Die Friedensbewegung bildet einen wesentlichen Wurzelgrund der grünen Parteigründung. Maßgebliche Gründungsgestalten der Grünen wie Petra Kelly und Roland Vogt waren engagierte und überzeugende Vertreter*innen eines aktiven Pazifismus. Als einer von vier Grundwerten prägte Gewaltfreiheit folglich die Anfänge der grünen Partei. Später brachte Bündnis 90 die Erfahrungen des gewaltfreien Umbruchs in der DDR in die neue gemeinsame Partei ein. Nach den schwierigen Entscheidungen in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung für Kriegseinsätzen in Serbien/Kosovo und in Afghanistan hat unsere Partei im Jahr 2002 das momentan noch gültige Grundsatzprogramm beschlossen. Auch in diesem Grundsatzprogramm von 2002 zählt Gewaltfreiheit zu den sechs Grundsätzen: „Unsere Grundposition heißt: Wir verbinden Ökologie, Selbstbestimmung, erweiterte Gerechtigkeit und lebendige Demokratie. Mit gleicher Intensität treten wir ein für Gewaltfreiheit und Menschenrechte. In ihrer Wechselbeziehung öffnen diese Grundsätze den Horizont bündnisgrüner Visionen.“ (S. 10) Diese Sätze in der Präambel sind die kürzeste und prägnanteste Darstellung unserer Grundwerte. Sie können aufgrund ihrer Prägnanz und zentralen Stellung im Text als Grundsatzprogramm im Grundsatzprogramm bezeichnet werden. In einem Th. Mohr: Änderungsantrag zur 45. Bundesdelegiertenkonferenz am 20. - 22. November 2020, Seite 2 eigenen Abschnitt der Präambel wird dann „unsere Politik der Gewaltfreiheit“ (S.14) genauer dargestellt. Im nun vorliegenden Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm wird der Grundwert Gewaltfreiheit allerdings durch den Begriff Frieden ersetzt. Angesichts der Geschichte von Bündnis90/Die Grünen stellt diese komplette Entfernung der Gewaltfreiheit aus den grünen Grundwerten keine Kleinigkeit dar! Wenn wir die Impulse und Visionen, die zur Gründung unserer Partei geführt haben, weiterhin ernst nehmen wollen, dürfen wir zumindest nicht zurückbleiben hinter der im Grundsatzprogramm von 2002 formulierten gemäßigten, jedoch auch radikalen Position: Bündnis90/Die Grünen treten ein, engagieren sich, setzen sich ein für Gewaltfreiheit, schaffen also Strukturen, die eine gewaltfreie Politik möglich machen. Auch in dieser Richtung hat die rot-grüne Bundesregierung mit der Einrichtung und Förderung entsprechender Institutionen wie staatlich geförderter Ziviler Friedensdienst, Zentrum Internationale Friedenseinsätze, Deutsche Stiftung Friedensforschung, mit einem ersten Aktionsplan Zivile Krisenprävention und mit ihrer Arbeit im Rahmen der UNO wichtige Zeichen gesetzt. Politisches Eintreten für Gewaltfreiheit ist eine langfristige Aufgabe, die von Generation zu Generation weitergereicht werden muss. In diesem Sinne sollten wir Grünen die traditionsreiche grüne Gewaltfreiheit nun nicht komplett beerdigen oder lediglich als Füllwort verwenden, sondern uns auch im neuen Grundsatzprogramm von unserem alten Grundwert „Gewaltfreiheit“ inspirieren lassen! Gewaltfreiheit muss deshalb als eine der Dimensionen des neuen Grundwerts „Frieden“ angemessen erläutert werden. Dafür enthält dieser Antrag einen Formulierungsvorschlag. Die Formulierung einer Überwindung der politischen Institution des Krieges stammt übrigens vom Physiker und Friedensforscher C.F. v. Weizsäcker. Aktuell dazu auch: Alex J. Bellamy (2019): World Peace (And How We Can Achieve It). Aus einer nicht-pazifistischen Sichtweise zeigt der australische Professor für Friedens- und Konfliktforschung, der sich viel mit Schutzverantwortung (R2P) befasst hat, wie Weltfrieden möglich wird.
Antrag: | Grundwerte: Die Werte, die uns einen |
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Antragsteller*in: | BAG Christ*innen (dort beschlossen am: 02.10.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 04.10.2020, 18:03 |
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