Als ehemaliger Banker mit fast 20 Jahren intensiver Berufserfahrung in Großbanken (bis Ende 2011 Commerzbank, zuvor Dresdner Bank und DZ Bank) im Risikocontrolling und der Regulatorik möchte ich auf folgende Sachverhalte aufmerksam machen:
1. Gerade Kommunen unter dem Schuldenbremsenregime dürften kaum die erforderliche Rekapitalisierung ihrer Sparkassen vornehmen können. In Summe dürften Kommunen einen zweistelligen Milliardenbetrag aufbringen müssen, genauere Zahlen ließen sich über den Deutschen Sparkassenverband in Erfahrung bringen. Auch im Genossenschaftssektor werden Milliarden Nachschusspflicht der Genossen nötig, vermutlich höher verzinslich als im Sparkassenbereich und somit die Wettbewerbsverhältnisse zu deren Ungunsten verschoben.
2. Die hohe ungewichtete Eigenkapitalquote reduziert zudem das mögliche Kreditvolumen und erhöht dadurch die Kreditkosten gerade von kleinen und mittelständischen Kreditnehmern, aber auch der Privatkunden. Große Unternehmen können sich weiterhin direkt kostengünstig über den Kapitalmarkt finanzieren. Wollen wir Grünen diese skizzierte Entwicklung wirklich?
3. Regulatorische Vorschriften erfordern beispielsweise für den Zahlungsverkehr und das Einhalten bestimmter Liquiditätskennziffern, die nach der Lehmannpleite in 2008 eingeführt wurden, das Halten von risikolosen, niedrigst verzinsten Papieren des Bundes und Ähnlichem. Unter dem Regime einer EK-Quote von 10% (ungewichtet) dürften nahezu alle Banken wirtschaftlich nicht mehr rentabel arbeiten können und in die Insolvenz getrieben werden. Ausländische Marktakteure würden ggf. einspringen und die Abhängigkeit der Finanzierung vom Ausland verstärken. Die nicht vorhandene kapitalgedeckte staatliche Rentenversicherung führt schon jetzt dazu, dass große ausländische Kapitalsammelstellen einen zunehmenden Einfluss auf unsere Wirtschaft - Stichwort Blackrock - und Zivilgesellschaft ausüben. Auch das kann nicht im Interesse der Grünen liegen.
4. Wie soll unter der verschärften Kapitalausstattung der immense Finanzbedarf zum Stemmen der Energiewende - aber noch viel wichtiger - zur Bewältigung der Klimakrisefolgen bzw. deren Abwendung bereit gestellt werden?
5. Die diversen Bankenlobbyverbände werden sich auf diesen Passus stürzen und ihn fundiert auseinander nehmen. Es besteht die große Gefahr, dass diese berechtigte Kritik die vielen sehr guten Vorschläge und Ideen medial ins Hintertreffen geraten lässt und wir als Grüne in Sachen Wirtschaftskompetenz einen großen Rückschlag erleiden dürften.
Dies sollen die aus meiner Sicht wesentlichen Punkte sein, die Liste der Cons ließe sich aber noch fortführen.
Antrag: | Anders Wirtschaften für nachhaltigen Wohlstand - Auf dem Weg in die sozial-ökologische Marktwirtschaft |
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Antragsteller*in: | Volker Beer (KV Borken) und 21 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 14%) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 25.10.2019, 13:36 |
Kommentare
Martin Specht:
um überhaupt noch profitabel arbeiten zu können, werden Banken in sehr viel risikoreichere Geschäfte als heute getrieben. Man erreicht so genau das Gegenteil von der Absicht nach mehr Stabilität. Aus meiner Sicht, sollte sich eine wirkungsvolle Regulierung auch um die Aktivseite der Bankbilanzen kümmern.
Volker Beer:
Dieter Schwarze:
Jürgen Hentze:
Jürgen Hentze:
Jürgen Hentze:
Jürgen Hentze:
Signe Schwarze:
Volker Beer:
Gabriele Drees:
Volker Beer: