in die Stadt zu bringen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Wohnen ein Grundrecht. Wir wollen es als einen Bestandteil von
neuen sozialen Grundrechten in unser Grundgesetz aufnehmen.
Mit dem vorliegenden wohnungspolitischen Programm buchstabieren wir aus, mit welchen
Maßnahmen wir dieses Grundrecht auf Wohnen einlösen können.
1. Neuen Wohnraum schaffen – sozial und gemeinwohlorientiert
Beim sozialen Wohnungsbau stehen wir vor einer Herkulesaufgabe. Wir müssen die Fehler und
Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre innerhalb eines Zeitraums von fünf bis zehn Jahren
korrigieren. Schon seit den 1990er Jahren haben sich viele Kommunen mehr und mehr aus dem
Wohnungsmarkt zurückgezogen. In Folge eines Skandals bei dem Gemeinnützigen
Wohnungsunternehmen „Neuen Heimat“ entschied sich die damalige schwarz-gelbe
Bundesregierung, die Wohngemeinnützigkeit in Deutschland insgesamt abzuschaffen, statt sie
zu reformieren. Anstatt Transparenz herzustellen und gegen Korruption entschlossen
vorzugehen zog sich die Politik weitgehend aus dem Wohnungsmarkt zurück und überließ ihn dem
freien Spiel des Marktes.
Die vom Bund in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen reichen angesichts der
Herausforderung hinten und vorne nicht. Ein Beispiel ist der soziale Wohnungsbau: 2020 wird
der Bund seine Mittel um ein Drittel auf nur noch eine Milliarde Euro kürzen. Und das,
obwohl seit Jahren zwischen 40.000 und 60.000 Sozialwohnungen pro Jahr verloren gehen. Der
Bedarf liegt aber mindestens bei 80.000 zusätzlichen Sozialwohnungen jährlich.
Den geringen Ausgaben des Bundes für den Wohnungsbau stehen Aufwendungen für Kosten der
Unterkunft und Wohngeld in Höhe von 17 Milliarden Euro gegenüber. Anstatt Wohnraum zu
schaffen, alimentieren wir die teuren Mieten der privaten Eigentümer*innen für diejenigen,
die sich das Wohnen nicht mehr leisten können. So subventionieren wir mit Steuergeldern
letztlich die Gewinne von Vermieter*innen und Wohnungskonzernen. Neue Wohnungen entstehen so
nicht.
Wir wollen deswegen eine Kehrtwende in der deutschen Wohnungspolitik. Wir wollen neuen
Wohnraum schaffen – und zwar vor allem öffentlich und gemeinwohlorientiert.
Gemeinnützig Bauen und Wohnen
Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen wieder deutlich erhöht und verstetigt werden.
Dafür müssen bestehende kommunale Wohnungsgesellschaften gestärkt werden und es braucht eine
Gründungsoffensive für neue Gesellschaften. Dabei wollen wir die Kommunen dabei umfassend
unterstützen. Genauso stehen wir an der Seite der Zivilgesellschaft und unterstützen das
Aktionsbündnis „Wohnen ist Menschenrecht“.
Wir werden eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Insgesamt wollen wir in den nächsten
zehn Jahren den Bestand an dauerhaft gebundenen Sozialwohnungen um mindestens eine Million
erhöhen. Dafür setzen wir auf Neubau, aber auch auf Zukauf von bestehenden Wohnungen.
Entsprechend braucht es ein öffentliches Investitionsprogramm des Bundes von zusätzlich drei
Milliarden Euro jährlich. Wir finanzieren das teilweise durch die Abschaffung von unsinnigen
Subventionen wie dem Baukindergeld.
Für die Wohngemeinnützigkeit soll das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Güter“
gelten. Vermieter*innen, die sich dazu verpflichten, dauerhaft an Menschen mit geringerem
Einkommen und zu günstigen Mieten zu vermieten, erhalten eine öffentliche Förderung. Die
Wohngemeinnützigkeit steht allen Akteur*innen offen: der kommunalen Wohnungsgesellschaft,
der Genossenschaft, aber auch dem privaten Wohnungsunternehmen und der privaten
Kleinvermieter*in. Wir gewähren einen Investitionszuschuss von bis zu 20 Prozent der
Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der Erwerb wird von der Grunderwerbsteuer befreit.
Außerdem werden die Gewinne von der Ertragsbesteuerung befreit. Im Gegenzug und zur
Finanzierung schaffen wir die Gewerbesteuerbefreiung für nicht gemeinnützige
Wohnungsgesellschaften ab. Wir konzentrieren die Förderung auf die angespannten
Wohnungsmärkte und beenden so die Gießkannenpolitik der Bundesregierung. Um den dauerhaften
Erhalt der Sozialwohnungen doppelt abzusichern, setzen wir zusätzlich auf öffentliches
Eigentum an Grund und Boden und setzen das Erbbaurecht ein.
Im sozialen Wohnungsbau früherer Jahre wurden viele Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern
wollen wir lernen. Wir werden für ein ausgewogenes Verhältnis von Sozialwohnungen,
Genossenschaften, Wohnprojekten, privatem Mietwohnungsbau und selbstgenutztem Wohneigentum
Sorge tragen, um soziale Segregation zu verhindern. Unser Ziel sind vielfältige gemischte
Quartiere, wo Menschen mit geringem und Menschen mit hohem Einkommen Nachbar*innen sein
können. Bei neuen Baugenehmigungen sollen immer auch Vorgaben für eine verbindliche Quote an
Sozialwohnungen erfolgen, wie dies bereits in zahlreichen Städten üblich ist. Wir wollen
bezahlbaren Wohnraum auch für mehr Menschen zur Verfügung stellen, wir wollen die
Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen erhöhen und eine neue Kategorie für Menschen schaffen,
deren Einkommen die Einkommensgrenzen um nicht mehr als 50 Prozent übersteigt. Bei diesen
Sozialwohnungen gelten dann entsprechend weniger strenge Kriterien bei der Miethöhe und es
wird eine Teilförderung gewährt.
Unser langfristiges Vorbild bei der Sozialwohnungspolitik ist die Stadt Wien mit ihrem
großen Anteil gemeinnütziger Wohnungen, die für jeden attraktiv sind. In einer Sozialwohnung
zu wohnen wird dort nicht gleichgesetzt mit Armut, weil die Mehrheit der Wienerinnen und
Wiener in Sozialwohnungen lebt. Menschen, deren Einkommen über die Einkommensgrenzen
hinauswächst, werden deswegen nicht zum Umzug gezwungen, aber für sie soll eine
einkommensabhängige Fehlbelegungsabgabe eingeführt werden, deren Einnahmen für den Bau neuer
Sozialwohnungen verwendet wird.
Wir werden für die Wohngemeinnützigkeit eine unabhängige Aufsicht schaffen, welche die
Einhaltung der Kriterien kontrolliert. Zu Unrecht bezogene Fördergelder werden
zurückgefordert und Verstöße auch mit Bußgeldern belegt. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen
müssen vollständig transparent wirtschaften. Unser Leitbild ist nicht der große, zentral
verwaltete staatliche Wohnungskonzern, sondern dezentral verwaltete und selbstbestimmte
Wohnprojekte und überschaubare Wohnungsunternehmen. Deshalb werden wir eine
Mietermitbestimmung einführen, so dass die Menschen, die in den Wohnungen leben, ein
Mitspracherecht und Einfluss auf wichtige Entscheidungen erhalten.
Barrierefreies Wohnen in jedem Alter
Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte
Wohnung. Doch es fehlen nicht nur Wohnungen ohne Barrieren, sondern es gibt auch zu wenig
preiswerte Wohnungen für Menschen mit Einschränkungen. Das Recht auf selbstbestimmte Lebensführung und damit auch die Wahlfreiheit in Bezug auf den Wohnort ist in Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Menschen mit Behinderung können dieses Wahlrecht aber nur ausüben, wenn barrierefreier und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarer Wohnraum vorhanden und bezahlbar ist. Doch das Thema barrierefreies Wohnen betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung – auch alte und pflegebedürftige Menschen sind auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen. Ab dem Jahr 2030 braucht jede* Dritte in Deutschland voraussichtlich eine altersgerechte Wohnung. Zählt man die Menschen mit Eingliederungshilfe- und Pflegebedarf dazu, ist der Anteil deulich höher. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, sollten Wohnungsneubauten grundsätzlich barrierefrei sein und barrierefreies Bauen gesetzlich verpflichtend verankert sein. Es braucht innovative Wohnformen und neue Wohnkonzepte, und ausreichend bezahlbaren Wohnraum für deren Umsetzung. Barrieren in Bestandswohnungen müssen nach Möglichkeit reduziert werden. Hier wollen wir ansetzen und das KfW-
Programm „Altersgerechter Umbau“ mit Mitteln aufstocken, um den großen Bedarf zu decken.
Darüber hinaus werden wir die Städtebauförderung um einen Teil für inklusive Quartiere und
Dörfer ergänzen.
Verdichten, aber nicht Erdrücken
Boden ist ein begrenztes Gut. Wir müssen Bauland schaffen und gleichzeitig den Flächenfraß
reduzieren. Was wie ein Widerspruch klingt, muss durch eine innovative Bauflächenoffensive
aufgelöst werden, die behutsam verdichtet und höher baut, dafür aber die Stadt konsequent
begrünt.
Besonders in unseren Städten erleben wir vielfältige Nutzungskonflikte. Was hat Vorrang?
Parkplatz oder Spielplatz? Wohnung oder Einkaufszentrum? Solche Fragen werden in Kommunen
täglich diskutiert und sind heißt umkämpft. Um mehr Wohnraum in Städten zu schaffen wollen
wir nachverdichten. Bestehende Gebäude sollen aufgestockt werden, um Flächen zu sparen.
Etwa, indem Wohnungen über dem Supermarkt entstehen oder indem Stockwerke hinzukommen, wo
dies sinnvoll ist. Wir erleichtern die behutsame Nachverdichtung durch Dachausbauten
finanziell. Die Möglichkeit zur Aufstockung von einstöckigen Gewerbeimmobilien mit Wohnungen
soll im Baurecht verankert werden. Statt einer Sonderabschreibung, welche die Preise weiter
in die Höhe treibt, wollen wir eine Investitionszulage im Rahmen einer „Grünen
Bauflächenoffensive“ schaffen. Wir fördern damit finanziell die Dachaufstockung mit
Wohnungen sowie das Aktivieren von Brachen – davon gibt es im Umland vielerorts noch viel.
In Deutschland stehen etwa zwei Millionen Wohnungen leer. Wir fördern die Wiederbelebung
leerstehender Häuser und Wohnungen finanziell mit der grünen Bauflächenoffensive. Vielerorts
lässt sich so Naturverlust und Flächenversiegelung an Ortsrändern und im Umland verhindern
und vorhandene Häuser und Grundstücke in den Ortskernen wieder beleben. Das schafft und
sichert Werte, statt Natur und das Klima zu zerstören und Ortskerne auszuhöhlen.
Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen bei der Planung beteiligt werden. Mangelnde
Beteiligung führt zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Bauverzögerungen und oft
entstehen so wenig lebenswerte Quartiere. Deswegen stehen wir für moderne
Beteiligungsprozesse im Rahmen einer zu verwirklichenden Baukultur. Wir wollen
Beteiligungsprozesse organisieren, in denen Menschen frühzeitig mitentscheiden können, was
gebaut, aber nicht verhindern können, dass gebaut wird.
Viele bestehende Bebauungspläne sind veraltet und entsprechen nicht mehr den modernen
Anforderungen. Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen, sie im Sinne einer vertikalen
Siedlungsentwicklung anzupassen, so dass höher gebaut werden kann und Natur in der Stadt und
Umland geschont und bereits versiegelte Flächen besser genutzt werden.
Bisher ungenutzte Brachen, die eine ökologische Funktion haben, sollten wir schon aus
Klimaschutzgründen nicht vollständig bebauen, sondern auch für neue grüne Lungen,
Erholungsgebiete und soziale Begegnungsräume nutzen. Ziel der Innenentwicklung ist auch,
neue öffentliche Räume zu erschließen und unsere Städte lebenswerter zu gestalten.
Soviel, wie neu gebaut wird, so viel an neuem Grün wollen wir schaffen – auch und vor allem
auf Dächern und Fassaden, die heute dafür weitgehend ungenutzt bleiben. So wollen wir das
Stadtgrün schützen und erweitern, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes und als
Anpassungsmaßnahme an die Klimakrise, sondern auch, weil es für die Lebensqualität in den
Städten, gerade für Menschen ohne Zugang zu Gärten und Freiflächen, von hoher Bedeutung ist.
Wir setzen auf die Senkung der Flächeninanspruchnahme auf maximal 30 Hektar pro Tag.
Spätestens ab 2030 wollen wir erreichen, dass für jede neue Versiegelung von Fläche eine
gleich große, nicht mehr benötigte Siedlungsfläche renaturiert wird.
Im ländlichen Raum stellt sich das Problem oft umgekehrt dar. Es gibt Leerstand und Dörfer
mit Einwohnerschwund. Gut ausgebaute ÖPNV-Verbindungen sind nicht nur eine klimafreundliche
Verkehrsalternative, sondern auch ein Mittel gegen Wohnungsnot, wenn so der ländliche Raum
mit attraktiven Reisezeiten an die Ballungszentren angeschlossen und angebunden wird.
Der Baulandspekulation den Boden entziehen
Der stärkste Kostentreiber beim Wohnen sind Grundstücks- und Baulandpreise. Die Preise für
Bauland sind seit 2010 um über 60 Prozent gestiegen, in den Großstädten noch deutlich
stärker. Mit 870 Prozent Bodenwertsteigerung in weniger als zehn Jahren musste Berlin den
größten Anstieg weltweit verkraften. Grund und Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden und
die explodierenden Bodenpreise schlagen auf die Immobilienpreise und Mieten durch. Wenn
davon gesprochen wird, dass günstiges Bauen kaum mehr möglich ist, liegt dies zuvorderst an
den inzwischen für sehr viele Menschen unbezahlbaren Grundstückspreisen. Aber Boden ist ein
Allgemeingut, unvermehrbar, unentbehrlich und sozial gebunden.
In Deutschland hat die öffentliche Hand viele ihrer Grundstücke verkauft. Die Bundesanstalt
für Immobilienaufgaben (BImA) hat ihre Grundstücke lange Zeit meistbietend versteigert und
wurde damit selbst zu einem Treiber der Spekulation. Eine Bodenvorratspolitik, die Vorsorge
für die Zukunft betreibt, haben deutsche Städte und Gemeinden fast nirgends gemacht. Daraus
resultiert, dass die wertvollen Baugrundstücke in unseren Städten heute größtenteils in
privater Hand sind und die Kommunen horrende Preise zahlen müssten, um sie zurück zu kaufen.
Wir wollen Kommunen dabei unterstützen, wieder eine aktive Bodenpolitik zu betreiben und
verstärkt Grund und Boden für öffentliche Aufgaben wie gemeinnützigen Wohnungsbau zu
erwerben. Der Bund muss das durch eine langfristige gemeinwohlorientierte Bodenpolitik
unterstützen.
Die noch vorhandenen bundeseigenen Bestände sollen nicht mehr an private Investoren
veräußert, sondern verbilligt an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben
werden. An private Investor*innen sollte hingegen nur noch Erbbaurechte vergeben werden,
damit die Flächen nach Ablauf einer Frist an die öffentliche Hand zurückfallen. Heute laufen
Sozialbindungen nach 15 bis 30 Jahren aus. Über die Vergabe im Erbbaurecht können wir
vertraglich sicherstellen, dass künftig Sozialwohnungen dauerhaft erhalten bleiben. Wir
werden die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu einem Gemeinnützigen
Bundesbodenfonds weiter entwickeln. Der Bundesbodenfonds soll für gemeinwohlorientiere und
öffentliche Akteure des Wohnungsbaus Grundstücke ankaufen und diesen Akteuren Grundstücke
übertragen bzw. verpachten.
Viele Investor*innen sind im Besitz von Bauland, spekulieren aber lieber auf steigende
Bodenpreise als zu bauen. Das kommunale Bau- und Planungsrecht sieht heute schon eine
Baupflicht (Baugebot) vor. Wird nicht gebaut, kann in letzter Konsequenz eine Enteignung
gegen Entschädigung stehen. Das Bundesverfassungsgericht sieht gerade bei Grund und Boden
eine besondere und weitgehend soziale Verpflichtung des Eigentums. Wer der Aufforderung zu
bauen nicht nachkommt, kann zum Verkauf gezwungen beziehungsweise gegen Entschädigung
enteignet werden. Wir unterstützen die Kommunen, die von dieser Möglichkeit bei besonders
angespannten Wohnungsmärkten Gebrauch machen. Bei solchen Lagen sollen Kommunen das Baugebot
nicht nur für einzelne Grundstücke, sondern für bestimmte Gebiete aussprechen können. Falls
dem Baugebot nicht entsprochen wird und die öffentliche Hand daraufhin als ultima ratio
enteignet, sollte die Entschädigung einem realistischen Ertragswert entsprechen. Länder
sollen in die Lage versetzt werden, durch eine erhöhte Grundsteuer für unbebaute Grundstücke
einen Anreiz zum Bauen zu schaffen. Ebenso sollen alle Länder über ihre Bauordnungen die
Gültigkeit von Baugenehmigungen zeitlich befristen können, um die Spekulation mit Baurechten
zu unterbinden.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die Rechte von Mieterinnen und Mietern zu stärken.
Vorbildcharakter hat für uns die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer*innen. Durch
sie ist sichergestellt, dass nicht nur die Eigentümer*innen eines Unternehmens, sondern auch
die dort beschäftigen Arbeitnehmer*innen einen Einfluss auf die Entscheidungen haben, die
sie direkt betreffen. Wir wollen dieses Prinzip vom Arbeitsverhältnis auf das Mietverhältnis
übertragen. Unser Ziel ist, der Gemeinschaft der Mieter*innen Mitbestimmungsrechte zu
einzuräumen, etwa wenn es um Umbauten oder Modernisierungen geht. Wir wollen so eine echte
Mietermitbestimmung entwickeln, um die Gemeinwohlorientierung des Eigentums auch auf dem
Wohnungsmarkt durchzusetzen. Diese Mietermitbestimmung soll – analog zur
Arbeitnehmermitbestimmung – für Wohnungsgesellschaften ab einer bestimmten Größe gelten.
Die Preise für Grund und Boden steigen nicht, weil die Eigentümer*innen die Qualität des
Bodens verbessern, sondern wegen der Lage, also einer Umgebung mit öffentlicher
Infrastruktur, attraktiven Arbeitsplätzen, Kultureinrichtungen oder Universitäten. Aufgrund
dieser Faktoren werden bestimmte Gegenden beliebter und stärker nachgefragt. Die Ernte
dieser Leistungen anderer sollte nicht über eine Bodenrente privatisiert werden. Für die
Eigentümer*in stellen sie einen leistungslosen Vermögenszuwachs dar. Im Planungsrecht gibt
es bereits Instrumente, solche windfall profits, also Wertsteigerung von privatem Grund und
Boden, durch einen kommunalen Bebauungsplan zu berücksichtigen.Wir wollen es für Kommunen
ermöglichen, planungsbedingte Wertsteigerungen teilweise abzuschöpfen und für kommunale
Infrastrukturen, soziales Wohnen und Umwelt einzusetzen.
Mit dem Vorkaufsrecht solidarisches Eigentum begründen
Das im Baurecht verankerte Vorkaufsrecht der Kommunen für Wohnungen und Bauland stellt für
uns ein wichtiges Instrument dar, um das Ziel von mehr öffentlichem und solidarischem
Eigentum zu verwirklichen. Es wird aber viel zu selten genutzt. Daher braucht es eine aktive
Ankaufstrategie. Akteure wie zum Beispiel Genossenschaften oder Stiftungen, die
gemeinwohlorientiert agieren, können die kommunale öffentliche Strategie ergänzen. Das
kommunale Vorkaufsrecht soll auf alle Gebiete der Stadt ausgeweitet werden. Die
Ausübungsfrist von zwei Monaten soll auch bei Share Deals und Zwangsversteigerungen gelten.
Um die kommunalen Bauämter zu unterstützen, wollen wir beim Bund (BBSR) eine
Rechtberatungsstelle einrichten und diese darin unterstützen, mit Online-Katastern eine
Übersicht über brachliegende und verfallende Grundstücke zu schaffen. Oft haben Kommunen
oder Genossenschaften Schwierigkeiten, den Ankauf zu finanzieren. Deswegen wollen wir
Allianzen zur Ausübung des Vorkaufsrechts unterstützen. Beispielsweise könnte die
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein Teileigentum des Bundes begründen, sich so
am Kauf beteiligen und damit der Kommune den Ankauf ermöglichen. Genossenschaften und andere
gemeinwohlorientierte Erwerber*innen könnten eine Förderung durch günstige Kredite oder
Zuschüsse der öffentlichen Hand erhalten, um die Finanzierung zu ermöglichen.
Nachhaltig und digital bauen – und damit Kosten sparen
Mit einer Innovationsoffensive für die besten Klima-Investitionen in Gebäude und Wohnungen
unterstützen wir selbstnutzende Eigentümerinnen, Vermieter sowie Mieter*innen. Wir helfen
ihnen, zu tragbaren Kosten Zukunft zu gestalten und Klimaschutzmaßnahmen gemäß der Ziele von
Paris umzusetzen. Dafür stellen wir im Aktionsplan „Faire Wärme“ sieben Milliarden Euro im
Jahr für Planung, Investitionen und bezahlbaren Wohnraum und für ressourcenschonendes Bauen,
zum Beispiel durch modularen Holzbau, bereit. Hemmnisse im Baurecht für serielles und
modulares Bauen wollen wir in der Musterbauordnung reduzieren und so Kostensenkungen
ermöglichen. Wir schaffen ein Gebäuderessourcengesetz, das die ganzheitliche
Lebenszyklusbetrachtung für ein Gebäude in den Blick nimmt.
Damit die erheblichen Investitionen für Neubau sowie klima- und altersgerechten Umbau
überhaupt geleistet werden können, wollen wir die Innovationskraft und Produktivität im
Bauwesen stärken. In Ländern wie China, Dubai und den Niederlanden wird bereits mit dem
Einsatz von 3D-Druckern beim Bau experimentiert. Wir wollen die Forschung auf diesem Gebiet
unterstützen und Pilotprojekte auch in Deutschland fördern.
Der nachwachsende Baustoff Holz bietet gleich mehrfach Potenzial für eine höhere
Produktivität durch digitale Unterstützung: Er speichert CO2 und schützt damit das Klima.
Ganze Gebäudeteile lassen sich im Werk mit digitaler Technik vorfertigen und auf der
Baustelle rasch und damit kostengünstig aufbauen. Holz ist leichter als Stahl und Beton und
damit statisch für Dachausbauten gut geeignet. Building Information Models (BIM), also
digitale Abbilder der Neubauten, haben das Potenzial, das Bauen zu erleichtern: Die
Schnittstellen zwischen den einzelnen Baugewerken werden sicht- und damit definierbar, das
macht heute Abstimmungen und Kosten transparenter und erleichtert später Modernisierung und
Instandsetzung sowie Recycling. Mit einem Marktanreizprogramm für das Bauen mit
nachwachsenden Baustoffen regen wir den verstärkten Einsatz von Holz aus nachhaltigen
Quellen als Baustoff an. Die Kapazität nachwachsender Baustoffe als CO2-Speicher wollen wir
im Gebäudeenergiegesetz honorieren und als Beitrag zum klimaneutralen Gebäudebestand auch
anrechnen.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung müssen für ressourcenschonende Infrastrukturen und
lebenswerte Städte genutzt und im Sinne der Bürger*innen und des Gemeinwohls eingesetzt
werden. Der Schutz vor Risiken, etwa bei der Datensicherheit und kritischen Infrastrukturen,
muss dabei immer berücksichtigt werden. Dies ist eine primäre öffentliche Aufgabe. Schon
heute geben Städte und Gemeinden wertvolle IT-Infrastrukturen aus der Hand. Städte und
Gemeinden müssen durch ein Bundesprogramm mehr Mittel an die Hand bekommen, um ihre
Verwaltung, das Management der Energiekreisläufe sowie die Infrastrukturen digital zu
ertüchtigen.
Wohnraum nutzen – Leerstand und Fehlnutzung verhindern
Nicht immer fehlt Wohnraum: Manchmal ist er vorhanden, wird aber nicht oder falsch genutzt.
Wir wollen gegen Fehlnutzungen und spekulativen Leerstand von Wohnraum vorgehen. In
beliebten Großstädten verschwindet Wohnraum auch dadurch, dass er als Ferienwohnung genutzt
und so für dauerhafte Bewohner*innen unzugänglich wird. Nicht selten findet man in den
beliebten Lagen von Städten wie Berlin und Hamburg viele Inserate bei Airbnb und Co., aber
kaum Mietwohnungsangebote mehr. Wir unterstützen die Kommunen dabei, gegen Zweckentfremdung
und Fehlnutzungen vorzugehen und diese zu verbieten. Die Verfolgung muss verbessert und die
Bußgelder müssen erhöht werden. Die EU-Kommission steht in der Pflicht, die Länder und
Kommunen bei der Schaffung von verbindlichen Auskunftspflichten von Online-Plattformen zu
unterstützen.
Seit 1987 ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner*in um über ein Drittel
gestiegen. Der Grund dafür ist oft, dass immer mehr Menschen in Wohnungen leben, die für sie
zu groß geworden sind. Paare etwa, die nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, wenn die
Kinder aus dem Haus sind, oder Menschen, die nach einer Trennung oder dem Versterben der
Partner*in in ihrer Wohnung verbleiben. Ein Umzug kommt für sie oft aus Kostengründen nicht
in Betracht, weil sie dann einen älteren und sehr günstigen Mietvertrag verlieren würden.
Und eine neue Wohnung wäre nicht nur kleiner, sondern voraussichtlich auch noch teurer.
Oftmals ist das auch der Grund, weshalb Menschen ihre Wohnung nicht aufgeben, wenn sie eine
andere, weiter entfernte Arbeit antreten. Die weiten Arbeitswege verschärfen wiederrum
zusätzlich die Verkehrsprobleme in unseren Städten. Diese Probleme wollen wir angehen, indem
wir den Mieter*innen ein Recht geben, ihre bestehenden Mietverträge untereinander zu
tauschen. So können alleinstehende ältere Menschen ihre als zu groß empfundene Wohnung mit
der jungen Familie tauschen, die dringend mehr Platz benötigt. Und das ohne steigende
Kosten, weil sie einfach in den Mietvertrag der Anderen als neue Mietpartei einsteigen.
Bisher wird dies nur innerhalb von Wohnungsgesellschaften und auf freiwilliger Basis
praktiziert. Wir werden dafür einen allgemeinen Rechtsanspruch einführen. Er soll zunächst
nur für Wohnungsgesellschaften gelten, private Kleinvermieter*innen bleiben davon
ausgenommen. Außerdem werden wir der Vermieter*in ein Recht einräumen, aus guten Gründen der
Übertragung des Mietvertrags zu widersprechen, etwa wenn die neuen Mieter*innen nicht über
das Einkommen verfügen, um die Miete zahlen zu können. Zusätzlich wollen wir den Umzug in
solchen Fällen finanziell fördern.Kommunen und Baubranche für mehr Wohnungsneubau stärken
Das in den Bereichen Bau und Planung tätige Personal in den Kommunen ist seit 1991 um 35
Prozent zurückgegangen. In den mit Baufragen befassten Stellen arbeitete 2010 bereits ein
gutes Drittel der Beschäftigten weniger, bis 2015 waren es noch einmal zehn Prozent weniger
Beschäftigte als zuvor. Und heute sind es diese wenigen Beschäftigten, die den aufgelaufenen
kommunalen Investitionsstau bei maroden Schulen und Brücken lösen und zusätzlich
Wohnungsneubau und Klimaschutz organisieren sollen.
Ganz ähnlich sieht es in der privaten Bauwirtschaft aus: Trotz Einstellungen in den
vergangenen Jahren arbeiten heute in der Bauwirtschaft fast 800.000 Menschen weniger als
noch Mitte der 1990er Jahre. Wenn wir beim Bauen wieder aufholen wollen, muss sich das
schnell ändern.
Denn in dieser schwierigen Situation brauchen wir die Kommunen bei der Planung und beim Bau
mehr als je zuvor. Die Steuerung der Bautätigkeit, des Klimaschutzes in Stadtvierteln und in
Gebäuden sehen wir als kommunale Aufgabe. Daher wollen wir den Kommunen das Planen und
Steuern erleichtern durch planbare, verlässliche Investitionshilfen, finanzielle Entlastung
der Kommunen sowie leichtere Planungsinstrumente im Baurecht für dringende Belange:
Vorkaufsrechte, Klimamodernisierung oder Neubauplanung im Ortskern. Wir stärken die Kommunen
und sorgen für planbare und verlässliche Investitionshilfen, und zwar mit dem „Aktionsplan
Faire Wärme“, der Bauflächenoffensive, einem Bundesprogramm für grüne Infrastrukturen und
der Neuen Wohngemeinnützigkeit. So können Kommunen wieder eigenes Planungspersonal
einstellen, ihre Wohnungsämter und Grünflächenämter stärken und bei Bedarf
Wohnungsunternehmen gründen, und zwar mit demokratisch legitimierter Planung in kommunaler
Hand, nicht durch Finanzinvestoren. Überschuldete Kommunen wollen wir durch Altschuldenhilfe
und Entlastung bei den Sozialkosten wieder auf die Füße helfen.
Wir wollen es Kommunen ermöglichen, mit machbarem Aufwand Bauland für öffentliche und
private Investitionen zu aktivieren, und gleichzeitig grüne Freiräume, Mobilität, Schulen
und Sozialwohnungen einzuplanen. Dazu geben wir ihnen da, wo Wohnraummangel und Belange der
Stadtentwicklung es erfordern, die Möglichkeit, ein „Innenentwicklungsgebiet“ festzulegen.
Darin können sie Baulücken, Brachflächen und andere Flächen zügig einer baulichen Nutzung
oder Freiraumnutzung zuführen, auch auf Flächen, die nach dem Grundsatz des „Einfügens in
die Umgebung“ (§34 Baugesetzbuch) bebaut werden können. Damit erleichtern wir kommunale
Vorkaufsrechte erheblich. So können die Kommunen zum Beispiel im Umland der Ballungszentren
und Metropolen Baupotenziale in den Ortskernen erschließen, bevor sie Bauland auf der grünen
Wiese entwickeln. Die Erschließung durch Stadtbahnen und Radschnellwege ist genauso wie die
durch Pflegedienste, Jugendzentren und Kitas einfacher in kompakteren Orten.
Früher waren öffentliche Bauinvestitionen häufig von der Kassenlage abhängig. Fehlte es an
Steuereinnahmen, wurde auch nicht mehr gebaut. Damit war es für die private Bauwirtschaft
nie sicher, ob die aktuelle Auftragslage auch in Zukunft Bestand haben würde. In dieser
Situation erhöhen Unternehmen eher die Preise, als dass sie ihre Kapazitäten ausweiten.
Durch die Erhöhung und Verstetigung der Mittel für den öffentlichen Wohnungsbau und für
Klimaschutz in Gebäuden wollen wir das ändern und geben dem Baugewerbe das Signal, dass es
sich lohnt zu investieren und neue Beschäftigte einzustellen. Die Bauwirtschaft verzeichnet
kaum Produktivitätszuwachse. Sie ist im Branchenvergleich bei der Produktivitätsentwicklung
immer noch unter den Schlusslichtern zu finden. Firmen finden angesichts des Baubooms kaum
noch Mitarbeiter*innen und Fachkräfte. Wir werden alles tun, um die Bauwirtschaft dabei zu
unterstützen, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Dafür braucht es ein modernes
Einwanderungsrecht, das die bestehenden Regelungen liberalisiert, systematisiert und
vereinfacht. Für Asylsuchende und Geduldete, die sich bereits in Deutschland befinden,
wollen wir einen Zugang in Ausbildung, Studium und Erwerbstätigkeit schaffen.
2. Faire Mieten: Mieter*innenrechte verbessern
Wir wissen, dass vielerorts heute bereits so viele Wohnungen fehlen, dass man mittels Neubau
nicht zu schnellen Erfolgen kommen kann. Im Gegenteil wird es viele Jahre dauern, bis wir in
den Großstädten wirklich ausreichenden Wohnraum geschaffen haben. Daher braucht es für
Kommunen über die bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen hinaus eine Möglichkeit, Mieten
zu begrenzen. Eine spürbare Begrenzung des Mietsanstiegs ist gleichzeitig das wirksamste
Instrument, um die Ertragswerte von Immobilien zu begrenzen und dämpfend auf die
Preisentwicklung einzuwirken.
Die große Koalition hat im Jahr 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Gebremst hat
sie allerdings kaum. Zu viele Ausnahmen durchlöchern ihre Wirksamkeit. Mit der Durchsetzung
werden die Mieter*innen allein gelassen. Es liegt an ihnen, gegen ihre neue Vermieter*in zu
klagen. Viele tun das nicht. Die Mietpreisbremse muss endlich angezogen und unnötige
Ausnahmen abgeschafft werden. Sie muss als ein dauerhaftes Instrument im Mietrecht erhalten
bleiben, und nicht wie von der Bundesregierung geplant bereits 2025 wieder auslaufen. Es
sind die Länder, die darüber entscheiden, in welchen Gebieten die Mietpreisbremse überhaupt
gilt. Die Beschränkung, dass sie dies nur für maximal fünf Jahre dürfen, muss fallen. Die
Mietpreisbremse erlaubt heute, bis zu zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete
hinauszugehen. Wir werden diesen Wert auf fünf Prozent senken. Verstöße gegen die
Mietpreisbremse werden wir zu einer Ordnungswidrigkeit machen und mit einer empfindlichen
Geldbuße belegen. Um den Mietanstieg auch bei bestehenden Mietverträgen stärker
einzuschränken, werden wir den Mietanstieg auf maximal drei Prozent pro Jahr bis zur
Obergrenze ortsüblicher Vergleichsmieten beschränken.
Miethöhen orientieren sich in vielen Fällen an der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in
Mietspiegeln ermittelt wird. Diese ortsübliche Vergleichsmiete steigt aber vielerorts rasch
an. Der Mietspiegel setzt sich derzeit aus den neuen Mietverträgen der letzten vier Jahre
zusammen. Dies führt dazu, dass bei starken Mietsteigerungen auch die bestehenden
Mietverträge zeitlich verzögert betroffen sind. Wir werden deshalb die Mietverträge der
letzten zehn Jahre für die Berechnung des Mietspiegels berücksichtigen. In einigen Kommunen
gibt es überhaupt keinen qualifizierten Mietspiegel. Aber nur damit können Mieter*innen die
Höhe der ortsüblichen Miete und damit ihre Rechte überhaupt verlässlich bestimmen. Wir
werden die Kommunen finanziell unterstützen, um dies künftig in allen mittleren und großen
Städten Deutschlands abzusichern. Außerdem wollen wir Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt
zur Anwendung eines qualifizierten Mietspiegels verpflichten, damit Konzerne künftig nicht
mehr klagen können. Die Heranziehung von Vergleichswohnungen zur Begründung der Mieterhöhung
darf nur dann erfolgen, wenn die Vergleichswohnungen nicht allein aus dem Bestand nur eine*r
Eigentümer*in stammen.
Der Plan der Berliner Landesregierung, einen Mietendeckel einzuführen, gibt der Stadt ein
weiteres Instrument zur preislichen Regulierung des überhitzten Wohnungsmarktes an die Hand.
Weil mit dem Mietendeckel juristisches Neuland betreten wird, ist es richtig, dass
Umsetzbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit sorgsam geprüft werden.
Über die Kündigung bestehender Mietverträge und die Wiedervermietung an wohlhabendere
Mieter*innen findet ein großer Teil der Mietsteigerungen statt. Menschen werden aus ihren
Nachbarschaften verdrängt. Stadtteile werden sozial immer homogener und die Gesellschaft
treibt auseinander. Kündigungen führen in extremen, aber leider immer häufigeren Fällen auch
zu Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit – selbst bei Familien mit Kindern. Unser Ziel ist es,
beim Kündigungsschutz wieder ein Gleichgewicht zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen
herzustellen. Gerät ein*e Mieter*in in Zahlungsverzug und erhält deswegen die Kündigung,
soll er oder sie die Möglichkeit haben, die Kündigung durch Nachzahlung abzuwenden.
Mieter*innen sollen keine Angst haben müssen, ihre Wohnung zu verlieren, nur weil sie
berechtigt von ihrem Mietminderungsrecht bei Mängeln in der Wohnung Gebrauch gemacht haben.
Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen
Wir wollen ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und
Obdachlosigkeit auf den Weg bringen und uns entsprechend der globalen Nachhaltigkeitsziele
vornehmen, dass es bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr in Deutschland gibt. Außerdem braucht
es eine gezielte Förderung des „Housing First“-Ansatzes, bei dem Obdachlose in eine Wohnung
einziehen können, ohne sich zuvor für Hilfe „qualifizieren“ zu müssen. Darüber hinaus müssen
Bürger*innen, unabhängig von ihrem Sozialleistungsbezug, Zugang zu Notunterkünften erhalten.
So soll das Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sichergestellt werden.
Eigenbedarfskündigungen sollen deutlicher als heute auf die tatsächliche Nutzung durch die
Eigentümer*in und die nahen Verwandten beschränkt werden, um Missbrauch zu unterbinden. Die
voranschreitende Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wollen wir so nicht
hinnehmen. Die Kommunen können heute schon in sogenannten Milieuschutzgebieten die
Umwandlung von Wohnungen in Eigentumswohnungen untersagen. Bedingungen und Befristungen
werden wir weitgehend abschaffen, so dass eine Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt eine
Umwandlung ausnahmslos und stadtweit untersagen kann, wenn sie es für geboten hält. Wir
setzen verstärkt auf das städtebauliche Instrument des Milieuschutzes, um die soziale
Zusammensetzung der Bevölkerung in Gebieten mit hohem Verdrängungsdruck zu erhalten.
Oft scheitert Mietrecht in der Umsetzung. Mieter*innen werden alleine gelassen und müssen
ihre Rechte gegen große Wohnungskonzerne einklagen, die allerdings Heerscharen von Anwälten
beschäftigen, um ihre Interessen durchzusetzen. Um ein Kräftegleichgewicht zwischen großen
Wohnungsunternehmen und Mieter*innen herzustellen, sind mehr kollektive Klagemöglichkeiten
unerlässlich. Hierfür wollen wir Gruppenklagen einführen. Außerdem streben wir an, die
Einhaltung der zulässigen Miethöhen auch öffentlich zu kontrollieren und damit auch Verstöße
aufzudecken, gegen die Mieter*innen nicht klagen. Dazu wollen wir das Wirtschaftsstrafrecht
gegen überhöhte Mieten wieder wirksam machen. Solche Verstöße werden wir wirksam
sanktionieren.
Viele Menschen werden auf dem Wohnungsmarkt aus rassistischen oder anderen Gründen
diskriminiert. Oft werden Menschen allein wegen ihres Namens, ihrer Sprache oder ihres
bisherigen Wohnorts nicht zu Wohnungsbesichtigungen eingeladen oder haben als potentielle
Mieter*innen keine Chance. Wir wollen diese Diskriminierung beenden. Dafür muss das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert und der Merkmalskatalog erweitert
werden. Denn der soziale Status oder auch die Sprache sind Diskriminierungsmerkmale, die auf
dem Wohnungsmarkt eine besonders wichtige Rolle spielen. Außerdem setzen wir uns für die
Einführung des Verbandsklagerechts ein, damit Verbände für Betroffene klagen können. Und wir
wollen, dass Fachstellen zur Beratung, Begleitung und Unterstützung von Menschen, die von
Diskriminierung betroffen sind, gestärkt und ausgebaut werden. Damit wollen wir den
Diskriminierungsschutz auf dem Wohnungsmarkt wirkungsvoller gestalten.
Gewerbemietrecht und Grundsteuer reformieren
Für lebenswerte Städte ist auch ein vielfältiges Angebot an kleinen Läden,
Handwerksbetrieben und Angeboten für Familien im direkten Wohnumfeld entscheidend. Gerade
kleine Gewerbetreibende in den begehrten Lagen können sich die steigenden Mieten vielfach
nicht mehr leisten. Damit wird die Knappheit auch für den Wirtschaftsstandort zu einer
ernsten Bedrohung für Vielfalt. Deshalb muss auch das Gewerbemietrecht reformiert werden.
Auch für Gewerbetreibende braucht es eine Begrenzung von Mieterhöhungen, eine
Mietpreisbremse bei Neuvermietung und einen wirksamen Kündigungsschutz. Die Wirtschaft
braucht Planungssicherheit: Die Praxis, Mietverträge auf kurze Zeiträume von zum Beispiel
einem Jahr zu befristen, muss beendet werden.
Die Reform der Grundsteuer ist überfällig, da sie auf veralteten Werten beruht, die
inzwischen verfassungswidrig sind. Die große Koalition hat die Reform immer wieder
verschleppt und gefährdet so 14 Milliarden Euro, auf welche die Kommunen dringend angewiesen
sind, um neue Sozialwohnungen zu bauen. Wir wollen sicherstellen, dass durch die Reform
nicht die Mieter*innen belastet werden. Deshalb werden wir die Umlagefähigkeit der
Grundsteuer auf die Mieter*innen abschaffen. Für bestehende Vereinbarungen, die dem
entgegenstehen, werden wir eine angemessene Übergangsfrist gewähren. Außerdem müssen Städte
und Gemeinden die Möglichkeit haben, mit der Grundsteuer zu steuern und
Stadtentwicklungspolitik zu betreiben. Dafür sollen sie für unterschiedliche Stadtgebiete
auch unterschiedlich hohe Steuersätze festlegen dürfen.
3. Spekulation, Geldwäsche und Steuerumgehung beenden
Die Explosion der Immobilienpreise zeigt, dass Wohnungen und Grundstücke zum
Spekulationsobjekt auf den Finanzmärkten geworden sind. Nicht nur die Mieter*innen leiden
unter dieser Entwicklung. Mehr und mehr Expert*innen warnen vor einer Immobilienpreisblase
in Deutschland, deren Platzen verheerende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte.
Wir wollen zu einem Wohnungsmarkt zurückkehren, der nicht vom Spekulationsinteresse
getrieben wird.
Durch die Steuerumgehung mittels sogenannter Share Deals gelingt es großen
Wohnungsgesellschaften, Immobilien zu kaufen, ohne dafür Grunderwerbsteuer zu zahlen. Immer
größere Wohnungsbestände sind in die Hand von börsennotierten Konzernen, internationalen
Gesellschaften und Private Equity Fonds geraten. Auch die deutsche Körperschaftsteuer wird
so umgangen. Wir werden die Praxis der steuerfreien Share Deals beenden, indem wir schon bei
einem Verkauf der Mehrheit einer Gesellschaft zumindest anteilig Grunderwerbsteuer erheben.
Außerdem wollen wir für die Länder die Möglichkeit schaffen, die Grunderwerbsteuer
progressiv auszugestalten. Wenn Wohnungskonzerne große Immobilienbestände aufkaufen, soll
eine höhere Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn Privatpersonen eine Wohnung kaufen, um
selbst darin zu wohnen. So wird die Grunderwerbsteuer zu einer Antispekulationssteuer.
Der deutsche Wohnungsmarkt gilt in Europa als Paradies für Geldwäsche. Mit Geldern aus
kriminellen Geschäften wie Bestechung, Waffenhandel oder Steuerhinterziehung werden deutsche
Immobilien aufgekauft, denn die Gefahr, entdeckt zu werden, ist in Deutschland gering. Der
deutsche Wohnungsmarkt ist bei russischen Oligarchen und der italienischen Mafia ebenso
populär wie bei griechischen, deutschen oder amerikanischen Steuerhinterzieher*innen.
Deutschland gilt für sie als sicherer Hafen. Das von der großen Koalition eingeführte
Transparenzregister hat daran wenig geändert. Noch immer ist es in vielen Fällen nicht klar,
wem eine Immobilie letztlich gehört. Die wahren Eigentümer*innen verstecken sich oftmals
hinter verschachtelten Beteiligungsstrukturen. Transparenz darf deshalb in Zukunft nicht nur
drauf stehen, sondern muss auch drin sein. Für jede Immobilie in Deutschland müssen
wirtschaftlich Berechtigte und die letztlich dahinterstehenden natürlichen Personen benannt
werden – ohne jede Ausnahme. Das Transparenzregister selbst soll öffentlich zugänglich
werden, um seinem Namen auch endlich gerecht zu werden. Mindestens Journalist*innen,
Nichtregierungsorganisationen und den Bewohner*innen der Immobilien selbst muss ein
berechtigtes Interesse daran eingeräumt werden, so dass sie einfach und jederzeit Zugang zu
den Namen haben. Bei Gesellschaften als Eigentümer*in einer Immobilie muss auch im Grundbuch
über eine Identifikationsnummer ersichtlich sein, wer sich konkret dahinter verbirgt.
Gesellschaften, die nicht im Transparenzregister eingetragen sind, werden wir den Kauf von
Immobilien künftig nicht mehr gestatten.
Die Geldwäsche mit deutschen Immobilien wird zur Zeit auch dadurch stark vereinfacht, dass
der Immobilienkauf in Deutschland auch mit Bargeld stattfinden darf. In anderen europäischen
Ländern ist dies meist schon aufgrund von Obergrenzen für die Zahlung mit Bargeld nicht
möglich. Eine solche Obergrenze werden wir beim Kauf von Immobilien ebenfalls einführen.
Makler*innen und Notar*innen werden dazu verpflichtet, die Herkunft der Gelder zu
überprüfen. Bei Verdacht auf Geldwäsche muss immer eine Meldung an die Behörden erfolgen und
in Fällen, bei denen die Herkunft der Gelder nicht identifiziert werden kann, darf der
Kaufvertrag nicht mehr notariell beglaubigt werden. Wir setzen hierbei auch auf
Fortbildungen für Makler*innen und Notar*innen und auf die Zusammenarbeit mit den Kammern
und Berufsverbänden. Außerdem sollen künftig bei jedem Immobilienkauf die Finanzbehörden
informiert werden, auch wenn die Käufer*innen nicht in Deutschland steuerpflichtig sind. In
diesem Fall sollen Meldungen an die zuständigen Finanzbehörden des Landes erfolgen, in dem
die Käufer*in und der wirtschaftlich Berechtigte steuerpflichtig sind. So helfen wir auch
anderen Staaten bei der Verfolgung von Steuerhinterzieher*innen und anderen Kriminellen.
Alle Maßnahmen gegen Geldwäsche helfen aber wenig, wenn die Behörden nicht dazu in der Lage
sind, sie auch durchzusetzen. Wir werden die Ausstattung im Bereich Kontrolle erheblich
verbessern und das Personal deutlich aufstocken.
Auch steuerliche Sonderbehandlungen machen Immobilien als Investitionsobjekt interessant und
treiben damit Preise und Mieten in die Höhe. Diese steuerlichen Vorteile wollen wir abbauen
beziehungsweise nur noch gemeinnützigen Eigentümer*innen gewähren. Für Veräußerungsgewinne
von nicht selbstgenutztem Wohneigentum wollen wir die Spekulationsfrist verlängern und auch
bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften sicherstellen, dass
Wertsteigerungen der Immobilien besteuert werden.
4. Wohnen wird klimaneutral
Klimafreundliche Modernisierung
Wir wollen Fehlentwicklungen bei der energetischen Gebäudesanierung beenden. Energetische
Modernisierung soll klaren Kriterien folgen: mehr Klimaschutz, so warmmietenneutral wie
möglich, ohne Verdrängung sowie in Übereinstimmung mit den Mieterinnen und Mietern. Zusammen
mit einem Energiesparrecht und einer Förderung, die die Modernisierungen auf den nötigen
Klimaschutzpfad bringen, wollen wir so energiesparende Gebäude zu geringstmöglichen Kosten
schaffen und die Klimaschutzziele im Gebäudebereich erreichen. Zentral wird dabei sein, auch
die Wärme erneuerbar zu machen. Ideale Systeme dafür sind die Nah- und Fernwärmenetze, die
sich aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen speisen. Dort, wo die Besiedlungsstruktur
es hergibt, müssen wir weg von der Einzelhausbetrachtung hin zu einer Quartiersbetrachtung.
Durch diese Strategie hat es zum Beispiel Dänemark geschafft, den Anteil der Erneuerbaren im
Wärmebereich auf 65 Prozent zu bringen und sie zielen auf 80 Prozent bis 2030. In
Deutschland beträgt der Anteil 14 Prozent – meist aus Biogas-Anlagen.
Kosten für Luxusmodernisierungen, wie beispielsweise einen neuen Balkon oder schicke
Waschbecken, dürfen nicht weiter gegen den Mieterwillen auf die Miete umgelegt werden, denn
sie führen regelmäßig zu Preissteigerungen. Freiwillige Vereinbarungen zwischen
Vermieter*innen und Mieter*innen sind davon unbenommen. Um jedoch den CO2-Ausstoß wie auch
die Energiekosten zu senken, ermöglichen wir eine, auch angesichts niedriger
Finanzierungskosten angemessene Umlage. Statt heute acht Prozent der Kosten sollen höchstens
vier Prozent im Jahr auf die Miete umgelegt werden dürfen, jedoch nicht mehr als 1,50 Euro
pro Quadratmeter und Monat in acht Jahren. Die Berechnung der Umlage soll dabei die Höhe der
maximal verfügbaren öffentlichen Fördermittel berücksichtigen, um einen Anreiz für die
Vermieter*innen zu schaffen, sie auch in Anspruch zu nehmen. Mieter*innen sollen einen
Gutschein für einen kostenlosen Klima-Check erhalten, um zu ermitteln, wo sie Energie und
Kosten einsparen und das Klima schützen können. Eine Beschwerdestelle für Mieter*innen soll
künftig im Streitfall klären, ob die Modernisierungsmaßnahmen tatsächlich wie angekündigt
Energie und Kosten einsparen und im Einklang mit Energiesparrecht und Sanierungsfahrplan
sind. Selbstnutzende Eigentümer*innen wollen wir mit einem Steuerbonus bei der energetischen
Sanierung ihrer Wohnungen und Häuser unterstützen. Diese Gruppe modernisiert weniger als
Wohnungsunternehmen, daher muss es für sie attraktiver werden, an öffentliche Fördermittel
zu gelangen.
Wir wollen einen dynamisch angelegten, wirksamen CO2-Preis für den Wärmesektor einführen,
der sich planbar an den Kosten des CO2-Ausstoßes des Energieträgers orientiert. Zudem wollen
wir, dass der CO2-Preisbestandteil auf Wärmebrennstoffe als Investitionsanreiz für die
Vermieter*innen wirkt, den energetischen Zustand ihrer Gebäude zu verbessern.
Unternehmen und Privatpersonen brauchen Planungssicherheit für ihre
Investitionsentscheidungen. Deshalb wollen wir erstens mit einem Energiespargesetz einen
klaren Pfad vorgeben, wie viel Energie in welchen Bereichen bis wann eingespart werden muss.
Im Gebäudebereich wollen wir zweitens das schwer zu durchblickende Regelungsdickicht durch
ein einfaches und transparentes Energiesparrecht ersetzen. Anstatt jedes Bauteil einzeln zu
bewerten, wollen wir die CO2-Emissionen und den realen Wärmebedarf eines Gebäudes zur
maßgeblichen Steuerungsgröße machen.
Den genauen Fahrplan für die Modernisierung älterer Gebäude erstellen sachverständige
Energieberater*innen im Einklang mit der baukulturellen Gestaltung. Eigentümer*innen können
den Fahrplan auf Antrag kostenlos erstellen lassen. Für die einzelnen Stationen im Klima-
Fahrplan des Gebäudes gibt es öffentliche Fördermittel. Bei Neubau muss das Passivhaus zum
verpflichtenden Standard werden, denn die beste Energie ist diejenige, die man gar nicht
erst verbraucht. Für Denkmäler gelten Ausnahmen. Wird die Heizung neu eingebaut oder
getauscht, müssen künftig Anteile erneuerbare Wärmeenergie wie Wärmepumpen, Solarwärme oder
CO2-arme Nahwärme aus einem anliegenden Netz eingesetzt werden. Öffentliche Förderung gibt
es nur ab einem solchen Klimapfad.
Die Potenziale für solare, CO2-freie Wärme werden heute völlig unzureichend genutzt. 2017
wurden nur knapp acht Terawattstunden Solarwärme genutzt. Für eine vollständig erneuerbare
Wärmeversorgung ist mindestens das Zehnfache erforderlich. Doch bisher behindern staatliche
Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe für fossile Heizungen sowie fehlende gesetzliche
Vorgaben für erneuerbare Wärme im Gebäudebestand den zügigen Ausbau der Solarthermie. Der
Einbau von Öl- und Gasheizungen wird noch immer in Millionenhöhe vom Bund gefördert. Diese
klimaschädliche Form des Heizens muss ein Ende haben. Ölheizungen dürfen künftig nicht mehr
eingebaut werden. Zusätzlich wollen wir ein Förderprogramm für den Tausch von Öl- und
Gasheizungen gegen moderne Heizungen mit Sonnenwärme, Wärmepumpe oder Holz auflegen. Ebenso
soll der Einsatz von erneuerbarer Wärme ab sofort verpflichtend werden, wenn eine fossile
Heizung sowieso ausgetauscht wird.
Energetische Quartierssanierung
Wir denken energetische Gebäudesanierung nicht länger nur von Haus zu Haus, sondern in
Zusammenhängen von städtischen Quartieren, Gewerbegebieten, Dörfern oder Siedlungen. Dadurch
stärken wir gemeinschaftliche Versorgungslösungen, die energieeffizienter und günstiger sind
als eine Vielzahl von Einzellösungen.
Nahwärmenetze ermöglichen es, örtlich erzeugte Wärme aufzunehmen, mit Speichern zu
verknüpfen und effizient zu verteilen – insbesondere in dicht bebauten Quartieren. Deshalb
wollen wir sie CO2- und energiesparend ausbauen und stärker fördern, wenn sie zur lokalen
Klimastrategie passen. Wir wollen Wärmenetze dazu für die Einspeisung erneuerbarer Wärme
öffnen, etwa von großflächigen Solarthermieanlagen, hocheffizienten Groß-Wärmepumpen und
Power-to-Heat aus temporären Stromüberschüssen. Das Einspeisen besonders effizienter
Wärmeenergie aus Kraft-Wärme-Kopplung oder bisher ungenutzter Wärmequellen wie Abwärme oder
Abwasserwärme aus der Industrie, Rechenzentren oder Kläranlagen wollen wir fördern. Wir
werden eine Solarpflicht für Photovoltaik auf Neubauten einführen. Für die energetische
Quartierssanierung legen wir ein finanzstarkes Förderprogramm auf, um in Gebieten, in denen
viele Gebäude sanierungsreif sind, die Sanierung zu erhöhen und warmmietenneutrale
Sanierungen für Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen zu ermöglichen.
Mit dem Quartiersprogramm „Gutes Klima im Quartier“ wollen wir der Verdrängung von Menschen
mit geringem Einkommen entgegenwirken und den Zusammenhalt in den Stadtvierteln erhalten.
Aber auch Kommunen sollen darüber unterstützt werden, damit sie gezielt verbindliche
Klimafahrpläne mit passender Wärmeplanung auflegen und zugleich soziale Fördervereinbarungen
mit den Eigentümer*innen für die Modernisierung der Einzelgebäude treffen können.
Mieter*innen und selbstnutzende Eigentümer*innen mit kleinen Einkommen sollen bei Bedarf
einen Sozialplan mit Modernisierung ohne Erhöhung der Warmmieten bzw. für tragbare
Investitionskosten bekommen können. Hierfür gibt es einen Förderbonus zusätzlich zur
heutigen KfW-Förderung.
Ökologisch bauen und wohnen
Die Klimakrise erfordert, dass wir das Leben in unseren Städten neu denken. Von Hitzewellen
sind die Bewohner*innen von Städten besonders betroffen, da Städte heißer werden als das
Umland und, je nach Bebauung, einen zusätzlichen Hitzeinseleffekt haben. Während einer
Hitzewelle kann es hier noch einmal bis zu acht Grad heißer sein als im Umland. In Berlin
könnte so bald ein Klima wie heute im australischen Canberra herrschen.
Deshalb müssen wir beim Städtebau dringend für Kühlung sorgen. Statt Asphaltwüsten und
Hitzeinseln braucht es grüne Oasen in unseren Städten. Wasserflächen, Bäume, Parks, grüne
Dächer und Fassaden wirken wie natürliche Klimaanlagen. In Grünflächen und -dächern kann
Starkregen-Wasser versickern und gespeichert werden. Das kühlt und entlastet die
Kanalisation immens.
Für das Bauen werden in Deutschland jährlich 250 Millionen Tonnen Sand und Kies sowie 230
Millionen Tonnen Naturstein abgebaut. Das geht mit der Zerstörung von Landschaften und
Lebensräumen einher. Gleichzeitig landen 200 Millionen Tonnen größtenteils
wiederverwertbarer Bauabfälle auf Deponien. Um das Recyceln dieser Baustoffe zu fördern,
wollen wir, dass die Länder auf Primärrohstoffe, entsprechend der Ausbeutung von Öl und Gas,
eine Abgabe nehmen können.
Für die Herstellung der Baustoffe selbst wird ein Vielfaches der Energie verbraucht, die das
entstehende Gebäude später pro Jahr benötigt. Deshalb wollen wir bei der Klassifizierung von
Bau- und Dämmstoffen die Umweltauswirkungen und den Energieeinsatz bei der Herstellung
berücksichtigen, die sogenannte graue Energie. Künftig muss der Bund in seinen Gesetzen und
Förderprogrammen statt Styropor und Co. fossilfreie und CO2-speichernde Materialien aus
nachwachsenden Stoffen wie Holz belohnen.
Damit auf den Dächern von Wohn- und Mietshäusern Solaranlagen entstehen und durch Haushalte
oder E-Mobilität genutzt werden können, müssen auch Solaranlagen aus dem Quartier als
Mieterstrom gefördert werden können, ohne Mengenbegrenzungen. Das neue Mieterstromgesetz ist
dafür jedoch ungeeignet – viel zu bürokratisch und unattraktiv. Deshalb wollen wir die
Anmeldung von Mieterstromanlagen und bestehende Beschränkungen vereinfachen. Und schließlich
ist es unser Ziel, dass bei allen bundeseigenen Gebäuden ab einer Nutzfläche von 500
Quadratmetern möglichst Solarthermie und Photovoltaik genutzt werden.
5. Solidarisches Eigentum sichern und erweitern
Deutschland ist Mieter*innenland. Die Wohnungsmärkte – vor allem in unseren großen Städten –
waren lange geprägt von öffentlichen Wohnungsgesellschaften, großen Beständen an
Sozialwohnungen und sozialen Eigentümern wie Genossenschaften. Dieses Modell hat
sichergestellt, dass Mieter*innen vor drastischen Mieterhöhungen geschützt waren und man in
Deutschland keine Immobilie besitzen musste, um auch in Zukunft bezahlbar wohnen zu können.
Ein funktionierender Wohnungsmarkt braucht neben einem hohen Bestand an öffentlichem und
gemeinwohlorientiertem Eigentum aber auch privates, selbstgenutztes Wohneigentum. Wir wollen
die Länder ermächtigen, die Grunderwerbssteuer für große Wohnungsunternehmen wirksam zu
erhöhen, und im Gegenzug die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu
gestalten, sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Wo andere auf finanzmarktgetriebene
Wohnungsmärkte oder auf riesige staatliche Wohnungskonzerne setzen, ist das grüne Leitbild
das gemeinschaftliche und solidarische Eigentum.
Wir wollen Menschen auch und gerade beim Wohnen sowie der Gestaltung ihres Wohnumfelds ein
selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Daher werden wir gemeinwohlorientierte Akteur*innen wie
kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ebenso unterstützen wie den
gemeinschaftlichen Erwerb von Immobilien durch die Mieter*innen. Es sind diese Akteur*innen,
die Vorfahrt auf dem Wohnungsmarkt bekommen sollen. Die Erfahrungen zeigen nicht nur, dass
selbstverwaltete Projekte funktionieren und auch langfristig tragen – wie zum Beispiel das
„Mietshäusersyndikat“ eindrücklich zeigt. Das gemeinsame Agieren für den Stadtteil und die
Gemeinschaft schafft echten Mehrwert sowie ein sozialeres und lebendigeres Umfeld: dauerhaft
bezahlbaren Raum zum Wohnen, vielfältige gemeinschaftlich betriebene Gebäude und nicht
kommerzielle, öffentliche Räume für Stadtteilaktivitäten und Kultur sowie die Erfahrung,
wirklich etwas bewegen zu können.
Wo Anonymität und Vereinsamung zum Problem werden, können gemeinschaftliche Formen des
Wohnens dazu beitragen, dass wieder aktive Nachbarschaften entstehen, in denen Menschen
generationenübergreifend füreinander Verantwortung übernehmen und sich gegenseitig helfen.
Deswegen werden wir Arten von gemeinschaftlichem Wohneigentum der direkten Bewohner*innen
öffentlich fördern und dafür den nötigen Grund und Boden bereitstellen. Sie sollen
beispielsweise Vorrang bei Konzeptvergaben erhalten. Und der Immobilienerwerb sollte nicht
an der Finanzierung scheitern. Weil große Konzerne jederzeit Zugang zu günstigen Krediten
haben, wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Dafür werden wir verschiedene
Finanzierungsformen wie günstige Kredite von öffentlichen Banken, Garantien und Bürgschaften
prüfen. Außerdem soll das Vorkaufsrecht auf soziale Akteure wie Genossenschaften oder auch
gemeinnützige GmbHs ausgeweitet werden und diese Akteure auch bei der Ausübung des
Vorkaufsrechts unterstützt werden. Hier kommen für uns Mischformen aus öffentlichem und
privatem Eigentum in Betracht. So könnten beispielsweise kommunale oder landeseigene
Wohnungsgesellschaften oder auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ein
Teileigentum erwerben. Das verhindert den weiteren Ausverkauf an börsennotierte und
renditeorientierte Kapitalgesellschaften und schafft solidarische Eigentumsformen.
Weiterhin werden wir Mietkauf für selbstgenutztes Wohneigentum fördern. So kann der
Zinsvorteil des Staates an junge Familien weitergegeben werden, denen es ermöglicht wird,
Wohneigentum zu erwerben. Um sicher zu stellen, dass günstig gebaut und verkauft wird,
sollte eine öffentliche Ausschreibung für den Bau der Wohnungen erfolgen und sie sollten auf
öffentlichem Bauland in Erbpacht gebaut werden.
Mehr Menschen sollen sich Wohneigentum leisten können. Wir wollen die Grunderwerbssteuer für
große Wohnungsunternehmen wirksam machen und erhöhen, im Gegenzug gleichzeitig den Ländern
ermöglichen, die Grunderwerbssteuer für private Besitzer*innen progressiv zu gestalten,
sofern diese den Wohnraum selbst nutzen. Auch die Kosten für die Makler*innen treiben die
Preise in die Höhe. Zum Teil werden mehr als sieben Prozent des Kaufpreises verlangt, was
weit über dem in anderen Ländern üblichen Werten liegt. Daher werden wir das
Bestellerprinzip einführen: Künftig zahlt derjenige die Courtage, der auch die Maklerin
bestellt. In aller Regel ist dies die Verkäufer*in einer Immobilie. Zusätzlich werden wir
die Höhe der Gebühr gesetzlich für die Käufer*in auf maximal zwei Prozent deckeln.
Das Baukindergeld der großen Koalition werden wir abschaffen, weil es einen Mitnahmeeffekt
hat und wir die Mittel effizienter verwenden können. Außerdem werden wir Baugenossenschaften
fördern und die Menschen dabei unterstützen, genossenschaftliches Teileigentum an Wohnungen
zu erwerben. Dafür werden wir zinslose Darlehen und Zuschüsse zur Eigenkapitaleinlage
gewähren. Damit wird auch Menschen geholfen, die sich den vollständigen Kauf einer Immobilie
nicht leisten können.
Schon 1967 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Nutzung von Grund und
Boden nicht dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen
vollständig überlassen werden kann. Demnach sind gerade bei Grund und Boden die Interessen
des Allgemeinwohls höher zu werten als bei anderem Vermögen. Die in Artikel 14 des
Grundgesetzes geregelte Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist aber mehr und mehr
verlorengegangen. Wir wollen sie wieder herstellen. Die Möglichkeit zur Vergesellschaftung
gegen Entschädigung ist in unserer Verfassung ausdrücklich vorgesehen. Wir würden uns
wünschen, dass die Umstände die Kommunen nicht zwingen, dieses letzte Mittel anzuwenden, um
das Sozialstaatsgebot zu erfüllen. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer
sozialen Verantwortung nachzukommen, kann die öffentliche Hand diesen Schritt gehen.
Enteignungen im Einzelfall sind nicht nur im Grundgesetz vorgesehen, sondern erfolgen auch
regelmäßig, etwa wenn eine neue Autobahn gebaut werden soll. Der richtige Umgang mit
Enteignungen ist pragmatisch, nicht ideologisch. Wir wollen Enteignungen nur als letztes
Mittel anwenden, wenn es zu einem groben Missbrauch des Eigentumsrechts kommt. Etwa wenn mit
Bauland spekuliert, wertvoller Wohnraum bewusst nicht vermietet (spekulativer Leerstand),
trotz eines ausgesprochenen Baugebots weder gebaut noch verkauft wird oder wenn große
Wohnungsgesellschaften dauerhaft ihren Pflichten nicht nachkommen. Ob eine Enteignung
ökonomisch Sinn macht und das richtige Mittel ist, muss jeweils kommunal entschieden werden
und wird wesentlich von den erwarteten Kosten für die Steuerzahler*innen abhängen.
weitere Antragsteller*innen
- Claudia Schulte (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Ralf Bohr (KV Bremen-Ost)
- Urban Aykal (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Pascal Striebel (Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg KV)
- Taylan Kurt (KV Berlin-Mitte)
- Wolfgang Schmidt (KV Berlin-Kreisfrei)
- Uwe Dietrich (KV Hildesheim)
- Silke Gebel (KV Berlin-Mitte)
- Antonia Schwarz (Berlin-Kreisfrei KV)
- Mona Hille (KV Berlin-Mitte)
- Rashmi-Alena Grashorn (KV Hildesheim)
- Karolina Ziehm (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Sylvia Momsen (KV Frankfurt)
- Hanna Steinmüller (KV Berlin-Mitte)
- Kordula Schulz-Asche (KV Main-Taunus)
- Cihan Mutlu (KV Berlin-Kreisfrei)
- Magnus Heise (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Deniz Yildirim (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sabine Deitschun (KV Berlin-Kreisfrei)
- Max Bleif (KV Ludwigsburg)
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Anja Kleffner:
Anja Kleffner
LAG Gesundheit & Soziales