Die Textstraffung im Bürger*innen-Räte-Teil kommt mit 69 statt 132 Worten aus. Der so gewonnene Platz lässt sich sehr gut für die direkt-entscheidende Form der partizipativen Demokratie nutzen.
Direkte Demokratie gehört von Anfang an und durchgängig zu den zentralen, zukunftsweisenden Forderungen von Bündnis 90/Die Grünen. Es liegt nahe und ist konsequent, diese Forderung sowohl für die Bundesebene als auch die Europäische Union zu erheben. Wer eine lebendige deutsche und europäische Öffentlichkeit will, muss die gemeinsame Meinungsbildung aller Bundes- und EU-Bürger*innen fördern und in einer gemeinsamen Willensbildung zu den gemeinsamen politischen Aufgaben münden lassen. Das geht sofort, sobald die Bundesbürger*innen und EU-Bürger*innen über wesentliche Weichenstellungen im Bund und in der europäischen Union tatsächlich selbst und direktdemokratisch entscheiden können.
Direkte Demokratie macht den humaner Sinn von Demokratie für alle Menschen direkt erlebbar:
Egal, wie prekär die eigene Lebenslage ist, jede Stimme zählt. Sie zählt bei der Abstimmung in der Summe genausoviel wie die Stimme der meistbegünstigten Mitbürger*innen. Sie zählt aber auch vorher und individuell bei der demokratischen Meinungsbildung. Das Recht, zu hören und gehört zu werden, steht allen zu. Sein Wert zeigt sich in der Begegnung: Menschen erscheinen in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit, mit vielfältigen Lebenserfahrungen, Lebensweisen und Lebensentwürfen, und sie begegnen einander mit denselben Rechten. Sie erleben, dass ihr eigenes politisches Handeln sichtbare Folgen hat und sie selbst gestaltend tätig werden können. Dies festigt das Selbstbewusstsein und motiviert zur Selbstreflektion. Es wächst auch die Bereitschaft, den Stimmen der Andern zuzuhören, auf sie zuzugehen und für Einigungen kreativ zu werden.
Konsequent durchgeführt wird die Direkte Demokratie unseren Kampf um gesellschaftliche Mehrheiten für die sozial-ökologische Transformation ganz wesentlich erleichtern, beschleunigen und zu grossen und dauerhaften Ergebnissen führen. Selbst schwierige Entscheidungen, die grossen Teilen der Bevölkerung z.B. den Verzicht auf seit langem gewohnte Konsummöglichkeiten abverlangen, werden damit greifbar. Parlamentarier*innen scheuen sich aus verständlichen Gründen, vielen Wahlberechtigten Verzicht zuzumuten. Aber wenn diese Wahlberechtigten sich selbst dazu entschliessen und bei Bürger*innenentscheiden mit Mehrheit eigene „Besitzstände“ opfern, dann werden endlich schnelle und grosse Schritte z.B. zu Verkehrs- und Agrarwende, zur internationalen Solidarität usw. usw. möglich. Direktdemokratische Entscheidungen werden allgemein anerkannt werden, selbst von denjenigen, die ihre Abstimmungsniederlage als sehr schmerzlich und das Beschlossene als grosses Opfer empfinden. Ihre Legitimität ist unbestreitbar. Einmal errungen, haben Abstimmungsresultate Bestand über mehrere Legislaturperiode hinaus. Sie lassen sich dann als feste Basis für weitere grosse Schritte nutzen.
Direkte Demokratie ist übrigens auch der beste Weg, die rechtspopulistischen und nationalistische Bewegungen in Deutschland und den anderen EU-Mitgliedsländern zu überwinden (gl. dazu https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Themen25_Die_neue_Angst_vor_der_direkten_Demokratie.pdf. Grundgesetz und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ( https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:12012P/TXT ) schützen Grund- und Minderheitenrechte umfassend und die präventive Normenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof sorgt von Anfang an dafür, dass Missbrauchsversuche gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit abgeschmettert wird. Umgekehrt wird der erfolgreiche direktdemokratische Kampf für emanzipatorische und inklusive Gesetzentwürfe mehr noch als alle gewonnenen Wahlen für alle sichtbar, eindeutig und unbestreitbar nachweisen, dass große und solide Mehrheiten eine menschen- und naturfreundliche Politik wollen.
Wenn im immer mehr Ländern die Menschen ihren politische Bildungsprozess selbst in die Hand nehmen und direktdemokratisch zu fruchtbaren Ergebnissen kommen, werden die menschlichen und strukturellen Grundlagen für globale deliberative Kommunikation gelegt. Ihr Ausbau soll fortschreiten, bis am Ende die Weltgesellschaft sich selbst als weltweite transnationale demokratische Gemeinschaft konstituiert. Es ist klar, dass diese konkrete Utopie erst nach jahrzehntelanger Bemühung auf allen Kontinenten Wirklichkeit werden kann.
- Dafür sind insgesamt 292 Worte durchaus nicht zuviel. -
Dieser neue Absatz wiederholt, ergänzt und konkretisiert unsere Beschlüsse zur Direkten Demokratie im Europawahlprogramm von 2019, https://cms.gruene.de/uploads/documents/B90GRUENE_Europawahlprogramm_2019_barrierefrei.pdf , S. 87 und 89, im Bundestagswahlprogramm von 2017, https://cms.gruene.de/uploads/documents/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017_barrierefrei.pdf , S. 148, im Europawahlprogramm von 2014, https://cms.gruene.de/uploads/documents/Gruenes-Europawahlprogramm-2014-1.pdf , S. 72, 124 und 126, im Bundestagswahlprogramm von 2013, https://wolke.netzbegruenung.de/apps/files/?dir=/1_Bundesverband/Inhalte%20%26%20Positionen/Beschlüsse%20Gremien/Bundesdelegiertenkonferenzen/2013-04-Berlin&fileid=28918267#pdfviewer , S. 205f. und 286, im Grundsatzprogramm von 2002, https://cms.gruene.de/uploads/documents/Grundsatzprogramm-2002.pdf , S. 129 sowie die Absätze 26 und 68 des Grundkonsenses, https://cms.gruene.de/uploads/documents/Grundkonsens-1.pdf sowie den Beschluss der Bundestagsfraktion, 19. 3. 2013, "Direkte Demokratie auf Bundesebene einführen", https://www.monika-lazar.de/fileadmin/user_upload/dokumente/REX/BLE_Treffen/Beschluss_Direkte_Demokratie.pdf , und der BDK Kiel "Demokratischer Aufbruch in Zeiten der Krise", S. 4f., https://wolke.netzbegruenung.de/apps/files/?dir=/1_Bundesverband/Inhalte%20%26%20Positionen/Beschlüsse%20Gremien/Bundesdelegiertenkonferenzen/2011-11-Kiel&fileid=28918521#pdfviewer .
Antrag: | Kapitel 5: Demokratie stärken |
---|---|
Antragsteller*in: | Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf) und 26 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 22%) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: GSP.D-01-120-5 |
Eingereicht: | 08.10.2020, 21:05 |
Kommentare