Wir sollten unsere bisherige agro-gentechnik-kritische Haltung (vgl. Grundsatzprogramm von 2002, S. 57) beibehalten – sowohl bezüglich der „alten Gentechnik“ als auch bei neuen gentechnischen Verfahren („Genome Editing“, z. B. CRISPR/ Cas) – und den Einsatz von GVO (= gentechnisch veränderte Organismen) in der Landwirtschaft und bei Lebensmitteln weiterhin ablehnen bzw. sehr kritisch sehen.
Es gibt viele Gründe, die gegen die Agro-Gentechnik und GVO-Freisetzungen sprechen:
1. ökologische/ biologische Gründe:
- Gefahr von unerwarteten Nebeneffekten bei GVO (Wechselwirkungen der veränderten Gene mit anderen Genen, …)
- Gefahr der unkontrollierten GVO-Ausbreitung durch Pollen-Auskreuzung, Saatgutkontamination und Flächenkontamination durch transgene Ausfallsamen
- nach GVO-Freisetzung und Auskreuzung: in der Regel irreversibel bzw. nicht rückholbar
- Bedrohung für die ökologische und die konventionelle gentechnikfreie Landwirtschaft
- weniger Artenvielfalt bei großindustriellem GVO-Anbau.
2. soziale/ gesellschaftliche Gründe:
- Große Versprechungen konnten nicht eingehalten werden – stattdessen ergaben sich z. B. bei glyphosatresistenten GVO Folgeprobleme wie herbizidresistente Unkräuter („Super-Weeds“), auf die mit noch mehr Herbizideinsatz und noch mehr Gentechnik („stacked genes“) reagiert worden ist.
- Probleme durch Patentierungen von Genen und GVO
- Gefahr von Machtkonzentrationen bei großen Saatgutkonzernen
- Die Gentechnik-Forschung ist sehr teuer und bindet Geld und wertvolle Ressourcen für ethisch und ökologisch sinnvolle Projekte.
- Die Agro-Gentechnik ist eine Hochrisikotechnologie und im Sinne des Vorsorgeprinzips grundsätzlich sehr kritisch zu bewerten.
3. ethische Gründe
- Achtung, Wertschätzung und Respekt vor Lebewesen bzw. unseren „Mitgeschöpfen“ und deren Integrität (vgl. Albert Schweitzer: „Ehrfurcht vor dem Leben“)
- Bewahrung der Schöpfung bzw. Bewahrung der Natur und aller Lebewesen mit all ihren Eigenarten, „so wie sie sind“, für künftige Generationen.
Sowohl der BUND als auch die Verbände des Ökologischen Landbaus (Demeter, Bioland, Naturland, …), die AbL e. V. und andere Umweltorganisationen und die breite Mehrheit der Verbraucher*innen lehnen Gentechnik in der Landwirtschaft und bei Lebensmitteln ab.
Die Denkweise in der Genforschung, Lebewesen auf ihre Gene bzw. ihre DNA zu reduzieren – ohne die Komplexität des Genoms und Wechselwirkungen zwischen Genen zu berücksichtigen – und durch Gentechnik zu versuchen, sie für bestimmte Zwecke besser „passend“ zu machen, ist problematisch, da sie anthropozentrisch, reduktionistisch und mechanistisch ist und den Blick auf Alternativen versperrt.
Wir und unsere Erde werden eine gute Zukunft haben, wenn wir im Einklang mit der Natur leben und alle Lebewesen – so wie sie sind – achten, wertschätzen und schützen.
Das Potential der Agro-Gentechnik wird stark überschätzt.
Alternativen „mit der Natur“ und in Zusammenarbeit mit Bäuer*innen und Verbraucher*innen sind bei der Suche nach Lösungen auf wichtige Herausforderungen wie den Klimawandel und die Ernährung der Weltbevölkerung in aller Regel günstiger und deutlich effektiver.
Die Ressourcen, die durch die relativ teure, aufwändige und langwierige Gentechnik-Forschung gebunden werden, werden wir demnächst brauchen, um zukünftigen Problemen wie dem Klimawandel effektiv, ökologisch und nachhaltig begegnen zu können.
Wir brauchen keine GVO hervorzubringen, denn es gibt sinnvolle, ethisch und ökologisch unproblematische Alternativen wie z. B.:
- ökologischer Landbau und umweltschonender konventioneller Landbau
- robuste, konventionell und ökologisch gezüchtete, nachbaufähige Nutzpflanzensorten
- ökologische und nachhaltige Anbausysteme (z. B. Mischkulturen) und Züchtungsprojekte
- Umweltbildung von Bäuer*innen und Verbraucher*innen
- Maßnahmen zur besseren Lagerung und Verteilung von Lebensmitteln
- fleischarme bzw. vegetarische/ vegane Ernährung.
Diese Alternativen sollten wir in Zukunft – statt der zurzeit relativ einseitigen finanziellen Förderung der Genforschung – mehr als bisher fördern und nutzen.
Eine gute Zukunft für uns Menschen und unsere Erde liegt in einer ökologischen, gentechnikfreien, bäuerlichen, nachhaltigen und auf Vielfalt basierten Landwirtschaft.
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