Ein Studium zur persönlichen oder beruflichen Weiterbildung zu beginnen oder vollenden, stellt für viele Menschen mit unsteten Bildungsbiographien eine große Hürde dar. Bildungswege hin zum Studium sind geprägt von sozialer und gesellschaftlicher Selektivität beim Übergang zwischen verschiedenen Schul- und Bildungsformen aber auch zwischen verschiedenen Lebensabschnitten. Immer wiederkehrende politische Schlagworte wie Steigerung des Studienerfolgs, Einhaltung der Regelstudienzeit, Senkung der Abbruchszahlen, Erhöhung der Studienerfolgszahlen, Durchlässigkeit der Hochschulen auch für sogenannte nicht traditionelle Studierendengruppen oder für Studierende in besonderen Lebenslagen wie Studierende mit Kind, mit Beeinträchtigung, kontinuierliche Gewinnung internationaler Studierender, Förderung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung etc. zeigen zwar die aktuellen Problemlagen des Hochschulsystems auf, und werden jedoch nur sehr zaghaft angegangen. Der Beginn wie auch der erfolgreiche Abschluss eines Studiums bleiben daher für viele Menschen eine Utopie.
Studierendenwerke sind als Anstalten des öffentlichen Rechts gesetzlich verpflichtet, die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange der Studierenden zu fördern. Dazu gehören neben dem Betreiben von Studierendenwohnheimen sowie Mensen und Cafeterien, der Beratung der Studierenden in sozialen, psychologischen und rechtlichen Fragen, der Studienfinanzierung (insbesondere der Umsetzung des BAföG), der Betreuung von Kindern und ausländischen Studierenden aber auch das Schaffen und die Förderung kultureller Angebote. Dazu erhält jedes Semesterbeiträge von den Studierenden und staatliche Zuschüsse, müssen aber auch eigene Einnahmen erwirtschaften, dabei jedoch die soziale Lage der Studierenden im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags aus dem Auge zu verlieren.
In den vergangenen Jahren stagnierten die staatlichen Zuschüsse trotz weiter steigender Studierendenzahlen, u.a. auch durch die hohe internationale Attraktivität des Studienortes Deutschland sowie der politischen Forderung, die Anzahl der internationalen Studierenden signifikant zu erhöhen. Daraus erfolgt eine erhöhte Nachfrage, die bestehende Infrastrukturen an ihre Grenzen bringen.
Nötige Kapazitätserweiterungen führen zu überproportionalen Kostensteigerungen, die alleine durch zusätzliche Semesterbeiträge der Studierenden und an der Studierendenzahl ansetzende Zuschüsse nicht abzudecken sind. Viele Studierendenwerke sind daher darauf angewiesen, einen zunehmenden Anteil ihrer Einnahmen über Erhöhungen der Semesterbeiträge und Preise zu erwirtschaften.
Damit wurden die Studierendenwerke jedoch in Konflikt mit ihrem gesetzlichen sozialen Auftrag gebracht. Ziel muss es daher sein, dass sich Bündnis 90/ Die Grünen zum Wert der Arbeit und den Aufgaben der Studierendenwerke bekennen und dafür eintreten diese hinlänglich auszufinanzieren. Dies fördert vor Allem den Wunsch nach einem gebührenfreien Studium, da so die Semesterbeiträge niedrig gehalten und soziale Hürden für Studierende und Studieninteressierte abgebaut werden können.
Da sich die Studierendenwerke in ihrer bisherigen, über 100-jährigen Arbeit als zuverlässige Partner der Studierenden bewährt haben, werden sie von uns bei der Bewältigung der kommenden Umstellungen und Veränderungen des Hochschulsystems und der notwendigen Neugestaltung des sozialen Infrastruktur für Studieninteressierte und Studierende in allen Lebenslagen unterstützt.
Vor allem bei der Schaffung eines neuen, gerechten Studienfinanzierungssystems werden wir auf ihre Expertise bauen. Ein System, das nicht nur allen Lebenslagen gerecht wird und ein vereinfachtes, digitalisiertes Voraussetzungsverfahren vorweist, sondern die Aufnahme eines Studiums und die Studienfinanzierung weniger abhängig von der eigenen oder familiären sozialen Herkunft macht und damit Hemmnisse für lebenslanges Lernen abbaut.
Ferner umfasst die Förderung der sozialen Infrastruktur rund ums Studium ebenfalls ein angemessenes und bezahlbares Angebot an studentischem Wohnraum. Dieser ist durch den nachhaltigen und ökologischen Aus- bzw. Neubau von Wohnheimen der Studierendenwerke zu schaffen. Im Gegensatz zu privaten Wohnheimanbietern können die Studierendenwerke durch ihren gesetzlichen Auftrag soziale Mieten für die Studierenden garantieren.
(Original-Begründung des Antrags an die Kreismitgliederversammlung)
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